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Mit zwei neuen Kommunikationskanälen sorgte die SP im Herbst 2022 für einige Aufmerksamkeit. Die NZZ ortete gar eine «veritable Medienoffensive der SP». Auslöser war einerseits die Lancierung des Podcasts «Meyer:Wermuth», in dem die Co-Vorsitzenden der Partei, Mattea Meyer und Cédric Wermuth, einmal pro Woche jeweils drei aktuelle Themen diskutieren und in Kurzantworten auf ausgewählte Publikumsfragen eingehen. Damit solle die SP-Politik auf interessante Art vermittelt und die Entscheidungsfindung in der SP-Spitze besser nachvollziehbar gemacht werden, wurde Meyer in der Presse zitiert. Der neue Kanal sei nicht Teil der SP-Kommunikationsstrategie für die Wahlen 2023, sondern ein längerfristiges Vorhaben, dass sich die beiden schon bei ihrer Wahl ins Co-Präsidium 2020 vorgenommen hätten. Als zweiten Teil der SP-«Medienoffensive» nannte die NZZ das ebenfalls neue Online-Magazin «Direkt», eine Website, auf der die Partei politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen im In- und Ausland aus sozialdemokratischer Perspektive behandelt.

Mit ihren Bemühungen, mithilfe neuer Kommunikationsmassnahmen direkt – ohne Umweg über klassische Medien – an die Bürgerinnen und Bürger zu gelangen, war die SP indessen nicht allein. Lorenz Furrer von der PR- und Lobbyagentur Furrerhugi wies gegenüber dem Tages-Anzeiger darauf hin, dass Firmen schon seit einigen Jahren zunehmend auf eigene Newsrooms setzten. Nun werde dies «auch in der Politik [zum] Zeitgeist». Denn so könne eine Partei, eine Politikerin oder ein Politiker gezielt eigene Themen bewirtschaften und die eigenen Zielgruppen bedienen. Wie der Tages-Anzeiger festhielt, mache dies Teleblocher, «die wohl berühmteste Direkt-Politikersendung in der Schweiz», seit 2008 mit einigem Erfolg vor. Die wöchentlichen Interviews des Journalisten Markus Ackeret mit SVP-Stratege Christoph Blocher (svp, ZH) seien 2022 jeweils von mehreren 10'000 Personen angesehen worden.

Auch FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt, seines Zeichens der erste Bundesparlamentarier mit einer Tiktok-Präsenz, hielt die neuen, direkten Kommunikationskanäle der SP für «eine schlaue Idee»: Man könne mit solchen Mitteln Werbung in eigener Sache machen, und zwar nicht nur vor den Wahlen, sondern nachhaltig. Die FDP versuche dies mit ihrem Magazin «Freisinn» ebenfalls. Er selbst erreiche mit seinem Tiktok-Kanal momentan 13'000 Follower, mit Sessionsrückblicken in Videoformat rund 5000 Personen.

Im Allgemeinen nutze die Linke das Internet und Social Media bisher aber wesentlicher geschickter und erfolgreicher für ihre Kampagnen als die Bürgerlichen, befand die NZZ in einem weiteren Beitrag vom Herbst 2023. Zwei FDP-Politiker beklagten darin, «die Linken» hätten im Internet «hochprofessionellen Content, Videos, Bilder und eine riesige Community, die diesen Content teilt. Wer macht auf unserer Seite diese Videos,wer hat bei uns Hunderttausende Mail-Adressen?» Gegen diese professionelle Kommunikation und Kampagnenführung kämen die bürgerlichen Parteien derzeit nicht an. Die NZZ ortete im bürgerlich-liberalen Lager indessen drei jüngere Initiativen, die dies ändern sollten: Die «Liberale Aktion für Reform und Ambition (Lara)», den Nebelspalter und das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik an der Universität Luzern.
Die Lara-Aktion werde von der «Bonny-Stiftung für die Freiheit» finanziert und bringe unter der Anleitung der PR-Agentur Farner junge Influencerinnen und Influencer mit Jungfreisinnigen und Forschenden zusammen. Ziel sei der Aufbau «eine[s] liberalen Momentum[s] auf Social Media», was aber ein langwieriges Unterfangen werde.
Der Nebelspalter, der 2021 von Markus Somm übernommen und seither durch 70 Investorinnen und Investoren aus dem Umfeld der bürgerlichen Gegnerschaft des EU-Rahmenabkommens finanziert wird, habe ursprünglich eigentlich hinter einer Bezahlschranke eine liberale Community aufbauen wollen, biete seine wichtigsten Formate inzwischen aber kostenlos an: den Newsletter von Somm und den Podcast «Bern einfach» von Somm und seinem Stellvertreter Dominik Feusi.
Das ebenfalls 2021 gegründete Institut für Wirtschaftspolitik (IWP) wird vom Wirtschaftsprofessor Christoph Schaltegger und dem vormaligen NZZ-Journalisten René Scheu geführt, finanziert werden die rund zehn Vollzeitstellen von einer Stiftung. Schaltegger sagte gegenüber der NZZ, natürlich sei niemand neutral, aber das IWP sei inhaltlich unabhängig und forsche ergebnisoffen. Gemäss NZZ erhofften sich vom IWP allerdings «viele Liberale», auf dem von Bürgerlichen lange vernachlässigten Feld der Universitäten Boden gutzumachen, denn dieses spiele für die Deutungshoheit in der öffentlichen Debatte eine zentrale Rolle. Die AZ hielt es für «offensichtlich», dass die Geldgeberinnen und Geldgeber das IWP deshalb unterstützen, weil Schaltegger und Scheu für eine liberale Einstellung bekannt seien und von ihnen ein kritischer Ansatz bei der Untersuchung der Auswirkungen staatlicher Aktivitäten zu erwarten sei. Grosse Projekte des Instituts untersuchten etwa das Bürokratiewachstum, die Beschäftigung im öffentlichen Sektor, die Subventionstätigkeit des Bundes oder die Einkommensverteilung. Ein wichtiges Anliegen des IWP ist gemäss Schaltegger die öffentliche Vermittlung seiner Erkenntnisse, gerade auch an ein jüngeres Publikum – einerseits über die klassischen Medien, aber auch mit Videos, Lernplattformen, Social-Media-Beiträgen und Podcasts. Im Frühjahr 2023 verbreitete es einzelne Forschungsergebnisse zudem mit einer Plakatkampagne.

Kommunikationsstrategien der Parteien

Für einigen Presserummel sorgte die grüne Regierungsrätin des Kantons Aargau, Susanne Hochuli, die als Sozialdirektorin privat Asylsuchende bei sich beherbergte. Sie wolle nicht nur reden, sondern auch agieren. Weil der Platz in den bestehenden Unterkünften knapp geworden war, suchte der kantonale Sozialdienst mittels Inseraten nach Mietobjekten für die Unterbringung von Asylbewerbern. Hochuli wurde vorgeworfen, für ihr Engagement vom Staat Geld zu erhalten. Entgegen ihrer Partei empfahl die grüne Regierungsrätin zudem die GSoA-Wehrpflichtinitiative zur Ablehnung und sympathisierte mit der Asylgesetzrevision, die von der GP Schweiz zur Ablehnung empfohlen worden war.

Susanne Hochuli

In der Verkehrspolitik wollten die Grünen ihre Position für weniger Mobilität verteidigen. Bereits im Januar kündigte Co-Präsidentin Regula Rytz an, ein Referendum zu unterstützen, sollte der Bau einer zweiten Gotthardröhre beschlossen werden. Das bis anhin von den Grünen besetzte VCS-Präsidium wollte man ebenfalls nicht kampflos der SP überlassen: neben der letztlich gewählten Evi Allemann (sp, BE) trat deshalb auch Aline Trede (gp, BE) an. Mitte April brachten die Grünen zudem die Idee eines Gelegenheits-Halbtax-Abonnements in die Diskussion um die Preise im öffentlichen Verkehr ein. Die „Bahnkarte 25“ soll für CHF 50 im Jahr die Bahnreisen um 25% verbilligen. Damit würden Anreize für Gelegenheitszugfahrer gesetzt, die vermehrt auf die Strasse ausweichen würden, gab Regula Rytz, Co-Präsidentin der Grünen in einem Interview zu Protokoll. Eine ähnliche Idee war in Deutschland mit einigem Erfolg im Jahr 2002 eingeführt worden. Schliesslich forderten die Delegierten im November in einer Resolution, dass bis 2050 nur noch Autos auf Schweizer Strassen fahren dürfen, die mit grünem Strom fahren. Dies soll durch eine Erhöhung der Auto-Importsteuer und der Umwandlung von Parkplätzen in Standplätze mit Ladestationen erreicht werden. Darüber hinaus müsse möglichst rasch ein verursachergerechtes Mobility-Pricing eingeführt werden.

Verkehrspolitik
Dossier: Mobility-Pricing

Fracking – das Fördern von Schiefergas mit Wasser, Sand und Chemikalien aus dem Untergrund – ist den Grünen ein Dorn im Auge. Kritisiert werden das Erdbebenrisiko, die Gefahr einer Verschmutzung des Grundwassers durch Chemikalien und die grosse Menge an benötigtem Wasser. Die Förderung von unkonventioneller fossiler Energie müsse verboten oder wenigstens einem Moratorium unterstellt werden, forderten die Grünen Mitte August via Medien. Der Bundesrat hatte zwar seine Skepsis gegenüber Fracking ausgedrückt, die Nutzung von Bodenschätzen liegt jedoch grundsätzlich in der Kompetenz der Kantone. Bisher ist Fracking in den Kantonen Freiburg und Waadt untersagt.

Grüne fordern ein Verbot von Fracking

An der Delegiertenversammlung am 19. Januar in Grenchen diskutierten die Grünen die Raumplanung. In einer Resolution forderten die Abgeordneten zusätzliche Anstrengungen über das revidierte Raumplanungsgesetz hinaus, zu dem die GP bereits im November die Ja-Parole gefasst hatte. Es brauche insbesondere mehr Mut für eine Entwicklung der Zentren und mehr Bereitschaft, der Natur Raum zu überlassen. Die Abstimmung zum revidierten Raumplanungsgesetz müsse mit einer breiten Koalition aus Landwirten, Architekten, der Tourismusbranche, Mietern und Stadtbewohnern gewonnen werden, forderte Co-Präsidentin Adèle Thorens in Grenchen.

Raumplanung

Die Grünen feierten 2013 ihr 30-jähriges Bestehen. Die verschiedenen in den 1970er Jahren entstandenen kantonalen und kommunalen Ökologiebewegungen hatten sich 1983 zur Föderation der grünen Parteien zusammengeschlossen. In Biel wurde Ende April auf dieses Ereignis angestossen. Seit den eidgenössischen Wahlen 2011 standen die Grünen allerdings unter keinem guten Stern. Bereits damals mussten sie eine herbe Niederlage einstecken, 2012 und auch im Berichtjahr setzte sich dieser negative Trend auch bei den kantonalen Parlamentswahlen fort. Als ein Grund für die Formschwäche der GP wurde in der Presse der Verlust der Führerschaft in Umweltthemen diskutiert. Der Atomausstieg ist beschlossen, Raumplanung, Nachhaltigkeit oder Mobilität sind Themen, die auch von bürgerlichen Parteien bearbeitet werden. Regula Rytz (BE), Co-Präsidentin der Grünen Partei Schweiz begrüsste freilich in einem Interview am Anfang des Berichtjahrs diesen Trend: Themen, die früher belächelt worden seien, würden jetzt ernst genommen. Auf diesem Erfolg dürfe sich die GP aber nicht ausruhen, weil es zum Beispiel in der Atompolitik – die GP hatte eine Ausstiegsinitiative lanciert – noch viel zu tun gebe und noch immer Überzeugungsarbeit geleistet werden müsse. Der Partei wurde auch vorgeworfen, zu wenig pragmatisch und häufig zu ideologisch zu agieren. Eine ernsthafte Oppositionspolitik könne sie zudem erst betreiben, wenn sie sich von der SP emanzipiere, mit der sie zu häufig paktiere. Ein weiterer Grund für die Verluste der Grünen wurde zudem in der GLP ausgemacht, die als liberale Version der Grünen in der Mitte die Wählerschaft abgrabe. Trotz dieser Konkurrenz setzte sich Rytz für die Wahlen 2015 10% Wähleranteil zum Ziel.

30-jähriges Bestehen

In der Umweltpolitik waren die Grünen lange Zeit Themenführer und die zunehmende Konkurrenz aller etablierten Parteien in diesem Bereich könnte eigentlich als Erfolg der GP gewertet werden. Allerdings müsse man darauf achten, dass die GP in ihren Kernthemen weiterhin als relevant und glaubwürdig wahrgenommen werde. Man wolle in Policies wie grüne Wirtschaft, Atomausstieg, Raumplanung und Verkehr die führende Partei bleiben, gaben die neuen Parteipräsidentinnen an der Delegiertenversammlung Anfang November in Bümpliz zu Protokoll.

Umweltpolitik

In St-Imier (BE) trafen sich Anfang August Anarchisten aus der ganzen Welt zu einem internationalen Treffen. Rund 3'000 Personen nahmen während fünf Tagen an verschiedenen Veranstaltungen teil. St-Imier war vor 140 Jahren Gründerort der ersten Antiautoritären Internationalen, die als Reaktion auf die marxistische Internationale unter dem Beisein des russischen Revolutionärs und Philosophen Michail Bakunin entstanden war.

Anarchisten

Ende Juni fand der dritte nationale Kongress der AL in Biel statt. Diskutiert wurde die schleppende Weiterentwicklung der extremen Linken, die auch auf die (zu) grosse Zersplitterung zurückzuführen sei. Am Kongress wurden 24 Mitglieder aus elf Kantonen (GE, SH, BE, JU, VS, VD, TI, BL, BS, FR, ZH) in den nationalen Vorstand gewählt. Als Gastredner war Stéphane Hessel, Widerstandskämpfer der französischen Résistance und Überlebender des KZ Buchenwald, eingeladen worden. Der Verfasser der Widerstandsschrift „Empört Euch“ sprach sich unter dem Titel „Von der Empörung zur Tat“ unter anderem gegen die zunehmende Verschärfung des Asylwesens aus.

Nationaler Kongress der AL in Biel

Vorwürfe aus dem bürgerlichen Lager an die GLP wurden nach der Annahme der Zweitwohnungsinitiative im März laut. Die Grünliberalen hätten es nicht geschafft, eine gute Kampagne gegen das Begehren zu führen und seien mitschuldig an der Niederlage. Dies zeige, dass die junge Partei noch nicht über die nötige Ausstrahlung verfüge. GLP-Präsident Bäumle reichte den schwarzen Peter zurück an die FDP, die CVP und die Wirtschaftsverbände, die das Begehren unterschätzt hätten.

Forderungen und Reaktionen der Parteien nach Annahme der Zweitwohnungsinitiative
Dossier: Zweitwohnungsinitiative und ihre Auswirkungen

Die Energiepolitik war zentrales Thema der Grünen. Nach der Atomreaktorkatastrophe im japanischen Fukushima wollten sich allerdings auch andere Parteien in Energiefragen profilieren. Mit der Initiative „Grüne Wirtschaft“ oder der im Berichtsjahr lancierten Ausstiegsinitiative, versuchten die Grünen sich von anderen Parteien abzugrenzen. Allerdings war die GP auch bemüht zu betonen, dass man kein Urheberrecht auf die Ausstiegspolitik erhebe, sondern froh sei, dass eine breite Front gegen den Atomstrom entstehe. Zudem versuchte Präsident Leuenberger die bis dahin in der Atomenergiefrage ziemliche zurückhaltende SVP mit einem verfremdeten SVP-Logo zu einem Positionsbezug herausfordern: Statt der Sonne war darauf – versehen mit dem Vermerk „für eine strahlende Zukunft“ – das Zeichen für radioaktive Strahlung abgebildet. Vielerorts wurde die intensive Beschäftigung des Bundesrats und des Parlaments mit dem Thema Kernenergie als eigentliches Problem der Grünen geortet. Diese hätten dadurch in einem monothematisch ausgerichteten Wahlkampf ihr eigentliches Profilierungsthema verloren.

Energiepolitik

Am Parteitag Mitte August in Basel kritisierte Präsident Bäumle die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen gegen den starken Franken. Das Frankenpaket über einen Betrag von zwei Milliarden sei unhaltbar und ungerecht. Es gäbe auch Gewinner der derzeitigen Wechselkurslage und gesamtwirtschaftlich betrachtet, seien Verluste und Gewinne ausgeglichen. Besser als Geld zu verteilen wäre es, Preise zu senken sowie Innovation, Forschung und Entwicklung durch steuerliche Entlastung zu stärken. Das Problem der Frankenstärke sei ein kurzfristiges, gab sich Bäumle überzeugt.

GLP-Bäumle überzeugt, dass Frankenstärke nur vorübergehend ist

An einer Medienkonferenz am Internationalen Tag der Frau sprach sich die Grüne Fraktion für die Einsetzung einer Unabhängigen Kommission zur Förderung der Lohngleichstellung aus. Lohngleichheit sei zwar in der Verfassung festgeschrieben, aber noch lange nicht erreicht, weshalb diese Kommission nötige Massnahmen erarbeiten und durchsetzen solle.

Lohngleichstellung

Im November lehnten die vier Bundesratsparteien es ab, den Grünen das Nationalratspräsidium zu überlassen. Damit brachen sie mit einem alten Entscheid, alle zwölf Jahre einer kleinen Nichtregierungspartei den Vorsitz der grossen Kammer abzutreten. Früher hatte jeweils die SVP als ehemals kleinste Partei auf den Vorsitz verzichtet. Dazu war die jetzt kleinste Partei, die CVP, nicht bereit.

Grüne warten weiterhin auf ihr Nationalratspräsidium

Im Zusammenhang mit einem Bundesgerichtsurteil, das Urnenentscheide über Einbürgerungen als verfassungswidrig bewertet, forderten die Grünen eine Migrationspolitik, welche auf der Anerkennung der Menschenrechte gründet und konsequent die Integration fördert; obligatorische Deutschkurse lehnten sie jedoch ab. Die Einbürgerungsfrist solle auf acht Jahre gesenkt, die zweite und die dritte Ausländergeneration automatisch eingebürgert werden.

Grüne fordern Änderungen in der Migrationspolitik

Politbeobachter waren sich einig, dass die Asyl- und Ausländerpolitik ein Hauptthema im Wahlkampf 2003 sein wird. Das (und die gleichzeitig anstehende Revision von Ausländer- und Asylrecht) veranlasste alle Bundesratsparteien, sich mit Positionspapieren zu Wort zu melden, wobei zum Teil vom bisherigen ideellen Gedankengut der Partei abgewichen wurde, um Forderungen nach einer restriktiveren Ausländer- und Asylpolitik nicht kampflos der SVP zu überlassen. Als erste der Bundesratsparteien legte die Geschäftsleitung der SP ihr neues Konzept für die künftige Migrationspolitik der Schweiz vor. Das unter der Federführung von Nationalrätin Aeppli (ZH) entstandene Papier sorgte in der Partei zum Teil für hitzige Diskussionen, wurde darin doch eine Abkehr von der bisherigen SP-Haltung postuliert, wonach alle Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz zugelassen werden sollen, die hier Arbeit finden. Aeppli begründete die Neuausrichtung mit der Angst vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor ausländischer Konkurrenz. Jenen Parteimitgliedern, die Zulassungsbegrenzungen als Tabubruch empfinden, entgegnete sie, wichtiger als neue Arbeitskräfte ins Land zu holen, sei es, die Chancen der hier lebenden zu verbessern. Eine Diskriminierung bei der Zulassung müsse mittelfristig in Kauf genommen werden, dafür sei aber die Gleichbehandlung aller Zugelassenen zu garantieren, etwa was den Familiennachzug betrifft, die Berufsbildung oder die Arbeitsbedingungen. Das Papier wurde von der Delegiertenversammlung gegen die Opposition der beiden Nationalrätinnen Vermot (BE) und Garbani (NE) angenommen.

ein Hauptthema im Wahlkampf 2003 SP

Im Herbst verurteilte die GP den Terrorismus und den Krieg in Afghanistan. Die Reaktion der USA und ihrer Alliierten sei keine adäquate Reaktion auf die grauenhaften Terrorakte vom 11. September. Parteipräsidentin Genner kritisierte den grünen deutschen Aussenminister Joschka Fischer und bedauerte, das dieser für den Krieg in Afghanistan einstünde. Des weiteren verabschiedeten die Grünen eine Resolution für ein Ausschaffungsmoratorium für Papierlose.

GP verurteilt Krieg in Afghanistan

Die Progressiven Organisationen (POCH) entfernten sich weiter von ihrer ehemals proklamierten Politik der Bildung eines Pols links der SP. Mehrere Exponenten vertraten ein Konzept der Multipolarität der revolutionären Kräfte, was dem tatsächlichen Veränderungspotential besser entspreche. Den ehemaligen Bündnispartner PdA erzürnte die POCH durch ihr Vorprellen mit einer neuen AHV-Initiative, wobei das Vorgehen auch in den eigenen Reihen nicht unumstritten war. Als 68er Partei eröffnete sie, nicht zuletzt als Folge der Jugendunruhen, eine neue «Generaldebatte» über ihren programmatischen Kurs. Die Tendenz scheint weg vom Selbstverständnis als Teil der kommunistischen Weltbewegung und zurück zu den Ideen von 1968 zu weisen.
(Siehe auch: POCH-Kongress von 1978 und die äusserste Linke in 1980)

Die Progressiven Organisationen (POCH) entfernten sich weiter von ihrer ehemals proklamierten Politik der Bildung eines Pols links der SP

Auch die Revolutionäre marxistische Liga sah sich von der Jugendrevolte herausgefordert; sie beschloss, deren Politisierung mit einer Initiative für öffentliche Lehrwerkstätten zu fördern.
Ausserdem benannte sie sich um in «Sozialistische Arbeiterpartei» (SAP), um eine direktere Zuwendung zur Arbeiterschaft zu betonen. Unter dem Eindruck der jüngsten Entwicklungen in Ostasien zerfiel die bisher grösste Gruppe der Maoisten, die Schweizerische Kommunistische Organisation (SKO), unter scharfer Selbstkritik.

Revolutionäre marxistische Liga (RML) / Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) 1980

Bei der äussersten Linken konnte man trotz engerer Zusammenarbeit der Hauptgruppen gewisse Verlagerungen feststellen, die von weltpolitischen Ereignissen wie auch von der Jugendrebellion mitbedingt waren. Im Aufwind befanden sich weiterhin die Progressiven Organisationen (POCH), die sich infolge des Gewinns neuer parlamentarischer Positionen (1979 in Zürich, Basel-Land, Luzern und Tessin; Gemeindewahlresultaten in Luzern) zur Verstärkung ihrer Zentralorgane veranlasst sahen.
Einer ihrer führenden Vertreter (Daniel Vischer; ZH, poch) betonte in einem Rückblick auf die Entwicklung der Partei ein Abrücken vom zeitweiligen kommunistischen Selbstverständnis und eine gewisse Rückkehr zu 1968. Von Selbstbewusstsein zeugte der Vorwurf an die Bundesgenossen, sie hätten durch mangelhaften Einsatz das Misslingen der Initiative für Arbeitsplatzsicherung verschuldet.

Die äusserste Linke 1980

Auf der äussersten Linken machte sich vermehrt ein Bestreben nach engerer Zusammenarbeit geltend. Die Autonomen Sozialisten des Tessins (Partito socialista autonomo, PSA) hatten im Vorjahr der Partei der Arbeit (PdA) und den Progressiven Organisationen (POCH) eine Institutionalisierung der Kontakte vorgeschlagen. Aus mehrmonatigen Besprechungen ergab sich das Vorhaben einer gemeinsamen Initiative für Verlängerung der gesetzlichen Ferien, an der man auch die Sozialdemokraten zu beteiligen gedachte. Doch diese lehnten ein Zusammenwirken ab und beschlossen, mit dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund eine schon 1976 grundsätzlich beschlossene eigene Ferieninitiative zu lancieren. Da zog es die PdA vor, das Unternehmen der beiden grossen Organisationen zu unterstützen, womit die gemeinsame Aktion der radikaleren Linken gescheitert war.

Die PdA wie die POCH führten über Pfingsten Parteikongresse durch. Beide gaben erstmals den Massenmedien Zutritt zu ihren Verhandlungen. Die PdA richtete das zehn Jahre zuvor aufgehobene Amt des Generalsektretärs wieder ein und übergab es dem Genfer A. Magnin. Dieser übernahm damit die Funktion J. Vincents, der seit 1974 die Partei als Präsident geleitet hatte und der nun, mit einem Ehrenpräsidium bedacht, nur noch Mitglied des Politbüros ist. Am Kongress fiel die grosse Zahl junger Delegierter auf: fast die Hälfte hatte das 35. Altersjahr noch nicht überschritten. Bewegt war die Diskussion über die Energiepolitik, in der sich eine atomkraftwerkgegnerische Tendenz gegen die eher wachstumsorientierte Politik der Parteileitung wandte.

Der POCH-Kongress beschäftigte sich mit dem Entwurf für ein Parteiprogramm, das dann im Dezember von einer Delegiertenversammlung definitiv verabschiedet wurde. Dieses fasst einerseits die bisher in Schriften und Aktionen zum Ausdruck gekommenen Bestrebungen der POCH systematisch zusammen, anderseits richtet es sich auf die Sammlung einer breiten Volkseinheit zum Kampf gegen die Herrschaft der «Monopole» aus. Dabei wird versucht, alle potentiellen Oppositionskräfte – Arbeitnehmer, Kleinbauern, Frauen, Jugendliche, Einwanderer, Mieter, Rentner, Umweltschützer, Atomkraftgegner und selbst die südjurassischen Separatisten – anzusprechen und um die als Motor wirkende Arbeiterbewegung zu scharen. «Demokratische Erneuerung» heisst das neue Leitmotiv, und der historisch gewordene Pluralismus wird ausdrücklich anerkannt. Zwar erscheint der POCH nach wie vor eine Überwindung des Kapitalismus nur durch weltweites Zusammenwirken aller revolutionären und demokratischen Bewegungen einschliesslich der kommunistischen Parteien möglich, doch fliesst nun eine gewisse Kritik am «Machtmissbrauch» in den Oststaaten ein.

Auch die Revolutionäre marxistische Liga (RML) führte – allerdings nicht öffentlich – einen Kongress durch. Obwohl sie entschiedener gegen die Unterdrückung der Opposition im kommunistischen Machtbereich Stellung nimmt als PdA und POCH, wird sie nach ihren Aussagen weiterhin polizeilich überwacht. Immerhin konnte der Sekretär der trotzkistischen Internationale, Ernest Mandel, erstmals wieder in der Schweiz auftreten (im April hob der BR die Einreisesperre endgültig auf). Auch die RML befürwortet eine grössere Aktionsgemeinschaft der Linken, doch lehnt sie eine Fusion, wie sie namentlich PSA und POCH ins Auge fassen, ab. Noch stärker isoliert sind die Maoisten; sie sind erst damit beschäftigt, unter sich zu einer gewissen Zusammenarbeit zu gelangen (im März 1978 vereinigten sich drei Gruppen zur Schweizerischen Kommunistischen Organisation (SKO), die mit der Kommunistischen Partei der Schweiz (KPS) eine Zusammenarbeit anstrebt. Abseits steht die Kommunistische Partei der Schweiz/Marxisten-Leninisten (KPS/ML)).

Äusserste Linke (PdA, POCH, RML, PSA) im Jahr 1978

La nouvelle gauche est demeurée divisée. Les Organisations progressistes (POCH), qui enregistrèrent à nouveau de petits succès électoraux, ont continué d’œuvrer en commun avec le Partito socialista autonomo tessinois, en particulier pour le lancement d'une seconde initiative 'populaire visant à abaisser de cinq ans l'âge de la retraite AVS. La Ligue marxiste révolutionnaire au contraire prit ses distances à l'égard de cette opération qui aurait le désavantage de disperser les forces alors qu'il s'agirait au contraire de trouver une alternative à la solution des trois piliers de la prévoyance-vieillesse. Dans une analyse de fond, les organisations progressistes (POCH) se rallièrent à une option révolutionnaire quant à la ligne générale du mouvement communiste mondial, sans prendre position dans la controverse entre Moscou et Pékin. Lors d'une manifestation qui prit l'allure de congrès, on se prononça pour une politique d'alliance avec d'autres organisations de gauche. POCH annonça pour 1975 la création d'une publication mensuelle en français, étendant de la sorte — et pour la première fois — son rayon d'action à la Suisse romande. L'organe du Parti communiste de Suisse (marxiste-léniniste), de tendance pro-chinoise, a opéré un virage surprenant en soutenant un renforcement de la défense nationale afin de conserver l'indépendance du pays, cela en dépit de la méfiance observée à l'égard de la bourgeoisie.
(Cf. succès électoraux du POCH en 1974 à Berne ici et ici, et à Zurich)

La nouvelle gauche est demeurée divisée en 1974