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  • Radio und Fernsehen

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  • Guhl, Bernhard (bdp/pbd, AG) NR/CN
  • Supino, Pietro
  • Grossen, Jürg (glp/pvl, BE) NR/CN

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In der Sommersession 2020 gab der Nationalrat zwei identischen parlamentarischen Initiativen Wasserfallen (fdp, BE; Pa.Iv. 19.411) und Grossen (glp, BE; 19.412) Folge, die einfache Gesellschaften von der Pflicht zur Entrichtung einer Unternehmensabgabe für Radio und TV ausnehmen wollten. Ebendiese Forderung enthielt auch eine parlamentarische Initiative Wicki (fdp, NW; 19.413), der im Vorjahr bereits Folge gegeben worden war. Um den Druck für eine rasche Umsetzung hoch zu halten, hatte die KVF-NR im Unterschied zur KVF-SR beschlossen, den beiden Initiativen ebenfalls Folge zu geben; der Nationalrat stützte dieses Vorgehen in der Sommersession 2020 diskussionslos.

RTVG. Keine Doppelbesteuerung von Arbeitsgemeinschaften (Pa.Iv. 19.411, 19.412, 19.413)
Dossier: Die geräteunabhängige Radio- und Fernsehabgabe für Unternehmen in der Kritik

Nachdem die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen beider Räte im Sommer 2019 einer parlamentarischen Initiative Wicki (fdp, NW; Pa.Iv. 19.413) Folge gegeben hatten, die die Doppelbelastungen von Arbeitsgemeinschaften bei der Entrichtung der Unternehmensabgabe für Radio und Fernsehen verhindern will, und die KVF-SR seither mit der Erarbeitung einer Gesetzesvorlage betraut ist, beschloss ebendiese Kommission im November 2019 einstimmig, zwei parlamentarischen Initiativen Grossen (glp, BE; Pa.Iv. 19.412) und Wasserfallen (fdp, BE; Pa.Iv. 19.411) mit identischer Forderung keine Folge zu geben.
Diesem Entscheid widersetzte sich die KVF-NR im Februar 2020. Aufgrund der hohen Bedeutung des Themas sprach sie sich mit 16 zu 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen erneut dafür aus, den beiden hauseigenen parlamentarischen Initiativen ebenfalls Folge zu geben. Eine Doppelbelastung von Arbeitsgemeinschaften entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, weswegen sie schnellstmöglich zu korrigieren sei.
Die KVF-SR ihrerseits sistierte eine Woche vor diesem Entscheid die Arbeiten zur Gesetzesänderung für die Umsetzung der parlamentarischen Initiative Wicki. Die Kommission sehe die Möglichkeit, das Anliegen mit dem angekündigten Massnahmenpaket zur Förderung der Medien zeitnaher umzusetzen, als das mit einer separaten Gesetzesrevision der Fall wäre.

RTVG. Keine Doppelbesteuerung von Arbeitsgemeinschaften (Pa.Iv. 19.411, 19.412, 19.413)
Dossier: Die geräteunabhängige Radio- und Fernsehabgabe für Unternehmen in der Kritik

Die Neuformulierung von BV Art. 93 solle einen inklusiveren Wortlaut haben und generell Medien in die Bundesverfassung aufnehmen, statt lediglich Radio und Fernsehen zu erwähnen. Diese Forderung aus vier parlamentarischen Initiativen behandelte der Nationalrat in seiner Wintersession 2019 (Pa.Iv. 18.470; Pa.Iv. 18.471; Pa.Iv. 18.472; Pa.Iv. 18.474). Matthias Aebischer (sp, BE) eröffnete die Diskussion. Darin erinnerte er an die Vorgänge zum neuen Mediengesetz, das in der Vernehmlassung derart kritisiert worden war, dass es zwischenzeitlich auf Eis gelegt wurde. Der Grund dieses Misserfolgs liege in der Formulierung des Medienartikels der Bundesverfassung, der gar kein eigentlicher Medienartikel sei, weil er bloss Radio und Fernsehen benenne. Dies gelte es mithilfe der vier Initiativen zu beheben. Die Zeiten in denen zur Sendezeit von Radio- und Fernsehnachrichten kaum jemand auf der Strasse anzutreffen sei, seien vorbei, sinnierte Aebsicher. Deshalb müssten die modernen Technologien berücksichtigt werden. Auch wenn Sofortmassnahmen ergriffen worden seien, müsse die überbrückte Zeit für diese Verfassungsänderung genutzt werde. Ähnlich argumentierte Olivier Feller (fdp, VD), ein weiterer Initiant, der jedoch den Fokus seiner Ausführungen auf die Medienförderung legte. Jürg Grossen (glp, BE) erinnerte an seine eigene Motion aus dem Jahr 2015, worin er bereits die Anpassung des betreffenden Verfassungsartikels angeregt habe (Mo. 15.3600). Sein weiteres Hauptaugenmerk legte er auf die künftig wichtiger werdende digitale Nutzung und Informationsverbreitung medialer Inhalte.
Für die Kommission ergriff ihr Sprecher Gregor Rutz (svp, ZH) das Wort. Er erklärte, die Mehrheit der Kommission vertrete den Standpunkt, dass die Bundeskompetenzen im Medienbereich nicht weiter ausgebaut werden sollten, weil staatliche Interventionen im Medienbereich einer liberalen Demokratie widersprechen würden; sie seien falsch und gar gefährlich. Allerdings seien in der Kommission auch andere Gründe für ein Nein vorgebracht worden, so seien die Übergangslösungen durch das RTVG oder das PG als genügend eingeschätzt worden. Ergänzend fügte der französischsprachige Berichterstatter Frédéric Borloz (fdp, VD) an, dass ja für das Folgejahr 2020 bereits Massnahmen angekündigt worden seien, die eine indirekte Medienförderung ermöglichen sollten. Diese Vorschläge seien abzuwarten.
In der Abstimmung tat sich ein Links-Rechts-Graben auf, wobei die Ratslinke mit Unterstützung der GLP die Initiativen unterstützte. Die neu formierte Mitte-CVP-EVP-BDP Fraktion (M-CEB) stellte sich auf die Seite von FDP und SVP – die sich praktisch geschlossen gegen die Initiative aussprachen – und lehnte die Initiativen grossmehrheitlich ab. Diese Konstellation führte zu einer Ablehnung mit 104 zu 83 Stimmen bei zwei Enthaltungen respektive 109 zu 78 und zwei Enthaltungen für die Initiative Grossen.

Medien in die Bundesverfassung (Pa.Iv. 18.473)

Mit dem Jahreswechsel 2018/2019 änderte sich die Ausgangslage für das neue Mediengesetz grundlegend: Nach dem Rücktritt von Medienministerin Doris Leuthard, unter deren Aufsicht der Vorentwurf entstanden war, übernahm Simonetta Sommaruga Anfang 2019 das entsprechende Dossier. Im Mai 2019 lud die neue Medienministerin zu einem Austausch über die Zukunft der Medien ein, bei dem über den Service public in Radio und Fernsehen sowie über mögliche Massnahmen zur Unterstützung der elektronischen Medien und der Presse diskutiert wurde. Die Argumente der Teilnehmenden würden in die laufenden Arbeiten aufgenommen, erklärte das BAKOM. In den Medien wurden nach den negativen Rückmeldungen in der Vernehmlassung jedoch Stimmen laut, die davon ausgingen, dass Sommaruga das neue Gesetz verwerfen werde. Dieses würde von allen Seiten kritisiert und habe daher im Parlament keine Chance, zumal sogar CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) die Notwendigkeit des neuen Gesetzes in einer Rede im Januar 2019 in Frage gestellt habe. Stattdessen wurde vermutet, dass Sommaruga die Probleme einzeln angehen werde. Als dringlichste Massnahme identifizierten die Medien die Erhöhung der indirekten Presseförderung von CHF 30 Mio. auf CHF 120 Mio., wie sie der Präsident des VSM, Pietro Supino, aber auch zwei parlamentarische Vorstösse Savary (sp, VD; Pa.Iv. 18.480) und Engler (cvp, GR; Pa.Iv. 18.479) gefordert hatten. Als zentral erachteten die Medien aber auch eine Änderung des Medienartikels in der Verfassung, die ein vollständiges Mediengesetz, das neben Radio und Fernsehen sowie allenfalls dem Onlinebereich auch die Presse beinhaltet, ermöglichen sollte. Diesbezüglich hatten Matthias Aebischer (sp, BE; Pa.Iv. 18.470), Bernhard Guhl (bdp, AG; Pa.Iv. 18.471), Olivier Feller (fdp, VD; Pa.Iv. 18.472) und Filippo Lombardi (cvp, TI; Pa.Iv. 18.473) gleichlautende parlamentarische Initiativen eingereicht.
Ende August 2019 bestätigte der Bundesrat in einer Medienmitteilung die bisherigen Gerüchte und erklärte, dass er auf das neue Mediengesetz verzichten und stattdessen das RTVG punktuell mit einem Massnahmenpaket anpassen wolle. Demnach sollten neu auch Onlineportale einen Teil der Radio- und Fernsehabgabe (insgesamt CHF 50 Mio. pro Jahr) erhalten, sofern sie kostenpflichtig seien. Dies betreffe – im Unterschied zum vorherigen Gesetzesvorschlag – nicht nur audio- und audiovisuelle, sondern auch textlastige Beiträge. Zudem solle die indirekte Presseförderung, konkret also die finanzielle Unterstützung der Postzustellung, auf zusätzliche Titel ausgeweitet und erhöht werden – jedoch nur auf CHF 50 Mio. statt auf CHF 120 Mio., wie von den Verlagen gefordert worden war. Der VSM kritisierte die Unterstützung in der Folge auch als zu niedrig. Aus dem Bundesgesetz über elektronische Medien übernommen werden solle die Förderung von Presseagenturen, Weiterbildungen und IT-Projekten.
Auch dieses Projekt erntete jedoch Kritik: Christian Wasserfallen (fdp, BE) etwa befürchtete gegenüber den Medien, dass nun auch die Onlinemedien an den «Staatstropf» gehängt werden sollten, Gregor Rutz (svp, ZH) kritisierte, dass durch die Unterstützung der Onlinemedien die Konkurrenz für die Printmedien sogar noch künstlich verstärkt werde. Die NZZ fragte sich überdies auch bei diesen Massnahmen, ob der Bund wirklich über die Kompetenz zur Regulierung und Förderung der Onlinemedien verfüge. Diesbezüglich bestehe ein Dissens in der juristischen Lehre. Die Präsidentin der KVF-NR, Edith Graf-Litscher (sp, TG), begrüsste hingegen die kurzfristigen Massnahmen.

Geplantes Bundesgesetz über elektronische Medien scheitert
Dossier: Diskussionen zur Förderung von Online-Medien

Im Sommer 2019 stimmten die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen beider Räte einer parlamentarischen Initiative Wicki (fdp, NW) zu respektive gaben ihr Folge. Der Initiant hatte mit seinem Anliegen vor, die Abgabepflicht für Unternehmen bezüglich der Empfangsgebühren, wie sie im RTVG vorgesehen ist, zu modifizieren. Seiner Meinung nach müsse die Doppelbesteuerung von Arbeitsgemeinschaften aufgehoben werden, erklärte Wicki. Arbeitsgemeinschaften, darunter zählt er auch Tochterunternehmen oder andere, beispielsweise durch Holdings miteinander verbundene Unternehmen, sollen die Empfangsgebühr nicht entrichten müssen, wenn diese bereits durch die gemeinsame Körperschaft bezahlt wurde. Die Änderung des RTVG und die neue Bemessung der Abgabepflicht über den Umsatz der Firmen habe zwar zu einer Erleichterung geführt, dadurch sei aber auch eine Doppelbesteuerung entstanden, weil auch teilweise ausgegliederte Arbeitsgemeinschaften steuerpflichtig geworden seien. Gleicher Meinung waren – neben elf Mitunterzeichnenden – auch die beiden Berner Nationalräte Wasserfallen (fdp, BE) und Grossen (glp, BE), die je eine gleichlautende parlamentarische Initiative eingereicht hatten.

Die KVF-SR unterstützte das Anliegen mit 9 zu 2 Stimmen und einer Enthaltung. Vorherrschende Meinung war, dass durch die aktuelle Gesetzgebung der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Abgabepflichtigen verletzt werde und ferner auch der Wille des Gesetzgebers unzureichend wiedergegeben werde. Die ständerätliche Kommission begrüsste in diesem Sinne die Stossrichtung der Initiative und eine Ausnahmeregelung für Arbeitsgemeinschaften. Ins gleiche Horn stiess die KVF-NR, die nicht nur die Argumentation ihrer Schwesterkommission teilte, sondern auch den gleichlautenden Initiativen Grossen (Pa.Iv. 19.412) und Wasserfallen (Pa.Iv. 19.411) Folge gab (mit jeweils 19 zu 5 Stimmen). Letztere beiden müssen in der KVF-SR noch traktandiert werden. Weil jedoch die Initiative Wicki in beiden Kommissionen bereits grünes Licht erhielt, stand als nächster Schritt bereits die Ausarbeitung des entsprechenden Gesetzesentwurfs an.

RTVG. Keine Doppelbesteuerung von Arbeitsgemeinschaften (Pa.Iv. 19.411, 19.412, 19.413)
Dossier: Die geräteunabhängige Radio- und Fernsehabgabe für Unternehmen in der Kritik

Vier gleichlautende und Ende 2018 im Nationalrat eingereichte parlamentarische Initiativen wurden im September 2019 durch die KVF-NR behandelt. Die Initianten Aebischer (sp, BE; Pa. Iv. 18.470), Guhl (bdp, AG; 18.471), Feller (fdp, VD; 18.472) und Grossen (glp, BE; 18.474) zielten auf eine Anpassung von Artikel 93 der Bundesverfassung, der neu zu einem «Medienartikel» werden sollte. Dazu sollte BV Art. 93, der bisher dem Radio und Fernsehen gegolten hatte, abstrahiert und für die Medien generell formuliert werden; wie auch die Titel der Initiativen, «Medien in die Bundesverfassung», bereits ankündigten.
Begründet wurden die Vorstösse einerseits mit der mangelnden Klarheit der geltenden Regelung, die gemäss den Initianten einen sehr offenen Begriff von Formen fernmeldetechnischer Verbreitung von Inhalten verwende. Dies führte in ihren Augen zu medienpolitischen und -rechtlichen Auseinandersetzungen. Andererseits sei gegenwärtig die Presse explizit aus dem Artikel ausgenommen, obwohl sie eine wichtige Rolle in der politischen Meinungsbildung spiele. Dadurch sei die Presse auch von möglichen Fördermassnahmen ausgeschlossen, obwohl sie unter grossem ökonomischen Druck stehe. Gleichwohl erbringe sie einen Service public, weshalb generell von «Medien» gesprochen werden sollte.
Die Initiative Grossen (glp, BE) unterschied sich von den übrigen drei Initiativen insofern, als sie noch einen fünften Absatz beinhaltete. Dieser sah vor, dass nach wie vor – das entsprach dem bisher geltenden Wortlaut des Verfassungsartikels – eine unabhängige Beschwerdeinstanz für Einwände gegen die Inhalte zuständig sein soll.

Medien in die Bundesverfassung (Pa.Iv. 18.473)

Am 4. März 2018 war dann der Tag der Entscheidung gekommen. Wie die Vorbefragungen hatten vermuten lassen, wurde die No-Billag-Initiative deutlich abgelehnt. 71.6 Prozent der Stimmenden und Mehrheiten in allen 26 Kantonen sprachen sich gegen die Initiative aus. Besonders hoch war die Ablehnung in der Romandie, insbesondere im Kanton Neuenburg mit 78.3 Prozent Nein-Stimmen. Auch der Kanton Graubünden lehnte die Initiative mit 77.2 Prozent Nein-Stimmen deutlich ab. Am besten kam die No-Billag-Initiative im Kanton Schwyz mit 62.4 Prozent Ablehnung, gefolgt vom Kanton Schaffhausen mit 62.7 Prozent an; auch im Kanton Tessin fand die Vorlage mit 65.5 Prozent Nein-Stimmen nur etwa bei einem Drittel der Stimmenden Unterstützung. Aufgrund der intensiven Kampagne wenig überraschend fiel die Stimmbeteiligung mit 54.8 Prozent überdurchschnittlich hoch aus, im Tessin lag sie gar bei 65 Prozent. „Die No-Billag-Initiative startete ohne Chance, flog dann überraschend hoch, um schliesslich krachend abzustürzen“, fasste die Luzerner Zeitung den Abstimmungskampf fast poetisch zusammen.
Die Initianten zeigten sich zwar enttäuscht, dass sie nicht die von ihnen erwarteten 40 Prozent Zustimmung erreicht hatten, waren aber gleichzeitig zufrieden damit, das Thema aufs Tapet gebracht zu haben. Olivier Kessler unterstrich, dass es ihnen gelungen war, mit der Initiative eine grosse medienpolitische Diskussion zu lancieren und das Thema Zwangsgebühren zu enttabuisieren. Andreas Kleeb ergänzte, dass ohne die Initiative die Gebühren nicht auf CHF 365 gesenkt worden wären, und Thomas Juch fasste die Hoffnung der Initianten folgendermassen zusammen: „Wir haben heute nicht an der Urne gewonnen, aber wir werden langfristig gewinnen“.
Erste Gewinne im Sinne der Initianten hatten sich bereits kurz vor der Abstimmung angekündigt. So vermeldeten verschiedene Kritiker der Initiative, nach der Abstimmung im Parlament gegen die Sonderstellung der SRG vorgehen zu wollen. Dies bekräftigten sie durch die Einreichung verschiedener Vorstösse: Beat Vonlanthen (cvp, FR) wollte mit einer Motion (Mo. 18.3070) ein Werbeverbot ab 19:30 Uhr sowie ein Onlinewerbeverbot, eine Obergrenze für die Werbeeinnahmen und einen Ausstieg der SRG aus der Admeira erreichen. Eine BDP-Motion (Mo. 18.3100) zielte auf eine Senkung der Gebühren auf CHF 320 und auf eine entsprechende Kürzung des Budgets der SRG. Auch GLP-Präsident Jürg Grossen (glp, BE) und FDP-Präsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) forderten, dass die SRG zukünftig sparen müsse. Selbst Gerhard Pfister, Präsident der SRG nahestehenden CVP, sprach sich für eine „Debatte über Grösse und inhaltliche Ausrichtung der SRG“ aus. SP-Präsident Christian Levrat (sp, FR) forderte stattdessen eine verstärkte Presseförderung. Aber auch die Initiativbefürworter waren bereits vor dem Abstimmungssonntag erneut tätig geworden: Natalie Rickli (svp, ZH) forderte in einer parlamentarischen Initiative eine Reduktion der Gebühren auf CHF 300 (Pa. Iv. 18.404) und Gregor Rutz (svp, ZH) beabsichtigte, die Abgabe für Unternehmen zu streichen (Pa. Iv. 18.405).
Auch von Seiten der SRG folgte eine Reaktion. Bereits Ende Januar hatte sich SRG-Generaldirektor Gilles Marchand mit einem Plan R zu Wort gemeldet: Nach Ablehnung der Initiative sollten die Strukturen der SRG vereinfacht und flexibilisiert, Prioritäten geklärt und Entscheidungen nachvollziehbarer gemacht werden. Einen Tag nach dem Abstimmungstermin machten die Verantwortlichen der SRG einen zusätzlichen Schritt auf ihre Kritiker zu. Marchand bezeichnete den Abstimmungssonntag als „Wendepunkt in der Geschichte der SRG“ und kündigte zusammen mit SRG-Präsident Jean-Michel Cina einen Reformplan an. Die SRG werde CHF 100 Mio. sparen – doppelt so viel wie aufgrund des Gebührendeckels sowieso nötig gewesen wäre. Sie werde sich zukünftig auf ihre Raison d‘Être konzentrieren und insbesondere Informationssendungen, Filme, Dokumentationen, Serien und mehr Eigenproduktionen ausstrahlen. Bei Spielfilmen soll es keine Werbeunterbrechungen mehr geben, zudem werde man auf eigenständige Inhalte auf den Internetseiten, auf Onlinewerbung und – trotz Erlaubnis des UVEK – auf zielgruppenspezifische Werbung verzichten. Damit setzte die SRG trotz Abstimmungsgewinn zumindest einen Teil der Forderungen ihrer Kritiker um.


Abstimmung vom 04. März 2018

Beteiligung: 54.8%
Ja: 833'837 (28.4%) / Stände: 0
Nein: 2'098'302 (71.6%) / Stände: 20 6/2

Parolen:
– Ja: SVP (2*), EDU, JSVP, Jungfreisinnige, Gewerbeverband
– Nein: CVP, BDP (1*), EVP, FDP, GLP, Grüne, LDP, SP, TravailSuisse, SGB, Economiesuisse, VSM, Médias Suisse
* In Klammer Anzahl abweichende Kantonalsektionen

Volksinitiative "Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren" (No Billag-Initiative)

Deutlich ausführlicher war die Debatte zur Initiative zur Abschaffung der Billag-Gebühren im Nationalrat. Die ursprünglich veranschlagte Zeit reichte aufgrund der langen Liste an Einzelrednerinnen und -rednern nicht aus, so dass eine zusätzliche Open-End-Sitzung eingelegt werden musste. Eine Kommissionsminderheit Rutz (svp, ZH) hatte zuvor einen direkten Gegenvorschlag formuliert, der die Abgabe für Haushalte auf höchstens 200 Franken begrenzen und für Unternehmen gänzlich streichen wollte. Somit würde das Budget der SRG und der regionalen Radio- und Fernsehsender ungefähr halbiert. Gregor Rutz bewarb seinen Gegenvorschlag als Mittelweg zwischen den Extremvarianten „keine Einsparungen“ und „vollständige Streichung der Gebühren“. Der Gegenvorschlag solle es der SRG trotz Einsparungen erlauben, ihre Aufgaben – den Schutz sprachlicher Minderheiten und die Förderung der nationalen Kohäsion – zu erfüllen. Eine zweite Minderheit Rutz beantragte, die Initiative Volk und Ständen zur Annahme zu empfehlen.
Anklang fand der Gegenvorschlag vor allem bei Parlamentarierinnen und Parlamentariern der SVP. So wurden wie bereits im Ständerat insbesondere die Abgabe für Unternehmen und das Machtmonopol der SRG, gegen das private Anbieter nicht ankämen, kritisiert. Einen Schritt weiter ging Adrian Amstutz (svp, BE), der das Machtmonopol der SRG auch auf die Politik bezog: Die Abhängigkeit zwischen Politik und der SRG sei so gross geworden, dass man sich auf Seiten der anderen Parteien nicht mehr traue, die SRG zu kritisieren. Dies führe umgekehrt zu mehr Kritik an der SVP in den SRG-Programmen. Toni Brunner (svp, SG) wies überdies darauf hin, dass sich die SRG die sogenannte No-Billag-Initiative durch ihr rücksichtsloses Handeln selbst eingebrockt habe. Als „stolzes Mitglied des Initiativkomitees der No-Billag-Initiative“ meldete sich auch Lukas Reimann (svp, SG) zu Wort. Er kritisierte die „Zwangsgebühren“, die auch Personen zahlen müssten, die keinen Fernseher haben oder die das Programm der SRG nicht brauchen. So führe die Annahme der No-Billag-Initiative zu einer grösseren Medienvielfalt, gar zum Durchbruch der Medienfreiheit, weil die Dominanz durch die SRG wegfalle. Sie setze zudem die Kaufkraft von 1,35 Milliarden Franken pro Jahr frei und kurble so die Wirtschaft an.
Ganz so positiv beurteilten nur die wenigsten Nationalrätinnen und Nationalräte die Initiative oder den Gegenvorschlag, dennoch betonten auch mehrere ihrer Kritiker, dass die SRG heute zu marktmächtig sei. So bedürfe es einer gründlichen Diskussion zum Umfang des Service public in den Medien, welche aber mit dem Service-public-Bericht nicht zufriedenstellend geführt worden sei, betonte zum Beispiel Thierry Burkart (fdp, AG). Zudem hätten einige einen weniger extremen Gegenvorschlag befürwortet, zum Beispiel in Form der bereits von Thomas Maier (glp, ZH) geforderten Plafonierung der Empfangsgebühren. Frédéric Borloz (fdp, VD) kündigte überdies im Namen der FDP-Fraktion ein grosses Reformprogramm zur Medienlandschaft in der Schweiz an.
Auf der anderen Seite gab es aber auch deutliche Kritik an der Initiative und am Gegenvorschlag. So warnte zum Beispiel Bernhard Guhl (bdp, AG), dass es bei Annahme der Initiative oder des Gegenvorschlags zu italienischen Verhältnissen kommen könnte, bei denen eine Person ganze Medienhäuser besitze. Eine solche Entwicklung sei tendenziell bereits bei der Presse feststellbar. Matthias Aebischer (sp, BE) wies darauf hin, dass Personen, die eine Vorlage wie die „No Billag“-Initiative einreichen, beabsichtigten, „die Macht von anderen Medienunternehmen, zum Teil mit politischem Hintergrund, aus[zu]bauen“. Wie bereits im Ständerat betonten die Gegner der Initiative und des Gegenvorschlags vor allem, dass eine Vielzahl der Leistungen der Medienunternehmen ohne respektive nur mit der Hälfte der Gebühren nicht erbracht werden könnten, was eine Gefahr für die Kohäsion der Schweiz und für die Randregionen darstelle. Sie wurden auch nicht müde zu erklären, dass zum Beispiel mit der Annahme der Shared-Content-Motion, welche es privaten Schweizer Medienanbietern erlauben soll, ausgestrahlte Beiträge der SRG niederschwellig zu verwenden, bereits Bestrebungen zur Verringerung der Marktmacht der SRG im Gange seien.
Schliesslich entschied sich der Nationalrat mit 108 zu 70 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gegen ein Eintreten auf den Gegenvorschlag und mit 122 zu 42 Stimmen dafür, Volk und Ständen die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Für den Gegenvorschlag sprach sich die geschlossene SVP-Fraktion sowie Teile der FDP-Fraktion aus; für den Antrag auf Annahme der Initiative entschieden sich Teile der SVP-Fraktion sowie vereinzelte Parlamentarierinnen und Parlamentarier der FDP. Gespalten zeigte sich die SVP-Fraktion bei der Schlussabstimmung im Nationalrat: Die Mehrheit der Fraktion lehnte die Nein-Empfehlung ab, ein relativ grosser Teil enthielt sich der Stimme und eine Minderheit hiess sie gut. Insgesamt entschieden sich der Nationalrat mit 129 zu 33 Stimmen (bei 32 Enthaltungen) und der Ständerat mit 41 zu 2 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für eine Nein-Empfehlung zur Initiative. Somit wird die Initiative zur Abschaffung der Billag-Gebühren im März 2018 Volk und Ständen ohne Gegenvorschlag und mit der Empfehlung zur Ablehnung zur Abstimmung vorgelegt werden.

Volksinitiative "Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren" (No Billag-Initiative)

Mittels eines Kommissionspostulats bat die KVF-NR den Bundesrat darum, zu zeigen, wie der Service-public-Auftrag mit weniger Radio- und Fernsehsendern erfüllt und die Programmqualität erhalten werden kann. Zentral sei dabei gemäss Jürg Grossen (glp, BE), dass das Programm der SRG gemäss ihrem Auftrag unverwechselbar sei und sich von den kommerziell ausgerichteten Veranstaltern unterscheide. Im Gegenzug zog die KVF-NR die Kommissionsmotion zur Reduktion bei den Spartensendern im Radiobereich (Mo. 17.3010) zurück, welche einen Schritt weiter ging als das Postulat und die Einstellung von Radio-Spartensendern ohne Service-public-Auftrag – namentlich genannt wurden zum Beispiel Radio Swiss Pop oder Radio SRF Musikwelle – forderte. Die Motion hatte zuvor für grosse Diskussionen gesorgt, unter anderem wurde eine Online-Petition des Schweizer Musikrates mit über 21'000 Unterschriften gegen das Anliegen eingereicht. In der Nationalratsdebatte in der Herbstsession erklärte Medienministerin Leuthard, dass der Bundesrat das Postulat annehme, da er die Sender sowieso regelmässig überprüfe. Sie wies jedoch darauf hin, dass es Privaten zwar möglich sei, Sender wie die Musikwelle oder Radio Swiss Jazz anzubieten – das täten sie aber nicht. Folglich würde eine Streichung dieser SRG-Programme zu einer Streichung des Angebots, nicht zu einer Verlagerung zu Privaten führen. Die grosse Kammer nahm das Kommissionspostulat mit 101 zu 77 Stimmen bei 5 Enthaltungen an. Widerstand kam einstimmig von den SP- und Grünen-Fraktionen sowie von der Mehrheit der CVP- und einzelnen Mitgliedern der FDP-Fraktion.

Kommissionspostulat verlangt Überprüfung der Anzahl SRG-Sender
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)
Dossier: Konzession für die SRG SSR vom 29. August 2018

Nach einer längeren Debatte nahm in der Frühjahrssession 2017 auch der Nationalrat Kenntnis vom Service-public-Bericht und dessen Zusatzbericht. Im Namen der Grünen Fraktion lobte Adèle Thorens Goumaz (VD) die Leistungen der SRG für die lateinische Schweiz und wies auf jüngste Entwicklungen auf dem französischsprachigen Zeitungsmarkt in der Schweiz hin, welche die Notwendigkeit eines marktunabhängigen Mediums zur Erhaltung der Medienvielfalt und Berücksichtigung von Sprachminderheiten aufzeigten. Wie diverse Sprecherinnen und Sprecher aus anderen Fraktionen zeigte sich auch die BDP-Fraktion besorgt ob der zunehmenden Medienkonzentration auf dem Pressemarkt. Aus diesen Gründen bedürfe es auch eines funktionierenden Service public im Online-Bereich, dessen Berichterstattung sich nicht nur an der Anzahl Klicks und Höhe der Werbeeinnahmen orientiere, so die Ausführungen von Bernhard Guhl (bdp, AG). Als Vertreter der FDP-Fraktion äusserten Frédéric Borloz (VD) und Thierry Burkart (AG) hingegen Bedenken zu einem ausgebauten Internetauftritt der SRG, da dies die privaten Medien stark konkurrenzieren könnte. Eine verstärkte Digitalisierung der SRG verlangte hingegen die SP und erhofft sich damit, die jüngere Generation in Zukunft besser anzusprechen, so Edith Graf-Litscher (TG). Martin Candinas (GR) lobte als Sprecher der CVP-Fraktion die Qualität des Service public in allen vier Landesteilen, betonte jedoch, dass diese auch weiterhin ohne Aufstockung der finanziellen Mittel und in erster Linie durch Wahrung des Informationsauftrags gewährleistet werden solle; der Einkauf von Fernsehserien und Filmen soll kritisch überprüft werden. Kritischer äusserten sich Vertreter der SVP-Fraktion, stellten dabei jedoch nicht die Existenzgrundlage der SRG in Frage, wie den Voten von Natalie Rickli (ZH) und Gregor Rutz (ZH) zu entnehmen ist. Ihre Kritik richtete sich in erster Linie gegen diejenigen Tätigkeiten der SRG, die stärker in Konkurrenz zu privaten Angeboten stehen, so etwa Angebote im Unterhaltungs- und Sportsektor. Verstärkte Subsidiarität forderte etwa auch Jürg Grossen (BE) im Namen der GLP-Fraktion.
Im Rahmen dieser parlamentarischen Beratung äusserte sich die grosse Kammer auch zu drei Geschäften, die in nahem Bezug zu Inhalten des Berichts, resp. zur Service-public-Debatte im Allgemeinen, stehen. Einer mitte-linken Kommissionsminderheit folgend lehnte der Nationalrat ein Anliegen seiner KVF ab, das eine duale Konzessionskompetenz für Parlament und Bundesrat forderte und somit den Einfluss des Parlaments in diesem Bereich stärken wollte. Ebenso verweigerte er seine Zustimmung zu einer weitergehenden parlamentarischen Initiative, die eine ausschliessliche Konzessionsvergabe durch das Parlament forderte. Letzteres tat der Nationalrat auf Anraten seiner Kommissionsmehrheit, die ordnungspolitische Bedenken geäussert und das Vorhaben als nicht realisierbar eingestuft hatte. Allenfalls geändert werden soll hingegen der im Bericht festgestellte Umstand, dass die Schweiz zu einigen wenigen demokratischen Ländern gehört, die über keine verwaltungsunabhängige Aufsichtsbehörde für Radio und Fernsehen verfügen. Ein Postulat, welches Möglichkeiten zur Schaffung einer solchen Instanz aufzeigen soll, stiess im Rat auf stillschweigende Zustimmung. Die parlamentarische Beratung der in Reaktion auf den Zusatzbericht eingereichten Vorstösse steht noch aus.

Bericht (und Zusatzberichte) zum Service public (BRG 16.043)
Dossier: Bericht zum Service public im Medienbereich: Anforderungen, Ergebnisse und Stellungnahmen
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

An ihrer Sitzung am 13.2.17 beriet die KVF-NR die im Januar vorgelegten Zusatzberichte zum Service public und beschloss auf deren Grundlage die Lancierung verschiedenster Kommissionsvorstösse: Zur Förderung der elektronischen Service-public-Angebote ausserhalb der SRG sieht eine Motion (17.3008), die durch eine deutliche Kommissionsmehrheit gestützt wird, die Vergrösserung der Verbreitungsgebiete sowie die Aufhebung der 2+2-Regel vor. Besagte Regel hindert ein Unternehmen oder einen Veranstalter momentan daran, mehr als zwei Fernseh- und zwei Radio-Konzessionen zu besitzen. Zu dieser Massnahme hatte sich das BAKOM in seinem Bericht nicht nur positiv geäussert. Das Bundesamt befürchtet mit Aufhebung dieser Regelung eine Medienkonzentration sowie die Schlechterstellung kleiner und unabhängiger Veranstalter. Zudem sei mit der letzten RTVG-Revision bereits eine Aufweichung dieser Regelung beschlossen und unterdessen in Kraft gesetzt worden: Für die Einführung neuer Verbreitungstechnologien kann der Bundesrat neuerdings Ausnahmen bewilligen.
Um Marktverzerrungen zu minimieren, verlangt eine relativ knappe Mehrheit der Kommission mittels einer weiteren Motion (17.3009) die Erarbeitung einer Vorlage zur Umsetzung eines Open-Content-Modells, wonach die SRG ihre Eigenproduktionen allen Privaten zur freien Verfügung bereitstellen müsste. Die Initiative zu diesem Vorstoss stammte von GLP-Nationalrat und Kommissionsmitglied Jürg Grossen (BE), was den Eindruck erwecken lässt, dass sich auch in der politischen Mitte Befürworter für diese Idee finden lassen. Eine der Kommission im Januar vorgelegte externe Studie hatte nachgewiesen, dass Marktverzerrungen mit diesem Vorgehen verhindert werden könnten. Auch hierzu hatte sich das BAKOM aus diversen Gründen in seinen gleichzeitig mit der Auftragsstudie präsentierten Berichten kritisch geäussert.
Ferner gerieten diverse SRG-Sender, die keinen eigentlichen Service-public-Auftrag wahrnehmen, in die Kritik der Kommission. Ebenfalls eine knappe Mehrheit beschloss die Einreichung einer dritten Motion (17.3010) zur Abschaffung von solchen Radio-Spartensendern und eine damit einhergehende Senkung der Gebührengelder. Neben den reinen Musiksendern, die bereits in der Auftragsstudie namentlich erwähnt worden waren, nannte die Motion auch Radio SRF Virus, Radio SRF Musikwelle und Radio RTS Option Musique namentlich als Sender dieser Sparte. Nicht zuletzt hielt die KVF-NR an ihrem bereits im Vorjahr gefällten und der ständerätlichen Kommission entgegengesetzten Entschluss fest, einer parlamentarischen Initiative Rutz (svp, ZH) Folge zu geben, welche die nichtkonzessionierten Tätigkeiten der SRG einschränken will.
Abschliessend erteilte die Kommission der Verwaltung zwei Aufträge, mit denen Doppelspurigkeiten zwischen den Regionaljournalen der SRG und der regionalen Berichterstattung privater Radioanbieter aufgezeigt werden sollen und dargelegt werden soll, wie sich zusätzliche Werbeeinschränkungen für die SRG auswirken würden.

Bericht (und Zusatzberichte) zum Service public (BRG 16.043)
Dossier: Bericht zum Service public im Medienbereich: Anforderungen, Ergebnisse und Stellungnahmen
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

Die knappe Annahme der RTVG-Vorlage an der Volksabstimmung vom 14. Juni 2015 zog die Einreichung zahlreicher Vorstösse nach sich, die jedoch im Jahr 2016 nicht alle auf Gehör im Parlament stiessen. Zu den gescheiterten Vorstössen zählte eine im Nationalrat abgelehnte Motion Grossen (glp, BE), welche eine breitere, neben Radio und Fernsehen zusätzliche Verbreitungskanäle umfassende Definition des Service public gefordert hätte (Mo. 15.3600).
Weitreichende Strukturänderungen bei der SRG verlangte neben einem Postulat Rickli (svp, ZH), das eine Überprüfung des Budgets der SRG bezwecken wollten, auch ein Postulat Rutz (svp, ZH), aufgrund dessen ein Bericht die mögliche Umwandlung der SRG in eine gemischtwirtschaftliche Aktiengesellschaft darlegen sollte (Po. 15.3419). Der Postulant erachtete die SRG nicht als "gemeinnützige Vereinigung" sondern als "gewinnstrebendes Unternehmen", was mit dieser Umwandlung sichtbarer gemacht werden könnte und die Transparenz über die Verwendung der öffentlichen Gelder erhöhen würde. Der Bundesrat stellte sich dezidiert gegen diese Ansicht: Die SRG sei kein gewinnorientiertes Unternehmen; ein positiver Jahresabschluss stehe nicht im Gegensatz zum eigentlichen Zweck der SRG. Bescheidene Gewinne seien gar notwendig, um Verluste aus früheren Jahren zu kompensieren. Eine knappe Mehrheit im Nationalrat stützte die Ansicht des Bundesrates und lehnte das Anliegen ab. Ein ähnliches Anliegen verfolgte die Motion Aeschi (svp, ZG), die ebenfalls im Nationalrat scheiterte (Mo. 15.3558). Erfolgreicher war hingegen eine Motion Wasserfallen (fdp, BE) mit der Forderung nach mehr Kostentransparenz ohne Umwandlung der SRG in eine Aktiengesellschaft.

Durch den Nationalrat 2016 abgelehnte Vorstösse zum Service public
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

Kurz bevor sich der Ständerat in der Herbstsession 2016 mit dem Bericht zum Service public auseinandersetzte, trafen sich Vertreterinnen und Vertreter der Medienbranche, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zur Service public Konferenz des Verbands Schweizer Medien (VSM). Der VSM sah aufgrund der knappen Volksabstimmung zum RTVG und der vorhandenen Unzufriedenheit in der Bevölkerung die Notwendigkeit gegeben, den Begriff des Service public zu überdenken, wozu die besagte Konferenz Anlass bieten sollte. Die Tagung brachte jedoch keine substanzielle Annäherung zutage, sondern verdeutlichte einmal mehr die vorherrschenden Gräben zwischen Befürwortern eines starken, durch die SRG bereitgestellten Service public und Vertretern der privaten Medien, welche die SRG als zu dominant erachten. Erstens war zu vernehmen, dass eine zu starke SRG die privaten Medien schwäche und eine Gebühr von CHF 400 pro Haushalt und Jahr zu hoch angesetzt sei. Diese Ansicht wurde zum Teil auch durch geladene Medienwissenschaftler vertreten. Pietro Supino, Tamedia-Verwaltungsratspräsident und Vizepräsident des VSM, kritisierte die Ausbautätigkeiten der SRG im Online-Bereich und im Werbemarkt (vgl. Admeira); beides gehe auf Kosten der privaten Anbieter. De Weck äusserte seinerseits Bedenken gegenüber zu dominanten Akteuren, namentlich gegenüber Google und Facebook. Wenn sich die Schweizer Medien nicht zusammentäten, würden in Zukunft immer mehr Werbegelder zu den Internetriesen fliessen. Zweitens verwies Supino auf die im Zusatzbericht zum Service public diskutierte Idee der SRG als Open-Content-Anbieterin, womit Verlage die von der Radio- und Fernsehgesellschaft produzierten Inhalte weiterverwenden dürften. SRG-Direktor Roger de Weck erachtete dieses Ansinnen als schwer realisierbar – dies vor allem in Bereichen, wo die SRG selber Lizenznehmerin sei. Darüber hinaus sei das Kuratieren von Produktionen aufwändig und kostspielig. Drittens stiess sich die Medienbranche an Programmen und Sendungen der SRG, die über den Grundversorgungsauftrag hinausgehen, so etwa Sendungen der Sparte Unterhaltung. Die SRG und Private sollten in denselben Bereichen tätig sein dürfen, fand hingegen de Weck. Viel eher ginge es darum, diese Tätigkeit auf eine unterschiedliche Art und Weise auszuüben. Ziel der SRG sei es, ein möglichst breites Publikum zu erreichen. Unterhaltungssendungen eigneten sich gut, um das Publikum an Informationssendungen heranzuführen. Der SRG-Direktor verwies hier auf „Telegiornale“, dessen Zuschauerzahl durch das Ausstrahlen einer unmittelbar vorgelagerten, beliebten Quizsendung um sieben Prozent gesteigert werden konnte. Allgemein zeigte sich de Weck an der Konferenz offen für eine Zusammenarbeit mit den Verlegern. Die SRG sei bereit für Gespräche und Veränderungen. Trotz dieser vielseitigen Kritik fand man einen gemeinsamen Nenner: Die Gebührenfinanzierung an sich und der Grundauftrag der SRG waren gänzlich unbestritten.

Service public-Konferenz des Verbands Schweizer Medien (2016)
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

Beinahe sieben Stunden dauerte die Debatte zur Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG), welche der Nationalrat in der Frühjahrssession als Erstrat führte und die in erster Linie zum Ziel hatte, die geräteabhängige Gebühr für Radio und Fernsehen durch ein geräteunabhängiges System zu ersetzen. Zuerst hatte die grosse Kammer über einen Nichteintretensantrag einer Minderheit der KVF-NR, angeführt durch Natalie Rickli (svp, ZH) zu befinden. Diese argumentierte, die generelle Abgabepflicht käme einer Mediensteuer gleich und zusätzliche Steuern könnten lediglich über den Verfassungsweg eingeführt werden. Mit 119 zu 68 Stimmen lehnte der Nationalrat dieses Begehren schliesslich ab, womit die Mehrheit der grossen Kammer zum Ausdruck brachte, dass es sich ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall um eine Abgabe handle, was ebenfalls den Schlussfolgerungen eines 2010 erschienenen juristischen Gutachtens entsprach. Als einzige Fraktion stellte sich die SVP geschlossen gegen Eintreten auf die Vorlage. Die FDP-Liberale Fraktion war in der Eintretensfrage "ziemlich exakt geteilter Meinung", wie Gabi Huber (fdp, UR) als Fraktionssprecherin bemerkte. Alle anderen Fraktionen lehnten den Minderheitsantrag bei vereinzelten Enthaltungen geschlossen ab. Ebenfalls mit ähnlichen Mehrheiten abgelehnt wurde ein Rückweisungsantrag einer beinahe identischen Kommissionsminderheit und zwar mit den Aufträgen, zuerst eine Botschaft über den verfassungsmässigen Leistungsauftrag der SRG vorzulegen und das Volk zur Einführung einer Mediensteuer zu befragen. Ferner verlangte ein Einzelantrag Grossen (glp, BE) die Rückweisung des Geschäfts, um eine Vorlage auszuarbeiten, welche eine Finanzierung über den Bundeshaushalt vorsähe, womit sich eine private Inkassostelle erübrigen würde. Auch dieser Antrag wurde relativ deutlich abgelehnt, fand nebst der SVP-Fraktion und einer qualifizierten FDP-Minderheit jedoch auch Unterstützung bei einer geeinten GLP-Fraktion. In der Detailberatung stellten mehrheitlich SVP-dominierte aber auch links-grüne oder gar gemischte Kommissionsminderheiten zahlreiche Anträge, die jedoch fast ausnahmslos chancenlos blieben. Die Kommissionsmehrheit konnte sich mit ihren Änderungsanträgen auch erfolgreich gegen einen Minderheitsantrag Hurter (svp, SH) durchsetzen, als es darum ging, die Gebührenanteile für private Radio- und Fernsehveranstalter auf eine Spannbreite von 4-5% zu erhöhen. Ebenfalls obsiegte sie gegen eine Minderheit Huber (fdp, UR), welche die Aufteilung der Gelder zwischen Radio und Fernsehen analog Bundesrat nicht auf ein bestimmtes Verhältnis (36% zu 64%) festsetzen wollte. Als beinahe einziger Minderheitsantrag erfolgreich war ein von Kurt Fluri (fdp, SO), Olivier Français (fdp, VD) und Gabi Huber (fdp, UR) getragener Kompromissvorschlag für ein eingeschränktes Opting out: Bis fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes sollen sich Haushalte ohne Empfangsmöglichkeiten von der Abgabe befreien können. Weder die Allianz aus Grünen und SVP, welche sich für eine generelle Befreiungsmöglichkeit einsetzte, noch die Kommissionsmehrheit, die analog Bundesrat kaum Möglichkeiten für ein Opting-Out schaffen wollte, konnten entsprechende Mehrheiten finden. Der zweite und letzte, durch eine marginale Mehrheit von einer Stimme angenommene Minderheitsantrag, eingebracht durch Christian Wasserfallen (fdp, BE), verhinderte den Ausbau der Regionaljournale der SRG, damit diese den privaten Anbietern keine Konkurrenz machen. Ein bedeutender Streitpunkt zeigte sich in der Frage, ob Unternehmen mit einem Mindestumsatz von CHF 50'000 ebenfalls generell eine Abgabe zu entrichten hätten. Zwei Einzelanträge Grossen (glp, BE) und Schilliger (fdp, LU), welche Unternehmen ganz von der Abgabepflicht befreien wollten, wurden mit 92 zu 92 Stimmen bei zwei Enthaltungen lediglich durch Stichentscheid des Präsidenten Lustenberger (cvp, LU) abgelehnt. Gegen die Abgabepflicht für Unternehmen stellten sich die Fraktionen der GLP, BDP, und SVP und die Mehrheit der FDP-Liberalen sowie einzelne CVP/EVP-Fraktionsmitglieder. Im Unterschied zu der fixen, durch Privathaushalte zu entrichtenden Abgabe sieht die bundesrätliche Fassung vor, die Höhe der Abgabe für Unternehmen nach deren Umsatz zu bestimmen. In dieser Form verabschiedete der Nationalrat, unter Opposition der GLP- und SVP-Fraktionen sowie einer starken FDP-Minderheit, den Entwurf an den Ständerat, welcher das Geschäft in der Sommersession als Zweitrat behandelte.

Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 26. September 2014
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)