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Im Juni 2020 reichte Regula Rytz (gp, BE) eine Motion ein, mit der sie ein Monitoring für die Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung forderte. Der jährliche Bericht sollte unter anderem die Entwicklung der Steuereinnahmen in den durch das STAF veränderten Bereichen analysieren, die reale Entwicklung des Steuersubstrates mit den Prognosen bei der Erarbeitung des STAF vergleichen und die dynamischen Auswirkungen des STAF auf die Steuereinnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden untersuchen. Damit soll überprüft werden, inwiefern die vor der Reform publizierten Erwartungen eingetroffen sind und wo Optimierungsbedarf besteht. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung, obwohl er einer Ex-post-Analyse gemäss eigener Aussage «aufgeschlossen gegenüber[stand]». Jedoch lägen noch nicht zu allen Bereichen spezifische Zahlen in den Kantonen vor, diese müssten durch das EFD vorgängig veranlasst werden. Eine allfällige Analyse dieser Daten müsste jedoch auf einem alternativen Monitoring-Konzept beruhen, das etwa auch den Einfluss der Corona-Krise erfassen müsste.

Monitoring für die Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung

Die fünf parlamentarischen Initiativen Pfister (cvp, ZG; Pa.Iv. 18.448), Rytz (gp, BE; Pa.Iv. 18.450), Landolt (bdp, GL; Pa.Iv. 18.451), Jans (sp, BS; Pa.Iv. 18.456) und Rösti (svp, BE; Pa.Iv. 18.457), die alle die Festschreibung der SRG-Produktionsstandorte im Gesetz zum Ziel hatten, standen in der Sommersession 2019 im Nationalrat zur Debatte. Die vorberatende KVF-NR hatte beantragt, den Initiativen keine Folge zu geben. Eine Minderheit Egger (csp, VS) beantragte Folge geben.
Die Debatte wurde durch Nationalrat Pfister eröffnet. Seiner Meinung nach leide die Medienqualität bei einer Konzentration, wenn Entscheidungsträger und Journalisten an einem Ort vereint seien, denn die Perspektive der Berichterstattung ändere je nach örtlicher Nähe oder Distanz. Wenn immer mehr Journalisten nur noch aus Zürich über den Rest der Schweiz berichteten, ergehe es der SRG schlecht. Als Zentralschweizer wisse er, wovon er rede, da die Verlage aus dem Aargau oder Zürich bereits alle grossen Medien steuerten. Diese Argumentationslinie teilten die weiteren Initianten in ihren Reden. Martin Landolt erinnerte überdies an die No-Billag-Abstimmung und betonte, das Stichwort «Kohäsion» sei damals häufig genannt worden. Doch genau diese stehe nun wieder auf dem Spiel. Auch wenn er ökonomische Entscheide wie eine Standortkonzentration üblicherweise verstehe, könne er dies für die SRG nicht gelten lassen. Bei einem öffentlich finanzierten Unternehmen könne die Politik durchaus Leitplanken definieren. Seinen Antrag auf Folge geben schloss er mit der Anmerkung, dass möglicherweise im Rahmen der Gesetzgebung ja noch bessere Lösungen gefunden werden könnten. Die Annahme der Initiativen würde erst einmal den Handlungsbedarf dokumentieren.
Kommissionssprecher Candinas (cvp, GR) breitete daraufhin die Gegenargumente aus. Die Kommissionsmehrheit teile die Meinung der Mehrheit ihrer Schwesterkommission, wonach kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe. Überdies vertrat er energisch die Haltung, dass die Politik der SRG keine operativen Vorgaben machen solle. Sehr wohl nehme die Politik die Aufgabe wahr, Rahmenbedingungen zu definieren, aber die SRG solle unabhängig bleiben, statt staatlich gelenkt zu werden. Zu bestimmen, was wo produziert werden solle, sei «völlig übertrieben».
Die Argumente des Kommissionssprechers verfingen aber nicht. Entgegen dem Kommissionsantrag nahm das Plenum die Initiativen mit 120 zu 54 Stimmen und 10 Enthaltungen an. Dabei waren die Fraktionen der FDP.Liberalen und der SVP recht gespalten. Geeint trat das linke Lager auf, das wie die BDP und eine Grossmehrheit der CVP beinahe geschlossen für Folgegeben stimmte. Geschlossen gegen Folgegeben votierte einzig die GLP.
Nach dem Rückzug der Initiative Vonlanthen eine Woche zuvor musste sich der Ständerat nun erneut mit der Thematik befassen.

Fünf parlamentarische Initiativen gegen Wegzug des Radiostudios Bern

Wie angekündigt sammelten verschiedene Komitees Unterschriften für ein Referendum zum Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF): ein linkes Komitee, bestehend aus den Grünen, den Jungen Grünen, der Juso, VPOD und Westschweizer Gewerkschaften; ein Generaktionenkomitee, das sich aus der Jungen GLP und der Jungen BDP zusammensetzte; ein bürgerliches Komitee aus Mitgliedern der Jungen SVP und vier kantonalen Sektionen der Jungfreisinnigen; sowie ein Bürgerkomitee «Kuhhandel Nein», das Unterschriften über die Onlineplattform Wecollect sammeln wollte. Die breite Liste an Gegnern der STAF führte in der Presse zu einigen Diskussionen: Die Spaltung der Linken – die SP stellte sich als einzige linke Partei klar hinter die Vorlage – war ein Thema, über die sich emanzipierenden Jungparteien wurde berichtet und es wurde darüber diskutiert, was denn nun ein allfälliges «Nein» an der Urne zur STAF ob einer so breiten Gegnerschaft zu bedeuten hätte.
Anfang November erschienen die ersten Zeitungsberichte, welche den Erfolg der Unterschriftensammlung, der bis dahin als gesichert gegolten hatte, in Frage stellten: So laufe die Sammlung der Unterschriften mittels Onlineplattform sehr langsam, was als Anzeichen für allgemeine Schwierigkeiten, die nötigen 50'000 Unterschriften zusammenzubekommen, gewertet werden könne. Als Gründe dafür wurde unter anderem genannt, dass sich die starken Kampagnenorganisationen nicht an der Unterschriftensammlung beteiligten und dass die Dauer der Unterschriftensammlung aufgrund der Feiertage schlechter genutzt werden könne als sonst. Ferner schränke die Komplexität der Vorlage die Bereitschaft der Schweizerinnen und Schweizer ein, das Referendum zu unterzeichnen. Im neuen Jahr vermeldeten die Komitees jedoch, dass sie die Unterschriften erfolgreich eingereicht hätten und Anfang Februar 2019 bestätigte die Bundeskanzlei das Zustandekommen des Referendums: Über 60'000 gültige Unterschriften hatten die Komitees gesammelt.
In der Folge berichteten die Medien insbesondere über die Zusammensetzung der beiden Lager: Ihre Unterstützung zur STAF vermeldet hatten in der Zwischenzeit die FDP, die CVP, die SP, die BDP, die EVP und die EDU. Auch die Wirtschaft stellte sich weitgehend hinter das neue Gesetz; Economiesuisse, Swissholding, der Arbeitgeberverband, der Bauernverband und auch der Gewerbeverband – mit Ausnahme einiger Kantonalsektionen – fassten die Ja-Parole. Kantone, Städte und Gemeinden unterstützten die Vorlage durch ihre entsprechenden Organisationen (KdK, Städteverband, Gemeindeverband) ebenso. Gegen die STAF sprachen sich die Grünen, die GLP und die meisten Jungparteien ausser den Jungfreisinnigen und der Jungen CVP sowie der VPOD aus, nicht aber der SGB, der Stimmfreigabe beschloss. Von besonderem Interesse für die Presse war die Position der SVP: Diese entschloss sich, aufgrund ihrer internen Differenzen zwischen der Bundeshausfraktion, welche die STAF deutlich abgelehnt hatte, und einer Befürwortergruppe um Finanzminister Maurer ebenfalls für Stimmfreigabe. Dadurch bleibe der Partei eine Zerreissprobe erspart, urteilten die Medien. In den Monaten vor der Abstimmung gaben jedoch zahlreiche Kantonalsektionen der SVP die Ja-Parole aus. Bis zum Schluss sprachen sich 10 Kantonalsektionen für die STAF aus und 4 dagegen. Doch nicht nur die SVP war bezüglich dieser Vorlage gespalten; auch bei den Grünliberalen und den Grünen fanden sich verschieden Kantonalsektionen, welche der Vorlage gegen den Willen der nationalen Partei zustimmten.
Die Differenzen zur Vorlage innerhalb der Parteien widerspiegelten sich auch in den Vorumfragen. Am deutlichsten votierten in der ersten SRG-Vorumfrage im April 2019 die Anhängerinnen und Anhänger der FDP (82%) und der CVP (71%) für die STAF, gefolgt von denjenigen der SP (59%) und der BDP (57%). Doch auch bei den Sympathisantinnen und Sympathisanten der Grünen (45% Ja-Stimmen, 42% Nein-Stimmen) und der GLP (43% Ja-Stimmen, 32% Nein-Stimmen) fand die Vorlage eine relative Mehrheit. Einzig die Anhängerinnen und Anhänger der SVP sprachen sich mehrheitlich gegen die STAF aus (35% Ja-Stimmen, 55% Nein-Stimmen). Insgesamt gaben in dieser ersten SRG-Umfrage 54 Prozent der Befragten an, der Vorlage sicher oder eher zustimmen zu wollen, 37 Prozent wollten die STAF sicher oder eher ablehnen. Unsicher zeigten sich noch 9 Prozent der Befragten. Bis zur zweiten SRG-Umfrage Anfang Mai 2019 war die Differenz zwischen den beiden Lagern dann merklich angestiegen: Der Anteil Zustimmende war auf 59 Prozent gestiegen, der Anteil Ablehnende leicht gesunken (35%). Veränderungen gab es auch innerhalb der Parteien, wobei das Befürworterlager in beinahe allen Parteien deutlich anwuchs; selbst in der SVP erreichte es nun eine relative Mehrheit (47%).

Die Berichterstattung zur STAF umfasste zahlreiche verschiedene Aspekte. Immer wieder Thema war die schwarze Liste der EU für Steueroasen: Seit Ende 2017 befand sich die Schweiz auf der sogenannten grauen Liste, der Beobachtungsliste, und im Oktober 2018 entschied sich die EU, die Schweiz vorläufig auf dieser Liste zu belassen. Da die Frist der EU, die umstrittenen Steuerschlupflöcher abzuschaffen, jedoch Ende 2018 ablief und ihr nächster Beurteilungstermin im März 2019, also vor der Abstimmung im Mai 2019, anstand, befürchteten die Medien, die Schweiz könne noch vor der Abstimmung auf die schwarze Liste geraten. Dies hätte womöglich scharfe Gegenmassnahmen der EU-Mitgliedstaaten zur Folge gehabt. Mitte März gab die EU jedoch bekannt, der Schweiz noch bis Ende 2019 Zeit für die Umsetzung ihrer Versprechen einzuräumen. Die EU respektiere die Schweizer Verfassung, die ein Referendum ermögliche, erklärten die EU-Finanzminister.
Viel Aufmerksamkeit in der Berichterstattung zur STAF erhielt Wirtschaftsprofessor Christoph Schaltegger von der Universität Luzern. Er kritisierte, dass die STAF das Anreizproblem der Nehmerkantone des Finanzausgleichs nicht stark genug mildere: Viele Nehmerkantone würden heute durch die Ansiedelung neuer Firmen oder durch höhere Gewinne von Firmen mehr Geld verlieren, als sie durch die höheren Steuern erzielten, weil ihre Einkünfte aus der NFA dadurch überproportional sänken. Zwar würde die STAF diese Problematik mildern – die Gewinne der Unternehmen würden in der NFA weniger stark gewichtet –, jedoch seien auch im Falle einer Annahme noch immer 11 Kantone (AR, AI, Fr, GL, GR, JU, LU, SO, TG, UR, VS) von diesen Anreizproblemen betroffen. Grundsätzlich bestehe ein Konflikt zwischen NFA und den Zielen des Steuerteils der STAF, erklärte Schaltegger: Die Geberkantone hätten aufgrund der STAF Anreize, sich für Unternehmen attraktiv zu positionieren, während Nehmerkantone sich aus finanzieller Sicht eher unattraktiv geben müssten. Aufwind bekam diese Problematik im April 2019, als bekannt wurde, dass das Finanzdepartement bei der Berechnung der Folgen für die einzelnen Kantone die Gewinne der Gemeinden mitberücksichtigt hatte. Dies wäre jedoch nur zulässig, wenn die Gemeinden mit ihren Gewinnen mithelfen würden, die kantonalen Mindereinnahmen wettzumachen. Dazu wären jedoch kantonale Gesetzesänderungen nötig; die betroffenen Kantone bestritten jedoch, solche Änderungen zu planen.
Nicht nur wegen der Folgen bezüglich der NFA verglich die Presse die Auswirkungen der STAF auf die Kantone, sie berichteten auch regelmässig über den Stand der kantonalen Umsetzungsvorlagen zur STAF und zu deren Auswirkungen auf den Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen. Besonders rosig präsentierte sich die Situation für die Kantone Genf, Basel-Stadt und Waadt, meldeten sie. Diese hätten ihre Gewinnsteuern allesamt deutlich reduziert, was ihnen gemäss Finanzminister Maurer deutlich leichter gefallen sei als anderen Kantonen, weil sie viele Unternehmen hätten, die bisher privilegiert besteuert worden seien. Insgesamt seien jedoch gemäss Medien die meisten Kantone dabei, ihre Gewinnsteuern denjenigen der Zentralschweizer Tiefsteuerkantone anzunähern. Verlieren würden dabei vor allem die Kantone Aargau und Zürich, deren Gewinnsteuern vergleichsweise hoch bleiben werden. Sie seien besonders stark auf die Möglichkeiten, die ihnen die STAF biete, angewiesen. Neben den Gewinnsteuern verglichen die Zeitungen auch immer wieder die sozialen Kompensationsmassnahmen, welche die Kantone planten. Hatte die Presse zum Beispiel Ende November 2018, nachdem der Kanton Bern eine Reduktion der Unternehmensbesteuerung abgelehnt hatte, noch berichtet, dass die meisten Kantone auf solche sozialen Ausgleichsmassnahmen verzichten würden, tönte dies im April 2019 anders: Gemäss NZZ planten 16 Kantone einen sozialen Ausgleich zu den Unternehmenssteuersenkungen. Die Drohung der SP, in allen Kantonen, die bei der kantonalen Umsetzung der STAF auf einen sozialen Ausgleich verzichten wollten, das Referendum zu ergreifen, habe demnach Erfolg gehabt, urteilten die Medien.
Neben Schaltegger schaltete sich auch Aymo Brunetti, Wirtschaftsprofessor der Universität Bern, in die Diskussion zur STAF ein. Er kritisierte insbesondere die laue Haltung des Bundesrates bezüglich der Erhöhung des Rentenalters. Er rechnete vor, dass die zusätzliche Lebenserwartung für 65-Jährige bei der Gründung der AHV 1948 12-13 Jahre betragen habe, diese nun aber bei 21 Jahren und bald sogar bei 25 Jahren liege. Zudem seien 1948 sechs Erwerbstätige auf einen Rentner gekommen, heute seien es noch gut drei. Heute müssten entsprechend vor allem die Jungen und Ungeborenen für die Renten der Älteren bezahlen: Ein 55-Jähriger zahle die zusätzlichen Lohnbeiträge noch 10 Jahre lang, ein 25-Jähriger aber viermal so lange. Zusätzlich erlangte der AHV-Teil der STAF auch aufgrund der Diskussionen zum Reformpaket AHV 21 regelmässig mediale Aufmerksamkeit. Im Februar 2019 zum Beispiel präsentierte der Bundesrat den Vernehmlassungsbericht zur neuen AHV-Rerfom. Die SP reagierte auf die darin enthaltene Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre mit einer Referendumsdrohung – hatte sie doch zuvor erklärt, mit der STAF sei die Rentenaltererhöhung vom Tisch. Immer wieder erschienen zudem Berichte, die besagten, dass die CHF 2 Mrd., welche die AHV durch die STAF erhalten würde, ihr bloss einige Jahre weiterhelfen würden. Eine Erhöhung des Frauenrentenalters könne damit wohl nicht verhindert werden, erklärte zum Beispiel der Tagesanzeiger.
Schliesslich diskutierten die Zeitungen die Frage, was bei einer Ablehnung der STAF geschehen würde. Einig war man sich, dass die umstrittenen Steuerprivilegien so bald wie möglich abgeschafft werden müssten. Unklar blieb dabei, wie geduldig sich die EU gegenüber der Schweiz zeigen würde. Und gänzlich unterschiedlich waren die Positionen der linken und der bürgerlichen Gegnerinnen und Gegner der Vorlage bezüglich der folgenden Revision: Die Präsidentin der Grünen, Regula Rytz (gp, BE), gab an, die Steuerprivilegien nach Ablehnung der STAF nur mit unbestrittenen Entlastungen abschaffen zu wollen; die Bürgerlichen hingegen sprachen davon, den Steuerteil der STAF ohne die AHV-Finanzierung umsetzen zu wollen.

Dass letztere Diskussionen unnötig waren, zeigte sich spätestens am 19. Mai 2019. Mit 66.4 Prozent sprachen sich die Stimmenden bei einer Beteiligung von 42.7 Prozent für den AHV-Steuer-Deal aus. Die Stimmenden in allen Kantonen nahmen die STAF an, besonders hoch war die Zustimmung in den Kantonen Waadt (80.7%), Neuenburg (72.4%) und Wallis (71.8%) mit über 70 Prozent Zustimmung, am tiefsten in den Kantonen Solothurn (58.6%), Bern (60.4%) und Aargau (62%). Wie die Nachabstimmungsbefragung «Voto» zeigte, sprachen sich die Sympathisantinnen und Sympathisanten sämtlicher Parteien mehrheitlich für die Vorlage aus, wenn auch bei der SVP (52%) nur knapp. Die Nachbefragung zeigte zudem, dass 42 Prozent der Befragten beide Vorlagen angenommen hätten, wenn diese den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern einzeln vorgelegt worden wären; 29 Prozent hätten nur zum AHV-Teil, 7 Prozent nur zum Unternehmenssteuerteil Ja gesagt und 7 Prozent hätten beide Vorlagen abgelehnt. Entsprechend erwies sich gemäss der Studie auch die Sanierung der AHV als Hauptargument der Ja-Stimmenden, während die Nein-Stimmenden vor allem mit der Verknüpfung der zwei Teile Mühe bekundeten. Trotz der Kritik, welche die Verknüpfung der zwei Themen erfahren hatte, erwies sich diese Taktik aus Sicht der Abstimmungsgewinnerinnen und -gewinner somit als erfolgreich.


Abstimmung vom 19. Mai 2019

Beteiligung: 42.7%
Ja: 1'541'147 (66.4%), Stände: 23
Nein: 780'457 (33.6%), Stände: 0

Parolen:
– Ja: BDP (1), CVP, EDU, EVP, FDP, SP; Jungfreisinnige (4), Junge CVP; Economiesuisse, Gemeindeverband, KdK, SAV, SBV, SGV, SSV, TravailSuisse, Kaufmännischer Verband Schweiz, Swiss Family Business, Science Industries, Swissholdings
– Nein: GLP (3), GPS (1), SD; Junge BDP, Junge Grüne, Junge Grünliberale, Juso, Junge SVP; VPOD
– Stimmfreigabe: SVP (10xJa, 4xNein); SGB
* in Klammern die Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Die KVF-NR hatte sich im Januar 2019 mit fünf gleichlautenden parlamentarischen Initiativen aller Couleur – namentlich mit den Vorstössen Pfister (cvp, ZG; 18.448), Rytz (gp, BE; 18.450), Landolt (bdp, GL; 18.451), Jans (sp, BS; 18.456) und Rösti (svp, BE; 18.457) – zu beschäftigen, die als Reaktion auf den Entscheid des SRG-Verwaltungsrates, das SRG-Radiostudio von Bern nach Zürich zu verlegen, eingereicht worden waren. Allesamt forderten sie die Festschreibung der SRG-Produktionsstandorte im Gesetz und somit den schwerpunktmässigen Verbleib des SRG-Radiostudios in Bern. Ferner sehen die Initiativen vor, die deutschsprachigen audiovisuellen Angebote schwergewichtig in Zürich zu belassen, sowie das französischsprachige Pendant dazu in Genf. Die Audioangebote von RTS sollen schwerpunktmässig in Lausanne angesiedelt bleiben. Damit bezweckten die Initiantin und die Initianten ebenfalls, die von den Medien bereits aufgegriffene Diskussion um eine Teilverschiebung des französischsprachigen audiovisuellen Angebots von Genf nach Lausanne zu unterbinden. Als Begründung wurde angefügt, dass die regionale Verankerung gerade für die SRG als Service-public-Dienstleisterin zentral sowie eine räumliche Trennung der Radio- und TV-Angebote für den Erhalt der Angebotsvielfalt unabdingbar sei.
Die Kommission gab den Anliegen mit 14 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung keine Folge, wobei eine Kommissionsmehrheit von einer Festschreibung der Produktionsstandorte auf Gesetzesstufe absehen wollte. Sie vertrat zudem die Ansicht, dass gerade die gesetzliche Verankerung dieser vier Standorte schliesslich gar eine Zentralisierung der Produktion fördern könnte, da etwa die Standorte der bestehenden Regionalstudios nicht erwähnt würden. Anders sah dies eine starke und parteiübergreifende Kommissionsminderheit, die für Folge geben plädierte und darüber hinaus kundtat, dass bei der Administration der SRG mehr Einsparpotential zu verorten sei als bei einer Zusammenlegung der Produktionsstandorte. Die gesamte Kommission brachte in ihrem Bericht ihr Bedauern über die «mangelnde föderale und regionale Sensibilität im Vorgehen und in der Kommunikation» des SRG-Verwaltungsrates zum Ausdruck und kritisierte darüber hinaus den Zeitpunkt des Entscheids.

Fünf parlamentarische Initiativen gegen Wegzug des Radiostudios Bern

Bereits im Januar 2019 hatte der Plan der SRG zum Umzug des Radiostudios von Bern nach Zürich seine erste Hürde zu überstehen: Die KVF-NR behandelte die fünf gleichlautenden nationalrätlichen parlamentarischen Initiativen, die der SRG ihre Produktionsstandorte vorschreiben wollten. Dies führte in den Medien erneut zu Diskussionen um die Frage, wie weit die Politik in die organisatorischen Entscheide der SRG eingreifen darf. Einerseits kritisierte die SRG die Initiativen als «unangebrachten politischen Eingriff in ihre unternehmerische Freiheit» (BZ), zumal es «keine redaktionelle Unabhängigkeit ohne organisatorische Freiheit» gebe. Andererseits vertrat etwa Regula Rytz (gp, BE) die Ansicht, dass die Politik «bei institutionellen Fragen wie der föderalen Verankerung» mitbestimmen dürfe und müsse. In der Folge beauftragte die SRG gemäss Medien mehrere Lobbyisten damit, die Initiativen «wegzulobbyieren» (BZ). Initiant Vonlanthen (cvp, FR) kritisierte denn auch, dass die SRG-Spitze an einer Kommissionssitzung fast anderthalb Stunden Redezeit gehabt habe, während ihm als Initiant nur 10 Minuten zugestanden worden seien. Eine Diskussion habe der Kommissionspräsident zudem gänzlich verhindert. Die Initiativen waren in den beiden Kommissionen erfolglos: Mit 14 zu 10 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und 12 zu 1 Stimmen gaben die KVF-NR und die KVF-SR den Initiativen keine Folge.
In der Zwischenzeit forderten verschiedene nationale und kantonale Politikerinnen und Politiker SRG-Generaldirektor Marchand in einem Brief auf, die Umzugspläne zu sistieren, bis die Politik über die Initiativen entschieden habe. Sie fürchteten sich davor, dass die SRG bereits unzählige Arbeitsstunden in die Umzugspläne investierten und dadurch bei einer Annahme der Initiativen unnötig viel Geld verlieren würden. Die SRG erklärte, dass sie die Umsetzung der Reformprojekte professionell vorbereiten müsse, aber mit der konkreten Umsetzung bis nach dem Entscheid der Räte warte. Unangenehm seien die Initiativen für die SRG vor allem wegen der Mietverträge mit ihren Nachmietern, die sie abschliessen möchte oder bereits abgeschlossen habe, betonte die Presse.
Bei den betroffenen Mitarbeitenden war es in der Zwischenzeit kaum zu einem Meinungsumschwung bezüglich des Umzugs gekommen: Gemäss einer Umfrage von VSM sähen sich 38 Prozent der Befragten nach einer neuen Stelle oder Weiterbildungsmöglichkeiten um oder würden an Pensionierung denken. Ein Drittel warte ab, welche Konditionen ihnen vorgeschlagen würden; 22 Prozent planten umzuziehen oder zu pendeln. Insgesamt hätten jedoch 77 Prozent der Befragten erklärt, sie identifizierten sich jetzt weniger stark mit der SRG als vor dem Umzugsentscheid.
Aufgenommen wurden in den Medien erneut auch Diskussionen zu den Sparmöglichkeiten der SRG beim Umzug. So wurde bekannt, dass der Baurechtsvertrag der SRG mit der Stadt Zürich ausschliesslich den Betrieb eines Fernsehstudios auf dem Leutschenbach-Areal beinhaltete. Die Verlegung der verschiedenen Radiostudios würde somit eine Neuverhandlung des Vertrags nötig machen. Unklar war dabei, wie zuvorkommend die Stadt bei der Festlegung der Zinsen sein würde, nachdem die SRG beim Verkauf eines ihrer Grundstücke kurz zuvor anstelle der Stadt Zürich, die darin Kindergärten, Schulen und bezahlbare Wohnungen habe bauen wollen, der deutlich mehr Geld bietenden Versicherung Swiss Life den Zuschlag gegeben habe. Ähnlich sah die Situation in Bern aus, wo der Vertrag der SRG an der Schwarztorstrasse mit der Genossenschaft Bern-Freiburg-Wallis ebenfalls eine Klausel beinhaltete, wonach die Baurechtsgeberin – je nach Entwicklung im Lokalradio- und TV-Sektor – Anpassungen im Vertrag verlangen könne. Dies hielten die Medien aufgrund des Ärgers der Genossenschaft über den Umzug durchaus für möglich. Dadurch würde aber ein Teil der Einsparungen, welche die SRG eingeplant hatte, wegfallen.

Im Juni berieten die Räte die Initiativen. Im Ständerat zeigte sich schnell, dass die parlamentarische Initiative Vonlanthen chancenlos sein würde. Noch vor der Abstimmung zog der Initiant seine Initiative zurück, um eine Niederlage zu verhindern. Ganz anders sah die Situation hingegen eine Woche später im Nationalrat aus: Mit 120 zu 54 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) gab die grosse Kammer den fünf nationalrätlichen Vorstössen Folge. Davon erhofften sich die Umzugskritikerinnen und -kritiker vor allem einen Dialog mit der SRG, wie zum Beispiel der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (BE, gp) erklärte. Nie habe jemand auf die Anfragen aus Bern oder Genf reagiert, die darum baten, dass man ihnen das effektive Sparpotenzial aufzeigen möge, wurde kritisiert. An diese Dialogverweigerung würden sich vor allem die Kantone zukünftig erinnern, mahnte der Berner Regierungsrat Christoph Ammann.
Zu dem gewünschten Dialog kam es zwar nicht, hingegen gab der SRG-Verwaltungsrat im Anschluss an den Entscheid im Nationalrat bekannt, das Umzugsprojekt durch eine gesamthafte Audiostrategie zu ersetzen. Man wolle eine übergreifende Strategie für lineares Radio und On-Demand-Angebote erarbeiten. Ein Teil des Umzugs würde dadurch verhindert – unter anderem die Redaktionen von «Echo der Zeit», «Tagesgespräch», «Rendez-vous» sowie die Inland- und Auslandsredaktion würden in Bern bleiben. Rund 80 Arbeitsplätze würden aber dennoch nach Zürich verlegt werden. Medien und Politik zeigten sich unschlüssig darüber, ob sie diese Nachricht als grosses Entgegenkommen der SRG und als «Teil-Rückzug der umstrittenen Zügel-Pläne» (BZ) oder als «halbherziges, dem politischen Druck geschuldetes Bekenntnis», wie es Martin Landolt (bdp, GL) ausdrückte, verstehen soll. Es brauche eine Grundsatzdebatte, forderten unter anderem die Berner und Genfer Regierung.
Zu einer solchen Grundsatzdebatte kam es im Rahmen der parlamentarischen Initiativen jedoch nicht mehr. Der Ständerat verzichtete im September 2019 stillschweigend darauf, den Initiativen sowie einer Standesinitiative des Kantons Genf (Kt.Iv. 19.306) mit einem ähnlichen Anliegen Folge zu geben. Dieses Vorgehen kritisierten Stadt und Kanton Bern scharf: Der Ständerat hätte sich zuerst ein Bild der neuen Audiostrategie machen sollen, bevor er die Initiativen versenkte, erklärte Christoph Ammann. Nun sei unklar, ob sich die SRG an ihr Wort halten werde. «Höchst befremdet über das Vorgehen des Ständerats», der sich noch nicht einmal mit den Argumenten des Nationalrats auseinandergesetzt und jede Diskussion abgeblockt habe, zeigte sich etwa Grünen-Präsidentin Regula Rytz.
Kurz darauf wurden Gerüchte laut, wonach aufgrund des teilweise rückgängig gemachten Umzugs im Berner Radiostudio 25 Stellen abgebaut werden müssten und wonach die Chefredaktionen angehalten worden seien, Sparmassnahmen zu entwerfen. SRG-Sprecher Edi Estermann bestätigte dies nicht und erklärte, dass man erst nach Vorliegen der Audiostrategie sagen könne, wie es nun weitergehe.

Wegzug des SRG-Radiostudios aus Bern

Einen Monat nach der Abstimmung über die No-Billag-Initiative gab die SRG in einer Medienmitteilung bekannt, dass sie in Erwägung ziehe, das Berner Radiostudio nach Zürich-Leutschenbach zu verlegen. Betroffen wären davon etwa 150 bis 170 Personen. Eine örtliche Zusammenlegung von Radio-, TV- und Onlineinhalten würde klare publizistische Gewinne mit sich bringen, erklärte die SRG, weshalb auch das Zürcher Radiostudio von der Brunnhofstrasse nach Leutschenbach umziehen sollte. Die Bundeshausredaktion sowie die «Regionalredaktion Bern, Freiburg, Wallis» sollten hingegen in Bern verbleiben. Die freigewordenen Plätze des Radiostudios sollte die Generaldirektion der SRG übernehmen und damit das teurere Gebäude im Ostring verlassen können. Mit dieser Massnahme soll ein Teil der Einsparungen über CHF 100 Mio., welche die SRG nach der No-Billag-Abstimmung angekündigt hatte, erzielt werden. Im Gegenzug werde aber auch ein Ausbau der regionalen Korrespondentenstandorte angestrebt, erklärte die SRG. Man werde nun die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Massnahme überprüfen, anschliessend werde der Verwaltungsrat aufgrund dieser Resultate über den Umzug entscheiden.
Entschieden war zu diesem Zeitpunkt gemäss SRG zwar noch nichts, dennoch regte sich grosser Widerstand gegen die Ankündigung. Die Berner Stadtregierung erklärte in einer Medienmitteilung, dass sie eine «transparente und ergebnisoffene Standortüberprüfung und ein klares Bekenntnis zu Bern als SRG-Hauptsitz mit Inland- und Bundeshausredaktion» erwarte. Eine «starke Verankerung der SRG in der Hauptstadt» sei zentral. Die CVP Bern lancierte eine Onlinepetition gegen die Standortverlagerung und übergab diese der SRG-Generaldirektion nur zwei Wochen später mit 2‘000 Unterschriften. Sehr aktiv zeigte sich auch der 2010 gegründete Verein «Hauptstadtregion Schweiz», dem die Kantone Bern, Neuenburg, Freiburg, Solothurn und Wallis, verschiedene Städte, Gemeinden und Regionalorganisationen angehören. Er kritisierte die Idee unter anderem in einem Brief an Medienministerin Leuthard und SRG-Verwaltungsratspräsident Jean-Michel Cina scharf und erklärte, er würde sich «mit aller Vehemenz» gegen den Umzug wehren. Kritische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SRG schlossen sich in der Organisation «Pro Radiostudio Bern» zusammen und taten ihren Unmut zum Beispiel durch einen Protestbrief an die SRG-Führung kund. Sie fühlten sich vor den Kopf gestossen, weil sie – trotz ihres starken Engagements gegen die No-Billag-Initiative – in dieser Frage nicht angehört würden. Schliesslich meldete sich auch der Vorstand der «Regionalgesellschaft Bern – Freiburg – Wallis» zu Wort und kritisierte den Entscheid der SRG. Ihr Präsident, Léander Jaggi, erklärte sogar, man diskutiere mögliche Szenarien bei einem Umzug, unter anderem auch den Austritt aus der SRG.
Ende August und somit kurz vor dem Entscheid des Verwaltungsrats fand auf dem Bundesplatz eine Demonstration statt, an der sich Journalistinnen und Journalisten, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter sowie Politikerinnen und Politiker beteiligten. Schliesslich überwies das Berner Kantonsparlament Anfang September mit 140 zu 7 Stimmen eine Motion mit dem Titel «Radiostudio gehört nach Bern» an die Kantonsregierung, gemäss der Letztere dem Radiostudio bestmögliche Rahmenbedingungen bieten soll. Obwohl sich zudem immer häufiger Politikerinnen und Politiker des nationalen Parlaments – unter anderem Adrian Amstutz (svp, BE), Kurt Fluri (fdp, SO) und Christian Levrat (sp, FR) – gegen den Entscheid der SRG aussprachen, gab es im nationalen Parlament vorerst keine Vorstösse zu diesem Thema. Bis diese erledigt seien, habe der Verwaltungsrat der SRG wohl bereits entschieden, mutmassten die Medien.

Ihren Widerstand gegen den Umzug begründeten die verschiedenen Akteure unter anderem damit, dass eine Konzentration der nationalen Medienhäuser in Zürich mit dem Prinzip einer föderalistischen Schweiz in Widerspruch stehe. Die SRG lebe von ihrer regionalen Struktur, erklärte etwa Nick Lüthi, Leiter der Medienwoche. Deshalb dürfe sie ihre Standortwahl, im Unterschied zu den privaten Medienunternehmen, nicht alleine aufgrund von betriebswirtschaftlichen Kriterien vornehmen. Man dürfe die nationale Politik nicht nur noch aus Zürcher Sicht wahrnehmen, erklärte zum Beispiel Priscilla Imboden von «Pro Radiostudio Bern». Bern sei das «Tor zur Schweiz für das Wallis», betonte Christophe Darbellay (VS, cvp) und auch «Pro Radiostudio Bern» erklärte die SRG-Vertretung in Bern aufgrund ihrer Funktion als Türöffner für die Romandie für sehr wichtig.
Insbesondere die SRG-Mitarbeitenden befürchteten darüber hinaus eine Vermischung der bisher vollständig getrennten Radio-, Fernseh- und Online-Redaktionen. Die Radiokultur mit Berichten, die in die Tiefe gingen, würde so aufgrund der ungleichen Kräfteverhältnisse marginalisiert und das gesunde Konkurrenzverhältnis zwischen Radio und Fernsehen würde verschwinden, war zu vernehmen. Insbesondere auch die von der SRG geplante Zusammenarbeit in einem Newsroom sei ein «Schritt zur Konvergenz von Radio und Fernsehen», erklärte etwa Tobias Gasser, Produzent bei Echo der Zeit, das ebenfalls vom Umzug betroffen wäre. Die Mitarbeitenden fürchteten sich gemäss Medien auch davor, dass nach diesem ersten Schritt ein Verschmelzen der Chefredaktionen von Radio und Fernsehen folgen könnte. Umgekehrt argumentierte etwa der Berner Regierungsrat Bernhard Pulver (BE, gp), dass eine Zentralisierung des Radios, falls diese tatsächlich stattfinden müsse, auch in Bern statt in Zürich geschehen könne. Diese Idee wurde kurze Zeit später durch den Vorschlag von Stadt und Kanton Bern sowie dem Verein Hauptstadtregion Schweiz, ein Kompetenzzentrum für Information inklusive Forschung und Entwicklung, Inlandberichterstattung, SRF News, SRF Wirtschaft und Auslandkorrespondenten zu schaffen, bekräftigt.
Nicht gelten liessen die Kritikerinnen und Kritiker des Umzugs das Sparargument der SRG: Das Sparpotenzial sei vergleichsweise tief; bei CHF 100 Mio., welche die SRG sparen müsse, seien die CHF 3 bis 5 Mio., von denen im Laufe der Diskussionen die Rede war, den Umzug nicht wert. Insbesondere zumal die Gegnerinnen und Gegner die eigentlichen Einsparungen als noch tiefer einschätzten: Es sei nicht einfach, Nachmieter für das bis 2032 gemietete Hochhaus im Ostring zu finden. Der Umzug lohne sich erst recht nicht, wenn der Verlust an Know-how mitberücksichtigt werde. In einem SRG-internen Dokument, auf das die Medien Bezug nahmen, hatte SRF-Direktor Ruedi Matter anscheinend damit gerechnet, dass 20 bis 30 Prozent der Mitarbeitenden den Umzug nicht mitmachen würden. Zu einem späteren Zeitpunkt erklärte Matter, die Zahl von 30 Prozent sei deutlich zu hoch. Auf das Kostenargument verwies auch die Stadt Bern, die der SRG anbot, ihr bei der Suche nach einer günstigeren, zentraleren Immobilie für die SRG-Generaldirektion sowie bei der Suche nach Nachmietern zu helfen. In der Tat schlug die Stadt Bern gemäss Medienberichten der SRG 18 mögliche Immobilien zur Miete vor.
Im Laufe der Zeit immer wichtiger wurde das Argument, wonach die Ablehnung der No-Billag-Initiative insbesondere auf die breite Verankerung der SRG und auf deren Hochhalten der Dezentralisierung zurückzuführen sei. Dieser Umzugsentscheid widerspreche jedoch ihrer Argumentation im Abstimmungskampf und stosse somit einerseits die damaligen Unterstützerinnen und Unterstützter vor den Kopf und führe zudem zukünftig zu Problemen. Kurt Fluri etwa sprach von einem «Schlag ins Gesicht der Unterstützter der SRG im Kampf gegen die No-Billag-Initiative». Zudem wurde der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Umzugs knapp einen Monat nach der Abstimmung kritisiert: Hätte die SRG die Ankündigung bereits zuvor gemacht, wäre die Initiative sicherlich nicht so deutlich abgelehnt worden, war der Tenor der Kritikerinnen und Kritiker.

Die SRG konzentrierte sich vor allem auf eine Argumentationslinie: Sie spare «lieber bei Mauern als bei Menschen», wurde Radio-Chefredaktorin Lis Borner, im Laufe der Zeit aber auch zahlreiche weitere SRG-Funktionäre, nicht müde zu betonen. Wenn das Radio in Bern bleibe, müsse auf andere Arten gespart werden, vermutlich auch durch Stellenabbau, beteuerte Urs Leuthard. Zudem bleibe Bern ein zentraler Radio-Produktionsstandort, Teile der Inlandredaktion sowie die Bundeshausredaktion verblieben in Bern. Ein kleiner Teil der Zürcher Inlandredaktion komme zudem zusätzlich nach Bern, ergänzte etwa die NZZ. Bern bleibe somit mit 550 Mitarbeitenden – 150 davon Journalistinnen und Journallisten – der zweitgrösste SRG-Standort. Eine lokale Verankerung bedeute nun aber nicht, dass die SRG überall gleich stark aufgestellt sein müsse, erklärte Matter. Die Medienvielfalt solle zudem gemäss BAZ nicht mit einer Vielfalt von Standorten gleichgestellt werden. Schliesslich beteuerten verschiedene SRG-Funktionäre, dass man nicht vorhabe, Radio und Fernsehen zu fusionieren; unter anderem blieben auch die Chefredaktionen getrennt. Unterstützung erhielt die SRG unter anderem von Filippo Lombardi (cvp, TI), der den Protest der Umzugsgegnerinnen und -gegner gegenüber den Medien als scheinheilig bezeichnete: Im Rahmen der No-Billag-Abstimmung seien alle für Sparen gewesen, bei der ersten konkreten Massnahme würden nun alle aufschreien. Er wies darauf hin, dass die SRG-Führung unternehmerische Entscheide unabhängig fällen können müsse. Schliesslich würde ein Abbruch des Umzugs gemäss NZZ ein «schlechtes Licht auf die Reformfähigkeit der SRG» werfen.

Ende September 2018 entschied sich der SRG-Verwaltungsrat nach zweitägiger Beratung endgültig für den Umzug. Dieser soll Ende 2020 beginnen. Die betroffene Belegschaft zeigte sich enttäuscht, die Gewerkschaft SSM sprach von fehlender Sensibilität für regionale Vielfalt. Sie kündigte an, die Rechtmässigkeit des Entscheids zu prüfen, da sie nicht angehört worden sei, obwohl dies im Gesamtarbeitsvertrag so vorgesehen sei. Die Stadt und der Kanton Bern sowie der Verein Hauptstadtregion Schweiz gaben eine gemeinsame Medienmitteilung heraus, in der sie sich über den Entscheid enttäuscht zeigten. Kurz darauf wurde bekannt, dass SRG-Generaldirektor Gilles Marchand im Mai 2018 in einem weiteren SRG-internen Dokument gesagt habe, dass sich der Umzug betriebswirtschaftlich nicht lohne, aber ein Verzicht darauf nicht in Frage komme, um solchen Protesten an anderen Standorten zukünftig nicht Vorschub zu leisten. Ladina Heimgartner, stellvertretende Generaldirektorin der SRG, habe zudem die öffentliche Diskussion als irrational bezeichnet. Dies empfanden verschiedene nationale Parlamentarierinnen und Parlamentarier gemäss Medien als Affront. Kurz darauf reichten vier Parteipräsidenten (Gerhard Pfister, cvp, ZG, Pa.Iv. 18.448; Regula Rytz, gp, BE, Pa.Iv. 18.450; Martin Landolt, bdp, GL, Pa.Iv. 18.451 und Albert Rösti, svp, BE, Pa.Iv. 18.457) sowie ein Vizepräsident (Beat Jans; sp, BS; Pa.Iv. 18.456) im Nationalrat und Beat Vonlanthen (cvp, FR; Pa.Iv. 18.449) im Ständerat gleichlautende parlamentarische Initiativen ein, welche die Festschreibung der SRG-Produktionsstandorte im Gesetz und somit den schwerpunktmässigen Verbleib des SRG-Radiostudios in Bern forderten. Beat Jans erklärte dazu: «Die SRG hat uns Politiker angehört, unsere Standpunkte zur Kenntnis genommen und dann einfach ignoriert. Also werden wir nun eben gesetzgeberisch aktiv.» Dieses Vorgehen zog sowohl Beifall als auch Kritik nach sich: Wegen der Medienfreiheit müsse sich die Politik auf generelle Vorgaben beschränken, erklärte etwa die NZZ.
Trotz Entscheids des Verwaltungsrats war der Umzug somit noch nicht definitiv, die Bemühungen um einen Verbleib des Radiostudios sowie die Diskussionen zu dieser Frage werden folglich weitergehen; insbesondere auch deshalb, weil die SRG kurz vor Bekanntgabe des Verwaltungsratsentscheids auch erklärte, dass sie in Betracht ziehe, einen Teil der Fernsehproduktion von Genf nach Lausanne zu verlegen.

Wegzug des SRG-Radiostudios aus Bern

In der Herbstsession 2018 behandelte der Nationalrat den AHV-Steuer-Deal. Die Eintretensdebatte drehte sich vor allem um die Frage, welche Gruppen von der Vorlage respektive ihrer Ablehnung profitieren würden: Sind es die Reichen, der Mittelstand, die «Büezer», Alte oder Junge? Eingangs wurden ein Minderheitsantrag Bertschy (glp, BE) auf Nichteintreten sowie ein Antrag Matter (svp, ZH) auf Rückweisung an die Kommission behandelt. Kathrin Bertschy begründete ihren Antrag damit, dass die Grünliberale Fraktion zwar für die Beratung der Steuervorlage 17 sei – diese sei ausgewogener als frühere Vorlagen und müsse der Bevölkerung entsprechend erklärt werden –, aber die Finanzspritze an die AHV ablehne. Damit werde die Steuervorlage schlechtgemacht und eine Reform der AHV aufgeschoben. Thomas Matter erklärte, dass die SVP-Fraktion die Vorlage mit dem Auftrag, eine schlankere Version ohne AHV-Zustupf auszuarbeiten, an die Kommission zurückweisen wolle. Die Verknüpfung sei ein «Affront gegenüber dem Souverän», da dieser durch die Verknüpfung der Vorlagen seinen Willen nicht klar äussern könne. Nicht begeistert zeigte sich Finanzminister Maurer vom Antrag Matter. Die Idee einer «schlanken» Vorlage sei bereits mehrfach eingebracht und abgelehnt worden, unter anderem 2014 von den Kantonen sowie im Rahmen der USR III von den Kommissionen. Da die nächste Vorlage nicht besser werde, solle man dem Kompromiss, der einen sozialen Ausgleich als Lehre aus der Ablehnung der USR III beinhalte, zustimmen. Eintreten wurde klar mit 188 zu 8 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gutgeheissen; der Antrag Matter stiess mit 119 Stimmen zu 63 Stimmen (bei 15 Enthaltungen) ausserhalb der SVP kaum auf Zustimmung.
Der Nationalrat beriet den AHV-Steuer-Deal aufgeteilt in vier Blöcke, schuf dabei aber bei 37 Minderheitsanträgen nur gerade zwei Differenzen zum Ständerat. Einerseits entschied er sich mit 110 zu 83 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) für den Minderheitsantrag Leutenegger Oberholzer (sp, BL). Demnach sollen die Kantone neu die Auswirkungen der Vorlage auf die Gemeinden nicht nur berücksichtigen müssen, wie es der Ständerat beschlossen hatte, sondern «angemessen abgelten». Gemäss der Minderheitensprecherin sei dies keine «semantische Variation der Formulierung, sondern [...] ein verbindlicher Auftrag», der nötig sei, da die Gemeinden die Revision mittragen müssten. Andererseits beschloss die grosse Kammer bezüglich des Kapitaleinlageprinzips (KEP), die Ausnahme für Zuzüge zeitlich zu verlängern. Der Ständerat hatte entschieden, dass die neuen Regelungen für Zuzüge seit dem Inkrafttreten der USTR II keine Geltung haben sollten, der Nationalrat nahm nun auch die Zuzüge ab dem Abstimmungsdatum zur USTR II von den Regelungen aus. Zudem beschloss er, dass sich die Ausnahme für Zuzüge nicht auf Teilliquidationen erstrecken soll.
Ansonsten stimmte der Nationalrat dem Erstrat in allen Belangen zu, wobei die meisten Minderheitsanträge deutlich scheiterten. Bezüglich der Zusatzfinanzierung der AHV wurden etwa Anträge zur Höhe des Bundesbeitrags an die AHV sowie zur Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 gestellt. Im Rahmen der Gegenfinanzierung der Unternehmenssteuerreform wurden alternative Mindestwerte für die Dividendenbesteuerung beim Bund (zwischen 50 und 90 Prozent) sowie in den Kantonen (zwischen 0 und 90 Prozent) diskutiert, die jedoch im Rat keine Mehrheit fanden. Zu den eigentlichen Massnahmen der Unternehmenssteuerreform lehnte der Rat verschiedene Minderheitsanträge für eine Verschärfung der Abzugsmöglichkeiten respektive für eine Verlängerung der Übergangsfristen ab.
Knapp wurde es einzig bei der Forderung einer Minderheit Rytz (gp, BE) nach einer formellen Trennung des AHV- und Unternehmenssteuerteils der Vorlage unter Beibehaltung der inhaltlichen Verknüpfung. Dadurch sollten zu beiden Teilen getrennte Referenden stattfinden können, die Inkraftsetzung der beiden Vorlagen sollte jedoch weiterhin verknüpft bleiben – sie sollten also weiterhin gemeinsam oder gar nicht in Kraft treten können. Dies lehnte der Nationalrat mit 101 zu 93 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) ab. Für eine formelle Trennung sprachen sich die SVP, GLP und BDP einstimmig, sowie die Grünen teilweise aus. Dadurch wurden auch zwei Anträge Grossen (glp, BE) und Moser (glp, ZH) auf Nichteintreten auf die AHV-Vorlage sowie auf vollständige rechtliche Trennung der beiden Vorlagen obsolet.
Mit 114 zu 68 Stimmen (bei 13 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat schliesslich deutlich für den AHV-Steuer-Deal aus. Dagegen stimmten die GLP-Fraktion, Mehrheiten der SVP- und der Grünen-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der FDP-Fraktion.

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Zwischen der Ständeratsdebatte zum AHV-Steuer-Deal, wie die Steuervorlage 17 trotz neuem Namen (STAF) hauptsächlich genannt wurde, und deren Behandlung im Nationalrat geriet die Vorlage von verschiedenen Seiten weiter unter Druck.
Kritisch zeigten sich zum Beispiel die Städte, denen durch die Änderungen der WAK-SR am bundesrätlichen Vorschlag Mindereinnahmen drohten: CHF 315 Mio. sollen ihnen durch den Verzicht auf eine Erhöhung der minimalen Dividendenbesteuerung, wie sie der Vorschlag des Bundesrates noch beinhaltet hatte, verloren gehen. Dies müsse mit Bundeskompensationen ausgeglichen werden, zudem solle die Gemeindeklausel strenger formuliert werden, schlugen verschiedene Städtevertreterinnen und -vertreter vor.
Auch Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) zeigte sich als Vertreter des Gewerbeverbands gegenüber dem AHV-Steuer-Deal kritisch. Er schlug vor, die zusätzlichen Gelder für die AHV nicht durch Lohnerhöhungen, sondern durch eine Mehrwertsteuererhöhung um 0.3 Prozent zu erzielen. Dies sei gerechter, weil so auch Pensionierte ihren Beitrag an die Gesundung der AHV leisten müssten und die Kosten dafür nicht ausschliesslich von Arbeitstätigen und Unternehmen getragen würden. Dieser Vorschlag stiess jedoch auf vielseitige Kritik: Einerseits sah SP-Vizepräsident Beat Jans (sp, BS) darin eine Gefährdung des fragilen Kompromisses, den die WAK-SR ausgehandelt hatte. Andererseits betonte CVP-Nationalrat Markus Ritter (cvp, SG), dass die von der Unternehmenssteuerreform stark profitierenden Unternehmen zumindest die Hälfte der Kosten der AHV-Zusatzfinanzierung übernehmen sollten. In der FK-NR fand Biglers Vorschlag jedoch Anklang; in ihrem Mitbericht von Ende Juni 2018 an die WAK-NR zog die Finanzkommission mit 13 zu 9 Stimmen (2 Enthaltungen) eine Gegenfinanzierung des AHV-Zuschusses über eine Mehrwertsteuererhöhung einer Erhöhung der Lohnprozente vor.
Einen weiteren Vorschlag für die Finanzierung des AHV-Zuschusses präsentierte die SGK-NR in ihrem Mitbericht anfangs Juli: Äusserst knapp, mit 13 zu 12 Stimmen, schlug sie vor, neben der Zusatzfinanzierung durch das vollständige Demographieprozent – dem seit 1999 zusätzlich erhobenen Mehrwertsteuerprozent – auch auf Leistungsseite zu handeln: In vier Schritten sollte das Rentenalter der Frauen ab 2020 auf 65 Jahre angehoben werden. Der Bundesbeitrag an die AHV sollte anfänglich auf 21.5 Prozent erhöht, anschliessend bis 2030 auf 20.5 Prozent reduziert werden. Die zusätzlichen Gelder für die AHV würden durch die Bundeskasse – geäufnet durch die dynamischen Effekte der Steuervorlage – gesprochen.
Am heftigsten kritisierten Exponenten der SVP den AHV-Steuer-Deal. Entsprechend zahlreich waren auch die von ihnen vor der Behandlung durch die WAK-NR eingereichten Änderungsvorschläge. Fraktionspräsident Thomas Aeschi (svp, ZG) wurde nicht müde zu betonen, dass der «Kuhhandel» chancenlos sei. Statt der Erhöhung der Lohnprozente sollte die AHV-Zusatzfinanzierung über die Streichung der Kohäsionsmilliarde, eine Reduktion der Ausgaben für die Entwicklungshilfe und durch strengere Vorgaben für die Unterstützung von Asylbewerbern, anerkannten Flüchtlingen und Sans-Papiers sichergestellt werden. Ferner schlug Nationalrat Aeschi eine Erhöhung der Abzüge zum Beispiel für Krankenkassenprämien und Zinserträge auf Sparkonten bei der direkten Bundessteuer vor. Dies blieb jedoch nicht der einzige Vorschlag des SVP-Fraktionspräsidenten. Unter anderem schlug er zudem vor, die bereits sehr umfassende Vorlage noch zu vergrössern: Da die Reform der Unternehmenssteuern direkt mit dem Finanzausgleich (NFA) verbunden ist, soll die Steuervorlage 17 um den Kompromiss der Finanzdirektoren zur NFA ergänzt werden.
Gleich mehrere Seiten brachten schliesslich eine bereits häufiger geäusserte Forderung wieder ins Spiel: Die FK-NR, die SGK-NR sowie Grünen-Präsidentin Regula Rytz (gp, BE) reichten Anträge auf Aufteilung des AHV-Steuer-Deals in zwei miteinander verknüpfte Entwürfe ein. Diese sollten nur gemeinsam in Kraft treten können, jedoch würde falls nötig über beide getrennt abgestimmt. So könne die bisherige «demokratiepolitisch fragwürdige» Vorgehensweise korrigiert werden, erklärte Rytz.

Die WAK-NR hatte folglich in ihren darauffolgenden Sitzungen unzählige Anträge zu behandeln, ihr Urteil fiel jedoch zu beinahe allen negativ aus. Mitte August lehnte sie den Antrag der FK-NR zur Zusatzfinanzierung der AHV über eine Mehrwertsteuererhöhung deutlich ab, weil dadurch eine Verfassungsänderung und somit ein obligatorisches Referendum nötig würden. Sie entschied sich überdies unter anderem gegen Anträge auf Streichung der sozialen Kompensation, auf Erhöhung der Teilbesteuerung der Dividenden oder auf eine Verschärfung des Gemeindeartikels. Auch eine Aufteilung des Vorschlags befürwortete sie nicht, da sie eine einzige Vorlage für transparenter hielt als zwei separate Vorlagen. Das «Volk sei in der Lage, die Reform als Ganzes zu beurteilen», erklärte sie in ihrer Medienmitteilung. Anfang September entschied sich die WAK-NR zusätzlich gegen Änderungsvorschläge beim Steuerteil der Vorlage: Sie wollte keine Änderungen an der Patentbox oder am Abzug für Forschung und Entwicklung; und auch eine Zulassung des Abzugs für Eigenfinanzierung für alle oder zumindest für weitere Kantone hiess sie nicht gut. Einzig bezüglich des Kapitaleinlageprinzips (KEP) entschied sie, dass Kapitalreserven von seit Annahme der USTR II zugezogenen Unternehmen von der Rückzahlungs- und Teilliquidationsregel zu befreien seien. Folglich unterstützte die WAK-NR den Vorschlag ihrer Schwesterkommission weitgehend. Dies überraschte zahlreiche Medien insofern, als aufgrund der Mehrheit der SVP und der FDP in der Kommission die Zukunft des AHV-Steuer-Deals vor der abschliessenden Kommissionssitzung als höchst ungewiss gegolten hatte.
Nach diesem Entscheid der WAK-NR gab sich die SVP-Fraktion jedoch noch nicht geschlagen. In ihrer kurz darauf stattgefundenen Fraktionssitzung bemühten sich die SVP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier darum, die Fronten zu schliessen. Hatten sich einige Mitglieder der SVP-Fraktion, allen voran Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR), anfangs noch für den AHV-Steuer-Deal ausgesprochen, liess nun auch sie verlauten, sie hätte die von der WAK-NR abgelehnten Änderungen bevorzugt. Fraktionspräsident Aeschi erklärte, dass die SVP-Fraktion einen Rückweisungsantrag an den Bundesrat stellen werde, wobei dieser einen neuen Vorschlag ausarbeiten solle, den Aeschi bereits skizzierte: Nach einer siebenjährigen Übergangsfrist sollten die Steuerprivilegien abgeschafft werden. Die Kantone könnten dann nach eigenem Ermessen die bisher geplanten Steuererleichterungen einführen und erhielten dazu wiederum einen höheren Anteil an den Bundessteuern. Dieser Vorschlag der SVP stiess auf breite Kritik. Nationalrat Leo Müller (cvp, LU) zum Beispiel bezeichnete ihn als «utopisch» und als «Provokation» für die Linke, da die Vorlage beinahe identisch sei mit der abgelehnten USR III.

Kurz vor der Behandlung der Vorlage im Nationalrat war die Ausgangslage somit noch immer sehr unübersichtlich. Wie die Medien beschrieben, verliefen die Spaltungen nicht mehr wie bei der USR III zwischen Linken und Bürgerlichen, sondern innerhalb der Blöcke und Parteien. So sei noch immer nicht klar, wie geeint die SVP gegen die Vorlage sei. Bei der FDP würden sich vor allem die Jungliberalen – so wie generell beinahe alle Jungparteien – gegen den Deal aussprechen, bei der SP lehne der linke Flügel die Steuererleichterungen ab, genauso wie die Grünen. Die BDP und die GLP missbilligten die Verknüpfung von AHV und Steuerreform und weder Wirtschaftsverbände noch Gewerkschaften konnten sich im Vorfeld der Parlamentsdebatte auf eine gemeinsame Linie einigen. Mit Spannung wurde folglich die Nationalratsdebatte in der Herbstsession 2018 erwartet.

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)