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Jahresrückblick 2021: Bildung und Forschung

Im Kapitel Bildung und Forschung kam es im Berichtsjahr in verschiedenen Bereichen zu wichtigen Entwicklungen. Medial und politisch am meisten Aufmerksamkeit erregte aber wohl die Nicht-Assoziierung der Schweiz an das Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe 2021-2027 aufgrund des Abbruchs der Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen mit der EU. Mitte Juli 2021 gab das SBFI bekannt, dass die Schweiz bei Horizon Europe bis auf Weiteres als nicht-assoziierter Drittstaat behandelt wird, was bedeutet, dass eine Beteiligung für Schweizer Forschende nur noch in beschränktem Ausmass möglich ist. Dies rief bei den Schweizer Hochschulen Unmut hervor; zahlreiche Akteure befürchteten einen grossen Schaden für den Forschungsstandort Schweiz. Bis zur weiterhin angestrebten Assoziierung sollten Projekte aus der Schweiz über den bereits im Vorjahr gutgeheissenen Kredit durch das SBFI und weitere Übergangsmassnahmen mittels Nachmeldung zum Voranschlag 2022 finanziert werden. Die APK-NR beantragte unterdessen ihrem Rat, in der Budgetdebatte die mittlerweile freigegebene zweite Kohäsionsmilliarde unter der Bedingung der Vollassoziierung an Horizon Europe zu verdoppeln, was der Nationalrat jedoch ablehnte. Auch im Bereich des Austauschprogramms Erasmus plus versuchte die APK-NR eine Entwicklung in Gang zu setzen, indem sie den Bundesrat dazu aufforderte, bis Ende 2021 eine Finanzierungsbotschaft zur Teilnahme an Erasmus plus vorzulegen. Die Motion fand schliesslich aufgrund der knappen Frist, die zur Erarbeitung der Botschaft gesetzt worden war, keine Zustimmung. Der Bundesrat sprach sich zwar ebenfalls für die Teilnahme an diesem Programm aus, wies aber darauf hin, dass die EU – wie auch bei Horizon – noch keine Bereitschaft gezeigt habe, die Schweiz an dieses Programm zu assoziieren.

Im Themenbereich der frühen Kindheit erschien im Februar 2021 der ausführliche Bericht «Politik der frühen Kindheit. Auslegeordnung und Entwicklungsmöglichkeiten auf Bundesebene » in Erfüllung eines Postulates Gugger (evp, ZH) und eines Postulates der WBK-NR. Der Bundesrat erläuterte darin, dass er die Politik der frühen Kindheit als gesellschaftlich äusserst relevant erachte. Da dieser Politikbereich jedoch vor allem in der Hand der Kantone und Gemeinden liege, habe er hier nur beschränkte Handlungsvollmachten. Entwicklungsmöglichkeiten auf Bundesebene sah der Bericht aber unter anderem beim Zugang, der Qualität sowie der unterstützenden Finanzierung der Angebote im Bereich der frühen Kindheit. So bestehe etwa die Möglichkeit, dass Kindern mit Migrationshintergrund der Zugang zu Förderangeboten erleichtert werde oder dass Projekte für die Förderung der Chancengleichheit von Kindern mit Behinderungen finanziell unterstützt werden könnten. Dieser Postulatsbericht veranlasste wiederum die WBK-NR, eine parlamentarische Initiative einzureichen, um das Impulsprogramm für die Schaffung von Betreuungsplätzen in familienergänzenden Strukturen von einer zeitlich befristeten in eine stetige Lösung zu überführen. Beide Kommissionen gaben der Initiative im Berichtsjahr Folge.

Das auch im Jahr 2021 quasi alle Bereiche des politischen und gesellschaftlichen Lebens beeinflussende Coronavirus führte im Sommer 2021 zu einem Peak der medialen Berichterstattung im Bereich der Grundschulen und Gymnasien (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang). Der Start des neuen Schuljahres gab Anlass zu etlichen Zeitungsberichten über das Maskentragen, das Testen und über weitere Massnahmen wie etwa die Anbringung von CO2-Messgeräten und Luftfiltern.

Im Bereich der Berufsbildung gab ein Reformprojekt zur KV-Ausbildung, also zur von den schweizweit am meisten Personen ergriffenen beruflichen Grundbildung, zu reden. Anfang 2021 leitete das SBFI eine Anhörung zum Reformvorhaben in die Wege. Ziele der Reform waren der Aufbau von Handlungskompetenzen, die Vermittlung von fundiertem Grundlagenwissen, die Durchlässigkeit innerhalb der verschiedenen kaufmännischen Abschlüsse, ein neues Fremdsprachenkonzept sowie ein Gesamtkonzept für die lehrbegleitende Berufsmaturität. Bei den Anhörungsteilnehmenden stiessen einige dieser Punkte auf Kritik, namentlich das geplante Vermitteln von Fachwissen in Handlungskompetenzen, die vorgesehene Streichung einer zweiten Fremdsprache sowie der als zu sportlich angesehene Fahrplan der Reform. Nach Vorliegen der Anhörungsergebnisse reichten die beiden WBK daraufhin je eine gleichlautende Motion ein, in welcher sie die Verschiebung der Inkraftsetzung der Reform auf 2023 forderten. Zum selben Schluss gelangte das SBFI nach Rücksprache mit den Verbundpartnern. Darüber hinaus lenkte es in der Fremdsprachen-Frage ein, womit KV-Lernende auch weiterhin in zwei Fremdsprachen unterrichtet werden sollen. Hingegen hielt das SBFI daran fest, Fachwissen zukünftig in Handlungskompetenzen zu vermitteln; dies sei in der Berufsbildung mittlerweile Standard.

Im Berichtsjahr gab es zudem beim übergeordneten Thema der Gleichstellung von Frau und Mann im Schul- und Hochschulbereich drei Entwicklungen zu verzeichnen. Im März verabschiedete der ETH-Rat seine neue Gender Strategie für die Jahre 2021-2024, welche das Ziel verfolgte, den Frauenanteil in Lehre und Forschung, vor allem in den Führungspositionen, weiter zu steigern. Zu den Schwerpunkten der Strategie gehörten etwa die Aufdeckung und das Verhindern von Diskriminierung, Mobbing, Drohungen, Gewalt und sexueller Belästigung. Eine vom Nationalrat gutgeheissene Motion der WBK-NR für die Lancierung einer Sensibilisierungskampagne gegen ebendiese Belästigungen im ETH-Bereich wurde vom Ständerat hingegen abgelehnt. Schliesslich wurde ein Postulat der FDP.Liberalen-Fraktion zur Gleichstellung in der Berufsbildung angenommen. Dieses forderte den Bundesrat auf zu prüfen, ob in Ausbildungsprogrammen zu typischen Frauenberufen gleich viel Wert auf die Vermittlung unternehmerischer Kompetenzen gelegt wird wie in denjenigen für typische Männerberufe.

Jahresrückblick 2021: Bildung und Forschung
Dossier: Jahresrückblick 2021

Jahresrückblick 2021: Kultur, Sprache, Kirchen

2021 bestätigte den Trend der letzten beiden Jahre – so zeigte die APS-Zeitungsanalyse eine rückläufige Berichterstattung rund um die Themen Kultur, Sprache oder religiöse Fragen auf (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang). Diesbezüglich brachte das Jahr gar einen neuen Tiefstwert seit 2016, wobei insbesondere Fragen im Zusammenhang mit den Religionen deutlich an medialer Präsenz eingebüsst hatten.

Wie auch im Jahr zuvor war die Kulturpolitik geprägt von der weltweiten Covid-19-Pandemie. Deren Auswirkungen auf den Kultursektor verdeutlichten etwa erste Zahlen des BFS im Rahmen der Kulturwirtschaftsstatistik für das Jahr 2020: Im Vergleich zu 2019 war die Beschäftigung im Kulturbereich um markante 5 Prozentpunkte gesunken, was in absoluten Zahlen 14'000 Erwerbspersonen entsprach. Vom Rückgang betroffen waren insbesondere Frauen, Personen mit einem Teilzeitpensum oder all jene, die zuvor weniger als 1 Jahr engagiert gewesen waren. Auch im Vergleich zur Gesamtwirtschaft war der starke Rückgang an Beschäftigten im Kulturbereich beträchtlich. Entsprechend kam es im Parlament zu diversen Vorstössen, mit denen auf die prekäre Situation der Kulturschaffenden reagiert werden sollte. Zwei Vorstösse, welche im Zuge der Pandemie verstärkte Unterstützungsmassnahmen für Freischaffende in Theater und Film und für Buchhandlungen verlangten, fanden im Parlament jedoch keinen Anklang. Hingegen waren sich die Räte darüber einig, dass die soziale Sicherheit der Kulturschaffenden auch unabhängig von der Pandemie verbessert werden müsse.

Neben diesen explizit auf die Pandemie zurückzuführenden Vorstössen bearbeitete das Parlament 2021 drei grosse Geschäfte im Kulturbereich. So fand die Beratung der Kulturbotschaft für die Jahre 2021-2024 nach langwierigen Diskussionen über das Filmförderungsgesetz durch Annahme des entsprechenden Entwurfs ein Ende. Eine parlamentarische Initiative zur Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts kam hingegen auch nach fast 5-jährigen Diskussionen noch zu keinem Abschluss. Zudem wurde der Entwurf des Bundesrats zum neuen Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen beraten, mit dem unter anderem die Angleichung an eine geltende EU-Richtlinie angestrebt wird. Der Nationalrat beschäftigte sich in der Frühlings- und Sommersession mit dem Geschäft, der Ständerat wird sich wohl in der Frühlingssession 2022 damit auseinandersetzen.

Wie so oft prägte der Islam die Debatte in der Religionspolitik. Dieses Jahr lag das Augenmerk vermehrt auf der Rolle von Imamen und auf deren Einfluss auf die Gesellschaft. Die SiK-SR verlangte im März 2021 in einem Postulat, dass die Vorteile eines Bewilligungsverfahrens für Imame, ein Imam-Register sowie ein Finanzierungsverbot für Moscheen aus dem Ausland geprüft werden. Die Kommission bezweckte damit eine bessere Kontrolle von Personen, die im Rahmen ihrer religiösen Reden «terroristisches oder gewalttätig-extremistisches Gedankengut verbreiten». Ein im August 2021 vom Bundesrat publizierter Bericht über Professionalisierungsmöglichkeiten von islamischen religiösen Betreuungspersonen zeigte jedoch auf, dass der Einfluss von Imamen in Bezug auf Radikalisierungstendenzen in der Öffentlichkeit überschätzt wird. Basierend auf diesen Erkenntnissen legte der Bundesrat sodann zwölf Handlungsfelder fest, wobei insbesondere die Einbindung von öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften in die Seelsorge diverser öffentlicher Institutionen, wie etwa Militär, Spitälern oder Asylzentren, als zentrale Massnahme definiert wurde. Diese soll dazu beitragen, dass islamische Betreuungspersonen besser in die Gesellschaft integriert werden und indirekt eine Professionalisierung erreicht wird.

Ein weiteres umstrittenes Thema stellte nach wie vor die politische Beteiligung der Schweizer Kirchen im Rahmen von Abstimmungskämpfen dar. So zog die nie zuvor dagewesene Beteiligung der Kirchen am im Vorjahr geführten Abstimmungskampf zur Konzernverantwortungsinitiative Groll nach sich. Die Jungfreisinnigen hatten Stimmrechtsbeschwerden beim Bundesgericht eingereicht, womit sie eine Klärung der Rolle der Kirchen bei Abstimmungen in Form eines Leiturteils erreichen wollten. Gemäss den Medien stufte auch die Bundeskanzlei in einer Stellungnahme an das Bundesgericht das Verhalten der Landeskirchen als «zumindest grenzwertig» ein und erachtete ein Gerichtsurteil diesbezüglich als angezeigt. Das Bundesgericht schrieb die Beschwerde jedoch als gegenstandslos ab, da das Einbringen der Kirche der Initiative nicht zum Erfolg verholfen habe, wodurch das nötige aktuelle Interesse nicht gegeben sei. Diese hitzig geführte politische Debatte widerspiegelte sich auch in der Anzahl an Zeitungsartikeln mit kirchlichem oder religiösem Bezug – Anfang Jahr, auf dem Höhepunkt der entsprechenden Diskussionen – wurde häufiger über das Thema «Kirchen» berichtet als im Rest des Jahres. Gering blieb hingegen das Medienecho, als die beiden grossen Landeskirchen vor der Abstimmung zur «Ehe für alle» ihre Positionen publik machten, zumal sie sich nicht aktiv am Abstimmungskampf beteiligten.

Die Sprachpolitik fand ebenso wie in den letzten Jahren keine grosse mediale Resonanz, legte im Vergleich zum Vorjahr aber leicht zu (vgl. Abbildung 2). Dies ist wohl auf die verstärkt geführte Debatte über eine gendergerechte Sprache zurückzuführen. So startete das Jahr mit einer gesellschaftlichen Debatte über den Entscheid des Dudens, das generische Maskulin aus seinem Nachschlagewerk zu verbannen. Im Sommer kam es zu einer zweiten Runde mit einer breiten Diskussion über das sogenannte Gendersternchen, nachdem die Bundeskanzlei dessen Gebrauch in Bundesdokumenten explizit untersagt hatte.

Jahresrückblick 2021: Kultur, Sprache, Kirchen
Dossier: Jahresrückblick 2021

Jahresrückblick 2021: Rechtsordnung

Das erste Halbjahr 2021 stand im Zeichen von drei Volksabstimmungen, die die öffentliche Debatte im Bereich der Rechtsordnung prägten. Am 7. März 2021 kamen die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und das E-ID-Gesetz zur Abstimmung. Am 13. Juni 2021 folgte das Referendum zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT). Die damit einhergehenden Abstimmungskampagnen waren in der Medienkonjunktur deutlich zu erkennen, wie die APS-Zeitungsanalyse zeigt: Das Thema Bürgerrechte, worunter das Verhüllungsverbot fällt, verzeichnete über das ganze Jahr gesehen den höchsten Anteil an Zeitungsartikeln zur Rechtsordnung (vgl. Abbildung 2 im Anhang) und dominierte die Medienberichterstattung im Bereich Rechtsordnung von Januar bis März (vgl. Abbildung 1). An zweiter Stelle lag im ersten Quartal das Thema Öffentlicher Dienst, dem die E-ID zuzuordnen ist. Von April bis Juni galt die meiste Beachtung dem Thema Innere Sicherheit, wo das PMT-Referendum angesiedelt ist.

Nach einem intensiven und vielschichtigen Abstimmungskampf, in dem viele Argumente gleichzeitig von der Pro- und der Contra-Seite verwendet wurden, nahm die Schweizer Stimmbevölkerung die vom Egerkinger Komitee lancierte Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» am 7. März 2021 mit 51.2 Prozent Ja-Stimmen an. Während das befürwortende Lager den Volksentscheid als klares Zeichen gegen den Islamismus in der Schweiz wertete, beklagte das unterlegene Lager einen unnötigen Eingriff in die Grundrechte von Musliminnen. Die für das Geschäft zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die den Erfolg der Initiative trotz indirekten Gegenvorschlags nicht hatte abwenden können, legte viel Wert darauf zu betonen, das Resultat sei nicht als Votum gegen die Musliminnen und Muslime in der Schweiz zu verstehen. Die Vox-Analyse bestätigte denn auch, dass das Ja nicht nur von kulturellen, sondern ebenso von sicherheitspolitischen und feministischen Argumenten getragen wurde.

Am selben Tag erlitt Justizministerin Karin Keller-Sutter mit dem Nein zur E-ID auch beim zweiten Geschäft aus ihrem Zuständigkeitsbereich eine Niederlage. Die Schweizer Stimmbevölkerung versenkte das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste in der Referendumsabstimmung mit 64.4 Prozent Nein-Stimmen deutlich. Gemäss der Vox-Nachbefragung war es den Behörden nicht gelungen, das Misstrauen gegenüber den privaten Anbieterinnen und Anbietern der E-ID abzubauen, das die Abstimmungskampagne dominiert hatte. Die E-ID ist damit nicht grundsätzlich gescheitert, allerdings würde von der Stimmbevölkerung eine staatliche Lösung gewünscht.

In der dritten Volksabstimmung des Jahres im Bereich Rechtsordnung konnte die Justizministerin schliesslich einen Erfolg verbuchen. Eine klare Mehrheit von 56.6 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hiess am 13. Juni 2021 das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT) an der Urne gut. Angesichts der wahrgenommenen Terrorgefahr überwog das Vertrauen in den Bundesrat und die Polizei letztlich die Bedenken bezüglich polizeilicher Willkür und Verlust der Rechtsstaatlichkeit, wovor das Referendumskomitee gewarnt hatte, so die Schlussfolgerung der Vox-Analyse. Der Staat erhält damit verschiedene präventiv-polizeiliche Mittel – von der Meldepflicht bis zum Hausarrest –, um terroristische Gefährderinnen und Gefährder zu kontrollieren.

In der zweiten Jahreshälfte zog das Thema Innere Konflikte und Krisen zunehmende Aufmerksamkeit auf sich, sodass es im September und Oktober im Bereich der Rechtsordnung das von den Medien meistbeachtete Thema war (vgl. Abbildung 1). Dafür verantwortlich waren hauptsächlich die Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen. Insbesondere im Herbst, als der Bundesrat die Zertifikatspflicht beschloss, intensivierten sich die Proteste. So fanden in der Bundesstadt wöchentliche Kundgebungen der Massnahmenkritikerszene statt. Nachdem es mehrmals zu Ausschreitungen gekommen war und die Stadt Bern die Kundgebungen nicht mehr bewilligte – was die Massnahmengegnerinnen und -gegner aber nicht davon abhielt, weiter zu demonstrieren –, wurde auch die Radikalisierung der Szene in den Medien debattiert. Im Vorfeld der Referendumsabstimmung über die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes Ende November erhitzten sich die Gemüter weiter. Die aufgeladene Stimmung gipfelte darin, dass aufgrund befürchteter Ausschreitungen am Abstimmungssonntag das Bundeshaus von der Polizei grossräumig abgeriegelt wurde. Eine weitere Eskalation blieb dann aber glücklicherweise aus.

Etwas abseits der Medienaufmerksamkeit widmete sich das Parlament 2021 mehreren umfangreichen Gesetzesrevisionen im Strafrecht. In der Frühjahrssession nahm der Nationalrat die Revision der Strafprozessordnung in Angriff, die der Ständerat in der Wintersession fortsetzte. Das Revisionsprojekt geht auf eine 2015 überwiesene Motion der RK-SR zurück, die den Bundesrat beauftragt hatte, die Strafprozessordnung auf ihre Praxistauglichkeit zu prüfen und allfällige Anpassungen vorzuschlagen. Nachdem die Räte die Bestimmungen zur Sicherheitshaft aufgrund ihrer Dringlichkeit ausgekoppelt und 2020 bereits verabschiedet hatten, begannen 2021 die Beratungen zum Hauptentwurf. Das zweite zentrale Gesetzgebungsprojekt im Strafrecht, die Harmonisierung der Strafrahmen, durchlief 2021 die Differenzbereinigung. Einer der Hauptstreitpunkte dieser Vorlage war, inwieweit die Strafen für Gewalt gegen Behörden und Beamte verschärft werden sollen. Zusammen mit der Revision des Sexualstrafrechts bildet die Strafrahmenharmonisierung die zweite Etappe einer umfassenden StGB-Revision, in der nach dem Allgemeinen Teil (abgeschlossen 2016) nun auch der Besondere Teil erneuert wird. Aufgrund des festgestellten Diskussionsbedarfs hatte das Parlament die Revision des Sexualstrafrechts in einen eigenen Entwurf ausgelagert, der Anfang 2021 in die Vernehmlassung gegeben wurde. Des Weiteren brachten die eidgenössischen Räte in der Wintersession 2021 die Änderung des DNA-Profil-Gesetzes zum Abschluss. Nach Inkrafttreten dürfen die Ermittlungsbehörden neu mittels sogenannter Phänotypisierung äusserliche Merkmale wie Haar-, Haut- und Augenfarbe oder das Alter der gesuchten Person aus DNA-Spuren bestimmen.

Jahresrückblick 2021: Rechtsordnung
Dossier: Jahresrückblick 2021

Rétrospective annuelle 2021: Armée

L’année 2021 a continué d’être marquée par la crise du Covid-19 pour l'armée. La Pharmacie de l’armée étant en charge de la logistique des vaccinations, l’armée a assuré le stockage et le transport des vaccins. En prévision d'une prochaine crise, le Conseil fédéral rédigera un rapport quant aux futures tâches à attribuer à la Pharmacie de l'armée, laquelle a été mandatée pour l'acquisition de biens médicaux. La crise n'a pas qu'influencé le rôle de l'armée, mais également son fonctionnement interne. En effet, près de 5'000 recrues ont débuté leur école de recrues sous la forme d’un enseignement à distance, lequel a retenu l'attention au printemps suite à la divulgation de données personnelles liées à des failles de sécurité.

Un autre engagement dont il a été question en 2021 concerne le service d'appui au World Economic Forum pour les éditions 2022-2024. Le Conseil des Etats et le Conseil national ont accepté de prolonger le renfort de l'armée à cet événement. Hors frontière, des membres du Détachement de reconnaissance de l'armée 10 ont été envoyés à Kaboul pour rapatrier les ressortissants suisses après la reprise du pouvoir par les talibans. Quatre militaires ont été dépêchés au Soudan dans le cadre du programme de déminage pour l’ONU et neuf autres, à New York pour soutenir la conduite et le développement des opérations de maintien de la paix. Le Conseil fédéral a d'ailleurs décidé que la Suisse continuerait de former les acteurs régionaux kenyans selon les standards internationaux pour leur permettre d’accomplir des missions de promotion de la paix.

Comme chaque année, le Conseil fédéral a transmis au Parlement son message de l'armée. Pour la première fois y figurait la contribution des investissements prévus à la réalisation des objectifs climatiques. Le Conseil national et le Conseil des Etats ont accepté que CHF 2.3 milliards soient déboursés pour permettre à l'armée de se moderniser et d'adapter ses équipements et infrastructures. En parallèle, le Conseil fédéral a soumis en consultation son rapport sur la politique de sécurité, dans lequel il définit la protection contre les cybermenaces comme objectif pour les années à venir. D'ailleurs, dans le cadre d'une révision de la LAAM et de l'OORgA, il propose que les cyberspécialistes au sein de l'armée suivent un stage auprès de partenaires externes afin de développer leurs capacités et d'en faire bénéficier l'institution. La conseillère nationale Isabelle Moret (plr, VD) a, quant à elle, déposé une initiative parlementaire afin que la Confédération – en collaboration avec les cantons, le monde de la recherche et les entreprises suisses – se dote d'une infrastructure numérique souveraine pour renforcer la cybersécurité.
Ayant pourtant alerté que les modèles d'avions de combat américains ne pouvaient pas garantir la sécurité des données, le GSsA, les Verts et le PS lancèrent comme annoncé une initiative suite au choix du Conseil fédéral d'acquérir 36 avions de combat de l'avionneur américain Lockheed Martin dont le coût estimé avoisinerait CHF 6.035 milliards. Plusieurs voix relayées dans les médias avaient parié sur le choix d'un modèle européen à la suite de l'abandon de l'accord-cadre et de la visite de la Ministre française des Armées à Berne. Le nombre d'articles de presse relatifs à la défense nationale n'a pas cessé de croître les semaines précédant l'annonce du Conseil fédéral. L'annonce et les réactions qui s'ensuivirent eurent un écho médiatique notable par rapport aux autres thèmes liés à l'armée durant l'année (cf. figure 1 sur l’évolution des médias 2021 en annexe).

Quant à l'armée de demain, le commandement de l'armée est chargé d'exécuter les mesures visant à augmenter la proportion des femmes dans les rangs. Pour la Société suisse des officiers, rendre le service militaire obligatoire pour les femmes permettrait d'alimenter les effectifs pour l'armée et la protection civile dans les années à venir. En écho à l'initiative «Service citoyen », la Gauche a déjà communiqué qu'elle ne souhaite pas que les femmes aient des obligations militaires, tant que l'égalité entre les sexes n'est pas réalisée.
La feuille de route signée par la Confédération, l'armée et le canton du Valais devrait permettre d'assurer la protection financière des quatre prochaines éditions de la Patrouille des glaciers.

Rétrospective annuelle 2021: Armée
Dossier: Jahresrückblick 2021

Ende 2021 machte eine Studie über den Drogenkonsum von Jugendlichen, die am Jacobs Center der Universität Zürich durchgeführt worden war, von sich reden. Von den befragten Zwanzigjährigen aus dem Raum Zürich konsumierten im Jahr vor der Befragung mehr als 50 Prozent die Droge Cannabis. Dabei waren keine grossen Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu verzeichnen. Ausgehend von einer vergleichbaren Studie bei Rekrutinnen und Rekruten sei zudem anzunehmen, dass es keine spezifischen Stadt-Land-Unterschiede gebe, so die Studie. Boris Quednow, assoziierter Professor und Pharmakopsychologe an der Universität Zürich, der an der Studie beteiligt war, zeigte sich von den Ergebnissen überrascht. Gegenüber der NZZ deutete er diese so, dass «[f]ür viel junge Menschen in der Schweiz [...] Substanzkonsum zur Normalität geworden» sei. Er forderte daher eine verstärkte Debatte über das Ausmass des Substanzkonsums durch Jugendliche, aber auch durch die gesamte Gesellschaft. Es müsse nicht die totale Abstinenz angestrebt werden, es gehe aber darum, besser mit dem Konsum umzugehen. Ein Schulfach «Substanzen und Medikamente» könnte dazu beitragen, dass zukünftig weniger Personen einen problematischen Konsum aufweisen. Dieser Aufruf wurde etwa vom Tages-Anzeiger begrüsst: Nicht mehr die Illegalität von Substanzen, sondern deren Gefährlichkeit solle verstärkt thematisiert werden.

Drogenkonsum bei Jugendlichen

En déposant la motion «pour une armée moderne et agile, prévoyons un effectif de 80'000 militaires», le conseiller national François Pointet (pvl, VD) souhaite revenir sur une décision nationale concernant le DEVA. En effet, en 2010, le rapport du Conseil fédéral annonçait vouloir réduire l'effectif militaire à 80'000 soldats, mais en 2016, les chambres fédérales revenaient sur cette décision en prévoyant un effectif de 100'000 soldats. A ce titre, la motion demande, un retour sur parole, soit une diminution de l'effectif des troupes de l'armée suisse de 20'000 soldats. La motion souligne qu'en 2010, le rapport du Conseil fédéral avait démontré qu'un tel effectif, s'il était équipé et instruit en conséquence, pouvait accomplir sa mission de protection. Alors que de récentes modifications ont été observées dans les types de conflits qui pourraient mettre la Suisse dans une situation délicate, tels que les cyberattaques et conflits hybrides, François Pointet estime qu'en recrutant des soldats talentueux, en maintenant le système de milice – en forme de soutien – et en fournissant un équipement de pointe aux troupes, la protection du pays serait toujours assurée. L'accent de cette motion est donc mis sur la nécessité de repenser la structure de l'armée suisse. La répartition des tâches entre le service militaire, le service civil et la protection civile devrait également être revue, selon le vert'libéral.

Pour continuer d'être en mesure de protéger le territoire et la population, le Conseil fédéral affirme adapter en permanence ses objectifs en fonction de l'évolution des formes de conflits, faisant ainsi référence à la décision prise en novembre dernier au sujet des conflits hybrides. De plus, le Conseil fédéral justifie ses décisions en assurant qu'une réduction du nombre de troupes aurait une influence négative sur la flexibilité et la capacité d'action des troupes militaires. C'est pourquoi il conseille de rejeter la motion. Toutefois, le Conseil fédéral admet avoir décelé des failles dans la répartition des recrues entre le service militaire, le service civil et la protection civile et affirme agir en connaissance de causes à ce sujet.

Pour une armée moderne et agile, prévoyons un effectif de 80'000 militaires (Mo. 21.4647)
Dossier: Alimentierung der Armee

Weil sich in der Wintersession 2021 beide Räte wenig kompromissbereit zeigten, mündete die Differenzbereinigung bei der Harmonisierung der Strafrahmen in eine Einigungskonferenz. Einzig die Differenzen zu den Bancomatensprengungen und zur Verjährung im Verwaltungsstrafrecht konnten vorher ausgeräumt werden. Bei Ersterem beugte sich der Ständerat dem Willen seiner Schwesterkammer und stimmte der Aufnahme einer speziell auf Bancomatensprengungen zugeschnittenen Qualifikation in Art. 139 StGB zu. Bei Letzterem einigte man sich darauf, die aufgeworfenen Fragen nicht an dieser Stelle, sondern im Rahmen der vom Bundesrat angekündigten Revision des Verwaltungsstrafrechts zu klären. Bis zum Schluss umstritten blieben dagegen die Parallelität von Geld- und Freiheitsstrafen sowie die Strafdrohung für Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte.
Der Ständerat stellte sich auf den Standpunkt, es sei in der juristischen Praxis unbestritten, dass eine Mindestgeldstrafe von beispielsweise 30 Tagessätzen auch immer eine Mindestfreiheitsstrafe von 30 Tagen bedeute, weshalb er diese Parallelität mehrheitlich ausdrücklich im Gesetz festhalten wollte. Die Mehrheit im Nationalrat sah in dieser Änderung jedoch einen Eingriff in den richterlichen Ermessensspielraum und lehnte sie deshalb ab. Die Argumentation des Nationalrates bekräftigte die ständerätliche Mehrheit indessen in ihrer Meinung, dass es wichtig sei, die Parallelität im StGB niederzuschreiben. Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR) befürchtete, wenn man darauf verzichte, könnte dieser Entscheid künftig dahingehend ausgelegt werden, dass das Parlament die Parallelität an sich verneint habe, was ja aber nicht der Fall sei – zumindest nach Ansicht des Ständerates und des Bundesrates. Die Einigungskonferenz beantragte schliesslich mit 13 zu 11 Stimmen, dem Beschluss des Ständerates zu folgen und die Parallelität von Mindestgeld- und -freiheitsstrafen explizit im StGB zu verankern.
Bei Gewalt und Drohungen gegen Behörden und Beamte sprach sich der Ständerat mehrheitlich für eine Strafverschärfung gegenüber dem geltenden Recht aus, indem er die Freiheitsstrafe zur Regel machen und Geldstrafen nur noch in Bagatellfällen zulassen wollte. Eine Verschärfung bei diesem Tatbestand sei nicht zuletzt von verschiedenen Kantonen gefordert worden, argumentierte Daniel Jositsch (sp, ZH) als Sprecher der RK-SR. Die Nationalratsmehrheit wollte hingegen am geltenden Recht festhalten und die Freiheitsstrafe alternativ zur Geldstrafe vorsehen, weil sie auch hier nicht in den richterlichen Ermessensspielraum eingreifen wollte. Ein Einzelantrag Bregy (mitte, VS), der einen Konzeptionsfehler in der ständerätlichen Variante korrigierte – in der ursprünglichen Formulierung des Ständerates hätte in leichten Fällen immer eine Geldstrafe ausgesprochen werden müssen, während in der korrigierten Version in leichten Fällen eine Geldstrafe ausgesprochen werden kann –, scheiterte in der grossen Kammer am Stichentscheid von Ratspräsidentin Irène Kälin (gp, AG). Wenig überraschend war es dann auch diese korrigierte Lösung, die sich in der Einigungskonferenz durchsetzen konnte.
Der Antrag der Einigungskonferenz wurde im Ständerat mit 35 zu 1 Stimme bei 4 Enthaltungen gutgeheissen, im Nationalrat mit 122 zu 65 Stimmen. Dagegen stellten sich die Fraktionen der SP und der Grünen. In den Schlussabstimmungen stimmte der Ständerat dem Entwurf zur Harmonisierung der Strafrahmen sowie jenem zur Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht einstimmig (bei 4 bzw. 5 Enthaltungen aus der SVP-Fraktion) zu. Der Nationalrat nahm die Strafrahmenharmonisierung mit 96 zu 67 Stimmen bei 30 Enthaltungen an, wobei sich die Ratslinke gegen die ihrer Ansicht nach zu weitgehenden Verschärfungen aussprach und sich die SVP-Fraktion mehrheitlich der Stimme enthielt, weil sie die Vorlage als «verwässert» (Andrea Geissbühler/svp, ZH), d.h. zu wenig scharf, ansah. Der zweite Entwurf zur Anpassung des Nebenstrafrechts passierte die Schlussabstimmung in der grossen Kammer mit 123 zu 67 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

Harmonisierung der Strafrahmen (BRG 18.043)
Dossier: Revision des Strafgesetzbuches (2008– )
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Die RK-NR beantragte im November 2021 ihrem Rat einstimmig, die Behandlungsfrist für die von Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) übernommene parlamentarische Initiative Amherd (damals cvp, VS) mit der Forderung, Cybergrooming mit Minderjährigen unter Strafe zu stellen, zu verlängern. Ihren Antrag begründete die Kommission damit, dass ihre Schwesterkommission das Anliegen im Rahmen der Revision des Sexualstrafrechts berücksichtige und eine entsprechende Bestimmung in ihre Vernehmlassungsvorlage aufgenommen habe. Der Nationalrat stimmte der Fristverlängerung um zwei Jahre in der Wintersession 2021 stillschweigend zu.

Cybergrooming mit Minderjährigen endlich unter Strafe stellen (Pa.Iv. 18.434)

Der Nationalrat behandelte in der Wintersession 2021 eine Initiative Masshardt (sp, BE) zur Förderung der politischen Bildung in der Berufsbildung. Eine knappe Mehrheit der vorberatenden WBK-NR hatte der Initiative keine Folge gegeben. Im Plenum war es unbestritten, dass der politischen Bildung von jungen Menschen eine grosse Bedeutung für das Funktionieren der Demokratie zukommt. Masshardt und Locher Benguerel (sp, GR) als Befürworterinnen der Initiative vertraten den Standpunkt, dass es vor allem in den Berufsschulen noch Verbesserungspotential gebe. Studien hätten gezeigt, dass sich Berufsschülerinnen und -schüler weniger politisch interessiert zeigten als Gleichaltrige, die aufs Gymnasium gingen. Gerade in diesem Alter, in dem bald die politische Mündigkeit erreicht werde, sei es aber entscheidend, ein ausreichendes Verständnis für die politischen Rechte und Abläufe zu erhalten. Christian Wasserfallen (fdp, BE) erläuterte als Sprecher der Kommissionsmehrheit, dass die politische Bildung bereits genügend im Unterricht verankert sei, auch auf Stufe der Berufsschulen. Zudem wolle der Bundesrat in Kürze die Rahmenlehrpläne und die Bildungspläne im Bereich der politischen Bildung überarbeiten und verbessern.
Im Anschluss an diese Diskussion gab die grosse Kammer der Initiative mit 97 zu 86 Stimmen, bei 4 Enthaltungen, relativ knapp Folge.

Politische Bildung ist im öffentlichen Interesse (Pa. Iv. 21.429)

In der Wintersession 2021 pflichtete der Nationalrat seinem Schwesterrat bezüglich des Entwurfs zur Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht in weiten Teilen bei, schuf aber zwei Differenzen. So wollten Bundesrat und Ständerat säumige Prämienzahlende zukünftig zwangsweise Versicherungen und Modellen mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringenden zuweisen können, die SGK-NR lehnte diese Möglichkeit jedoch ab – diesbezüglich seien zu viele Fragen ungeklärt, betonte Therese Schläpfer (svp, ZH). Stillschweigend folgte der Nationalrat diesem Antrag. Die zweite neue Differenz betraf den Vorschlag der Kommissionsmehrheit, im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs einen Artikel zu ergänzen, wonach Schuldnerinnen und Schuldner ihre Arbeitgebenden anweisen können, einen Teil ihres Einkommens in der Höhe ihrer laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der OKP an das zuständige Amt zu überweisen. Damit sollten «neue Schulden aufgrund bestehender Betreibungen» vermieden werden, argumentierte Kommissionssprecher Hess (mitte, BE). Eine Minderheit Nantermod (fdp, VS) sprach sich erfolglos gegen diese Änderung aus, weil man dafür mindestens die für das Betreibungsgesetz zuständigen Behörden anhören müsse – zumal die SGK-NR nicht für diesen Themenbereich zuständig sei und eine solche Regelung deutlich von den bestehenden Regelungen abweichen würde. Zudem solle kein einseitiges Privileg zugunsten der Krankenkassen eingeführt werden, auch andere Gläubigerinnen und Gläubiger verfügten über berechtigte Forderungen an die Schuldnerinnen und Schuldner. Und schliesslich wehrte sich der Minderheitensprecher dagegen, zusätzliche administrative Aufgaben für die Arbeitgebenden zu schaffen. Mit 108 zu 82 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Nationalrat gegen den Willen der SVP- und der FDP.Liberalen-Fraktion sowie eines Mitglieds der Mitte-Fraktion dem Mehrheitsantrag.
Stillschweigend folgte die grosse Kammer ihrem Schwesterrat hingegen in verschiedenen Punkten: So zeigte sich auch der Nationalrat überzeugt, dass Jugendliche nach ihrem Erreichen der Volljährigkeit nicht für frühere Prämienschulden haftbar gemacht werden dürfen; die Haftbarkeit verbleibt bei ihren Eltern. Zudem dürfen Personen maximal zweimal pro Kalenderjahr betrieben werden, es sei denn, eine Betreibung habe zu einem Verlustschein geführt. Überdies soll der Bundesrat zukünftig die Gebühren auf Mahnungen regeln können.
Diskussionen gab es hingegen bezüglich der Frage, ob die Krankenversicherungen 50 Prozent (Kommissionsmehrheit) oder 75 Prozent (Minderheit Glarner; svp, AG) der Rückerstattungen an die Kantone überweisen sollen. Andreas Glarner kritisierte die vorgeschlagene Lösung, da die Versicherungen damit «bis zu 135 Prozent der Prämien kassieren», während das Debitorenrisiko bei den Gemeinden (oder Kantonen) zu liegen komme. Bundesrat Berset beantragte hingegen, bei der von der Kommission vorgeschlagenen Regelung zu bleiben, zumal diese einen Kompromiss zwischen Versicherungen und Kantonen darstelle. Ansonsten hätten die Krankenversicherungen «plus d'intérêt à poursuivre les assurés». Mit 138 zu 52 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte die grosse Kammer mit Ausnahme der SVP-Fraktion und eines Mitglieds der FDP.Liberalen-Fraktion der Kommissionsmehrheit.
Am umstrittensten war einmal mehr die Frage nach der Abschaffung der Liste der säumigen Prämienzahlenden – wobei sich Christian Lohr (mitte, TG) vehement gegen die Bezeichnung «schwarze Liste» wehrte. Wie der Ständerat beantragte die Kommissionsmehrheit, auf eine Abschaffung der Listen zu verzichten, da man den Entscheid über deren Anwendung den Kantonen überlassen wolle. Der Bundesrat und eine starke Minderheit Weichelt (al, ZG) sprachen sich hingegen für ihre Streichung aus, da sie sich in der Praxis nicht bewährt hätten. Nachdem die Entscheidung in der Kommission mit 13 zu 12 Stimmen diesbezüglich äusserst knapp ausgefallen war, sprach sich der Nationalrat mit 98 zu 92 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) ebenfalls eher knapp für die Beibehaltung der Listen aus; die Stimmen der Mitglieder der SP-, der Grünen- und der GLP-Fraktion sowie der EVP und eine Minderheit der FDP reichten somit für eine Streichung der Listen nicht aus. Nach einigen sprachlichen und formalen Bereinigungen nahm der Nationalrat den Entwurf in der Folge mit 191 zu 0 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ohne Gegenstimme an.

Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten (Kt. Iv. 16.312)
Dossier: Schwarze Liste für säumige Prämienzahlende

Nachdem die RK-SR die Vorprüfung der fünf Standesinitiativen (Kt.Iv. BE 08.316; Kt.Iv. SG 09.313; Kt.Iv. TI 09.314; Kt.Iv. FR 09.332; Kt.Iv. ZG 10.302) wieder aufgenommen hatte, nachdem sie zuvor zehn Jahre lang sistiert gewesen waren, kam sie zum Schluss, dass die Forderungen der fünf Standesinitiativen für einen stärkeren Schutz von Jugendlichen vor gewaltvollen Videospielen im Entwurf des Bundesrates zum neuen Bundesgesetz zum Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiel einbezogen würden und dass beide Kammern im Rahmen der Debatte über das Gesetz ihre Anliegen einbringen können. Da damit keine weiteren Massnahmen nötig seien, beantragten die RK-SR sowie die RK-NR, den kantonalen Begehren keine Folge zu geben. Die beiden Räte folgten diesen Anträgen diskussionslos und stillschweigend.

Verbot von gewaltvollen Videospielen (Kt.Iv. BE 08.316; Kt.Iv. SG 09.313; Kt.Iv. TI 09.314; Kt.Iv. FR 09.332; Kt.Iv. ZG 10.302)

In den folgenden Tagen machte sich das Parlament an die Bereinigung der acht verbliebenen Differenzen zum Voranschlag 2022. Bereits in der ersten Runde bereinigte der Ständerat drei offene Fragen, obwohl die FK-SR in fast allen Punkten Festhalten empfohlen hatte. So folgte die kleine Kammer bezüglich der Krediterhöhung für die sieben verschiedenen Familienorganisationen in der Höhe von CHF 1 Mio. (auch in den Finanzplanjahren) einer Minderheit Gapany (fdp, FR) statt der Kommissionsmehrheit, welche auf die Erhöhung verzichten wollte. Mehrheitssprecher Hegglin (mitte, ZG) hatte zuvor vergeblich argumentiert, dass «Mittel in dieser Grössenordnung» – Finanzminister Maurer sprach gar von «Bagatellbeträgen» – vermehrt durch nachgelagerte öffentliche Institutionen statt durch den Bund gesprochen werden sollten. Seit 2016 sei der Kredit der Familienorganisationen gleichgeblieben, obwohl ihre Aufgaben zugenommen hätten, betonte die Minderheitensprecherin. Ein Verzicht auf die Aufstockung würde folglich eine Einschränkung der Leistung nach sich ziehen. Mit 20 zu 19 Stimmen bereinigte der Ständerat diese Differenz knapp. Keine Diskussionen gab es bezüglich der Schaffung von neuen Sollwerten beim VBS zur Senkung der Bruttomietkosten und beim SECO zur Erhöhung der Anzahl Freihandelsabkommen – beide Änderungen akzeptierte der Ständerat stillschweigend.

Der Nationalrat bereinigte im Gegenzug die Differenzen bezüglich des Bundesamtes für Energie, wobei er auf die zusätzliche Aufstockung zugunsten des Programms EnergieSchweiz verzichtete. Dabei folgte sie der FK-NR, die beantragt hatte, dem Ständerat entgegenzukommen und dessen mildere Aufstockung von CHF 5.6 Mio. gegenüber der bundesrätlichen Position zu übernehmen. Dieser Kredit stehe nicht direkt mit dem CO2-Gesetz in Verbindung, weshalb eine Aufstockung durchaus gerechtfertigt sei, argumentierte Kommissionssprecher Brélaz (gp, VD). Eine Minderheit Schwander (svp, SZ) wollte zumindest in den Finanzplanjahren gänzlich auf eine Aufstockung verzichten, unterlag jedoch mit 134 zu 56 Stimmen. Die zusätzliche Erhöhung der Darlehen und Beteiligungen für die Entwicklungsländer, insbesondere des SIFEM, strich der Nationalrat überdies aus dem Budget, wie es der Ständerat zuvor vorgesehen hatte.

In der zweiten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens blieben damit nur noch die Fragen der Krediterhöhung zugunsten des Kinderschutzes, der Kürzung der Personalausgaben sowie der Verbuchung der Covid-19-Arzneimittel und -Impfleistungen, die von der Höhe der zusätzlichen Ausgaben und somit von den anderen beiden Entscheiden abhängig war. Der Ständerat pflichtete der grossen Kammer in der Folge bezüglich des Kinderschutzes bei, wohlwissentlich, dass «diese Mittel nicht verwendet werden können, solange nicht rechtliche Grundlagen dafür bestehen», wie Kommissionssprecher Hegglin betonte. Dabei verzichtete er aber auf eine Zuschreibung dieser Gelder in den Planungsgrössen an die «Ombudsstelle Kinderrechte Schweiz». Stillschweigend und mit Zustimmung des Finanzministers sprach sich der Ständerat für diese Lösung aus.

In der Folge verzichtete der Nationalrat auf die Umbuchung des Arzneimittelkredits, was Kommissionssprecher Brélaz mit dem Verfahren der Budgetbereinigung begründete: Liegt am Ende der Budgetdebatte eine Differenz zwischen den Räten vor, wird jeweils der tiefere Betrag im Budget verwendet. In diesem Fall würde das aber bedeuten, dass die entsprechenden Kosten weder ordentlich noch ausserordentlich verbucht werden könnten – der Nationalrat hatte bei der ordentlichen Verbuchung den Wert 0 vorgesehen, der Ständerat bei der ausserordentlichen Verbuchung. Mit der stillschweigenden Entscheidung des Nationalrates, hier einzulenken, rechnete der Bund jedoch nur noch mit einem Überschuss von CHF 1.8 Mio. – es bliebe also nicht mehr viel Geld für ordentliche Nachträge, wie die beiden Kommissionssprechenden Brélaz und Wyss (sp, BS) erläuterten. Jedoch könne die Administration im ersten Nachtrag 2022 die Kreditreste für das Jahr 2022 abschätzen – anschliessend seien Nachträge in dieser Höhe gemäss FHG weiterhin möglich. Man habe diesen Mehraufwand für die Verwaltung insbesondere in Anbetracht des Antrags auf Querschnittskürzungen bei den Personalausgaben verhindern wollen. Diesen letzten Punkt zu den Personalausgaben konnte der Nationalrat trotz eines Minderheitsantrags Schilliger (fdp, LU) auf Einlenken nicht bereinigen – die Frage musste folglich in der Einigungskonferenz geklärt werden.

In der Einigungskonferenz war der Ständerat aufgrund der Regeln der Budgetdebatte in einer ungemein stärkeren Position – bei Ablehnung des Antrags der Einigungskonferenz würde sein (tieferer) Betrag ins Budget aufgenommen. Die FK-NR habe eine Verständigungslösung präsentiert, die jedoch kaum diskutiert worden sei, kritisierte Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) die Debatte in der Einigungskonferenz während der anschliessenden Ratsdebatte. Der Ständerat habe sich in der Einigungskonferenz folglich durchgesetzt. Mit 119 zu 69 Stimmen respektive 37 zu 0 Stimmen sprachen sich National- und Ständerat für deren Antrag zum Voranschlag 2022 aus. Trotz eines Minderheitsantrags Schneider Schüttel auf Ablehnung des Antrags der Einigungskonferenz für die Finanzplanjahre setzte sich der Vorschlag der Einigungskonferenz im Nationalrat (mit 103 zu 87 Stimmen) und im Ständerat (mit 27 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen) ebenfalls durch. Somit wurden die Personalausgaben gegenüber der bundesrätlichen Version für das Jahr 2022 sowie für die Finanzplanjahre um CHF 21 Mio. (von CHF 6.1 Mrd.) gekürzt, um den Bundesrat aufzufordern, «nach Synergien über die ganze Verwaltung zu suchen», wie FK-SR-Sprecher Hegglin die Kürzung begründete.

Voranschlag 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025 (BRG 21.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2022: Voranschlag und Staatsrechnung

Mittels Motion verlangte Ständerat Thomas Minder (parteilos, SH), dass Namensänderungen für Personen mit Landesverweis verunmöglicht werden sollen. Die Möglichkeit zur Namensänderung werde von verurteilten Straftäterinnen und Straftätern genutzt, um sich wieder eine «reine Weste» zu geben. Bei Personen mit Landesverweis sei das Argument, die Namensänderung sei notwendig, um die Resozialisierung in der Gesellschaft zu ermöglichen, allerdings nicht anwendbar. Sie müssten die Schweiz ohnehin verlassen, weshalb in solchen Fällen das öffentliche Sicherheitsinteresse höher zu gewichten sei als das individuelle Interesse der verurteilten Person, begründete der Motionär sein Anliegen. Der Bundesrat zeigte sich in seiner Stellungnahme bereit, das Anliegen «unter dem Vorbehalt der Wahrung der Grundrechte der betroffenen Person» umzusetzen, und beantragte die Motion zur Annahme.
Im Ständerat wurde der Vorstoss in der Wintersession 2021 vor allem vor dem Hintergrund diskutiert, dass die Schaffhauser Behörden dem verurteilten und mit Landesverweis belegten Dschihadisten Osama M. eine Namensänderung bewilligt hatten, wie Motionär Minder schilderte. Sein Schaffhauser Ratskollege Hannes Germann (svp, SH) erklärte weiter, dass es so «einem Mann mit äusserst grossem Gefährdungspotenzial [...] beinahe gelungen [wäre], eine neue Identität zu bekommen», da er «im Strafregister [fast] irgendwo zwischen Stuhl und Bank verschwunden» wäre. Der Staat müsse künftig vermeiden, dass es zu einem solchen «Fast-Super-GAU» kommen könne, appellierte er an die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
Die Grüne Ständerätin Lisa Mazzone (gp, GE) beantragte die Ablehnung der Motion. Sie warnte davor, aufgrund eines Einzelfalls zu legiferieren, und betonte, dass sie nicht einsehe, weshalb in dieser Frage zwischen Verurteilten mit und ohne Landesverweis unterschieden werden sollte; eine solche Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt und verletze den Verfassungsgrundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Wenn es tatsächlich ein Problem sei, dass ein Strafregistereintrag «bei einem Namenswechsel einfach verschwinden kann», dann sei das nicht nur bei Personen mit Landesverweis ein Problem, pflichtete Mathias Zopfi (gp, GL) seiner Fraktionskollegin bei.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter bekräftigte den Willen des Bundesrates, die geforderte Anpassung vorzunehmen, unter dem Aspekt der öffentlichen Sicherheit: «Wenn jemand unter einer neu angenommenen Identität eine Gefährdung darstellt, dann ist das eine Gefährdung zu viel.» Mit 28 zu 13 Stimmen bei 2 Enthaltungen nahm die Ständekammer die Motion an.

Keine Namensänderung für Personen mit Landesverweis (Mo. 21.4183)

Im November 2021 beriet die RK-NR die St. Galler Standesinitiative betreffend eine Erhöhung des Strafrahmens für die Herstellung von Kinderpornografie und für Gewaltdarstellungen. Da in der Zwischenzeit die Höchststrafe für die Herstellung von Kinderpornografie im Rahmen der Lanzarote-Konvention angepasst worden und der Tatbestand der Gewaltdarstellung Gegenstand der Harmonisierung der Strafrahmen gewesen war, sah die Kommission keinen Bedarf mehr für einen separaten Erlassentwurf. Der Nationalrat sah dies als Zweitrat gleich und gab der Standesinitiative in der Wintersession 2021 keine Folge, womit das Geschäft erledigt war.

Revision des Strafgesetzbuches (Kt.Iv. 08.334)
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Im November 2020 äusserte der Kanton Genf mittels Standesinitiative die Forderung, eine Revision des Sexualstrafrechts vorzunehmen. Konkret müssten die Bestimmungen des Sexualstrafrechts so geändert werden, dass die Verletzung der sexuellen Integrität bereits beim fehlenden Einverständnis ansetze, die beiden Tatbestandsmerkmale der Gewalt und Drohung gestrichen und ein Straftatbestand der sexuellen Belästigung geschaffen werde. Die strafrechtliche Ahndung sexueller Gewalt und Belästigung sei ein öffentliches Interesse und dürfe nicht vernachlässigt werden, damit solches Verhalten nicht ungestraft bleibe. Obschon die Schweiz 2018 mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention den richtigen Weg eingeschlagen habe, setze das Schweizer Strafrecht – anders als in der Konvention vorgesehen – noch immer das Tatbestandsmerkmal der Unfähigkeit zum Widerstand voraus. Dies führe dazu, dass von den 22 Prozent der Frauen, welche in ihrem Leben bereits Opfer von Eingriffen in die sexuelle Integrität geworden seien, dies nur 8 Prozent der Polizei meldeten. Ein nicht vorliegendes Einverständnis müsse zur Erfüllung dieses Tatbestands allerdings ausreichen, so der Kanton.
Die RK-SR beantragte ihrem Rat im November 2021 einstimmig, der Standesinitiative keine Folge zu geben. In ihrem Bericht begründete sie dies damit, dass sie auf Basis der abgeschlossenen Vernehmlassung zur Sexualstrafrechtsrevision bereits einen Entwurf ausarbeite und es als wenig sinnvoll erachte, parallel noch weitere Anpassungen in diesem Bereich vorzunehmen. Kommissionssprecher Beat Rieder (mitte, VS) fügte im Ratsplenum an, dass das Anliegen sicherlich in der zu erwartenden kontroversen Debatte über die Revision des Sexualstrafrechts zur Diskussion kommen werde. Die Kantonskammer folgte dem Antrag ihrer Kommission stillschweigend und gab der Standesinitiative in der Wintersession 2021 keine Folge.

Revision der strafrechtlichen Bestimmungen über die Verletzung der sexuellen Integrität (Kt.Iv. 20.339)

Nachdem die Räte unterschiedliche Urteile über die Unterstützungswürdigkeit der St. Galler Standesinitiative für die Aufhebung der Verjährungsfrist für die schwersten Verbrechen gefällt hatten, prüfte die RK-SR das Anliegen im Oktober 2021 zum zweiten Mal. Sie blieb bei ihrem Standpunkt und empfahl die Initiative mit 8 zu 5 Stimmen ein zweites Mal zur Ablehnung, während die Minderheit wiederum Folgegeben beantragte. Im Ständeratsplenum in der Wintersession 2021 schloss Minderheitssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) sein Votum mit der Feststellung, dass die Zeit heute auf der Seite der Mörderinnen und Mörder sei; die Standesinitiative wolle dagegen, dass die Zeit auf der Seite der Opfer sei. Auf der Gegenseite argumentierte Beat Rieder (mitte, VS), es sei ein «Märchen, dass Cold Cases nach dreissig, vierzig Jahren aufgeklärt werden könnten». Mathias Zopfi (gp, GL) fügte an, es sei fast unmöglich, nach so langer Zeit einen Mord zu beweisen, weil es für die Qualifizierung einer Tötung als Mord eine Absicht, ein Motiv brauche, was mit einer DNA-Spur nicht nachgewiesen werden könne. Am Ende einer engagierten Debatte gab die Ständekammer der Standesinitiative mit 21 zu 20 Stimmen knapp Folge. Die zuständige Kommission wird nun eine entsprechende Gesetzesvorlage ausarbeiten.

Keine Verjährungsfristen für Schwerstverbrecher (Kt.Iv. 19.300)

Nachdem der Nationalrat im März 2021 als Erstrat im Zuge der StPO-Revision das Konzept der «justice restaurative» in die Strafprozessordnung aufgenommen hatte, sprach sich die RK-SR im Oktober gegen die Einführung der sogenannten Wiedergutmachungsjustiz im Strafverfahren aus. Sie verschloss sich der Idee der «justice restaurative» nicht grundsätzlich, war aber der Ansicht, dass einer so tiefgreifenden Änderung umfangreichere Abklärungen und eine Vernehmlassung vorausgehen müssten. Sie entschied sich daher einstimmig, eine Motion einzureichen, mit dem Auftrag, die «justice restaurative» in die Strafprozessordnung zu integrieren.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter erklärte sich mit dem Anliegen, eine Konsultation über die Frage der Wiedergutmachungsjustiz durchzuführen, einverstanden, erachtete die Motion jedoch als den falschen Weg. Der Bundesrat wolle zuerst die Abklärungen im Rahmen des überwiesenen Postulats Mazzone (Po. 18.4063) zu Ende bringen, bevor er einen definitiven Auftrag zur Einführung der «justice restaurative» für angebracht halte, begründete sie den Antrag auf Ablehnung der Motion. Der Ständerat stimmte dem Vorstoss seiner Rechtskommission in der Wintersession 2021 dennoch mit 27 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung zu.

Justice restaurative (Mo. 21.4336)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Die Revision der Strafprozessordnung zur Verbesserung ihrer Praxistauglichkeit wurde in der Wintersession 2021 vom Ständerat als Zweitrat behandelt. Generell brachte die Kantonskammer die Vorlage nach der «gewissen Kreativität», die der Nationalrat laut Bundesrätin Karin Keller-Sutter an den Tag gelegt hatte, wieder zurück auf die Linie des Bundesrates. So strich der Ständerat die von der Schwesterkammer neu eingefügten, erweiterten Bundeskompetenzen zur Prävention von Pädokriminalität stillschweigend wieder aus dem Entwurf. «Nicht alles, was wichtig ist, muss auf die Bundesebene gehievt werden», begründete Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) den Entscheid, die Zuständigkeit bei den Kantonen zu belassen.
Ausführlich diskutierte die Ständekammer den Vorschlag ihrer Kommissionsmehrheit, die Anwaltstarife von Pflichtverteidigerinnen und Pflichtverteidigern jenen von Wahlverteidigerinnen und Wahlverteidigern anzugleichen. Dasselbe Anliegen war im Nationalrat bereits hochkant gescheitert, von der RK-SR aber dennoch wieder aufgenommen worden. Aus dem Erstrat hallte auch der Verdacht, die Rechtsanwältinnen und -anwälte wollten sich damit einfach einen besseren Verdienst sichern, noch nach. Für eine solche Angleichung – und damit in vielen Kantonen gegenüber heute massiv höhere Entschädigungen für die amtliche Verteidigung – spreche die Gefahr einer Zweiklassenjustiz: Wenn amtliche Verteidigerinnen und Verteidiger aufgrund der tiefen Entschädigung nur einen Minimalaufwand für das Mandat leisteten, gerate das zum Nachteil der Beschuldigten, die sich keinen privaten Rechtsanwalt leisten könnten, argumentierte Kommissionssprecher Daniel Jositsch. Demgegenüber wurden von Justizministerin Karin Keller-Sutter sowie von ablehnenden Stimmen aus dem Rat die erheblichen Mehrkosten für die Kantone – zu denen sich die Kantone notabene gar nicht hätten äussern können, weil die Neuerung nicht Teil der Vernehmlassung gewesen war – ins Feld geführt. Die amtliche Verteidigung werde heute vom Gemeinwesen entschädigt und sofern die vertretene Person diesen staatlichen Vorschuss nicht zurückzahlen kann, letztlich aus Steuergeldern bezahlt, erklärte etwa Werner Salzmann (svp, BE). Mit 24 zu 16 Stimmen folgte der Ständerat zwei gleichlautenden Einzelanträgen Juillard (cvp, JU) und Salzmann und liess es beim geltenden Recht bewenden.
Kernpunkt der Debatte war auch in der kleinen Kammer die vom Bundesrat vorgesehene und vom Nationalrat abgelehnte Einschränkung der Teilnahmerechte. Den bundesrätlichen Vorschlag bezeichnete auch der ständerätliche Kommissionssprecher Jositsch als «Fehlkonstruktion». Wenn die beschuldigte Person so lange von einer Einvernahme ausgeschlossen werden könne, als sie sich selber nicht materiell geäussert habe, würde damit ein indirekter Zwang auf sie ausgeübt, sich zu äussern, was im Widerspruch zum Aussageverweigerungsrecht stehe. Nichtsdestotrotz bestehe hier ein Problem, weil mehrere Beschuldigte ihre Aussagen leicht einander anpassen könnten, wenn sie immer gleich von Anfang an wüssten, was die Mitbeschuldigten aussagten. Die Kommission habe deshalb von einer Arbeitsgruppe, in der die Anwaltschaft, die Staatsanwaltschaft, die Wissenschaft und das Bundesamt für Justiz vertreten waren, ein neues Konzept ausarbeiten lassen. Dieses sah vor, dass eine beschuldigte Person nur von der ersten Einvernahme einer mitbeschuldigten Person ausgeschlossen werden kann, und das nur solange sie selber noch nicht einvernommen worden ist. Im Sinne eines Kompromisses nahm die Ständekammer diesen Vorschlag mit 27 zu 16 Stimmen an.
Zurück zur Formulierung des Bundesrates kehrte die Kantonskammer bei den Voraussetzungen für Untersuchungs- und Sicherheitshaft bei Wiederholungsgefahr, sodass eine «ernsthafte und unmittelbare Gefahr» statt nur eine «ernsthafte Gefahr» der Wiederholung verlangt wird. Ebenfalls nahm der Ständerat das Beschwerderecht für die Staatsanwaltschaft gegen Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts wieder in die Vorlage auf, das vom Nationalrat gestrichen worden war. Damit werde die heutige bundesgerichtliche Praxis im Gesetz festgeschrieben, betonte Kommissionssprecher Jositsch und erklärte, es sei gar nicht klar, was die Streichung für rechtliche Folgen habe, weil das Bundesgericht solche Beschwerden bereits heute zulasse, ohne dass es einen entsprechenden Gesetzesartikel gebe.
Auch bei den DNA-Profilen schwenkte die kleine Kammer auf die Linie des Bundesrates zurück. Damit dürften DNA-Profile, wenn sie zur Aufklärung der Anlasstat für das gegenwärtige Verfahren nicht notwendig sind, nur erstellt werden, wenn «konkrete Anhaltspunkte» bestehen, dass die beschuldigte Person noch andere Verbrechen oder Vergehen verübt haben könnte. Dem Nationalrat hatte hier das Vorliegen einer «gewissen Wahrscheinlichkeit» genügt. Die Ständekammer entschied sich mit 31 zu 13 Stimmen für die bundesrätliche Version. Darüber hinaus hatte der Bundesrat die Erstellung eines DNA-Profils auch ermöglichen wollen, wenn «erhebliche und konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass die Person künftig Delikte von einer gewissen Schwere begehen könnte», wie die Justizministerin erläuterte. Diese Möglichkeit für DNA-Profile aufgrund der Annahme künftiger Delikte hatte der Nationalrat gänzlich abgelehnt; der Ständerat führte sie mit 22 zu 21 Stimmen bei einer Enthaltung wieder ein.
Ebenso wenig begeistern konnte sich die Ständekammer für das vom Erstrat neu in die StPO eingefügte Konzept der restaurativen Gerechtigkeit («justice restaurative»). Die Art Mediationsverfahren stelle aus Sicht der Kommission zwar «eine interessante Ergänzung des Strafverfahrens» dar, der Entwurf des Nationalrats sei aber unausgegoren, so Daniel Jositsch. Überdies müsste dieses Verfahren von den Kantonen umgesetzt werden, weshalb diese zuerst konsultiert werden müssten. Die Kommission erachtete es daher als angebracht, die Bestimmung aus dem Entwurf zu streichen und in einer separaten Vorlage zu behandeln; zu diesem Zweck habe sie bereits eine Kommissionsmotion (Mo. 21.4336) eingereicht. Der Ständerat folgte seiner Kommission in dieser Frage stillschweigend und strich die betreffenden Bestimmungen wieder aus der Vorlage.
Für das Strafbefehlsverfahren hatte der Bundesrat vorgesehen, dass die beschuldigte Person von der Staatsanwaltschaft zwingend einvernommen werden muss, wenn ihr eine unbedingte Freiheitsstrafe droht. Der Nationalrat hatte auf diese Einvernahmepflicht verzichten wollen, der Ständerat rückte aber auch hier auf die bundesrätliche Linie zurück und lehnte zwei Einzelanträge für andere Regelungen deutlich ab. In der Gesamtabstimmung nahm die Kantonskammer den Entwurf mit 29 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen an und schrieb die Motionen 09.3443, 11.3223, 11.3911, 12.4077 und 14.3383 stillschweigend ab. Im Gegensatz zum Nationalrat, der «ein grosses Ohr für die Rechtsanwälte» habe, habe der Ständerat die Interessen der Strafverfolgungsbehörden wieder stärker in den Entwurf eingebracht, kommentierte die NZZ.

Änderung der Strafprozessordnung (BRG 19.048)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Par 117 voix contre 67 et 4 abstentions et par 24 voix contre 21, le Conseil national et le Conseil des Etats ont accepté la motion de David Zuberbühler (udc, AR) chargeant le Conseil fédéral d'adapter la solde militaire au pouvoir d'achat et de la réévaluer régulièrement. Depuis 1987, le montant de la solde n'a plus été ajusté, alors que le pouvoir d'achat a, lui, évolué. Le Conseil fédéral proposait de rejeter la motion, arguant que la solde était une indemnisation pour les dépenses personnelles relatives au service militaire plutôt qu'une rémunération des prestations fournies. Il soulevait que le taux d'indemnisation avait régulièrement été adapté au renchérissement. La CPS-CE était, par 7 voix contre 6, favorable à l'objet. La minorité de la commission n'a pas réussi à rallier suffisamment de sénateurs et sénatrices de son côté.

Verser une solde adaptée à nos soldats (Mo 19.4599)

Mittels Postulat wollte Laurence Fehlmann Rielle (sp, GE) den Bundesrat mit der Unterbreitung von Vorschlägen betrauen, die darauf abzielen, die Promotion für alkoholische Getränke, insbesondere bei den Jungen, einzuschränken. Die Postulantin argumentierte mit dem in Studien mehrfach aufgezeigten Zusammenhang zwischen Alkoholwerbung und Alkoholkonsum bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Zudem habe die Covid-19-Pandemie einen beachtlichen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden dieser Altersgruppe. «Eine schlechte psychische Gesundheit» gehe wiederum mit dem Risiko eines «problematische[n] Konsum[s] von psychotropen Stoffen» einher. Ebenfalls bedenklich sei das Marketing in den sozialen Medien, auf welchen Jugendliche ständig mit Werbung in Berührung kämen. Der Bundesrat befürwortete zwar das Anliegen, war jedoch der Ansicht, dass zurzeit neue gesetzliche Bestimmungen im Bereich der Alkoholwerbung nicht angebracht seien. Vielmehr wolle sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass die Bestimmungen zur Alkoholwerbung im AlkG und im LMG vollzogen würden. Der Bundesrat erklärte sich jedoch bereit, eine Evaluation zu den geltenden Bestimmungen von Alkohol-Werbung im Internet und den damit verbundenen Herausforderungen vorzunehmen, und beantragte aus diesem Grund die Annahme des Postulats. Nachdem das Geschäft im Oktober 2021 von Andreas Glarner (svp, AG) bekämpft worden war, kam es in der Wintersession 2021 in den Nationalrat. Dort wurde das Postulat mit 95 zu 88 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) abgelehnt. Während sich die Fraktionen der SP, GLP und der Grünen für den Vorstoss aussprachen, nahm das bürgerliche Lager grossmehrheitlich eine ablehnende Position ein.

Alkoholkonsum. Die Jungen sind der Werbung stark ausgesetzt! (Po. 21.3817)

In Erfüllung eines Postulats Caroni (fdp, AG) veröffentlichte der Bundesrat Ende 2021 einen Bericht zur rechtlichen Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Bundesrecht. Der Bundesrat hatte dazu ein Rechtsgutachten zu direkter Ungleichbehandlung der Geschlechter in den neun Bänden des Landesrechts erstellen lassen. Eine direkte Ungleichbehandlung wurde dabei als bundesrechtliche Regelung definiert, welche nur ein Geschlecht betrifft oder in welcher die Geschlechter nicht gleich behandelt werden. Unterschieden wurde dabei in gerechtfertigte und nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung – eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung verstosse gegen das Grundrecht der Gleichstellung von Mann und Frau in der BV.
Der Bundesrat erachtete die meisten Ungleichbehandlungen aufgrund von biologischen und funktionalen Unterschieden oder zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichberechtigung als gerechtfertigt. So seien beispielsweise verschiedene Regelungen im Bereich von Schwangerschaft und Mutterschaft biologisch und funktional bedingt und somit weitgehend gerechtfertigt. Weiter seinen geschlechtsspezifische Unterschiede im Asylwesen, bei der Förderung von Frauen im Sport und in der Forschung oder aufgrund des Fokus auf Frauen mit einer Behinderung in den Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen für Menschen mit Behinderungen angemessen und tragbar. Im Strafrecht seien beispielsweise der Schwangerschaftsabbruch, die weibliche Genitalverstümmelung oder Kindstötung zu Recht nur auf Frauen bezogen. Ebenfalls als gerechtfertigt erachtete der Bundesrat die primäre Anknüpfung an der Mutter zur Entstehung des Kindsverhältnisses. Hier lag die einzige Unstimmigkeit zwischen dem Bundesrat und dem externen Rechtsgutachten, welches diesen Unterschied als ungerechtfertigt erachtete.
Es gebe aber durchaus einige ungerechtfertigte Unterschiede in bundesrechtlichen Regelungen, erklärte der Bundesrat; diese bedingten möglicherweise eine Anpassung. Nicht gerechtfertigt sei die ausschliessliche Dienstpflicht in der Armee für Männer, zudem könnten das unterschiedliche Rentenalter, die Unterschiede zwischen Witwen- und Witwerrenten, oder die Definition von Vergewaltigung, die nur Frauen als Opfer zulässt, als diskriminierend gewertet werden.
Schliesslich unterstrich der Bundesrat die Bedeutung der Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau, zu welcher eben auch die rechtliche Gleichberechtigung gehöre. So habe die Gleichstellungsstrategie 2030 unter anderem zum Ziel, geschlechterdiskriminierende Regelungen im Bundesrecht zu überarbeiten. Der Bundesrat wies zudem darauf hin, dass verschiedene Geschäfte und Reformen hängig seien, durch welche rechtliche Ungleichbehandlungen zwischen Mann und Frau wegfallen könnten. So seien neue Modelle der Dienstpflicht und die obligatorische Teilnahme von Frauen am Orientierungstag der Armee in Prüfung, die Revision des Sexualstrafrechtes sei in der Vernehmlassung und die Reform «AHV 21» könnte eine Angleichung des Rentenalters etablieren.

Rechtliche Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Bundesrecht (Po. 19.4092)

Der Ständerat nahm sich in der Wintersession 2021 als Zweitrat der Motion der SPK-NR für Landesverweisungen per Strafbefehl bei leichten, aber eindeutigen Fällen an. Die SPK-SR hatte sich zuvor mit dem Vorstoss auseinandergesetzt und die Ablehnung der ersten beiden von insgesamt drei Forderungen der Motion beantragt. Die Möglichkeiten der Anordnung einer Landesverweisung per Strafbefehl durch die Staatsanwaltschaft sowie nach einem Ausschluss der obligatorischen Strafverteidigung würden erhebliche Bedenken bezüglich der Rechtsstaatlichkeit aufwerfen, so die Begründung der Kommission. Anders als bei der bereits früher überwiesenen Motion Müller (fdp, AG; Mo. 18.3408) betreffe die erste Forderung der vorliegenden Motion neben den Kriminaltouristinnen und -touristen auch gut integrierte Personen mit einem anderen ausländerrechtlichen Status. Die Kommission war der Ansicht, dass die zusätzlichen Kompetenzen der Staatsanwaltschaft ausschliesslich den Kriminaltourismus betreffen dürften. Zudem könnten sich insbesondere Personen, welche keiner Landessprache mächtig sind, ohne eine obligatorische Strafverteidigung kaum gegen einen Landesverweis wehren. Mit der dritten Forderung, dass der Bundesrat einen Vorschlag zur Präzisierung der Katalogstraftaten vorlegen solle, war die Kommission hingegen einverstanden und beantragte deshalb deren Annahme. Justizministerin Karin Keller-Sutter stellte im Plenum klar, dass es dem Bundesrat hierbei lediglich um ein politisches Signal des Parlaments gehe, das ihm die Richtung zur Umsetzung der Motion Müller zeigen solle. Die Regierung schloss sich daher dem Antrag der Kommission an. Stillschweigend lehnten die Mitglieder des Ständerats in der Folge die ersten zwei Forderungen der Motion ab und nahmen die dritte Forderung an.

Landesverweisungen per Strafbefehl bei leichten, aber eindeutigen Fällen (Mo. 21.3009)

Comme au printemps et à l'automne 2020, le Conseil fédéral autorise un nouveau service d'appui de l'armée au profit des autorités civiles, soit 2'500 militaires pour soutenir les hôpitaux dans les soins et le transport des patients ainsi que les cantons pour la vaccination jusqu'au 31 mars 2022. A l'instar du Valais et du Jura, les cantons doivent faire une demande pour bénéficier du renfort si leurs moyens civils sont insuffisants. L'engagement étant supérieur à trois semaines, la décision du Conseil fédéral doit être avalisée par l'Assemblée fédérale.
Quelques jours plus tard, le Conseil fédéral a décidé d'un troisième engagement de la protection civile pour la vaccination et le traçage des contacts, d'un maximum de 100'000 jours de services d'ici au 31 mars 2022. Le coût estimé de l'opération devrait s'élever à CHF 2.75 millions.

COVID-19: Troisième service appui de l'armée au profit des autorités civiles et engagement de la protection civile
Dossier: Assistenzdienst der Armee im Rahmen der Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19

In einer Motion verlangte die WBK-NR, dass der Bundesrat die im Bericht zur Erfüllung eines Postulats Fluri (fdp, SO) in Aussicht gestellte Machbarkeitsstudie zur Eintragung des Sorgerechts in die kantonalen und kommunalen Einwohnerregister umgehend durchführe. Nachdem der Bundesrat diesem Anliegen mit Annahme der Motion zugestimmt hatte, folgte der Nationalrat diesem Antrag in der Wintersession 2021 diskussionslos.

Eintragung des Sorgerechts in die kantonalen und kommunalen Einwohnerregister (Mo. 21.3981)

La Confédération suisse fait un pas pour la protection de l'environnement. Le DDPS est en train d'élaborer un plan d'action afin de minimiser l'impact de l'armée sur les écosystèmes. En lançant une nouvelle motion, Céline Vara (verts, NE) souhaite compléter cette planification, afin d'optimiser les effets des mesures. En effet, la verte neuchâteloise estime que trois objectifs devraient être ajoutés au plan afin que la Confédération, le plus gros propriétaire foncier de Suisse, agisse de manière optimale en temps de crise climatique. L'acceptation de la motion vise la suppression à court terme de l'utilisation de pesticides de synthèse, la mise en place de corridors en faveur de la faune et la suppression de la pollution lumineuse inutile sur les sites militaires suisses.
Lors du vote, dix oppositions venant du PLR et de l'UDC ont été observées. Alex Kuprecht (udc, SZ) a justifié sa position en affirmant que le DDPS prendra en compte les objectifs posés par la motion de Vara sans qu'une nouvelle requête officielle ne soit déposée. C'est pourquoi il ne voit pas l'utilité d'une telle nouvelle motion. La majorité du Conseil des États n'étant pas de cet avis, la motion a été acceptée, engageant la Confédération sur l'autoroute des décisions qu'il reste à prendre concernant la protection de l'environnement, jugée comme étant l'une des luttes centrales de notre pays.

Une armée qui réduit son impacte sur la biodiversité (Mo. 21.4382)
Dossier: Armee und Biodiversität