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Jahresrückblick 2023: Parteien

Für die Parteien stand das Jahr 2023 überwiegend im Zeichen der National- und Ständeratswahlen sowie der Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats. Dies schlägt sich auch in der Medienpräsenz der Parteien nieder, die sich dem Spitzenwert aus dem letzten eidgenössischen Wahljahr 2019 annäherte und im Wahlmonat Oktober kulminierte (vgl. Abbildungen 1 und 2 der APS-Zeitungsanalyse).

Die SVP lancierte ihren Wahlkampf mit einem neuen Parteiprogramm, das sich unter anderem gegen «Gender-Terror und Woke-Wahnsinn» wandte. Im Wahlkampf rückte die Partei mit der Asyl- und Migrationspolitik indessen zunehmend zwei ihrer klassischen Kernthemen ins Zentrum. Nebst ihren inhaltlichen Forderungen bescherten der SVP auch ein Wahlkampfsong und ein aufwändiger Wahlkampfanlass viel Aufmerksamkeit. Bei den Nationalratswahlen erzielte die Partei schliesslich das drittbeste Resultat ihrer Geschichte, im Ständerat musste sie hingegen Verluste hinnehmen. Bei den Bundesratswahlen sprach sich die SVP für ein Festhalten an der bisherigen Sitzverteilung aus, erhob jedoch – letztlich ohne Erfolg – mit einem Zweierticket Anspruch auf die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Thurnherr.
Auch in diesem Jahr zeigte sich die SVP aktiv bei der Nutzung der Volksrechte. So lancierte sie ihre «Nachhaltigkeitsinitiative» und brachte – unter Rückgriff auf unübliche Methoden – das Referendum gegen das Klimagesetz zustande, an der Urne konnte sie das Gesetz aber nicht zu Fall bringen. Verschiedentlich wurde in den Medien diskutiert, ob sich die SVP genügend gegen Rechtsextremismus abgrenze. Anlass dazu boten unter anderem die in zwei Kantonen eingegangenen Listenverbindungen mit Mass-voll und Verbindungen einzelner SVP-Exponentinnen und -Exponenten zur Jungen Tat.

Die SP konnte sowohl bei den Nationalrats- als auch bei den Ständeratswahlen zulegen. Eine Erklärung für den Wahlerfolg sah die Presse in der Themenlage, die der SP mit Inflation, steigenden Mieten und Krankenkassenprämien in die Hände gespielt habe. Die Partei hatte in ihrem Wahlkampf denn auch das Thema Kaufkraft an erste Stelle gesetzt. Im Rampenlicht stand die SP im Zusammenhang mit den Bundesratswahlen, bei denen sie den Sitz des zurücktretenden Alain Berset zu verteidigen hatte (vgl. Abbildung 1). Letztlich wählte die Bundesversammlung mit Beat Jans unter einigen Nebengeräuschen einen der beiden offiziellen SP-Kandidaten.
In der direktdemokratischen Arena musste die SP eine Niederlage hinnehmen, als die von ihr bekämpfte OECD-Mindeststeuer an der Urne deutlich angenommen wurde. Einen Erfolg konnte sie hingegen mit dem Zustandekommen ihrer Kita-Initiative verbuchen. Bereits vor den Wahlen hatte die SP ihr Fraktionspräsidium neu zu besetzen. Wie schon die Bundespartei wird nun auch die Fraktion von einem geschlechtergemischten Co-Präsidium geführt.

Für die FDP verliefen die National- und Ständeratswahlen enttäuschend. Im Wahlkampf hatten Diskussionen dazu, ob die grossflächigen Listenverbindungen mit der SVP für die FDP strategisch sinnvoll seien oder gemässigte Wählende abschreckten, ihre inhaltlichen Wahlkampfthemen teilweise in den Schatten gestellt. Die Vorwürfe, die FDP verkomme zur Juniorpartnerin der SVP, verstärkten sich noch, als sich die Freisinnigen vor den zweiten Ständeratswahlgängen in mehreren Kantonen zugunsten der SVP-Kandidaturen zurückzogen. Die Verluste bei den Parlamentswahlen befeuerten die Diskussion, ob die Doppelvertretung der FDP im Bundesrat noch gerechtfertigt sei; bei den Bundesratswahlen gerieten die beiden FDP-Sitze trotz eines Angriffs der Grünen aber nicht ernsthaft in Gefahr.

Die Mitte konnte bei den ersten nationalen Wahlen nach der Parteifusion den kumulierten Wählendenanteil von CVP und BDP leicht übertreffen, überholte bei den Nationalratssitzen die FDP und baute im Ständerat ihre Position als stärkste Partei aus. Parteipräsident Gerhard Pfister liess darauf verlauten, er sehe die Mitte, die sich im Wahlkampf als Anti-Polarisierungspartei profiliert hatte, künftig als Anführerin eines dritten Pols mit eigenständiger Themensetzung. Vor den Bundesratswahlen entschied sich die Mitte trotz ihres Wahlerfolgs dagegen, auf Kosten der FDP einen zweiten Bundesratssitz zu beanspruchen, da eine Abwahl wiederkandidierender Regierungsmitglieder vermieden werden solle. Bei einem FDP-Rücktritt werde eine Mitte-Kandidatur aber Thema werden. Mit unvorteilhaften Schlagzeilen war die Mitte im Frühling konfrontiert, als ehemalige Mitarbeitende der Partei Vorwürfe erhoben, im Generalsekretariat werde gemobbt.

Die Grünen konnten im Frühling ihr 40-jähriges Jubiläum begehen, hatten 2023 ansonsten aber nicht viel zu feiern. Bei den eidgenössischen Wahlen erlitten sie in beiden Räten deutliche Einbussen. Die Parteispitze betonte zwar, man habe das nach der «Klimawahl» 2019 zweitbeste Resultat der Parteigeschichte erzielt. Gleichwohl kam Parteipräsident Balthasar Glättli zum Schluss, er wolle als «Gesicht des Misserfolgs» sein Amt 2024 abgeben. Im Wahlkampf hatte eine millionenschwere Wahlkampfspende einer Gönnerin für einige Schlagzeilen gesorgt. Inhaltlich setzten die Grünen vor allem auf ihre Kernthemen Klima und Ökologie sowie Gleichstellung. Passend dazu beschlossen sie im August die Lancierung einer neuen Volksinitiative zum Ausbau der Solarenergie.
Ungeachtet ihrer geschwächten Position im Parlament wollten die Grünen im Dezember erstmals in den Bundesrat einziehen und griffen mit Nationalrat Gerhard Andrey die beiden Bundesratsmitglieder der FDP, nicht aber die SP-Sitze an. Nachdem Andrey bei seiner gemeinhin erwarteten Nichtwahl wohl nur eine Minderheit der SP-Stimmen erhalten hatte, konnte sich Glättli aber auch für künftige Angriffe auf SP-Bundesratssitze erwärmen. Unerfreulich war für die Grünen sodann eine Serie von Parteiaustritten von Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentariern.

Nach Erfolgen bei mehreren kantonalen Parlamentswahlen brachten die Nationalratswahlen für die GLP einen herben Dämpfer. Ihre Nationalratsfraktion schrumpfte – teilweise wegen Proporzpech – um mehr als einen Drittel, worüber der geglückte Wiedereinzug in den Ständerat nicht hinwegtrösten konnte. Ihre zuvor gehegten Bundesratsambitionen begruben die Grünliberalen nach dem deutlichen Verpassen ihrer Wahlziele, mit Viktor Rossi konnten sie aber immerhin den Kampf ums Bundeskanzleramt für sich entscheiden. Als neue Fraktionspräsidentin bestimmte die GLP im Dezember Corina Gredig (glp, ZH).
Nach den Wahlen gab die künftige Ausrichtung der Partei Stoff für Spekulationen: Während Parteipräsident Jürg Grossen in Interviews gewisse Avancen nach Rechts zu machen schien, schloss sich die einzige GLP-Ständerätin der Ratsgruppe der Grünen an, der grösste Spender der Partei wiederum regte öffentlich eine Fusion mit der Mitte an.

Für die kleineren Parteien hielt das Jahr 2023 Unterschiedliches bereit. Dies gilt etwa für die EVP, die in Basel-Landschaft erstmals überhaupt den Sprung in eine Kantonsregierung schaffte, bei den eidgenössischen Wahlen aber den Nationalratssitz ihrer Parteipräsidentin einbüsste. Das Mouvement Citoyens Genevois wiederum verlor seinen Regierungssitz in Genf, konnte aber den Einzug in National- und Ständerat feiern. Nicht mehr im Bundesparlament vertreten sind die PdA und Ensemble à Gauche.

Erstmals kamen bei den eidgenössischen Wahlen die neuen Transparenzregeln des Bundes für die Politikfinanzierung zur Anwendung. Auswertungen der Daten in den Medien zeigten zwar, dass solche Analysen aus verschiedenen Gründen mit nennenswerten Unschärfen verbunden bleiben. Der Hauptbefund aber, dass FDP und SVP mit deutlichem Abstand vor SP und Mitte sowie Grünen und GLP über die grössten Wahlkampfbudgets verfügten, schien unbestritten.

Jahresrückblick 2023: Parteien
Dossier: Jahresrückblick 2023

Die SP im Jahr 2023: Kurzüberblick

Die SP startete mit einer Stabilisierung ihres Wählendenanteils bei den Zürcher Wahlen ins Jahr, und in Luzern gelang ihr die Rückkehr in die Kantonsregierung. Auch wenn die Partei bei einigen anderen kantonalen Wahlen des Jahres – unter anderem im Tessin, wo ihr eine Parteiabspaltung zu schaffen machte – weniger gut abschnitt, ergab dies zusammen mit zunehmend positiven nationalen Umfragewerten in den Medien das Bild einer Partei, die sich nach einer längeren Phase von Niederlagen bei kantonalen Wahlen wieder gefangen hatte.
In der Tat vermochte die SP schliesslich sowohl bei den Nationalrats- als auch bei den Ständeratswahlen zuzulegen. Eine Erklärung für den Wahlerfolg sah die Presse in der Themenlage, die mit Inflation, steigenden Mieten und einem Schub bei den Krankenkassenprämien der SP in die Hände gespielt habe: In ihrem Wahlkampf hatte die Partei – nebst Gleichstellung und Klimaschutz – vor allem das Thema Kaufkraft propagiert.
Im Rampenlicht stand die SP im Zusammenhang mit den Bundesratswahlen, bei denen sie den Sitz des zurücktretenden Alain Berset zu verteidigen hatte. War zunächst noch spekuliert worden, dass die Grünen mit bürgerlicher Unterstützung den SP-Sitz angreifen könnten, wurde der Anspruch der SP auf zwei Bundesratssitze spätestens nach den eidgenössischen Parlamentswahlen im Prinzip kaum mehr in Frage gestellt – von bürgerlicher Seite jedoch unter der Bedingung, dass die SP den Angriff der Grünen auf die FDP-Sitze nicht unterstütze. Die Mehrheit der SP-Fraktion erfüllte – nach eigenen Angaben «contre coeur» – diese Bedingung, was wiederum die Grünen vertäubte. Des Weiteren gab es kurz vor der Bundesratswahl aus den bürgerlichen Parteien Drohungen, eine SP-Vertretung ausserhalb des offiziellen SP-Tickets zu wählen. Auf dieses hatte die SP-Fraktion den Basler Regierungsrat Beat Jans und den Bündner Nationalrat Jon Pult gesetzt. Vier weitere Kandidierende – darunter wie schon im Vorjahr auch die Berner Regierungsrätin Evi Allemann und der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch – blieben auf der Strecke. Die Bundesversammlung entschied sich letztlich deutlich für Beat Jans, der sich in den Anhörungen bei den anderen Fraktionen gemäss Medienberichten konzilianter gegeben hatte als Jon Pult. Dieser erhielt in allen drei Wahlgängen gar weniger Stimmen als Daniel Jositsch. Bei der Departementsverteilung blieben das EDI und das EJPD in SP-Hand, wobei überraschend die bisherige EJPD-Vorsteherin Elisabeth Baume-Schneider ins EDI wechselte und der Neugewählte Beat Jans somit das EJPD übernahm.
In der direktdemokratischen Arena musste die SP eine Niederlage hinnehmen, als die von ihr bekämpfte OECD-Mindeststeuer an der Urne deutlich angenommen wurde. Die Nein-Parole dazu hatten die Parteidelegierten entgegen der Empfehlung der Parteileitung gefasst, welche Stimmfreigabe beantragt hatte. Einen Erfolg konnte die SP verbuchen, indem sie im Sommer ihre Kita-Initiative zustande brachte.
Bereits vor den Wahlen hatte die SP ihr Fraktionspräsidium im Bundeshaus neu zu besetzen. Die Doppelkandidatur von Samira Marti und Samuel Bendahan für die Nachfolge von Roger Nordmann blieb ohne Konkurrenz, womit die Fraktion nun wie schon die Bundespartei von einem geschlechtergemischten Co-Präsidium geführt wird.

Die SP im Jahr 2023: Kurzüberblick
Dossier: Kurzüberblick über die Parteien im Jahr 2023

Die Grünen im Jahr 2023: Kurzüberblick

Die Grünen konnten im Frühling ihr 40-jähriges Jubiläum begehen, hatten im Berichtsjahr ansonsten aber nicht viel zu feiern. Bei den eidgenössischen Wahlen erlitten sie in beiden Räten deutliche Einbussen. Viele Medien sahen die Partei damit wieder in die Rolle einer Juniorpartnerin im linksgrünen Lager abrutschen, welche nach dem fulminanten Wahlerfolg 2019 in Frage gestellt war. Die Niederlage hatte sich in nationalen Umfragen und kantonalen Wahlen bereits abgezeichnet und wurde in den Medien oft damit erklärt, dass der Klimawandel angesichts neuer Krisen viele Leute nicht mehr gleich stark bewegt habe wie noch bei der «Klimawahl» 2019. Die Parteispitze betonte zwar, man stehe immer noch stärker da als vor 2019 und habe das zweitbeste Resultat der Parteigeschichte erzielt. Gleichwohl kam Parteipräsident Balthasar Glättli nach den Wahlen zum Schluss, er wolle der Partei einen Neubeginn ermöglichen und als «Gesicht des Misserfolgs» sein Amt im Frühling 2024 abgeben.
Im Wahlkampf sorgte eine Millionenspende, die die Grünen von einer Gönnerin erhalten hatten und für eine eigene App zur Mobilisierung ihrer Mitglieder verwendeten, für einiges Aufsehen. Inhaltlich setzten die Grünen im Wahlkampf vor allem auf ihre Kernthemen Klima und Ökologie sowie Gleichstellung. Passend dazu beschlossen sie im August die Lancierung einer neuen Volksinitiative, welche eine Pflicht zur Installation von Solaranlagen auf geeigneten Dächern und Fassaden bringen soll («Solar-Initiative»).
Ungeachtet ihrer geschwächten Position im Parlament wollten die Grünen im Dezember in den Bundesrat einziehen und griffen mit der Kandidatur des Freiburger Nationalrats Gerhard Andrey die beiden Bundesratsmitglieder der FDP an. Von einem in den Medien immer wieder erörterten Angriff auf ihre Partnerin und Konkurrentin im linksgrünen Lager, die SP, sahen die Grünen ab, nachdem sie einen solchen vorher lange nicht kategorisch ausgeschlossen hatten. Nach dem gemeinhin erwarteten Scheitern von Andreys Kandidatur äusserte sich Parteipräsident Glättli indessen erbost über den Umstand, dass Andrey wohl nur eine Minderheit der SP-Stimmen erhalten hatte; in Zukunft kämen für ihn deshalb auch Angriffe auf SP-Bundesratssitze in Frage.
Unerfreulich war für die Grünen 2023 auch eine Serie von Parteiaustritten von Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentariern in vier verschiedenen Kantonen, wobei die Gründe sich von Fall zu Fall unterschieden.

Die Grünen im Jahr 2023: Kurzüberblick
Dossier: Kurzüberblick über die Parteien im Jahr 2023

Die GLP im Jahr 2023: Kurzüberblick

Im Zentrum des Jahres 2023 standen für die GLP wie auch für die anderen Parteien die National- und Ständeratswahlen. Für die Grünliberalen brachten diese einen herben Dämpfer. Nicht nur ging – nachdem sie sich ursprünglich eine deutliche Steigerung zum Ziel gesetzt hatten – ihr Wählendenanteil leicht zurück, sondern ihre Nationalratsfraktion schrumpfte – teilweise wegen Proporzpech – sogar um mehr als einen Drittel. Dass sie den Wiedereinzug in den Ständerat schafften, war für die Grünliberalen nur ein schwacher Trost. Als neue Fraktionspräsidentin bestimmten die Grünliberalen nach den Wahlen Corina Gredig (glp, ZH), die auf die in den Ständerat wechselnde Tiana Angelina Moser (glp, ZH) folgte.
Ihre zuvor gehegten Bundesratsambitionen begrub die GLP nach dem deutlichen Verpassen ihrer Wahlziele. Mit der Wahl ihres Kandidaten Viktor Rossi zum Bundeskanzler ist sie künftig dennoch im Bundesratszimmer vertreten. Die Grünliberalen sind damit die erste Partei der Schweizer Geschichte, die einen Bundeskanzler stellt, ohne ein Bundesratsmitglied zu haben.
Nach den Parlamentswahlen gab in den Medien die künftige Ausrichtung der GLP Stoff für Spekulationen: Während Parteipräsident Jürg Grossen in Interviews gewisse Avancen nach Rechts zu machen schien, schloss sich mit Tiana Angelina Moser die einzige GLP-Ständerätin der Ratsgruppe der Grünen an. Ein wichtiger Geldgeber der Partei wiederum sprach sich für eine Parteifusion mit der Mitte aus.
Erfreulicher als die eidgenössischen Wahlen waren für die GLP in der ersten Jahreshälfte eine Reihe kantonaler Parlamentswahlen verlaufen, auch wenn die Zugewinne bereits bescheidener als noch in den Vorjahren ausfielen: Im Tessin und in Appenzell Ausserrhoden gelang der GLP jeweils der erstmalige Einzug ins Kantonsparlament, im Baselbieter Landrat erreichte sie erstmals Fraktionsstärke. Und auch in Glarus konnte die GLP – hier nicht aufgrund eines Wahlerfolgs, sondern wegen Parteiübertritten – erstmals eine eigene Fraktion bilden.

Die GLP im Jahr 2023: Kurzüberblick
Dossier: Kurzüberblick über die Parteien im Jahr 2023

Kleinere Parteien im Wahljahr 2023: Kurzüberblick

Für die kleineren Parteien hielt das Wahljahr 2023 ganz Unterschiedliches bereit. Die EVP startete mit einem Triumph ins Jahr, als sie in Baselland erstmals überhaupt in ihrer 104-jährigen Parteigeschichte den Sprung in eine Kantonsregierung schaffte. Bei den eidgenössischen Wahlen verlor sie dann jedoch einen ihrer bisher drei Nationalratssitze – betroffen war Lilian Studer (AG, evp), die daraufhin verlauten liess, sich nun einen Rücktritt als nationale Parteipräsidentin zu überlegen.
Umgekehrt verlief die Stimmungskurve beim Mouvement Citoyens Genevois, das im Frühling seinen Regierungssitz in Genf verlor, im Herbst aber den Einzug in National- und Ständerat feiern konnte. Nach einigem Hin und Her schlossen sich dort alle seine Vertreter der SVP-Fraktion an.
In der SVP-Fraktion verblieben wie schon in der letzten Legislatur auch die EDU, die im Nationalrat von einem auf zwei Sitze zulegen konnte, und die Lega dei Ticinesi, die ihr einziges Nationalratsmandat hielt; bei den Wählendenanteilen musste letztere sowohl bei den Grossrats- als auch bei den Nationalratswahlen deutliche Einbussen hinnehmen.
Auf der linken Seite des Spektrums konnten weder die PdA noch das linke Wahlbündnis Ensemble à Gauche ihre Sitze im Bundesparlament verteidigen. Letzterem dürften auch die Konflikte innerhalb der Genfer Linken zum Verhängnis geworden sein.
Für keine Parlamentssitze reichte es den aus der Gegnerschaft zu den Covid-Massnahmen hervorgegangenen Organisationen Mass-voll und Aufrecht Schweiz, und zwar weder bei den eidgenössischen Wahlen noch bei den kantonalen Wahlen, zu denen sie antraten. Elektoral erfolgreicher war die ebenfalls dem massnahmenskeptischen Lager zuzurechnende Tessiner Formation HelvEthica, die den Sprung ins Tessiner Kantonsparlament schaffte.
Geradezu fulminant startete in Genf die vom umstrittenen ehemaligen FDP-Regierungsrat Pierre Maudet neu gegründete Bewegung Libertés et Justice sociale, die auf Anhieb einen Regierungs- und zehn Grossratssitze holte.

Kleinere Parteien im Jahr 2023: Kurzüberblick
Dossier: Kurzüberblick über die Parteien im Jahr 2023

In Anbetracht der steigenden Mieten gab der Bundesrat im November 2023 bekannt, dass er mietzinsdämpfende Massnahmen plane, und stellte dabei vier kurzfristige Anpassungen des VMWG vor: Erstens soll der Teuerungsausgleich auf dem Eigenkapital von 40 auf 28 Prozent gesenkt werden. Zweitens sollen die Vermieterinnen und Vermieter Kostensteigerungen nicht pauschal an die Mietenden weitergegeben werden können. Stattdessen soll zukünftig das effektive Ausmass der Kostensteigerung nachgewiesen werden müssen. Drittens soll bei den Formularen für die Mitteilung des Anfangsmietzinses auch der zugrundeliegende Referenzzinssatz angegeben werden. Und viertens sollen Mietzinserhöhungen um die Anmerkung ergänzt werden, dass bei Anfechtungen ebendieser unter anderem die orts- und quartierüblichen Mieten als Kriterien verwendet werden können. Gleichzeitig beauftragte der Bundesrat das WBF zu überprüfen, ob das geltende Mietzinsmodell weiterhin der Realität entspreche.
Die Massnahmen stiessen laut AZ-Medien insbesondere beim Mieterinnen- und Mieterverband auf Unverständnis, der sie als «völlig untauglich» erachtete. Unter anderem befürchtete der Verband, dass diese Massnahmen weitaus zu spät greifen würden.

Bundesrat plant mietzinsdämpfende Massnahmen

Nachdem die Grünen im Vorjahr bereits Parteiaustritte mehrerer Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentarier in den Kantonen Wallis und Glarus hatten hinnehmen müssen, setzte sich der Aderlass 2023 in vier weiteren Kantonen fort. Die Gründe unterschieden sich dabei von Fall zu Fall:

In Bern verliess im Februar der Grossrat Bruno Martin die Partei und die Fraktion. Als Beweggrund nannte der Biowinzer einen «persönlichen Werteentscheid», konkretere Angaben macht er öffentlich nicht. Martin trat vorerst keiner anderen Partei bei, im Berner Grossen Rat schloss er sich der EDU-Fraktion an.

In der Waadt begründete Grossrat und Biobauer Andreas Wüthrich seinen Parteiaustritt im August damit, dass für ihn in seinem Engagement stets ökologische Fragen an erster und soziale Fragen an zweiter Stelle gestanden hätten; bei den Grünen habe er hingegen eine zunehmende Umkehrung dieser Prioritätenordnung wahrgenommen. Zudem bedauere er die wachsende Polarisierung des Politikbetriebs und hoffe, als Parteiunabhängiger künftig auch ausserhalb des linken Lagers mehr Gehör für seine Argumente zu erhalten. Im Grossen Rat blieb Wüthrich in der Folge fraktionslos. Er schloss sich «Les Libres» an, die sich als Vereinigung für parteiunabhängige Bewegungen und Personen im Kanton Waadt verstehen und bereits zwei andere Grossratsmitglieder in ihren Reihen hatten. Wüthrich liess sich auch auf die Liste der «Libres» für die Nationalratswahlen 2023 setzen.

In Luzern gab im September Kantonsrat Urban Frye seinen Parteiaustritt bekannt. In der Luzerner Zeitung erklärte er, er könne die Positionierung der Grünen im Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht mit seinen Werten vereinbaren: Anders als etwa die Grünen in Deutschland habe die Schweizer Partei die Zeichen der Zeit nicht erkannt und bleibe «in einer ideologischen pazifistischen Blase gefangen». Mit der strikten Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine spreche die Partei dem angegriffenen Land «faktisch das Recht zur Selbstverteidigung ab» und mache sich mitschuldig an Deportationen, Vergewaltigungen und Tötungen. Enttäuscht zeigte sich Frye auch über die parteiinterne Streitkultur: Er sei mit seinen Anliegen sowohl auf nationaler als auch auf kantonaler Ebene weitherum auf Desinteresse gestossen und der «angebliche Konsens» in der Partei scheine ihm «eher hierarchisch von oben nach unten durchgedrückt zu werden». Auch losgelöst von der Ukraine-Politik scheine ihm die links-grüne Politik manchmal realitätsfern, und sie stilisiere etwa Vermietende oder Polizeikräfte blindlings zu Feindbildern.
In einer Medienmitteilung verwahrten sich die Luzerner Grünen gegen den «Rundumschlag» ihres ehemaligen Mitglieds: Die Grünen seien eine Partei, in der Differenzen benannt und mit Respekt ausdiskutiert würden, um eine gemeinsame Haltung zu finden. Als einzige nationale Partei hätten die Grünen ihre Mitglieder das ganze Wahlprogramm «mitgestalten» lassen, bevor es schliesslich von der Delegiertenversammlung verabschiedet wurde; dies gelte auch für die darin enthaltenen Positionen zur Sicherheits-, Friedens- und Aussenpolitik. Im Übrigen setzten sich die Grünen «auf allen politischen Ebenen für die ukrainischen Geflüchteten und für ein Ende der Finanzierung der russischen Kriegsmaschinerie aus der Schweiz» ein.
Frye politisiert im Luzerner Kantonsrat als Partei- und Fraktionsloser weiter, nachdem Gespräche mit der GLP über einen Beitritt zu deren Fraktion zu keinem Ergebnis geführt hatten.

In Basel-Landschaft schliesslich verliess Landrätin Laura Grazioli die Grünen im Oktober. Sie war Vizepräsidentin der Kantonalpartei, Präsidentin der landrätlichen Finanzkommission und gemäss BLZ «lange [eine] grosse Hoffnungsträgerin der Baselbieter Grünen» gewesen, die auch als künftige Regierungs-, National- oder Ständerätin gehandelt worden sei. Als Grund für ihren Parteiaustritt nannte Grazioli in der BLZ, dass sie «über die letzten Jahre in wesentlichen Themengebieten von der Mehrheit der Fraktion und der Partei abgewichen» sei. Damit dürfte insbesondere ihre Ablehnung von Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie gemeint gewesen sein, hatte sie doch entgegen der Parteilinie etwa das Covid-19-Gesetz, die Einführung eines Impfzertifikats oder obligatorische Covid-Tests an Schulen abgelehnt. Im Frühling 2023 hatten die Grünen darauf verzichtet, Grazioli als Nationalratskandidatin aufzustellen, weil sie im Initiativkomitee der «Souveränitäts-Initiative» sass, die vor allem von massnahmenkritischen Organisationen wie Mass-voll und den Freunden der Verfassung getragen wird und verlangt, dass die Schweiz keine völkerrechtlichen Verpflichtungen eingehen darf, die in die Grundrechte eingreifen.
Anders als ihre ehemaligen Parteikollegen in Bern, Waadt und Luzern trat Grazioli gleichzeitig mit dem Parteiaustritt auch aus dem Kantonsparlament zurück, womit ihr Sitz bei der Grünen-Fraktion verblieb: Er ging an die Nächstplatzierte auf der Liste der Grünen, Dominique Zbinden vom «jungen grünen Bündnis Nordwest».

Parteiaustritte bei den Grünen

Mitte August gab der amtierende Bundeskanzler Walter Thurnherr seinen Rücktritt auf Ende 2023 bekannt. Es sei «Zeit, den Stab weiterzureichen» gab der 60-Jährige, der seit 2016 der Bundeskanzlei vorstand, den Medien zu Protokoll. Die vergangenen Jahre seien «intensiv und anspruchsvoll» gewesen – in La Liberté sprach er in Bezug auf die sich zur Ende neigenden 51. Legislatur von «la pire législature depuis la Seconde Guerre mondiale» – und er wolle sein Amt abgeben, solange er noch «auf der Höhe der Anforderungen» sei.
In den Medien wurde Thurnherr als intelligenter Kopf gewürdigt, der nicht nur brillante Reden gehalten habe, sondern auch von der Seitenlinie den Bundesrat kritisiert habe, so die Aargauer Zeitung. Der «Napoléon de l'ombre» (Le Temps) habe als «klügster Kopf in der Regierung» in schwierigen Situationen beratend eingegriffen und bei Konflikten vermittelt, lobte die NZZ. Er habe sich nie als achten Bundesrat gesehen, aber durchaus konstruktive Ideen eingebracht. Die Aargauer Zeitung bezeichnete den gebürtigen Aargauer als «institutionelles Gewissen des Bundesrats» und die Mitte lobte ihn in einer Medienmitteilung als «Staatsdiener par excellence», der dafür gesorgt habe, dass die Institutionen handlungsfähig blieben. Der Erfolg von E-Voting, das Thurnherr stets voran getrieben hatte, seien eher durchzogen, kritisierte hingegen die Liberté. Und die Weltwoche argwöhnte, der «saloppe Abgang» sei eine «Frühpensionierung auf Kosten der Steuerzahler», da Thurnherr nach zwei vollen Legislaturen Anspruch auf ein lebenslanges jährliches Ruhegehalt in der Höhe von CHF 191'000 habe. Der scheidende Bundeskanzler selber schaute ebenfalls nicht unkritisch auf sein Wirken zurück. Er habe sicher Einfluss gehabt, es sei ihm aber beispielsweise nicht gelungen, das «Silodenken in den Departementen» zu überwinden. Probleme könnten aber nur überdepartemental gelöst werden.
Der Rücktritt kam für die meisten Medien zwar überraschend, sie versprachen sich aber viel Spannung bei der Neubesetzung eines der «spannendsten Posten [...], den die Schweizer Politik zu bieten hat», so die NZZ. Dabei schwang die Überlegung mit, dass die Parteizugehörigkeit der künftigen Bundeskanzlerin oder des künftigen Bundeskanzlers eine wichtige Rolle bei der Diskussion um die Zusammensetzung des Bundesrats nach den anstehenden eidgenössischen Wahlen spielen werde.

Wahl einer neuen Bundeskanzlerin oder eines neuen Bundeskanzlers

Im Juni 2023 wurde in Nidwalden eine Sektion der Juso gegründet. Am Gründungsanlass nahmen rund 20 Mitglieder und Interessierte teil. Zwar war bereits 2011 erstmals eine Nidwaldner Juso ins Leben gerufen worden, gemäss Nidwaldner Zeitung war diese aber «danach wieder von der Bildfläche [verschwunden]». Nach der Neugründung verfügt die Jungpartei gemäss Angaben ihres nationalen Zentralsekretariats nun in allen Kantonen über eine aktive Sektion.

JUSO Nidwalden (wieder) gegründet

In der Sommersession 2023 hiessen die Räte den Antrag des Bundesrats auf Abschreibung des Postulats von Peter Hegglin (mitte, ZG) gut. Mit Vorlegen des Berichts erachtete die Regierung den Vorstoss, mit dem eine zeitgemässe Besoldungs- und Ruhegehaltsregelung für Magistratspersonen diskutiert werden sollte, als erfüllt.

Zeitgemässe Besoldungs- und Ruhestandsregelungen für Magistratspersonen (Po. 20.4099)
Dossier: Ruhestandsgehälter von Magistratspersonen

Im Mai 2023 wurde im Kanton Genf mit der Union Populaire eine neue Linksaussen-Partei gegründet. Gemäss einer Medienmitteilung mobilisierte die Gründungsversammlung einige Dutzend Unterstützerinnen und Unterstützer. Nach eigenen Angaben will die Union Populaire eine kämpferische Partei sein, die für soziale Gerechtigkeit, Umwelt und Demokratie eintritt und sich gegen eine «neoliberale Politik, die sowohl sozial als auch ökologisch verheerend» sei, zur Wehr setzen will.
Ihre Wurzeln hat die Union Populaire in der Partei «Résistons», die 2021 als Abspaltung von SolidaritéS gegründet worden war, 2022 den Namen «EàG-Genève» verwendete und für die Genfer Grossratswahlen vom April 2023 die Liste «Ensemble à Gauche – Liste d’union populaire» aufgestellt hatte. Auch wenn die Liste das Quorum von 7 Prozent und damit den Einzug ins Kantonsparlament deutlich verpasst hatte, fühlten sich ihre Vertreterinnen und Vertreter gemäss der Medienmitteilung durch die Unterstützung, die sie im Wahlkampf erfahren hatten, zur Parteineugründung ermutigt. Auch bei den Nationalratswahlen im Oktober 2023 wolle man kandidieren und dann den Nationalratssitz der abtretenden Stefania Prezioso Batou verteidigen, so die Partei in der Medienmitteilung. Ob die Vorgängerpartei «Résistons» formell aufgelöst oder nur faktisch durch die Union Populaire ersetzt wurde, geht aus den uns vorliegenden Quellen nicht hervor.

Gründung der Union Populaire in Genf

Anfang Mai 2023 wurde eine Volksinitiative lanciert, die auf eine Art automatisiertes Amtsenthebungsverfahren abzielt. Konkret verlangt das Begehren, dass alle zwei Jahre eine Bestätigungswahl der Mitglieder der Landesregierung durch die Stimmbevölkerung stattfinden soll. Jeweils im September und zwei Jahre nach einer Wahl eines Bundesratsmitglieds soll laut der Eidgenössischen Volksinitiative «Bestätigung der Bundesrätinnen und Bundesräte durch Volk und Stände» eine obligatorische Abstimmung stattfinden. Bundesrätinnen und Bundesräte, die das Volks- oder das Ständemehr verfehlen, müssten durch die Bundesversammlung mittels Bundesratsersatzwahlen ersetzt werden. Lanciert wurde die Initiative von der Freiheitlichen Bewegung Schweiz (FBS), deren Präsident Richard Koller damit argumentierte, dass die Bevölkerung «zornig» sei. Das Volk sei der «patron» und müsse Bundesratsmitglieder, die ihre Verantwortung nicht wahrnähmen, abwählen können. Koller verwies dabei explizit auf Alain Berset, der während der Covid-19-Pandemie in seinen Augen keinen guten Job gemacht habe. Die Sammelfrist läuft bis zum 16. November 2024.

Eidgenössische Volksinitiative «Bestätigung der Bundesrätinnen und Bundesräte durch Volk und Stände»

Der Bundesrat muss in einem Bericht die gesetzlichen Grundlagen und Grenzen des Notrechts aufzeigen und dabei insbesondere erörtern, inwiefern die Artikel 184 und 185 BV als Rechtsgrundlage genügen. Der Nationalrat überwies in der ausserordentlichen Session vom April 2023 stillschweigend ein entsprechendes Postulat seiner Rechtskommission. Die genannten Verfassungsartikel bemächtigen den Bundesrat, zur «Wahrung der Interessen des Landes» (Art. 184 Abs. 3 BV) bzw. «um eingetretenen oder unmittelbar drohenden schweren Störungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren oder äusseren Sicherheit zu begegnen» (Art. 185 Abs. 3 BV), Verordnungen und Verfügungen zu erlassen. Auf solch verfassungsunmittelbarem Verordnungsrecht (sog. Notrecht) beruhten unter anderem die Massnahmen zur Stabilisierung des Finanzplatzes, die der Bundesrat im Zusammenhang mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS im März 2023 getroffen hatte. Dies hatte die RK-NR zur Einreichung des Postulats veranlasst.
Wie Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider erklärte, werde die Regierung die Frage zusammen mit jener des bereits 2020 überwiesenen Postulats Schwander (svp, SZ; Po. 20.3440) untersuchen, welches das Notrecht im Zusammenhang mit den Corona-Krediten thematisiert. Darüber hinaus fragte das Postulat der RK-NR auch danach, wie die Mitwirkung des Parlaments bei der Anwendung von Notrecht verbessert werden könnte. Hier lege der Bundesrat allerdings «eine gewisse Zurückhaltung» an den Tag, so die Justizministerin, da das Parlament im Rahmen der parlamentarischen Initiativen 20.437 und 20.438 diesbezüglich gerade neue Regelungen verabschiedet habe.

Anwendung von Notrecht (Po. 23.3438)
Dossier: Vorstösse als Folge der CS-Übernahme

Die SP des Kantons Tessin musste im Vorfeld der kantonalen Gesamterneuerungswahlen 2023 eine Parteiabspaltung hinnehmen. Amalia Mirante, 2019 noch Staatsratskandidatin der SP, und Evaristo Roncelli, bis Oktober 2022 Vizepräsident der Kantonalpartei, gaben ihren Austritt und gründeten eine neue Bewegung mit dem Namen «Avanti». Hintergrund war die Nomination der SP-Kandidierenden für die kantonalen Regierungswahlen 2023, die im Tessin nach dem Proporzverfahren durchgeführt werden und für die die SP erstmals eine gemeinsame Liste mit den Grünen bildete, um den einzigen linken Sitz in der Regierung zu sichern. Für die zwei SP-Plätze auf der Liste schlug die Parteileitung nebst der Favoritin Marina Carobbio Guscetti mit Yannick Demaria einen 21-jährigen Jungsozialisten und Klimaaktivisten mit wenig politischer Erfahrung vor. An dieser Auswahl störten sich Mirante, die selbst früh Interesse an einer Kandidatur geäussert hatte, aber auch weitere Personen, die zum sozialliberalen Flügel der Partei zählten. Ihrer Ansicht nach hätte Mirante, die als gemässigte Sozialdemokratin galt, aber ausser auf kommunaler Ebene noch keine politischen Ämter ausgeübt hatte, mehr Vielfalt und interne Konkurrenz zur Kandidatur der als prononciert links geltenden Carobbio Guscetti gebracht. Roncelli und Mirante kritisierten die Partei in der Folge in offenen Briefen, prangerten etwa ein «linkes Einheitsdenken» in der Partei an, welches keine abweichenden Meinungen toleriere und eine Vielfalt von sozialdemokratischen Positionen verunmögliche. Die Parteileitung gleite immer weiter nach links ab, Kritiker würden zum Schweigen gebracht und teilweise auch persönlich angegriffen. Die Co-Parteivorsitzenden Laura Riget und Fabrizio Sirica wiesen diese Vorwürfe zurück, machten an der Nominationsversammlung aber auch klar, dass Mirante «in unserem Projekt keine Funktion erfüllt», während Carobbio Guscetti inhaltlich-politisch das Denken der Partei verkörpere. Gemäss NZZ vertrat die Ökonomie-Dozentin Mirante in der Tat «teilweise wirtschaftsfreundliche Positionen» und habe etwa die 99-Prozent-Initiative der Juso abgelehnt. Riget und Sirica machten auch geltend, Mirante sei in den Parteigremien nicht präsent und verfolge bloss eigene Ambitionen.
Nachdem die SP-Nominationsversammlung den Vorschlag der Parteileitung unterstützt hatte, traten Mirante und Roncelli aus der Partei aus und gaben im Dezember 2022 die Gründung der neuen Bewegung «Avanti» bekannt. Diese solle eine «offene Mitte-Links-Politik» verfolgen, Gleichheit und Freiheit als zentrale Werte hochhalten und für «eine neue Art des Politisierens» stehen; vorgesehen sei etwa, die Bevölkerung online konsultativ über Kandidierendenlisten oder Vorhaben der Partei abstimmen zu lassen. Kurz darauf gab Avanti bekannt, für die anstehenden Regierungs- und Parlamentswahlen jeweils eine gemeinsame Liste mit der Bewegung «Ticino&Lavoro» zu bilden. Letztere wurde vom ehemaligen CVP-Lokalpolitiker Giovanni Albertini angeführt und hatte ihre Wurzeln in einem Verein, der sich für die Wiedereingliederung von Arbeitslosen in die Arbeitswelt einsetzt. Listenname war «Avanti con Ticino&Lavoro» (ATL).
Nach der Gründung der neuen Splitterbewegung wurde Riget im Tages-Anzeiger mit der Aussage zitiert, die SP sei «kompakt» und ausser Mirante und Roncelli gebe es keine Abgänge. Die Wahlergebnisse im April 2023 deuteten dann allerdings darauf hin, dass die neue Konkurrenz durchaus unangenehme Folgen für die SP hatte: Bei den Staatsratswahlen schaffte Carobbio Guscetti zwar die Wahl, die links-grüne Liste holte jedoch rund vier Prozentpunkte weniger Stimmen als ihre Vorgängerlisten 2019. «Avanti con Ticino&Lavoro» mit der Kandidatur von Mirante an der Spitze erreichte demgegenüber aus dem Stand einen Wählendenanteil von fünf Prozent. Auch bei den Parlamentswahlen büsste die SP 1.2 Prozentpunkte und einen Sitz ein, während ATL mit 3.7 Prozent der Stimmen drei Sitze holte. Diese gingen an Mirante, Roncelli und Albertini. Im Grossen Rat blieben die Avanti- und Ticino&Lavoro-Mitglieder vorerst fraktionslos. Den Wahlerfolg von ATL wertete die NZZ als «kleines Erdbeben für die Tessiner Parteienlandschaft», und das Co-Präsidium der SP räumte ein, die Auswirkungen der neuen Konkurrenz unterschätzt zu haben. Es erachtete es im Sinn einer kohärenten Politik aber weiterhin als richtig, dass Mirante nicht als SP-Kandidatin aufgestellt worden war, weil diese inhaltlich nicht «das rot-grüne Projekt» vertreten hätte.

SP-Abspaltung «Avanti» im Kanton Tessin

Nachdem sich 2021 eine Faktion von SolidaritéS abgespaltet und die neue Partei Résistons gegründet hatte, vertieften sich die Konflikte zwischen den Genfer Linksaussen-Parteien in den Jahren 2022 und 2023. Die in der Presse verhandelten Streitpunkte betrafen dabei keine politischen Inhalte, sondern ausschliesslich Fragen der Strategie und des Zusammenarbeitsstils.
Résistons war zunächst Teil der Wahlallianz Ensemble à Gauche (EàG) geblieben, zu welcher neben SolidaritéS auch die Partei der Arbeit (PdA) und DAL (Défense des aî-né-e-s, des locataires, de l’emploi et du social) gehörten. Allerdings wurde viel Geschirr zerschlagen, als im Februar 2022 die Vertreterinnen und Vertreter von Résistons an einer Sitzung des Vereins «Ensemble à Gauche – Grand Conseil» versuchten, diesen praktisch in eine ordentliche Partei umzuwandeln, indem er für Einzelmitglieder geöffnet würde. An jener Sitzung stellte Résistons die Mehrheit der Teilnehmenden und brachte überraschend eine entsprechende Statutenänderung ein, die gegen den Widerstand der drei anderen Allianzpartner auch angenommen wurde. Ursprünglich war der Verein bloss zur Abwicklung administrativer Belange, die sich aus der gemeinsamen Fraktion der vier EàG-Partner ergaben, gegründet worden, und EàG hatte ausschliesslich aus den vier Organisationen als Kollektivmitgliedern bestanden. Nach der faktischen Übernahme des Vereins trat Résistons als «EàG-Genève» auf. Dies führte zu weiterer Empörung bei SolidaritéS, PdA und DAL, die kritisierten, der Name der einst von ihnen gegründeten Wahlallianz werde damit von den Dissidentinnen und Dissidenten usurpiert. Sie trugen den «Namenskrieg» («guerre des noms», wie die Tribune de Genève schrieb) gar vor Gericht.
Hinzu kamen ein Streit um die korrekte Aufteilung der Fraktionsbeiträge, die die gemeinsame Fraktion im Grossen Rat erhalten hatte, und Vorwürfe, dass Résistons-Mitglieder gegenüber den anderen Partnern autoritär aufgetreten und verbale Gewalt angewandt hätten. SolidaritéS, PdA und DAL sahen schliesslich keine Basis für eine Zusammenarbeit mehr und beschlossen im Herbst 2022, für die kantonalen Wahlen 2023 zu dritt eine gemeinsame Liste mit dem Namen «Ensemble à Gauche: SolidaritéS, DAL, Parti du Travail» zu bilden, von welcher Résistons ausgeschlossen wurde. Résistons seinerseits bezeichnete die Beziehungen zu den drei ehemaligen Partnern in der Presse ebenfalls als stark beschädigt, plädierte aber aus wahltaktischen Gründen dennoch für eine gemeinsame Liste, da bei einer Aufspaltung auf zwei Listen das Quorum von 7 Prozent für einen Einzug ins Kantonsparlament unerreichbar bleiben dürfte und somit gar keine Linksaussen-Partei mehr im Parlament vertreten wäre. Weil SolidaritéS, PdA und DAL aber hart blieben, präsentierte Résistons schliesslich eine eigene Liste – unter der Bezeichnung «Ensemble à Gauche – Liste d’Union Populaire», was für erneuten scharfen Protest der drei Gründungsorganisationen von «Ensemble à Gauche» sorgte. Die PdA schloss zudem zwei ihrer prominenteren Mitglieder – alt Nationalrat Jean Spielmann und alt Grossrätin Salika Wenger – aus der Partei aus, weil diese sich auf die Wahlliste der Konkurrenz hatten setzen lassen. Nachdem ein Einigungsversuch in letzter Minute gescheitert war, zogen die beiden Listen im April 2023 schliesslich definitiv getrennt in die kantonalen Wahlen. Mit 3,55 Prozent für «EàG: Sol, DAL, PdT» und 3,08 Prozent für «EàG – LUP» verpassten erwartungsgemäss beide das Quorum von 7 Prozent deutlich.

Konflikte in der Genfer Linken und Gründung der Union Populaire

Après 100 jours à la tête du Département fédéral de l'environnement, des transports, de l'énergie et de la communication (DETEC), l'objectif prioritaire du nouveau conseiller fédéral Albert Rösti semble être de garantir la sécurité d'approvisionnement énergétique helvétique, notamment en hiver. Il a ainsi rappelé, lors d'une conférence de presse, que la pierre angulaire de cet objectif était la loi fédérale relative à un approvisionnement en électricité sûr reposant sur des énergies renouvelables (21.047). S'il a concédé que certaines pierres d'achoppement demeuraient, il s'est dit confiant sur l'issu de cette loi. Lors de cette conférence de presse, le ministre de l'énergie a martelé l'importance du développement des énergies renouvelables indigènes, notamment dans les régions propices à l'éolien et au solaire, afin de réduire la dépendance aux énergies fossiles et les importations d'énergie. En ce qui concerne l'énergie nucléaire, Albert Rösti s'est dit opposé à l'extension du nucléaire, mais ouvert à l'utilisation des centrales en service tant que la sécurité est garantie. Il en a profité pour rappeler qu'un soutien financier public n'était pas à l'ordre du jour, mais qu'il était indispensable de garder l'esprit ouvert aux technologies du futur, et donc également à l'énergie nucléaire de nouvelle génération.
Cette conférence de presse a été saluée par l'ensemble de l'échiquier politique. Du côté de l'UDC, le chef du groupe parlementaire Thomas Aeschi (udc, ZG) a rappelé qu'il était logique qu'Albert Rösti endosse son costume de ministre de l'énergie et se détache ainsi des revendications de l'UDC sur certains points. Du côté de la gauche, le Parti socialiste et les Vert-e-s ont salué une «collaboration constructive» et un «sens de l'État et de l'intérêt général». Néanmoins, les Vert-e-s ont regretté l'absence d'objectifs d'économie d'énergie et de la thématique de la biodiversité.

Le conseiller fédéral Albert Rösti met en avant l'importance de la sécurité d'approvisionnement énergétique
Dossier: Energie - Versorgungssicherheit

Ende März 2023 legte der Bundesrat seinen Bericht zur Erfüllung dreier Postulate vor, die eine Diskussion von Möglichkeiten für eine verbesserte Krisenorganisation der Exekutive verlangt hatten (Po. 21.3205; Po. 21.3449; Po. 22.3343). Im Kern gehe es im Bericht darum, Instrumente zu finden, mit denen Krisen antizipiert werden können, mit denen erste Schritte zur Bewältigung einer Krise besser geplant werden können und mit denen die Aufgabenteilung zwischen verschiedensten Akteurinnen und Akteuren (Verwaltung, Kantone, Wissenschaft, Akteure aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft) besser koordiniert bzw. diese einbezogen werden können. In verschiedenen Auswertungen zum Verhalten in bisherigen Krisen (etwa die erste und zweite Auswertung des Krisenmanagements während der Covid-19-Pandemie der BK, die Auswertungen der KdK zum Krisenmanagement aus Sicht der Kantone und zur Zusammenarbeit von Bund und Kantonen in der Covid-19-Epidemie sowie der Evaluation der GPK zur Krisenorganisation des Bundes) waren verschiedene Erkenntnisse gewonnen worden: Der Einstieg in die Krisenbewältigung sei ungenügend gewesen, weil die mangelnde Antizipation zu einem zu wenig ganzheitlichen und überdepartementalen Zugang und einer ungenügenden Inklusion von Fachbereichen geführt habe. Auch der Einbezug Dritter sei zu wenig systematisch erfolgt. Die Covid-19-Pandemie habe diesbezüglich gezeigt, wie wichtig auch der Einbezug wissenschaftlicher Expertise sei. Die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft sei damals aber von Misstrauen geprägt und die Aufgabenteilung zwischen Behörden und Expertinnen und Experten sei nicht geregelt gewesen. Schliesslich seien die aufgrund der Auswirkungen der Krise stark belasteten Verwaltungseinheiten zu wenig unterstützt worden.
Auf der Basis dieser Erkenntnisse wurden im Bericht vier Eckpunkte hervorgehoben, die künftig für eine Verbesserung der Krisenorganisation gelten sollen: Erstens soll eine Krise so lange wie möglich in den ordentlichen Strukturen angegangen werden. Zweitens sollen Krisenstäbe Leistungen beziehen, die von einem permanenten Kernstab angeboten werden, der im Krisenfall aus dafür ausgebildeten Mitarbeitenden aus dem VBS, dem Fedpol und der BK bestehen soll. Zu diesen Leistungen gehören etwa die Organisation und Planung des Einbezugs der Kantone und der Wissenschaft sowie Angebote für den Austausch von Informationen. Drittens unterstellt der Bundesrat dem bei einer Krise federführenden Departement einen «Politisch-Strategischen Krisenstab» (PSK) und einen «Operativen Krisenstab» (OPK). Der PSK setzt sich aus den Generalsekretariaten der von der Krise betroffenen Departementen und den beiden Vizekanzlerinnen oder Vizekanzlern und falls nötig dem Bundeskanzler oder der Bundeskanzlerin zusammen. Beigezogen werden können auch die «Querschnittämter» EFV, BJ und SECO und bei Bedarf weitere Bundesämter. Aufgabe des PSK ist die Vorbereitung von Entscheidungsgrundlagen und die Koordination zwischen den verschiedenen Verwaltungsstellen. Der OPK leistet dem PSK Hilfe bei der Koordination und bei der Bereitstellung von Unterlagen. Viertens zieht der PSK unter der Verantwortung des federführenden Departements die Kantone und die Wissenschaft und wenn nötig weitere relevante Akteure aus Wirtschaft oder Zivilgesellschaft «systematisch» mit ein.
Der Bundesrat wolle nun bis Ende 2023 die rechtlichen Grundlagen für die Krisenstäbe und den permanenten Kernstab erarbeiten, so der Bericht abschliessend.

Institutionelle Krisenresistenz des Bundesrates (Po. 22.3343)
Dossier: Institutionelle Krisenresistenz des Bundesrats

La chute de Crédit Suisse, dont la reprise par UBS a été annoncée le 19 mars 2023, a été vécue comme un tremblement de terre dans le pays. Avec la disparition de l'une des deux plus grandes banques suisses, de vives discussions ont eu lieu dans la presse sur la perte d'un symbole de l'identité suisse. Dans le Temps, le chroniqueur Yves Petignat a constaté que «tout se barre» pour parler de l'érosion d'autres marqueurs identitaires helvétiques. Par exemple, la guerre en Ukraine a déclenché des questionnements sur le concept de la neutralité, jusqu'au point où certaines personnes se sont demandées si la Suisse pouvait encore être qualifiée de pays neutre. La volonté de Viola Amherd et du DDPS de se rapprocher de l'OTAN dans le cadre de divers exercices militaires a notamment fait des vagues dans la sphère politique, tout comme le dossier de la réexportation du matériel de guerre. Sur un plan plus léger, le Temps a également évoqué la délocalisation de la production du Toblerone en Slovaquie, et la disparition du Cervin de l'emballage, pour illustrer ces mythes en déliquescence. Si l'image de la Suisse à l'étranger a peut-être souffert de ces événements, ils poussent également à la réflexion à l'intérieur même du pays, en remettant en cause certaines valeurs chères aux Suisses et aux Suissesses. Pour illustrer cela, le Tages Anzeiger a critiqué «de grandes banques nous ayant lâchés depuis longtemps, en cherchant le profit dans la banque d'investissement à haut risque, en produisant un nombre indécent de scandales et dont le personnel et la stratégie sont tellement internationaux qu'elles ne se sentent plus redevables à la Suisse depuis longtemps». En bref, cela ferait des années que les banques ne représentent plus l'image idéalisée du mythe des banquiers suisses, fiables et proches de leurs clients. De manière similaire, le mythe de la stricte neutralité suisse s'est confronté aux nouvelles réalités géopolitiques avec la guerre en Ukraine, nécessitant pour certain.e.s une inévitable cure de jouvence. Dans les journaux, le scepticisme a dominé quant à la capacité du monde politique à réagir et entreprendre des réformes. Pourtant habituellement opposés, Republik et la NZZ ont unanimement évoqué «eine eidgenössische Sinnkrise», «une politique sans orientation», et un gouvernement «qui apporte de la confusion plutôt que de la clarté». Il n'y aurait pas de stratégie claire dans les dossiers importants, que ce soit concernant la politique de neutralité, la politique européenne, ou la régulation de la place financière. Et ce n'est pas le Parlement qui remédie à ces soucis, puisqu'au-delà des belles paroles, il est incapable de faire passer de vraies réformes, a encore critiqué Republik. Le magazine en ligne s'est demandé comment ces événements allaient impacter les choix de l'électorat dans les urnes en octobre, lors des élections fédérales. De son côté, le Tagi a regretté la culture des petits compromis établis dans le but de conserver ce qui a toujours été fait de la même manière. Finalement, un article de la NZZ am Sonntag a permis de prendre de la distance sur ces événements et leur rapport à l'identité suisse. S'appuyant sur un livre des historiens Werner Meyer et Angelo Garovi intitulé «Die Wahrheit hinter dem Mythos. Die Entstehung der Schweiz», le journal a relevé que les mythes sur lesquels la Suisse s'est construite, comme la légende de Guillaume Tell ou le pacte du Grütli en 1291, n'ont en réalité jamais existé, et ne sont que des constructions destinées à forger une identité nationale. Un bon moyen de remettre en question le rôle des banques, de la neutralité ou du Toblerone dans la construction identitaire des Suisses et Suissesses.

L'érosion des symboles suisses

Im März 2023 wurde eine Frauensektion der SP Waadt gegründet. Mitglieder der «Femmes socialistes vaudoises (FSV)», so der offizielle Name, werden analog zu den SP Frauen Schweiz automatisch alle Frauen, die Mitglieder der SP Waadt sind. Als Co-Präsidentinnen der neuen Sektion amteten Audrey Petoud und Camille Robert, Gemeindeparlamentarierinnen in Lausanne beziehungsweise Morges.
Befragt nach der Motivation für die Gründung, nannte Petoud gegenüber 24 Heures die Ziele, den Einstieg von Frauen in die Politik zu fördern, eine bessere Vertretung von Frauen in politischen Ämtern zu erreichen und den immer noch bestehenden Sexismus in der Politik – auch innerhalb der SP – zu bekämpfen. Zudem sei die Waadt der letzte Kanton der Romandie ohne SP-Frauensektion gewesen, nachdem sich im Vorjahr im Unterwallis und in Genf entsprechende Sektionen formiert hatten. Noch in den 1970er-Jahren hatte die SP Waadt zwar ebenfalls eine SP-Frauensektion gehabt, diese dann aber durch eine Gleichstellungskommission ersetzt.

SP Gründung der SP Frauen Waadt

Nach der Wahl von Elisabeth Baume-Schneider (sp/ps, JU) in den Bundesrat hatte die SP deren Sitz im Vizepräsidium der Partei neu zu besetzen. Nach einiger Bedenkzeit willigte die Freiburger Nationalrätin Valérie Piller Carrard (sp, FR) in eine Kandidatur ein. Als Frau, die im Bundesparlament sitzt, eine ländliche Region der Romandie vertritt und zudem eine Berufslehre absolviert hat, könne sie das sechsköpfige Vizepräsidium gemäss Medienberichten und eigenen Interviewaussagen in idealer Weise ergänzen. In der Parteileitung wolle sie insbesondere ihren gesunden Menschenverstand und ihr Verständnis für die Sorgen der einfachen Bevölkerung einbringen. Am Parteitag im Februar 2023 wurde Valérie Piller Carrard ohne Gegenkandidatur einstimmig gewählt.

SP-Vizepräsidium

Am 23. Februar 2023 musste das Ableben von alt Bundeskanzler François Couchepin vermeldet werden. Der Walliser FDP-Politiker amtete von 1991 bis 1999 als «achter Bundesrat», wie die Rolle des Bundeskanzlers ab und zu bezeichnet wird. In den Nachrufen wurde daran erinnert, dass François Couchepin 1965 als Anwalt ins Walliser Kantonsparlament gewählt worden war, ab 1980 bei den Sprachdiensten in der Bundeskanzlei gearbeitet und 1981 zum Vizekanzler ernannt worden war. 1991 hatte sich François Couchepin gegen nicht weniger als vier Mitbewerber (Achille Casanova, cvp; Max Friedli, svp; Fritz Mühlemann, svp; Kurt Nuspliger, sp) im sechsten Wahlgang für das Amt des zurücktretenden Bundeskanzlers Walter Buser durchgesetzt. In die Amtszeit Couchepins fallen Reformen des Nationalratswahlrechts, des Initiativ- und Abstimmungsrechts sowie des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes. Auch die elektronische Infrastruktur – etwa die Verbreitung der Amtlichen Sammlung oder des Amtsblattes via Internet – sei dank des Wallisers vorangetrieben worden, so die offizielle Medienmitteilung. Der Sonntags-Blick würdigte den alt-Bundeskanzler entsprechend mit der Überschrift: «Er digitalisierte die Schweizer Gesetze». 1999 war der laut NZZ am Sonntag «entfernte Cousin von alt Bundesrat Pascal Couchepin» mit Erreichen des Pensionsalters zurückgetreten. Er verstarb 88-jährig.

Tod von alt-Bundeskanzler François Couchepin
Dossier: Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler

Nach dreijähriger Amtszeit demissionierte Julia Küng (ZG) per Januar 2023 als Co-Präsidentin der Jungen Grünen Schweiz. Damit war wenige Monate, nachdem Margot Chauderna als Co-Präsidentin gewählt worden war, auch der Deutschschweizer Sitz im Co-Präsidium der Jungpartei neu zu besetzen. In einer Kampfwahl setzte sich dabei Magdalena Erni (BE) gemäss Medienmitteilung «knapp» gegen Jasmin Bärtschi durch. Die 19-jährige Erni hatte Erfahrungen als Vorstandsmitglied und Mitglied der Wahlkampfleitung 2023 der Jungen Grünen Schweiz sowie als Co-Präsidentin der Jungen Grünen Bern vorzuweisen. Mit den Jungen Grünen Schweiz wolle sie dazu beitragen, «die Kämpfe gegen die Klimakrise, die sozialen Ungerechtigkeiten und die Diskriminierung» zu gewinnen.

Präsidium der Jungen Grünen Schweiz

Des révélations de Schweiz am Wochenende ont agité les sphères médiatique et politique au mois de janvier 2023. L'hebdomadaire appartenant au groupe CH Media a publié des documents dévoilant des échanges d'e-mails fréquents entre Peter Lauener, le chef de la communication d'Alain Berset, et Marc Walder, le CEO de Ringier, durant la pandémie de Covid-19. Grâce à des informations confidentielles transmises par Lauener, Blick, titre-phare du groupe Ringier, aurait pu annoncer en primeur des informations telles que la signature des contrats entre la Confédération et les fabricants de vaccin Pfizer et Moderna, ou l'assouplissement des restrictions sanitaires en mars 2021, et ce avant même que ces décisions aient été avalisées par le Conseil fédéral. L'existence d'un canal de communication entre l'un des collaborateurs les plus proches d'Alain Berset et le patron de l'un des groupes de presse les plus puissants du pays a déclenché des réactions outrées dans la presse helvétique. En particulier, le rôle du conseiller fédéral Berset dans cette affaire a été au centre des interrogations: était-il au courant de ces communications ? Niant cela, le fribourgeois a qualifié les fuites d'«illégales et assez scandaleuses». C’est dans le cadre de l’enquête sur l’affaire crypto, qui, en juin 2022, a coûté son poste à Peter Lauener pour violation du secret de fonction, que le procureur extraordinaire de la Confédération, Peter Marti a découvert les échanges d’e-mails entre Walder et Lauener. Relatant ces épisodes dignes d'un feuilleton d'espionnage, la Liberté a précisé qu'Alain Berset et Marc Walder avaient été entendus par le procureur extraordinaire en tant que personnes appelées à donner des renseignements.
Deux semaines après les révélations, le Conseil fédéral a souligné sa confiance en Alain Berset, à la suite d'une séance durant laquelle le fribourgeois s'est retiré de la salle pour laisser ses collègues discuter de l'affaire. Malgré cela, diverses critiques ont fusé dans la presse à l'encontre du ministre de la santé, y compris des appels à la démission soulignant qu'il ne s'agissait là que d'une affaire de plus impliquant Berset. La Weltwoche a notamment fait remarquer que les informations livrées par Blick sur les mesures envisagées, avant que le Conseil fédéral ne les ait validées, auraient permis à Alain Berset de mettre la pression sur le collège. En outre, le fait que les informations soient transmises au directeur général, et non à un.e journaliste, a été perçu comme d'autant plus problématique. Le rédacteur en chef de Blick Christian Dorer, à qui Marc Walder transmettait les informations, n'aurait pas été au courant que celles-ci provenaient immédiatement du cercle proche de Berset.
Cette affaire a remis sur le tapis la question de la crédibilité des médias. Pour Kurt W. Zimmermann, de la Weltwoche, ces révélations entretiennent les préjugés d'après lesquels les médias sont vénaux. «Ringier arbeitet wirklich hart daran, die Glaubwürdigkeit des Schweizer Journalismus zu ruinieren» a-t-il écrit, ajoutant qu'«avec son expérience, Berset n'a pas pu rater que des indiscrétions régulières issues de son département figuraient dans Blick». Par la suite, Blick a réagi en publiant un article pour clamer que personne n'influençait son contenu. En outre, il a été rappelé que des propos de Marc Walder avaient déjà fait les gros titres durant la campagne de la votation sur le paquet d'aide aux médias. Ce dernier avait déclaré vouloir soutenir la politique du gouvernement durant la pandémie à travers la couverture médiatique, des déclarations qui avaient fait bondir les opposant.e.s, craignant une trop grande proximité des médias avec les autorités. Ainsi, ces craintes ont pris une nouvelle ampleur à la lumière des dernières révélations.
D'autres articles de presse ont néanmoins pris le contre-pied des critiques. «Skandal oder Alltag ?» s'est demandé la NZZ, constatant que la proximité entre le monde politique et médiatique n'est pas nouvelle. Pour le Temps, les fuites sont «un mal plus que nécessaire», car elles constituent l'essence même du métier de journaliste et participent «au bon fonctionnement de la démocratie». En effet, les indiscrétions fournissent à la population des informations auxquelles elle n'aurait pas eu accès sans cela, car les autorités ne souhaitaient pas forcément les dévoiler. C'est ce qui permet de faire ressortir des dysfonctionnements, et participe donc à l'échange d'idées, argue le Temps. La possibilité de voir des informations fuiter dans la presse exerce ainsi une pression sur les autorités pour les pousser à la transparence. Le Temps précise cependant que le journaliste doit savoir faire la part des choses et discerner les intérêts de la personne à l'origine de la fuite. En effet, elle le ferait rarement par pur altruisme, poursuivant bien souvent un intérêt personnel. Dès lors, c'est au journaliste de juger s'il existe un intérêt public prépondérant à révéler l'information, tout en vérifiant sa véracité auprès d'autres sources et en donnant la parole aux acteurs concernés. Si les fuites sont donc une pratique courante, certains éléments détonnent dans le cas présent: il s'agissait premièrement d'une communication systématique, qui avait deuxièmement lieu avant que les décisions ne soient prises, et troisièmement, avec un patron de presse et non un journaliste. En se gardant de tirer des conclusions hâtives, une revue de presse permet néanmoins de constater que cette affaire a probablement causé un dégât d'image, à Alain Berset évidemment, mais aussi au secteur médiatique.

Affaire Alain Berset et Ringier

Trotz unterschiedlicher Standpunkte arbeiteten die sieben Bundesratsmitglieder gut zusammen und setzten sich für die Schweiz ein. Dies war die Botschaft, die der amtierende Bundespräsident Alain Berset mit dem neuen Bundesratsfoto 2023 laut offizieller Medienmitteilung vermitteln wollte. Die in eher klassisch dunklen Oberteilen gekleidete neu zusammengesetzte Regierung ist zusammen mit dem Bundeskanzler um einen gossen Konferenztisch angeordnet, in Gruppen miteinander diskutierend. Vor den acht Personen steht jeweils ein Weinglas gefüllt mit Wasser. Auf dem Tisch liegen zudem ein Kompass, eine Karte und die Bundesverfassung. Über den Köpfen der Bundesrätinnen und Bundesräte schweben einzelne Papierseiten und durch die mit weissen Tüllgardinen bevorhangten Fenster ist eine Landschaft sichtbar. Die Verfassung auf dem Tisch stehe für das sich im kommenden Jahr zum 175. Mal jährende Bestehen der Schweiz. Auf den Papierseiten, die das zunehmende Chaos auf der Welt symbolisieren würden, sei ein Gedicht von Charles-Ferdinand Ramuz abgedruckt. Die im Hintergrund sichtbare Landschaft wiederum verweise auf die Verbindung zwischen Bundesrat und Volk, so die Medienmitteilung.

Noch selten habe ein Bundesratsfoto so viele Fragen aufgeworfen, betonte die Sonntagszeitung, der der Veröffentlichung des Bundesratsfotos jeweils folgenden medialen Parodie frönend. Man frage sich, ob die schwebenden Papierseiten wohl ein Zeichen dafür seien, dass schon vor dem offiziellen Antritt der beiden neuen Mitglieder, Elisabeth Baume-Schneider und Albert Rösti, die Fetzen geflogen seien, oder ob der Kompass darauf hinweise, dass der Bundesrat orientierungslos sei. Das Bild erinnere zudem stark an Leonardo Da Vincis «Abendmahl», wobei sich der in der Mitte sitzende Bundespräsident wohl «endgültig als göttliche Lichtgestalt» sehe. Es frage sich in diesem Fall allerdings, wer denn Judas sei, der ihn ans Messer liefere – eine Frage, die sich tags darauf auch der Blick stellte. Auch den Sonntags-Blick erinnerte das Foto an das Fresko von Leonardo Da Vinci. Wer das Sakrale nicht möge, dürfe sich aber auch «an eine dezente Firmenfeier» erinnert fühlen. Mit Verweis auf die Departementsverteilung, die nach den Bundesratsersatzwahlen vom Dezember 2022 nötig geworden war und bei der die Medien vermutet hatten, dass Alain Berset gerne das Finanzdepartement übernommen hätte, witzelte der Sonntags-Blick zudem, dass es der Bundespräsident nun doch in sein Lieblingsdepartement geschafft habe. Das Foto wurde nämlich im Bernerhof, dem Sitz des Finanzministeriums, geschossen. Der NZZ am Sonntag fiel hingegen auf, dass die «Bundesräte aus der lateinischen Schweiz sitzen, jene aus der Deutschschweiz stehen». Die Zeitung fragte sich, ob die Deutschschweizer dynamischer oder dominanter seien oder als «neue Minderheit» nicht einmal mehr Platz nehmen dürften.

Das jährliche Bundesratsfoto

Nicht nur für die rund 40'000 Bundesangestellten, sondern auch für die sieben Departementschefinnen und -chefs und den Bundeskanzler war für 2023 ein Teuerungsausgleich von 2.5 Prozent vorgesehen. Die Aargauer Zeitung rechnete vor, dass es bei den Magistratspersonen «um mehr als ein paar hundert Franken» gehe. Die Bundesratsmitglieder hätten 2022 CHF 456'854 brutto verdient (exklusive der zusätzlichen CHF 30'000 Spesen). Das Einkommen steige also dank Teuerungsausgleich im kommenden Jahr um CHF 11'421 an, was rund CHF 950 pro Monat mehr Lohn bedeute. Auch die Löhne des Bundeskanzlers – er verdient 81.6 Prozent eines Bundesratsgehalts – und der Bundesrichterinnen und Bundesrichter (80 Prozent eines Bundesratsgehalts) werden 2023 der Teuerung angepasst. Die Anpassung der Löhne der Magistratspersonen an die Teuerung ist in einer Verordnung festgehalten, die 2002 in Kraft gesetzt worden war. In der Blick-Leserbriefspalte stiess der Teuerungsausgleich für den Bundesrat auf grosse Kritik. Die CHF 1'000 pro Monat mehr seien «ein Schlag ins Gesicht eines jeden Büezers».

Teuerungsausgleich 2023 für Magistratspersonen