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Jahresrückblick 2021: Aussenpolitik

Nach dem Jahr 2020, das auch im Bereich der Aussenpolitik mehrheitlich von der Covid-19-Pandemie dominiert worden war, kehrten 2021 wieder andere Themen ins Scheinwerferlicht zurück. Allen voran gewannen die Beziehungen zur EU aufgrund unvorhergesehener Ereignisse an Salienz. Die Zeitungsanalyse 2021 von Année Politique Suisse unterstreicht diese Entwicklung eindrücklich: Zeitungsartikel zu den Beziehungen zwischen der Schweiz und Europa machten im vergangenen Kalenderjahr rund die Hälfte aller Artikel im Themenbereich Aussenpolitik aus (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang).

Hauptgrund für die Prominenz der bilateralen Beziehungen in den Medien dürfte das Ende der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU im Mai 2021 gewesen sein. Zwar widerspiegelte der mediale Tonfall nach dem Treffen zwischen Bundespräsident Parmelin und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen Ende April die Hoffnung, dass sich die Verhandlungen in eine weitere Runde würden retten können, doch die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft zeigten die verhärteten Fronten in der Diskussion in der Schweiz auf. Auch das Parlament übte Ende April/Anfang Mai zunehmend Druck auf den Bundesrat aus, endlich neue Ansätze in die seit längerem blockierten Verhandlungen zu bringen. Ein Abbruch der Verhandlungen schien für den Bundesrat schliesslich angesichts der bestehenden Differenzen unvermeidlich, wobei die einseitige Entscheidung von der EU überhaupt nicht begrüsst wurde. Verschiedene politische und zivilgesellschaftliche Akteure wie die SP und die Operation Libero drängten nach dem Verhandlungsabbruch auf neue Lösungsansätze, der polarisierendste zielte gar auf einen EU-Beitritt ab. Eine in der Folge rasch ergriffene Massnahme betraf die seit 2019 blockierte zweite Kohäsionsmilliarde, die auf Initiative des Bundesrats in der Herbstsession von beiden Räten freigegeben wurde. Nachdem dieser zweite Schweizer Beitrag aufgrund der Nichtverlängerung der Börsenäquivalenz 2019 blockiert worden war, erhoffte sich der Bundesrat von der Freigabe nun die Assoziierung an Horizon Europe.

Die Verschlechterung der Beziehungen zur EU hatte sich zu Beginn des Jahres noch nicht unbedingt abgezeichnet. Im März hatte der Bundesrat die Botschaft zur Prümer Zusammenarbeit und dem Eurodac-Protokoll veröffentlicht und damit die Grundlage für eine vertiefte Kooperation mit der EU in Sachen Kriminalitätsbekämpfung gelegt. Diese waren in den beiden Räten unbestritten und wurden einstimmig angenommen. Auch ein weiteres Geschäft im Rahmen der Schengen-Weiterentwicklung, die Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen, fand im Ständerat eine grosse Mehrheit. Etwas umstrittener gestalteten sich die Ratsdebatten über die Schweizer Beteiligung an der Weiterentwicklung von Frontex und über eine dafür nötige Revision des AIG. Da die Räte und die vorberatenden Kommissionen der EU-Migrationspolitik kritisch gegenüberstanden, brachten sie Ausgleichsmassnahmen in die Vorlage ein, um der humanitären Tradition der Schweiz gerecht zu werden. In der Folge wurde vor allem über deren Ausgestaltung diskutiert und weniger über den Frontex-Beitrag, der personelle und finanzielle Mittel umfasste und aufgrund der drohenden Beendigung der Schengen-Assoziierung bei einer Nichtübernahme unbestritten schien.

Deutlich positiver als die EU-Politik liest sich die Bilanz der Schweiz im Hinblick auf die Kooperation mit einzelnen europäischen Staaten. Die bilateralen Beziehungen zum Vereinigten Königreich im Nachgang des Brexit nahmen 2021 weiter Form an. Im Januar nahm der Ständerat als Zweitrat eine Motion Cottier (fdp, NR) an, die eine vertiefte Handelsbeziehung im Rahmen der «Mind the Gap-Strategie» des Bundesrats verlangte. Zudem veröffentlichte der Bundesrat im Juni die Botschaft zum Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die Mobilität von Dienstleistungserbringenden, durch das die Schweiz einen vereinfachten Zugang zum britischen Arbeitsmarkt erhalten soll. Dieses nahm die kleine Kammer in der Wintersession einstimmig an. Auch die Nutzung des französischen Satellitensystems «Composante Spatiale Optique» wurde von beiden Räten ohne grösseren Widerstand angenommen.

Auch in der Aussenwirtschaftspolitik ereignete sich im vergangenen Jahr einiges, angefangen mit der Abstimmung über das Freihandelsabkommen mit Indonesien, welches die Schweizer Bevölkerung im März mit 51.6 Prozent Ja-Stimmen knapper als erwartet annahm. Deshalb werteten auch die unterlegenen Gegner und Gegnerinnen des Abkommens dieses Resultat als Erfolg, insbesondere im Hinblick auf das Freihandelsabkommen mit dem Mercosur, welches gemäss geltender Gesetzgebung automatisch dem fakultativen Referendum unterstellt werden soll. Erwähnenswert war im Kontext des Aussenhandels auch die Anpassung des Embargogesetzes, durch die das Einfuhrverbot von Feuerwaffen, Waffenbestandteilen, Munition und weiteren Gütern aus Russland und der Ukraine fortgeführt werden konnte und die es dem Bundesrat erlaubt, in vergleichbaren Situationen nicht mehr die Bundesverfassung für ein Embargo bemühen zu müssen.

Deutlich weniger Veränderungen als in anderen Jahren gab es bei den Beziehungen zu internationalen Organisationen. Hervorzuheben ist hier die Sistierung des UNO-Migrationspakts durch den Ständerat, welcher die Ergebnisse der Subkommissionen der aussenpolitischen Kommissionen zum Thema «Soft Law» abwarten wollte. Ebenfalls von Bedeutung waren die Bewilligung der von der WAK-SR geforderten ständigen parlamentarischen Delegation bei der OECD durch die beiden Räte in der Herbstsession und die Ratifikation der ILO-Übereinkommen 170 und 174.

Einen Bedeutungsaufschwung erlebten die bilateralen Beziehungen der Schweiz mit China, was sich in einer Vielzahl an parlamentarischen Vorstössen äusserte. Auslöser für die rege Tätigkeit des Parlaments war die mit Spannung erwartete Publikation der Schweizer China-Strategie im März. Diese wurde unter anderem für ihren unklaren Umgang mit den chinesischen Menschenrechtsverletzungen kritisiert, weshalb die aussenpolitischen Kommissionen der Räte selbst aktiv wurden. Bereits vor Veröffentlichung der China-Strategie hatte die APK-NR in der Frühjahrssession einen Bericht zur Umsetzung des bilateralen Menschenrechtsdialogs eingefordert – mit diesem sollte die China-Strategie beurteilt werden. Auch die Situation der tibetischen Exilgemeinschaft in der Schweiz, die laut APK-NR unter der zunehmenden Einflussnahme Chinas leidet, wurde in der Frühjahrssession thematisiert. Kurz darauf engagierte sich die APK-NR auch in diesem Themenfeld: Mittels Motion forderte sie einen stärkeren Fokus der Schweiz auf die Förderung der Menschenrechte in China, der auch in der Schweizer China-Strategie zum Ausdruck kommen sollte. Die Motion wurde vom Nationalrat zwar befürwortet, aber vom Ständerat abgelehnt. Die APK-NR war es auch, die den Bundesrat im Sommer mit einem Postulat ins Schwitzen brachte, das die Prüfung von vertieften Beziehungen mit Taiwan – unter anderem auf politischer Ebene – forderte, was ganz und gar nicht zur Ein-China-Politik der Schweiz passte und vom Bundesrat daher abgelehnt wurde. Anders sah dies der Nationalrat, der das Postulat überwies. Etwas allgemeiner ging die APK-SR vor, die in einer von ihrem Rats bereits unterstützten Motion eine Institutionalisierung des zwischenstaatlichen Austauschs und der Koordination von Schweizer Akteuren mit China verlangte, um die politische Kohärenz der China-Politik sicherzustellen.

Zu kleineren Ausschlägen in der APS-Zeitungsanalyse 2021 führten zudem die Guten Dienste der Schweiz (vgl. Abbildung 1). Im Juni fand in Genf das viel beachtete Treffen zwischen US-Präsident Biden und dem russischen Präsidenten Putin statt, das von den Bundesräten Cassis und Parmelin genutzt wurde, um die Bedeutung des internationalen Genfs als Standort für interdisziplinäre Kooperation hervorzuheben. Im August verstärkte sich die Berichterstattung in diesem Themenbereich aufgrund der durch die Machtübernahme der Taliban ausgelösten Krise in Afghanistan. In deren Wirren evakuierte die Schweiz ihr DEZA-Kooperationsbüro in Kabul und vergab den lokalen Mitarbeitenden der Schweizer Aussenstellen insgesamt 230 humanitäre Visa. Im Bereich der Menschenrechte hatte der Bundesrat noch vor diesen beiden Grossereignissen die Leitlinien Menschenrechte 2021-2024 publiziert.

Die vorübergehenden Lockerungen der globalen Corona-Massnahmen machte sich im EDA vor allem anhand der Auslandreisen von Aussenminister Cassis bemerkbar. Nach einem mageren 2020 schien der EDA-Vorsteher 2021 einiges nachzuholen und reiste in mehrere Länder, die im Fokus der Schweizer MENA-Strategie standen, darunter Algerien, Mali, Senegal, Gambia, Irak, Oman, Libanon, Libyen und Saudi-Arabien. Von besonderer Bedeutung war der Staatsbesuch in der Ukraine, den Cassis zum Anlass nahm, um den Vorbereitungsprozess für die Ukraine-Reformkonferenz 2022 einzuläuten.

Jahresrückblick 2021: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2021

Anfang Dezember 2021 reichten Marco Chiesa (svp, TI; Mo. 21.4376) im Ständerat und die SVP-Fraktion im Nationalrat (Mo. 21.4364) zwei identische Motionen mit dem Titel «Keine Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat» ein, die den Bundesrat dazu aufforderten, auf die Schweizer Kandidatur für den nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat zu verzichten. Die Motionäre begründeten ihr Anliegen damit, dass Kapitel VII der UNO-Charta nebst nichtmilitärischen Sanktionen auch militärische Interventionen vorsehe, welche durch die Sicherheitsratsmitglieder getragen werden müssten. Derartige Massnahmen seien weder mit der Schweizer Neutralität, noch mit ihrer Unabhängigkeit vereinbar. Darüber hinaus würde die spezielle Bedeutung der schweizerischen «Guten Dienste» untergraben und die Schweiz müsste sich zu komplexen Problemen äussern, zu deren Lösung sie ausserhalb des Sicherheitsrats mehr beitragen könne. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung beider Motionen und argumentierte in seiner Stellungnahme, dass eine Sicherheitsratsmitgliedschaft im Interesse der Schweiz sei. Sie verschaffe der Schweiz Zugang zu wichtigen Regierungen, zudem könne man sich dadurch stärker für Frieden, Sicherheit und eine regelbasierte internationale Ordnung einsetzen. Das Mandat sei auch mit der Schweizer Neutralität vereinbar, weil der Sicherheitsrat keine Streitpartei sei und die Schweiz bereits als Nichtmitglied dessen Entscheide umsetzen müsse. Ausserdem eröffne die Mitgliedschaft neue Möglichkeiten, um Gute Dienste anzubieten wie die Beispiele Deutschlands und Schwedens gezeigt hätten.
Im Rahmen der ausserordentlichen Session zur UNO-Sicherheitsratskandidatur der Schweiz, die auf Antrag der SVP im März 2022 durchgeführt wurde, lehnte der Ständerat den Vorstoss von Chiesa mit 27 zu 11 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) ab. Nebst den Ratsmitgliedern der SVP stimmten auch einige Mitte-Politiker und Politikerinnen dafür. Ähnliches ereignete sich im Nationalrat, wo die Motion der SVP-Fraktion mit 125 zu 56 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) abgelehnt wurde. Diese Abstimmungen stellten den Schluss der ausserordentlichen Session dar.

Keine Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat (Mo. 21.4364 und Mo. 21.4376)
Dossier: Schweizer Sitz im UNO-Sicherheitsrat

In der Wintersession 2021 hiess das Parlament auch den Nachtrag II zum Voranschlag 2021 gut. Der Ständerat sprach sich, nachdem Peter Hegglin (mitte, ZG) als Sprecher der FK-SR und Finanzminister Maurer den Nachtrag präsentiert hatten, in der Gesamtabstimmung mit 41 zu 1 Stimmen für Annahme des Nachtrags II aus. Einzig Thomas Minder (parteilos, SH) stimmte für Ablehnung des Nachtrags.
Der Nationalrat behandelte den Nachtrag II zusammen mit dem Voranschlag 2022, wobei der Nachtrag II kaum Thema der Diskussionen war. Mit 129 zu 43 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) sprach sich auch die grosse Kammer für die Annahme aus. Die ablehnenden Stimmen und die Enthaltungen stammten von Mitgliedern der SVP und einem Mitglied der Grünen.

Nachtrag II zum Voranschlag 2021 (BRG 21.042)
Dossier: Bundeshaushalt 2021: Voranschlag und Staatsrechnung

Ende Oktober 2021 kündigte das EDA die bevorstehende Ukrainereise von Aussenminister Cassis an. Das EDA verkündete in der dazugehörigen Medienmitteilung, dass der Hauptzweck der Auslandreise die Lancierung des Vorbereitungsprozesses für die Ukraine-Reformkonferenz (URC2022), die im Juli 2022 in Lugano stattfindet, sei. Die Reise führte die Schweizer Delegation am 27. Oktober in die Hafenstadt Odessa, wo sie sich mit Schweizer Projektpartnern aus den Bereichen digitale Transformation, Berufsbildung und biologische Landwirtschaft austauschte. Tags darauf traf sich Bundesrat Cassis mit Präsident Volodymyr Zelenskyy und führte im Anschluss mit seinem ukrainischen Pendant – Aussenminister Kuleba – bilaterale Gespräche. In diesen betonte Cassis den Schweizer Einsatz für eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ostukraine, erwähnte aber auch die humanitäre Hilfe der Schweiz, welche beiden Konfliktparteien zu Gute komme. Zum Abschluss der Dienstreise wurde am 29. Oktober offiziell der Vorbereitungsprozess für die URC2022 begonnen. Bis zur Ministerkonferenz im Juli 2022 – die unter dem Motto «Reforms for All – All for Reforms» steht – sollen in der Ukraine, in der Schweiz und weiteren Partnerländern verschiedene URC-Veranstaltungen stattfinden. Wie die NZZ berichtete, sollen im Rahmen der neuen Dezentralisierungsreform in der Ukraine tausende Kleingemeinden fusioniert werden, den daraus entstehenden Grossgemeinden werde danach eine gewisse Steuerautonomie verliehen.

Aussenminister Cassis auf Ukrainebesuch
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2021

In der Herbstsession 2021 gelangte die 2010 überwiesene Motion Marty (fdp, TI) «Die UNO untergräbt das Fundament unserer Rechtsordnung» wiederum ins Parlament, nachdem die vorberatenden Aussenpolitischen Kommissionen die erneute Verlängerung der Frist empfohlen hatten. Damian Müller (fdp, LU) – Sprecher der APK-SR – begründete die fortlaufende Verlängerung der Motionsfrist damit, dass dadurch das Parlament regelmässig über neue Entwicklungen bei der Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit der Anti-Terrorismus-Sanktionen des UNO-Sicherheitsrats informiert werde. Müller stellte fest, dass zu diesem Zeitpunkt nur das Sanktionsregime gegen den Islamischen Staat und Al-Kaida das Büro der Ombudsperson beanspruche. Zudem setze sich die Schweiz weiterhin für die Stärkung der Sanktionsregime ein, welche nicht über einen Zugang zu einer Ombudsperson verfügen. Laut Müller hat die Schweiz dem Sicherheitsrat im Juni 2021 deswegen Vorschläge für die Einrichtung eines unabhängigen Überprüfungsmechanismus gemacht. Er beantragte im Namen der Kommission die erneute Verlängerung der Frist. Bundesrat Cassis informierte den Ständerat darüber, dass das Bundesgericht bestätigt habe, dass Personen auf einer schwarzen Liste der UNO in der Schweiz Rekurs einlegen könnten. Damit sei das Hauptziel der Motion erreicht, nichtsdestotrotz könne man deren Anliegen weiterverfolgen. Sowohl der Ständerat wie auch der Nationalrat verlängerten in der Folge die Behandlungsfrist des Geschäfts.

Non-application des sanctions de l'ONU dans le cadre de la lutte contre le terrorisme (Mo. 09.3719)

In der Herbstsession 2021 befasste sich der Nationalrat mit den parteiübergreifend gleichlautenden Motionen Flach (glp, AG; Mo. 19.4319), Mazzone (gp, GE; Mo. 19.4034; von Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) übernommen), Barazzone (cvp, GE; Mo. 19.4033; von Vincent Maitre (mitte, GE) übernommen), Fluri (fdp, SO; Mo. 19.4037), Sommaruga (sp, GE; Mo. 19.4035; von Mattea Meyer (sp, ZH) übernommen) und Quadranti (bdp, ZH; Mo. 19.4036; von Irène Kälin (gp, AG) übernommen). Diese forderten eine Beteiligung der Schweiz am Verteilungsmechanismus der «Koalition der Willigen». Nationalrat Maitre lobte den flexiblen und pragmatischen Charakter des Verteilmechanismus, bei dem Länder eigene Aufnahmekriterien festlegen und diese dem EASO melden können. Da die Teilnahme nicht verbindlich sei, müsse man auch keine Anpassung im Asylrecht vornehmen. Katharina Prelicz-Huber insistierte, dass man nicht auf eine Lösung im Rahmen des Dublin-Abkommens warten könne, «während weiterhin Tausende von Menschen ertrinken», auch wenn der Bundesrat ad-hoc-Lösungen nicht gerne sehe. Kurt Fluri, der nach eigener Aussage spontane Lösungen ebenfalls ablehne, kritisierte, dass noch immer keine gesamthafte Lösung im Rahmen des Dublin-Systems absehbar sei. Da sich die Schweiz aber bereits an den Verteilungsabläufen beteilige, wäre die Annahme der Motion nur symbolisch, weshalb er seine Motion zurückziehe. Bundesrätin Keller-Sutter wies darauf hin, dass sich die meisten EU-Staaten nie an der «Koalition der Willigen» beteiligt hätten und sich unterdessen selbst anfängliche Befürworter aufgrund der enttäuschenden Resultate daraus zurückgezogen hätten. Man wolle das Dublin-System nicht unterlaufen, indem Menschen ohne Chance auf Asyl auf verschiedene Länder verteilt würden.
Der Nationalrat lehnte die fünf verbleibenden Motionen mit 97 zu 92 Stimmen ab. SP, Grüne und Grünliberale stimmten dafür, während sich die SVP und die FDP einstimmig dagegen aussprachen. Die Mitte-Fraktion zeigte sich gespalten, wobei eine Mehrheit die Vorstösse ablehnte.

Die Schweiz soll sich am Verteilungsmechanismus der "Koalition der Willigen" beteiligen

Noch bevor der Nachtrag IIa vom Parlament behandelt worden war, reichte der Bundesrat Mitte September 2021 den Nachtrag II zum Voranschlag 2021 in der Höhe von CHF 79.4 Mio. nach. Damit sollten insbesondere wie bereits im Vorjahr coronabedingte Einnahmenausfälle im Schienengüterverkehr (CHF 25 Mio.) abgegolten und das verstärkte Engagement in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban (CHF 23 Mio.) finanziert werden. Zudem wurden Leistungen des Bundes an die ALV (16.7 Mio.) nötig, da der veranschlagte Bundesbetrag für das laufende Jahr sowie der ausbezahlte Bundesbetrag des Vorjahres zu tief waren. Auch die Zulagen an die Milchwirtschaft (CHF 10 Mio.) mussten im Jahr 2021 aufgrund eines grösseren Milchkuhbestands erhöht werden. CHF 20 Mio. waren schliesslich als Verpflichtungskredit zur Deckung von Kursschwankungen beim «Aufklärungsdrohnensystem 15» vorgesehen, CHF 7 Mio. für die Behebung von Unwetterschäden vom Juli 2021 bei der Bahninfrastruktur und CHF 8.5 Mio. stellten Kreditübertragungen aus dem Voranschlag 2020 dar.

Nachtrag II zum Voranschlag 2021 (BRG 21.042)
Dossier: Bundeshaushalt 2021: Voranschlag und Staatsrechnung

Im Juni 2021 reichte die SiK-NR ein Postulat ein, mit dem sie den Bundesrat aufforderte, zu prüfen, welche gesetzlichen Anpassungen für die Ratifikation des Atomwaffenverbotsvertrags notwendig wären. Die Schweiz habe bereits 2017 an der UNO-Generalversammlung dem Vertrag über ein Atomwaffenverbot zugestimmt, diesen aber bis anhin nicht ratifiziert, monierte die Kommission. Zudem habe das Parlament 2018 eine Motion Sommaruga (sp, GE; Mo. 17.4241) überwiesen, welche vom Bundesrat ebenfalls eine rasche Ratifikation gefordert hatte. Der Bundesrat zeigte sich bereit, das Postulat im Rahmen der Neubeurteilung des Kernwaffenverbotsvertrags 2022 zu erfüllen und beantragte dessen Annahme. In der Herbstsession 2021 nahm der Nationalrat das Geschäft stillschweigend an.

Ratifikation des Atomwaffenverbotsvertrags

Im Vorfeld der Herbstsession 2021 beantragte die SPK-NR dem Nationalrat mit 14 zu 10 Stimmen, die Beratung der Botschaft zum UNO-Migrationspakt für ein Jahr zu sistieren. Kommissionssprecher Romano (mitte, TI) erklärte den Ratsmitgliedern, man müsse die Rückmeldungen der Subkommissionen zur Handhabung von «Soft-Law-Instrumenten» und zu den parlamentarischen Mitwirkungsrechten abwarten. Kurt Fluri (fdp, SO) – ebenfalls Sprecher der SPK-NR – wies darauf hin, dass der Ständerat bei einer nationalrätlichen Ablehnung der Sistierung seinen Sistierungsbeschluss einfach wiederholen könnte, womit die Sistierung dann sowieso beschlossen wäre. Er warnte vor dem Anliegen der Minderheit Glättli (gp, ZH), die Sistierung abzulehnen, da man bei einem Meinungsumschwung im Ständerat Gefahr laufe, dass der Migrationspakt behandelt werde, ohne dass die Resultate der Subkommissionen vorlägen. Minderheitsführer Glättli griff in der Ratsdebatte insbesondere die SVP-Fraktion frontal an und äusserte sein Unverständnis über die Zustimmung der Partei zur Sistierung. Diese habe sich in den vergangenen Jahren eindeutig gegen den Migrationspakt positioniert und sogar eine Volksabstimmung gefordert. Er warf der SVP vor, die Sistierung nur zu befürworten, um nicht über eine Frage diskutieren zu müssen, «bei der ihr offensichtlich inhaltlich die Argumente ausgegangen» seien. Bundesrat Cassis signalisierte die Bereitschaft des Bundesrats, die Debatte über den Migrationspakt jederzeit wieder aufzunehmen. Schliesslich nahm der Rat den Sistierungsantrag der Kommissionsmehrheit mit 105 zu 77 Stimmen (ohne Enthaltungen) an. Die Gegenstimmen stammten von den Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen.

Botschaft zum UNO-Migrationspakt
Dossier: Uno-Migrationspakt

Im September 2021 nahm Bundesrat Cassis an der Afghanistan Konferenz der UNO teil, an der die Situation in Afghanistan nach der Machtübernahme durch die Taliban besprochen wurde. Das Ziel der Konferenz bestand darin, auf die grosse humanitäre Krise aufmerksam zu machen und die finanzielle Soforthilfe zu sichern. Bundesrat Cassis kündigte eine Erhöhung der Mittel für humanitäre Hilfe um CHF 33 Mio. an, womit sich die Schweizer Hilfe bis Ende 2022 auf rund CHF 60 Mio. belaufen werde. Cassis erinnerte aber auch daran, dass finanzielle Hilfe alleine nicht ausreiche, und forderte die Taliban auf, internationalen Organisationen und NGOs uneingeschränkten Zugang zur Bevölkerung zu ermöglichen. Auch die Achtung der Menschenrechte und der Minderheitenschutz müssten garantiert werden. Aussenminister Cassis traf sich im Rahmen der Konferenz unter anderem mit UNO-Generalsekretär António Guterres, um sich über die humanitäre Soforthilfe und die zukünftige internationale Entwicklungskooperation in Afghanistan zu unterhalten.

Afghanistan Konferenz der UNO 2021
Dossier: Humanitäres Engagement der Schweiz in Afghanistan

Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan Anfang August 2021 und dem gleichzeitigen Beschluss der USA und weiterer Staaten, ihre Truppen aus Afghanistan abzuziehen und ihre Botschaften zu evakuieren, leitete auch das EDA am 14. August die Evakuation des DEZA-Kooperationsbüros in Kabul ein und schloss dieses vorübergehend. Nebst drei Schweizer Staatsangehörigen beschäftigte das Kooperationsbüro 38 lokale Mitarbeitende, die nach Einschätzung des Bundesrats von den Taliban als «westliche Kollarobateure» betrachtet werden könnten und daher an Leib und Leben gefährdet seien, berichtete die NZZ. Das EDA gab am 16. August in einer Medienmitteilung bekannt, dass man den Mitarbeitenden und ihren engsten Familienangehörigen – insgesamt 230 Personen – ein humanitäres Visum für die Schweiz gewähre und sie dem Resettlement-Kontingent anrechenen werde. Seit 2019 wird jährlich ein Kontingent von 1'500-2'000 Personen für Resettlement-Flüchtlinge definiert. Unter Resettlement versteht man in Zusammenarbeit mit dem UNHCR die dauerhafte Neuansiedlung besonders schutzbedürftiger Flüchtline unter vollem Flüchtlingsschutz.
Tags darauf schickte das VBS 10 Soldaten nach Kabul, um die Bemühungen vor Ort zu unterstützen.
Auch die Schweizer Parteien meldeten sich diesbezüglich zu Wort. Wie La Liberté am 18. August berichtete, hatte die SP innert kürzester Zeit eine Online-Petition gestartet, welche die bürokratielose Aufnahme von mindestens 5'000 afghanischen Flüchtlingen verlangte. Kurz darauf drängten die SP, die Grünen sowie zahlreiche Hilfsorganisationen gar zur Aufnahme von 10'000 Flüchtlingen, wie die NZZ festhielt. Am anderen Ende des politischen Spektrums wehrte sich die SVP gegen jegliche Art von Kontingenten.
Am 19. August schob der Bundesrat derartigen Bestrebungen jedoch einen Riegel: Bundesrätin Karin Keller-Sutter äusserte zwar Verständnis für die Forderungen, doch die Aufnahme ganzer Gruppen sei nicht möglich, wie sie vor den Medien zu Verstehen gab. Sie führte aus, dass die Lage zu instabil sei, viele Menschen zurzeit nicht aus Afghanistan ausreisen könnten und man nicht wisse, ob überhaupt Bedarf bestehe. Sobald das UNHCR überprüft habe, ob und wie viele Menschen langfristig Schutz bräuchten, müsse die Staatengemeinschaft als Ganzes und damit auch die Schweiz über eine mögliche Aufnahme entscheiden.
Dies sorgte für Kritik aus den Reihen der besagten Parteien. So kritisierte Grünen-Präsident Balthasar Glättli (gp, ZH) in der NZZ, dass der Bundesrat «ein kaltes Herz» zeige. Er müsse sich vielmehr im Sinne der humanitären Tradition der Schweiz aktiv für die Aufnahme von Flüchtlingen einsetzen. Am 23. August vermeldete das EDA, dass ein Charterflug mit medizinischem Personal und Covid-Schutzmaterial nach Usbekistan gestartet sei, um die Evakuierungsanstrengungen sämtlicher westlicher Länder zu unterstützen. In der Medienmitteilung teilte das EDA zudem mit, dass sich weiterhin 35 Schweizer Staatsangehörige in Afghanistan befänden und man deren Repatriierung vorbereite. Die Repatriierung wurde schliesslich am 27. August vom EDA für beendet erklärt, nachdem insgesamt 385 Personen aus Afghanistan in die Schweiz geflogen worden waren.
Weiterhin offen blieb die Frage, wie die Schweizer Entwicklungshilfe ihre Arbeit in Afghanistan fortzusetzen gedenke. Die Weltwoche erklärte, dass die DEZA die bestehenden Projekte anpassen und fortführen wolle und sie schon in der Vergangenheit in den von den Taliban kontrollierten Gebieten tätig gewesen sei. Anfang September beschloss der Bundesrat, das humanitäre Engagement in Afghanistan zu verstärken, indem zusätzliche CHF 33 Mio. für Hilfe vor Ort freigegeben wurden. Insgesamt würde die Schweiz über die kommenden 16 Monate CHF 60 Mio. in Afghanistan und die umliegenden Staaten investieren, erklärte der Bundesrat.

Evakuation des DEZA-Kooperationsbüros in Kabul
Dossier: Humanitäres Engagement der Schweiz in Afghanistan

En réponse à la demande de renfort de l'ONU, le Conseil fédéral autorise le détachement de neuf militaires non armés au siège de l'organisation à New York, afin de la soutenir dans la conduite et le développement des opérations internationales de maintien de la paix. Cette décision conforte l'orientation souhaitée par le Conseil fédéral, détaillée dans le rapport sur le développement de la promotion militaire de la paix.

Envoi d'officiers au siège de l'ONU

Angesichts der Krise in Afghanistan forderte die APK-NR Ende August 2021 mittels einer Motion einen Beitrag der Schweiz zu Stabilität und Frieden in der Region. Die Schweiz solle auch aufgrund ihrer humanitären Tradition ihre Bemühungen in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Parteien verstärken und dem Parlament, wenn nötig, einen Nachtragskredit für die humanitäre Hilfe in Afghanistan vorlegen, der grössentechnisch mit den Hilfszahlungen für Syrien vergleichbar sei. In seiner Stellungnahme im November zeigte sich der Bundesrat besorgt über die sich verschlechternde Sicherheits- und Menschenrechtslage in Afghanistan. Die Schweiz habe Mitte September an der Afghanistan-Konferenz der UNO teilgenommen und sei bereit, ihre Guten Dienste anzubieten, sofern eine Nachfrage danach bestehe. Man habe Anfang September zudem das Budget des DEZA-Kooperationsprogramms in Afghanistan für das Jahr 2021 um CHF 33 Mio. aufgestockt, von denen CHF 23 Mio. über einen Nachtragskredit finanziert werden sollen. Auch im Jahr 2022 sei ein ausgeweitetes Budget in der Höhe von CHF 27 Mio. vorgesehen, womit sich die Schweizer Hilfe bis Ende 2022 auf CHF 60 Mio. belaufen werde. Da er die Anliegen der Motion als erfüllt ansah, beantragte der Bundesrat deren Ablehnung.

Beitrag der Schweiz zu Stabilität und Frieden in Afghanistan
Dossier: Humanitäres Engagement der Schweiz in Afghanistan

Ende Juli 2021 kündigte das EDA an, dass Bundesrat Cassis Anfang August nach Thailand, Laos und Vietnam reisen werde. Die Reise erfolge im Kontext der Aussenpolitischen Strategie 2020-2023, welche eine Intensivierung des Schweizer Engagements in Asien vorsah. In Bangkok wurde die Schweizer Delegation in einer Übergabezeremonie für die Lieferung von Beatmungsgeräten und Antigentests zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie verdankt. Anlässlich der 1. August-Feier sprach der Bundesrat zudem online mit der Auslandschweizer-Gemeinschaft in Thailand. Die politischen Gespräche mit dem thailändischen Premierminister Chan-o-cha und Aussenminister Pramudwinai drehten sich nicht nur um die Pandemiebekämpfung, sondern auch um die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und ASEAN. Zudem äusserten beide Delegationen Interesse in Bezug auf ein mögliches Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und Thailand und würdigten das 90-Jahre-Jubiläum ihrer bilateralen Beziehungen.
Mit dem Besuch in Laos wurde Cassis zum ersten Schweizer Aussenminister, der das Land auf einer Amtsreise besuchte. Im Zentrum der Gespräche mit dem laotischen Vize-Premierminister Siphandone stand die Entwicklungszusammenarbeit, die die Schweiz in Laos seit 1995 tätigt. Zudem wurde ein Kooperationsabkommen für die Bereiche Beschäftigung, Berufsbildung, Landwirtschaft, Ernährungssicherheit, Klimawandel, lokale Gouvernanz und Bürgerbeteiligung sowie humanitäre HIlfe abgeschlossen.
Zum Abschluss der Auslandsreise traf sich Cassis in Hanoi mit dem neuen vietnamesischen Premierminister Minh Chinh und feierte mit ihm das 50-jährige Jubiläum der bilateralen diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Vietnam. Cassis kündigte ausserdem an, dass die Schweiz Hilfsgüter im Wert von CHF 5 Mio. zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie nach Vietnam schicken werde. Mit Aussenminister Son tauschte sich Cassis auch über Vietnams Erfahrungen als nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat aus und stellte bei dieser Gelegenheit die Schweizer Kandidatur für 2022 vor. Ein weiterer Schwerpunkt des Treffens war das Freihandelsabkommen zwischen Vietnam und der EFTA, über das seit 2012 verhandelt wird.

Bundesrat Cassis reist nach Thailand, Laos und Vietnam
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2021

Im Juni 2021 veröffentlichten sowohl die APK-NR wie auch die APK-SR je einen Kommissionsbericht, in denen sie sich mit der überwiesenen Motion Marty (fdp, TI) «Die UNO untergräbt das Fundament unserer Rechtsordnung» auseinandersetzten. Beide Kommissionen empfahlen ihren Räten einstimmig, die Behandlungsfrist der Motion um ein weiteres Jahr zu verlängern. Die beiden Räte werden – gestützt auf die Anträge der Kommissionen – voraussichtlich in der Herbstsession 2021 darüber zu entscheiden haben, ob die Frist der Motion ein weiteres Mal verlängert wird oder ob diese abgeschrieben werden soll.

Non-application des sanctions de l'ONU dans le cadre de la lutte contre le terrorisme (Mo. 09.3719)

Der Bundesrat verabschiedete im Juni 2021 die «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030», welche an die Strategie für die Jahre 2016-2019 anschliesst.
Der Bundesrat liess verlauten, dass er die Strategie allen voran als Koordinationsinstrument zwischen den verschiedenen Politikbereichen versteht. In der Strategie werden denn auch drei Schwerpunkte für die Umsetzung der 17 Ziele (Sustainable Development Goals) der UNO Agenda 2030 präsentiert, bei denen gemäss Bundesrat noch ein besonderer Handlungs- und Abstimmungsbedarf zwischen den Politikbereichen besteht: die Bereiche «nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion», «Klima, Energie und Biodiversität» sowie «Chancengleichheit und sozialer Zusammenhalt». Für diese Strategie hatte der Bundesrat im Übrigen erstmalig eine breite Vernehmlassung durchgeführt, um insbesondere die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft und die Wissenschaft miteinzubeziehen.
Gleichzeitig präsentierte der Bundesrat auch den Aktionsplan 2021-2023 für die konkrete Umsetzung der Strategie in den ersten Jahren. Der Aktionsplan beinhaltet verschiedenste Massnahmen in den drei genannten Schwerpunkten; so etwa Massnahmen gegen Food waste oder zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in den Quartieren.

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 und Aktionsplan
Dossier: UNO: Nachhaltige Entwicklung

Der Bundesrat beantragte im März 2021 die Abschreibung des Postulats Bigler (fdp, ZH) sowie der Motion Imark (svp, SO; 16.3289) zur Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen in Partnerländern der internationalen Zusammenarbeit. Der Postulatsbericht erfülle die Anliegen beider Vorstösse, so der Bundesrat. Der Nationalrat schrieb beide Geschäfte in der Sommersession 2021 ab.

Rapport détaillé sur le financement des ONG palestiniennes et israéliennes (Po. 18.3820)
Dossier: NGOs und der israelisch-palästinensische Konflikt

Mit der Publikation des Berichts «UNRWA: Rückblick und Ausblick nach 70 Jahren» erachtete der Bundesrat das Postulat Nantermod (fdp, VS) als erfüllt und beantragte im März 2021 dessen Abschreibung. Diesem Antrag kam der Nationalrat während der Sommersession 2021 nach.

UNRWA. Bilan et perspectives après 70 ans

Die Motion Imark (svp, SO), welche die Verwendung von Steuergeldern für Rassismus, Antisemitismus und Hetze konsequent unterbinden wollte, wurde in der Sommersession 2021 auf Antrag des Bundesrats von beiden Ratskammern abgeschrieben. Grund dafür war die im Januar 2020 erfolgte Veröffentlichung des Berichts in Erfüllung dieser Motion sowie des Postulats Bigler (fdp, ZH, Po.18.3820).

Couper court au détournement des deniers publics à des fins de racisme, d'antisémitisme et d'incitation à la haine (Mo. 16.3289)
Dossier: NGOs und der israelisch-palästinensische Konflikt

Im März 2021 beantragte der Bundesrat die Abschreibung der Motion der APK-NR, welche damit einen Nachtragskredit für die humanitäre Hilfe gefordert hatte. Im Bericht über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahre 2020 liess der Bundesrat verlauten, dass er im April 2020 einen Kredit über CHF 400 Mio. beschlossen habe, um die negativen Folgen der Covid-Pandemie in von Armut, Konflikten und Katastrophen geprägten Staaten zu mildern. Das Parlament hatte daraufhin im Nachtrag IIa nur CHF 200 Mio. an Darlehen und CHF 107.5 Mio. an Beiträgen freigegeben. Diese erfüllten das Motionsanliegen aus Sicht des Bundesrats jedoch bereits. Zusätzlich zu den Krediten in der Entwicklungshilfe habe das EJPD einen Kredit von CHF 1.1 Mio. für Projekte des UNO-Flüchtlingshilfswerks und des IKRK freigegeben. Die beiden Räte schrieben die Motion kurz darauf während der Sommersession 2021 ab.

Nachtragskredit für die humanitäre Hilfe

Le postulat d'Adèle Thorens Goumaz (verts, VD) sur la compétitivité de la place financière helvétique du point de vue de la finance durable a été classé.

Comment maintenir la compétitivité de la secteur financier? (Po. 19.3127)
Dossier: Sustainable Finance

Im Rahmen der Beratung des bundesrätlichen Berichts über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2020 schrieb das Parlament in der Sommersession 2021 eine punktuell angenommene Motion der grünen Fraktion ab, die «rasch und massiv konkret [in Italien und Griechenland] helfen und Türen in der Festung Europa schaffen» wollte. Die finanzielle oder logistische Unterstützung der beiden EU-Aussengrenzenstaaten Italien und Griechenland war denn auch der Punkt der Motion, dem beide Parlamentskammern während ihrer Beratungen zugestimmt hatten – nicht angenommen worden waren hingegen die anderen Forderungen der Motion, etwa diejenige, dass sich die Schweiz bei der EU für eine Reformation des Dublin-Systems einsetze, um gerechtere Verteilschlüssel für Asylsuchende zu erwirken. Ein paar Jahre später hatte das Parlament indes seine Haltung geändert: Im Rahmen der Beratung einer Motion der SPK-NR (Mo. 20.3143) drückte die Legislative durch Annahme des Vorstosses ihren Willen aus, dass sich der Bundesrat auf europäischer Ebene für die Reform des Dublin-Abkommens einsetzen solle. Bereits in seinen Antworten zu den beiden erwähnten Motionen hatte sich der Bundesrat dazu bereit erklärt, auf europäischer Ebene für eine gerechtere Verteilung von Asylsuchenden einzustehen.
In seinem Bericht legte der Bundesrat dar, wie er im Jahr 2020 Hilfsmaterialien und ein Soforteinsatzteam nach Lesbos gesandt und sich für die Aufnahme- und Unterbringung von UMA eingesetzt habe. Ebenfalls sei vorgesehen, mit finanziellen Mitteln aus der zweiten Kohäsionsmilliarde Projekte zur Unterstützung derjenigen EU-Mitgliedstaaten zu finanzieren, die besonders von Migrationsbewegungen betroffen seien, so der Bundesrat weiter. Nicht zuletzt bekräftigte auch er das Bestreben, sich auf EU-Ebene für eine «langfristige Dublin-Reform und eine faire Verteilung von Asylsuchenden ein[zusetzen]».

tragédie qui frappe les réfugiés en Méditerrannée
Dossier: Dublin-Verordnung

In der Sommersession 2021 schrieb der Nationalrat auf Antrag des Bundesrats ein Postulat der WBK-NR zur Umsetzung und Einhaltung der Anhörungsrechte von Kindern gemäss Artikel 12 der UNO-Kinderrechtskonvention (KRK) in der Schweiz ab.
Der Bundesrat hatte zur Erfüllung dieses Anliegens im September 2020 einen Postulatsbericht veröffentlicht. Darin kam er – basierend auf einer dem SKMR in Auftrag gegebenen Studie – zum Schluss, dass der Artikel 12 der KRK in der Schweizer Gesetzgebung klar geregelt sei. Einzig in der Praxis gebe es noch Handlungsbedarf. Der Artikel beziehe sich nämlich nicht ausschliesslich auf die Anhörung des Kindes in Verfahren, sondern auf viele weitergehende Formen der Partizipation. So solle dem Kind umfassend das «Recht auf Information, auf Anwesenheit, auf freie Meinungsbildung und -äusserung, auf Berücksichtigung seiner Meinung sowie auf Vertretung» gewährleistet werden. Aus diesem Grund brauche es Massnahmen sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene, um eine breitere Umsetzung des Artikel 12 zu fördern. Insgesamt 11 der 28 Empfehlungen, welche das SKMR an den Bund und die Kantone gerichtet hatte, prüfte der Bundesrat in seinem Bericht ausführlich. Er kam zum Schluss, dass das Verbesserungspotenzial zur Umsetzung der KRK nicht primär auf Bundesebene bestehe, sondern vielmehr bei der «Information und Sensibilisierung von betroffenen Kreisen». Dazu wolle er kantonale Initiativen im Rahmen seiner Kompetenzen weiterhin unterstützen und den gesetzgeberischen Handlungsbedarf bezüglich der fürsorgerischen Unterbringung von Minderjährigen näher evaluieren. Darüber hinaus setze er sich dafür ein, die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Kantonen für die Partizipation von Kindern und Jugendlichen im Gesundheitsbereich verstärkt zu fördern. In den übrigen Bereichen auf Bundesebene seien die Empfehlungen bereits mehrheitlich umgesetzt und deshalb keine neuen Strategien nötig.

Anhörungsrecht für Kinder (Po. 14.3382)

Im April 2021 entschied die APK-SR einstimmig, die Beratung der Botschaft zum UNO-Migrationspakt zu sistieren, bis die Subkommission der beiden aussenpolitischen Kommissionen ihre Arbeit zum Thema «Soft Law» abgeschlossen hat. Obwohl das Parlamentsgesetz vorsieht, dass die aussenpolitischen Kommissionen über «wesentliche» Vorhaben – darunter können auch Soft Law-Abkommen fallen – informiert oder konsultiert werden müssen, geschah das in der Vergangenheit nicht immer, wie das Beispiel des UNO-Migrationspakts zeigt. Die Subkommission sollte vorgängig ermitteln, ob das Kriterium der «Wesentlichkeit» in diesem Fall durch die Bundesverwaltung korrekt angewendet wurde und ob die Mitwirkung der Kommissionen zweckmässig und im internationalen Rechtsvergleich ausgeprägt sei.
Diesen Sistierungsantrag unterbreitete die Kommission der kleinen Kammer in der darauffolgenden Sommersession. Ihr Sprecher, Marco Chiesa (svp, TI), betonte dabei, dass die Subkommission damit beschäftigt sei zu ermitteln, ob ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf hinsichtlich der Beteiligung des Parlaments im Soft Law-Bereich vorliege. Chiesa bezeichnete den Migrationspakt als ein Beispiel für Soft Law, das über einen «relativ ausgeprägt[en]» Gestaltungswillen verfüge, das also bereits «an der Grenze zum Hard Law» sei. Die Subkommission sei bemüht, in der ersten Jahreshälfte 2022 einen Lösungsansatz zu präsentieren, so Chiesa. Nationalrat Minder (parteilos, SH), der ebenfalls Mitglied der besagten Subkommission war, erklärte, dass man aufgrund der Komplexität des Themas auch die PVK mit einem internationalen Rechtsvergleich habe beauftragen müssen. Er warnte davor, den Migrationspakt vorschnell anzunehmen und damit ein Präjudiz zu schaffen. Zudem zweifelte er daran, dass die mit der Corona-Pandemie verbundene angespannte Arbeitsmarktlage den richtigen Rahmen für eine Diskussion über den Migrationspakt biete. Aussenminister Cassis zeigte Verständnis für das Vorhaben der ständerätlichen Kommission und fügte an, dass der Bundesrat jederzeit bereit sei, die Diskussion über den Migrationspakt fortzuführen. Der Ständerat folgte daraufhin der Empfehlung seiner Kommission und sistierte das Geschäft.

Botschaft zum UNO-Migrationspakt
Dossier: Uno-Migrationspakt

Die kleine Kammer nahm in der Sommersession 2021 Kenntnis vom Aussenpolitischen Bericht 2020. APK-SR-Sprecher Damian Müller (fdp, LU) fasste die wichtigsten Schlussfolgerungen des Berichts zusammen und verwies dann auf vier Fragen, welche sich die Kommission gestellt hatte. Diese betrafen die internationale Forschungs- und Bildungspolitik, das Mandat der USA im Iran, die Impfsituation des Botschaftspersonals und die Zusammenarbeit mit NGOs wie dem IKRK. Da diese Fragen zur Zufriedenheit der Kommissionsmitglieder beantwortet worden waren, sprach er dem Aussenminister ein Lob für dessen Arbeit aus.
Kritischer gab sich Carlo Sommaruga (sp, GE), der die im Bericht versprochene «Kohärenz» vor allem auf die Entwicklungspolitik bezog und in diesem Bereich noch viel Verbesserungspotenzial sah. Er kritisierte auch die im Bericht enthaltene Aussage des Bundesrats, dass der Abschluss eines institutionellen Abkommens mit der EU angestrebt werde, für dessen Abschluss man mit den Kantonen und Sozialpartnern zusammenarbeite. Der kurz darauf erfolgte Abbruch der Verhandlungen stellte für Sommaruga eine Kluft zwischen der europäischen Strategie 2020 und jener im Jahr 2021 dar. Er forderte daher vom Bundesrat eine präzise Strategie, um den im Bericht angekündigten bilateralen Weg fortführen zu können. Bundesrat Cassis bekräftigte das bundesrätliche Bekenntnis zu Europa, gab dabei aber zu bedenken, dass ein gemeinsam gestalteter bilateraler Weg aussen- und innenpolitisch getragen werden müsse. Die Partnerschaft mit der EU bleibe aber die Priorität des Bundesrats.

Aussenpolitischer Bericht 2020 (BRG 21.009)
Dossier: Aussenpolitische Berichte (ab 2009)