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Zweieinhalb Jahre nach den eidgenössischen Wahlen 2019 hatten insgesamt sechzehn Kantone ihre Parlamente und Regierungen neu bestellt, im März 2022 waren auch die grossen Kantone Bern und Waadt dazugekommen. In der Presse wurde dies zum Anlass genommen, um eine Zwischenbilanz über die seit 2019 in den Kantonen eingefahrenen Gewinne und Verluste der einzelnen Parteien zu ziehen und daraus eine Formkurve der Parteien abzuleiten sowie ihre Aussichten für die eidgenössischen Wahlen 2023 zu diskutieren.
Als Haupttrend machten die Medien die Fortsetzung der «grünen Welle» aus: Diese sei nach den nationalen Wahlen 2019 auch durch praktisch alle Kantone gerollt, indem die Grünliberalen und die Grünen fast überall Zugewinne erzielten, vielerorts auch in einem für Schweizer Verhältnisse recht beträchtlichen Ausmass. Ihre Erfolge führten die Medien vor allem auf ihre Kernthemen Klima und Ökologie zurück, bei der GLP zudem auf die konsequent europafreundliche Linie der Partei. Insgesamt kamen die Grünen damit Ende März 2022 auf 264 Sitze in den kantonalen Parlamenten (+48 Sitze und +2,7% Wählendenanteil seit 2019), die GLP auf 144 (+46 und +2,9%). Mit der FDP (neu 526 Sitze, –28 und –1,1%), der SVP (522, –22 und –1,1%), der Mitte (447, –20 und –1.1%) und der SP (432, –45 und –2,4%) hatten demgegenüber die vier Bundesratsparteien allesamt verloren, am stärksten die SP.
Obwohl also der Aufwärtstrend der Grünen anhielt, wies er nicht mehr dasselbe Ausmass auf wie bei den nationalen Wahlen und den ersten darauffolgenden kantonalen Urnengängen. In der Konsequenz bedeutete dies erstens, dass nunmehr die GLP vor den Grünen die am stärksten zulegende Partei war, und zweitens, dass das linke Lager insgesamt nun nicht mehr wie seit 2019 wuchs, sondern schrumpfte: Die Zugewinne der Grünen reichten zuletzt nicht mehr aus, um die Verluste der SP zu (über)kompensieren.
Mit Bezug auf die SP stellten die NZZ und der Tages-Anzeiger fest, dass sich die Wahlresultate nochmals verschlechtert hatten, seitdem Cédric Wermuth (sp, AG) und Mattea Meyer (sp, ZH) im Oktober 2020 das Co-Präsidium übernommen hatten. Die SP habe seither weder die sozial- und wirtschaftspolitische Krisenlage im Zuge der Covid-19-Pandemie noch Abstimmungssiege etwa im von ihr angeführten Referendum gegen die Stempelsteuer-Abschaffung in Wahlerfolge ummünzen können. Im Tages-Anzeiger wurden zwei mögliche Erklärungen für das Formtief der SP genannt: die parteiinternen Konflikte in der Europapolitik und eine «ideologische Verengung», durch die der sozialliberale Parteiflügel nur noch wenig wahrgenommen werde und die entsprechenden Wählendengruppen nicht mehr abgeholt werden könnten.
Die Mitte wiederum schien an den Wahlurnen nicht nennenswert vom neuen Parteinamen und der Fusion zwischen CVP und BDP profitieren zu können, sondern befand sich in einem unverminderten Abwärtstrend – zuletzt auch in der einstigen BDP-Hochburg Bern.
Was die Rückschlüsse auf die nationalen Wahlen 2023 betrifft, relativierten sowohl die AZ als auch die NZZ: Die Ergebnisse der kantonalen Wahlen liessen sich nicht einfach auf die nationale Ebene übertragen. So seien die FDP und die Mitte in den Kantonen traditionell stärker, während die Parteien an den politischen Polen bei nationalen Wahlen besser mobilisieren könnten. Ohnehin könne sich die Grosswetterlage bis im Oktober 2023 noch ändern, etwa als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine; je nach dessen weiterem Verlauf könnte beispielsweise die SVP mit ihren Kernthemen Flüchtlingspolitik, Neutralität und Europa wieder auf mehr Resonanz stossen.

Sehr unterschiedliche Interpretationen lieferten die Medien zur elektoralen Entwicklung der politischen Lager: Die WOZ fand, es sei weiterhin ein «Linksrutsch» festzustellen, weil das rot-grüne Lager seit 2019 immer noch im Plus liege. Die Aargauer Zeitung betonte dagegen, dass es zwischen dem linken, dem rechten und dem Zentrums-Lager über alle Kantone hinweg insgesamt nur geringe Verschiebungen gebe; die wesentlichen Umwälzungen spielten sich vielmehr innerhalb der «Blöcke» ab (im Zentrum eine Stärkung der GLP und eine Schwächung der Mitte, im linken Lager eine Stärkung der Grünen und eine Schwächung der SP). Die NZZ und der im Tages-Anzeiger zitierte Politologe Claude Longchamp wiederum stellten in den Vordergrund, dass das rot-grüne Lager zuletzt und das nationalkonservative Lager mit der SVP schon seit Längerem gewisse Verluste verbucht hätten, während das politische Zentrum dank der GLP unter dem Strich zulege. Damit sahen sie einen lang anhaltenden Trend in der Schweizer Politik – das Wachstum der beiden politischen Pole auf Kosten des Zentrums – vorerst gebrochen.

Bilanzen über Gewinne und Verluste der Parteien in kantonalen Wahlen

Für Unmut unter den Parteien sorgte das Verbot der SBB für aktive Wahlwerbung in Bahnhöfen. Plakate dürften in Bahnhofarealen an den dafür vorgesehenen Stellen zwar aufgehängt werden, aber die Bahnkunden wollten laut einer Umfrage nicht von Politpromotion belästigt werden, so die Bundesbahnen. Die vier grossen Parteien CVP, FDP, SP und SVP intervenierten gemeinsam gegen dieses Verbot. Die SBB bewilligten in der Folge in kleineren Bahnhöfen politische Aktionen für die kantonalen Wahlen in Zürich und Luzern, nicht aber in den Hauptbahnhöfen, weil dort die Platzverhältnisse zu eng seien. Zudem wurde diese Erlaubnis an Bedingungen geknüpft: Pro Tag sollte lediglich eine Partei gegen Bezahlung die Möglichkeit für Standaktionen erhalten. Die SBB zeigten sich für die Nationalratswahlen dann aber kulant und erlaubten den Parteien am 22. September Standwerbung im Hauptbahnhof Zürich. FDP, CVP, SVP, SP, GP, EVP, GLP und BDP wurden je 50 m2 zur Verfügung gestellt. Mit dieser neutralen Plattform gedachten die SBB einen Beitrag zum demokratischen Dialog und zu einer möglichst hohen Wahlbeteiligung zu leisten. Die Wahlpromotion einzelner Parteien war aber nach wie vor nicht erlaubt. Für negative Reaktionen bei den Passagieren sorgte im Sommer zudem die hohe Konzentration an SVP-Plakaten im Hauptbahnhof Zürich. Die SBB zogen in der Folge die Notbremse und passten ihre Richtlinien an. Parteien dürfen künftig maximal noch die Hälfte der gesamten vorhandenen Werbefläche für sich beanspruchen. Die SVP kritisierte die Änderung der Richtlinien als unangebrachten Eingriff in den Wahlkampf.

SBB verbietet Wahlwerbung in Bahnhöfen

In der Presse war Ende des Berichtsjahrs eine Schätzung der Wahlkampfbudgets der Parteien nachzulesen, die aufgrund der ebenfalls geschätzten Ausgaben bei den Wahlen 2007 sowie einigen Antworten auf entsprechende Anfragen bei den Generalsekretariaten beruhten. Dass Geld für den Wahlerfolg eine Rolle spiele, sei unbestritten. Die Wahlkampfbudgets seien jedoch sehr ungleich. Mit Abstand am meisten Mittel zur Verfügung habe die SVP (15 Mio.), gefolgt von der CVP (3 Mio.), der FDP (2.6 Mio.) und der SP (1.5 Mio.). Die kleineren Parteien (GP, GLP, BDP) hätten weniger als eine Viertelmillion zur Verfügung.

Studien zu den Wahlkampfbudgets der Parteien
Dossier: Finanzierung der Politik

Die Gewinne der SVP bei den Wahlen 2007 gingen gemäss der Selects-Studie vor allem auf Kosten der FDP. Zudem gelang es der SVP, überdurchschnittlich viele Stimmen von Personen für sich zu gewinnen, welche 2003 noch nicht gewählt hatten. Die CVP konnte Stimmen von Wählern an sich ziehen, die sich bei den letzten Wahlen für die SP oder die FDP entschieden hatten. Die SVP vermochte ihre Wähler von 2003 überdurchschnittlich gut zu halten: 71% der SVP-Wähler von 2003 gaben an, sich 2007 erneut für die SVP entschieden zu haben. Die FDP konnte 62% ihrer Wähler von 2003 wieder von sich überzeugen, 10% verlor sie an die SVP. Der CVP blieben 59% ihrer Wählerschaft von 2003 treu, sie musste 5% zur SVP ziehen lassen. Die SP konnte nur 53% ihrer Wähler von 2003 erneut von sich überzeugen, 12% verlor sie an die Grünen.

Die Schweizerischen Parteienlandschaft rund um die eidg. Wahlen 2007

Die SVP ist bei denjenigen Wählerinnen und Wählern stark übervertreten, welche nur die obligatorische Schulbildung oder eine Berufslehre als höchsten Bildungsabschluss aufweisen. 36% der ersten Gruppe und 39% der zweiten Gruppe gaben in der Selects-Studie an, 2007 SVP gewählt zu haben. Bei Personen mit hoher Bildung kam die SVP dagegen nur auf 16% Wähleranteil. Gegenüber 2003 konnte die SVP vor allem bei Personen mit einer Berufslehre als höchstem Abschluss zulegen (+7 Prozentpunkte), während die SP in diesem Wählersegment stark an Zustimmung verlor (-7 Prozentpunkte auf 15%). SP und Grüne sind bei Wählern mit hoher Bildung besonders beliebt. Die FDP hat bei diesen im Vergleich zu 2003 weniger Stimmen geholt (-4 Prozentpunkte). Das Bildungsniveau hatte 2007 kaum einen Einfluss auf den Wahlentscheid für die CVP, letztere war in den 90er Jahren noch klar bei den Wählern mit geringer Bildung übervertreten gewesen.

Die Schweizerischen Parteienlandschaft rund um die eidg. Wahlen 2007

Bei kantonalen Wahlen konnten sowohl die FDP und die SVP als auch die SP Terrain gut machen. Einzig die CVP erlitt wiederum massive Verluste. Bei den städtischen Wahlen blieben die SP und die SVP konstant, die FDP und die CVP mussten dagegen leichte Verluste hinnehmen.

kurze Übersicht über die Wahlresultate 1992