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  • Maurer, Ueli (svp/udc) BR EFD / CF DFF

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Obwohl doch einige Wortmeldungen zu vermerken waren, führte der Nachtrag IIb zum Voranschlag 2020 im Vergleich zum Nachtrag IIa im Nationalrat zu vergleichsweise wenig Diskussionen. Gleich zu Beginn der Behandlung in der Herbstsession 2020 stellten die Kommissionssprecher Gschwind (cvp, JU) und Wettstein (gp, SO) fest, dass alle Nachtragskredite von der Mehrheit der FK-NR gutgeheissen worden seien. So lagen lediglich drei Minderheitenanträge zu zwei Positionen vor.
Die Minderheit Guggisberg (svp, BE) störte sich daran, dass der Kredit für die Finanzierung der Leistungsvereinbarungen der Kantone im Kulturbereich aus der Soforthilfe für Kulturunternehmen kompensiert werden sollte, die als Darlehen gesprochen worden war. Nun werde dieses Darlehen aber in einen A-Fonds-perdu-Posten umgewandelt, was nicht gerechtfertigt sei, zumal Grossveranstaltungen ab Oktober 2020 wieder möglich seien und die Kantone gemäss Bundesverfassung für den Kulturbereich zuständig seien. Entsprechend solle dieser Kredit gestrichen werden. Finanzminister Maurer wies hingegen darauf hin, dass der Bund das Geld nicht an die Unternehmen, sondern an die Kantone überweise. Diese nähmen die Verteilung der Gelder vor, übernähmen dabei aber selbst jeweils die Hälfte der Finanzierung. Mit 140 zu 53 Stimmen hiess der Nationalrat diesen Kredit gegen den Willen der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion gut.
Eine weitere Minderheit Guggisberg störte sich an den «feudalen Anstellungsbedingungen von Skyguide», etwa am Rentenalter 56 oder den vergleichsweise hohen Löhnen. Die Ankündigung, dass die Gewerkschaften und Skyguide im Gegenzug für die Rekapitalisierung bis Ende 2021 einen gemeinsamen Plan für eine Rentenaltererhöhung zu erarbeiten hätten, sei zu wenig verbindlich. Stattdessen wollte die Minderheit diese Bedingung sowie weitere Massnahmen zur Kostenreduktion als Rahmenbedingungen der Kreditvergabe vorschreiben. Eine Minderheit Dandrès (sp, GE) wollte hingegen sicherstellen, dass die Gesamtarbeitsverträge und Arbeitsbedingungen, die vor dem Shutdown festgelegt worden waren, eingehalten würden. Der Bund könne seine obligatorische Unterstützung nicht an schlechtere Arbeitsbedingungen knüpfen, zumal diese durch Kollektivverhandlungen ausgearbeitet worden seien. Bundesrat Maurer entgegnete, dass beide Minderheitsanträge die Gewaltentrennung missachteten, indem das Parlament in die Entscheidungen des Verwaltungsrates eingreife. Zum Beispiel habe der Verwaltungsrat von Skyguide bereits eine Kürzung des variablen Anteils der Löhne beschlossen. In der Folge zog der Rat den Minderheitsantrag Guggisberg dem Minderheitsantrag Dandrès zwar mit 109 zu 68 Stimmen (bei 17 Enthaltungen) vor, lehnte Ersteren aber anschliessend dennoch mit 139 zu 54 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab. Die SVP-Fraktion, die sich als einzige für den Minderheitsantrag Guggisberg ausgesprochen hatte, lehnte auch als einzige den ausserordentlichen Zahlungsbedarf, die Lösung der Schuldenbremse sowie den Nachtrag IIb in der Gesamtabstimmung ab (142 zu 53 Stimmen; 142 zu 52 Stimmen; 141 zu 52 Stimmen). Kaum Widerstand gab es bezüglich des Bundesbeschlusses III über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2020, diesem stimmte der Rat mit 192 zu 1 Stimmen gegen den Willen von Erich Hess (svp, BE) zu.

Keine Diskussionen zum Nachtrag IIb gab es im Ständerat: Nach der Präsentation der Vorlage durch Kommissionssprecher Hegglin (cvp, ZG) und Bundesrat Maurer nahm der Rat den ausserordentlichen Zahlungsbedarf, die Lösung der Schuldenbremse, den Nachtrag IIb und den Bundesbeschluss III über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds einstimmig mit jeweils 33 zu 0 Stimmen an.

Nachtrag II zum Voranschlag 2020 (BRG 20.042)
Dossier: Bundeshaushalt 2020: Voranschlag und Staatsrechnung

Wie schmal der Grad zwischen öffentlichem Interesse und dem Schutz der Persönlichkeit ist, zeigt sich jeweils dann, wenn Medien über das Privatleben von Politikerinnen und Politikern berichten. Im Fall der Verurteilung eines Sohnes von Bundesrat Ueli Maurer wurde in den Medien allerdings nicht nur öffentliches Interesse reklamiert, sondern auch darauf hingewiesen, dass gerade bei Vertretern der SVP, die gegen die «Kuscheljustiz» und für «Strafverschärfungen» weible, besonders genau hingeschaut werden müsse. Das öffentliche Interesse wurde auch damit begründet, dass in diesem Fall die judikative Unabhängigkeit bewiesen werden müsse.
Was war geschehen? Ende 2017 machte der «Zürcher Oberländer» publik, dass einer der Söhne von Ueli Maurer vor Gericht erscheinen müsse, weil er zwei Jahre zuvor unter Alkoholeinfluss einen Autounfall verursacht habe. Die Sonntagszeitung nahm den Fall auf und vermutete, dass es noch weitere Delikte geben müsse, die dem Sohn angekreidet würden – die Anklageschrift werde allerdings nicht zugänglich gemacht, erklärte die Zeitung. Mehr noch, die Verteidigung habe beantragt, den Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen, um die Persönlichkeit des Mandanten zu schützen. Der Entscheid vom Bezirksgericht Hinwil, die Medien, nicht aber die Öffentlichkeit zum abgekürzten Prozess zuzulassen, wurde vom Anwalt von Maurers Sohn zwar weitergezogen, vom Obergericht und schliesslich vom Bundesgericht Ende Mai 2018 aber bestätigt. Gerade wenn der Sohn eines Bundesrats vor Gericht stehe, bestehe ein gewichtiges öffentliches Interesse. Als Beschuldigter habe der Angeklagte die mit einer öffentlichen Verhandlung verbundenen psychischen Belastungen hinzunehmen. Dem Persönlichkeitsschutz solle aber Rechnung getragen werden, indem die Veröffentlichung von Vorname, Alter, Wohnort und Fotos verboten würden – so das Urteil des letztinstanzlichen Gerichts.
Mitte Oktober 2018 fand schliesslich der Prozess statt und die Medien erhielten erst dann die Anklageschrift. Neben dem Autounfall wurde der Sohn von Ueli Maurer wegen Raub und versuchter Erpressung – Maurers Sohn hatte zusammen mit einem Kollegen einen Mann ausgeraubt –, Sachbeschädigung, versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, mehrfacher Beschimpfung und Hinderung einer Amtshandlung – bei seiner Verhaftung soll sich der junge Mann widersetzt haben – zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt. Während der Befragung gab der junge Mann bekannt, stark unter dem Druck gelitten zu haben, der mit der schweizweiten Prominenz seines Vaters einhergehe. Er sei oft fertig gemacht und beleidigt worden. Weil die Anklage medial ausgeschlachtet worden sei, habe er zudem seine Arbeitsstelle verloren und die damit zusammenhängende Weiterbildung abbrechen müssen.
Die Medien kommentierten den Fall unterschiedlich. Während in der Weltwoche (7.12.17) von «Schmuddelpresse und Sippenhaft» die Rede war, beleuchtete die BaZ (23.5.18) das Schicksal der Kinder von Bundesräten. Sie müssten sich erklären, obwohl sie es nicht wollten, oder wollten sich erklären, weil sie glaubten, es tun zu müssen. In seiner Kolumne in der Weltwoche (25.10.18) lobte Peter Bodenmann (VS, sp) die Justiz, die hart geblieben sei, fragte aber rhetorisch, wie die Volkspartei wohl reagiert hätte, wenn «Maurer Junior» Kosovo-Albaner gewesen und der beraubte Mann der ehemalige SVP-Nationalrat Hans Fehr gewesen wäre.

Sohn von Ueli Maurer

Im September 2017 reichten die WAK-NR (Mo. 17.3706) sowie die WAK-SR (Mo. 17.3665) zwei gleich lautende Motionen zum Verzicht auf die Revision des Steuerstrafrechts ein, welche der Bundesrat zur Annahme empfahl. Ursprung der nun unliebsam gewordenen Revision war eine vom Parlament 2010 angenommene Motion Schweiger (fdp, ZG), welche zum Beispiel Rechtsunsicherheiten eliminieren, verschiedene Steuerarten vereinheitlichen oder eine Überbestrafung vermeiden wollte. Die als Antwort auf diese Motion ausgearbeitete Gesetzesrevision war jedoch in der Vernehmlassung grandios gescheitert, wie es Bundesrat Maurer ausdrückte. Die Revision hätte gemäss dem Finanzminister die Grenzen bezüglich Schutz der Privatsphäre und Schutz des Bankkundengeheimnisses so stark verschoben, dass die Vorlage nicht mehr mehrheitsfähig war. Daher hatte der Bundesrat die Revision im November 2015 zurückgestellt. Als Reaktion unter anderem auf diese Vorlage wurde jedoch die Volksinitiative „Ja zum Schutz der Privatsphäre“ eingereicht, welche das inländische Bankkundengeheimnis in der Verfassung verankern wollte. Während sich der Nationalrat für einen Gegenvorschlag zur Initiative aussprach, lehnte der Ständerat einen solchen aber ab. Stattdessen reichte die WAK-SR obige Kommissionsmotion zum Verzicht auf die Revision ein. Der Nationalrat zog nach und beschloss zudem, die Behandlung der Volksinitiative und des Gegenvorschlags bis nach der Wintersession 2017 – also bis nach der Behandlung der zwei Kommissionsmotionen – zu sistieren.

In Anbetracht dieser Vorgeschichte stand die Diskussion der Kommissionsmotionen im Nationalrat im Zeichen der Signalwirkung auf die Initianten der sogenannten „Matter-Initiative”. Etwas kryptisch erklärte zum Beispiel Leo Müller (cvp, LU), dass eine Annahme der zwei Motionen und die Signale des Bundesrates, das Steuerstrafrecht nicht mehr zu traktandieren, dafür sorgen könnten, dass „die Initianten über das weitere Vorgehen und über das Schicksal dieser Initiative entscheiden“ und die Initiative mit anderen Worten zurückziehen würden. Dieses „vorauseilende Geschenk“ an die Initianten kritisierte aber nicht nur Susanne Leutenegger Oberholzer (sp, BL) und mit ihr die linke Ratshälfte. Deutliche Kritik äusserte auch Martin Landolt (bdp, GL), der die Motionen als „aktive Sterbehilfe“ für die Volksinitiative bezeichnete. Es sei nicht Aufgabe von Parlament und Bundesrat, den Initianten den Rückzug zu erleichtern. Die Annahme der Motion stelle einen Verzicht auf die Chancen, welche eine Revision durchaus haben könnte, dar, was Landolt unter anderem als Arbeitsverweigerung bezeichnete. Auf Nachfrage betonte Bundesrat Maurer zudem, dass es keine Absprachen zwischen ihm, den Initianten und den Urhebern des Gegenvorschlags gäbe. Vielmehr brachte er einen anderen, formelleren Aspekt für den Verzicht auf die Revision ins Spiel. So könne man im schweizerischen demokratischen Prozess nicht einfach eine Vorlage aus dem Jahr 2013 nach fünf Jahren wieder hervornehmen, da sich das Umfeld stark verändert habe. Dazu bedürfe es mindestens einer neuen Vernehmlassung, zudem müsse die Verrechnungssteuerreform in Betracht gezogen werden. Im Sinne einer Frontbereinigung oder „einer Beruhigung der Wogen, die mit einer Volksinitiative hochgegangen sind“ sollen die Motionen angenommen werden, empfahl Maurer weiter. Mit 120 zu 64 Stimmen (bei einer Enthaltung) nahm eine aus den SVP-, FDP- und CVP-Fraktionen bestehende Mehrheit des Nationalrats die beiden Motionen an.

Verzicht auf Revision des Steuerstrafrechts