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Für die 1992 von den «Schweizer Hanf-Freunden und -Freundinnen» lancierte Volksinitiative «Schweizer Hanf», welche eine Aufhebung der restriktiven Cannabis-Gesetzgebung erreichen wollte, konnten innerhalb eines Jahres nur gerade knapp 70'000 Unterschriften gesammelt werden, weshalb die Initianten Ende September 1993 ihr Volksbegehren für gescheitert erklärten. Die Hanffreunde wollen inskünftig vermehrt Vertrauen in die Justiz setzen, welche in den letzten Jahren verschiedentlich Cannabis für relativ unbedenklich im Sinn der Betäubungsmittelgesetzgebung befunden hat.

Volksinitiative «Schweizer Hanf» (1992–1993)

Bei dieser Ausgangslage hatten die beiden Initiativen in der Volksabstimmung keine Chance, umso mehr als die Gegner der Initiativen – in erster Linie die Tabakindustrie und die Werbung – weder Mittel noch Wege scheuten, um die Initiativen, die sie in erster Linie als werbe- und arbeitsplatzfeindlich darstellten, zu Fall zu bringen. Dabei fanden sie die nahezu uneingeschränkte Unterstützung der Printmedien, welche sich in Zeiten ohnehin rückläufigen Inseratevolumens unmissverständlich auf die Seite ihrer potenten Auftraggeber stellten. Gegen die Initiativen sprach sich aber auch ein «Schweizerisches Aktionskomitee gegen unbrauchbare Werbeverbote» aus, in welchem sich 150 Bundesparlamentarier und -parlamentarierinnen aus allen grösseren Parteien zusammenschlossen. Dem Präsidium gehörten neben Nationalrätin Heberlein (fdp, ZH), Ständerat Delalay (cvp, VS) und Nationalrätin Zölch (svp, BE) auch der Basler SP-Nationalrat Hubacher an, der sich in dieser Frage gegen die Meinung seiner Partei stellte.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Die Weiterführung des Aufenthalts- und Betreuungsraum für Drogenabhängige, der 1992 als Provisorium im Stadthaus von Luzern eingerichtet worden war, wurde trotz positiver Erfahrungen und der Unterstützung der politischen Behörden von den Stimmberechtigten der Stadt und des Kantons an der Urne abgelehnt. 54 Prozent der Stimmenden verwarfen den notwendigen Betriebskredit von jährlich CHF 165'000 für den Fixerraum, weshalb dieser Ende März 1994 seine Tore schliessen wird.

Kantonale oder städtische Massnahmen gegen Drogensucht oder zugunsten Drogenabhängiger (1993)

Als erster Kanton beteiligte sich der Kanton Tessin an einer vom BAG initiierten gesamtschweizerischen Erfassung der Methadon-Therapien und forderte die auf seinem Territorium praktizierenden Ärztinnen und Ärzte auf, die Daten über ihre Methadon-Patienten den Behörden abzuliefern. Im BAG wurde geschätzt, dass von den rund 30'000 Drogenabhängigen der Schweiz ungefähr 10'000 in einer Methadon-Therapie stehen. Der Bund will die Beobachtungen über die Ersatzdroge Methadon nun aus der ganzen Schweiz zusammentragen, damit sich die Ärztinnen und Ärzte besser mit dem Medikament vertraut machen können. Zudem soll damit statistisches Material gesammelt werden, um künftige politische Entscheide zu unterstützen.

Gesamtschweizerische Erfassung von Methadon-Therapien (ab 1993)

Einigen Wirbel verursachte die Ankündigung, ein dem Verein «Schweizer Hanf-Freunde und -Freundinnen» nahestehender Bauer im Wallis wolle erstmals seit Jahren in der Schweiz wieder Hanf anbauen, um aus dessen Blättern Kräutertee bzw. Schnurwaren herzustellen. Die zur Gewinnung von Haschisch geeigneten Blüten- und Fruchtstände sollten, zumindest offiziell, vorgängig entsorgt werden. Da der Anbau von Hanf in der Schweiz momentan nicht erwünscht sei, verweigerte das Bundesamt für Landwirtschaft ein eingereichtes Subventionsbegehren, und nach einer gewissen Zeit der Ratlosigkeit – der Anbau von Hanf ist nur zur Gewinnung von Haschisch verboten – griffen die Walliser Polizeibehörden ein und zerstörten die Ernte, worauf der Bauer die Behörden mit einer Schadenersatzklage bedrohte, da die Ernte bereits verkauft war.

Hanfanbau in der Schweiz (1993)

Dennoch bekundeten einzelne Kantone grosse Schwierigkeiten mit der Finanzierung, insbesondere auch, da sich die Krankenkassen weigerten, einen Beitrag an die Projekte auszurichten, obgleich sie vom BAG dazu aufgefordert worden waren. Vor allem in Kantonen, welche für grössere Ausgaben das Finanzreferendum kennen, stellte sich die Frage, wie die vielfach umstrittenen Versuche einer Volksabstimmung entzogen werden könnten. In Bern entschloss man sich schliesslich dazu, die Projekte in einzelne Vorlagen aufzusplitten, um damit unter der für das Finanzreferendum massgeblichen Grenze zu bleiben. In Basel-Stadt wies der anbegehrte Kredit nur die Nettobelastung des Kantons aus und blieb damit ebenfalls unterhalb der Referendumslimite.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Im Juli gab der Bundesrat den Entwurf einer Expertenkommission für die Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs in die Vernehmlassung. Das Ziel dieser Reform besteht in einer Erweiterung des Katalogs an strafrechtlichen Sanktionen, um den unterschiedlichen Formen der Kriminalität besser gerecht zu werden. Dabei sollen bei den kleinen und mittleren Delikten vermehrt Resozialisierungs- und Verhütungsziele verfolgt werden. Die Experten schlagen vor, auf kurze Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten zu verzichten und diese durch Geldstrafen, oder – mit dem Einverständnis des Verurteilten – durch gemeinnützige Arbeiten zu ersetzen. Da diese kurzen Freiheitsentzüge heute mehr als 80 Prozent aller Freiheitsstrafen ausmachen, würde damit auch ein Beitrag zur Entlastung der überfüllten Gefängnisse geleistet. Die Maximaldauer für bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafen möchten die Experten von 18 auf 36 Monate erweitern. Bei schweren Gewaltdelikten soll die Obergrenze von 20 Jahren (d.h. lebenslänglich) beibehalten werden, wobei aber bei der Gefahr von weiteren schweren Taten eine anschliessende Verwahrung angeordnet werden kann. Das Konzept des Verzichts auf kurze Freiheitsstrafen stiess vor allem in der in Strafrechtsfragen repressiveren Westschweiz, vereinzelt aber auch in der Deutschschweiz auf Kritik.

Neues Strafrecht in der Vernehmlassung
Dossier: Revision des StGB, MStG und dem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht (2006)

Ende Juni 1993 gab das BAG bekannt, welche Projekte beim Versuch einer kontrollierten Drogenabgabe an Süchtige bewilligt werden. In acht Städten sollen 700 Drogensüchtige unter ärztlicher Kontrolle Heroin, Morphin oder injizierbares Methadon erhalten. 250 Drogenkranken in Bern, Thun, Olten, Zürich und Basel wird Heroin zur Verfügung gestellt, 250 Süchtige in Bern, Thun, Olten, Basel, Schaffhausen, Zug und Zürich bekommen Morphin und weitere 200 Drogenabhängige in Bern, Freiburg, Basel und Zürich injizierbares Methadon. Da die politisch Verantwortlichen der Romandie (mit Ausnahme des Kantons Freiburg) jede Liberalisierung in der Drogenpolitik ablehnen, ist die Westschweiz an den Projekten nicht beteiligt. Angesichts der geringen Anzahl von Versuchsteilnehmern – 700 von den auf rund 30'000 geschätzten Drogensüchtigen in der Schweiz – warnte das BAG vor zu hohen Erwartungen bezüglich der Bewältigung des Drogenproblems. Im Zentrum des therapeutischen Interesses steht die Beobachtung der individuellen biographischen Entwicklung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ziel der Versuche ist es, eine Verbesserung des körperlichen und psychischen Gesundheitszustandes, eine Erleichterung der sozialen Integration und Arbeitsfähigkeit, eine Distanzierung von der Drogenszene und einen Abbau des deliktischen Verhaltens zu erreichen. Die Ergebnisse sollen die nötigen Grundlagen zur Formulierung einer neuen Drogenpolitik liefern. Die Versuche laufen bis Ende 1996 und sind weltweit die ersten dieser Art. Begonnen wurde Ende Jahr mit einem ersten Projekt in Zürich, welches sich ausschliesslich an drogensüchtige Frauen mit ihren spezifischen Problemen richtet.

Das BAG trug zudem der von Drogenfachleuten vielfach geäusserten Kritik an seinen Vorgaben Rechnung und revidierte die Rahmenbedingungen für die Versuche. Der Begriff der Schwerstabhängigkeit wurde durch jenen der Drogensucht mit negativen gesundheitlichen oder sozialen Folgen ersetzt, die untere Altersgrenze von 20 Jahren nur noch als Richtlinie definiert und der Nachweis von zwei gescheiterten Entzugsversuchen nicht mehr als Bedingung vorgeschrieben. Entscheidend für die Teilnahme an den Versuchen ist, dass beim Probanden bisherige Behandlungen versagt haben oder aus nachweisbaren Gründen nicht in Frage kommen. Finanziell kam der Bund den ausführenden Kantonen insofern entgegen, als er – neben der Beschaffung des Heroins bei einer Pharmafirma in Frankreich und der auf CHF 2.2 Mio. veranschlagten Begleitforschung – seinen Beitrag pro Versuchsteilnehmer von CHF 1000 auf CHF 3000 erhöhte. Das Schweizer Projekt ist insofern einzigartig, als in England, wo seit Jahren mit Erfolg das «Liverpooler Modell» der medizinisch überwachten Drogenabgabe funktioniert, der Staat diese Abgabe zwar toleriert, dabei aber keine aktive Rolle spielt.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Mit parlamentarischen Initiativen versuchten Vertreter des links-grünen Lagers erneut vergebens, eine Aufweichung der Betäubungsmittelgesetzgebung im Sinn eines straffreien Erwerbs und Konsums von harten Drogen zu erreichen. Nationalrat Tschäppät (sp, BE; Pa.Iv. 92.401) verlangte bei der Zuteilung des Strafmasses eine Differenzierung zwischen Drogenhändlern, die aus reiner Gewinnsucht handeln, und süchtigen Dealern, die ausschliesslich zur Finanzierung des eigenen Konsums Kleinhandel betreiben. Obgleich die vorberatende Kommission der Initiative zustimmen wollte, wurde sie im Plenum recht deutlich abgelehnt. Noch weniger Erfolg hatte eine bereits von der Kommission abgewiesene parlamentarische Initiative der grünen Fraktion, welche Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln zum Eigenbedarf straffrei gestalten, den Umgang mit Cannabis zulässig erklären sowie die Abgabe sogenannt harter Drogen durch die Kantone gestatten wollte (Pa.Iv. 92.441). Mit einem überwiesenen Postulat forderte Rechsteiner (sp, SG) den Bundesrat auf, Szenarien einer Drogenpolitik ohne Prohibition erarbeiten zu lassen (Po. 92.3590). Diese sollen alle Risiken und insbesondere einen Vergleich mit der bisherigen, durch Kriminalisierunggeprägten Drogenpolitik miteinbeziehen.

Vorstösse für straffreien Erwerb und Konsum von harten Drogen (Pa.Iv. 92.401, Pa.Iv. 92.441, Po. 92.3590)

Der Nationalrat übernahm praktisch die Argumentation des Ständerates und lehnte ebenfalls sowohl die Initiativen als auch den bundesrätlichen Gegenvorschlag deutlich ab. Bei der ständerätlichen Präventions-Motion setzte sich hingegen der Bundesrat durch und erreichte eine Überweisung in der unverbindlichen Form des Postulates.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Die Stadt Bern will der Internationalen Städtekonferenz für Drogenprobleme als Vollmitglied beitreten und ist bereit, die Frankfurter Resolution zu unterschreiben, welche unter anderem anstrebt, den Konsum von heute illegalen Drogen zu entkriminalisieren und die niederschwellige Abgabe von Methadon, die kontrollierte Verschreibung von Suchtmitteln, die Schaffung von Anlaufstellen und Fixerräumen sowie die Abgabe steriler Spritzen zu ermöglichen. Bern ist nach Zürich die zweite Schweizer Stadt, welche der Organisation beitritt. Der Konferenz gehören bis jetzt Amsterdam, Frankfurt am Main, Hamburg, Rotterdam, Arnhem (NL), Kallithea (GR) und Teramo (I) an.

Kantonale oder städtische Massnahmen gegen Drogensucht oder zugunsten Drogenabhängiger (1993)

Wie vor ihm bereits der Nationalrat, überwies auch der Ständerat nach kurzer Diskussion den unbestrittenen Teil einer Motion Gonseth (gp, BL), welcher verlangt, dass zur Verminderung der alkoholbedingten Opfer des Strassenverkehrs so rasch als möglich die gesetzlichen Grundlagen zur Durchführung systematischer Atemluftkontrollen geschaffen werden.

Vorstösse gegen Fahren in angetrunkenem Zustand (Mo. 91.3289; Mo. 91.3325; Mo. 92.3102; Mo. 92.3399)

Vor allem in Zürich ergaben sich bedeutende Probleme bei der 1992 beschlossenen Rückführung der auswärtigen Drogensüchtigen in ihre Wohngemeinden bzw. -kantone. Meistens kehrten die weggewiesenen Drogenkonsumenten, vor allem jene aus dem sehr repressiven Kanton Aargau, umgehend in die Zürcher Szene zurück. Um ihnen den Aufenthalt dort zu vergällen, beschloss die Stadtzürcher Regierung im Sommer, ein Notgefängnis (Zentrum Hegibach) für auswärtige Drogenabhängige einzurichten und mittels fürsorgerischem Freiheitsentzug (FFE) die Polizeihaft von der gesetzlich zulässigen Höchstdauer von 24 auf bis zu 72 Stunden auszudehnen. Damit sollten die auswärtigen Drogensüchtigen einem kalten Entzug ausgesetzt und der Druck auf die Herkunftsgemeinden verstärkt werden. Die Massnahme war sowohl rechtlich als bezüglich ihrer Effizienz alles andere als unbestritten, wurde durch die kantonale psychiatrische Gerichtskommission aber dennoch grundsätzlich gestützt.

Koordinierte Aktion der Städte gegen die offene Drogenszene (1991–1995)

Da aber in der Debatte praktisch alle Votanten die gesundheitsschädigende Wirkung des Rauchens unterstrichen hatten, überwies der Rat eine Motion seiner vorberatenden Kommission, welche den Bundesrat auffordert, eine Vorlage auszuarbeiten, damit aus der Tabaksteuer ein angemessener Anteil für Gesundheitserziehung und Prävention zur Verfügung gestellt werden könne, wobei die Leistung nicht zu Lasten der Ablieferung an die AHV/IV gehen dürfe. Gegen den Willen des Bundesrates, der darauf hinwies, dass dafür eine Verfassungsänderung notwendig wäre, da Art. 34 BV alle Mittel aus der Tabaksteuer zweckgebunden der AHV und IV zuweist, wurde die Motion, wenn auch nur knapp, angenommen.

Nutzung eines Teils der Tabaksteuer für Prävention (Mo. 93.3026)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Mitte Mai 1993 lancierte die Arbeitsgemeinschaft für Drogenlegalisierung (Droleg), die Nachfolgeorganisation des «Vereins gegen gesellschaftliche Gleichgültigkeit» (VGGG) mit Unterstützung der Grünen und der SP die Volksinitiative «Für eine vernünftige Drogenpolitik/Tabula rasa mit der Drogenmafia». Sie verlangt, dass der Drogenkonsum entkriminalisiert wird und der Staat Handel und Herstellung von Betäubungsmitteln regelt. Der Text der Initiative hatte bis zuletzt zu heftigen Diskussionen geführt. Über die generelle Stossrichtung waren sich die in der Trägerschaft zusammengeschlossenen Gassenarbeiter, Drogenfachleute, Ärzte, Juristen und Politiker weitgehend einig. Umstritten war hingegen die sogenannte Medizinalisierung der Drogenabgabe. Schliesslich setzten sich die Gassenarbeiter mit ihrer Variante durch, wonach Betäubungsmittel, die heute illegal konsumiert werden, wie Haschisch, Heroin und Kokain, nach Annahme des Volksbegehrens frei und ohne Rezept bezogen werden könnten. Nicht glücklich über diesen Entscheid war der St. Galler SP-Nationalrat Rechsteiner, der massgeblich an der Ausarbeitung der Initiative beteiligt gewesen war und nun befürchtete, damit werde die politische Grundsatzdiskussion auf einen Nebenschauplatz abgedrängt. Wegen dieser Bedenken und der Skepsis der welschen Genossen beschloss der Vorstand der SP, die Initiative zwar zu unterstützen, dem Trägerverein aber nicht beizutreten.

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Die Volksinitiative «Jugend ohne Drogen» wurde mit 140'949 gültigen Unterschriften eingereicht. Die Sammlung der Unterschriften erfolgte mit Unterstützung zahlreicher Sportler und in enger Zusammenarbeit mit dem umstrittenen «Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis» (VPM). Fast die Hälfte der Unterschriften stammte aus der Romandie.

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Ende März 1993 beauftragte der Bundesrat das EDI, eine Ratifikationsbotschaft für den Beitritt der Schweiz zu drei UNO-Abkommen über Betäubungsmittel – dem Psychotropen-Abkommen von 1971, dem Zusatzprotokoll von 1972 zum Einheitsübereinkommen von 1961 und der Wiener Konvention von 1981 – auszuarbeiten. Wie dies in der vorangegangenen Vernehmlassung mehrheitlich gefordert wurde, wird die Schweiz dem Wiener Abkommen nur mit einem breitgefassten Vorbehalt beitreten, um sich die nötige Handlungsfreiheit bei der Ausgestaltung ihrer künftigen Drogenpolitik zu erhalten. Insbesondere behält sie sich die zukünftige Revision der strafrechtlichen Normen des Betäubungsmittelgesetzes – bis hin zum straffreien Drogenkonsum – ausdrücklich vor. Gleichzeitig betonte der Bundesrat aber, dass er in nächster Zeit nicht beabsichtige, von der heutigen Praxis der Strafverfolgung Abstand zu nehmen.

Ratifikation von internationalen Betäubungsmittelabkommen (BRG 94.059)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004

Im Spätwinter des Vorjahres hatten die Stadtbehörden von Bern und Zürich die beiden offenen Szenen Kocherpark und Platzspitz geschlossen in der Hoffnung, auswärtige Drogenkonsumentinnen und -konsumenten in ihre Wohnsitzkantone zurückzudrängen und so die offenen Szenen verkleinern zu können. Immer deutlicher zeigte sich aber, dass dieser Versuch nicht gelungen war. In Bern konnte eine grössere Szenenbildung verhindert werden, doch führte dies in erster Linie dazu, dass die Situation unübersichtlicher wurde, die Polizei fast pausenlos im Einsatz stand und für die Süchtigen der Beschaffungsstress zunahm. In Zürich verteilten sich die Drogenkonsumenten vorerst auf die an den Platzspitz angrenzenden Quartiere, was zu einer unerträglichen Belastung der dortigen Wohnbevölkerung führte. Schliesslich bildete sich am stillgelegten Bahnhof Letten eine neue offene Szene.

Koordinierte Aktion der Städte gegen die offene Drogenszene (1991–1995)

In der Frühjahrssession wurden die Zwillingsinitiativen für eine Verminderung der Tabakprobleme und für eine Verminderung der Alkoholprobleme, die ein völliges Werbeverbot für Tabak und Alkohol verlangten, vom Ständerat, welcher das Geschäft als Erstrat behandelte, klar verworfen. Die kleine Kammer erachtete den Einfluss der Werbung auf das Konsumverhalten insbesondere der Jugend als nicht erwiesen und betonte die negativen materiellen Auswirkungen der Initiativen auf die Werbebranche und das kulturelle Sponsoring. Vergeblich appellierte Bundesrat Cotti an den Rat, zumindest auf den moderateren Gegenvorschlag des Bundesrates einzutreten, welcher nur die Plakat- und Kinowerbung verbieten, die informierende Werbung in den Printmedien und an den Verkaufsstellen sowie das Sponsoring unter gewissen Auflagen jedoch zulassen wollte. Gegen die engagierten Voten von Meier (cvp, LU), Onken (sp, TG) und Schiesser (fdp, GL), die sich für den Jugendschutz stark machten und an die menschlichen und volkswirtschaftlichen Folgen übermässigen Alkohol- und Tabakkonsums erinnerten, wurde auch dieser Vorschlag deutlich abgelehnt. Ihm warfen die Gegner jeglicher Werbebeschränkung vor, nicht praktikabel zu sein und der Werbebranche jährlich Aufträge in der Höhe von CHF 100 Mio. bis CHF 150 Mio. zu entziehen.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Mit einem angenommenen Postulat wies Ständerat Frick (cvp, SZ) auf das Problem hin, dass im Rahmen der Invalidenversicherung auch Drogen- und Alkoholkranke rentenberechtigt sind, bei Auszahlung an die Berechtigten die Renten oftmals aber nicht zweckentsprechend für den Lebensunterhalt verwendet werden, sondern direkt wieder in die Beschaffung des Suchtmittels fliessen. Er bat den Bundesrat, einen Bericht über die Anzahl rentenberechtigter Suchtkranker auszuarbeiten und geeignete Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Renten zum Unterhalt der Berechtigten und ihrer Familien verwendet und nicht umgehend in legale oder illegale Suchtmittel umgesetzt werden.

Postulat zu den drogen- und alkoholkranken IV-Rentenberechtigten (Po. 92.3553)

Unter dem Motto «Ohne Drogen – mit Sport» will das BAG den Sport gezielt in den Dienst von Suchtprävention und -therapie stellen. Zusammen mit der Eidg. Sportschule Magglingen sollen Sportvereine für die Suchtbekämpfung gewonnen werden. Die Initiative besteht aus zwei Hauptprojekten in den Bereichen Prävention und Therapie, die jeweils auf lokaler Ebene durchgeführt werden. Die Kosten für diese Initiativen, welche vorerst bis 1995 laufen, wurden auf rund CHF 2 Mio. veranschlagt.

Projekt «Ohne Drogen – mit Sport»

Eine im Sommer 1990 publizierte Reportage der Schweizer Illustrierten (SI) über die "Teufelsdroge Free Base (Crack)" wurde vor Gericht zweitinstanzlich als rechtmässig erklärt. Das Zürcher Obergericht hatte im Januar 1992 den Chefredaktor der Schweizer Illustrierten zu einer Busse verurteilt, weil seiner Ansicht nach aufgrund der Reportage und der Fotoserie eine Anleitung zur Herstellung und zum Konsum von Betäubungsmitteln und damit ein Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgelegen habe. Der Kassationshof des Bundesgerichts hob im Berichtsjahr diesen Schuldspruch auf, da die Einschränkung der Pressefreiheit einer klaren gesetzlichen Grundlage bedürfe, die im vorliegenden Zusammenhang nicht gegeben sei.

Eine im Sommer 1990 publizierte Reportage der Schweizer Illustrierten (SI) über die "Teufelsdroge Free Base (Crack)" wurde vor Gericht zweitinstanzlich als rechtmässig erklärt

Gemäss den offiziellen Statistiken starben im Berichtsjahr 419 Menschen am Drogenkonsum, 14 mehr als 1991. In den Kantonen Bern, Waadt und Zürich nahm die Anzahl der Drogentoten ab, in angrenzenden Kantonen wie Genf, Luzern, Solothurn, St. Gallen, Tessin und Wallis stieg sie dagegen an.

Zahl der Drogentoten (1991–1993)

Seinen Widerstand gegen jede weiterführende Liberalisierung im Drogenbereich unterstrich Bundesrat Cotti bei der Behandlung von drei Vorstössen im Ständerat. Eine Motion Onken (sp, TG; Mo. 92.3116), welche auch im bürgerlichen Lager vereinzelte Unterstützung fand, forderte den Bundesrat auf, seine bisherige restriktive Haltung zu überprüfen und das Betäubungsmittelgesetz entsprechend zu revidieren. Insbesondere sollte eine Entkriminalisierung des Konsums vorgenommen sowie die Möglichkeit der ärztlich kontrollieren Abgabe von Drogen ermöglicht werden. Ebenfalls mit einer Motion verlangte der Tessiner Lega-Abgeordnete Morniroli die Aufwertung der Subkommission Drogenfragen in eine Eidgenössische Drogenkommission, die Erarbeitung eines gesamtschweizerischen Drogenkonzepts sowie die Gründung eines nationalen Institutes für Grundlagenforschung über die Drogensucht (Mo. 92.3265). In einer Interpellation wollte Ständerätin Weber (ldu, ZH) vom Bundesrat wissen, wie er sich die weitere Drogenpolitik vorstelle und welche Massnahmen er gegen die Drogenkriminalität zu ergreifen gedenke (Ip. 92.3127). Cotti beantwortete die drei Vorstösse mit dem Hinweis auf die Uneinigkeit sowohl der nationalen wie der internationalen Experten und erklärte, vor der Auswertung seines im Vorjahr vorgelegten Massnahmenpakets könne kein Richtungswechsel in der Drogenpolitik des Bundesrates erwartet werden. Auf seinen Antrag wurden die beiden Motionen nur als Postulate überwiesen.

Vorstösse für eine weitere Liberalisierung im Drogenbereich (1992)

Aber auch die dezidierten Gegner jeglicher Liberalisierung blieben nicht untätig. Mit einer Motion wollte der Berner AP-Nationalrat Scherrer den Bundesrat verpflichten, sich in seiner Drogenpolitik am Modell Schwedens zu orientieren, welches auf harte Repression und Zwangstherapie setzte. Da sich die Erfahrungen und Modelle anderer Staaten wegen des spezifischen gesellschaftlichen Umfeldes, in welchem sie zur Anwendung kommen, nicht ohne weiteres von einem Land auf das andere übertragen lassen, und weil das Massnahmenpaket des Bundesrates mit seinen Schwerpunkten Prävention, Betreuung, Therapie und Forschung in eine andere Richtung tendiere, beantragte der Bundesrat der grossen Kammer, die Motion abzulehnen. Der Rat folgte mit grossem Mehr diesem Antrag.

Drogenpolitik nach schwedischem Modell (Mo. 90.752)