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Jahresrückblick 2021: Aussenpolitik

Nach dem Jahr 2020, das auch im Bereich der Aussenpolitik mehrheitlich von der Covid-19-Pandemie dominiert worden war, kehrten 2021 wieder andere Themen ins Scheinwerferlicht zurück. Allen voran gewannen die Beziehungen zur EU aufgrund unvorhergesehener Ereignisse an Salienz. Die Zeitungsanalyse 2021 von Année Politique Suisse unterstreicht diese Entwicklung eindrücklich: Zeitungsartikel zu den Beziehungen zwischen der Schweiz und Europa machten im vergangenen Kalenderjahr rund die Hälfte aller Artikel im Themenbereich Aussenpolitik aus (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang).

Hauptgrund für die Prominenz der bilateralen Beziehungen in den Medien dürfte das Ende der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU im Mai 2021 gewesen sein. Zwar widerspiegelte der mediale Tonfall nach dem Treffen zwischen Bundespräsident Parmelin und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen Ende April die Hoffnung, dass sich die Verhandlungen in eine weitere Runde würden retten können, doch die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft zeigten die verhärteten Fronten in der Diskussion in der Schweiz auf. Auch das Parlament übte Ende April/Anfang Mai zunehmend Druck auf den Bundesrat aus, endlich neue Ansätze in die seit längerem blockierten Verhandlungen zu bringen. Ein Abbruch der Verhandlungen schien für den Bundesrat schliesslich angesichts der bestehenden Differenzen unvermeidlich, wobei die einseitige Entscheidung von der EU überhaupt nicht begrüsst wurde. Verschiedene politische und zivilgesellschaftliche Akteure wie die SP und die Operation Libero drängten nach dem Verhandlungsabbruch auf neue Lösungsansätze, der polarisierendste zielte gar auf einen EU-Beitritt ab. Eine in der Folge rasch ergriffene Massnahme betraf die seit 2019 blockierte zweite Kohäsionsmilliarde, die auf Initiative des Bundesrats in der Herbstsession von beiden Räten freigegeben wurde. Nachdem dieser zweite Schweizer Beitrag aufgrund der Nichtverlängerung der Börsenäquivalenz 2019 blockiert worden war, erhoffte sich der Bundesrat von der Freigabe nun die Assoziierung an Horizon Europe.

Die Verschlechterung der Beziehungen zur EU hatte sich zu Beginn des Jahres noch nicht unbedingt abgezeichnet. Im März hatte der Bundesrat die Botschaft zur Prümer Zusammenarbeit und dem Eurodac-Protokoll veröffentlicht und damit die Grundlage für eine vertiefte Kooperation mit der EU in Sachen Kriminalitätsbekämpfung gelegt. Diese waren in den beiden Räten unbestritten und wurden einstimmig angenommen. Auch ein weiteres Geschäft im Rahmen der Schengen-Weiterentwicklung, die Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen, fand im Ständerat eine grosse Mehrheit. Etwas umstrittener gestalteten sich die Ratsdebatten über die Schweizer Beteiligung an der Weiterentwicklung von Frontex und über eine dafür nötige Revision des AIG. Da die Räte und die vorberatenden Kommissionen der EU-Migrationspolitik kritisch gegenüberstanden, brachten sie Ausgleichsmassnahmen in die Vorlage ein, um der humanitären Tradition der Schweiz gerecht zu werden. In der Folge wurde vor allem über deren Ausgestaltung diskutiert und weniger über den Frontex-Beitrag, der personelle und finanzielle Mittel umfasste und aufgrund der drohenden Beendigung der Schengen-Assoziierung bei einer Nichtübernahme unbestritten schien.

Deutlich positiver als die EU-Politik liest sich die Bilanz der Schweiz im Hinblick auf die Kooperation mit einzelnen europäischen Staaten. Die bilateralen Beziehungen zum Vereinigten Königreich im Nachgang des Brexit nahmen 2021 weiter Form an. Im Januar nahm der Ständerat als Zweitrat eine Motion Cottier (fdp, NR) an, die eine vertiefte Handelsbeziehung im Rahmen der «Mind the Gap-Strategie» des Bundesrats verlangte. Zudem veröffentlichte der Bundesrat im Juni die Botschaft zum Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die Mobilität von Dienstleistungserbringenden, durch das die Schweiz einen vereinfachten Zugang zum britischen Arbeitsmarkt erhalten soll. Dieses nahm die kleine Kammer in der Wintersession einstimmig an. Auch die Nutzung des französischen Satellitensystems «Composante Spatiale Optique» wurde von beiden Räten ohne grösseren Widerstand angenommen.

Auch in der Aussenwirtschaftspolitik ereignete sich im vergangenen Jahr einiges, angefangen mit der Abstimmung über das Freihandelsabkommen mit Indonesien, welches die Schweizer Bevölkerung im März mit 51.6 Prozent Ja-Stimmen knapper als erwartet annahm. Deshalb werteten auch die unterlegenen Gegner und Gegnerinnen des Abkommens dieses Resultat als Erfolg, insbesondere im Hinblick auf das Freihandelsabkommen mit dem Mercosur, welches gemäss geltender Gesetzgebung automatisch dem fakultativen Referendum unterstellt werden soll. Erwähnenswert war im Kontext des Aussenhandels auch die Anpassung des Embargogesetzes, durch die das Einfuhrverbot von Feuerwaffen, Waffenbestandteilen, Munition und weiteren Gütern aus Russland und der Ukraine fortgeführt werden konnte und die es dem Bundesrat erlaubt, in vergleichbaren Situationen nicht mehr die Bundesverfassung für ein Embargo bemühen zu müssen.

Deutlich weniger Veränderungen als in anderen Jahren gab es bei den Beziehungen zu internationalen Organisationen. Hervorzuheben ist hier die Sistierung des UNO-Migrationspakts durch den Ständerat, welcher die Ergebnisse der Subkommissionen der aussenpolitischen Kommissionen zum Thema «Soft Law» abwarten wollte. Ebenfalls von Bedeutung waren die Bewilligung der von der WAK-SR geforderten ständigen parlamentarischen Delegation bei der OECD durch die beiden Räte in der Herbstsession und die Ratifikation der ILO-Übereinkommen 170 und 174.

Einen Bedeutungsaufschwung erlebten die bilateralen Beziehungen der Schweiz mit China, was sich in einer Vielzahl an parlamentarischen Vorstössen äusserte. Auslöser für die rege Tätigkeit des Parlaments war die mit Spannung erwartete Publikation der Schweizer China-Strategie im März. Diese wurde unter anderem für ihren unklaren Umgang mit den chinesischen Menschenrechtsverletzungen kritisiert, weshalb die aussenpolitischen Kommissionen der Räte selbst aktiv wurden. Bereits vor Veröffentlichung der China-Strategie hatte die APK-NR in der Frühjahrssession einen Bericht zur Umsetzung des bilateralen Menschenrechtsdialogs eingefordert – mit diesem sollte die China-Strategie beurteilt werden. Auch die Situation der tibetischen Exilgemeinschaft in der Schweiz, die laut APK-NR unter der zunehmenden Einflussnahme Chinas leidet, wurde in der Frühjahrssession thematisiert. Kurz darauf engagierte sich die APK-NR auch in diesem Themenfeld: Mittels Motion forderte sie einen stärkeren Fokus der Schweiz auf die Förderung der Menschenrechte in China, der auch in der Schweizer China-Strategie zum Ausdruck kommen sollte. Die Motion wurde vom Nationalrat zwar befürwortet, aber vom Ständerat abgelehnt. Die APK-NR war es auch, die den Bundesrat im Sommer mit einem Postulat ins Schwitzen brachte, das die Prüfung von vertieften Beziehungen mit Taiwan – unter anderem auf politischer Ebene – forderte, was ganz und gar nicht zur Ein-China-Politik der Schweiz passte und vom Bundesrat daher abgelehnt wurde. Anders sah dies der Nationalrat, der das Postulat überwies. Etwas allgemeiner ging die APK-SR vor, die in einer von ihrem Rats bereits unterstützten Motion eine Institutionalisierung des zwischenstaatlichen Austauschs und der Koordination von Schweizer Akteuren mit China verlangte, um die politische Kohärenz der China-Politik sicherzustellen.

Zu kleineren Ausschlägen in der APS-Zeitungsanalyse 2021 führten zudem die Guten Dienste der Schweiz (vgl. Abbildung 1). Im Juni fand in Genf das viel beachtete Treffen zwischen US-Präsident Biden und dem russischen Präsidenten Putin statt, das von den Bundesräten Cassis und Parmelin genutzt wurde, um die Bedeutung des internationalen Genfs als Standort für interdisziplinäre Kooperation hervorzuheben. Im August verstärkte sich die Berichterstattung in diesem Themenbereich aufgrund der durch die Machtübernahme der Taliban ausgelösten Krise in Afghanistan. In deren Wirren evakuierte die Schweiz ihr DEZA-Kooperationsbüro in Kabul und vergab den lokalen Mitarbeitenden der Schweizer Aussenstellen insgesamt 230 humanitäre Visa. Im Bereich der Menschenrechte hatte der Bundesrat noch vor diesen beiden Grossereignissen die Leitlinien Menschenrechte 2021-2024 publiziert.

Die vorübergehenden Lockerungen der globalen Corona-Massnahmen machte sich im EDA vor allem anhand der Auslandreisen von Aussenminister Cassis bemerkbar. Nach einem mageren 2020 schien der EDA-Vorsteher 2021 einiges nachzuholen und reiste in mehrere Länder, die im Fokus der Schweizer MENA-Strategie standen, darunter Algerien, Mali, Senegal, Gambia, Irak, Oman, Libanon, Libyen und Saudi-Arabien. Von besonderer Bedeutung war der Staatsbesuch in der Ukraine, den Cassis zum Anlass nahm, um den Vorbereitungsprozess für die Ukraine-Reformkonferenz 2022 einzuläuten.

Jahresrückblick 2021: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2021

Nachdem der Nationalrat entgegen der Mehrheit seiner APK-NR der parlamentarischen Initiative von Jacques Nicolet (svp, VD) Folge gegeben hatte, musste sich auch der Ständerat zur Idee einer Stärkung der demokratischen Rolle des Parlamentes bei Handelsabkommen äussern. Auch die APK-SR empfahl mit 5 zu 3 Stimmen (2 Enthaltungen), dem Anliegen keine Folge zu geben. Es gebe für das Parlament genügend Mitwirkungsmöglichkeiten in der internationalen Handelspolitik der Schweiz und ein stärkeres Einmischen würde den nötigen Verhandlungsspielraum für den Bundesrat zu stark beschränken, argumentierte die Kommissionsmehrheit im Rat, vertreten durch Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU). Die Minderheit hingegen befürwortete die Schaffung gesetzlicher Grundlagen, um der Aushandlung von Handelsabkommen Leitplanken zu geben. Die kleine Kammer folgte der Kommissionsmehrheit und versenkte den Vorstoss ohne Diskussion.

Stärkung der demokratischen Rolle des Parlamentes bei Handelsabkommen (Pa.Iv. 19.477)

Le Conseil des États s'est aligné sur la décision du Conseil national, la recommandation de la CER-CE et la recommandation du Conseil fédéral d'adopter la motion qui veut clarifier les doutes concernant l'accord de doubles impositions entre la Suisse et l'Italie. La motion a été adoptée tacitement.

Convention de 1976 contre les doubles impositions entre la Suisse et l'Italie. Dissiper les doutes concernant l'interprétation et l'application des articles 5 et 11 (Mo. 19.3066)

Der Ständerat nahm sich in der Wintersession 2021 des Sozialversicherungsabkommens mit Tunesien an. Paul Rechsteiner (sp, SG), der im Namen der SGK-SR das Wort ergriff, sprach sich für die Annahme des «Standardabkommens» aus. Dieses werde «keine übertrieben bedeutenden Folgen» haben, aber die soziale Sicherheit für tunesische Staatsangehörige in der Schweiz und für Schweizer Staatsangehörige in Tunesien regeln. Rechsteiner hob hervor, dass über hundert Schweizer Unternehmen mit schweizerischer Kapitalbeteiligung in Tunesien existierten, die rund 14'000 Personen beschäftigten. Die Kommission habe die Annahme des Abkommens einstimmig empfohlen, weil damit ein Rentenexport und die Anrechnung von Beitragszeiten in der ersten Säule möglich gemacht würden. Laut Rechsteiner stellt ein Sozialversicherungsabkommen zudem eine Voraussetzung für die weitere Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen dar. Bundesrat Berset erklärte, dass das Abkommen keine Gesetzesänderung notwendig mache und die langfristigen Kosten auf CHF 2.7 Mio. geschätzt würden, wobei sich diese nur auf die Auszahlung der Renten ins Ausland bezögen. Wie zuvor schon Rechsteiner merkte auch Berset an, dass das Abkommen dem fakultativen Referendum unterliege. Die kleine Kammer nahm das Geschäft mit 35 zu 4 Stimmen deutlich an, nur einige Mitglieder der SVP-Fraktion sprachen sich dagegen aus.

Abkommen mit Tunesien zur sozialen Sicherheit
Dossier: Sozialversicherungsabkommen der Schweiz

La chambre du peuple a confirmé la volonté des sénateurs et sénatrices de protéger l'indication de provenance suisse en Chine et de stopper les contrefaçons chinoises. Une motion de la Commission de politique extérieure du Conseil des États (CPE-CE) a été adoptée au Conseil national par 126 voix contre 51. Les députés et députées ont suivi la recommandation de la majorité de la CPE-CN, par 19 voix contre 5 et 1 abstention, d'adopter la motion. La majorité de la CPE-CN a souligné l'importance de la propriété intellectuelle pour l'économie helvétique. Étant donné la prépondérance du marché chinois et sa force de frappe commerciale, elle propose de régler prioritairement les problèmes liés à l'indication de provenance et aux contrefaçons avec la Chine, dans le cadre de l'accord de libre-échange entre la Suisse et la Chine, puis d'aborder le problème de la propriété intellectuelle dans son ensemble, pays par pays. Une minorité, emmenée par des députés et députées agrariennes, s'est opposée à la motion. Elle a critiqué le choix d'un conflit unilatéral avec la Chine, plutôt qu'une résolution globale d'une problématique qui existe avec d'autres pays. En chambre, seulement 42 voix UDC et 9 voix PLR se sont opposées à la motion. La motion a donc été adoptée par les deux chambres.

Protection de l'indication de provenance suisse. Stop aux contrefaçons chinoises (Mo. 21.3591)

Im Zuge der 2020 und 2021 anhaltenden Proteste gegen die Covid-19-Massnahmen der Behörden entstand eine ganze Reihe neuer politischer Organisationen, und manche ältere Gruppierungen gewannen neuen Schwung. Zu den Organisationen, die in der öffentlichen Debatte in der Folge eine teils prominente Rolle einzunehmen vermochten, gehörten die folgenden:

Der Verein «Freunde der Verfassung» wurde an Pfingsten 2020 auf dem Rütli gegründet, ein Jahr später zählte er rund 12'000 Mitglieder. Viele von diesen – auch die meisten Vorstandsmitglieder – waren davor kaum politisch aktiv. Der Verein sah durch die Covid-19-Massnahmen, aber auch durch andere Vorhaben der Behörden die verfassungsmässigen Grundrechte und die bürgerlichen Freiheiten verletzt. Um solche Vorhaben zu bekämpfen, nutzten die Freunde der Verfassung stark den direktdemokratischen Kanal, wobei sie eine bemerkenswerte Fähigkeit zum Sammeln zahlreicher Unterschriften bewiesen. Nebst den Referenden gegen das Covid-19-Gesetz und gegen dessen zweite Revision waren sie auch massgeblich an den Referenden gegen das E-ID-Gesetz, gegen das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen gegen Terrorismus (PMT) und gegen das Medienpaket beteiligt. Ausserdem wirkten sie bei der Unterschriftensammlung für die Volksinitiative gegen eine Impfpflicht (Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit») mit und gaben im Sommer 2021 bekannt, eine Volksinitiative zur Einführung der Gesetzesinitiative zu planen. Die Geldmittel für diese zahlreichen Kampagnen stammten «von Mitgliedern, aus Spenden und von einer Handvoll sehr besorgter Unternehmer, von denen keiner Blocher heisst», wie die Freunde der Verfassung sich in der NZZ zitieren liessen. Das Präsidium des Vereins teilten sich Marion Russek und Werner Boxler. In der medialen Öffentlichkeit stark in Erscheinung traten zudem Mediensprecher Michael Bubendorf, ein ehemaliges SVP-Mitglied, und Kampagnenleiter Sandro Meier, nach eigener Aussage ein «ehemaliger Links-Grün-Wähler». Verschiedene Medien sahen zudem den Solothurner Publizisten Christoph Pfluger als wichtige Figur bei den Freunden der Verfassung.

Der im Februar 2021 gegründete Verein «Mass-voll!» verstand sich als Jugendbewegung gegen die Behördenmassnahmen. Die jüngere Generation sei durch eine Covid-19-Infektion gesundheitlich am wenigsten gefährdet, doch gerade diese Generation werde in ihrer Entwicklung und Freiheit durch die Massnahmen besonders getroffen. Ähnlich wie die Freunde der Verfassung, aber oft in deutlich schärferem Ton prangerte Mass-voll die «Freiheitsberaubung und Überwachung der Bürger», «eine Zweiklassengesellschaft von Geimpften und Nichtgeimpften» sowie eine zu grosse Machtkonzentration beim Bundesrat an, die dieser für «menschenverachtende» Massnahmen und die «Abschaffung der Grundrechte» missbrauche. Zur Verbreitung ihrer Positionen setzte Mass-voll stark auf die Sozialen Medien sowie auf Kundgebungen. Bekanntester Exponent war Co-Präsident Nicolas Rimoldi, der auch im Vorstand der Auns sitzt und bereits vor der Pandemie mit libertären Positionen innerhalb der FDP aufgefallen war. Neben ihm war zunächst Carla Wicki und ab Sommer 2021 Viola Rossi Co-Präsidentin. Andere leitende Mitglieder von Mass-voll waren gemäss NZZ für die SVP aktiv.

Das «Aktionsbündnis Urkantone für eine vernünftige Corona-Politik» entstand im Herbst 2020 und hatte seine Basis in den Kantonen Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden. Im Herbst 2021 zählte es nach eigenen Angaben «deutlich über 1'000 eingeschriebene Unterstützer». Das Aktionsbündnis trat zum einen als Mitorganisator von Kundgebungen in Erscheinung, zum anderen auch in den Abstimmungskampagnen gegen das Covid-19-Gesetz und gegen dessen zweite Revision. Es kritisierte die «Corona-Zwangsmassnahmen» als «unsinnig, schädlich und unverhältnismässig». Nach eigenen Angaben setzte sich das Aktionsbündnis «für die freie Diskussion und sachliche Aufklärung der Bevölkerung» ein und orientierte sich an «unabhängigen Informationsquellen über die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und dem Stand der nicht einer politischen Agenda unterworfenen Wissenschaft». Bekanntestes Gesicht des Aktionsbündnisses war der Schwyzer Unternehmer Josef Ender.

Das «Netzwerk Impfentscheid» war schon 2011 als Zusammenschluss impfkritischer Personen gegründet worden und hatte 2013 erfolglos mit einem Referendum gegen das Epidemiengesetz gekämpft. Die Covid-19-Pandemie verlieh dem Netzwerk gemäss NZZ «neuen Schub». Das Netzwerk sah sich als Stimme gegen die «Impfpropaganda» der Behörden und gegen eine aus seiner Sicht drohende Impfpflicht. Prominentester Exponent des als Verein organisierten Netzwerks war der Naturheilpraktiker Daniel Trappitsch.

Die «Freiheitliche Bewegung Schweiz» war schon vor der Covid-19-Pandemie vom ehemaligen Luzerner SVP-Politiker Richard Koller gegründet worden. Sie fand mit dem Kampf gegen Maskenpflicht, Impfen und Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens ein neues Tätigkeitsfeld. Am 1. Dezember 2020 startete die Freiheitliche Bewegung die Volksinitiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit», die sich gegen eine Impfpflcht richtet. Andere Forderungen der Bewegung betrafen den Erhalt des Bargelds oder die Möglichkeit für alle Gemeinden, autonom über die Einführung des Mobilfunkstandards 5G zu entscheiden. Die NZZ charakterisierte die Bewegung im März 2021 als «Sammelbecken für Menschen, die dem Staat grundsätzlich misstrauen und sich durch seine <Machenschaften> bedroht sehen».

Die «Freiheitstrychler» traten im Herbst 2020 erstmals in Erscheinung. An Protestkundgebungen gegen Covid-19-Massnahmen zogen sie mit ihren unüberhörbaren Trycheln und den weissen Hirtenhemden in der Folge viel Aufmerksamkeit auf sich, auch medial. Im Mai 2021 bestanden sie gemäss Medienberichten aus rund 100 Personen, die grossmehrheitlich aus dem Kanton Schwyz stammten. Ihr Gründer, der Schwyzer Andy Benz, ist SVP-Mitglied.

Organisationen der Covid-Protestbewegung
Dossier: Schutz des Bargelds in der Schweiz

Im Oktober 2021 kündigten Operation Libero und die Grünen an, gemeinsam eine Volksinitiative zur Europapolitik zu lancieren. Bereits nach dem Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen durch den Bundesrat im Frühling 2021 hatte Operation Libero Initiativpläne bestätigt. Es wäre das erste Mal, dass die seit 2014 bestehende Organisation eine eigene Volksinitiative (mit)lanciert.
Operation Libero und die Grünen erklärten, mit der Initiative die Europadebatte «deblockieren» zu wollen. Der Bundesrat und die Bundesratsparteien sähen das EU-Dossier als toxisch an und getrauten sich nicht, dieses anzufassen. Als zivilgesellschaftliche Organisation und als Nichtregierungspartei wollten sie die Schweizer Politik nun zwingen, Position zu beziehen: «Dieses europapolitische Mikado, in dem als Verlierer gilt, wer zuerst etwas bewegt, muss endlich ein Ende haben», schrieb Operation Libero. Die Finalisierung des Initiativtexts und der Start der Unterschriftensammlung waren gemäss Sonntagszeitung für Frühsommer 2022 geplant.

Operation Libero kündigte mit den Grünen eine Volksinitiative zu Europa an

Im Oktober 2021 veröffentlichte der Bundesrat den Bericht in Erfüllung des Postulats «Roadmap in Finanz- und Steuerfragen», mit dem Marco Romano (mitte, TI) eine Beurteilung der 2015 abgeschlossenen Roadmap mit Italien gefordert hatte. Im Bericht gab der Bundesrat eine Übersicht über den Fortschritt der einzelnen steuer- und finanzpolitischen Dossiers, die Bestandteil der Roadmap sind. Im Hinblick auf den Automatischen Informationsaustausch kam der Bundesrat zum Schluss, dass durch die Umsetzung des AIA-Standards der OECD kein weiterer Handlungsbedarf bestehe. Im Bereich des Informationsaustauschs auf Ersuchen sah der Bundesrat die Zielsetzungen aufgrund des Änderungsprotokolls zum DBA mit Italien als erfüllt an. Obwohl die Ziele der Roadmap bezüglich des DBA generell umgesetzt worden seien, soll eine weitere Revision nach Unterzeichnung des Grenzgängerabkommens auf bilateraler Ebene angestossen werden, gab der Bundesrat im Bericht bekannt. Mit ebenjenem Grenzgängerabkommen wurde gemäss Bericht zudem ein weiteres Dossier der Roadmap zielgerecht erfüllt. Auch die Forderung nach einer Streichung der Schweiz von Italiens schwarzen Listen wurde mehrheitlich erfüllt: Gewisse Listen wurden von Italien abgeschafft, bei zwei weiteren wurde die Schweiz neu kategorisiert und daher von der Liste entfernt. Nach jüngsten Gespräche zeichnete sich zudem ab, dass die Schweiz zeitnah auch von der schwarzen Liste der Steuerparadiese von 1999 gestrichen werden könnte. Die Situation der Besteuerung der italienischen Enklave Campion d'Italia sei auf bilateraler Ebene mit Italien geklärt worden und ein regelmässiger Austausch der Finanzdepartemente sei vorgesehen. Darüber hinaus wurde im Bericht erwähnt, dass sich die Schweiz um ein bilaterales Abkommen mit Italien für das grenzüberschreitende Geschäft ohne Zweigniederlassungserfordernis bei der Vermögensverwaltung mit Privatkunden bemühe. Zusammenfassend hielt der Bundesrat fest, dass die Roadmap zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen geführt habe und auch weiterhin als Instrument genutzt werde, um einen konstruktiven Dialog in Steuer- und Finanzfragen zu führen.

Beurteilung der Roadmap zwischen der Schweiz und Italien von 2015

Im Co-Präsidium der Operation Libero trat Sanija Ameti die Nachfolge von Laura Zimmermann an. Dies beschloss der Vorstand im Oktober 2021, nachdem Zimmermann nach fünfjähriger Amtszeit zurückgetreten war. Zweiter Co-Präsident blieb der seit Juni 2020 amtierende Stefan Manser-Egli.
Die 28-jährige Juristin Ameti hatte bereits im Frühling 2021 wegen ihrer prominenten Rolle im Abstimmungskampf gegen das Gesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT) und davor in der Kampagne gegen das E-ID-Gesetz einige öffentliche Bekanntheit erlangt. Aufgrund dieses Engagements war nach ihren Angaben auch die Operation Libero auf Ameti aufmerksam geworden und hatte sie in den Vorstand geholt. Ameti ist ausserdem auch Mitglied der Parteileitung der GLP des Kantons Zürich. Die NZZ glaubte deshalb, mit Ameti werde sich die offiziell parteiunabhängige Operation Libero weiter der GLP annähern, wie es bereits seit einiger Zeit festzustellen sei.
In einem Interview mit der NZZ zu ihrem Amtsantritt kündigte Ameti an, dass die Operation Libero ihre Position als ausserparlamentarische Bewegung, die nicht auf Wahlen schielen muss, nutzen werde, um «den Parteien die unbeliebtesten, aber strukturell wichtigsten Themen überhaupt auf[zu]zwingen: Europapolitik, Digitalisierung und Cybersicherheit sowie die Forderung [nach] einem liberalen Bürgerrecht». Dies sei nötig, weil namentlich die FDP ein «liberales Vakuum» in diesen Bereichen hinterlasse.

Im Co-Präsidium der Operation Libero folgte Sanija Ameti auf Laura Zimmermann

Beim Schweizerischen Städteverband (SSV) trat im Oktober 2021 der neue Direktor Martin Flügel sein Amt an. Flügel war zuletzt bereits stellvertretender Direktor des SSV und davor unter anderem geschäftsführender Präsident der Gewerkschaft Travail.Suisse gewesen. Er folgte auf Renate Amstutz, die den Verband dreizehn Jahre lang geführt hatte. Wie der SSV mitteilte, habe Amstutz in ihrer Amtszeit unter anderem erreicht, «dass die Schweizer Städte vom Bund vermehrt unmittelbar als Partner auf Augenhöhe akzeptiert werden und nicht bloss mittelbar via Kantone».
Der SSV sieht sich als Interessenvertretung der Städte, Agglomerationen und städtischen Gemeinden und damit als «Stimme der urbanen Schweiz». 2021 gehörten dem Verband 128 Gemeinden mit jeweils mindestens 5'000 Einwohnerinnen und Einwohnern an. Präsident des SSV ist seit 2013 Kurt Fluri, Stadtpräsident von Solothurn.

Neuer Direktor für den Städteverband

Das Abkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, das Eurodac-Protokoll, das Abkommen mit den USA über die Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten und der Verpflichtungskredit für die Umsetzung des Programms Prüm Plus gelangten in der Herbstsession 2021 mit der einstimmigen Unterstützung der SIK-NR in den Nationalrat. Kommissionssprecherin Graf-Litscher (sp, TG) sah in der vereinfachten polizeilichen Zusammenarbeit im Rahmen des Prümer Abkommens grosse Vorteile, weil dadurch bei Abfragen von DNA-Profilen und Fingerabdruckdaten ein automatisierter Abgleich mit anderen nationalen europäischen Datenbanken gleichzeitig möglich werde. Sie warnte zudem vor negativen Auswirkungen einer Nichtteilnahme der Schweiz und wies darauf hin, dass Kriminalität ein grenzübergreifendes Problem sei, welches eine internationale Zusammenarbeit notwendig mache. Ihr Kommissionskollege Pointet (glp, VD) erklärte, dass das Abkommen mit den USA die gleiche Thematik behandle und daher mit den gleichen Vorteilen einhergehe. Da alle Fraktionen die Verbesserung der internationalen Polizeizusammenarbeit begrüssten, stand den Vorlagen wie schon im Ständerat nichts im Weg. Alle drei Bundesbeschlüsse wurden von der grossen Kammer einstimmig angenommen.
In den Schlussabstimmungen wenige Tage später bestätigten die Räte die deutlichen Ergebnisse aus den Ratsdebatten. Das Abkommen mit den Vereinigten Staaten wurde vom Nationalrat mit 194 zu 1 Stimme (bei 1 Enthaltung) und vom Ständerat einstimmig angenommen. Das Abkommen zur Prümer Zusammenarbeit nahm der Nationalrat mit 191 zu 1 Stimme (bei 3 Enthaltungen) an, im Ständerat war das Ergebnis wiederum einstimmig. Zum Verpflichtungskredit war keine Schlussabstimmung nötig.

Genehmigung des Abkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, des Euroda-Protokolls, des Abkommens über die Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten sowie zu deren Umsetzung und über einen Verpflichtungskredit für die Umsetzung des Programms Prüm Plus

Wirtschaftsfreundliche Kreise riefen im Herbst 2021 einen neuen Think-Tank ins Leben. Dieser sollte nach eigenem Bekunden «dem Moralismus wirtschaftsskeptischer Kreise mit einer ethischen Offensive aus liberaler Sicht begegne[n]». Der angestrebten Verbindung von Liberalismus und Ethik sollte auch der Vereinsname «Liberethica» Ausdruck verleihen. Laut dem NZZ-Magazin handelte es sich dabei um ein weltweit einzigartiges Vorhaben: Bisher gebe es nur Lehrstühle für Wirtschaftsethik an Universitäten, aber nirgends eine Institution, die sich mit einer politischen Stossrichtung «dem Brückenschlag zwischen Ethik und liberaler Wirtschaft verpflichtet» habe.
Wesentlicher Auslöser für die Gründung der Denkfabrik war der Abstimmungskampf zur Konzernverantwortungsinitiative, die in der Volksabstimmung vom November 2020 eine Stimmenmehrheit erzielt hatte und nur am Ständemehr gescheitert war. Die Gründerinnen und Gründer von Liberethica störten sich daran, dass Nichtregierungsorganisationen und Kirchen den Abstimmungskampf mit Slogans wie «Menschlichkeit statt Profit» moralisch aufgeladen und geprägt hätten. Die Wirtschaft sei damit unter Pauschalverdacht gestellt worden – und habe lernen müssen, dass sie ethischen Positionen nicht mit wirtschaftlichen Argumenten beikommen könne, sondern vielmehr ihrerseits ethisch argumentieren müsse. Mit der neuen Denkfabrik solle solchen Argumenten eine Plattform geboten und ein Gegengewicht zu «den wirtschaftsskeptischen Akteuren – Hilfswerke, Kirchen, Klimabewegung» aufgebaut werden, wie die Geschäftsführerin von Liberethica, Béatrice Acklin Zimmermann, erklärte. Die Theologin, Publizistin und Freiburger FDP-Stadtparlamentarierin war bereits 2019 an der Gründung eines Think-Tanks «Kirche/Politik» beteiligt gewesen.
Im Gründungsvorstand von Liberethica sassen weitere, teils prominente Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kirchen – so etwa Ex-UBS-CEO Peter Wuffli, Ex-Avenir-Suisse-Direktor Gerhard Schwarz, Gastrounternehmer Rolf Hiltl, FDP-Nationalrat Kurt Fluri (fdp, SO), die frühere EVP-Nationalrätin und Stiftungsrätin von Brot für alle Maja Ingold (evp, ZH), der Gstaader Pfarrer Bruno Bader oder der Direktor des Zentrums für Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit der School of Management Fribourg, Philipp Aerni.
Mehrere dieser Exponentinnen und Exponenten waren bereits Teil des kirchennahen «Ethikkomitees» gewesen, das sich vor der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative gegen die offensiv kommunizierte Ja-Parole der Landeskirchen gestellt und die Initiative abgelehnt hatte. Auch Liberethica lag laut NZZ-Magazin schon bei seiner Gründung über Kreuz mit den Landeskirchen; offenbar hätten sich zwei weitere «Kirchenleute» für eine Mitwirkung im Liberethica-Gründungsvorstand interessiert, sich aber auf Druck der Landeskirchen zu einem Rückzug gedrängt gefühlt.
Was das Verhältnis von Liberethica zur Wirtschaft betrifft, suchten die Gründerinnen und Gründer den Eindruck einer unkritischen Nähe zu vermeiden: Man finanziere sich durch Beiträge von Privaten, Stiftungen und Firmen, von den Wirtschaftsverbänden sei man unabhängig, so Kurt Fluri. Geschäftsführerin Acklin Zimmermann wollte «eine konstruktiv-kritische Haltung gegenüber der Wirtschaft» einnehmen und im Auge behalten, dass «der Markt auch zu Missbräuchen und Monopolen führe». Anders als «die Gesinnungsethiker der Kirchen und der Nichtregierungsorganisationen» suggerierten, gebe es in der Praxis allerdings kaum je moralisch reine Lösungen; gefragt sei bei ethischen Dilemmata eine verantwortungsethische Güterabwägung.

Gründung des Thinktanks Liberethica

In der Herbstsession 2021 beriet der Ständerat die Motion Germann (svp, SH) «Kein InstA-Hüftschuss ohne Klärung der offenen Punkte», welche inhaltlich identisch mit der im Dezember 2020 vom Nationalrat abgelehnten Motion 20.3985 der SVP-Fraktion war. Damian Müller (fdp, LU) empfahl im Namen der APK-SR die Ablehnung der Motion. Mit dem Beschluss der Nichtunterzeichnung des Rahmenabkommens sei die Motion inhaltslos geworden. Motionär Germann lobte den Bundesrat für diese Notbremse und den Verhandlungsabbruch. Den Grund für das Scheitern verortete er in der «dogmatischen Sturheit und Arroganz der Brüsseler Zentralbürokratie». Aufgrund der Unerfüllbarkeit zog Germann seine Motion zurück.

Kein InstA-Hüftschuss ohne Klärung der offenen Punkte (Mo. 20.3985)
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen

Im Juli 2021 hatte die APK-SR die Motion Salzmann (svp, BE; Mo. 20.3993) vorberaten, welche die Nichtunterzeichnung und Abschreibung des institutionellen Abkommens mit der EU forderte. Die gleichlautende Motion Aeschi (svp, ZG; Mo. 20.3986) war bereits im Dezember 2020 im Nationalrat gescheitert. Angesichts des Abbruchs der Verhandlungen über das institutionellen Rahmenabkommen erachtete die Kommission die Motion als obsolet. Diesen Standpunkt vertrat in der Herbstsession 2021 auch Kommissionssprecher Müller (fdp, LU) im Rat, woraufhin Salzmann seine Motion zurückzog.

Abschreibung des institutionellen Abkommens (Mo. 20.3986)
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen

Die Beratung des Ständerats über die Freigabe des zweiten Kohäsionsbeitrags in der Herbstsession 2021 dauerte rund zwei Stunden. Einen Nichteintretensantrag Minder (parteilos, SH) lehnte die kleine Kammer mit 34 zu 9 Stimmen klar ab. Ständerat Minder zweifelte daran, dass die EU nach der Auszahlung der Kohäsionsmilliarde in Höhe von CHF 1.3 Mrd. ihre «Repressionen gegen die Schweiz» beenden würde. Man habe von der EU bisher keine Signale erhalten, dass dadurch die Aufnahme ins Forschungsprogramm Horizon Europe oder die Wiederinstandsetzung der Börsenäquivalenz gewährleistet würde. Eine bedingungslose Freigabe wäre daher «falsch» und «grob fahrlässig». Sein Mitunterstützer Marco Chiesa (svp, TI) äusserte seinen Unmut darüber, dass sich die Schweiz der «kolonialistischen Politik Brüssels» unterwerfen wolle und ohne Garantien Geld auszahle. Auch einige Ratsmitglieder der Mitte wie Heidi Z'graggen (mitte, UR) und Daniel Fässler (mitte, AI) störten sich daran, dass der Kohäsionsbeitrag ausbezahlt werden solle, obwohl die 2019 vom Parlament geforderte Bedingung der «Nicht-Diskriminierung» seitens der EU nicht erfüllt worden war.
Eine überwiegende Mehrheit des Ständerats wollte mit dem Entscheid jedoch einen ersten Schritt auf die EU zugehen. Matthias Michel (fdp, ZG), Sprecher der APK-SR, hielt fest, dass die Zurückbehaltung der Kohäsionsmilliarde offensichtlich keinen Druck auf die EU aufgebaut habe. Die gegenseitige «Blockadepolitik» habe auf beiden Seiten die gewünschte Wirkung verfehlt, nach dem Scheitern des Rahmenabkommens müssten nun auch diese Blockaden beendet werden. Pirmin Bischof (mitte, SO) betonte, dass die Kohäsionszahlungen nichts mit dem InstA zu tun hätten und der EU für die Teilnahme der Schweiz am Binnenmarkt geschuldet sei. Bischof meinte, die Deblockierung der bilateralen Verträge müsse der nächste Schritt sein. Obwohl die EU keine Garantie dafür abgegeben habe, so herrsche doch die Gewissheit, dass die Nichtfreigabe des Beitrags sicher nicht zur Deblockierung führe. Auch Daniel Jositsch (sp, ZH) kam zum Schluss, dass die Schweiz ohne eine Freigabe nichts erreichen könne und bemühte die Analogie eines Mietverhältnisses, bei dem der Mieter einen neuen Mietvertrag abschliessen will, obwohl er seine Miete nicht bezahlt habe. Die Zahlung des Kohäsionsbeitrags bestärke die Verlässlichkeit der Schweiz und lege die Basis für die Fortführung des bilateralen Wegs, argumentierte Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU).
Bundesrat Ignazio Cassis wiederholte, dass die Zahlung keineswegs eine Garantie für die Assoziierung an Horizon Europe bedeute, obwohl die EU diese politisch sachfremden Themen miteinander verknüpft habe. Der Bundesrat sei aber bestrebt, die «Negativspirale der Konditionalitäten» zu durchbrechen und mit dem Beitrag einen ersten Schritt zu machen. Daher lehnte Cassis auch die Verknüpfung der Freigabe mit der Finanzierungsbotschaft zu Erasmus plus ab. Eine Minderheit Sommaruga (sp, GE) hatte vorgeschlagen, den Rahmenkredit nicht umzusetzen, bis der Bundesrat dem Parlament die Finanzierungsbotschaft der Teilnahme an Erasmus plus vorgelegt habe. Diesen Minderheitenantrag zog Sommaruga kurz darauf zurück, da der Nationalrat gleichentags eine Motion der APK-NR (Mo. 21.3975) angenommen hatte, welche seinem Anliegen entsprach. Aussenminister Cassis erinnerte die kleine Kammer auch daran, dass das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas 2024 auslaufe und Verpflichtungen nur bis dann eingegangen werden könnten. Er plädierte daher für einen möglichst baldigen Entscheid, denn anhand der Erfahrungen mit dem ersten Kohäsionsbeitrag liesse sich festhalten, dass zwischen dem Parlamentsentscheid und der Projektumsetzung rund drei Jahre vergingen. Schliesslich stimmte der Ständerat der Freigabe mit 30 zu 9 Stimmen, gegen den Willen der SVP und einiger Mitglieder der Mitte, deutlich zu.

Der zweite Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten (Zweite Kohäsionsmilliarde)
Dossier: Schweizer Beitrag an die erweiterte EU

In der Herbstsession 2021 behandelte der Nationalrat die Motion Müller (fdp, LU), die vom Bundesrat Verhandlungen mit Algerien über Rückführungen auf dem Seeweg forderte. Eine Minderheit der SPK-NR, angeführt von Greta Gysin (gp, TI), beantragte die Ablehnung der Motion, da der Bundesrat bereits im Austausch mit Algerien stehe, um die Situation bei den Rückführungen zu verbessern, und die Zielsetzung der Motion diesbezüglich «nicht zielführend» sei. Zudem habe die Schweiz kein Problem bei der Durchführung von Zwangsrückführungen, sondern mit 50 Prozent gar eine deutlich höhere Abschiebequote als beispielsweise die EU, argumentierte Gysin in der Ratsdebatte. Eine marginale Mehrheit der Kommission – der Entscheid war mit 10 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung sehr knapp ausgefallen – setzte sich hingegen für Annahme des Vorstosses ein, weil die Motion den Anstrengungen des Bundesrats Nachdruck verleihe. Kommissionssprecher Jauslin (fdp, AG) kritisierte, dass in der gegenwärtigen Lage eine Rückführung nur mit Linienflügen möglich sei, während Algerien Sonderflüge nicht erlaube. Viele abgewiesene Asylsuchende blieben daher auf unbestimmte Zeit in der Schweiz, weshalb auch die in der Motion vorgeschlagenen Rückführungen auf dem Seeweg sinnvoll seien. Die Mehrheit der Kommission vertrete die Meinung, dass der effiziente Vollzug von Rückführungen wichtig für die Glaubwürdigkeit des Asylsystems sei, schloss Jauslin. Bundesrätin Karin Keller-Sutter wies darauf hin, dass Algerien auch keine Sonderflüge aus anderen europäischen Ländern akzeptiere, ansonsten aber das Rückübernahmeabkommen mit der Schweiz gut umsetze. Die Rückkehrpendenzen seien trotz der Corona-bedingten Verzögerung nur leicht angestiegen und man sei überzeugt, dass sich die positive Entwicklungstendenz nach Ende der Pandemie wieder einstellen werde. Die Bundesrätin bezweifelte, dass sich Algerien auf die Verhandlungen für ein Abkommen zur maritimen Rückführung einlassen werde, weshalb ein verbindlicher Verhandlungsauftrag nicht hilfreich wäre.
Der Nationalrat tat es in der Abstimmung jedoch der kleinen Kammer gleich und nahm die Motion mit 116 zu 64 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) gegen den Willen des Bundesrats an. Der geeinte Widerstand der SP- und Grünen-Fraktionen vermochte die Annahme nicht zu verhindern.

Rückführungen auf dem Seeweg mit Algerien verhandeln

Die APK-NR forderte im Juni 2021 die Modernisierung des Freihandelsabkommens mit China. Der Bundesrat solle die Aufnahme eines Kapitels zur Einhaltung der internationalen Standards im Bereich Menschen- und Arbeitsrechte aushandeln. Die Kommission begründete den Antrag damit, dass in der China-Strategie 2021-2024 die Modernisierung des FHA vorgesehen sei und angesichts der Anschuldigungen gegen die chinesische Regierung Kriterien zur Einhaltung der Menschen- und Arbeitsrechte nötig seien. Man habe solche Kriterien auch in neuere Abkommen mit anderen Staaten aufgenommen. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, unter anderem weil der 2017 aufgenommene exploratorische Prozess mit China zur Überarbeitung des Abkommens keine Einigung hinsichtlich der zu vertiefenden Themen ergeben habe und seither stagniere. Die Aufnahme des geforderten Kapitels erachte man als nicht realistisch, stattdessen wolle man sich auf die Stärkung der aktuellen Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung fokussieren. Die Schweiz werde die Problematik der Menschenrechte und der Arbeitsstandards beim nächsten Treffen im Rahmen des Arbeits- und Beschäftigungsdialogs mit China ansprechen und bringe diese bereits über den gemischten Ausschuss des Freihandelsabkommens und «über alle anderen geeigneten Kanäle» ein.
In der Herbstsession 2021 beschäftigte sich der Nationalrat mit der Motion, die ihm von seiner aussenpolitischen Kommission mit 13 zu 12 Stimmen nur knapp zur Annahme empfohlen worden war. Kommissionssprecher Walder (gp, GE) bezeichnete das eigentlich noch neue FHA aus dem Jahr 2013 als «sehr unvollständig» in Bezug auf Standards, die sonst für moderne Wirtschaftsabkommen wie das FHA mit Indonesien gälten. Walder appellierte im Namen der Kommission, den Menschenrechten mehr Gewicht zu verleihen und das Kapitel in Auftrag zu geben, alles andere wäre «unverständlich und heutzutage sogar unanständig». Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) wies hingegen darauf hin, dass der Versuch, die Menschenrechte ins Freihandelsabkommen zu implementieren, einer de facto Kündigung des Abkommens gleichkäme. Eine starke Kommissionsminderheit Wehrli (fdp, VD) setzte sich gegen das Motionsanliegen, aber nicht gegen den Schutz der Bevölkerung und willkürlich verhafteter Personen ein, wie ihr Sprecher Wehrli versicherte. Er bezeichnete die Motion als «aus gesetzgeberischer Sicht» unnötig, weil die damit verbundenen Ziele schon in der China-Strategie enthalten seien und der Bundesrat schon über die dafür nötigen Instrumente verfüge. Bundesrat Parmelin machte deutlich, dass es keine Modernisierung des FHA geben werde, wenn die Schweiz diese vom Kapitel zu den Menschen- und Arbeitsrechten abhängig mache. Parmelin hielt es für unrealistisch über ein Freihandelsabkommen verbindliche Bestimmungen in diesen Bereichen einzuführen. Der Nationalrat lehnte die Motion mit 102 zu 84 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) ab.

Modernisierung des Freihandelsabkommens mit China
Dossier: Menschenrechtspolitik Schweiz-China
Freihandelsabkommen

La Commission de politique extérieure du Conseil des Etats (CPE-CE) a pointé du doigt, d'un côté, l'absence de protection de l'indication de provenance suisse en Chine, et d'un autre côté, l'importation continue de contrefaçons et de produits piratés de Chine en Suisse. Ainsi, malgré l'accord de libre-échange avec la Chine et la «stratégie Chine», la CPE-CE a déposé une motion pour que le Conseil fédéral règle ces deux problèmes.
Pour sa part, le Conseil fédéral a préconisé le rejet de la motion. Premièrement, il a estimé que la protection de l'indication de provenance suisse en Chine est inclue dans l'accord de libre-échange avec la Chine et que l'Institut Fédéral de la Propriété Intellectuelle (IPI) mène un dialogue bilatéral additionnel. Deuxièmement, il a précisé que le processus de numérisation des douanes (DaziT) facilitera le contrôle des contrefaçons.
Néanmoins, le Conseil des Etats a largement adopté la motion de sa commission, par 27 voix contre 7 et 1 abstention.

Protection de l'indication de provenance suisse. Stop aux contrefaçons chinoises (Mo. 21.3591)

Im Vorfeld der Nationalratsdebatte zur Rahmenvereinbarung mit Frankreich über die Nutzung des Satellitensystems «Composante Spatiale Optique» (CSO) und zum dazugehörigen Verpflichtungskredit hatte sich die SIK-NR eingängig mit der Kritik der EFK auseinandergesetzt. Diese hatte die fehlende finanzielle Transparenz, die mangelhafte Einbindung in die allgemeine Raumfahrtstrategie des Bundesrats, das schlechte Kosten-Nutzen-Verhältnis und die fehlende Prüfung von Alternativen bemängelt. Im Mai 2021 hatte die Kommission daher noch entschieden, die Beratung der Vorlage zu sistieren, um weitere Abklärungen vornehmen zu können. Ende August kam eine Kommissionsmehrheit nun zum Schluss, dass der Zugang zu hochwertigen Satellitenbildern die Kosten rechtfertige, eine technische Alternative nicht existiere und das Projekt zudem die Kooperation zwischen der Schweiz und den europäischen Partnerstaaten stärke. Eine Kommissionsminderheit Fivaz (gp, NE) hingegen beantragte in der Herbstsession 2021, nicht auf das Geschäft einzutreten. Fivaz führte an, dass die Beteiligung an einem «ausländischen Militärprojekt» nicht mit der Neutralitätspolitik der Schweiz vereinbar sei. Er vermutete, dass das Satellitensystem vornehmlich für militärische Zwecke genutzt werden würde. Ausserdem kritisierte er, dass der Bundesrat über keine Weltraumstrategie verfüge und bei dem Projekt ein Missverhältnis zwischen Kosten und Nutzen festzustellen sei. Seine Parteikollegin Marionna Schlatter (gp, ZH) stellte die Frage, weshalb man bei Anbietern wie Airbus keine Offerte für die Bilder der Pléiades-Neo-Satelliten eingeholt habe, obwohl diese die gleiche Auflösung wie das CSO böten und ab November 2021 kommerziell verfügbar seien. Kommissionssprecher Hurter (svp, SH) verteidigte das Projekt gegen den Vorwurf der hohen Kosten und beteuerte, dass man durch eine Beteiligung nicht nur eine bessere Bildqualität erhalte, sondern sich auch die Datensicherheit und der Zugang zum Bildmaterial verbessere. Darüber hinaus gab er zu bedenken, dass man derartiges Bildmaterial auch bei Naturkatastrophen oder der humanitären Hilfe verwenden könne. François Pointet (glp, VD) merkte im Namen der GLP-Fraktion an, dass die Anhörung der EFK zwar nützlich und lehrreich gewesen sei, die Kritik der EFK aber technische Aspekte betreffe und daher weit über ihren eigentlichen Aufgabenbereich hinausgehe. Die anwesende Bundesrätin Viola Amherd hob hervor, dass Informationen aus Satellitenbeobachtungen für eine eigenständige sicherheitspolitische Beurteilung wichtig seien, vor allem weil die Schweiz weder Teil der NATO, noch der EU sei. In der Vergangenheit habe man Satellitenbilder beispielsweise für die diplomatische Tätigkeit der OSZE im Ukraine-Konflikt oder für die Schweizer Armee im Kosovo benötigt. Dabei würden die kommerziellen Produkte die Anforderungen hinsichtlich Vertraulichkeit und Verfügbarkeiten nicht erfüllen. Zudem habe das EDA konstatiert, dass die Kooperation mit der Neutralitätspolitik vereinbar sei und jederzeit unterbrochen und wiederaufgenommen werden könne.
Der Nationalrat trat mit 138 zu 40 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) auf das Geschäft ein und nahm den Bundesbeschluss mit 146 zu 36 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an. Nur die Fraktion der Grünen und einige Mitglieder der SP hielten an ihrer Kritik fest und stimmten dagegen.

Rahmenvereinbarung mit Frankreich über das Satellitensystem Composante Spatiale Optique

Die «Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz» (Auns) beschloss im August 2021, eine Fusion mit dem «Komitee Nein zum schleichenden EU-Beitritt (EU-No)» zu prüfen. Zwei Wochen davor hatte der Vorstand von «EU-No» einen analogen Beschluss gefasst und bekannt gegeben, «ergebnisoffene» Gespräche mit der Auns aufnehmen zu wollen. Der Beschluss erfolgte auf Vorschlag von Christoph Blocher (svp, ZH), seines Zeichens Gründungspräsident der Auns und ehemaliger Präsident des Komitees «EU-No». Blocher übernahm auch gleich die Leitung der mit den Fusionsabklärungen betrauten Arbeitsgruppe der beiden Organisationen. Kein Teil dieser Arbeitsgruppe war hingegen der seit 2014 amtierende Auns-Präsident Lukas Reimann (svp, SG), der gemäss einem NZZ-Bericht bereits 2020 von Blocher die «Empfehlung» erhalten habe, vom Auns-Präsidium zurückzutreten.
Blocher begründete die Fusionsbestrebungen laut NZZ damit, dass auf der einen Seite das Komitee «EU-No» seinen «Auftrag» erfüllt habe, indem der Bundesrat im Mai 2021 die Verhandlungen für ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU abgebrochen hatte – schliesslich war die Verhinderung eines solchen Abkommens der Hauptzweck des 2013 gegründeten Komitees gewesen. Auf der anderen Seite werde die Auns in ihrer gegenwärtigen Verfassung nicht in der Lage sein, eine Volksabstimmung zu gewinnen, wenn die «Classe Politique» dereinst einen neuen Anlauf für einen «landesverräterischen Vertrag» mit der EU unternehmen werde. Es brauche deshalb eine Bündelung und Wiederbelebung der EU-kritischen Kräfte.

Ablösung der Auns durch «Pro Schweiz»

Im August 2021 gründeten bürgerliche Exponentinnen und Exponenten unter der Bezeichnung «Allianz Sicherheit Schweiz» eine neue sicherheitspolitische Organisation. Die Allianz erhielt professionelle Strukturen und eine permanente Geschäftsstelle, was sie von ihrer Vorgänger-Organisation, dem «Verein für eine sichere Schweiz», unterscheidet. Die Gründerinnen und Gründer wollten die Allianz damit ausdrücklich auch als Gegengewicht zur GSoA positionieren. Der Bedarf nach einer solchen Organisation auf bürgerlicher Seite sei unter anderem dadurch deutlich geworden, dass in der Volksabstimmung vom September 2020 die vor allem von armeekritischer Seite bekämpfte Beschaffung neuer Kampfjets um ein Haar gescheitert wäre. Als eines ihrer Ziele formulierte die Allianz Sicherheit Schweiz denn auch, «eine jederzeit einsatzbereite und schlagkräftige Fach- und Kampagnenorganisation [bereitzustellen], die permanent und proaktiv die sicherheitspolitische Meinungsbildung im parlamentarischen Prozess und in der Öffentlichkeit prägt sowie Abstimmungskampagnen führt». Die Allianz wollte sich dabei nicht bloss auf Armeefragen beschränken, sondern die Verbindung von innerer und äusserer Sicherheit gesamtheitlich bearbeiten – also etwa auch Felder wie Wirtschaftsspionage, Cybersicherheit oder Versorgungssicherheit abdecken.
Gründungspräsident der Allianz wurde der Ständerat und designierte FDP-Präsident Thierry Burkart (fdp, AG), der bereits dem Vorgängerverein «für eine sichere Schweiz» vorgestanden hatte. Auch die Liste der weiteren Vorstandsmitglieder liest sich wie ein Who is Who aus bürgerlichen Parteien und wirtschaftlichen sowie sicherheitspolitischen Interessenvereinigungen. So gehören dem Vorstand aus der Politik auch die Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli (mitte, TG), der Tessiner Lega-Staatsrat Norman Gobbi (TI, lega), die FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro (fdp, VD) sowie der SVP-Nationalrat Franz Grüter svp, LU) an. Aus der Wirtschaft und armeenahen Verbänden sassen im Gründungsvorstand der Arbeitgeberverbands-Präsident Valentin Vogt, Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher, der Swissmem-Ressortleiter der Rüstungssparten Matthias Zoller, Markus Niederhauser vom Westschweizer Rüstungsindustrie-Verband Groupe romand pour le matériel de Défense et de Sécurité (GRPM), die Präsidentin der Waadtländer Industrie- und Handelskammer (CVCI) Aude Pugin, der Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft Stefan Holenstein, Paul Röthlisberger vom Schweizer Schiesssportverband und Max Rechsteiner von der Landeskonferenz der militärischen Dachverbände (LKMD). Offen war zunächst, inwieweit sich auch der Schweizerische Gewerbeverband beteiligen würde. Geschäftsführer wurde Marcel Schuler, der vorher als Kampagnenleiter für die FDP Schweiz gearbeitet hatte.

Allianz Sicherheit Schweiz gegründet

Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) wählte im August 2021 Filippo Lombardi zu ihrem neuen Präsidenten. Lombardi war schon seit 2013 Vorstandsmitglied der ASO und seit 2015 deren Vizepräsident. Zudem ist der Tessiner Mitte-Politiker Mitglied der Stadtregierung von Lugano, nachdem er als Ständerat 2019 die Wiederwahl nicht geschafft hatte.
An der Spitze der ASO folgte Lombardi auf Remo Gysin. Der vormalige SP-Nationalrat hatte der Interessenorganisation der im Ausland wohnhaften Schweizerinnen und Schweizer seit 2015 vorgestanden. Wie die ASO mitteilte, hatte sich Gysin in seiner Amtszeit insbesondere dafür eingesetzt, dass die Interessen der 776'000 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in den Bereichen der Sozialversicherungen, der Bankenpolitik und der politischen Rechte – Stichwort E-Voting – gewahrt werden. Gysin wies zu seinem Abschied ausserdem darauf hin, welch grosse Bedeutung die Schweizer Europapolitik für die Stellung der sogenannten Fünften Schweiz hat: Rund zwei Drittel aller Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer lebten in der EU. Die Schwerpunktziele für die nächsten vier Jahre sah der Auslandschweizerrat – quasi das Parlament der ASO – denn auch weiterhin in den Bereichen der Finanzen und Versicherungen, der politischen Rechte und der Beziehungen zur EU.

Filippo Lombardi Nachfolger von Remo Gysin als Präsident der Auslandschweizer-Organisation

Im August 2021 publizierte der Bundesrat seine Botschaft zum Sozialversicherungsabkommen mit Tunesien. Nachdem man bereits 1996 erstmals über ein derartiges Abkommen verhandelt habe, habe man die Arbeiten daran erst 2012 fortgesetzt, erklärte er. Inhaltlich entspreche es den übrigen bilateralen Sozialversicherungsabkommen der Schweiz und beziehe sich vor allem auf die AHV. Es regle in Übereinstimmung mit internationalem Sozialversicherungsrecht die Gleichbehandlung der Staatsangehörigen, die Auszahlung von Renten im Ausland, die Anrechnung von Versicherungszeiten, die Unterstellung von Erwerbstätigen und die gegenseitige Verwaltungshilfe. Zudem beinhalte es eine Grundlage zur Betrugs- und Missbrauchsbekämpfung.

Abkommen mit Tunesien zur sozialen Sicherheit
Dossier: Sozialversicherungsabkommen der Schweiz

Im Juni 2021 veröffentlichte die APK-SR einen Bericht zur Motion Germann (svp, SH; Mo. 20.3991) «Kein InstA-Hüftschuss ohne Klärung der offenen Punkte». Diese war inhaltlich deckungsgleich mit der Motion 20.3985, welche die SVP-Fraktion im Nationalrat eingereicht hatte und die im Dezember 2020 abgelehnt worden war. In ihrem Bericht empfahl die Kommission die Motion einstimmig zur Ablehnung. Angesichts des Abbruchs der Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU erschien die Motion der APK-SR obsolet.

Kein InstA-Hüftschuss ohne Klärung der offenen Punkte (Mo. 20.3985)
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen

Afin d'examiner les conditions d’accès des entreprises helvétiques aux marchés des États limitrophes, le Secrétariat d'Etat à l'économie (SECO) a collaboré avec les chambres de commerce impliquées dans les relations commerciales avec les pays limitrophes comme l'Italie, la France et l'Allemagne, et a mené un sondage auprès des entreprises concernées par l'accès au marché européen.
Alors que des freins comme les coûts administratifs, la bureaucratie, le manque de transparence, le niveau des prix ou encore la complexité des procédures ont été mis en exergue par les discussions et le sondage, le SECO a conclu qu'aucune discrimination systématique des prestataires de services helvétiques n'existait. En d'autres termes, les prestataires de services helvétiques bénéficient des mêmes conditions que les entreprises indigènes. Selon le rapport, la notion de «réciprocité» est notamment garantie par les accords internationaux. Au final, le rapport a souligné également la volonté du Conseil fédéral de maintenir des relations économiques bilatérales favorables avec les pays limitrophes.

Rapport sur les conditions d'accès au marché entre la Suisse et les Etats limitrophes dans une perspective de réciprocité (Po. 17.3137)