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  • Rutz, Gregor (svp/udc, ZH) NR/CN

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Er könne sich kurz halten, da es keine neuen Argumente gebe und auch in der neuerlichen Debatte keine aufgetaucht seien, gab Gerhard Pfister (mitte, ZG) in der Wintersession 2021 bei der Diskussion um die Einführung eines obligatorisches Referendums für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter für die Kommission zu Protokoll: Die Mehrheit der SPK-NR beantrage Festhalten am ursprünglichen Nichteintretensentscheid, weil sie keinen Handlungsbedarf sehe und die Vorlage zu wenig ausgereift sei. Eine erstarkte Minderheit – ursprünglich hatte die Kommission die Vorlage mit 17 zu 8 Stimmen abgelehnt, im zweiten Durchgang standen sich 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung gegenüber – wolle vor allem auch den Kantonen mit Berücksichtigung des Ständemehrs mehr Gewicht geben.
Die erneute Debatte war nötig geworden, weil der Ständerat auf die Vorlage eintreten wollte, obwohl die grosse Kammer zuvor schon nichts von der Idee hatte wissen wollen. Die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen hatten vor dem Votum Pfisters ihre Positionen noch einmal ausgeführt. Marco Romano (mitte, TI) sprach sich im Namen der Mitte für eine Stärkung der Volksrechte, für die Zustimmung zum Beschluss des Ständerats und also für Eintreten aus. Die SP-Fraktion – vertreten durch Samira Marti (sp, BL) – war für Festhalten. Marti warf dem Ständerat vor, mit der Forderung nach dem obligatorischen Referendum die Macht der Kantone über Gebühr stärken zu wollen. Damit würden nicht nur «die Stimme der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger» und damit das «Demokratieprinzip» an und für sich geschwächt, zudem bedeute die notwendige Zustimmung der Kantone insbesondere bei Verträgen, in denen es um Grundrechte gehe, «höhere Hürden für einen effektiven Menschenrechtsschutz». Mit der Einführung des Ständemehrs würde überdies die im Moment auch im Rahmen der Covid-19-Pandemie viel diskutierte Spaltung der Gesellschaft noch weiter vorangetrieben. Gregor Rutz (svp, ZH) warb im Namen der SVP-Fraktion für Eintreten: Es gebe immer mehr Staatsverträge, die «direkt oder indirekt auf unsere Kompetenzordnung zugreifen», weshalb es notwendig sei, solche Abkommen Volk und Ständen zu unterbreiten. Nachdem Nationalratsvizepräsident Martin Candinas (mitte, GR) die Positionen der drei restlichen Fraktionen bekannt gegeben hatte – die FDP-Fraktion unterstütze die Minderheit, die GLP- und die GP-Fraktionen die Mehrheit – erklärte Kommissionssprecher Pfister den Grund für die Erstarkung der Kommissionsminderheit: Verschiedene Kommissionsmitglieder hatten entschieden, dem Ständerat entgegenzukommen. Dies wollte aber eine deutliche Mehrheit der grossen Kammer nicht: Zum zweiten Mal lehnten die SP-, GLP- und die GP-Fraktionen die Vorlage geschlossen ab. Die Mitte-Fraktion war gespalten und auch die FDP-Liberale Fraktion stimmte trotz anderslautender Fraktionsempfehlung grossmehrheitlich gegen Eintreten. Damit standen 114 Stimmen 69 Stimmen, die vor allem aus der SVP- und der Mitte-Fraktion stammten, gegenüber und versenkten die Vorlage endgültig.

Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter (BRG. 20.016)
Dossier: Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter

Der Nationalrat beugte sich in seiner Sondersession im Mai 2021 über den Vorschlag des Bundesrats für ein obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter. Im Gegensatz zum Ständerat wollte eine 18 zu 7-Mehrheit der SPK-NR nicht auf die Vorlage eintreten. Kommissionssprecherin Greta Gysin (gp, TI) und Kommissionssprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) machten geltend, dass es keine befriedigende Definition geben könne, mit der festgelegt wird, wann ein Staatsvertrag dem obligatorischen Referendum unterstellt werden soll und wann nicht. Pfister pflichtete jedoch Andrea Caroni (fdp, AR), auf dessen Motion (Mo. 15.3557) der Vorschlag zurückging, bei, dass es nicht befriedigend sei, wenn einzig das Parlament bestimme, ob und wann ein Staatsvertrag dem obligatorischen Referendum unterstellt werden solle. In der Tat stehe ja das obligatorische Staatsvertragsreferendum seit 1977 in der Verfassung, sei aber erst einmal – beim Beitritt der Schweiz zur UNO 1986 – zur Anwendung gekommen. Selbst die EWR-Abstimmung von 1992 hätte die Bedingungen nicht erfüllt und sei vom Parlament selbst «sui generis» zum obligatorischen Referendum bestimmt worden. Mit der Volksinitiative «Staatsverträge vors Volk!» und dem Gegenvorschlag, auf den das Parlament freilich nicht eingetreten sei, sei vergeblich versucht worden, Präzisierungen festzulegen, mit denen bestimmt werden könne, wann ein Staatsvertrag genug wichtig für ein obligatorisches Referendum sei – so Pfister in seinen Ausführungen. Die Mehrheit der Kommission sei zum Schluss gekommen, dass diese Präzisierung auch mit der vorliegenden Vorlage nicht gelungen sei – weder in der bundesrätlichen Botschaft, noch in den ständerätlichen Präzisierungen. Deshalb beantrage sie, nicht auf die Vorlage einzutreten.
Eine aus SVP-Mitgliedern bestehende Kommissionsminderheit stellte hingegen einen Eintretensantrag. Die Mitspracherechte für die Bevölkerung und die Kantone müssten gestärkt werden, führte Gregor Rutz (svp, ZH) für diese Minderheit aus. Heute habe eine Mehrheit der bundesrätlichen Bestimmungen ihren Ursprung in internationalen Verträgen, zu denen die Bevölkerung aber nichts zu sagen habe. Nicht einverstanden mit dieser Argumentation war Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der in einem schriftlichen Antrag mit einer anderen Begründung ebenfalls für Nichteintreten warb: Würden Staatsverträge mittels obligatorischem Referendum gutgeheissen, erhielten sie in der Verfassung eine zu starke Position, wodurch ein Vorrang von Verfassungsrecht durch Staatsverträge «gegenüber dem rein schweizerischen Verfassungsrecht» geschaffen würde.
Die Mehrheit der Fraktionssprecherinnen und -sprecher, die sich in der Folge zu Wort meldeten, argumentierte, dass es stets ein politischer Entscheid bleibe, ob ein Staatsvertrag dem obligatorischen Referendum unterstellt werden müsse oder nicht. Dies lasse sich mit juristischen Bestimmungen nicht klären. Zudem sei der Handlungsbedarf – wie ja auch die Geschichte zeige – eher klein. Am Schluss der Debatte verteidigte Justizministerin Karin Keller-Sutter den Handlungsbedarf und versuchte die vorgeschlagenen Neuerungen zu erklären. Mit geltendem Recht unterstünden Staatsverträge einzig dann dem obligatorischen Referendum, wenn sie den Beitritt zu Organisationen für kollektive Sicherheit oder zu supranationalen Gemeinschaften vorsehen. Neu solle hingegen über alle völkerrechtlichen Verträge obligatorisch abgestimmt werden, die «Bestimmungen von Verfassungsrang» haben. Was konkret «Verfassungsrang» bedeute, sei in der Tat eine komplexe Auslegungssache. Die für eine Konkretisierung vorgeschlagenen Elemente «Grundrechte», «Bürgerrechte», «politische Rechte», «Verhältnis von Bund und Kantonen» sowie «Zuständigkeit des Bundes» und – wie vom Ständerat vorgeschlagen – «Zuständigkeit der Kantone» seien aber genügend präzise und würden kaum zu zahlreichen Abstimmungen, aber eben zu mehr Klarheit führen. Sie habe Verständnis, dass das Parlament diesen politischen Entscheid selber fällen wolle und der Status Quo, also ein Referendum «sui generis», durchaus eine pragmatische Lösung sein könne. Allerdings sollten die «demokratischen Mitwirkungsrechte von Volk und Ständen nicht dem Ermessen des Parlamentes überlassen» werden, so die Bundesrätin abschliessend. Ihre Werbung für Eintreten auf die Vorlage verhallte allerdings fast ungehört. Wie aus den einzelnen Fraktionsvoten nicht anders zu erwarten gewesen war, stimmten lediglich 49 Mitglieder der SVP-Fraktion, unterstützt von Hans-Peter Portmann (fdp, ZH), für Eintreten. Die 140 restlichen anwesenden Nationalratsmitglieder – inklusive Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), Thomas Hurter (svp, SH) und Lars Guggisberg (svp, BE), die ebenfalls entgegen ihrer Fraktion stimmten – folgten hingegen der Kommissionsmehrheit.

Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter (BRG. 20.016)
Dossier: Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter