Suche zurücksetzen

Inhalte

  • Gesamtarbeitsverträge (GAV)
  • Arbeitszeit

Akteure

Prozesse

364 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Ab 1. Januar 1994 werden alle Bediensteten im öffentlichen Verkehr besser für Nachtarbeit entschädigt. Der Bundesrat setzte auf diesen Zeitpunkt eine im Berichtsjahr auch vom Nationalrat genehmigte entsprechende Änderung des Arbeitszeitgesetzes in Kraft. Bis anhin kannte bereits das Personal von SBB und PTT diese Regelung. Für den Dienst zwischen 22 und 6 Uhr werden zusätzliche Zeitzuschläge festgelegt, welche zwischen 5 und 15% der effektiven Arbeitszeit liegen. Der Bundesrat will damit die seiner Ansicht nach erwiesenermassen stärkere körperliche und geistige Belastung durch Tätigkeiten ausserhalb der gewohnten Arbeitszeiten gezielter und gerechter kompensieren.

Nachtarbeit in den Unternehmungen des öffentlichen Verkehrs (BRG 91.048)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Mitte Jahr gab der Bundesrat seine Vorschläge für eine Revision des Arbeitsgesetzes mit dem Ziel einer Aufhebung des Nacht- und Sonntagsarbeitsverbotes für Frauen in der Industrie in die Vernehmlassung. Die Arbeits- und Ruhezeiten sollen künftig für Frauen und Männer die gleichen sein. Nur acht Wochen vor und nach der Geburt eines Kindes dürfen Frauen zwischen 20 und 6 Uhr nicht mehr beschäftigt werden. In dieser Zeit haben sie Anspruch auf Versetzung zu einer gleichwertigen Tagesarbeit oder, wenn dies nicht möglich ist, auf eine Fortzahlung von 80% des bisherigen Lohnes. Im Gegenzug soll allen Arbeitnehmern und -nehmerinnen für geleistete Nacht- und Sonntagsarbeit ein Zeitzuschlag in Form von zusätzlicher Freizeit gewährt werden. Alle in der Nacht Arbeitenden sollen zudem das Recht erhalten, sich auf Verlangen medizinisch untersuchen und beraten zu lassen. Wenn sich zeigt, dass ein Arbeitnehmer zur Nachtarbeit untauglich ist, so muss ihm der Arbeitgeber eine ähnliche Tagesarbeit anbieten. Ist dies nicht machbar, sind die gleichen Ansprüche zu gewähren wie im Krankheitsfall.

Revision des Arbeitsgesetzes (Po. 90.580)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Als wichtigste Rezepte gegen die Arbeitslosigkeit pries der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) kurzfristig staatliche Konjunkturspritzen (wie zum Beispiel das vom Parlament beschlossene Impulsprogramm) und langfristig eine ausgebaute Weiterbildung sowie radikale Arbeitszeitverkürzungen an. Bemerkenswert war, dass bei letzteren die Gewerkschaftsspitze auch die Inkaufnahme eines Reallohnabbaus – zumindest für mittlere und obere Lohnkategorien – nicht ausschloss. In der Realität mussten die Gewerkschaften allerdings Verträge akzeptieren, welche in eine andere Richtung zeigten.

Kampf des SGB gegen die Arbeitslosigkeit 1993

Während die Arbeitgeber den Ausweg aus der Arbeitslosigkeit in erster Linie in der Revitalisierung und Deregulierung der Schweizer Wirtschaft sahen, setzte der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) vor allem auf Arbeitszeitverkürzungen und permanente Weiterbildung. Der SGB rechnete vor, dass bereits eine Senkung der Wochenarbeitszeit um zwei Stunden 80 000 neue Stellen schaffen würde. Für die Gewerkschaften war dabei erstmals auch ein partieller Lohnabbau nicht mehr tabu, allerdings nur unter der Bedingung, dass sich dies tatsächlich als beschäftigungwirksam erweist, die unteren Einkommen ausgenommen bleiben und der Teuerungsausgleich für alle garantiert ist. Konkrete Vorschläge in diese Richtung machte der Verband des öffentlichen Personals, der eine Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit um zwei Stunden bei gleichzeitiger Lohnkürzung um 2,4% anregte, um so den geplanten Abbau von 12 000 Stellen beim Bund, der SBB und der PTT zu verhindern. Der Schweizerische Kaufmännische Verein verlangte ebenfalls eine massive Verkürzung der Arbeitszeit bei gleichzeitig garantiertem Mindesteinkommen.

setzte der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) vor allem auf Arbeitszeitverkürzungen

Im Vorjahr hatte der Nationalrat im Rahmen der EWR-Diskussionen gegen den Willen des Bundesrates, der Umwandlung in ein Postulat beantragt hatte, eine Motion Fasel (cvp, FR) überwiesen, welche die Vorlage eines Gesetzesentwurfs verlangte, der die Möglichkeiten zur Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen erweitert. Da der aktuelle Anlass nicht mehr gegeben war, lehnte der Ständerat diese Motion ab, unterstrich jedoch, dass für ihn die Revision der Gesetzgebung über die Allgemeinverbindlichkeit von Gesamtarbeitsverträgen durchaus ein Problem darstellt, das wieder einmal aufgenommen werden muss.

Motion zur Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen im Falle eines EWR-Beitritts (Mo.92.3354)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Knapp am vertragslosen Zustand vorbei ging hingegen das Bauhauptgewerbe mit seinen rund 150 000 Arbeitnehmern. Die Arbeitgeber und Gewerkschaften einigten sich erst in letzter Minute auf einen Kompromiss beim Teuerungsausgleich und der Arbeitszeit und beschlossen, den 1993 auslaufenden Landesmantelvertrag bis Ende 1994 zu verlängern. Beim Bodenpersonal der Swissair spitzte sich der Konflikt zwischen Geschäftsleitung und VPOD weiter zu. Nach einer Streikdrohung beschloss Swissair, den neuen GAV allein mit dem konzilianteren Schweizerischen Kaufmännischen Verband abzuschliessen und dem VPOD-organisierten Personal lediglich Einzelarbeitsverträge anzubieten. Mit einer superprovisorischen Verfügung, welche die Swissair nicht anfocht, erreichte der VPOD, dass seine Mitglieder in diesen individuellen Verträgen nicht schlechter gestellt werden dürfen als SKV-Mitglieder oder nicht organisierte Arbeitnehmer, die dem GAV unterstehen. Auch beim neuen GAV für die rund 300 Beschäftigten der Flugsicherung konnte keine Einigkeit erzielt werden. Obgleich nur drei der vier Personalverbände dem neuen Vertrag zustimmten, wird er dennoch Anfangs 1993 in Kraft gesetzt.

Bauhauptgewerbe

Im Jahresmittel waren 1894 Betriebe und 34 020 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Kurzarbeit betroffen. Insgesamt fielen im Monatsmittel 1 579 493 Stunden aus, was gegenüber dem Vorjahr (853 331 Stunden) eine deutliche Zunahme bedeutet. Nachdem im Februar die Kurzarbeit über 2 Mio Ausfallstunden ausgelöst hatte, kam es bis August zu einer Entspannung und einer Abnahme auf 0,8 Mio, worauf die Tendenz wieder nach oben wies und im Dezember einen Stand von knapp 1,7 Mio Stunden erreichte.

Kurzarbeit
Dossier: Statistiken zur Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit 1990-2000

Im Berichtsjahr waren in der Schweiz 1146 Gesamtarbeitsverträge (GAV) in Kraft, die sich zu 647 Vertragsbereichen zusammenfassen lassen und denen rund 1,4 Mio Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstehen. Der gesamtarbeitsvertragliche Abdeckungsgrad betrug in der gesamten Privatwirtschaft 54%, womit er gegenüber dem Vorjahr praktisch konstant blieb. Bei den Frauen lag die Abdeckung mit 49% erheblich tiefer als bei den Männern (58%). Im industriell-gewerblichen Sektor wurde ein Abdeckungsgrad von 67%, im Dienstleistungssektor von 47% festgestellt.

Im Berichtsjahr waren in der Schweiz 1146 Gesamtarbeitsverträge (GAV) in Kraft, die sich zu 647 Vertragsbereichen zusammenfassen lassen und denen rund 1,4 Mio Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstehen

Der SMUV und die Arbeitgeber einigten sich auf einen neuen GAV in der Uhren- und Mikroelektronikindustrie. Der Vertrag — der rückwirkend auf den 1. Oktober 1991 in Kraft trat — hat eine Laufzeit von fünf Jahren und betrifft rund 30 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen er Verbesserungen bei der Ferien- und Feiertagsregelung, höhere Arbeitgeberbeiträge an die Krankenversicherung sowie eine Ausdehnung des MutterschaftsurLaubs auf 14 Wochen bringt. Auch in der Metallbranche konnte ein neuer GAV abgeschlossen werden, der auf Anfang 1993 in Kraft tritt und für über 20 000 Beschäftigte in rund 2400 Betrieben gilt. Trotz Widerstand der welschen Wirte kam im Gastgewerbe nach langem Tauziehen ebenfalls ein neuer GAV zustande. In der chemischen Industrie setzte sich der Wunsch der Arbeitgeber nach jährlichen Lohnrunden und damit nach Abschaffung des automatischen Teuerungsausgleichs durch.

neuen GAV in der Uhren- und Mikroelektronikindustrie

Als Erstrat genehmigte die kleine Kammer einstimmig eine Revision des Arbeitszeitgesetzes, mit welchem die Arbeitszeiten in den Unternehmungen des öffentlichen Verkehrs geregelt werden. Analog zu den bereits geltenden Bestimmungen bei SBB und PTT hatte der Bundesrat beantragt, die Bandbreite der zu Zeitzuschlägen führenden Arbeitszeit auf die Stunden zwischen 20 Uhr und sechs Uhr morgens (bisher Mitternacht bis 4 Uhr) auszudehnen und die Ausgestaltung der Zeitzuschläge in seine Kompetenz zu legen. Der Ständerat stimmte der Vorlage grundsätzlich zu, wollte jedoch die Ausrichtung von Zeitzuschlägen erst ab 22 Uhr zulassen. Gegen den ausdrücklichen Willen des Bundesrates, der auf internationale Vereinbarungen und ein entsprechendes Postulat des Nationalrates verwies, beschloss der Rat zudem, die Mitspracherechte der Arbeitnehmer einzuschränken.

Nachtarbeit in den Unternehmungen des öffentlichen Verkehrs (BRG 91.048)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Bei der Einschätzung der GAV manifestiert sich die bröckelnde Sozialpartnerschaft besonders deutlich. Die Arbeitgeberorganisationen plädieren immer offener für eine Deregulierung des Arbeitsmarktes und für mehr Wettbewerb bei den Löhnen. Arbeitgeber-Präsident Richterich stellte denn die GAV auch schon grundsätzlich in Frage. Seiner Meinung nach verhindern sektorielle, regionale oder nationale Vereinheitlichungen der Arbeitskosten die Konkurrenz. Die Gewerkschaften ihrerseits drohten mit Arbeitskämpfen und Streik, falls die Arbeitgeber die Gesamtarbeitsverträge durch Betriebsvereinbarungen ersetzen wollten.

Sozialpartnerschaft

Eine Motion Fasel (csp, FR) mit dem Auftrag, im Fall eines EWR-Beitritts einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Möglichkeiten zur Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen erweitert, wurde vom Nationalrat gegen den Widerstand von Cincera (fdp, ZH) überwiesen. Der Bundesrat hatte Umwandlung in ein Postulat beantragt.

Motion zur Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen im Falle eines EWR-Beitritts (Mo.92.3354)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Zum ersten Mal seit 65 Jahren – und erst zum vierten Mal in den 101 Jahren seit Einführung der Volksinitiative – sagte der Bundesrat wieder ja zu einem ausformulierten Volksbegehren: Er unterstützte die Initiative der Schweizer Demokraten (SD), wonach der 1. August offiziell zum arbeitsfreien Bundesfeiertag erklärt werden soll. Bisher hatte sich der Bundesrat immer sehr zurückhaltend zu dieser Frage geäussert, weil er nicht in die föderalistische Ordnung eingreifen wollte. Noch 1987 war ihm der Nationalrat gefolgt und hatte eine entsprechende Einzelinitiative Ruf (sd, BE) abgelehnt. Drei Jahre später wurde ein gleiches Begehren Rufs dann vom Rat angenommen. Im Oktober 1990 doppelten die SD nach und reichten mit 102 660 Unterschriften ihr Volksbegehren ein.

In der Folge der angenommenen parlamentarischen Initiative Ruf arbeitete die Petitions- und Gewährleistungskommission des Nationalrates einen Gesetzesentwurf aus, der gesamtschweizerisch für den 1. August Arbeitsfreiheit bei vollem Lohn vorsieht. Der Bundesrat erachtete diesen Text als durchaus tauglich für die Ausführungsgesetzgebung. Um aber den föderalistischen Bedenken Rechnung zu tragen, schlug er vor, durch die Unterstützung der Volksinitiative den Grundsatz des arbeitsfreien Nationalfeiertags in der Verfassung zu verankern, damit sich Volk und Stände an der Urne dazu äussern können. Die vorberatende Nationalratskommission folgte der Argumentation des Bundesrates und sprach sich einstimmig — allerdings bei sechs Enthaltungen — ebenfalls für die Volksinitiative aus.

In der Folge der angenommenen parlamentarischen Initiative Ruf arbeitete die Petitions- und Gewährleistungskommission des Nationalrates einen Gesetzesentwurf aus, der gesamtschweizerisch für den 1

Das BFS legte die Ergebnisse der 1991 erstmals durchgeführten schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) vor. Danach wird in der Schweiz im Schnitt 43 1/4 Stunden pro Woche gearbeitet, Überstunden nicht eingerechnet, wobei Überzeit um so häufiger vorkommt, je höher die berufliche Stellung ist. Knapp ein Viertel der 16 000 Befragten gaben an, sie würden gerne weniger als hundert Prozent arbeiten und wären bereit, dafür eine entsprechende Lohneinbusse in Kauf zu nehmen. Am häufigsten nicht voll erwerbstätig sind die Frauen. Insgesamt arbeiten 48% der Arbeitnehmerinnen voll, bei den Männern sind es 92%. Die Begründung der Teilzeitarbeit brachte zum Ausdruck, wie stark die Gesellschaft immer noch vom traditionellen Rollenverständnis geprägt ist. Drei Viertel der teilzeitarbeitenden Frauen gaben als Grund für ihr eingeschränktes Pensum die Kinderbetreuung an, während die Männer, die ihre Arbeitszeit reduzierten, dies primär aus Gründen der berufsbegleitenden Aus- und Weiterbildung taten.

Mehr als die Hälfte (56%) der Mütter mit schulpflichtigen Kindern sind erwerbstätig. Meist handelt es sich dabei um Engagements von geringem Umfang. Wenn die Mutter arbeitet, wird die Kinderbetreuung in 38% der Fälle von andern Personen im gleichen Haushalt übernommen. Ein Viertel der Kinder wird ausserhalb des Haushalts von Verwandten, Tagesmüttern oder in Krippen betreut. Ein weiteres Viertel der Kinder bleibt während der Arbeitszeit der Mutter allein.

Ferner ergab die Umfrage, dass unregelmässige Arbeitszeiten häufig sind. Jede vierte erwerbstätige Person arbeitet auch am Abend oder nachts. An Wochenenden sind 40% beschäftigt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer halten es relativ lange an der selben Stelle aus. Fast die Hälfte der Befragten arbeitete seit über sechs Jahren am gleichen Ort. Auch die Antworten der Arbeitslosen deuteten auf eine geringe geographische Mobilität der Schweizer Erwerbstätigen hin. Nur ein Fünftel signalisierte die Bereitschaft, für eine Stelle in eine andere Region zu ziehen. Männer und Mieter gaben sich dabei umzugsfreudiger als Frauen und Hauseigentümer.

Bei den Löhnen stellte die Studie signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen fest. In den untern Einkommensgruppen überwiegen die Frauen, in den obern die Männer, was mit der unterschiedlichen Ausbildung, der beruflichen Stellung und der Branchenzugehörigkeit erklärt wurde. Gesamthaft bezog die Hälfte aller Voll- und Teilerwerbstätigen ein Nettoeinkommen von weniger als 45 000 Fr. und nur gerade 10% mehr als 84 000 Fr.

Sozioökonomische Studien
Dossier: Diverse Statistiken zum Arbeitsmarkt 1990-2000

In der Schweiz wurde 1992 durchschnittlich 42 Stunden pro Woche gearbeitet. Seit 1985 hat sich die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit um 1,4 Stunden verringert, wobei dieser Rückgang in der Westschweiz und im Tessin weniger ausgeprägt war als in der Deutschschweiz.

In der Schweiz wurde 1992 durchschnittlich 42 Stunden pro Woche gearbeitet


Als neuntes Land nach Irland, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, Neuseeland, Sri Lanka, Kuba und Uruguay kündigte der Bundesrat das Abkommen 89 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), dem nach wie vor rund 70 Staaten angehören, und gab sich damit die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung des seit 1919 geltenden Nachtarbeitsverbotes für Frauen in der Industrie. Als Gründe für die Kündigung nannte der Bundesrat die härter gewordene Konkurrenzsituation: Das Nachtarbeitsverbot würde den Bestrebungen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und zur Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes zuwiderlaufen und die Schweiz in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit benachteiligen. Er wies auch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 1991 hin, welches festhält, dass ein generelles Nachtarbeitsverbot für Frauen mit dem im EG-Recht verankerten Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter nicht vereinbar sei.

Der Entscheid des Bundesrates wurde sehr unterschiedlich aufgenommen. Während ihn die bürgerlichen Parteien und die Arbeitgeber als wichtigen Schritt zur Gleichstellung der Geschlechter begrüssten, taxierten die SP und die Gewerkschaften das Vorgehen des Bundesrates als unakzeptablen gesundheits- und sozialpolitischen Rückschritt und rügten, einmal mehr werde der Gleichstellungsartikel dazu missbraucht, um die Situation der Frauen zu verschlechtern. Auch die Grüne Partei und frauenpolitische Organisationen protestierten.

Die Bundesbehörden schlossen eine rasche Aufhebung des Nachtarbeitsverbotes – etwa auf dem Weg über eine Verordnungsänderung – aus. Der Vorsteher des EVD verband den Entscheid des Bundesrates vielmehr mit dem Versprechen, bei der nun notwendig werdenden Revision des Arbeitsgesetzes einen besseren Schutz aller in der Nacht Beschäftigten anzustreben. Als Massnahmen erwähnte er unter anderem die medizinische Betreuung, Arbeitszeitreduktionen, den Mutterschaftsschutz, die Einbeziehung des sozialen Umfeldes in den Problemkreis Nachtarbeit und die Schaffung von Alternativen, wenn aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtarbeit geleistet werden kann. Damit würde die Schweiz auch die Voraussetzungen erfüllen, um das Übereinkommen 171 der IAO zu unterzeichnen, das den Schutz aller in der Nacht Arbeitenden zum Inhalt hat.

Revision des Arbeitsgesetzes (Po. 90.580)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn hob eine befristete Bewilligung für die Nachtarbeit von Frauen bei einer Grenchner Uhrenfabrik wieder auf. Die Gewerkschaft SMUV hatte die Bewilligung mit einer Beschwerde beim Solothurner Verwaltungsgericht angefochten und dabei die Unterstützung des Biga gefunden. Der Bundesrat hatte sogar nicht ausgeschlossen, zum Schutz des noch geltenden Nachtarbeitsverbotes das Bundesgericht anzurufen, falls das Solothurner Verwaltungsgericht der Beschwerde des SMUV nicht stattgeben sollte.

Das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn hob eine befristete Bewilligung für die Nachtarbeit von Frauen bei einer Grenchner Uhrenfabrik wieder auf

Aus Protest gegen den vertragslosen Zustand und den von Arbeitgeberseite vorgeschlagenen Abbau der Lohn- und Arbeitsbedingungen traten im Januar rund 180 Arbeitnehmer aus sieben Betrieben des Marmor- und Granitgewerbes in einen unbefristeten Streik. Der dabei demonstrierte Kampfwille führte zu einem teilweisen Einlenken der Arbeitgeber, welche sich zu einer vorläufigen Wiedereinsetzung des alten Gesamtarbeitsvertrages sowie zu Konzessionen beim Teuerungsausgleich bereit erklärten.

Aus Protest gegen den vertragslosen Zustand und den von Arbeitgeberseite vorgeschlagenen Abbau der Lohn- und Arbeitsbedingungen traten im Januar rund 180 Arbeitnehmer aus sieben Betrieben des Marmor- und Granitgewerbes in einen unbefristeten Streik

Kein neuer GAV kam zwischen dem Verein der Buchbindereien der Schweiz und der Gewerkschaft Druck und Papier (GDP) zustande. Ein bereits verabschiedeter GAV war — da er unterschiedliche Mindestlöhne für Frauen und Männer vorsah — von Gewerkschafterinnen der GDP vor Gericht erfolgreich als Verstoss gegen den Gleichstellungsartikel in der Bundesverfassung angefochten worden.

Buchbindereien der Schweiz

1991 verringerte sich die betriebsübliche Arbeitszeit um 0,1 Stunden und betrug im Mittel 42,1 Stunden. In den sechs Jahren von 1985 bis 1991 sank sie gesamthaft um 1,3 Stunden. Dabei wiesen die verarbeitende Produktion, der Transport- und Kommunikationsbereich sowie die öffentliche Verwaltung mit 1,5 Stunden den höchsten Rückgang auf. Im Gegensatz dazu verzeichnete der Bereich Banken, Versicherungen, Immobilien und Beratung mit 0,9 Stunden die geringste Abnahme.

1991 verringerte sich die betriebsübliche Arbeitszeit um 0,1 Stunden und betrug im Mittel 42,1 Stunden

In Kraft treten konnten hingegen im Laufe des Jahres unter anderem neue GAV für das Maler- und Gipsergewerbe, das Schreinergewerbe, die Bäcker- und Konditorenbranche sowie das Coiffeurgewerbe und die Papierindustrie. In allen diesen neuen GAV wurden Lohnerhöhungen und/oder Verkürzungen der wöchentlichen Arbeitszeit festgeschrieben.

In Kraft treten konnten hingegen im Laufe des Jahres unter anderem neue GAV für das Maler- und Gipsergewerbe, das Schreinergewerbe, die Bäcker- und Konditorenbranche sowie das Coiffeurgewerbe und die Papierindustrie

Dass diese Interessengruppen aber bereits auf recht verlorenem Posten standen, ging aus Äusserungen von Biga-Direktor Hug hervor, der eine Kündigung des Abkommens 89 nicht mehr ausschliessen mochte, sowie aus dem Umstand, dass die Arbeitgeberverbände immer vehementer die Aufhebung des Nachtarbeitsverbots für Frauen in industriellen Betrieben verlangten mit der Begründung, der Wirtschaftsstandort Schweiz werde sonst gefährdet. Auch der Bundesrat liess mehrfach durchblicken, dass für ihn eine Weiterführung des Abkommens ohne breite Ratifizierung des Zusatzprotokolls von 1990, welches weitreichende Ausnahmeregelungen erlaubt, kaum noch denkbar sei. Im Zeichen der Ausrichtung auf Europa wollte er zudem seine Haltung von einem Entscheid des EG-Gerichtshofes abhängig machen. Dieser erfolgte im Laufe des Sommers und bezeichnete ein französisches Gesetz, das ein Nachtarbeitsverbot für Frauen vorsah, als unvereinbar mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter. In seiner Antwort auf die Interpellationen von zwei Mitgliedern der SP-Fraktion versprach Bundesrat Delamuraz aber, vor einer eventuellen Kündigung des Abkommens noch eine weitere Konsultationsrunde unter Einbezug von interessierten Frauenorganisationen durchzuführen.

Revision des Arbeitsgesetzes (Po. 90.580)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Die Arbeitgeber der Uhren- und Mikroelektronikindustrie stimmten nach zweijährigen Verhandlungen einem neuen GAV zu. Der Vertrag, der rückwirkend auf den 1. Oktober in Kraft trat, sieht unter anderem eine zusätzliche halbe Ferienwoche, einen verlängerten Mutterschaftsurlaub sowie stärkere Beteiligung der Arbeitgeber an den Krankenversicherungsprämien vor. Die Gewerkschaften hatten den neuen Vertrag bereits zuvor gutgeheissen.

Uhren- und Mikroelektronikindustrie

Dabei anerkannte der Bundesrat selber die gesundheitliche Mehrbelastung bei Nachtarbeit. In einer Revision des Arbeitszeitgesetzes beantragte er deshalb dem Parlament, allen Bediensteten im öffentlichen Verkehr die gleichen Zeitzuschläge für Nachtarbeit zuzugestehen wie sie 1990 bereits den PTT- und SBB-Angestellten gewährt worden waren. Die vorberatende Kommission des Ständerates beschloss mit klarem Mehr, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen mit dem Auftrag, die verschiedenen Revisionspunkte noch einmal mit den Personalverbänden auszuhandeln. Insbesondere soll der Bundesrat die Auswirkungen der bei den Regiebetrieben seit 1990 gültigen Regelungen abklären.

Dabei anerkannte der Bundesrat selber die gesundheitliche Mehrbelastung bei Nachtarbeit

Die seit einigen Jahren beobachtete Tendenz von Unternehmern, aus ihren Organisationen auszutreten, um die Gesamtarbeitsverträge durch den Abschluss von Einzelarbeitsverträgen zu unterlaufen, setzte sich – im Berichtsjahr namentlich im Pressewesen – fort. In vielen Bereichen (Hotellerie- und Gastgewerbe, Kioskverkauf, Lithographen, Presse- und Verlagsbereich, Reinigungsgewerbe, Spinnereien, Swissair) verhärteten sich die Fronten zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen zusehends oder wurde die Sozialpartnerschaft von Arbeitgeberseite zumindest vorübergehend aufgekündigt, wenn nicht gar grundsätzlich in Frage gestellt.

Die seit einigen Jahren beobachtete Tendenz von Unternehmern, aus ihren Organisationen auszutreten, um die Gesamtarbeitsverträge durch den Abschluss von Einzelarbeitsverträgen zu unterlaufen, setzte sich – im Berichtsjahr namentlich im Pressewesen – fort