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  • Raumplanung

Akteure

  • Semadeni, Silva (sp/ps, GR) NR/CN
  • Vallender, Dorle (fdp/plr, AR) NR/CN
  • Koller, Arnold (cvp/pdc) BR EJPD / CF DFJP
  • Zimmerli, Ulrich (svp/udc, BE) SR/CE

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Dass die Schweiz haushälterischer mit ihrem Kulturland umgehen muss, darüber war man sich auch im Nationalrat, der die Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen in der Sommersession 2018 als Zweitrat beriet, einig. Gleichwohl stiess sich die Grossmehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier der grossen Kammer – ähnlich wie ihre Kolleginnen und Kollegen im erstberatenden Ständerat – insbesondere an der starren Forderung zum Einfrieren der Bauzonen. Darüber hinaus zeigte man bis in die Reihen der SP Unverständnis für den Zeitpunkt der Lancierung eines solchen Anliegens. Ein befristetes Bauzonenmoratorium – und somit eine etwas weniger radikale Forderung – sei ja Gegenstand der Landschaftsinitiative gewesen, die dann angesichts des als griffig erachteten indirekten Gegenvorschlags in Form der ersten RPG-Teilrevision zurückgezogen worden sei, so Beat Jans (sp, BS). Die Kantone hätten nun noch immer ein Jahr Zeit, Massnahmen gegen die Baulandhortung umzusetzen und bis dahin gelte faktisch ein Bauzonenmoratorium.
Während sich alle Fraktionen mit Ausnahme der Grünen geschlossen gegen das Anliegen stellten, gab sich die SP gespalten. Silva Semadeni (sp, GR) etwa äusserte ihren Unmut gegen die Verwässerung des revidierten RPG in kleinen Schritten, wie dies jüngst etwa durch die Schaffung von Ausnahmen für die Pferde- und die Kleintierhaltung sowie für Hotels geschehen sei. Im Raum hing auch die Befürchtung, dass im Rahmen der 2. Teilrevision des RPG die Bestimmungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen gar noch gelockert werden könnten, weswegen einige SP-Vertreterinnen und -Vertreter mit Zustimmung zur Initiative ein Zeichen zu setzen gedachten. Als Folge dieser Unstimmigkeiten beschloss die SP Stimmfreigabe. Zusammen mit Roger Nordmann (sp, VD) und Kommissionsmitgliedern der Grünen Fraktion beantragte die Bündner SP-Nationalrätin jedoch in einem Minderheitsantrag die Annahme der Initiative.
Die GLP attestiert der Bevölkerung Sympathien für den Landschaftsschutz und schlug deswegen als Gegenmassnahme einen direkten Gegenvorschlag zur Initiative vor, um diesem Anliegen zum Bodenschutz anders zu begegnen als der 2012 vom Volk knapp befürworteten Zweitwohnungsinitiative. Konkret beantragte die Partei im Namen einer Kommissionsminderheit Bäumle (glp, ZH), eine der drei in der Initiative enthaltenen Anliegen aufzunehmen, und verlangte – abweichend vom Initiativbegehren –, dass die Gesamtfläche an Bauten ausserhalb der Bauzonen nicht vergrössert werden dürfe.
Ganz woanders anzusetzen gedachte die SVP. Gemäss der Volkspartei ist die zentrale Ursache der Zersiedelung bei der Zuwanderung zu suchen. Verschiedene Redner der Fraktion versuchten die Diskussion in diese Richtung zu lenken, wobei SVP-Präsident Albert Rösti (svp, BE) Werbung für die hauseigene Begrenzungsinitiative betrieb. Gemäss dem St. Galler Nationalrat Brunner (svp, SG) wäre die Einschränkung der Zuwanderung «der beste Bodenschutz». Grünen-Nationalrat Girod (gp, ZH) entgegnete diesem Argument mit einem Vergleich der Stadt Zürich und der Stadt St. Gallen. Während Zürich bevölkerungsmässig wachse, bleibe die verbaute Fläche dank Förderung des verdichteten Bauens konstant. Anders in St. Gallen: Dort stagniere die Bevölkerung zwar, die Siedlungsfläche nehme aber dennoch zu.
Nach mehrstündiger und teils hitziger Debatte waren die Fronten zum Schluss dann doch ziemlich klar. Mit 135 zu 33 Stimmen bei 22 Enthaltungen – grösstenteils aus der SP-Fraktion – beschloss der Nationalrat, dem Volk die Zersiedelungsinitiative zur Ablehnung zu empfehlen. Unterstützung erhielten die Grünen durch eine knappe Mehrheit der SP-Fraktion. Auch der von der Minderheit Bäumle eingebrachte Antrag, der Initiative einen direkten Gegenvorschlag zur Einschränkung des Bauens ausserhalb der Bauzonen entgegen zu stellen, erlangte mit 44 zu 146 Stimmen (0 Enthaltungen) eine deutliche Abfuhr. Neben der GLP und den Grünen stimmte lediglich eine knappe Mehrheit der SP-Fraktion sowie die Nationalrätin und der Nationalrat der EVP für den Gegenvorschlag.

Am Ende der Sommersession 2018 verabschiedete der Ständerat seinen ablehnenden Antrag zur Zersiedelungsinitiative mit 34 zu 3 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Das Schlussergebnis im Nationalrat lautete 143 zu 37 Stimmen (18 Enthaltungen) zu Ungunsten der Volksinitiative.

Volksinitiative "Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)"

Zwei Monate vor Abstimmungstermin eröffnete Umweltministerin Leuthard (cvp) die Kampagne zur Abstimmung zum revidierten Raumplanungsgesetz (RPG). Die Teilrevision gelangte zur Abstimmung, da der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) im Vorjahr das Referendum zu den beschlossenen Anpassungen ergriffen hatte. Von Seiten des Bundesrates hörte man zum Kampagnenauftakt ein klares Plädoyer der Umweltministerin zur Unterstützung des revidierten Raumplanungsgesetzes. Aufgrund der engen Platzverhältnisse sei es dringend nötig, haushälterischer mit der Ressource Boden umzugehen. Sollte die Teilversion des RPG abgelehnt werden, würde Pro Natura an ihrer Landschaftsinitiative festhalten. Vor den Folgen bei Annahme dieses Volksbegehrens warnte die Bundesrätin eingehend: Ein 20-jähriges Moratorium für Bauzonen würde jegliche Entwicklung behindern und darüber hinaus diejenigen Kantone bestrafen, welche bis anhin haushälterisch mit dem Boden umgegangen seien. Drei Tage später lancierten die Gegner der RPG-Teilrevision mit einem überparteilichen Komitee, das sich aus Wirtschaftsverbänden und Vertretern der CVP, FDP und SVP zusammensetzte, die Referendumskampagne. Zu den umstrittensten Änderungen des als indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative beschlossenen Raumplanungsgesetzes zählte ein Verbot der Baulandhortung, nach welchem der Umfang der Bauzonen den voraussichtlichen kantonalen Baulandbedarf der nächsten 15 Jahre nicht überschreiten darf. Die Rückzonungspflicht von überdimensionierten Bauzonen sowie die Möglichkeit zur Bauverpflichtung und die Einführung einer obligatorischen Mehrwertabgabe erachtete das Referendumskomitee als zu weit gehend. Man anerkenne einen gewissen Handlungsbedarf in der Raumplanung, akzeptiere die im Laufe der parlamentarischen Beratungen von linker Seite eingebrachten Forderungen jedoch nicht, da diese sogar über die in der Landschaftsinitiative enthaltenen Ansprüche hinaus gehen würden, liess der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) zu Beginn der Kampagne verlauten. Die Vorlage wirke sich insbesondere auf den Kanton Wallis negativ aus, wo ein Grossteil der Bevölkerung Boden besitze, sowie auf kleinere und mittlere Unternehmen, die strategische Baulandreserven verlieren würden. Darüber hinaus würden Mieterinnen und Mieter unter den Anpassungen leiden, da die Baulandverknappung und die Mehrwertabgabe die Bodenpreise in die Höhe schnellen lassen würden. Vertreter des Mieterverbandes taten dieses Argument jedoch als irreführend ab: Man habe die Auswirkungen auf Seiten der Mieter eingehend studiert und vertrete einhellig die Meinung, dass mit den Anpassungen das verdichtete Bauen gefördert werde, was aus Mietersicht positiv sei. Unterstützt wurde dieses Argument von der UVEK-Vorsteherin, welche verkündete, dass die Preise auf dem Wohnungsmarkt aufgrund der Wohnraumverdichtung sogar sinken könnten. Darüber hinaus regte sich an der Medienkonferenz des gegnerischen Komitees Widerstand von Seiten des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE): Die Gegner der Revision würden mit Quellenverweis auf das ARE mit veralteten und zum Teil manipulierten Zahlen operieren und den Umfang der nötigen Rückzonungen weit dramatischer darstellen, als dies tatsächlich der Fall sei. Über diese unerwünschte Störung der eigenen Pressekonferenz entsetzten sich die Gegner der Abstimmungsvorlage in einem Brief an die zuständige Bundesrätin. Der Sprecher des ARE rechtfertigte die spontane Reaktion eines Mitarbeiters damit, dass man lediglich den Eindruck habe verhindern wollen, es handle sich bei den präsentierten Zahlen um offizielle Angaben des Bundesamtes. Laut Angaben des SGV hätten bei Inkrafttreten der Revision dreizehn Kantone bedeutende Rückzonungen zu befürchten. Im UVEK hingegen erwartete man solche aufgrund des anhaltenden Bevölkerungswachstums nur für vier bis sechs Kantone. Trotz dieser Unklarheiten bezüglich der Auswirkungen formierten sich in 24 Kantonen kantonale Unterstützungskomitees zum revidierten RPG, darunter auch je ein Komitee aus dem Ober- und Unterwallis sowie ein Komitee aus dem tourismusstarken Bündnerland. Angeführt wurde letzteres unter anderem von Nationalrätin Silva Semadeni (sp, GR), Mitträgerin der Landschaftsinitiative. Der Kanton Graubünden hätte mit Inkrafttreten der Revision nichts zu befürchten, da er mit den vor 10 Jahren unternommenen Änderungen des kantonalen Richtplans die bundesrechtlichen Neuerungen bereits grösstenteils umgesetzt habe, liess das kantonale Komitee verlauten. Äusserst kritisch stand der Kanton Wallis der Vorlage zur Revision des Raumplanungsgesetzes gegenüber. Mit Ausnahme der Grünen empfahlen im Tourismuskanton alle Kantonalparteien die Nein-Parole. Die Grünen begründeten ihr Ja mit dem Argument, man bleibe den Prinzipien des Natur- und Landschaftsschutzes treu, und kritisierten gleichzeitig das Nein der Walliser SP als opportunistisch: die Sozialdemokraten würden befürchten, mit einer Zustimmung zum revidierten RPG ihren Erfolg bei den anstehenden kantonalen Parlamentswahlen zu gefährden (vgl. dazu auch Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Parlamente)). Auch der Staatsrat kritisierte die RPG-Revision an seiner Medienkonferenz aufs Schärfste. Das revidierte Gesetz sei auf den Bergkanton mit seiner speziellen Wohn- und Grundeigentumsstruktur schlichtweg nicht anwendbar. Insbesondere die Umsetzung der Rückzonungspflicht würde aufgrund unpräziser Ausgestaltung im RPG zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Darüber hinaus sei die Rückzonungspflicht das falsche Mittel zur Bekämpfung der Zersiedelung, liess Staatsrat Jean-Michel Cina (VS, cvp) verlauten. Er erzürnte sich ebenfalls über die Kompetenzverlagerung an den Bund, da sie zu wenig Raum für regionale Besonderheiten lasse. Trotz seiner positiven Stellungnahme im Vernehmlassungsverfahren äusserte auch der Waadtländer Regierungsrat im Verlaufe der Kampagne mit einem Brief an den Bundesrat Bedenken zur Ausgereiftheit der neuen Bestimmungen. Bundesrätin Leuthard (cvp) antwortete persönlich auf die Fragen und Forderungen des Waadtlandes. In ihrer schriftlichen Rückmeldung entkräftete sie die Befürchtungen, dass mit Inkrafttreten der Übergangsbestimmungen grosse urbane Projekte im Kanton blockiert würden, wie die Waadtländer Regierung in ihrem Schreiben vermutet hatte. Neben dem SGV beschlossen FDP und SVP sowie gewichtige Wirtschaftsverbände wie der Hauseigentümerverband (HEV) und Economiesuisse die Nein-Parole zur Revision. Die Ja-Parole zum revidierten Gesetz gaben neben dem Mieterverband auch der Bauernverband (SBV), der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA), diverse Heimatschutz- und Umweltorganisationen und der Tourismusverband (STV) heraus. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) beförderte mit Ausnahme des Kantons Wallis ein einhelliges Ja. Von den Parteien empfahlen die Grünen, SP, CVP, BDP, GLP und EVP das revidierte RPG zur Annahme. Höchst umstritten war die Parolenfassung bei der CVP Schweiz. Der Parteivorstand beantragte mit Stichentscheid des Präsidenten Christophe Darbellay seinen Delegierten, die Revision wegen ihrer Auswirkungen auf den Kanton Wallis abzulehnen. Zur Befürwortung der Revision mahnte eindringlich die eigene Bundesrätin und UVEK-Vorsteherin, deren Empfehlung die Parteimehrheit an der Delegiertenversammlung schlussendlich mit 170 zu 89 Stimmen folgte. Gegen die Revision stimmten eine geschlossene Walliser CVP-Sektion mit Unterstützung von Genfer und Tessiner Parteikollegen. Ein Antrag auf Stimmfreigabe scheiterte mit beinahe Zweidrittelmehrheit. Im Gegensatz dazu beschloss die Junge CVP an ihrer Delegiertenversammlung, die RPG-Revision nicht zu unterstützen. Wie auch bei der FDP wichen eine Vielzahl von kantonalen CVP-Sektionen vom Beschluss ihrer Mutterpartei ab. Im Gegensatz zur eigenen Partei unterstützten darüber hinaus die FDP Frauen die Teilrevision (zu den parteiinternen Diskussionen vgl. Teil IIIa). Neben dem im Dezember des Vorjahres von links-grüner Seite initiierten nationalen Pro-Komitee bildete sich im Laufe der Kampagne auf eidgenössischer Ebene noch ein weiteres, bürgerliches Komitee zur Unterstützung der Revision mit National- und Ständeräten der BDP, CVP, FDP, GLP und SVP sowie weiteren bürgerlichen Kantonalpolitikern. Das Ergreifen des Referendums durch den SGV stiess bei diesen Vertretern auf Unverständnis. Zum einen beschuldigten sie den SGV, im Hinblick auf die nur bedingt zurückgezogene Landschaftsinitiative, die ein zwanzigjähriges Bauzonenmoratorium fordert, mit dem Feuer zu spielen. Zum anderen sahen sie in der geplanten Verdichtung der Stadt- und Dorfkerne auch eindeutige Vorteile für die KMU. Die Zersiedelung begünstige den Bau von grossen Einkaufzentren am Stadtrand, wobei das Kleingewerbe als grosser Verlierer dastehen würde. Die Intensität der Kampagne äusserte sich auch in einer Vielzahl von Zeitungsinseraten. Insgesamt verzeichnete die Analyse der Année Politique Suisse während den letzten acht Wochen vor der Abstimmung 1261 Inserate in über 50 untersuchten Tages- und Wochenzeitungen. Dies entsprach über 60% aller gesammelten Inserate zu den drei im März zur Abstimmung gelangten Vorlagen. Die Gegner- und Befürworterschaft zeigten sich auf dem Inseratemarkt zur RPG-Revision ähnlich präsent.

Erste Teilrevision des Raumplanungsgesetzes RPG 1 (BRG 10.019)
Dossier: Revision des Raumplanungsgesetzes RPG

Nachdem die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes, das auf eine Lockerung der Bau- und Nutzungsvorschriften in den Landwirtschaftszonen abzielt, im vergangenen Jahr in beiden Räten behandelt worden war, mussten einige Differenzen zwischen den beiden Räten bereinigt werden. Umstritten war das Ausmass der Umnutzungen von landwirtschaftlich genutzten Gebäuden, die durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft überflüssig geworden sind. Der Ständerat hatte angesichts der breiten Opposition einen Versuch zur Rettung der Vorlage unternommen, indem er den vom Nationalrat erteilten Freipass für die Zweckentfremdung alter, das heisst vor 1980 erstellter Gebäude wieder strich, um insbesondere eine freie Umnutzung von Wohn- in Gewerbebauten zu verhindern. Der Nationalrat lehnte in der Frühjahrssession den Antrag einer linken Kommissionsminderheit ab, bei der Zweckänderung zonenwidrig erstellter Bauten dem Ständerat zu folgen. Statt dessen stimmte er in dieser Frage dem Vermittlungsantrag Schmid (svp, BE) mit 101 zu 50 Stimmen zu und übernahm die etwas restriktivere Bestimmung, wonach eine vollständige Zweckänderung von altrechtlich erstellten Gebäuden nicht generell, sondern nur bei gewerblich genutzten Bauten und Anlagen möglich sei. Die Voraussetzungen soll der Bundesrat im Verordnungsrecht näher regeln. Bundesrat Koller nannte als Leitplanken die Verbote von erheblichen Änderungen an der Bausubstanz und von substantiellen Verbesserungen der bestehenden Gebäudeerschliessung. Bei der zweiten umstrittenen Differenz, dem sogenannten Rustico-Artikel, den der Ständerat etwas enger gefasst hatte, indem nur «gut erhaltene» Bauten landwirtschaftsfremd als Wohnraum umgenutzt werden dürfen, drehte sich der Streit um die Bezeichnung «gut erhalten». Der Nationalrat folgte seiner Kommissionsmehrheit, die vorschlug, dass die zur zonenfremden Wohnnutzung vorgesehenen Bauten «in ihrer Substanz» erhalten sein müssten. Nach Definition von Bundesrat Koller setzte eine solche Umnutzung voraus, dass die wichtigen Gebäudeteile in gutem Zustand und nur teilweise erneuerungsbedürftig sein müssen. Der Ständerat schloss sich in der zweiten Differenzbereinigung stillschweigend und oppositionslos diesen Entscheiden an. In der Schlussabstimmung wurde die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes mit 104:60 bzw. 38:3 verabschiedet.

Schon während den Beratungen im Parlament hatten Grüne, kleinere und mittlere Bauern (VKMB) sowie Landschaftsschützer das Referendum gegen die RPG-Revision angedroht. Noch vor der Schlussabstimmung bestätigte Fraktionssprecherin Teuscher (gp, BE) die Absicht der Grünen, das Referendum zu ergreifen, da ihnen die Änderung des Raumplanungsgesetzes im Sinne der Öffnung der Landwirtschaftszone für betriebsnahe Nebengewerbe, für bodenunabhängige Produktion und für Wohnzwecke zu weit gehe. Die Gegnerschaft kritisierte die Aufhebung der Grenze zwischen Bauzone und Landwirtschaftszone und befürchtete einen Schub an Landschaftszerstörung. Zudem würde die Revision des RPG die Bemühungen für eine ökologische Landwirtschaft unterlaufen. Auf der Verliererseite stünden nebst der Landschaft und der Landwirtschaft auch das bestehende Gewerbe, das von Betrieben konkurrenziert würde, welches von billigem Boden aus mit ungleich langen Spiessen arbeiten könnte, sowie alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die für neue Infrastrukturen und die negativen Folgen der Intensivlandwirtschaft aufzukommen hätten. Das Referendum wurde nebst der Grünen Partei von folgenden Organisationen getragen: VKMB, Pro Natura, Schweizer Heimatschutz, Schweizer Vogelschutz, IG Boden, WWF sowie Hausverein Schweiz. Das Referendumskomitee «zum Schutz des ländlichen Raumes» reichte am 9. Juli bei der Bundeskanzlei rund 57'000 Unterschriften ein.

Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (BRG 96.040)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

In der Herbstsession kam die Revision des RPG in den Nationalrat. In diesem verlief die Diskussion ungleich heftiger, zumal auch die Lobbies ihre Arbeit auf die grosse Kammer konzentriert hatten. Vorab LdU/EVP, Grüne und SP opponierten der Vorlage, da diese sowohl den Raumplanungszielen als auch der vom Bund postulierten ökologischeren Landwirtschaftspolitik widerspreche. Im Mittelpunkt der Kritik stand dabei die Zulassung der bodenunabhängigen Produktion. Dagegen forderten Gewerbekreise gleich lange Spiesse für Gewerbe und Bauern und damit eine noch weitergehende Liberalisierung in der Landwirtschaftszone. Das Plenum lehnte drei Rückweisungsanträge schliesslich ab und trat mit 102 zu 59 Stimmen auf die Vorlage ein. In der Detailberatung blieb nach dem Ständerat auch der Nationalrat auf der Linie des Bundesrates. Er sanktionierte die Zulassung von bodenunabhängigen Produktionsstätten wie Masthallen und Hors-sol ebenso wie die Angliederung eines gewerblichen Nebenbetriebes eines Landwirts, wenn die Bauernfamilie pro Jahr weniger als CHF 70 000 Reineinkommen erzielt und der Nebenerwerb „betriebsnah“ ist. Im Rahmen der neuen Landwirtschaftspolitik wird die bodenunabhängige Nutzung jedoch nicht subventioniert. Das RPG hält die Kantone ausserdem dazu an, bodenunabhängige Produktion nur dort zuzulassen, wo dies sachgerecht erscheint. Den Maststallungen sind auch durch das Gewässerschutzrecht relativ enge Grenzen gesetzt. Der Nebenbetrieb muss vom Bewirtschafter des landwirtschaftlichen Gewerbes selber geleitet werden. Auch der Umnutzung von nicht mehr benutzten landwirtschaftlichen Wohnbauten zu landwirtschaftsfremden Wohnnutzungen stimmte der Nationalrat zu, der Umbau reiner Ökonomiegebäude bleibt dagegen untersagt. Das neue Gesetz sieht folgende Einschränkungen vor: 1.) Der Bau darf nicht mehr benötigt werden, 2.) Die äussere Erscheinung und die Grundstruktur müssen im wesentlichen unverändert bleiben. Aufstockungen und Erweiterungen sind nicht möglich, 3.) Es darf keine wesentliche Neuerschliessung nötig sein; Infrastrukturkosten liegen beim Eigentümer.

Eine gewichtige Differenz zum Ständerat schuf der Nationalrat, indem er die Umnutzung von Wohnraum nicht auf „gut erhaltene“ landwirtschaftliche Wohnbauten jeder Art beschränkte, wie dies Bundesrat und Ständerat vorgeschlagen hatten. Damit würden etwa auch zusammengefallene Rustici im Tessin zum Um- und Wiederaufbau freigegeben. Silva Semadeni (sp, GR) fand mit ihrer Forderung, die bewährte Bündner Praxis für alle Kantone vorzuschreiben, kein Gehör. Im Kanton Graubünden muss die Schutz- und Erhaltenswürdigkeit in einem kantonalen Inventar nachgewiesen sein, damit leerstehende alte Agrarbauten zu Wohnungen oder Ferienhäusern umfunktioniert werden dürfen. Dafür obsiegte mit 84 zu 51 Stimmen ein Antrag der Kommissionsmehrheit, wonach vollständige Zweckänderungen von Bauten zulässig sind, wenn diese vor dem 1. Januar 1980 erstellt worden sind. Damit wären alle vor 1980 erstellten Bauten von den Regeln ausgenommen, welche die Raumplanung (das Raumplanungsgesetz trat am 1.1.1980 in Kraft) dem Bauen und Umbauen auferlegt. Vergeblich wehrte sich die Kommissionsminderheit gegen diese Privilegierung von älteren Gebäuden, und Bundesrat Arnold Koller warnte davor, dass ein vor 1980 gebautes Landwirtschaftsgebäude so vollständig für gewerbliche Zwecke umgenutzt werden könnte, was dem verfassungsrechtlichen Trennungsgrundsatz von Landwirtschaftszone und Wohn- und Gewerbezone widerspreche. Immerhin lehnte der Nationalrat mit 91 zu 76 Stimmen einen Antrag Schmid (svp, BE) ab, der zulassen wollte, dass landwirtschaftsfremde Wohnnutzungen mit einer kleingewerblichen Nutzung verbunden werden können. Auch andere Vorstösse zur Erweiterung der gewerblichen Nebenerwerbsmöglichkeiten der Landwirte kamen nicht durch: Ein Antrag Hasler (svp, AG) auf Streichung des Kriteriums der Betriebsnähe wurde ebenso abgelehnt wie ein Antrag Vallender (fdp, AR), der auf die Festlegung einer Einkommensschwelle verzichten wollte. Auf der Strecke blieben auch Korrekturversuche der Landschaftsschützer: Lili Nabholz (fdp, ZH), Präsidentin der Schweizerischen Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege, kam mit ihrer Forderung, die Bewohner der zweckentfremdeten Bauernbauten wenigstens zur Landschaftspflege des umliegenden Landes zu verpflichten, nicht durch. Ein Minderheitsantrag der Kommission, der mit zusätzlichen Auflagen die bodenunabhängige Produktion weiter einschränken wollte, scheiterte ebenfalls.

Die Schlussabstimmung von 80 zu 63 Stimmen bei 10 Enthaltungen zeigte, dass die Unzufriedenheit von Landschaftsschutzkreisen und Kleinbauern sowie Teilen des Gewerbes über das revidierte Raumplanungsgesetz gross ist. Grüne, die Schweizerische Vereinigung zum Schutz der kleinen und mittleren Bauern (VKMB) und Landschaftsschützer kündigten noch vor der Differenzbereinigung das Referendum gegen die RPG-Revision an.

Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (BRG 96.040)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Ende Mai stellte der Bundesrat die Elemente der künftigen Raumordnungspolitik der Schweiz vor. Er leitete dem Parlament eine Teilrevision des RPG zu, die auf eine „kontrollierte“ Lockerung der Bau- und Nutzungsvorschriften in den Landwirtschaftszonen abzielt und dafür sorgen soll, dass die Landwirtschaft künftig besser auf die neuen Herausforderungen reagieren kann. Die Revisionsarbeiten gehen auf eine Motion des Berner SVP-Ständerates Ulrich Zimmerli zurück. Die Teilrevision schlägt Änderungen auf zwei Ebenen vor: Zum einen soll die Zonenkonformität für Bauten und Anlagen in der multifunktionellen Landwirtschaftzone neu umschrieben werden, zum anderen sollen Bauten, die infolge des Strukturwandels für den bisherigen Zweck nicht mehr benötigt werden, unter strengen Voraussetzungen auch zu landwirtschaftsfremden Zwecken umgenutzt werden dürfen. Kernstück der Neuumschreibung der Zonenkonformität bildet der künftige Verzicht auf die Unterscheidung zwischen bodenabhängiger und bodenunabhängiger Bewirtschaftung. Als zonenkonform sollen künftig all jene neuen Bauten und Anlagen gelten, die unabhängig von der Produktionsweise für Landwirtschaft oder Gartenbau unerlässlich sind und im Interesse einer längerfristigen Betriebsführung erstellt werden. Damit werden Hors-sol-Gewächshäuser und Mastbetriebe künftig gleich behandelt wie bodenabhängige Landwirtschaft. Der Bundesrat unterstrich jedoch, dass ihr Entwicklungspotential beschränkt bleiben solle und hielt die Kantone dazu an, Landwirtschaftszonen weiterhin zu unterscheiden.

Als weiterer wichtiger Revisionspunkt wird die Möglichkeit eröffnet, funktionslos gewordene Bauten zu landwirtschaftsfremden Zwecken umzunutzen. So sollen Landwirte nicht mehr benötigte Bauernhäuser als Wohn- und Ferienhäuser nutzen können. Möglich sind bauliche Veränderungen, um etwa Ferien auf dem Bauernhof anbieten zu können, Kantone dürfen künftig aber auch rechtskonform zulassen, dass leerstehende Bauernhäuser von Personen bewohnt werden, die nicht oder nicht mehr in der Landwirtschaft tätig sind. Die Umnutzung bleibt aber auf das zum Zeitpunkt der Bewilligungserteilung vorhandene Bauvolumen beschränkt. Mit dieser Regelung würden auch zahlreiche ohne Bewilligung in Ferienhäuser umgebaute Rustici und Maiensässen legalisiert. Schliesslich soll die Landwirtschaftszone für gewerbliche Nutzungen zugänglich gemacht werden. Dabei beharrte der Bundesrat aber darauf, dass eine gewerbliche Nutzung eng an die Landwirtschaft angelehnt sein und die gewerbliche Tätigkeit - gemessen am Haupterwerb - von untergeordneter Bedeutung bleiben muss. Von der Kompetenz vollständiger Zweckänderungen bestehender Gebäude für beliebige gewerbliche Tätigkeiten in der Landwirtschaftszone, wie sie die von Adalbert Durrer (cvp, OW) präsidierte Expertenkommission vorgeschlagen hatte, und die von Gewerbekreisen im letztjährigen Vernehmlassungsverfahren stark kritisiert worden war, sah er ab.

Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (BRG 96.040)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Eine im letzten Jahr vom Ständerat angenommene Motion Maissen (cvp, GR), die eine verbesserte Koordination zwischen Raumplanung und Naturschutz forderte, wurde mit 79 zu 58 Stimmen auch vom Nationalrat überwiesen. Eine links-grüne Kommissionsminderheit sah in der Forderung, sämtliche raumwirksamen Aufgaben des Bundes im Bereich des Natur- und Heimatschutzes in die ordentlichen raumplanungsrechtlichen Verfahren einzubinden, den Versuch, den Naturschutz der Raumplanung unterzuordnen und den Biotopschutz des Bundes abzuschwächen. Auch eine Motion Bisig (fdp, SZ) (95.3272), die mehr Kohärenz im raumwirksamen Handeln und Entscheiden des Bundes forderte, wurde vom Nationalrat überwiesen. Bundesrat Arnold Koller begrüsste beide Motionsbegehren und räumte ein, dass beim Bund selber wie auch im Verhältnis zwischen Bund und Kantonen eine bessere Koordination der verschiedenen raumwirksamen Planungen unbedingt nötig sei.

Koordination zwischen Raumplanung und Naturschutz (Mo. 95.3312)

Kritisch bis ablehnend ist im Vernehmlassungsverfahren eine Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG) aufgenommen worden, die eine Öffnung der Landwirtschaftszonen für kommmerzielle und gewerbliche Zwecke zum Ziel hat. Eine vom Obwaldner Landammann Adalbert Durrer (cvp) präsidierte Expertenkommission hatte sich mit der Umsetzung dieses auf eine Motion Zimmerli (svp, BE) zurückgehenden Anliegens befasst und sich für eine weitgehende Öffnung der Landwirtschaftszone ausgesprochen. 17 Kantone, vier Parteien (SP, Grüne, LP, SD), alle Umweltorganisationen, fast alle Gruppierungen aus dem Bereich Planung und Bodenrecht sowie der Gemeindeverband lehnten die Vorlage ab; neun Kantone, die bürgerlichen Bundesratsparteien und die grossen Wirtschaftsverbände formulierten gewichtige Vorbehalte. Im Zentrum der Kritik standen dabei die Vorschläge, die Bodenabhängigkeit landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Nutzungen aufzuweichen sowie die Agrarzone für gewerbliche Nutzungen zugänglich zu machen. Die Vorlage verletze durch die Preisgabe der Bodenabhängigkeit oder durch die Zulassung vollständiger Zweckänderungen bestehender landwirtschaftlicher Bauten zur gewerblichen Nutzung den verfassungsmässig garantierten Grundsatz der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet und würde zu Kollisionen mit dem bäuerlichen Bodenrecht oder sogar zu dessen Aushöhlung führen. Konsensfähig erschien dagegen der Vorschlag, nicht mehr benötigte landwirtschaftliche Bauten vermehrt für Wohnzwecke nutzen zu dürfen. Der Bundesrat schickte die Vorlage zur Überarbeitung zurück und legte Rahmenbedingungen fest. So sollten Bauten für bodenunabhängige Produktion in der Landwirtschaftszone vor allem in Zusammenhang mit der sogenannten „inneren Aufstockung“, d.h. der Sicherung eines landwirtschaftlichen Betriebes durch Angliederung von Bauten zur bodenunabhängigen Produktion, zulässig sein. Das Gebiet ausserhalb von Bauzonen sei gewerblichen Tätigkeiten jedoch nur in sehr beschränktem Umfang zu öffnen. Die vermehrte Nutzung nicht mehr benötigter landwirtschaftlicher Bauten solle grundsätzlich ermöglicht werden.

Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (BRG 96.040)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Eine vom Obwaldner Landammann Adalbert Durrer (cvp) präsidierte Expertenkommission befasste sich mit der Umsetzung einer 1991 überwiesenen Motion Zimmerli (svp, BE) (90.780), welche eine Lockerung des Raumplanungsgesetzes (RPG) im Bereich Landwirtschaft und Landschaft fordert. Die Experten schlugen vor, dass in der Landwirtschaftszone nicht mehr nur bodenabhängige Nutzungen möglich sein sollen. Zugelassen wären künftig auch Bauten und Anlagen, die zur langfristigen Erhaltung eines Landwirtschafts- oder Gartenbaubetriebs dienen. Darunter fallen auch bodenunabhängige Betriebsteile wie die Intensivmast oder Hors-sol-Kulturen und Anlagen für die Aufbereitung, die Lagerung und den Verkauf von betriebseigenen Erzeugnissen. Mit einem erweiterten Ausnahmetatbestand im RPG sollen die Kantone ausserdem die Kompetenz erhalten, Zweckänderungen von bestehenden Bauten ausserhalb der Bauzone zuzulassen, wenn das dadurch erzielbare Einkommen zur langfristigen Erhaltung des landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betriebs erforderlich ist. Nicht beanspruchte landwirtschaftliche Gebäude könnten als Ferienwohnungen genutzt werden. Der vom Bundesrat in die Vernehmlassung geschickte Kommissionsvorschlag stiess in Umweltkreisen, bei Parteien und der Wirtschaft auf massive Kritik und wurde auch von einer Mehrheit der Kantone abgelehnt. So würde gemäss vielen Kritikern die bisherige strikte Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet unterlaufen, und es drohe eine beschleunigte Zersiedelung. Auf Opposition stiess vor allem auch die Zulassung bodenunabhängiger Agrar-Industrie. So befürchtete das Gewerbe eine Privilegierung der Bauern, welche auf billigstem Boden auf gewerbliche Tätigkeit umsteigen könnten. Nur die SVP und der Schweizerische Bauernverband begrüssten die Vorlage vorbehaltlos.

Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (BRG 96.040)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Eine Motion Bisig (fdp, SZ) verlangte eine Revision des RPG (Art. 24) mit dem Ziel, Infrastrukturanlagen für die Erschliessung von Bauzonen auch ausserhalb des Baugebietes zuzulassen bzw. die Ausnahmemöglichkeiten zu erweitern. Der Ständerat überwies die Motion gegen den Willen von Bundesrat Koller.

Erschliessung von Baugebiet ausserhalb der Bauzone (Mo. 93.3311)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Die vom Bundesrat im März 1993 in die Vernehmlassung gegebenen Massnahmen zur Ablösung der 1989 vorgelegten befristeten Eingriffe im Bodenrecht waren von bürgerlichen Kreisen derart zerzaust worden, dass der Bundesrat darauf verzichtete, sie dem Parlament vorzulegen. Das Programm hatte vier Punkte - das Vorkaufsrecht für Mieter, das Vorkaufsrecht für Gemeinden, die Pflicht zur Publikation von Kaufpreisen nach Handänderungen sowie das private Erschliessungsrecht - vorgesehen. Die bürgerlichen Parteien (ohne Teile der CVP) sowie der Hauseigentümerverband und eine knappe Mehrheit der Kantone lehnten das Vorkaufsrecht als eigentumsfeindlich und marktbehindernd ab. Der Vorschlag der Publikation von Kaufpreisen nach Handänderungen wurde mit dem Argument bekämpft, er verstosse gegen den Datenschutz. Bundesrat Koller sprach von einer Patt-Situation im Bodenrecht und behielt sich vor, auf die Vorkaufsrechte zurückzukommen. Er legte im Mai lediglich eine Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG) bezüglich der Vorschriften über die Erschliessung von Bauzonen vor, welche die heute bestehende Möglichkeit der Kantone, das sogenannte Recht auf Privaterschliessung zu gewähren, in eine Pflicht umwandelt. Zudem wird mit der Revision klargestellt, dass der Grundeigentümer einen Anspruch auf die zeitgerechte Erschliessung seines Baulandes hat und ihm zu dessen Durchsetzung die Rechtsmittel des RPG offenstehen. Von kantonaler Seite wurde kritisiert, dass das neue Erschliessungsrecht unnötigen Zentralismus bringe in einen Bereich, den Kantone und Gemeinden bisher autonom regeln konnten.

Erfolgreicher war im Vernehmlassungsverfahren vom Herbst 1993 der Entwurf zur Vereinfachung, Beschleunigung und Koordination der Bewilligungsverfahren für Bauten und Anlagen, den der Bundesrat in derselben Botschaft ebenfalls als Teilrevision des RPG vorlegte. Gemäss dieser sollen die Kantone verpflichtet werden, Fristen für die Verfahren zu setzen. Weiter werden gewisse Minimalanforderungen an die Koordination der Baubewilligungen gestellt, ein Anspruch auf widerspruchsfreie Verfügungen verankert sowie die Konzentration des Beschwerdeverfahrens bei einer einzigen kantonalen Behörde vorgeschrieben. Die SP sowie verschiedene Kantone, darunter Zürich, lehnten die Revision als unnötig und sinnlos ab. Umweltorganisationen befürchteten von der zeitlichen Straffung der Verfahren die Vernachlässigung von Umwelt- und Landschaftsschutzinteressen. Der Ständerat wird die Revision des RPG als Erstrat in der Januar-Sondersession 1995 behandeln.

BRG 94.054: Teilrevision des RPG (Recht auf Privaterschliessung und Beschleunigung der Baubewilligungsverfahren)

Eine umfassende Regelung der Raumplanung hatte Nationalrätin Haering Binder (sp, ZH) mit einer bereits 1991 eingereichten Motion verlangt, welche die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für die Erarbeitung eines Sachplans „Siedlung“ im Rahmen des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG) verlangt. Durch diesen periodisch zu überarbeitenden Plan soll der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen vorschreiben, wo und in welchem Umfang sich das Siedlungsgebiet der Schweiz entwickeln soll. Dabei wäre von einer Richtgrösse von 80% der heutigen Bauzone — etwa 200'000 ha — auszugehen. Der Bundesrat anerkannte zwar, dass in der Schweiz gesamthaft gesehen zu grosszügig bemessene Bauzonen beständen, verwies jedoch auf die in den letzten Jahren ergriffenen Schutzmassnahmen im Bereich der Sicherung von Kulturland durch den Sachplan „Fruchtfolgeflächen“, des Natur- und Heimatschutzes durch die Erstellung eidgenössischer und kantonaler Schutzinventare nach Artikel 18 des Natur- und Heimatschutzgesetzes sowie die vom Bundesgericht gedeckten rechtlichen Möglichkeiten der Gemeinden, ohne übermässige Entschädigungsansprüche Rückzonungen überdimensionierter Bauzonen vorzunehmen. Solche punktuellen Massnahmen, meinte Bundesrat Koller, seien wirksamer als die von der Motionärin geforderte Globallösung, welche sich allein aufgrund der fehlenden politischen Akzeptanz nicht durchsetzen liesse. Die Mehrheit des Rates teilte diese Ansicht und verwarf die Motion.

Motion für einen Sachplan „Siedlung“ (91.3226)

In der Märzsession behandelte der Nationalrat eine Motion des Ständerats, welche auf eine Standesinitiative des Kantons Wallis zurückging und eine Vereinfachung und Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren forderte. Auf Antrag seiner Kommission und gegen den Willen Bundesrat Kollers, der rechtliche Massnahmen im Bereich der Raumplanung sowie die Erstellung der Machbarkeitsstudie «Verbesserung der Koordination der Entscheidverfahren für bodenbezogene Grossprojekte» durch die Verwaltungskontrolle des Bundesrates ankündigte, überwies der Rat die Vorlage als Motion.

Vereinfachung und Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren (St. Iv. 92.300)

Ende Januar hatte der Walliser Grosse Rat einer Resolution zur Einreichung einer Standesinitiative zugestimmt, welche die Verfahren von Baubewilligungen straffen und beschleunigen soll. Gefordert wird eine Anpassung des Bundesrechts in vier Punkten: 1) eine schnellere Abwicklung der Bewilligungsverfahren, hauptsächlich durch Eliminierung von Doppelspurigkeiten im Verfahren; 2) die Einführung von Entscheidungsfristen bei ddn zuständigen Instanzen; 3) die Einbeziehung ausserordentlicher Bewilligungsverfahren in ein einziges koordiniertes Verfahren und 4) die Regelung der finanziellen Verantwortlichkeit von Personen, welche sachlich unbegründete Rekurse mit rein aufschiebender Wirkung einreichen. Nachdem die Walliser Initiative seit Juni auch von Regierung und Parlament Graubündens unterstützt wurde, nahm sie die ständerätliche Kommission in einer eigenen Motion auf und beantragte' diese in der Wintersession dem Plenum zur Annahme (93.3016). Der Ständerat überwies die Vorlage gegen den Widerstand Bundesrat Kollers, der vergeblich darauf hinwies, dass die erhobenen Forderungen grösstenteils in den Kompetenzbereich der Kantone fielen, in der zwingenden Form der Motion.

Vereinfachung und Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren (St. Iv. 92.300)

Im Dezember letzten Jahres hatte der Ständerat - gegen den Willen des Bundesrates - eine Motion von Zimmerli (svp, BE) (90.780) überwiesen, in welcher durch eine Teilrevision des Raumplanungsrechts eine teilweise Öffnung von Landwirtschaftszonen für landwirtschaftsfremde Bauten verlangt wurde. Im Mai kam der Bundesrat dem Auftrag des Parlaments nach, indem er eine Expertenkommission unter der Leitung des Obwaldner Baudirektors Durrer einsetzte. Das 18köpfige Gremium setzt sich aus Fachleuten der Landwirtschaft, des Natur- und Heimatschutzes, der Raumplanung und der Wirtschaft zusammen.

Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (BRG 96.040)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Zwei weitere Motionen hinsichtlich des Raumplanungsgesetzes, welche Wiederkehr (ldu, ZH) im Frühjahr sowie die sozialdemokratische Fraktion (Mo 90.768) im Herbst letzten Jahres eingereicht hatten und welche den Bundesrat zum Erlass gesetzlicher Regelungen hinsichtlich des Planungsausgleichs aufforderten, wurden vom Nationalrat auf Antrag des Bundesrats als Postulate überwiesen. Freilich gelang es Bundesrat Koller bei der ersten Motion nur mit Mühe und unter der Versicherung, selber im Rahmen der nächsten Revision des Raumplanungsgesetzes darauf zurückzukommen, den Rat davon zu überzeugen, die Vorlage nicht in der zwingenden Form zu überweisen.

Zwei weitere Motionen hinsichtlich des Raumplanungsgesetzes, welche Wiederkehr (ldu, ZH) im Frühjahr sowie die sozialdemokratische Fraktion im Herbst letzten Jahres eingereicht hatten und welche den Bundesrat zum Erlass gesetzlicher Regelungen hinsichtlich des Planungsausgleichs aufforderten, wurden vom Nationalrat auf Antrag des Bundesrats als Postulate überwiesen

Die grosse Kammer sprach sich auf Antrag der Mehrheit ihrer Kommission knapp für eine vom Ständerat im Frühjahr gegen den Widerstand Bundesrat Kollers überwiesene Motion Zimmerli (svp, BE) aus, welche eine flexiblere Ordnung der in der Landwirtschaftszone geltenden Nutzungsvorschriften verlangte. Während der Bundesrat zur Rechtfertigung seiner ablehnenden Haltung besonders auf die von den Kantonen noch weitgehend ungenutzten Ausnahmemöglichkeiten im bestehenden Gesetz verwies, fürchtete die Kommissionsminderheit, welche hauptsächlich von Sozialdemokraten gebildet wurde, aber neben einem Mitglied der Fraktion der Grünen auch je einen Vertreter der FDP sowie der SVP umfasste, dass mit der Motion die bestehende gesetzliche Regelung untergraben würde.

Motion Zimmerli für eine flexiblere Ordnung der in der Landwirtschaftszone (Mo. 90.780)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Während die Privilegierung des Selbstbewirtschafters in den Räten grundsätzlich unbestritten war, konnten sich beide Kammern in der Frage der Einbeziehung von Nebenerwerbsbetrieben in das Gesetz, welches Bundesrat und Ständerat ursprünglich auf die Haupterwerbsbetriebe hatten beschränken wollen, auf den vom Nationalrat bereits in der Januarsession gefundenen Kompromiss einigen. Nachdem dort der Antrag einer von Vollmer (sp, BE) geführten Kommissionsminderheit auf Einbeziehung jener Betriebe, deren Ertrag «namhaft zum Einkommen einer bäuerlichen Familie beiträgt» nur mit Stichentscheid des Präsidenten Bremi (fdp, ZH), bei einem Patt von je 92 Stimmen, abgelehnt worden war, begrenzte der Rat den Geltungsbereich des Gesetzes auf Betriebe, die mindestens die halbe Arbeitskraft einer bäuerlichen Familie beanspruchen. Mit dieser Entscheidung folgte der Rat der Forderung Bundesrat Kollers nach Strukturanpassungen im Bereich der Landwirtschaft, welche gerade im Hinblick auf den zukünftigen Europäischen Wirtschaftsraum und das GATT unausweichlich würden.

Bis zuletzt umstritten war dagegen die Frage, wann ein – von Gesetzes wegen unzulässiger – «übersetzter Preis» für den Erwerb landwirtschaftlichen Bodens vorliege. Nachdem der Nationalrat der kleinen Kammer entgegengekommen war, indem er auf eine numerisch unbestimmte Umschreibung verzichtete, reduzierte diese ihre ursprünglich weiter gehenden Forderungen. Demnach gilt ein Erwerbspreis nunmehr als übersetzt, wenn er die Preise der betreffenden Region im Mittel der letzten fünf Jahre um mehr als 5 Prozent übersteigt.

Bäuerliches Bodenrecht (BRG 88.066)

Bei Einführung seiner dringlichen Massnahmen im Bodenrecht sowie bei der Unterstellung der Hypothekarzinsen unter eine wettbewerbspolitische Kontrolle hatte der Bundesrat ein Anschlussprogramm in Aussicht gestellt und verschiedene Arbeitsgruppen mit der Überarbeitung des Bodenrechts, der Wohnungspolitik sowie einer Analyse des Hypothekarmarktes betraut. Gestützt auf deren Ergebnisse kündigten die Bundesräte Delamuraz und Koller an einer Pressekonferenz vom 16. September weitere gesetzliche Massnahmen auf den betreffenden Gebieten an.

Sofort angehen möchte der Bundesrat dabei die Massnahmen, welche in seinem eigenen Kompetenzbereich liegen. Dazu gehören die Erhebung der Baulandreserven, die Verwendung von Geldern der beruflichen Vorsorge für Wohneigentum sowie Bewertungsvorschriften für Grundstücke institutioneller Anleger. Darüber hinaus soll eine Vernehmlassung zur Änderung des Pfandbrief-, Anlagefonds-, Stempelsteuer- und Verrechnungssteuergesetzes stattfinden.
Neben dem Übergang zur Marktmiete, mit deren Prüfung eine Expertenkommission betraut wurde, sieht das bundesrätliche Konzept weitere Massnahmen im Bodenrecht vor. Angestrebt wird die Einführung eines unlimitierten Vorkaufsrechts für Mieter und eines Vorkaufsrechts für Gemeinwesen, die Veröffentlichung der Grundstückspreise bei Eigentumsübertragungen, die Offenlegung der Eigentumsverhältnisse an Immobiliengesellschaften sowie die Beibehaltung der Sperrfrist zur Veräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke.
Mittelfristig – d.h. im Jahr 1993 – sollen nach dem Willen des Bundesrats vernehmlassungsreife Entwürfe zur Mehrwertabschöpfung, zum Erschliessungsrecht, zu den Erschliessungsbeiträgen zu Wohnanteilsplänen sowie zur Vereinfachung des Baubewilligungsverfahrens vorliegen. Für 1994 schliesslich sind Entwürfe für die Einführung eines Grundbuches als Bodeninformationssystem sowie ein Muster- und Modellerlass für das kantonale Bau- und Planungsrecht und das kantonale Fiskalrecht vorgesehen.

Von den Parteien und den betroffenen Interessengruppen wurden die Vorschläge des Bundesrates mit Zurückhaltung aufgenommen. Einstimmig begrüsst wurde von den Regierungsparteien einzig die Verwendung von Pensionskassengeldern zur Finanzierung von Wohneigentum. Dagegen beurteilte die SP den geplanten Übergang zur Marktmiete als «jenseits von gut und böse», währenddem die FDP und vor allem die SVP – unterstützt vom Hauseigentümerverband – mit der Einführung des Vorkaufsrechts für Mieter und Gemeinwesen Mühe bekundeten. Der Mieterverband anerkannte zwar die ernsthaften Anstrengungen des Bundesrates zu einer besseren Bodennutzung, vermisste jedoch Massnahmen zur Schaffung oder Erhaltung günstigen Wohnraums.

Bodenrecht Sofortmassnahmen drei dringliche Bundesbeschlüsse (BRG 89.042)