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Eine Folge der eidgenössischen Wahlen 2019, die einen massiven Wahlgewinn der Grünen und eine Niederlage der Polparteien mit sich gebracht hatten, waren die virulenten Diskussionen um die Zusammensetzung und die Bestellung des Bundesrats. Auf der einen Seite wurde eine neue Zauberformel gefordert. Das Parlament müsse bei der Bestellung der Regierung rascher auf Veränderungen reagieren können. Auf der anderen Seite wurden Reformen gefordert, die eine Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder, Koalitionsverhandlungen oder einen eigentlichen Systemwechsel weg von der Konkordanzidee vorsahen.

Die Zauberformel, die 1959 mit der Idee eingeführt worden war, dass die drei grössten Parteien je zwei und die viertgrösste Partei einen Sitz erhalten soll, wurde durch die aktuellen Wahlresultate gleich mehrfach in Frage gestellt. Jahrzehntelang passte die Formel gut zu den Kräfteverhältnissen, weil die FDP, die CVP und die SP bei den Nationalratswahlen jeweils mehr als 20 Prozent Wähleranteile hinter sich wussten und die SVP auf jeweils etwas mehr als zehn Prozent zählen konnte. Eine erste Verschiebung der Kräfteverhältnisse führte 2003 zu einem Sitzwechsel von der CVP zur SVP. Nach einer durch die Nichtbestätigung von Christoph Blocher 2007 beginnenden Übergangsphase, während der CVP, SVP und BDP je einen Sitz hatten, kehrte man mit der Wahl von Guy Parmelin im Jahr 2015 wieder zu dieser 2-2-2-1-Verteilung zurück – neu mit der CVP als Juniorpartner. War diese Verteilung freilich schon 2015 hinterfragbar, geriet sie 2019 vollends in die Kritik, weil mit der SVP nur noch eine Partei über 20 Prozent Wähleranteil verfügte (25.6%), aber vier Parteien neu über 10 Prozent lagen: Die SP mit 16.8 Prozent, die FDP mit 15.1 Prozent, die Grünen mit 13.2 Prozent und die CVP mit 11.4 Prozent. Diese Verteilung liess Raum für zahlreiche Rechenspiele, die in den Medien für viel Gesprächsstoff sorgten und die Diskussionen im Vorfeld der Bundesratswahlen anheizten.

Eine neue Zauberformel wurde natürlich insbesondere von den Gewinnerinnen und Gewinnern der eidgenössischen Wahlen 2019 gefordert. Die Frage war freilich, auf wessen Kosten die Grünen einen Bundesratssitz erhalten sollten. Wahlweise vorgeschlagen wurde, dass die CVP als neu kleinste Partei verzichten müsse. Aber auch die FDP und die SP hätten eigentlich – je nach Berechnung – keinen Anspruch auf zwei Sitze. Die GP selber forderte – unterstützt von der SP – den Sitz von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis. Mediale Aufmerksamkeit erhielt ein Vorschlag von Christoph Blocher, der eine Proporz-Zusammensetzung vorschlug, die der SVP zwei Sitze und allen anderen Parteien inklusive der GLP (die bei den Wahlen auf 7.8% Wähleranteil gewachsen war) je einen Sitz zugestand. Freilich wurde in der Diskussion auch die Frage laut, ob für die Berechnung der Zusammensetzung lediglich die Wählerprozente, also nur die Zusammensetzung des Nationalrats, oder nicht vielmehr die Sitzverteilung in National- und Ständerat herangezogen werden müssten. Auf der Basis der totalen Anzahl Sitze aus beiden Kammern wäre die CVP (total 38 Sitze) wiederum stärker als die GP (total 33 Sitze), was für den Status Quo sprechen würde.
Eine Erweiterung der Diskussion wurde durch die Überlegung geschaffen, nicht Parteien, sondern Blöcke zu betrachten. Die NZZ schlug vor, den Polen – bestehend aus SVP auf der einen und SP zusammen mit den Grünen auf der anderen Seite – je zwei Sitze und den Parteien in der Mitte (FDP, CVP und allenfalls GLP) drei Sitze zuzusprechen. Wenn die Grünen einen Sitz erhielten und die SP ihre beiden Sitze behalten würde, dann wäre das linke Lager, das kumuliert auf rund 30 Prozent Wählerstärke komme, stark übervertreten, so die Argumentation der NZZ.

Als Problem für eine flexiblere Gestaltung der Regierungszusammensetzung wurde zudem die variable Amtszeit der Bundesrätinnen und Bundesräte ausgemacht. Würde die Amtszeit eines Regierungsmitglieds auf acht Jahre fixiert – inklusive der Verpflichtung, nicht freiwillig vor Ablauf dieser Zeit zurückzutreten – ergäben sich bei jeder Gesamterneuerungswahl Vakanzen, die eine Neuausrichtung der parteipolitischen Zusammensetzung des Bundesrats vereinfachen würden, schlug CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) als weitere – schon etwas ältere – Idee vor.

Ein weiteres, medial diskutiertes Problem der starren 2-2-2-1-Zauberformel war die Repräsentativität des Bundesrats. Wurden 1959 durch die vier Regierungsparteien noch 85 Prozent der Wählerschaft (gemessen anhand der Wählerprozente bei den Nationalratswahlen) repräsentiert, sank dieser Wert aufgrund der zunehmenden Volatilität, aber auch aufgrund der Ausdifferenzierung des Parteiensystems 2019 erstmals unter 70 Prozent (68.9%). Die «formule magique» verliere ihre Magie, urteilte die Zeitung Le Temps auf Basis dieser Zahlen. In der Regierung müsse sich der Wille der Wählenden unmittelbar niederschlagen; wer fordere, dass die Grünen ihren Wahlerfolg in vier Jahren noch einmal bestätigen müssten, um einen Anspruch auf Einbindung in die Regierung zu haben, sei deshalb «ein schlechter Demokrat», urteilte der Tages-Anzeiger. Letztlich seien es «nicht die Wahlprozente, sondern die Mandatsträger im National- und im Ständerat», welche über die Regierungszusammensetzung entschieden. Dies sei «die eigentliche Machtarithmetik der Bundesratswahlen», kommentierte der emeritierte Historiker Urs Altermatt in der NZZ.

Als Alternative zu einer neuen Zauberformel und als Möglichkeit einer besseren Repräsentation wurde eine weitere alte Idee hervorgekramt: die Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder auf neun. Zwar waren in der Vergangenheit zahlreiche Vorstösse für eine Umsetzung dieser Idee gescheitert – etwa im Rahmen der Staatsleitungs- und Regierungsreform zu Beginn des Jahrtausends, aber auch bei Debatten zu einzelnen Reformvorschlägen –, die elf Prozent Wähleranteil, die rein arithmetisch bei neun Sitzen für einen Bundesratssitz reichen würden, würden aber ermöglichen, dass die Grünen einen Sitz erhielten, ohne dass die CVP einen Sitz abgeben müsste, so ein Argument in der Aargauer Zeitung. Insbesondere Christian Levrat (sp, FR) machte sich in den Medien für die Erhöhung der Anzahl Regierungsmitglieder stark. Damit könne nicht nur dem Anspruch der Grünen genüge getan werden, so der SP-Parteipräsident, sondern es sei auch nicht mehr zeitgemäss, lediglich sieben Minister zu haben. Dies sei weltweit fast einmalig wenig.

Weitere Vorschläge stellten die Idee der Konkordanz grundsätzlich in Frage. Nicht die wichtigsten Kräfte sollten in der Regierung vertreten sein, stattdessen müsse man ein Oppositionssystem einführen, in welchem wahlweise eine Mitte-Rechts- oder eine Mitte-Links-Regierung einer linken oder rechten Opposition gegenüberstehe, so ein Vorschlag im Tages-Anzeiger. Auch die Idee, dass Parteien mit programmatischen Koalitionsvorschlägen für die Regierung kandidieren könnten, würde das bestehende Konkordanzsystem verändern. Man müsse aber in der Tat mehr über politische Inhalte als bloss über Formeln sprechen, forderte die Aargauer Zeitung.

Man komme wohl in Zukunft nicht darum herum, die Regierungszusammensetzung nach jeden Gesamterneuerungswahlen neu zu diskutieren, folgerte der Tages-Anzeiger. Freilich steht die Konkordanz und die Zusammensetzung der Regierung schon seit einigen Jahren und stets bei Bundesratswahlen zur Diskussion, nur um dann für die nächsten vier Jahre wieder aus dem Fokus der Medien zu verschwinden. Um ebendies nach den Bundesratswahlen 2019, die hinsichtlich Regierungszusammensetzung trotz aller Reformdiskussionen den Status Quo zementierten, zu verhindern, schlug Gerhard Pfister einen «Konkordanzgipfel» vor, wie ihn die Medien betitelten: «Wir müssen die Zauberformel im Bundesrat, die Konkordanz in der Landesregierung, neu erfinden», gab Pfister im Sonntags-Blick zu Protokoll. Es gehöre zum Schweizer System, dass man gemeinsam nach Lösungen suche, begrüsste GLP-Parteipräsident Jürg Grossen (glp, BE) die Initiative der CVP. Alle Parteien waren sich einig, dass die Regeln den zunehmend volatiler werdenden Wahlresultaten angepasst werden müssen. Wie diese Anpassung auszusehen hat, blieb hingegen naturgemäss umstritten.

Reformideen im Nachgang der Bundesratswahlen 2019

Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass auch der Parlamentsbetrieb mit verschiedenen Ratings und Rankings vermessen werden kann, welche die Arbeit, den Einfluss oder die ideologische Positionierung der Parlamentsmitglieder zu bestimmen versuchen. Der Versuch, anschauliche Ranglisten zu erstellen und so auch durch Personalisierung die Komplexität von Politik zu reduzieren, dient vor allem den Medien, die sich auch 2019 den verschiedenen Analysen widmeten.

Den Beginn machte Anfang Juli eine neue Plattform namens «politik.ch» mit einer Auswertung der Präsenz während der ganzen bisherigen 50. Legislatur. «Präsenz» wurde dabei mit der Teilnahme an den total 4'076 Abstimmungen, die im Nationalrat bis zur vorletzten Session durchgeführt wurden, gemessen. Zum «Absenzenkönig von Bern» – so die Aargauer Zeitung, die über die Studie berichtete – wurde Roger Köppel (svp, ZH) gekürt. Er habe 22.4 Prozent aller Abstimmungen «geschwänzt», gefolgt von Martin Bäumle (glp, ZH; 21.9%) und Hans Grunder (bdp, BE; 21.7%). Frauen stimmten tendenziell disziplinierter ab, schloss die Zeitung, weil sich am anderen Ende der Skala Andrea Geissbühler (svp, BE), Barbara Keller-Inhelder (svp, SG) und Sandra Sollberger (svp, BL) fanden, die alle weniger als sechs der über 4'000 Abstimmungen verpasst hatten. Die Aargauer Zeitung liess die Protagonisten zu Wort kommen. Bei wichtigen Abstimmungen sei er vor Ort, nicht aber, wenn «das ausufernde Berufsparlament mit sich selbst beschäftigt» sei, verteidigte sich Roger Köppel. «Das Volk» habe sie ins Parlament gewählt und erwarte, dass sie an den Abstimmungen teilnehme, befand hingegen Andrea Geissbühler. Im Schnitt hatten die Nationalrätinnen und Nationalräte drei Prozent der Abstimmungen verpasst. Im Tages-Anzeiger wurde daran erinnert, dass «immer brav auf dem ehrwürdigen Nationalratssessel zu sitzen» nicht mit politischem Einfluss gleichzusetzen sei. Die wichtigsten Entscheidungen fielen nicht im Ratssaal, sondern «in den Kommissionen, in den Hinterzimmern des Bundeshauses und den Salons des Bellevue-Hotels».

Einen Versuch, diese Art von Einfluss zu messen, unternahm die Sonntagszeitung mit ihrem alle zwei Jahre publizierten «Parlamentarier-Rating». Hier erhält Punkte, wer viele Reden hält, in wichtigen Kommissionen sitzt und erfolgreich Vorstösse einreicht; wer innerhalb der eigenen Partei wichtige Funktionen innehat, einer starken Fraktion angehört, hohe Medienpräsenz hat und ausserhalb des Parlaments gut vernetzt ist. Wie schon zwei Jahre zuvor wies die Zeitung SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) als «mächtigsten» Parlamentarier aus, gefolgt von Pirmin Bischof (cvp, SO) und Thomas Aeschi (svp, ZG). Levrat sei «immer dabei, wenn es in der Schweizer Politik etwas anzuschieben oder zu blockieren» gelte. Allerdings falle die SP-interne grosse Lücke hinter Levrat auf. In den Top Ten gebe es kein weiteres SP-Mitglied, was darauf hindeute, dass die parteiinterne Erneuerung wohl noch nicht geschafft sei. Ausgerechnet bei den Frauen schneide die SP schlecht ab. Unter den 15 höchst bewerteten Frauen – diese Liste wurde von Tiana Angelina Moser (glp, ZH; total Rang 6) und Lisa Mazzone (gp, GE; Rang 13) angeführt – fänden sich lediglich zwei Genossinen: Maria Carobbio Guscetti (sp, TI; Rang 23) und Barbara Gysi (sp, SG; Rang 34). Für das Rating berücksichtigt wurden nur jene Parlamentsmitglieder, die seit Beginn der Legislatur in den Räten gesessen hatten und bei den eidgenössischen Wahlen 2019 wieder antreten wollten. Entsprechend war der 173. Rang auch der letzte. Dort befand sich Bruno Walliser (svp, ZH). Indem die Sonntagszeitung die Rangierung hinsichtlich Medienpräsenz mit der Gesamtrangierung verglich, machte sie auch «die grössten Blender» aus. Die drei Zürcher Abgeordneten Claudio Zanetti (svp), Roger Köppel (svp) und Regine Sauter (fdp) seien zwar «Lieblinge der Medien», spielten im Parlament aber «eine bescheidene Rolle».

Auf der Basis der Abstimmungen im Nationalrat berechnete die Sonntagszeitung in einer weiteren Analyse, wie häufig alle Volksvertreterinnen und -vertreter bei Gesamtabstimmungen in der 50. Legislatur zur Mehrheit gehört hatten. Wenig überraschend fanden sich auf den vorderen Rängen – die Sonntagszeitung nannte sie «die Erfolgreichsten» – Mitglieder der CVP- und der BDP-Fraktion, die jeweils mit links oder rechts oder innerhalb einer grossen Koalition Mehrheiten schaffen. Angeführt wurde die Liste von Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL), die bei 98.5 Prozent aller Gesamtabstimmungen gleich wie die Mehrheit gestimmt hatte, was ihr in der Weltwoche den Titel «[d]ie mit dem Strom schwimmt» einbrachte. Auf Platz zwei und drei folgten Viola Amherd (cvp, VS; 98.3%) und Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS; 98.2%). Bei den 68 «Erfolglosesten» handelte es sich durchgängig um SVP-Fraktionsmitglieder, angeführt von Erich Hess (svp, BE; 46.8%), Toni Brunner (svp, SG; 48.8)%) und Pirmin Schwander (svp, SZ; 49.8%).

Mitte Oktober warteten dann schliesslich die NZZ und Le Temps mit ihrem alljährlich erscheinenden «Parlamentarier-Rating» auf. Erneut wiesen die auf der Basis des Abstimmungsverhaltens vorgenommenen Positionierungen der Parlamentsmitglieder auf einer Skala von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts) auf eine zunehmende Homogenisierung innerhalb der Parteien hin. Insbesondere an den Polen habe die Fraktionsdisziplin ein noch nie gekanntes Ausmass erreicht, so die NZZ. So hätten sich die Mitglieder der SP-Fraktion vor den Wahlen 2015 auf einer Skalen-Spannweite von 3.4 Punkten verteilt, im aktuellen Rating betrage dieser Wert lediglich noch 1.2 Punkte. Die Extrempositionen in der SP besetzten im aktuellen Rating Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) und Adrian Wüthrich (sp, BE; -8.8). Eine im Vergleich zu 2015 wesentlich grössere Fraktionsdisziplin wiesen bei dieser Berechnung auch die Grünen auf. Lagen das am meisten linke und am meisten rechte grüne Fraktionsmitglied 2015 noch um 2.7 Skalenpunkte auseinander, trennten Maya Graf (gp, BL; -9.2) und die drei ganz am linken Rand politisierenden Michael Töngi (gp, LU; -10.0), Irène Kälin (gp, AG; -10.0) und Regula Rytz (gp, BE; -10.0) im Jahr 2019 lediglich noch 0.8 Skalenpunkte. Damit waren die Grünen im Durchschnitt erstmals seit 2011 wieder weiter links positioniert als die SP: «Les Verts n'ont jamais été aussi à gauche», war dies Le Temps gar die Überschrift der Analyse wert. Am anderen Ende der Skala, bei der SVP, verringerte sich der Wert der Spannweite von 3.7 auf 1.2 Punkte – ohne Berücksichtigung von Roberta Pantani (lega, TI), die zwar der SVP-Fraktion angehört, aber die Lega vertritt und mit einem Wert von 8.2 die am weitesten «linke» Position in der SVP-Fraktion im Nationalrat vertrat. Gleich drei SVP-Nationalräte politisierten ganz rechts aussen und wiesen einen Skalenwert von 10.0 aus: Toni Brunner, Luzi Stamm (svp, AG) und Adrian Amstutz (svp, BE). Jean-Pierre Grin (svp, VD) fand sich bei Position 8.8 und war damit das am weitesten links positionierte Mitglied der SVP im Nationalrat. Selbst bei der CVP war eine Disziplinierung festzustellen: Es zeigte sich im Vergleich zu 2015 ein Rückgang der Spannweite von 3.6 auf 2.6 Punkte, wobei die Fraktion im Vergleich zum Vorjahr zahlreiche Mitglieder leicht rechts von der Mitte aufwies und sich von -1.0 (Dominique de Buman; cvp, FR) bis 1.6 (Philipp-Matthias Bregy; cvp, VS) erstreckte. Die der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder waren wesentlich weiter links als ihre Fraktion: Niklaus Gugger (ZH) wurde auf der Skala bei -4.2 und Marianne Streiff-Feller (BE) bei -4.3 eingestuft. Die restlichen drei Fraktionen hingegen waren im Vergleich zu 2015 heterogener geworden. Bei der FDP war die Zunahme von 2.5 auf 2.6 Skalenpunkte freilich minim. Die Fraktionsgrenzen wurden bei den Freisinnigen von Walter Müller (fdp, SG; 4.5) und Christa Markwalder (fdp, BE; 1.9) eingenommen. Grössere Sprünge machten die BDP und die GLP. Während sich bei der BDP die Spannweite im Vergleich zu 2015 von 1.2 auf 2.0 fast verdoppelte – wie schon 2015 deckte Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; -1.7) die linke Flanke ab, während sich Hans Grunder (bdp, BE; 0.3) am rechten Rand der BDP positionierte – wuchs die Heterogenität innerhalb der traditionell eigentlich sehr homogenen GLP von 0.5 auf 2.7 Skalenpunkte an. Hauptgrund dafür war Daniel Frei (glp, ZH), der von der SP in die GLP gewechselt hatte und mit seiner Position von -5.7 zwar weit weg vom rechten Rand der SP (-8.8), aber auch weit weg vom linken Rand der bisherigen GLP-Mitglieder war. Dieser wurde von Kathrin Bertschy (glp, BE; -3.5) eingenommen, die in der Tat lediglich 0.5 Skalenpunkte von Martin Bäumle (-3.0), also dem rechten GLP-Rand, positioniert war. Die politische Landschaft verarme, schloss die NZZ aus diesen Zahlen. Vor allem zwischen den Mitte- und den Polparteien klaffe eine Lücke. Dort hätten früher moderate SVP- und SP-Vertreter als Brückenbauer gewirkt. Schuld für die zunehmende Fraktionsdisziplin seien aber nicht nur die Parteizentralen, sondern auch die wachsende Zahl an zu behandelnden Geschäften, bei denen Parlamentsmitglieder keine fundierte eigene Meinung mehr bilden könnten und deshalb gemäss der Empfehlung der Parteileitung stimmten.
Die zahlreichen auf die neue Legislatur 2019 bis 2023 hin angekündigten Rücktritte im Ständerat veranlasste die Verfasser des Ratings zur Spekulation eines Rechtsrutschs der kleinen Kammer nach den Wahlen 2019. Die politische Mitte des Ständerats befinde sich bei Pirmin Bischof, also bei -2.8. Da elf zurücktretende Kantonsvertreterinnen und -vertreter links und lediglich sieben rechts von Bischof seien und alle zurücktretenden im Schnitt deutlich linker (-5.3) positioniert seien als die wieder antretenden (-2.3), stellten die Ständeratswahlen vor allem für Mitte-Links eine Herausforderung dar, so die NZZ. Eindrücklich liess sich dies anhand von Raphaël Comte (fdp, NE) nachzeichnen. Der Neuenburger Freisinnige positionierte sich mit -5.7 näher bei Daniel Jositsch (sp, ZH), der mit -6.8 den rechten Rand der SP in der kleinen Kammer besetzte, als bei seinem am weitesten rechts positionierten Fraktionskollegen Philipp Müller (fdp, AG; 4.5) und dem Schnitt der FDP (2.3). Da Comte nicht mehr antrete, sei wohl auch in der FDP mit einem Rechtsrutsch in der kleinen Kammer zu rechnen.

Nationalratsrating

Kathrin Bertschy (glp, BE) forderte mittels parlamentarischer Initiative die Änderung des Parlamentsressourcengesetzes insofern, dass Fraktionsbeiträge nur noch an jene Fraktionen verteilt werden, deren Parteien jedes Jahr die Herkunft und den Betrag ihrer Spenden offenlegen. Gemäss der Grünliberalen fehlt es in der Schweiz an Transparenz in der Parteifinanzierung, was unter anderem dazu geführt habe, dass die Schweiz mehrmals von der Antikorruptionsbehörde Greco kritisiert worden war.
Im November 2018 prüfte die SPK-NR die parlamentarische Initiative und beantragte mit 14 zu 8 Stimmen, dieser keine Folge zu geben; die Bürgerinnen und Bürger könnten in naher Zukunft über die Transparenz-Initiative abstimmen und falls diese angenommen werde, könne man die Forderung Bertschys bei der Umsetzung der Volksinitiative wieder diskutieren, begründete die Kommission ihren Entscheid. Des Weiteren stellte die Vermischung von Fraktionen und politischen Parteien ein Problem für die Kommission dar, zumal einer Fraktion nicht nur Mitglieder einer Partei angehörten, sondern sich auch Mitglieder anderer Parteien oder Parteilose anschliessen könnten. Zudem seien Bundesbeiträge an Fraktionen zweckgebunden und müssten zur Deckung der Kosten der Fraktionen verwendet werden. Sie dürften somit nicht zur Finanzierung der Aktivitäten von Parteien ausserhalb des Parlaments eingesetzt werden. Schliesslich schaffe der Vorstoss von Kathrin Bertschy eine Bestrafung für diejenigen Parteien, welche die Herkunft und den Betrag ihrer Spenden nicht offenlegten: Sie würden keine Fraktionsbeiträge mehr erhalten. Anfang Juni 2019 gab der Nationalrat dem Anliegen mit 122 zu 62 Stimmen (bei 3 Enthaltung) keine Folge.

Anreize für mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung (Pa.Iv. 17.940)
Dossier: Finanzierung der Politik

Auch 2015 erregte die Frage der Partei- und Politikfinanzierung mediale Aufmerksamkeit. Mitte Jahr reichte die Juso des Kantons Freiburg eine kantonale Volksinitiative ein, mit der gefordert wurde, dass die Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen transparenter wird. Ein ähnliches Anliegen der Juso des Kantons Aargau war im Vorjahr an der kantonalen Abstimmungsurne gescheitert. Hingegen gibt es im Kanton Genf bereits seit 2011 eine entsprechende Regelung. Le Temps veröffentlichte im August die offengelegten Budgets der kantonalen Parteien für das Jahr 2014, die sich zwischen CHF 1.4 Mio. (FDP) und CHF 710'000 (SVP) bewegten (SP: CHF 957'000; EaG: CHF 859'000; MCG: CHF 835'000; CVP: CHF 826'000; GP: CHF 713'000), wobei sich der Anteil an Spenden, die ebenfalls ausgewiesen werden müssen, zwischen den Parteien deutlich stärker unterschied: So stammte fast ein Viertel des Budgets der FDP aus Donationen, während dieser Anteil bei der SVP 11.2 Prozent, bei der CVP 9.5 Prozent und beim MCG 8.3 Prozent betrug. Deutlich geringer war der Anteil an Spenden am Budget der SP (1.1%), der Grünen (1.2%) und der extremen Linken (2.1%). Die links-grünen Parteien finanzierten sich vor allem aus Mandatsabgaben, berichtete Le Temps.
Mitte August ereilte die Schweiz erneut eine Rüge der Greco. Als einziger der 49 Mitgliederstaaten kenne die Schweiz keinerlei Regeln zur Parteienfinanzierung. Sowohl der Befund und die Bewertung im Bericht – Note ungenügend und keine nennenswerten Fortschritte – als auch die Erklärung durch den Bundesrat, wonach sich Transparenz der Politikfinanzierung nicht mit dem speziellen schweizerischen politischen System vertrage, unterschieden sich nicht vom Vorjahresbericht.
Zu reden gaben im Oktober 2015 auch die hohen Ausgaben für die eidgenössischen Wahlen. Der Tages-Anzeiger rechnete – gestützt auf eine Studie aus dem Jahr 2012 – vor, dass im Vergleich von Wahl zu Wahl total jeweils rund CHF 7 Mio. mehr ausgegeben würden als in den jeweils vergangenen eidgenössischen Wahlen. Weil 2003 etwa CHF 28. Mio. aufgewendet worden seien, könne für 2015 entsprechend mit Ausgaben von rund CHF 49 Mio. gerechnet werden. Grund dafür sei auch, dass der Wahlkampf immer früher beginne.
Die SP-Spitze kündigte kurz vor den Wahlen an, die seit einiger Zeit diskutierte Volksinitiative für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung definitiv zu lancieren. Die Delegiertenversammlung gab dafür Anfang Dezember 2015 grünes Licht und im April begann die Partei mit der Unterschriftensammlung. Bei den bürgerlichen Parteien stiess das Anliegen allerdings auf Skepsis.

Kritik an der Politikfinanzierung aus dem Ausland - Greco
Dossier: Finanzierung der Politik

Die SVP-Fraktion hatte Anfang 2014 eine parlamentarische Initiative eingereicht, mit der sie forderte, dass bei Budgetkürzungen des Bundes im Rahmen von Sach- und Betriebsaufwand auch die Fraktionen ihr Scherflein beitragen. Die Volkspartei-Fraktion bemängelte, dass die Beteiligung von Fraktionen an Budgetkürzungen bisher lediglich freiwillig gewesen sei. Die Parlamentsdienste hätten im aktuellen Budget Kürzungsvorschläge gemacht und die Fraktionen gebeten, ihre Beiträge – die immerhin CHF 7,6 Mio von rund CHF 26 Mio. Sach- und Betriebsaufwand ausmachen – zu kürzen. Allerdings hätten sich zwei Fraktionen geweigert und eine habe gar nicht Stellung bezogen. Die dadurch nicht eingesparten rund CHF 275'000 müssten nun anderweitig gekürzt werden. Weil dies stossend sei, fordere die SVP künftig eine Regelung, welche die Fraktionen zu Sparbeiträgen verpflichte. Eine mit 7 zu 6 Stimmen äusserst knappe Mehrheit des Büros (Büro-NR) empfahl, der Initiative keine Folge zu geben. Automatische Kürzungen der im internationalen Vergleich bereits sehr geringen Beiträge, seien für einige Fraktionen kurzfristig nur schwierig aufzufangen. Die Minderheit machte geltend, dass das Parlament bei Sparübungen solidarisch sein und, um seine Glaubwürdigkeit zu wahren, eine Vorbildfunktion einnehmen müsse.
Die nötige Abstimmung in der grossen Kammer widerspiegelte die Positionen im Büro. Die geschlossenen FDP- und SVP-Fraktionen entschieden sich knapp, aber mit 93 zu 91 Stimmen bei 3 Enthaltungen erfolgreich für den Minderheitenantrag und gaben der Initiative Folge.
Das Büro des Ständerates (Büro-SR) wies in seinem Bericht Mitte November darauf hin, dass es bei der Debatte nicht um Entschädigungen der einzelnen Ratsmitglieder ginge, bei denen sich Budgetkürzungen rechtfertigen liessen, sondern um die Beiträge an die gesamte Fraktion. Einsparungen würden hier dazu führen, dass die Fraktionen ihren Handlungsspielraum einschränken müssten, was sich letztlich negativ auf die Qualität und Effizienz des gesamten Ratsbetriebs auswirken würde. Mit drei zu eins Stimmen bei einer Enthaltung sprach sich das Büro der kleinen Kammer deshalb gegen die Forderung aus. Diese Argumentation verfing in der Wintersession bei den Ratskolleginnen und Ratskollegen, die der Initiative keine Folge gaben und diese damit versenkten.

Fraktionen zu Sparbeiträgen verpflichte

Welche Partei steht ihrer Basis am nächsten? Dieser Frage ging eine Studie nach, die sich auf die VOX-Abstimmungsnachanalysen stützte und einen Vergleich des Abstimmungsentscheids der Stammwählerinnen- und Stammwählerschaft mit der Parteiparole anstellte. Dabei zeigte sich, dass die Basis der Grünen lediglich bei 6 Prozent aller eidgenössischen Abstimmungen zwischen 2004 und 2014 mehrheitlich von der Parole ihrer präferierten Partei abwichen, die BDP-Basis hingegen bei 16 Prozent. Zwischen diesen beiden Extremen fanden sich die SP (7%), die FDP und die GLP (je 13%), die SVP (14%) und die CVP (15%).
Die Verortung der Abstimmungen in einen politischen Raum, der die Dimensionen «links-rechts» und «konservativ-progressiv» umfasste, zeigte zudem, dass sich die Basis aller Parteien jeweils weniger extrem positioniert als die Partei selber. Mit anderen Worten finden sich die Sympathisantinnen und Sympathisanten von SP und GP im politischen Raum weniger weit links und weniger progressiv als ihre Partei, während die Anhängerinnen und Anhänger von GLP, BDP, CVP und FDP relativ zur Parteiposition jeweils etwas stärker links und konservativer verortet werden als ihre präferierte Partei. Weniger stark rechts als ihre Partei scheinen sich auch die Stammwählerinnen und Stammwähler der SVP einzuschätzen. Auf der Achse «konservativ-progressiv» verorten sich die Anhängerinnen und Anhänger der SVP allerdings gar noch konservativer als die Position ihrer Partei dies vermuten liesse.

Vergleich Parteiposition und Stammwähler

Eine von der Handelszeitung finanzierte Umfrage bei den 20 SMI-Unternehmen und 10 weiteren Firmen zeigte, dass Parteispenden immer häufiger offengelegt werden. Die UBS, die CS (total je CHF 1 Mio.), Nestlé, Raiffeisen (total je CHF 250'000), die Swiss (total CHF 200'000) und die Axa-Winterthur würden transparent darlegen, wie viel Geld sie Parteien spenden. Kein Auskünfte geben Novartis, Roche, die Zurich und die Swiss Re.
Laut der Sonntagspresse soll die UBS allerdings lediglich noch CHF 750'000 spenden. Die Bank macht ihre Spende neben einer gewissen Grösse einer Partei auch von deren Bekenntnis zu Wettbewerb und Marktwirtschaft abhängig. Die SP und die GP beziehen deshalb keine Spende von der UBS. Bisher sei das von den Linken nicht abgeholte Geld (laut Schweiz am Sonntag rund CHF 250'000) auf die restlichen Bezügerparteien SVP, FDP, CVP, BDP, GLP und (wahrscheinlich) Lega verteilt worden, dies sei aber nicht mehr der Fall.

Parteispenden

Bis Ende 2014 hatten seit den letzten nationalen Wahlen 2011 in total 19 Kantonen Gesamterneuerungswahlen stattgefunden. Obwohl sich die Kantone dabei natürlich sehr stark unterscheiden, konnten als Trends eine Stärkung der Pole aus SP und SVP, eine Schwächung von GP und CVP, ambivalente Entwicklungen bei BDP und FDP sowie ein anhaltender Erfolg der GLP ausgemacht werden. Auf den ersten Blick schien sich damit das nach den eidgenössischen Wahlen 2011 postulierte tripolare System zu halten, das sich aus einem rechten und einem linken Block sowie der so bezeichneten ‚neuen Mitte‘ konstituiert. Freilich lag dabei die Antwort auf die Frage, wer denn den einzelnen Gruppen angehört, im Auge des Betrachters. Zwar war die Besetzung der beiden Pole mit SP und GP auf der linken und der SVP auf der rechtskonservativen Seite klar. Allerdings erlebten auch im Berichtsjahr in einigen kantonalen Wahlen bürgerliche Schulterschlüsse aus CVP, FDP und SVP eine Renaissance. Die letztlich geplatzte Union zwischen BDP und CVP liess zudem die ‚neue Mitte‘, die je nach Geschäft aus CVP, BDP, EVP und GLP, bei anderen Gelegenheiten aber auch nur aus der CVP alleine bestand, als sehr labiles Gebilde erscheinen. Wie sich das Nein der BDP zu einem engeren Zusammengehen mit der CVP für die junge Partei, aber auch für das gesamte Parteiensystem auswirken wird, muss sich weisen. Die Volatilität des Parteiensystems 2011 bis 2015 zeigte sich auch am Umstand, dass es zu einigen Mitte-Links-Koalitionen kam – insbesondere bei der Energiepolitik. Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative gesellte sich gar die FDP zu dieser Zusammenarbeit, um die Rettung der Bilateralen zu erwirken. Im Zuge der Vorwürfe gegen die SVP aus beinahe allen Parteien wurden teilweise sogar Nazivergleiche angestellt – ein eher unrühmliches Zeichen dafür, dass sich die SVP isolierte. Eine Weile lang wurde heftig um die FDP gebuhlt, die von der SVP mit der Idee eines rechtsbürgerlichen Blocks einerseits und von der CVP mit dem Ziel einer kohärenten Mitte andererseits gelockt wurde. Interessant war diesbezüglich eine Analyse von Politools im Auftrag der NZZ am Sonntag zu Abstimmungen im Nationalrat, die zeigte, dass FDP und SVP in rund einem Drittel der Geschäfte nicht mehr gleicher Meinung waren. Zu Spitzenzeiten hatte die Übereinstimmungsquote zwischen den beiden rechtsbürgerlichen Parteien noch bei 81,7% gelegen. Mit der CVP (75,6%), der BDP (75,9%) und der GLP (69,9%) schien die FDP in der laufenden Legislatur mehr Berührungspunkte zu haben als mit der SVP. Die höchste Übereinstimmung wurde zwischen GP und SP festgestellt. Die beiden Fraktionen stimmten nur bei weniger als 10% der Abstimmungen anders. Die CVP sah sich als wichtiges Scharnier zwischen Links und Rechts; die SVP warf den Christlichdemokraten hingegen vor, nur noch mit den Linken zu paktieren. Faktisch zeigten sich bei unterschiedlichen Geschäften fallweise Koalitionen, wobei sich die so genannte neue Mitte als relativ heterogen erwies. Das lange Zeit vorherrschende dualistische System mit einem linken und einem bürgerlichen Block bestand freilich nur noch in Ansätzen. Auf der einen Seite wurde dies bedauert, weil das alte System mit hoher Stabilität gleichgesetzt wurde. Auf der anderen Seite wurden fallweise Koalitionen allerdings durchaus auch als ein Zeichen für eine lebendige Politik gesehen.
Über den Diskussionen um die Zugehörigkeit zu den einzelnen Blöcken schwebte auch immer die Frage nach der Sitzverteilung im Bundesrat: Wird Eveline Widmer-Schlumpf noch einmal antreten und den Sitz der BDP verteidigen? Wird die BDP bei einem Verzicht auf eine Union mit der CVP überhaupt noch einmal einen Anspruch auf einen Regierungssitz erheben dürfen und wird die CVP sie darin noch unterstützen? Soll eine rechtsbürgerliche Mehrheit in der Regierung Tatsache werden oder soll die FDP zugunsten der SVP auf einen Sitz verzichten? Die Antworten auf diese Fragen fielen je nach Partei natürlich unterschiedlich aus. Eine definitive Antwort wird sich frühestens im Dezember 2015 finden.

tripolare System

Eine an der Universität Lausanne durchgeführte Studie untersuchte auf der Basis des Schweizer Haushaltspanels, einer seit 1999 wiederholt bei Schweizer Haushalten durchgeführten Befragung, das fiktive Wahlverhalten der ausländischen Bevölkerung. Hätten Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz Wahlrecht, so würden sie vor allem SP (28,5%) und GP (17,8%) wählen. Die SVP erhielte von der ausländischen Bevölkerung 14,3% Wähleranteil, gefolgt von der FDP (13,9%) und der CVP (9%). Während die GP vor allem bei zugewanderten Deutschen hoch im Kurs steht, würden Zuzügerinnen und Zuzüger aus ehemals kommunistischen Ländern die SVP präferieren, so die Studie. Dass die ausländische Bevölkerung weiter links stehe als die Schweizer Bevölkerung zeige sich auch bei der Haltung zu Sachthemen, wie etwa bei der höheren Präferenz für mehr Sozialleistungen, für mehr Umweltschutz und für mehr Chancengleichheit.

fiktive Wahlverhalten der ausländischen Bevölkerung

Im Januar 2014 hatte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-NR) Handlungsbedarf hinsichtlich mehr Transparenz bei Zuwendungen an Parteien oder politische Einzelakteure von jenen Unternehmen geortet, die grösstenteils von der öffentlichen Hand bestimmt werden. Die Kommission betonte – bezugnehmend auf eine parlamentarische Initiative Thomas Minder (parteilos, SH) –, dass es einen Unterschied mache, ob ein privates, börsenkotiertes Unternehmen für Politik Geld spendet oder ob öffentliche Mittel als Zuwendungen verwendet werden. Für von der öffentlichen Hand beherrschte Unternehmen müsse deshalb eine Offenlegungspflicht herrschen. Eine Kommissionsminderheit und die ständerätliche Schwesterkommission lehnten das Begehren ab: Es stelle erstens einen Eingriff in die gesetzgeberische Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden dar, weil auch diese an Unternehmen beteiligt sind. Zweitens könne man im Rahmen einer echten Offenlegung der Parteienfinanzierung die privaten Unternehmen nicht von einer Transparenzpflicht ausnehmen. Eine knappe Ratsmehrheit, bestehend aus den geschlossenen FDP- und BDP-Fraktionen, vier Fünfteln der SVP-Fraktion und der Hälfte der CVP, entschied sich mit 92 zu 86 Stimmen gegen Folge geben, womit das Anliegen versenkt war.

Mehr Transparenz bei Parteispenden (Pa.Iv. 14.400)
Dossier: Finanzierung der Politik

Die Zusammensetzung des Büros des Ständerates gab Anlass zu Diskussionen. Im Ständerat wird alljährlich neben dem Präsidenten, dem ersten und dem zweiten Vizepräsidenten, ein Stimmenzähler sowie ein Ersatzstimmenzähler gewählt. In der Regel – eine Wiederwahl bei den eidgenössischen Wahlen vorausgesetzt – rückt der Ersatzstimmenzähler nach fünf Jahren sukzessive und quasi automatisch zum Ständeratspräsidenten auf. Weil bisher in der kleinen Kammer vorwiegend die FDP und die CVP das Sagen hatten, wurden in der Regel vor allem Angehörige dieser beiden Parteien berufen. Seit 1919 stellten die FDP und die CVP je 41 Ständeratspräsidenten, die SP und die SVP jeweils sechs und die LP zwei. Mit den eidgenössischen Wahlen 2011 hatte sich das Gewicht in der kleinen Kammer allerdings verschoben. Die SP verfügt über gleich viele Sitze wie die FDP (je 11) und nur über zwei weniger als die CVP. Wenig verwunderlich also, dass die SP im Berichtjahr mehr Proportionalität für das Ständerats-Büro forderte. Die informelle Regel im Ständerat lautete bisher, dass sich Freisinnige und Christlichdemokraten jeweils zwei Mal hintereinander abwechselten und erst dann die SP oder die SVP zum Zug kamen. Diese informelle Regel sollte mit einer Motion Roberto Zanetti (sp, SO) durchbrochen werden. Das Büro des Ständerates lehnte die Motion mit der Begründung ab, dass Proportionalität bei fünf Mitgliedern aufgrund von Rundungsschwierigkeiten nur bedingt möglich sei. Zudem seien die Regeln bereits nach den Wahlen 2011 festgelegt worden und Änderungen seien deshalb erst nach den Wahlen 2015 möglich. Nach den nächsten Wahlen solle diese Regel aber noch einmal mit den Gruppenchefs diskutiert werden. Nach kurzer Debatte zog Zanetti den Vorstoss wieder zurück.

Proportionalität für das Ständerats-Büro

Thomas Minder (parteilos, SH) begründete seine in einer parlamentarischen Initiative vorgebrachte Forderung nach der Offenlegung von Zuwendungen an politische Akteure mit dem Umstand, dass börsenkotierte Aktiengesellschaften mitunter sechs- bis siebenstellige Beträge pro Jahr an Parteien spenden würden. Die Aktionäre hätten aber keine detaillierte Kenntnis, welche Parteien wie viele Mittel erhielten. Minder forderte deshalb, dass börsenkotierte Unternehmen im Geschäftsbericht die Gesamtsumme der Zuwendungen an politische Akteure angeben und bei Beträgen über CHF 10'000 auch den Namen der Empfänger auflisten müssen. Gesellschaften der öffentlichen Hand sollten zudem in der Jahresrechnung darlegen, welche Zuwendungen an welche politischen Akteure gemacht wurden. Während sich die ständerätliche Kommission für Rechtsfragen (RK-SR) bereits im Mai für Folge geben ausgesprochen hatte, sprach sich die RK-NR im Januar 2014 knapp mit 10 zu 9 Stimmen bei 5 Enthaltungen gegen das Begehren aus. Die RK-SR machte geltend, dass gegenüber Aktionären Transparenz herrschen müsse und dass dadurch als willkommener, indirekter Nebeneffekt auch der Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung Vorschub geleistet würde. Die Kommission zitierte eine Forderung der Stiftung Ethos, die in einer Studie aufgezeigt hatte, dass lediglich eine Minderheit der im SMI-Index figurierenden Unternehmen transparent machten, ob und an wen sie Spendengelder bezahlten. Auch Ethos empfehle eine transparente Kommunikation, argumentierte die RK-SR. Die 26-stimmige Ratsmehrheit versenkte das Begehren jedoch gegen 12 Stimmen. In der Debatte wurden vor allem Zweifel an der Praktikabilität des Anliegens geäussert. Zudem würden sich die Aktionäre selber wehren, wenn Transparenz tatsächlich ein Bedürfnis sei.

Offenlegung von Parteispenden (Pa.Iv. 12.499)
Dossier: Finanzierung der Politik

Eine im Auftrag des Tages-Anzeigers von sotomo durchgeführte Analyse der Abweichungen der Kantonalsektionen bei Parolenfassungen zeigte eine eindrückliche Entwicklung: Lag die Wahrscheinlichkeit, dass eine kantonale Partei eine von der Mutterpartei abweichende Parole ergreift, zu Beginn der 1990er Jahre noch bei rund acht Prozent, wichen Kantonalparteien aktuell nur noch sehr selten von der Abstimmungsempfehlung der nationalen Partei ab (Wahrscheinlichkeit von 4%). Als Erklärung führte die Studie eine höhere Mobilität und eine Nationalisierung der einst regional verankerten Medien ins Feld. Am wenigsten häufig weichen laut der Untersuchung die Kantonalsektionen der SP und der Grünen ab. Bis 2003 war es die SVP, die mit den häufigsten abweichenden Kantonalparolen auffiel. Seit der Abspaltung der BDP wichen die kantonalen SVP-Sektionen allerdings etwa gleich häufig ab wie diejenigen der CVP und der FDP. Grund für die strammere Haltung innerhalb der SVP sei aber nicht nur die Spaltung, sondern vor allem die Verschiebung des Gedankenguts der SVP von rechtsliberal-bürgerlich zu rechtskonservativ - so die Studie weiter. Diese Lesart weckte allerdings harsche Kritik. In einem Beitrag in der Weltwoche Anfang Mai stellte (Noch-)Nationalrat Christoph Blocher klar, dass sich nicht die SVP aus dem bürgerlichen Lager entfernt habe, sondern die CVP und die FDP. Zäsur sei die Abstimmung zum EWR gewesen, wo einzig die SVP mit einer "konsequent liberal-konservativen Politik" die Unabhängigkeit der Schweiz verteidigt habe, was laut Blocher auch ihren nachfolgenden Erfolg begründete.

Abweichungen der Kantonalsektionen bei Parolenfassungen

Wenn Unternehmen Parteien im Interesse der Unternehmensziele Geld spenden, so dürfen sie dies als geschäftsmässig begründeten Aufwand von den Steuern abziehen. Diese unter dem Begriff Politsponsoring bekannte Praxis sollte durch eine parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL) eingeschränkt werden und nur noch möglich sein, wenn die Spende öffentlich bekannt gemacht wird. Die SPK-NR lehnte den Vorstoss, der im Rahmen einer seit einigen Jahren breiter geführten Diskussion um Parteienfinanzierung erörtert wurde, ab und wies darauf hin, dass private Zuwendungen für die vom Staat nicht finanzierten Parteien in der Schweiz sehr wichtig seien. Es bestehe die Gefahr, dass höhere Transparenz Politsponsoring weniger attraktiv machen könnte. Bei der mehrheitlichen Ablehnung des Vorstosses im Nationalrat zeigte sich ein klarer Links-Rechts-Graben: Während die geschlossenen SP- und GP-Fraktionen der Initiative Folge geben wollten, stimmten die GLP-, CVP/EVP-, FDP und SVP-Fraktionen ebenso geschlossen dagegen.

Transparenteres Politsponsoring (Pa.Iv. 12.488)
Dossier: Finanzierung der Politik

Die Fraktionsbeiträge – eine wichtige Finanzierungsquelle der Parteien und quasi-staatliche Parteienfinanzierung – waren der SVP auch 2014 ein Dorn im Auge. 2013 war ihre parlamentarische Initiative für eine Referendumspflicht bei Erhöhung dieser Beiträge zwar gescheitert; im Zuge der Diskussionen um die Budgetkürzungen brachte die SVP allerdings den Vorschlag, auch bei den sich auf total CHF 7.6 Mio. belaufenden Fraktionsbeiträgen zu kürzen. Der Vorschlag fand letztlich allerdings keine Gnade. Die meisten Parteien sind nicht nur auf die Fraktionsbeiträge angewiesen, sondern verlangen auch einen Anteil der Mandatsentschädigung ihrer Abgeordneten. Diese machen etwa bei der SP rund 4 Prozent des Budgets aus, wobei auch die Abgeordneten auf kantonaler und kommunaler Ebene Abgaben tätigen. Bei der CVP und der SVP betragen die Mandatsbeiträge rund 3 Prozent des nationalen Budgets. Eine internationale Studie zeigte auf, dass die höheren Beiträge, die Mandatsträger von linken Parteien ihren Zentralen abgeben müssen, ein gesamteuropäisches Phänomen darstellen.

Fraktionsbeiträge werden nicht gekürzt (2014)
Dossier: Entschädigung von Parlamentsmitgliedern

Die Diskussionen um die Parteienfinanzierung rissen auch 2014 nicht ab. Dabei zeigte sich in vielen Bereichen ein Graben zwischen Links und Rechts. Während die SP und die GP relativ transparent Zuwendungen summarisch veröffentlichten, Spenden von Wirtschaftsunternehmen in der Regel nur sehr zurückhaltend annahmen und bei der mangelnden Transparenz von einem Demokratiedefizit sprachen, schwiegen sich die Bürgerlichen normalerweise über Zuwendungen aus. Politische Parteien würden eine Dienstleistung erbringen, die durchaus auch von Wirtschaftsunternehmen honoriert werden könne, liess etwa die CVP verlauten. Die FDP nehme keine Spenden an, die sieben Prozent des Parteibudgets übersteigen würden - es wüssten aber lediglich der Generalsekretär und der Parteipräsident, woher Spenden fliessen würden. Damit vermeide man politische Abhängigkeiten. Nach wie vor offen war die Forderung der Greco, der Groupe d'Etats contre la Corruption des Europarats, nach gesetzlichen Regelungen für die Parteien- und Kampagnenfinanzierung. Die Schweiz musste aufgrund eines Nichtkonformitätsverfahrens bis Ende April 2014 einen Bericht vorlegen, indem diesbezügliche Bemühungen dargelegt werden sollten. Darin versuchte der Bundesrat, die mangelnde Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung mit den Spezifika des schweizerischen Systems zu erklären. Die Greco zeigte sich allerdings wenig beeindruckt und stellte der Schweiz in einem Zwischenbericht ein schlechtes Zeugnis aus. Die Mehrheit der Empfehlungen sei nach wie vor nicht umgesetzt. Zu befürchten hatte die Schweiz dadurch höchstens einen Reputationsschaden. Dagegen kämpfte insbesondere Justizministerin Simonetta Sommaruga, die zwar verschiedene Varianten für eine Verstärkung der Transparenz bei der Parteienfinanzierung erarbeitete, aber bei den bürgerlichen Parteien und im Gesamtbundesrat kein Gehör fand.
Dafür, dass es in naher Zukunft kaum ein Gesetz für Parteienfinanzierung geben wird, sorgte auch das Parlament. Gleich drei Vorstösse für mehr Transparenz in der Legislative wurden abgelehnt: Die parlamentarischen Initiativen von Thomas Minder (parteilos, SH), von Susanne Leutenegger Oberholzer (sp, BL) und von der Rechtskommission des Ständerates (RK-SR) wurden allesamt versenkt. Mit ein Argument war dabei, dass man durch zu viel Transparenz die Spender vergraulen könnte, was für die staatlich nicht finanzierten Parteien ein Problem darstellen würde.
Auch in den Kantonen fand das Thema Transparenz in der Politik keine Mehrheit. Im Kanton Aargau wurde Ende September eine entsprechende Initiative mit 56% Nein-Stimmen abgelehnt. Das Thema wird freilich nicht so schnell verschwinden. Vor allem die Juso, aber auch Lukas Reimann (svp, SG) dachten laut über nationale Volksinitiativen zum Thema Finanzierung der Politik nach. Zudem gaben die investierten Summen bei verschiedenen Abstimmungskampagnen immer wieder viel zu reden.

Kritik an der Politikfinanzierung aus dem Ausland - Greco
Dossier: Finanzierung der Politik

Die CSP Obwalden gehört nicht zur CSP, sondern politisierte bis 2002 unter dem Dach der CVP Schweiz. Aufgrund von internen Streitigkeiten verselbständigte sich die CSP-OW und war zwischen 2005 und 2009 assoziiertes Mitglied der CSP Schweiz. Seit 2010 ist die CSP-OW aber wieder eine eigenständige, nur auf kantonaler Ebene agierende Partei. Allerdings wurde 2011 mit Karl Vogler ein CSP-OW-Mitglied in den Nationalrat gewählt, das sich für den Anschluss an die CVP-Fraktion entschied.

CSP Obwalden

Der Druck der Groupe d’Etats contre la Corruption (Greco), einem Gremium des Europarats, auf die Schweiz, in Sachen Parteienfinanzierung mehr Transparenz zu schaffen, nahm im Berichtsjahr noch einmal zu. 2011 hatte die Greco auf der Basis eines Länderexamens die Schweiz diesbezüglich gerügt, gegen Europarats-Empfehlungen von 2003 zu verstossen. Der Bundesrat hatte noch 2012 beschlossen, das Gespräch mit der Greco zu suchen und das Gremium darauf hinzuweisen, dass Tradition und Besonderheiten des politischen Systems der Schweiz (direkte Demokratie, Föderalismus) nicht vereinbar seien mit Regelungen zur Finanzierung von Politik. Das Schweizer Parteiensystem könne nicht mit dem anderer Länder verglichen werden. Die im April des Berichtjahres geführten Gespräche fruchteten aber nicht. Die Greco anerkannte zwar die Eigenheiten der Schweiz, konnte aber die Nichtvereinbarkeit des Systems mit höherer Transparenz in der Parteienfinanzierung nicht nachvollziehen. Als Konsequenz wurde die Schweiz in ein so genanntes Nichtkonformitätsverfahren versetzt. Dies hat zwar keine rechtlichen Konsequenzen, der politische Druck auf die Schweiz, die mit ihrem 2006 erfolgten Beitritt implizit auch die Empfehlungen der Greco zur Parteienfinanzierung akzeptiert hatte, sollte aber so weit erhöht werden, bis Massnahmen eingeleitet werden. Im Berichtsjahr weiterhin hängig waren die parlamentarischen Initiativen Leutenegger Oberholzer (sp, BL) und Minder (parteilos, SH). Beide zielen auf eine Regelung der Parteispenden von Unternehmen bzw. börsenkotierten Gesellschaften ab. Immerhin hatte sich die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats Anfang Mai mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung für Folgegeben der Initiative Minder entschieden. Die Schwesterkommission hatte sich bis Ende 2013 noch nicht dazu geäussert. Die fehlenden Regelungen führten auch im Berichtjahr dazu, dass verschiedene Unternehmen von sich aus öffentlich bekannt gaben, Parteien zu finanzieren. So kündigte etwa die Fluggesellschaft Swiss an, ab 2014 die Bundesratsparteien nach einem fixen Verteilschlüssel jährlich finanziell mit total CHF 200'000 unterstützen zu wollen. Die Finanzierung wurde dabei offiziell nicht an Bedingungen geknüpft, die Swiss wünsche sich allerdings auch in Zukunft politische Unterstützung. Die SVP gab bekannt, die Spende anzunehmen, die SP kündigte an, darauf zu verzichten, um sich nicht in Abhängigkeiten zu verstricken. Keine Auskunft gaben die anderen drei Regierungsparteien. In den Kantonen Genf und Tessin kennt man kantonale Transparenzvorschriften. Eine Volksinitiative der Juso im Kanton Basel-Landschaft, die ebenfalls mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung gefordert hätte, hatte an der Urne keine Chance und wurde mit einem Ja-Anteil von 43% abgelehnt. Im Kanton Zürich wurde eine parlamentarische Initiative der SP mit dem Ziel der Offenlegung von Parteispenden von der zuständigen Kommission und dem Regierungsrat abgelehnt.

Kritik an der Politikfinanzierung aus dem Ausland - Greco
Dossier: Finanzierung der Politik

Die Zusammenarbeit zwischen CVP und BDP war auch im Berichtjahr Diskussionsgegenstand. Von einer Fusion war zwar 2013 explizit nicht mehr die Rede, anhand institutionalisierter Treffen der Bundeshausfraktionen und gemeinsam geführter Abstimmungskampagnen sollte aber eine schrittweise Annäherung vorgenommen werden. So wurden in der Presse etwa der gemeinsame Auftritt in der Abstimmungskampagne für den Preisaufschlag der Autobahnvignette oder ein gemeinsam verfasstes Diskussionspapier zu Migration und Personenfreizügigkeit als Zeichen einer weiteren Annäherung der beiden Parteien gewertet. Die Zusammenarbeit sollte aber nicht nur inhaltlich, sondern auch praktisch intensiviert werden. BDP-Präsident Landolt (GL) kündigte an, dass eine gemeinsame Wahlkampagne, die komplementär zu den je eigenständigen Kampagnen geführt werden solle, sowie möglichst flächendeckende Listenverbindungen geplant seien.

Zusammenarbeit zwischen CVP und BDP

Da die drei grossen bürgerlichen Parteien keine zentralen Mitgliederverzeichnisse führen, ist es praktisch nicht möglich, Entwicklungen hinsichtlich ihrer Organisationsstärke zu analysieren. International zeigt sich seit langem ein teilweise beträchtlicher Mitgliederschwund. Die SP, die ein zentrales Register führt, ist von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. Zwischen 1992 und 2011 verloren die Sozialdemokraten rund 15% ihrer Mitglieder, wie der TA berichtete. Die SP wies 2011 noch 31'226 Mitglieder aus. Die von der FDP (120'000 Mitglieder), der CVP (100'000 Mitglieder) und der SVP (90'000 Mitglieder) auf Anfrage genannten Zahlen und insbesondere die Behauptung, dass diese über die letzten 20 Jahre stabil geblieben seien, wurden von Experten angezweifelt. Genauere Angaben lassen sich bei den kleineren Parteien machen, bei denen sich ein gegenteiliger Trend zeigt. Die Mitgliederzahl der Grünen nahm zwischen 2003 und 2012 von 4'779 auf 7'523 zu. Die BDP wuchs zwischen 2008 und 2012 von 3'500 auf 6'000 Mitglieder und die GLP hatte ihre Mitgliederzahl zwischen 2007 und 2012 verdreifacht (2012: 3'600 Mitglieder).

Mitgliederschwund

Die 2008 beschlossene Fusion zwischen der nationalen FDP und der nationalen LP ist bis anhin noch nicht in allen Kantonalsektionen vollzogen worden. Im Berichtsjahr vertieften die Liberalen und die FDP in den Kantonen Genf und Waadt ihre Fusionspläne. Kein Thema ist ein Zusammengehen vorderhand im Kanton Basel-Stadt, wo die Liberale Partei im Berichtsjahr mit der Rückkehr zur Bezeichnung Liberaldemokraten, ihren alten Namen wieder annahm.

Fusion der LPS und der FDP
Dossier: Die Fusion von LPS und FDP

Nachdem die CVP und die BDP nach den Nationalratswahlen und vor den Bundesratswahlen laut über eine mögliche Fusion nachgedacht hatten, wurde Ende 2011 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die Ende Mai 2012 zum Schluss kam, dass eine Fusion nicht geeignet sei. Allerdings werde ein Kooperationsmodell angestrebt, in dessen Rahmen Koordinationstreffen zwischen den Parteispitzen und den Fraktionen stattfinden sollen. Darüber hinaus sollen Listenverbindungen und gemeinsame Wahlplattformen bei nationalen Wahlen sowie gemeinsame Aktivitäten bei Abstimmungen angestrebt werden. Ein Zusammenschluss sei zwar in der Arbeitsgruppe als theoretische Option ebenfalls diskutiert worden, es hätte sich aber gezeigt, dass eine Fusion von der Basis beider Parteien nicht goutiert würde.

CVP und BDP denken über Fusion nach

Anfang September regte Bundesrat Didier Burkhalter in einem Interview an, dass auch die Nichtregierungsparteien an die Von-Wattenwyl-Gespräche eingeladen werden sollten, da sich vor allem die GP und die GLP als verantwortungsvolle Partner bei aussenpolitischen Themen erweisen würden.

Von-Wattenwyl-Gespräche

Das Korruptions-Barometer von Amnesty International, das in mehreren Ländern über 1 000 Personen nach ihrer Einschätzung zur Korruption in verschiedenen Institutionen fragt, zeigte auf, dass sowohl weltweit als auch in der Schweiz die Parteien als die korruptesten politischen Akteure betrachtet werden. 43% der Befragten in der Schweiz denken, dass die politischen Parteien korrupt sind. Laut den Verfassern der Studie sei dieses Resultat auch auf die fehlende Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung zurückzuführen.

Kritik an der Politikfinanzierung aus dem Ausland - Greco
Dossier: Finanzierung der Politik

Das bisher erfolgreichste Projekt der AL ist die Initiative „gegen die Pauschalbesteuerung“, die Ende 2012 mit 103'012 gültigen Unterschriften eingereicht worden war. Ansonsten verliefen die 2009 gestarteten Bemühungen einer nationalen Einigung der antikapitalistischen Gruppierungen allerdings sehr harzig. Historisch bedingte Grabenkämpfe und ideologische Differenzen drohten das Projekt scheitern zu lassen. Nicht nur in der West-, sondern auch in der Deutschschweiz äusserten sich einige Exponenten vermehrt desillusioniert. Es lohne sich eher, sich auf kommunale Politik zu konzentrieren – wie das Beispiel der Stadt Zürich zeige.

Verinigung der antikapitalistischen Kräfte kommt nur schleppend voran