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Gegen Jahresende gab der Bundesrat seine Vorschläge für die Umsetzung der 2004 angenommenen Volksinitiative „für eine lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter“ bekannt. Nachdem die 2004 durchgeführte Vernehmlassung starke Kritik hervorgerufen hatte, hatte das EJPD angekündigt, Alternativen auszuarbeiten. Der Bundesrat hielt dann trotzdem weitgehend am Vernehmlassungsentwurf fest, er trennte allerdings die Umsetzung der Volksinitiative von den Ausbesserungsarbeiten an den Allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs. Da der Wortlaut des von der Volksinitiative geschaffenen Verfassungsartikels unter juristischen Aspekten sehr unklar ist, muss auf Gesetzesebene vorerst einmal bestimmt werden, was unter „extrem gefährlichen Sexual- oder Gewaltstraftätern“ zu verstehen ist. Gemäss der Botschaft sind darunter Täter folgender Verbrechen zu verstehen: Mord, vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung, Raub, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, Freiheitsberaubung oder Entführung, Geiselnahme, Menschenhandel oder Völkermord, bei denen der Täter die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person beeinträchtig hat. Vorgesehen ist, dass für die Anordnung einer lebenslangen Verwahrung ein Gericht sich auf zwei unabhängige Gutachten stützen muss. Bei der Überprüfung der Weiterführung einer angeordneten Verwahrung glaubt der Bundesrat ein mit Art. 5 der EMRK vereinbares Verfahren gefunden zu haben. Dieses sieht ein mehrstufiges Vorgehen vor: Ein lebenslänglich Verwahrter soll ein Gesuch um eine neue Begutachtung stellen dürfen; ein solches kann, in Abweichung vom Vernehmlassungsentwurf, aber auch von der Vollzugsbehörde eingereicht werden. Danach würde eine Fachkommission abklären, ob neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Therapierbarkeit vorliegen oder ob bekannte Therapien aufgrund persönlicher Veränderungen des Täters erfolgreich sein könnten. Falls dem so ist und die Therapie zu einer erheblichen Reduktion der Gefährlichkeit des Täters führt, könnte ein Gericht die lebenslange Verwahrung in eine befristete umwandeln. Das Gericht könnte eine lebenslange Verwahrung zudem bedingt aufheben, wenn der Täter infolge seines hohen Alters oder einer schweren Krankheit keine Gefahr für die Öffentlichkeit mehr darstellt. Während sich der Bundesratsentwurf bei der Möglichkeit einer Überprüfung der Fortsetzung der Verwahrung von den Forderungen der Initiantinnen und ihrem Verfassungstext entfernen musste, um den Widerspruch zur EMRK möglichst klein zu halten, blieb er beim Verbot von Urlauben während der Strafverbüssung und der Verwahrung auf einer kompromisslosen Linie. Die Initiantinnen protestierten umgehend gegen den Entwurf des Bundesrates, da dieser nicht dem Initiativtext entspreche. Sie drohten mit dem Referendum, falls das Parlament keine Verschärfungen beschliessen würde.

Parlamentarische Umsetzung der Verwahrungsinitiative
Dossier: Lebenslängliche Verwahrung von Straftätern (Volksinitiative und Gesetz)

Der Ständerat befasste sich als erster mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Verschärfung des Kampfs gegen die Korruption und stimmte den beantragten gesetzlichen Änderungen oppositionslos zu. Die neuen Regeln, welche insbesondere auch die passive Bestechung im privaten Bereich (also die Annahme von Bestechungszahlungen durch einen Angestellten eines privaten Unternehmens) unter Strafe stellen, fanden auch im Nationalrat Unterstützung. Das Parlament hiess auch die Ratifizierung eines entsprechenden Europarats-Übereinkommens gut. Der Nationalrat überwies zudem eine Motion Gysin (sp, BS), welche gesetzliche Massnahmen zum Schutz von firmeninternen Informanten über Bestechungsfälle (so genannte whistle-blowers) vor Entlassung und anderen Diskriminationen verlangt.

Bestechung im privaten Bereich (BRG 04.072)
Dossier: Whistleblowing

Bei der Ende 2002 vom Parlament verabschiedeten, aber vom Bundesrat noch nicht in Kraft gesetzten umfassenden Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs waren im Nachhinein, d.h. bei der Anpassung der kantonalen Rechtsordnungen, Zweifel am Sinn von bestimmten Beschlüssen aufgetaucht. Namentlich bei der Umsetzung der Grundsatzidee, kurze Freiheitsstrafen durch Geldbussen zu ersetzen, ergaben sich Widersprüche zum bestehenden Ordnungsbussensystem. Konkret konnte dies bedeuten, dass im Strassenverkehr für eine Person mit niedrigem Einkommen eine Ordnungsbusse für eine kleine Übertretung höher ausfiel als die – nach Einkommensverhältnissen abgestufte – Busse für ein wesentlich schwereres Vergehen. Der Bundesrat beantragte deshalb, einige Regelungen zu revidieren. Gleichzeitig schlug er auch vor, die in der Strafrechtsreform geschaffenen Bestimmungen über die ordentliche Verwahrung in zwei Punkten zu verschärfen. Erstens soll eine Verwahrung auch für rückfallgefährdete Täter bestimmter Delikte (z.B. sexuelle Handlungen mit Kindern resp. Abhängigen) angeordnet werden können, die zu einer Strafe von mindestens fünf Jahren (statt zehn, wie im revidierten Gesetz vorgesehen) verurteilt worden sind. Zweitens soll es möglich sein, eine ordentliche Verwahrung – nicht aber eine lebenslängliche Verwahrung – nachträglich auch gegen bereits verurteilte Täter auszusprechen. Diese Bestimmung soll zudem rückwirkend angewendet werden, d.h. auch auf Täter, die vor Inkraftsetzung des Gesetzes verurteilt worden sind; gemäss Botschaft allerdings nicht auf psychisch nicht gestörte Ersttäter. Der praktische Hintergrund dieses Vorschlags war, dass ohne diese neuen Bestimmungen mehrere verwahrte rückfallgefährdete Sexualstraftäter und Gewaltverbrecher mit dem Inkrafttreten des revidierten Gesetzes unverzüglich hätten frei gelassen werden müssen. Auf Antrag seiner Rechtskommission hiess der Ständerat die Vorschläge in der Dezembersession weitgehend in der Fassung des Bundesrates gut. Umstritten war die Möglichkeit der nachträglichen, also nach der Verkündung eines Gerichtsurteils verhängten Verwahrung. Nachdem Bundesrat Blocher versichert hatte, es gehe hier nur um diejenigen seltenen Fälle, bei denen bei einem Gewaltverbrecher erst während des Strafvollzugs eine schwere Anomalie entdeckt werde, die ihn zu einem Wiederholungstäter machen könnte, stimmte der Rat mit 21 zu 11 Stimmen auch diesem Passus zu.

Anpassungen an der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs
Dossier: Revision des StGB, MStG und dem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht (2006)

Le Conseil national s’est rallié au Conseil des Etats, qui avait accepté le message du Conseil fédéral relatif au Traité d’entraide judiciaire en matière pénale entre la Suisse et les Philippines. En vote final, les chambres ont adopté cet objet à l’unanimité.

Traité d’entraide judiciaire en matière pénale avec les Philippines

Unmittelbar nach der Volksabstimmung begannen die Diskussionen über eine mit dem internationalen Recht verträgliche Umsetzung des neuen Verfassungsartikels. Bundesrat Blocher setzte zu diesem Zweck anfangs April eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Direktors des Bundesamtes für Justiz, Heinrich Koller, ein, in welcher neben internen und externen Sachverständigen auch die Initiantinnen vertreten sind. Diese Arbeitsgruppe legte im Juli einen ersten Entwurf vor, den Blocher im September präsentierte. Dieser sieht keine automatische Überprüfung der Verwahrung vor, sondern ein mehrstufiges Verfahren: Ein lebenslänglich Verwahrter soll ein Gesuch um eine neue Begutachtung stellen dürfen. Danach würde eine Fachkommission abklären, ob neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Therapierbarkeit vorliegen oder ob bekannte Therapien aufgrund persönlicher Veränderungen des Täters erfolgreich sein könnten. Falls dem so ist und die Therapie zu einer erheblichen Reduktion der Gefährlichkeit des Täters führt, könnte ein Gericht die lebenslange Verwahrung in eine befristete umwandeln. Blocher gab gleichzeitig bekannt, dass er dem Parlament beantragen werde, die in der Strafrechtsreform geschaffenen Bestimmungen über die ordentliche Verwahrung in zwei Punkten zu verschärfen. Erstens soll eine Verwahrung auch für rückfallgefährdete Täter angeordnet werden können, die zu einer Strafe von weniger als zehn Jahren verurteilt worden sind. Zweitens soll eine ordentliche oder lebenslange Verwahrung nachträglich auch gegen bereits verurteilte Täter ausgesprochen werden können; diese Bestimmung soll zudem rückwirkend angewendet werden, d.h. auch auf Täter, die vor Inkraftsetzung des Gesetzes verurteilt worden sind. In einer ersten Stellungnahme erklärten sich die Initiantinnen mit dieser Lösung einverstanden unter der Bedingung, dass sämtliche drei Punkte realisiert werden. Negativ auf die Vorschläge reagierten hingegen, mit Ausnahme der SVP, die Parteien sowie die Dachverbände der Juristen und der Ärzte. Diese seien nicht menschenrechtskonform (insbesondere die nachträgliche Aussprechung der Verwahrung) und stünden im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Grundlagen und der ärztlichen Ethik, wurde dagegen eingewendet.

Parlamentarische Umsetzung der Verwahrungsinitiative
Dossier: Lebenslängliche Verwahrung von Straftätern (Volksinitiative und Gesetz)

Der Bundesrat legte dem Parlament im November seine Vorschläge für eine Verschärfung des Kampfs gegen die Korruption vor und beantragte dabei neben Änderungen des Strafgesetzes und des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG) auch die Ratifizierung eines entsprechenden Europarats-Übereinkommens. In der Vernehmlassung hatten die SVP, die CVP sowie einige Unternehmerverbände der französischsprachigen Schweiz die Unterzeichnung des Protokolls abgelehnt. Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass nicht nur die aktive, sondern auch die passive Bestechung im privaten Bereich (also die Annahme von Bestechungszahlungen durch einen Angestellten eines privaten Unternehmens) strafbar werden soll. Mit dem Argument, dass für die Aufdeckung derartiger Fälle fast immer die Mitwirkung von betroffenen Personen erforderlich ist, und der Schaden für die Öffentlichkeit primär in der Verzerrung des Wettbewerbs liegt, soll dieses Delikt im UWG definiert sein und nur auf Antrag verfolgt werden. Neu wird zudem nicht nur die aktive Korruption verfolgt, sondern es sollen – zusätzlich zu den schweizerischen – auch ausländische und internationale Funktionäre in der Schweiz bestraft werden, die sich bestechen lassen (passive Bestechung). Gemäss dem Bundesrat ist diese Bestimmung für die Schweiz als Sitz vieler internationaler Organisationen von Bedeutung, und sie könnte zudem subsidiär auf Funktionäre von Staaten mit ineffizienter Korruptionsbekämpfung angewendet werden.

Bestechung im privaten Bereich (BRG 04.072)
Dossier: Whistleblowing

Insbesondere im Hinblick auf die Durchführung der Fussball-Europameisterschaft in der Schweiz im Jahre 2008 hatte der Bundesrat 2003 den Vorentwurf für die Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für die Bekämpfung von Gewalt bei und im Umfeld von Sportveranstaltungen in die Vernehmlassung gegeben. Die vorgeschlagene Datenbank über Hooligans und andere gewaltbereite Personen war namentlich von den Kantonen und den Sportverbänden sehr gut aufgenommen worden. Ende 2004 kündigte der Bundesrat an, dass er einen um weitere konkrete Massnahmen (z.B. Rayonverbote, Reiseverbote, Präventivhaft) ergänzten Vorentwurf in eine zweite Vernehmlassung geben werde.

Befristete Massnahmen zur Präventation vor Gewalt bei im Umfeld von Sportveranstaltungen (BRG 05.065)
Dossier: Hooligan-Konkordat

Bei der Neuregelung der Bestimmungen über die Aufteilung von eingezogenen kriminell erworbenen Vermögenswerten an die an der Ermittlung beteiligten Gemeinwesen fand im Parlament die zweite Runde der Differenzbereinigung statt. Gegen den Widerstand der Linken konnte sich die Version des Ständerates durchsetzen, welche auf jegliche Vorgaben für die Kantone bezüglich der Verwendung der Gelder verzichtet.

Bundesgesetz zur Aufteilung von staatlich beschlagnahmten deliktisch erworbener Gelder

Gegen Jahresende gab der Bundesrat zwei Vorentwürfe für neue Bestimmungen bei der Verfolgung der Internet-Kriminalität in die Vernehmlassung. Die Kompetenz der Kantone will er damit zwar nicht beschränken, aber der Bund soll zusätzliche Koordinationsfunktionen erhalten. So sollen die Bundesstellen (Bundesanwalt und Bundeskriminalpolizei) erste Ermittlungen durchführen können, wenn noch Unklarheit über den zuständigen Kanton herrscht. Mit einer zweiten Gesetzesrevision will der Bundesrat die strafrechtliche Verantwortung der Provider präzisieren. Wie bisher sollen die Anbieter von Inhalten (Content-Provider) für die von ihnen ins Netz gestellten Informationen voll verantwortlich sein. Wer bloss Speicherplatz für Content-Provider anbietet (Hosting-Provider), macht sich nur bei vorsätzlichem Aufschalten von illegalen Inhalten strafbar; er ist zudem verpflichtet, den Zugang zu als illegal erkannten Inhalten zu sperren und diese den Behörden zu melden. Grundsätzlich nicht verantwortlich sollen die sogenannten Access-Provider sein, welche in rein technischer und zudem automatisierter Manier den einzelnen Nutzern den Zugang ins Internet ermöglichen.

Bundesrat will Provider besser einbinden

Das Parlament ratifizierte einstimmig das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats über die Überstellung verurteilter Personen für den Strafvollzug. Dieses erlaubt es in gewissen Fällen, einen ausländischen Straftäter auch ohne dessen Einwilligung eine Strafe in seinem Herkunftsland absitzen zu lassen.

Übereikommen über Überstellung verurteilter Personen für den Strafvollzug

Der Ständerat setzte sich in der Sommersession mit den Vorschlägen des Bundesrates über die Aufteilung von eingezogenen kriminell erworbenen Vermögenswerten an die an der Ermittlung beteiligten Gemeinwesen auseinander. Es handelt sich dabei in der Regel um gut 20 Mio Fr. pro Jahr. Der Rat hiess die Regierungsvorlage ohne Änderungen gut. Ein Antrag der Ratslinken, der Bund habe seinen Anteil (drei Zehntel) für Entwicklungshilfeprojekte im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Drogenanbaus und der sexuellen Ausbeutung von Kindern zu verwenden, wurde deutlich abgelehnt. Als Gegenargumente wurden angeführt, dass nur ein kleiner Teil der beschlagnahmten Werte aus den beiden angegebenen Deliktkategorien stammen würden, und es zudem grundsätzlich nicht sinnvoll sei, einen von den Budgetierungsregeln ausgenommenen Spezialfonds für bestimmte Entwicklungshilfeprojekte zu bilden. Im Nationalrat unterlag ein Antrag der Linken für einen zweckgebundenen Fonds für die dem Bund zufallenden Gelder ebenfalls. Vorgeschlagen hatte sie, dass zwei Drittel für Suchtprävention und -behandlung im Inland und ein Drittel für die Bekämpfung des Drogenanbaus im Ausland verwendet werde. Durchsetzen konnte sich hingegen ein Kompromissvorschlag, welcher auf die Schaffung eines Fonds verzichtet, aber die Kantone verpflichtet, einen nicht näher quantifizierten Teil der Gelder für die Suchtprävention und -behandlung zu verwenden, und einen ebenfalls nicht spezifizierten Teil des Bundesanteils für Entwicklungsprojekte in ausländischen Drogenanbaugebieten einsetzt. In der ersten Runde der Differenzbereinigung in der Wintersession hielten beide Ratskammern an ihrer Version fest.

Bundesgesetz zur Aufteilung von staatlich beschlagnahmten deliktisch erworbener Gelder

Der Bundesrat nahm von der weitgehend positiven Reaktion auf seine Vorschläge für die Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen Kenntnis und beauftragte das EJPD mit der Ausarbeitung einer Vorlage. Inhaltlich hat er sich auf das Staatsanwaltmodell festgelegt. Als weitere wichtige Neuerungen sind das Recht eines Festgenommenen auf den sofortigen Beizug eines Anwalts sowie die Möglichkeit, dass sich die Staatsanwaltschaft und der Angeschuldigte über Schuldspruch und Strafe vorgerichtlich einigen können (sog. plea bargain) vorgesehen.

Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Als Zweitrat befasste sich der Ständerat mit dem neuen Bundesgesetz über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen. Als Verschärfung gegenüber der nationalrätlichen Fassung fügte der Ständerat die Bestimmung ein, dass zur Aufklärung von Verbrechen auch Massenuntersuchungen durchgeführt werden können. Dabei werden DNA-Proben nicht nur von konkret Tatverdächtigen genommen, sondern von einem weiteren Personenkreis, auf den bestimmte in Bezug auf die Tatbegehung festgestellte Merkmale zutreffen (z.B. junge Männer eines Dorfes). Ferner strich die kleine Kammer die vom Nationalrat aufgenommene Bestimmung, dass eine Person von den Behörden die Durchführung einer DNA-Analyse verlangen kann, um sich von einem bestehenden Tatverdacht zu befreien. Sie argumentierte dabei, dass bei einem Straf- resp. Ermittlungsverfahren diese Möglichkeit im Rahmen der Verteidigungsrechte ohnehin gegeben sei. Gegen den Widerstand der Linken, welche von den Massenuntersuchungen vor allem eine Stigmatisierung von Minderheitsgruppen anderer Hautfarbe oder Sprache befürchtete, schloss sich der Nationalrat in der Differenzbereinigung dem Ständerat an. In der Schlussabstimmung wurde das Gesetz im Nationalrat mit 124:18 Stimmen und im Ständerat einstimmig verabschiedet.

Bundesgesetz über die Verwendung von DNA-Profilen (BRG 00.088)
Dossier: DNA-Profile

Mit der Bereinigung der letzten übrig gebliebenen Differenzen konnte auch die Erneuerung des Jugendstrafrechts verabschiedet werden.

Revision des Strafgesetzbuchs (2003) Parlamentarisches Verfahren
Dossier: Revision des StGB, MStG und dem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht (2006)

Bei der Genehmigung von zwei Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus resp. von terroristischen Bombenanschlägen sowie einer Reihe von dazu gehörenden Gesetzesanpassungen übernahm der Nationalrat weitgehend die Entscheide der kleinen Kammer aus dem Vorjahr. Auf Antrag seiner Rechtskommission war er insbesondere damit einverstanden, auf die Einführung eines speziellen Straftatbestands des Terrorismus zu verzichten. Bei den Gesetzesanpassungen war eigentlich nur noch die vom Ständerat beschlossene Registrierungspflicht für so genannte Prepaid-Karten für Mobiltelefone umstritten, auf welche die Kommissionsmehrheit verzichten wollte. Im Plenum setzte sich die Registrierungspflicht für diese wegen ihrer Anonymität von Kriminellen geschätzten Karten deutlich durch. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen zur Bekämpfung der finanziellen Unterstützung des Terrorismus und die beiden Internationalen Übereinkommen wurden vom Nationalrat in der Gesamtabstimmung oppositionslos resp. mit einer Gegenstimme (Bignasca, lega, TI) gutgeheissen. Ein Teil der Linken hatte allerdings in der Debatte mit dem Datenschutz begründete Vorbehalte gegen die vorgeschlagenen strafrechtlichen Mittel zur Terrorismusbekämpfung geäussert. In der Schlussabstimmung lehnten die Grünen die Strafrechtsrevision ab, eine Minderheit der SP enthielt sich der Stimme.

Vorstösse und Beschlüsse zur Terrorbekämpfung nach 2001

Die Probleme, welche sich vor einigen Jahren beim Vollzug des revidierten Geldwäschereigesetzes (Einbezug der Finanzintermediäre) ergeben hatten, schienen weitgehend behoben zu sein. Die vom Nationalrat im Jahr 2001 überwiesene Motion für eine bessere personelle Dotierung der Kontrollstelle des Bundes wurde vom Ständerat zuerst aus formalen Gründen in ein Postulat umgewandelt und dann als erfüllt abgeschrieben.

Meldungen zum neuen Geldwäschereigesetz
Dossier: Neues Geldwäschereigesetz (1997)

Als sich die kleine Kammer in der Wintersession ein zweites Mal mit der Vorlage befasste, war sie sich rasch einig: sie verzichtete auf die spezielle Strafrechtsnorm, da die bestehenden Strafrechtstatbestände (Mord, Freiheitsberaubung, Sprengstoffattentate etc.) für eine Terrorismusbekämpfung ausreichend seien. Die bundesrätlichen Vorschläge zur Bekämpfung der Terrorfinanzierung fanden hingegen Zustimmung. Die Bestimmungen über die Strafbarkeit von Geldspenden wurden allerdings gelockert: wer bei der Unterstützung beispielsweise einer wohltätigen Organisation bloss in Kauf nimmt, dass deren Mittel auch Terroristen zu Gute kommen könnten, soll nicht bestraft werden. Zulässig sollen auch Spenden für Organisationen sein, welche in totalitären Staaten „für die Herstellung oder Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse oder die Ausübung oder Wahrung von Menschenrechten“ kämpfen. Als zusätzliches Mittel im Kampf gegen Terrorismus (und auch andere Verbrechen) stimmte der Ständerat zudem mit knappem Mehr dem Antrag Marty (fdp, TI) zu, dass die Mobilfunkbetreiber die Identität ihrer Kunden auch dann abklären müssen, wenn diese die bisher anonymen so genannten Prepaid-Karten benutzen. Als Erstrat genehmigte der Ständerat auch die Ratifizierung der beiden Übereinkommen.

Vorstösse und Beschlüsse zur Terrorbekämpfung nach 2001

In der Herbstsession nahm der Nationalrat als Erstrat die Verhandlungen über das neue Bundesgesetz über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen auf. Grundsätzlich begrüssten alle Fraktionen die Verwendung dieses neuen Instruments. Alle waren sich aber auch einig, dass der Schutz der Privatsphäre des Individuums stärker gewichtet werden müsse als im bundesrätlichen Vorschlag. Auf Antrag der vorberatenden Kommission beschloss der Rat, dass nur DNA-Sequenzen untersucht und gespeichert werden dürfen, welche keine Erbgutinformationen enthalten. Nicht durchsetzen konnte sich der Kommissionsantrag, dass nur Profile von Personen in das Informationssystem aufgenommen werden dürfen, die im Zusammenhang mit einem bestimmten, schweren Delikt verdächtigt werden. Gegner dieser Einschränkung machten insbesondere geltend, dass die Erfahrung im Ausland zeige, dass Verbrechen oft aufgeklärt werden können, weil das Profil des Täters früher im Zusammenhang mit einem relativ unbedeutenden Delikt (z.B. Diebstahl) erfasst und gespeichert worden ist. Der Rechtsschutz wurde gegenüber dem Bundesratsantrag ausgebaut, indem die Polizei die Verdächtigten explizit darüber informieren muss, dass sie eine Probeentnahme verweigern können (worauf sie dann von einem Richter angeordnet werden kann), und dass jede Person das Recht hat, Auskunft darüber zu verlangen, ob ihr Profil in der Datenbank vorhanden ist. Zudem sollen die Profile bei Wegfall des Tatverdachts, bei Einstellung des Verfahrens oder nach Ablauf der Probezeit bei bedingten Freiheitsstrafen nach einer bestimmten Frist nicht bloss auf Gesuch hin, sondern automatisch gelöscht werden. Nicht durchsetzen konnte sich dagegen ein Antrag der Linken, auf so genannte Massenuntersuchungen zu verzichten. Diese sollen gemäss der Ratsmehrheit bei der Aufklärung schwerer Verbrechen zulässig sein, allerdings nur auf richterliche Anordnung. Da die SP und die Grünen auch mit ihren anderen Versuchen scheiterten, die Anwendungsmöglichkeiten der DNA-Analyse in der Strafuntersuchung restriktiver zu gestalten, lehnten sie das neue Gesetz in der Gesamtabstimmung ab.

Bundesgesetz über die Verwendung von DNA-Profilen (BRG 00.088)
Dossier: DNA-Profile

Das Parlament führte seine Beratungen über die Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches zu Ende. In der Differenzbereinigung war noch umstritten, ob bei in Bussen umgewandelten Freiheitsstrafen ein minimaler Tagessatz festgelegt werden soll, wie dies der Ständerat verlangte, oder ob, wie es der Nationalrat wünschte, darauf aus sozialen Gründen (damit der Richter frei ist bei der Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse der Verurteilten) verzichtet werden soll. Der Nationalrat hielt ferner an seiner Auffassung fest, dass die Obergrenze für den bedingten Vollzug von Freiheitsstrafen bei 24 und nicht wie vom Ständerat beschlossen bei 36 Monaten liegen soll. Bei der Verwahrung besonders gefährlicher Täter nach dem Verbüssen der Gefängnisstrafe stimmte der Nationalrat der kleinen Kammer zu, dass dies nicht nur für rückfällig gewordene Täter gelten soll. Nachdem der Ständerat die letzten Differenzen im Sinne des Nationalrats bereinigt hatte, wurde die Revision in der Schlussabstimmung mit 136:29 resp. 39:1 Stimmen angenommen. Dagegen gestimmt hatte im Nationalrat eine Mehrheit der SVP-Fraktion. Obwohl diverse Lockerungsanträge abgelehnt worden waren, gingen diese neuen Bestimmungen den Promotorinnen der Volksinitiative „für eine lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewalttäter“ noch zu wenig weit. Sie beschlossen, ihr Begehren, für welches eine Verwahrung definitiv ist und auf eine periodische Überprüfung der Gefährlichkeit des Verwahrten verzichtet wird, nicht zurückzuziehen.

Revision des Strafgesetzbuchs (2003) Parlamentarisches Verfahren
Dossier: Revision des StGB, MStG und dem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht (2006)

Die im Vorjahr vom Ständerat beschlossene Harmonisierung der neuen Verjährungsregeln mit den Bestimmungen des Strafgesetzbuchs über Nebenstrafen und Übertretungen wurde auch vom Nationalrat gutgeheissen.

Revision des Strafgesetzbuchs (2003) Parlamentarisches Verfahren
Dossier: Revision des StGB, MStG und dem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht (2006)

Im Sommer beantragte der Bundesrat dem Parlament die Genehmigung von zwei internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus resp. von terroristischen Bombenanschlägen sowie eine Reihe von dazu gehörenden Gesetzesanpassungen. Die beiden Übereinkommen sind Teil von insgesamt zwölf Übereinkommen und Zusatzprotokollen zur Terrorbekämpfung, welche die UNO nach den Terrorattacken in den USA vom 11. September 2001 verabschiedet hat. Die anderen zehn hatte die Schweiz bereits ratifiziert; sie erforderten keine Anpassung schweizerischer Gesetze. Die beiden letzten Übereinkommen verlangten hingegen die Aufnahme eines spezifischen Tatbestandes des Terrorismus in das Strafrecht. Damit würde es möglich, Terroranschläge strenger zu bestrafen als anders motivierte Taten mit ähnlicher Schadenswirkung (Sachbeschädigung, Körperverletzung). Definiert wird Terrorismus in der Botschaft des Bundesrates als Tat, bei welcher es darum geht, Bevölkerungsgruppen einzuschüchtern oder Staaten und internationale Organisationen zu nötigen. Explizit mit einer eigenen Strafnorm soll auch die finanzielle Unterstützung (d.h. vorsätzliches Sammeln oder Zurverfügungstellen von Vermögenswerten) solcher Aktivitäten bestraft werden. Beide Delikte sollen in der Schweiz von den Bundesbehörden verfolgt und beurteilt werden. Strafrechtsexperten kritisierten die Vorlage als überflüssig, da die bestehenden Rechtsgrundlagen für die Terrorismusbekämpfung ausreichen würden, und bezeichneten sie in Bezug auf die verwendete Terrorismusdefinition als problematisch.
In der Rechtskommission des Nationalrats fand diese Kritik Berücksichtigung. Sie beschloss, das Geschäft nicht, wie vom EJPD gewünscht, als dringlich zu behandeln und es vom Plenum gleichzeitig mit dem Ständerat in der Herbstsession beraten zu lassen, sondern vorgängig noch Experten anzuhören. Der Ständerat, welcher in der Herbstsession die Vorlage als Erstrat behandelte, unterstützte zwar eine Unterzeichnung der Übereinkommen, lehnte aber die Vorgehensweise seiner vorberatenden Kommission ab. Diese hatte, nicht zuletzt um die Schweiz vor unberechtigten Vorwürfen zu schützen, ihr Finanzplatz sei an der Terrorismusfinanzierung beteiligt, zuerst die Übereinkommen ratifizieren wollen, um erst dann die nötigen gesetzlichen Anpassungen vorzunehmen. Auf Antrag Schiesser (fdp, GL) wies der Rat die Vorlage an die Kommission zurück mit der Auflage, die Übereinkommen und die Strafgesetzänderungen gleichzeitig zur Beratung vorzulegen. Der CVP-Vertreter Schmid (AI) wies zudem darauf hin, dass bei der Schaffung einer speziellen Terrorismusstrafnorm grundsätzliche Probleme entstehen können. Wenn man sich an die vom Bundesrat in der Botschaft verwendete Terrorismusdefinition halte, müssten im Prinzip auch Angehörige von Unabhängigkeitsbewegungen und Widerstandsorganisationen in Diktaturen zu Terroristen erklärt werden (in den Worten von Schmid: „Was dem einen sein Freiheitskämpfer, ist dem anderen sein Terrorist“).

Vorstösse und Beschlüsse zur Terrorbekämpfung nach 2001

In der Vernehmlassung wurde der Vorentwurf für eine Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen mehrheitlich begrüsst. Von den Parteien lehnte ihn einzig die SVP als zu detailliert und zu zentralistisch ab. Sowohl bei den Strafuntersuchungsbehörden als auch bei den Parteien waren die Meinungen zum so genannten Staatsanwaltmodell geteilt, bei dem nicht wie bisher in den meisten Kantonen auch noch ein Untersuchungsrichter tätig ist.

Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Im Herbst legte der Bundesrat den Entwurf für ein Gesetz über die Verteilung von eingezogenen deliktisch erworbenen Vermögenswerten an die an der Ermittlung Beteiligten vor. Er beantragte, wie bereits im Vernehmlassungsentwurf vorgesehen, dass fünf Zehntel an jenes Gemeinwesen (Kanton oder Bund) gehen sollen, welches das Strafverfahren geleitet und die Einziehung ausgesprochen hat. Die Kantone, in denen sich die deliktischen Vermögenswerte befinden, erhalten einen Anteil von zwei Zehnteln, weil sie am Strafverfahren mitgewirkt haben. Drei Zehntel der eingezogenen Vermögenswerte sollen an den Bund gehen, da sich für ihn aufgrund der neuen Strafverfolgungskompetenzen in Fällen von organisierter Kriminalität beträchtliche Mehrausgaben ergeben. In der Vernehmlassung hatten sich fast alle Kantone gegen diese Aufteilungsregel ausgesprochen, da sie damit zugunsten des Bundes benachteiligt würden.

Bundesgesetz zur Aufteilung von staatlich beschlagnahmten deliktisch erworbener Gelder

Le Conseil fédéral a publié un message relatif au Traité d’entraide judiciaire en matière pénale avec l’Egypte. Cet accord, premier du genre conclu par la Suisse avec un pays arabe, devrait apporter aux deux Etats de nouveaux moyens dans la lutte respective contre la criminalité et dans le contrôle mutuel du respect des droits de l’homme.

Traité d’entraide judiciaire en matière pénale avec l’Egypte

Im Sommer gab der Bundesrat den Vorentwurf für eine Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen in die Vernehmlassung. Federführend bei Strafuntersuchungen soll in Zukunft ein Staatsanwalt sein. Dieses Staatsanwaltschaftsmodell ist in Europa stärker verbreitet als das zur Zeit in den meisten Kantonen praktizierte Untersuchungsrichtermodell. Es bietet gemäss dem Bundesrat den Vorzug, dass im Vorverfahren kein Handwechsel mehr vom Untersuchungsrichter zum Staatsanwalt stattfinden muss und so ein grosser zeitlicher und personeller Aufwand entfällt. Als weitere wichtige Neuerung soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass Beschuldigte und Strafverfolgungsbehörden sich bezüglich Schuldspruch und Strafe absprechen, um das Verfahren abzukürzen (sog. plea bargain).

Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)