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Jahresrückblick 2023: Aussenpolitik

Die schweizerische Aussenpolitik war im Jahr 2023 stark von der Reaktion auf internationale Konflikte und Krisen geprägt, wobei der mediale und politische Fokus auf dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine lag. Auch im Jahr 2023 übernahm der Bundesrat Sanktionen der EU gegen Russland, insbesondere Dienstleistungsverbote gegen Unternehmen oder die russische Regierung, Kontrollen und Beschränkungen für die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern sowie Finanzsanktionen und Reisebeschränkungen gegen einzelne Personen. Die Medien berichteten zwar auch 2023 häufig über die Sanktionen, jedoch nicht mehr im selben Ausmass wie 2022 (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse). Die Abbildung zeigt auch, dass sich die Medien intensiv mit der Neutralität der Schweiz auseinandersetzten. Diese wurde insbesondere in Zusammenhang mit der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial diskutiert, aber auch bezüglich finanzieller und humanitärer Hilfen, beispielsweise in Form von Ambulanzfahrzeugen. Im Juni fand in London die zweite «Ukraine Recovery Conference» statt. Bei dieser Gelegenheit betonte Aussenminister Ignazio Cassis, dass die Schweiz beim Wiederaufbau der Ukraine insbesondere auf die Bereiche Diplomatie, Wirtschaft und Good Governance fokussiere. Mit dem Wiederaufbau beschäftigte sich auch der Nationalrat; dieser bekräftigte durch Annahme fünf gleichlautender Motionen seinen Willen, dass durch Sanktionen eingefrorene staatliche und staatsnahe Vermögenswerte Russlands zum Wiederaufbau in der Ukraine verwendet werden sollen. Ob der Ständerat dieser Forderung ebenfalls zustimmt, blieb im Berichtsjahr noch offen.

Ab Herbst 2023 prägte ein weiterer Konflikt die schweizerische Aussenpolitik. Anfang Oktober eskalierte der seit Jahrzehnten schwelende Nahostkonflikt mit einem Überfall der Hamas auf israelisches Gebiet. Der Bundesrat reagierte auf den Angriff, indem er zur sofortigen Freilassung der Geiseln aufrief und die Einstufung der Hamas als terroristische Organisation befürwortete. Er berief eine Taskforce ein, um rechtliche Optionen für ein Verbot der Organisation zu prüfen. Bis Ende Februar 2024 will er einen entsprechenden Entwurf erarbeiten. National- und Ständerat stützten diesen Entscheid in der Wintersession, in dem sie Motionen ihrer Sicherheitspolitischen Kommissionen mit der Forderung nach einem Verbot der Hamas annahmen.

Eine grosse humanitäre Krise wurde im Februar auch durch ein starkes Erdbeben in der Grenzregion Türkei/Syrien hervorgerufen. Die Folgen des Erdbebens lösten in der Schweiz eine grosse Welle der Solidarität aus; in privaten Aktionen wurden Sachspenden für die Betroffenen gesammelt. Auch die offizielle Schweiz engagierte sich, indem die Abteilung für Humanitäre Hilfe der DEZA die Schweizer Rettungskette mit 80 Expertinnen und Experten sowie acht Suchhunden in das Gebiet schickte. Die Medien berichteten ausführlich über diese Katastrophe und ihre Auswirkungen, was sich in einem Peak bei der Berichterstattung zur humanitären Hilfe zeigt (vgl. Abbildung 1).

Die Beziehungen der Schweiz zur EU bildeten auch im Jahr 2023 einen Schwerpunkt der Schweizer Aussenpolitik, wobei das Dossier wieder etwas an Fahrt aufnahm. Anfang Juni publizierte der Bundesrat die lange erwartete Lagebeurteilung zu den Beziehungen mit der EU, welche vier mögliche zukünftige Handlungsoptionen umfasste, von denen der Bundesrat die Fortsetzung des bilateralen Weges präferierte. Ende Juni verabschiedete er sodann die Eckwerte für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU. Nach Abschluss der Sondierungsgespräche mit Brüssel und der Gespräche mit Kantonen, Sozialpartnern und Wirtschaftskreisen legte der Bundesrat Ende Jahr seinen Entwurf für ein neues Mandat mit den Leitlinien für die Verhandlungen vor. Dieser beinhaltete den Abschluss neuer Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Zusammenarbeit im Gesundheitswesen sowie die Teilnahme der Schweiz an Horizon Europe und weiteren EU-Programmen. Es umfasste auch die Aufnahme institutioneller Lösungen für die bestehenden Marktzugangsabkommen, etwa zur Streitbeilegung mittels paritätischem Schiedsgericht, sowie von Regeln für staatliche Beihilfen und der regelmässigen Zahlung der Schweiz an ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten. Zum Chefunterhändler wurde der Leiter der Abteilung Europa des EDA, Patric Franzen, ernannt, zuvor hatte Alexandre Fasel die abtretende Livia Leu als Staatssekretär des EDA ersetzt. Auf der parlamentarischen Ebene entschied sich der Nationalrat im September für die Einsetzung einer ständigen Subkommission der APK-NR für Europafragen. Schliesslich wurde im Oktober 2023 mit der Unterschriftensammlung für die Volksinitiative «Für den wirksamen Schutz der verfassungsmässigen Rechte» begonnen, die verlangt, dass die Schweiz zukünftig keine internationalen Abkommen mehr abschliesst, die in die Grundrechte der Schweizerinnen und Schweizer eingreifen oder die Schweizer Behörden verpflichten, sich an die Rechtssprechung inter- oder supranationaler Organisationen zu halten – mit Ausnahme des Internationalen Gerichtshofs und des Internationalen Strafgerichtshofs.

Die Schweiz nahm in den Jahren 2023 und 2024 auch das erste Mal Einsitz als nicht-ständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat, wobei sie im Mai gar den Vorsitz des Sicherheitsrates übernahm. Aussenminister Ignazio Cassis und Bundespräsident Alain Berset präsidierten je eine Sitzung zu den Themen nachhaltiger Frieden respektive Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten.

Jahresrückblick 2023: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2023

Der Nationalrat widmete sich in der Wintersession 2023 dem Umgang der Schweiz mit der Hamas. Er diskutierte dabei zuerst die Motion 23.4312 betreffend das Verbot der Hamas. Die Rednerinnen und Redner verurteilten allesamt den Terror der Hamas gegenüber Israel. Der Rat und Bundesrätin Baume-Schneider waren sich einig, dass die Hamas verboten und die Motion angenommen werden soll. Es gab einzig noch einige Rückfragen zum Verfahren respektive, ob eine Vernehmlassung zu diesem Verbots-Gesetz nötig sei oder nicht. Die Justizministerin betonte, dass dem Bundesrat eine tiefgreifende Debatte und eine breite Unterstützung für das Gesetz wichtig sei, weshalb er am ordentlichen Vernehmlassungsverfahren festhalten wolle. Anschliessend wurde die Motion stillschweigend angenommen.
Einige Tage bevor die grosse Kammer diesen Vorstoss behandelte, hatte der Ständerat bereits eine identische Motion seiner Kommission angenommen, daher wurde die Motion zum Verbot der Hamas durch diesen nationalrätlichen Entscheid definitiv überwiesen.

Als nächstes Geschäft behandelte der Nationalrat das Postulat 23.4313 der SiK-NR zu Sanktionen gegenüber der Hamas. Wie Kommissionssprecher Thomas Rechsteiner (mitte, AI) erläuterte, soll der Bundesrat mit der Überweisung des Postulats angehalten werden, einige Fragen zum geplanten Verbot der Hamas sowie zu Sanktionen gegenüber dieser Organisation detailliert abzuklären. Elisabeth Baume-Schneider erläuterte seitens des Bundesrates, dass dieser das Postulat als erfüllt betrachte, da sich die beiden Räte sowie der Bundesrat nun selber bereits für ein solches Verbot ausgesprochen hatten und die Regierung damit begonnen habe, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten. Die im Postulat aufgeworfenen Fragen würden im Rahmen der Botschaft zu diesem Gesetz behandelt. Der Nationalrat hielt aber an der Haltung der SiK-NR fest und nahm das Postulat einstimmig an.

Die Terrororganisation «Hamas» verbieten (Mo. 23.4312) oder mit Sanktionen belegen (Po. 23.4313)
Dossier: Hamas

Die SP-Fraktion forderte mit einer im Februar 2023 und damit rund ein Jahr nach Beginn des Ukraine-Kriegs eingereichten Motion, dass die Schweiz in Zusammenarbeit mit verschiedenen Minenräumungsorganisationen ein internationales Programm zur Räumung von Minen in der Ukraine auf die Beine stellen soll. Die SP-Fraktion verwies auf die drei bereits bestehenden Zentren in der Schweiz, die im Bereich der Minenräumung aktiv sind: Die Fondation suisse de déminage, das Internationale Zentrum für humanitäre Minenräumung in Genf sowie das Kompetenzzentrum der Schweizer Armee ABC-KAMIR. Die Schweiz verfüge dadurch über ein grosses Potential, um die Ukraine bei der Minenräumung noch stärker zu unterstützen. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion. Er wies jedoch darauf hin, dass die Unterstützung der Schweiz spezifisch auf die Bedürfnisse der Ukraine abgestimmt werden müsse.
Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2023 mit der Thematik, da die Motion von Benjamin Fischer (svp, ZH) bekämpft worden war. Dieser argumentierte im Rat, dass die Schweiz bereits genügend finanzielle Mittel für die Minenräumung in der Ukraine gesprochen habe. Ausserdem müsse das Ende des Krieges abgewartet werden, bis eine wirkliche Entminung durchführbar sei. Anschliessend sprach sich die grosse Kammer mit 129 zu 65 Stimmen für Annahme der Motion aus. Die ablehnenden Stimmen stammten allesamt aus der SVP-Fraktion.

Vorbereitung und Unterstützung der humanitären Minenräumung in der Ukraine (Mo. 23.3027)

Nach seinem Zusammentreffen mit Papst Franziskus im November 2023 in Rom reiste Bundespräsident Berset direkt weiter nach Paris. Dort nahm er zuerst an der 42. Generalversammlung der UNESCO teil. Dabei wurde vor allem über den Schutz der Gemeingüter in Krisenzeiten debattiert. Dieser Anlass war eng mit dem Pariser Friedensforum verknüpft, an dem der Bundespräsident ebenfalls teilnahm. Dieses stand unter dem Motto «Construire ensemble dans un monde de rivalité». Ebenfalls diskutiert wurde über den Klimaschutz, die globalen Ungleichheiten sowie über die Digitalisierung. Im Rahmen des Friedensforums fand darüber hinaus der «One Planet – Polar Summit» statt. Dieses internationale Gipfeltreffen widmete sich dem Schutz der Gletscher und der Polarregionen. Alain Berset hielt bei dieser Gelegenheit eine Rede über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gletscher im Alpenraum und betonte, dass alle Länder zusammenarbeiten müssen, um die CO2-Emissionen zu reduzieren.

Gipfeltreffen im Rahmen des Pariser Friedensforums
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2023

Anfang November 2023 reiste Aussenminister Ignazio Cassis zu einem Arbeitsbesuch nach Ghana und nahm anschliessend an der 44. Ministerkonferenz der Frankophonie in Kamerun teil.
Der Arbeitsbesuch in Ghana, das ein Schwerpunktland der Strategie des Bundesrates für Subsahara-Afrika 2021–2024 ist, fand in einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre statt, wie der Bundesrat in seiner Medienmitteilung erläuterte. Cassis ging auf die guten und vielfältigen Beziehungen der Schweiz und Ghanas ein. In Ghanas Hauptstadt Accra besuchte der Aussenminister eine Schokoladenfabrik, die im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit durch die Schweiz unterstützt wird. Des Weiteren sprach Cassis mit Staatspräsident Nana Addo Dankwa Akufo-Addo über die Sicherheitslage in Westafrika und in der Sahelzone. Auch der Einsitz und die Prioritäten der Schweiz und Ghanas im UNO-Sicherheitsrat waren Gesprächsthema. Ignazio Cassis würdigte schliesslich die Zusammenarbeit in der Klimapolitik, wo die Schweiz und Ghana im November 2020 ein Abkommen zur Anrechnung von CO2-Reduktionsmassnahmen unterzeichnet hatten.
Am Frankophoniegipfel in Yaoundé, der Hauptstadt Kameruns, hob der Schweizer Aussenminister die Bedeutung der multilateralen Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Programme der OIF hervor. Diese Programme sollen Frieden, Stabilität und die nachhaltige Entwicklung im französischsprachigen Raum fördern. Schliesslich betonte Cassis auch die Relevanz guter Regierungsführung als Voraussetzung für politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung und wies auf die Rolle der neuen Technologien bei der Stärkung von öffentlichen Dienstleistungen hin.

Cassis in Ghana und Kamerun
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2023

Anfang November 2023 reiste Bundespräsident Berset nach Kanada, wo er auf den kanadischen Premierminister traf und ein neues Filmabkommen unterzeichnete.
Mit Premierminister Justin Trudeau tauschte sich Alain Berset über die bilateralen Beziehungen, die Frankophonie, die internationale Politik sowie über den UNO-Sicherheitsrat aus. Das Filmabkommen zwischen der Schweiz und Kanada soll die Koproduktionsbedingungen zwischen den beiden Ländern aktualisieren. Damit sollen koproduzierte Filme, aber auch Serien einfacher finanziert und in den beiden Ländern besser vertrieben werden können.

Der Bundespräsident trifft den kanadischen Premierminister und unterzeichnet ein neues Filmabkommen
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2023

Mitte Oktober 2023 nahm Aussenminister Ignazio Cassis an der vierten ministeriellen Konferenz der «Moldova Support Platform» in Chisinau teil; wenige Tage danach besuchte die Präsidentin Moldaus, Maia Sandu, die Schweiz zu einem offiziellen Besuch.
Die «Moldova Support Platform» ist ein von Deutschland, Frankreich und Rumänien initiiertes Gremium, mit welchem die Republik Moldau bei der Bewältigung der Folgen des Ukraine-Krieges politisch, finanziell und technisch unterstützt werden soll. Die Republik Moldau stehe insbesondere aufgrund der Integration der zahlreichen ukrainischen Flüchtlinge sowie des Unterbruchs von Lieferketten vor immensen Herausforderungen. Gemäss Medienmitteilung des Bundesrates unterstützt die Schweiz die Republik Moldau seit mehreren Jahren im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit; derzeit liegen die Schwerpunkte in den Bereichen wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsmarkt, lokale Regierungsführung sowie Gesundheit. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine habe sich die Zusammenarbeit mit Moldau nochmals intensiviert: Der politische Dialog wurde verstärkt und das Kooperationsprogramm wurde um den Bereich der humanitären Hilfe ergänzt.
Der Besuch Sandus in der Schweiz stand ebenfalls im Zeichen der Auswirkungen des Angriffkriegs auf die Ukraine. Weitere Diskussionspunkte waren die Zusammenarbeit der beiden Staaten auf internationaler Ebene – beispielsweise im Rahmen der Europäischen Politischen Gemeinschaft – sowie die Weiterentwicklung der bilateralen wirtschaftlichen Beziehungen.

Intensivierung der Beziehungen zur Republik Moldau
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2023
Dossier: Staatsbesuche und öffentliche Besuche in der Schweiz seit 1990

Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates reichte in Reaktion auf den im Oktober 2023 neu ausgebrochenen Konflikt im nahen Osten zwei Vorstösse ein. Mit einer Motion (23.4312) wollte sie die «Terrororganisation Hamas» verbieten lassen. In einem Postulat (23.4313) verlangte sie die Prüfung, ob die Schweiz eigenständige Sanktionen gegen die Hamas ergreifen könne. Auch solle sichergestellt werden, dass die Hamas keine finanzielle Unterstützung aus der Schweiz erhält. Im Postulatsbericht solle darüber hinaus erörtert werden, inwiefern die Schweiz im UNO-Sicherheitsrat darauf hinarbeiten könne, dass die Hamas auch von der UNO «als verbotene Gruppierung qualifiziert wird».
Die SiK-NR begründete die beiden Vorstösse damit, dass die Ideologie der Hamas demokratie- und menschenfeindlich sowie antisemitisch sei. Zwar habe die offizielle Schweiz bislang die Haltung vertreten, dass der Dialog mit der Hamas aufrechterhalten werden müsse. Mit ihrer Attacke auf Israel habe sich diese nun aber «als Gesprächspartnerin für einen Frieden [...] vollends diskreditiert».

Die Terrororganisation «Hamas» verbieten (Mo. 23.4312) oder mit Sanktionen belegen (Po. 23.4313)
Dossier: Hamas

Der Bundesrat erklärte die humanitäre Minenräumung in der Ukraine in einer Medienmitteilung von Ende September 2023 zu einer Priorität; er wolle dafür in den nächsten vier Jahren CHF 100 Mio. zur Verfügung stellen, wobei diese Mittel je hälftig vom EDA und vom VBS bereitgestellt würden. Bereits in den Jahren 2022 und 2023 stellte der Bund in diesem Zusammenhang rund CHF 15.2 Mio. bereit, dies insbesondere, um die Aktivitäten des GICHD und der FSD zu unterstützen. Mit diesen weiteren finanziellen Mitteln soll die Minenräumung in zivilen und landwirtschaftlichen Gebieten ausgebaut , weitere ukrainische Minenräumerinnen und Minenräumer ausgebildet und die ukrainische Regierung bei der Koordination dieser schwierigen Aufgabe unterstützt werden. Die Minenräumung sei absolut dringlich und eine Voraussetzung für den Wiederaufbau der Ukraine, so der Bundesrat.

Die Schweiz erklärt die humanitäre Minenräumung in der Ukraine zu einer Priorität

In der Herbstsession 2023 stimmten beide Räte einer weiteren Fristverlängerung der überwiesenen Motion Marty (fdp, TI) «Die UNO untergräbt das Fundament unserer Rechtsordnung» zu. Aussenminister Ignazio Cassis nutzte die Gelegenheit, um im Ständerat über die in den letzten Monaten unternommenen Aktivitäten zur Umsetzung der Motion zu informieren. Im November 2022 habe auf Initiative von Cassis eine Gruppe gleichgesinnter Staaten dem UNO-Sicherheitsrat konkrete Vorschläge unterbreitet, wie rechtsstaatliche Prinzipien bei einem Antrag auf Streichung von Personen von einer Sanktionsliste besser eingehalten werden können. Der Sicherheitsrat habe daraufhin beschlossen, diese Anträge zu prüfen. Im Juni 2023 habe dieselbe Gruppe bereits weitere Verbesserungen bei der Streichung von Sanktionslisten verlangt. Sie habe dabei auf ein Urteil des EuGH verwiesen, wonach dieser bestätigt habe, für die Überprüfung einer allfälligen Willkür von UNO-Sanktionen zuständig zu sein.

Non-application des sanctions de l'ONU dans le cadre de la lutte contre le terrorisme (Mo. 09.3719)

Rückblick auf die 51. Legislatur: Aussenpolitik

Autorinnen und Autoren: Amando Ammann und Marlène Gerber

Stand: 17.08.2023

Zwei Ereignisse prägten die Debatten in der Schweizer Aussenpolitik der 51. Legislatur in besonderem Masse. Das erste war der Abbruch der Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen, den der Bundespräsident nach einem Treffen mit der EU-Kommissionspräsidentin im April 2021 bekannt gab. Für zentrale substantielle Differenzen in den Bereichen Lohnschutz, Unionsbürgerrichtlinie und staatliche Beihilfen hatten die beiden Parteien keine Einigung erzielen können. Der Verhandlungsabbruch führte unter anderem zu einer Blockierung der Teilnahme am EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe» (siehe auch den Legislaturrückblick zur Bildung). Die daraufhin erfolgte Freigabe der zweiten Kohäsionsmilliarde durch die Schweiz trug nicht wesentlich zur Entspannung der Beziehungen bei. Nach mehreren Sondierungsgesprächen signalisierte der EU-Kommissar bei einem Besuch in der Schweiz in gewissen Punkten Entgegenkommen von Seiten der EU. Im Juni desselben Jahres verabschiedete der Bundesrat die Eckwerte für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU.

Wie ein Damoklesschwert über den bereits belasteten Beziehungen mit der EU hing zuvor auch das Referendum gegen die Beteiligung der Schweiz am Ausbau von Frontex, da ein Nein an der Urne den Ausschluss aus Schengen hätte nach sich ziehen können. Im Mai 2022 sprachen sich indes sieben von zehn Abstimmenden für den Frontex-Ausbau aus. Auch im Jahr 2020 hatte das Parlament bereits intensiv über mögliche Folgen der Ablehnung einer Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands diskutiert: Zu Beginn hatte sich der Nationalrat geweigert, auf den Ausbau des Schengener Informationssystems (SIS) einzutreten, änderte seine Meinung nach den vom Ständerat eingefügten Änderungen jedoch, woraufhin die Weiterentwicklung genehmigt wurde.

Mit sofortiger Wirkung stellte der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine in der zweiten Hälfte der Legislatur andere aussenpolitischen Themen in den Schatten und prägte die Schweizer Aussenpolitik der 51. Legislatur fortan in aussergewöhnlichem Masse. In noch nie dagewesenem Ausmass übernahm die Schweiz Sanktionen der EU gegen Russland. Der Erlass und die Übernahme von Sanktionen führten auch im Parlament zu mehreren intensiven Debatten, insbesondere im Rahmen der Revision des Embargogesetzes, dessen Anpassung ursprünglich angegangen worden war, als der Bundesrat während der Krim-Krise 2014 beschlossen hatte, die EU-Sanktionen gegen Russland nicht zu übernehmen. In Zusammenhang mit den aktuellen Aggressionen wurden indes Kommissionsinitiativen lanciert, mit denen das für andere Staaten geltende Wiederausfuhrverbot von in der Schweiz erworbenen Rüstungsgütern gelockert werden soll. Direkt verknüpft wurden die Debatten um die Sanktionen und die Wiederausfuhr mit denjenigen zur Schweizer Neutralitätspolitik.

Ebenfalls Anlass für Diskussionen rund um das Neutralitätsverständnis bot der Umstand, dass die Schweiz im Juni 2022 und somit elf Jahre nach Ankündigung ihrer Kandidatur als nichtständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrats gewählt wurde.

Eine weitere aussenpolitische Premiere ereignete sich mit der Volksabstimmung über das Freihandelsabkommen mit Indonesien, denn zum ersten Mal in der Schweizer Geschichte war ein fakultatives Referendum zu einem Freihandelsabkommen zustande gekommen. Im März 2021 befürworteten knapp 52 Prozent der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmberechtigten das Freihandelsabkommen, das zwar erstmals Nachhaltigkeitskriterien einschloss, aber auch Zollerleichterungen für Palmöl beinhaltete.

Eine bedeutende Neuerung stellte nicht zuletzt auch die Aussenpolitische Strategie 2020-2023 dar, die zur Verbesserung der Kohärenz zwischen Innen- und Aussenpolitik erstmals in einem interdepartementalen Prozess erarbeitet worden war. Ebenfalls durften sich die Räte erstmals zur Aussenpolitischen Strategie äussern. Als weitere Folge der Praxisänderung erarbeitete der Bundesrat in der Folge Substrategien für verschiedene geographische Regionen, wobei die China-Strategie am meisten zu reden gab.

Im Bereich der Entwicklungspolitik führte die während Beginn der Corona-Pandemie im Rahmen der Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021-2024 diskutierte Frage zum prozentualen Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen für intensive Debatten im Parlament. Die finanzielle Belastung der Schweiz durch die Corona-Pandemie wurde auch als Argument vorgebracht, um die Beteiligung der Schweiz an den Kapitalerhöhungen der Weltbankgruppe und der Afrikanischen Entwicklungsbank zu verhindern. Die beiden Kammern nahmen die Krediterhöhungen jedoch an.


Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Aussenpolitik
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Nach den anfänglichen humanitären Hilfeleistungen im ersten Halbjahr 2022 setzte die Schweiz ihr Engagement mit weiteren Hilfszahlungen und Hilfsgüterlieferungen an die Ukraine in der zweiten Hälfte 2022 und darüber hinaus fort.

Im August 2022 gab der Bundesrat bekannt, dass das EDA Konvois mit rund 100 Tonnen sanitärem und medizinischem Material organisiert habe. Damit habe das Aussendepartement seit März 2022 gemeinsam mit dem VBS mehr als 5'300 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine und deren Nachbarländer geliefert.
Eine weitere Lieferung kündigte die Schweizer Regierung zwei Monate später, Anfang Oktober, an. Auf Ersuchen der ukrainischen Behörden werde die Schweiz Material zur Brandbekämpfung, zur Aufbereitung von verunreinigtem Wasser und zur Beseitigung von Schutt und Trümmern liefern. Die Hilfsgüter werden vom VBS und der Stadt Basel gespendet, den Transport finanziere die DEZA. Die Maschinen und die weitere Ausrüstung werden den ukrainischen Behörden übergeben, die nach einer Schulung durch Spezialisten des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe den Weitertransport übernehmen. Laut SECO ist der Transport mit den Massnahmen der Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine von März 2022 vereinbar.

Ende des gleichen Monats nahm Bundespräsident Cassis auf Einladung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen in Berlin an der «Internationalen Expertenkonferenz zum Wiederaufbau der Ukraine» teil. Den Rahmen für die Gespräche über den nachhaltigen und inklusiven Wiederaufbau des Landes bildete die «Lugano-Deklaration», die 2022 im Zuge der Ukraine Recovery Conference in Lugano erarbeitet worden war. Aussenminister Cassis unterstrich, dass sich die Schweiz unter strikter Einhaltung ihrer Neutralität entschieden engagiere und erwähnte in diesem Kontext auch die Gespräche, welche er mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj, Premierminister Schmyhal und Aussenminister Kuleba geführt habe. Er erklärte, dass sich die humanitäre Hilfe der Schweiz nach den Bedürfnissen der ukrainischen Bevölkerung richte, insbesondere im Hinblick auf den anstehenden Winter.

Wenige Tage später beschloss der Bundesrat einen Aktionsplan für die Winterhilfe der Schweiz in der Ukraine. Für die Finanzierung von Projekten zur Instandstellung der Energie-Infrastruktur gab der Bundesrat zusätzlich zum bereits bestehenden humanitären Engagement rund CHF 100 Mio. frei. Der bevorstehende Wintereinbruch drohe aufgrund der beschädigten Energie-Infrastruktur und dem fehlenden Zugang zu Trinkwasser rund sechs Millionen weitere Menschen auf Hilfeleistungen angewiesen zu machen. Bundespräsident Cassis habe bei den Gesprächen mit der ukrainischen Regierung, an denen auch Vertreterinnen und Vertreter der DEZA und des SECO anwesend waren, Abklärungen vorgenommen, wie den Menschen in der Ukraine am besten geholfen werden könne. Der Bundesrat gab bekannt, dass er dem Parlament einen Nachtragskredit für zusätzliche Mittel im Umfang von CHF 76 Mio. beantragen werde. Nachdem das Parlament den Betrag in der Wintersession 2022 bewilligt hatte, lieferte die Schweiz Ende Dezember als Teil des umfassenden Aktionsplans des Bundesrates weitere Hilfsgüter an den ukrainischen Zivilschutz. Die DEZA und das EDA stellten hierfür siebzig Stromgeneratoren und vierzig Heizgeräte zur Verfügung.

Im Februar 2023, ein Jahr nach Beginn der russischen Militäraggression gegen die Ukraine, zog der Bundesrat Bilanz über sein bisheriges Engagement. Er hielt fest, dass die Schweiz seither über 1'000 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine geliefert habe und 4'765 Tonnen Nahrungsmittel in der Ukraine verkauft worden seien. Zudem hätten seit dem 11. März 2022 über 75'000 Menschen den Schutzstatus S in der Schweiz erhalten. Aus finanzieller Sicht habe die Schweiz bis anhin rund CHF 1.3 Mrd. für die Hilfsmassnahmen zugunsten der Ukraine bereitgestellt, wobei CHF 1.035 Mrd. auf die Aufnahme von Schutzsuchenden aus der Ukraine in der Schweiz entfielen. Die Regierung zeigte sich jedoch überzeugt, dass auch weiterhin Hilfe vonnöten sein werde, um die Situation der ukrainischen Bevölkerung zu verbessern, und beantragte dem Parlament daher ein neues Nothilfepaket über CHF 140 Mio. für die Ukraine (CHF 114 Mio.) und Moldawien (CHF 16 Mio.). Die mit diesem Paket vorgesehene Hilfe ziele auf die Bedürfnisse und Anfragen der beiden Staaten in Bereichen ab, in denen die Schweiz über spezifische Expertise verfüge, beispielsweise Schutzunterkünfte, Minenräumungen oder Reparaturen an der Infrastruktur. Die Umsetzung werde von den zuständigen Departementen EDA und WBF übernommen, wobei diese auch CHF 48 Mio. aus den bereits bestehenden Krediten bereitstellten. Das Parlament genehmigte im Nachtrag I zusätzliche CHF 92 Mio.

Im April 2023 setzte die Schweiz die humanitären Hilfslieferungen fort, indem die Kantone Basel-Stadt und Zürich einer NGO in Kiew fünf Ambulanzfahrzeuge spendeten. Eine weitere Lieferung sei für Sommer 2023 geplant, gab das EDA bekannt, wobei die DEZA in beiden Fällen für den Transport besorgt sei. Das VBS werde dem ukrainischen Rettungsdienst zudem drei Löschfahrzeuge und fünf Tonnen Löschschaum liefern und die Einsatzkräfte vor Ort ausbilden.
Drei Monate später, Anfang Juli 2023, stockte die Schweiz ihre Finanzierung für den Wiederaufbau und die Einrichtung von ukrainischen Schulen um zusätzliche CHF 5.5 Mio. auf. Damit fördere man die Wiederherstellung des Bildungsbereichs und die Rückkehr der Kinder in die Schule, ein bedeutendes Ziel des ukrainischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft. Die Unterstützung im Schulbereich sei Teil des Hilfspakets im Umfang von CHF 140 Mio., die der Bundesrat im Februar 2023 beantragt habe, liess das EDA in seiner Medienmitteilung verlauten.

Die Schweiz übernimmt die EU-Sanktionen gegen Russland
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)
Dossier: Die Schweizer Neutralität

Im Januar 2023 kündigte der Bundesrat an, dass die Ukraine Recovery Conference für den politischen Wiederaufbauprozess in der Ukraine, deren erste Ausgabe im Juli 2022 in der Schweiz stattgefunden hatte, 2023 in London weitergeführt werde. Am WEF 2023 übergab Aussenminister Cassis dem britischen Minister für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie, Grant Shapps, daher offiziell die Federführung für die Vorbereitung der nächsten Konferenz. Cassis rief anlässlich der Übergabe die beschlossenen «Prinzipien von Lugano» in Erinnerung und bezeichnete diese als Kompass für die dunklen Zeiten des Krieges. Im Juni des gleichen Jahres gab der Gesamtbundesrat dann bekannt, dass Ignazio Cassis in London an einem Panel zur humanitären Minenräumung teilnehmen werde und aufgrund seiner Rolle als Mitorganisator 2022 auch eine Rede an der Schlussveranstaltung halten werde. Die Schweiz habe den Wiederaufbauprozess der Ukraine vor und seit der Konferenz in Lugano eng begleitet, unter anderem habe Bundesrat Cassis an zwei weiteren Konferenzen zu dieser Thematik in Berlin und Paris teilgenommen und die Organisation einer weiteren Konferenz zur Dezentralisierung und Stärkung der lokalen Verwaltung im Rahmen des Wiederaufbau- und Reformprozesses in der Ukraine unterstützt, erläuterte das EDA in einer Medienmitteilung.
In seiner Rede an der Konferenz in London warb Bundesrat Cassis unter anderem dafür, den politischen Wiederaufbauprozess des Landes gemeinsam fortzusetzen, wobei die Prinzipien von 2022 als Grundlage dienen sollten. Er kündigte an, dass die Schweiz im Rahmen der IZA-Strategie 2025–2028 Mittel in der Höhe von rund CHF 1.5 Mrd. zugunsten der Ukraine reservieren werde, zuzüglich zu den für die Jahre 2023–2024 vorgesehenen CHF 300 Mio. Dieses Vorgehen kritisierte in der Folge aber beispielsweise die Aargauer Zeitung, da so «sämtliche Gelder, die aufgrund der Teuerung in die IZA-Kasse fliessen», für die Ukraine reserviert und zudem Mittel von anderen IZA-Projekten umgeleitet würden. Damit nehme man anderen Krisenregionen im Süden Gelder weg, monierte die Zeitung.
Zum Abschluss der Geberkonferenz unterzeichnete die Schweiz zusammen mit weiteren Staaten eine Absichtserklärung zur Absicherung privater Investitionen in der Ukraine gegen Kriegsrisiken. Ziel der Erklärung sei es, Private zu Investitionen in der Ukraine zu ermutigen und die damit zusammenhängenden Risiken zumindest teilweise auf die unterzeichnenden Staaten und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zu übertragen. Die Weltbank schätzte die seit Februar 2022 entstandenen Schäden auf über CHF 400 Mrd. und betonte, dass auch der Privatsektor einen Teil zu deren Behebung beitragen müsse.

Ukraine Recovery Conference 2023 in London
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)

Aufgrund der gemäss Hannes Germann (svp, SH) zum gegebenen Zeitpunkt nicht vorhandenen freien Kapazitäten im Asylbereich beantragte der Schaffhauser Ständerat in einer Motion die Aussetzung des Resettlement-Programms 2024/25. Dieselbe Forderung lancierte die SVP-Fraktion mit einer identischen Motion im Nationalrat (Mo. 23.3072). Ende Mai 2019 hatte sich der Bundesrat bereit erklärt, sich stetig an den Resettlement-Aktivitäten des UNHCR zu beteiligen, in deren Rahmen die Schweiz alle zwei Jahre 1'500 bis 2'000 Personen anerkannter Flüchtlingsgruppen aufnimmt. Der Bundesrat sah keinen zusätzlichen Handlungsbedarf und empfahl die Ablehnung der Motionen. Das für das Resettlement-Programm zuständige EJPD beurteile die Situation laufend und könne auf Basis dessen das Programm temporär suspendieren, was Ende 2022 auf Empfehlung des Sonderstabs Asyl (SONAS) bereits geschehen sei. Auch der Bundesrat werde bei seinem Entscheid zum Antrag des EJPD über das Resettlement-Programm 2024/25 die aktuelle Situation im Asylbereich berücksichtigen, so der Bundesrat weiter. Der Ständerat behandelte die Motion im Rahmen der ausserordentlichen Session zur Migration im Juni 2023, wo er sie mit 26 zu 18 Stimmen befürwortete. Anders entschied am Tag zuvor der Nationalrat in seiner ausserordentlichen Session: Die grosse Kammer lehnte die Motion der SVP-Fraktion mit 112 zu 70 Stimmen (4 Enthaltungen) ab. In der grossen Kammer erhielt die Forderung neben der SVP-Fraktion lediglich Sukkurs von einer Grossmehrheit der FDP-Fraktion.
Einen Tag nach den parlamentarischen Debatten bewilligte der Bundesrat die Weiterführung des Resettlement-Programms 2024/25.

Aussetzung des Resettlement-Programms 2024/25 (Mo. 23.3096, Mo. 23.3072)

Der Bundesrat verabschiedete im Februar 2023 den Aussenpolitischen Bericht 2022. Den Schwerpunkt bildete dabei der im Frühjahr 2022 gestartete Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Dieser führte in der Schweiz und in vielen anderen Staaten zu einer Energiekrise und zu einer starken Inflation. Auch eine in vielen Ländern zu spürende grössere Ernährungsunsicherheit und ganz allgemein eine grosse geopolitische Instabilität waren Folge dieses Krieges. Die Schweiz habe die Sanktionspolitik der EU gegen Russland unterstützt und sich gegenüber der Bevölkerung in der Ukraine solidarisch gezeigt, erklärte der Bundesrat im Bericht. Weiter hielt der Bericht fest, dass die im Juli 2022 in Lugano durchgeführte Ukraine Recovery Conference den politischen Prozess für den Wiederaufbau der Ukraine lanciert habe. Ein weiteres wichtiges Kapitel des Berichts widmete sich den Beziehungen der Schweiz zur EU. Diesbezüglich verwies der Bundesrat auf die im Februar 2022 festgelegte Stossrichtung für ein neues Verhandlungspaket mit der EU.
Weitere Themen waren auch das Engagement der Schweiz für einen wirkungsvollen Multilateralismus und der Einsitz der Schweiz im Sicherheitsrat der UNO für die Periode 2023–2024.
Als Anhang zum aussenpolitischen Bericht publizierte der Bundesrat den Bericht über die Menschenrechtsdiplomatie der Schweiz für die Jahre 2019–2022. Mit diesem Bericht erfüllte er das Postulat 20.4334 der APK-NR zum Menschenrechtsdialog mit China. Der Bundesrat hielt fest, dass sich die Schweiz bemühe, die bilaterale sowie multilaterale Menschenrechtsdiplomatie mit China aufrechtzuerhalten – der letzte bilaterale Austausch fand 2018 statt –, obwohl Chinas Bereitschaft, Menschenrechtsfragen zu diskutieren, in den letzten Jahren abgenommen habe. Zugleich habe sich die menschenrechtliche Lage in China in vielen Bereichen, etwa in Bezug auf die Meinungsäusserungsfreiheit oder die Rechte von Minderheiten, stark verschlechtert. Die Schweiz werde aber trotz der ernüchternden Ergebnisse in Kohärenz mit der China-Strategie 2021–2024 weiterhin versuchen, den bilateralen Menschenrechtsdialog wieder aufzunehmen.

Der Nationalrat nahm in der Frühjahrssession 2023 Kenntnis vom Bericht. Christine Bulliard-Marbach (mitte, FR) und Sibel Arslan (basta, BS) stellten den Bericht vor und erläuterten, dass dieser in der Kommission von den Fraktionen generell wohlwollend aufgenommen worden sei. Gemäss Sibel Arslan divergierten die Meinungen zur Reaktion des Bundesrates auf den Ukraine-Krieg stark: Einige hätten kritisiert, dass der Bundesrat die EU-Sanktionen gegen Russland erst auf öffentlichen Druck hin übernommen habe. Anderen wiederum habe der Bundesrat bei der Sanktionsübernahme zu rasch gehandelt und dadurch rechtsstaatliche Prinzipien verletzt. Des Weiteren habe auch die Frage der Neutralität zu reden gegeben; diese Thematik müsse in nächster Zeit vertieft diskutiert werden, lautete gemäss Arslan der Tenor in der APK-NR. Anschliessend äusserten sich die Fraktionen zu den für sie wichtigen Aspekten des aussenpolitischen Berichts. So erläuterte etwa Elisabeth Schneider-Schneiter (mitte, BL) für die Mitte-Fraktion, dass die Schweiz im Bereich der Aussenpolitik entschieden auf die Einhaltung des Völkerrechts pochen müsse. Für die SP-Fraktion äusserten Brigitte Crottaz (sp, VD) und Claudia Friedl (sp, SG) ihren Unmut darüber, dass der Bundesrat lange gezögert habe, die EU-Sanktionen gegenüber Russland vollumfänglich zu übernehmen. Tiana Moser (glp, ZH) verlangte für die GLP-Fraktion einen grösseren finanziellen Effort der Schweiz für die Ukraine, insbesondere angesichts der Tatsache, dass der Bundesrat die Wiederausfuhr von Rüstungsgütern ablehne. Für die SVP-Fraktion sprach sich Roger Köppel (svp, ZH) eben gerade gegen eine Ausfuhr von Waffen an die Kriegsparteien aus, da die Aufgabe des Bundesrates darin bestehe, die Schweiz aus diesem Krieg herauszuhalten. Auch die Grüne Fraktion sprach sich gegen den Export oder die Wiederausfuhr von Waffen aus; sie unterstütze jedoch die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland, wie Denis de la Reussille (pda, NE) anmerkte. Zudem forderte der Grünen-Vertreter, dass sich der Bericht zur Aussenpolitik zukünftig vermehrt der Menschenrechtslage zuwende, und weniger von ökonomischen Aspekten geprägt sei. Schliesslich monierte Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) im Namen der FDP-Fraktion, dass es der Bundesrat verpasst habe, eine umfassende Debatte zur Schweizer Neutralität zu führen, weil ein entsprechender Bericht von Aussenminister Cassis vom Bundesrat zurückgewiesen worden sei.
Im Ständerat wurde der Bericht in der Sommersession 2023 nur kurz von Pirmin Bischof (mitte, SO) und Aussenminister Cassis vorgestellt und sodann stillschweigend zur Kenntnis genommen.

Aussenpolitischer Bericht 2022 (BRG 23.009)
Dossier: Aussenpolitische Berichte (ab 2009)

Dans le cadre des débats autour de l'initiative parlementaire sur la modification de la loi sur le matériel de guerre (LFMG) (23.402), le Conseil des Etats a aussi débattu de la motion sur la modification de l'art. 18 de la LFMG. Cette motion vise l'ajout d'un alinéa 3 à l'article 18. Pour être précis, cette modification prévoit qu'un pays tiers, une fois sa demande faite à la Suisse, ait la possibilité de réexporter du matériel de guerre provenant de Suisse. Pour cela, il faudrait toutefois que le Conseil de sécurité de l'ONU ait qualifié la situation « d'infraction à l'interdiction du recours à la force prévue par le droit international » pour le pays pour qui les armes seraient destinées. La chambre des cantons a rejeté à l'unanimité l'ajout de l'al. 3. Cette rectification de la LFMG visait à soutenir l'Ukraine face à l'agression qu'elle subit. Cependant, sans l'al. 4, qui a été rejeté par le Conseil national, cette modification n'est pas applicable à l'Ukraine – droit de veto de la Russie.

Änderung des Kriegsmaterialgesetzes (Mo. 23.3005)
Dossier: Vorstösse zur Änderung des Kriegsmaterialgesetzes (Wiederausfuhr von Kriegsmaterial)
Dossier: Der Krieg in der Ukraine und die Schweizer Armee: Sicherheitsfragen

Depuis la fin de la guerre du Kosovo en 1999, la Swisscoy – contingent de l'armée suisse – participe à la promotion de la paix au Kosovo aux côtés de la KFOR – liée à l'OTAN. La Suisse envoie ainsi chaque année 195 soldat.e.s au Kosovo pour une mission de six mois chacun.e. Ils sont actifs à Mitrovice, une ville coupée en deux par la rivière qui sépare albanophones et serbophones, et à Zubin Potok, une zone frontalière où vivent principalement des Serbes. «Six équipes patrouillent sur le terrain, des officiers participent au commandement des opérations, et de nombreux Suisses œuvrent à la logistique de la KFOR», pouvait-on lire dans La Liberté début juin. La Swisscoy réalisant des actions dans le cadre de la neutralité suisse, elle ne se mêlerait pas à des conflits armés et se retirerait en cas d'envenimement important des tensions. Les missions menées par la Swisscoy permettent une coopération entre la Suisse et l'OTAN tout en respectant la neutralité helvétique. Cependant, dès le 29 mai, suite à des élections municipales dans le nord du Kosovo, des manifestations violentes – jets de cocktails molotov et de pierres – se sont déroulées, faisant plusieurs dizaines de blessés parmi les soldats de la KFOR. Cette dernière a envoyé 700 soldats supplémentaires afin de maîtriser la situation.
En avril, la minorité serbe a boycotté les élections municipales afin de protester contre l'indépendance du Kosovo, que les serbes ne reconnaissent pas. Avec la très faible participation – 3.5 pour cent – ce sont des maires albanophones qui ont été élus, déclenchant des colères et excès qui ont soulevé certaines craintes en Suisse et en Europe. Ainsi, l'Allemagne et la France ont appelé à l'organisation de nouvelles élections et Jean-Luc Addor (udc, VS) a demandé le retrait de la Swisscoy dès janvier 2024. En effet, selon lui, la présence de la Suisse dans la région mettrait sa neutralité en danger car elle pourrait se retrouver au cœur d'actions armées. D'après l'édition du 2 juin d'ArcInfo, le contingent suisse ne se retirera pas, du moins pour l'instant. Bien que le climat actuel soit «calme et stable dans le pays», la situation resterait «marquée par la volatilité» et ne permettrait pas de prédire son évolution, a avancé Stefanie Waltenspül, porte-parole de l'armée suisse pour les missions à l'étranger. La Liberté du 3 juin 2023 a reporté les propos de Fabian Molina (ps, ZH) qui avait avancé que les tensions profiteraient à la Russie, en guerre avec l'Ukraine depuis février 2022. En effet, la Serbie étant proche de Moscou et le Kosovo proche de l'OTAN, une dégénération du conflit pourrait avoir de lourdes conséquences pour l'Europe, mais aussi la Suisse. En effet, comme le précisait Le Temps en 2018 déjà, la Suisse entretient un lien particulier avec le Kosovo, notamment en raison d'une «forte immigration en Suisse».

Envenimement des tensions au Kosovo. Retrait de la Swisscoy?

Im September 2021 reichte Nationalrätin Delphine Klopfenstein Broggini (gp, GE) eine Motion ein, mit der sie vom Bundesrat die Schaffung zusätzlicher Resettlement-Kontingente für die Aufnahme afghanischer Flüchtlinge, insbesondere von Frauen, forderte. Resettlement bezeichnet die dauerhafte Neuansiedlung besonders schutzbedürftiger Geflüchteter in einem zur Aufnahme bereiten Drittstaat. Die Motionärin verwies auf verschiedene Kantone, Gemeinden und Städte, die ihre Bereitschaft zur Aufnahme von mehr afghanischen Flüchtlingen kundgetan hätten. Der Bundesrat erklärte in seiner Stellungnahme, dass das Resettlement-Programm 2020/21 die Aufnahme von bis zu 1600 besonders vulnerabler Flüchtlinge vorsehe und auch für die Jahre 2022/23 ein Kontingent von bis zu 1600 Resettlement-Flüchtlingen beschlossen worden sei. Der Bundesrat gab jedoch zu Bedenken, dass zurzeit die Hilfe vor Ort im Vordergrund stehe, also der Schutz von intern Vertriebenen und von afghanischen Bürgerinnen und Bürgern, die in Nachbarländern Schutz suchten. Dafür setze der Bund seit September 2021 Beiträge in der Höhe von CHF 33 Mio. ein, wovon CHF 23 Mio. über einen Nachtragskredit finanziert werden. Bis Ende 2022 soll die afghanische Bevölkerung mit rund CHF 60 Mio. unterstützt werden. Aus diesen Gründen beantragte die Exekutive die Ablehnung der Motion.

Der Nationalrat befasste sich in der Sondersession 2023 mit der Motion. Nationalrätin Broggini appellierte an den Rat, den afghanischen Frauen zusätzlichen Schutz vor dem Taliban-Regime zu gewähren, welches mit seiner gewaltsamen Machtübernahme die letzten Jahrzehnte der Demokratisierung und der Emanzipation der Frauen bedrohe. Frauen seien besonders schutzbedürftig und die Hilfe vor Ort reiche schlicht nicht aus, so die Motionärin. Bundesrätin Baume-Schneider räumte zwar ein, dass sich gewisse Städte in Zusammenarbeit mit NGOs zur Aufnahme von Geflüchteten bereit erklärt hätten, bei der Frage der finanziellen Beteiligung herrsche jedoch wenig Klarheit. Die Schweiz habe seit 2021 insgesamt 602 Personen aus Afghanistan aufgenommen. Seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 und dem daraus resultierenden Anstieg der Asylgesuche stehe die Schweiz unter starkem internen und externen Druck, weswegen der Sonderstab Asyl einen Aufnahmestopp per 1. April 2023 für das Ressetlement-Programm beschlossen habe. Das EJPD bereite jedoch ein neues Programm zuhanden des Bundesrates vor. Der Nationalrat folgte schliesslich der Empfehlung des Bundesrates und lehnte die Motion mit 98 zu 85 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) ab. Die Ja-Stimmen stammten mehrheitlich von den Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen.

Solidarität mit den afghanischen Frauen: Für zusätzliche Resettlement-Kontingente
Dossier: Humanitäres Engagement der Schweiz in Afghanistan

Die Schweiz hatte im Mai 2023 erstmals den Vorsitz des UNO-Sicherheitsrates inne. Im Rahmen dieses Vorsitzes leiteten Aussenminister Ignazio Cassis sowie Bundespräsident Alain Berset je eine offene Debatte im Sicherheitsrat zu einem der von der Schweiz gesetzten thematischen Schwerpunkte. Während sich Cassis Anfang Mai dem Schwerpunkt «nachhaltigen Frieden fördern» widmete, fokussierte Berset Mitte Mai auf den Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten. Berset betonte dabei, dass das humanitäre Völkerrecht für alle Konfliktparteien gelte und ihnen «unmissverständliche Verpflichtungen» auferlege.
Einige Schweizer Zeitungen nahmen den Vorsitz zum Anlass, um das Funktionieren des UNO-Sicherheitsrates zu erläutern. Sie betonten dabei, dass dieses Gremium zerstritten sei und wegen der Veto-Macht der ständigen Mitglieder – darunter die USA, Russland und China – mehr schlecht als recht funktioniere. Aus diesem Grund könne man auch vom monatlichen Vorsitz der Schweiz keine grossen Wunder erwarten – oder wie es Ignazio Cassis in der Sonntagszeitung formulierte: «Wir können nicht erwarten, dass die Welt nach diesem Monat eine andere ist.»

Schweiz hat im Mai 2023 den Vorsitz des UNO-Sicherheitsrates inne
Dossier: Schweizer Sitz im UNO-Sicherheitsrat

Im Januar reiste Bundesrat Cassis ein erstes Mal im Kalenderjahr 2023 in die USA, um sich mit seinem amerikanischen Pendant Anthony Blinken zu treffen. Mit diesem sprach er über die Prioritäten der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat und inwiefern die beiden Länder sich für eine Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit im Sanktionsbereich einsetzen könnten. Ein zweiter Schwerpunkt bildeten die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA. Cassis teilte mit, dass der Bundesrat die Zusammenarbeit mit den USA an seine Amerikas-Strategie 2022-2025 angleichen wolle. Zudem wurden auch Fragen in den Bereichen Bildung, Forschung und neue Technologien diskutiert.

Wenige Monate später, im April 2023, reiste Aussenminister Cassis im Anschluss an einen Besuch in Kuba erneut in die USA. In Kuba zog der Aussenminister Bilanz über die vergangenen zwei Jahrzehnte Entwicklungszusammenarbeit und erklärte den schrittweisen Rückzug der Schweiz aus Kuba bis 2024. Dieser Rückbau entspreche der Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021-2024, wie das EDA in der entsprechenden Medienmitteilung bekannt gab. Auch die Menschenrechtssituation auf der Insel und die wirtschaftlichen Herausforderungen für Schweizer Investoren thematisierte Bundesrat Cassis. Danach reiste er nach Washington D.C., wo er am 12. und 13. April an der Frühjahrstagung der WBG und des IWF, sowie dem dritten Ministertreffen der Weltbank zur Unterstützung der Ukraine teilnahm, welches sich mit dem mittelfristigen Wiederaufbau des Landes befasste. Der Bundesrat verkündete anlässlich dieses Treffens, dass die Schweiz im Rahmen der Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2025-2028 weitere CHF 1.5 Mrd. für die Ukraine bereitstellen werde. Gemeinsam mit den bereits für 2023 und 2024 vorgesehenen CHF 300 Mio. werde man der Ukraine in den kommenden sechs Jahren insgesamt CHF 1.8 Mrd. zukommen lassen. Der Aussenminister nutzte seinen Aufenthalt in Washington, um sich mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern der WBG und Ländervertretungen der Stimmrechtsgruppe der Schweiz in den Bretton-Woods-Institutionen auszutauschen. Abschliessend besuchte Cassis das Generalkonsulat in Chicago und zog Bilanz über die 2019 erfolgte Wiedereröffnung der diplomatischen Vertretung in der Stadt zur Unterstützung von Schweizer Unternehmen in der Region.

Aussenminister Cassis reist in die USA und nach Kuba
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2023

«Armeniens Überleben sichern», lautete der Titel einer vom Kanton Genf im Oktober 2022 eingereichten Standesinitiative. Darin forderte der Kanton das Parlament dazu auf, Aserbaidschan für seine Angriffe gegen Armenien zu verurteilen; zu verhindern, dass aserbaidschanische Rohstoffgeschäfte in der Schweiz zur Finanzierung der Kriegstätigkeit genutzt werden können; das Selbstbestimmungsrecht der armenischen Bevölkerung in Bergkarabach anzuerkennen und die Kontakte zum IKRK und dem IFRC zu nutzen, um die in Aserbaidschan inhaftierten armenischen Kriegsgefangenen nach Hause zu überführen. Anlass für die Initiative waren die Angriffe aserbaidschanischer Streitkräfte gegen Armenien Mitte September des gleichen Jahres, die in den Augen des Kantons gegen das Römer Statut verstiessen und eine offenkundige Verletzung des Völkerrechts darstellten.

Die APK-SR hatte die Kantonsinitiative im Januar 2023 vorberaten und dem Ständerat beantragt, ihr keine Folge zu geben. Kommissionssprecher Rieder (mitte, VS) teilte im Rahmen der Beratung in der Frühjahrssession 2023 mit, dass man zwar das Kernanliegen der Initiative – die Friedenssicherung – teile, jedoch der Ansicht sei, dass eine Initiative nicht das richtige Mittel sei, um auf diesen Konflikt Einfluss zu nehmen. Er erklärte des Weiteren, dass einige Forderungen des Kantons zu weit gingen, ohne diese jedoch zu spezifizieren. Zwar habe die Kommission der Initiative keine Folge gegeben, doch wolle man damit nicht den Eindruck vermitteln, dass die Völkerrechtsverletzungen und die humanitäre Lage in Armenien nicht dramatisch seien. Daher habe die Kommission beschlossen, den Bundesrat in einem Brief dazu aufzufordern, die Völkerrechtsverletzungen zu verurteilen und im UNO-Sicherheitsrat zu intervenieren, so Rieder.
Die beiden Genfer Ständeratsmitglieder Carlo Sommaruga (sp, GE) und Lisa Mazzone (gp, GE) mahnten eindringlich, dass die Schweiz angesichts der Bedrohung Armeniens nicht stumm zusehen dürfe. Aussenminister Cassis verwies auf die bisherigen Bemühungen des EDA, die Situation der armenischen Bevölkerung zu verbessern, und stellte klar, dass es noch nicht zu einer eigentlichen humanitären Krise gekommen sei. Er bezeichnete die gegenwärtige Situation als «sehr kompliziert» und fügte an, dass die Schweiz bereits seit Dezember 2022 als Vermittlerin für Verhandlungsgespräche fungiere und weiterhin aktiv bleibe. Der Ständerat gab der Initiative stillschweigend keine Folge.

«Armeniens Überleben sichern» (St.Iv. 22.320)

SVP-Nationalrat Michaël Buffat (svp, VD) verlangte in einer im März 2021 eingereichten Motion «keine Ausweitung des Flüchtlingsbegriffs über Umwege». Mit seinem Vorstoss wollte er den Bundesrat damit beauftragen, der UNO mitzuteilen, dass die Schweiz jegliche Ausweitung des Flüchtlingsbegriffs auf klimatisch bedingte Fluchtgründe ablehne. Im Asylgesetz werden Flüchtlinge als Personen definiert, die aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Nationalrat Buffat erklärte, dass diese Nachteile «an die Person an sich gebunden» seien, womit eine Anerkennung klimatisch bedingter Fluchtgründe nicht mit dem Flüchtlingsstatus in bestehenden völkerrechtlichen Verträgen und der Schweizer Rechtsprechung vereinbar sei.
Der Bundesrat hielt in seiner Stellungnahme fest, dass er die Schaffung eines Asylstatus für sogenannte «Klimamigranten» oder eine Ausweitung der Genfer Flüchtlingskonvention inklusive Änderung des Schweizer Asylrechts nicht befürworte. Diese Haltung vertrete der Bundesrat auch auf internationaler Ebene. Da eine derartige Anpassung der Flüchtlingskonvention aber nicht abzusehen sei, müsse man sich auch nicht proaktiv dazu positionieren. Die Schweiz setze sich im Rahmen verschiedener Initiativen für eine Verbesserung des Schutzes von Personen ein, die aufgrund von Naturkatastrophen oder den Folgen des Klimawandels ihre Heimatregion oder gar ihr Heimatland verlassen müssen. Auch im Präventionsbereich der Katastrophenverhinderung sei man aktiv, erklärte der Bundesrat. Aufgrund der fehlenden Dringlichkeit beantragte er die Ablehnung der Motion.

In der Frühjahrssession 2023 wies Motionär Buffat den Nationalrat darauf hin, dass der UNO-Migrationspakt den Klimawandel mehrfach als Migrationsgrund bezeichne. Daraus schloss er, dass ein politischer Wille bestehen müsse, den Inhalt des Flüchtlingsbegriffs auszuweiten. Er warnte, dass die Schweiz ihre humanitäre Tradition nur erhalten könne, wenn diese einigermassen realistisch bleibe. Die Schweiz müsse diese grundlegende Veränderung des Flüchtlingsbegriffs verhindern, weil, wie er befürchtete, der Klimawandel in Afrika – wo die Bevölkerung schnell wachse und der Trend zur Migration nach Europa stark sei – als Argument zur Rechtfertigung für Asylanträge verwendet werden könnte. Bundesrätin Baume-Schneider erklärte der grossen Kammer, dass die Schweiz über die rechtlichen Grundlagen verfüge, um den Schutz von Personen, deren Rückkehr nicht zumutbar sei, gewährleisten zu können. Da eine Revision der Flüchtlingsdefinition auf internationaler Ebene derzeit nicht aktuell sei, sehe der Bundesrat keinen Grund, die zuständigen UNO-Gremien über die Schweizer Position zu informieren. Die Regierung lehne die Motion daher ab. Auch die Mehrheit des Nationalrats sah keinen Handlungsbedarf und lehnte den Vorstoss mit 109 zu 77 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gegen den Willen der SVP- und FDP-Fraktionen ab.

Keine Ausweitung des Flüchtlingsbegriffs über Umwege

Au début de l'année 2023, les deux commissions de politique de sécurité se sont concentrées intensivement sur la loi sur le matériel de guerre, en débattant notamment de la réexportation du matériel de guerre vers l'Ukraine. De ces réflexions sont nées trois initiatives parlementaires de commissions (23.401; 23.402 et 23.403) ainsi que la motion 23.3005. Via cette dernière, la CPS-CN demande de modifier l'article 18 de la loi sur le matériel de guerre (LFMG) en y ajoutant des précisions. Celles-ci visent à aider l'Ukraine dans la guerre d'agression qu'elle subit depuis février 2022 de la part de la Russie. Ainsi, une réexportation de matériel de guerre serait possible en cas de demande d'un autre Etat, dans le cas d'une situation reconnue par le Conseil de sécurité de l'ONU, comme «contraire à l'interdiction du recours à la force prévue par le droit international et si aucun intérêt prépondérant de politique extérieure de la Suisse ne s'y oppose» (le nouvel al. 3). De plus, en cas de veto d'un membre de l'ONU, si les 2/3 de l'Assemblée générale de l'ONU considère que la situation enfreint l'interdiction du recours à la force prévue par le droit international, la réexportation serait possible (al. 4).
Une minorité de la CPS-CN, autour de Jean-Luc Addor (udc, VS), a proposé de rejeter la motion. Le Conseil fédéral a également proposé de rejeter la motion. En effet, le gouvernement a d'abord argumenté que s'il approuvait la réexportation de matériel de guerre vers l'Ukraine, les demandes de transmission de matériel de guerre à la Russie devraient également être approuvées, relativement à la politique de neutralité de la Suisse, visant une égalité de traitement, et à l'article l'art. 22a, al. 2, let. a, de la LFMG. Ensuite, les modifications apportées à l'art. 18 n'auraient pas d'effets sur l'art. 22. De plus, une exception comme préconisé est déjà actuellement possible via l'article 22a al. 4 de la LFMG, si l'ONU usait du chapitre VII de la Charte des Nations Unies en vertu du droit international, annulant le droit de neutralité. Troisièmement, le fait que des actions puissent être entreprises alors que la majorité absolue n'a pas été atteinte à l'ONU, et que ceci n'ait pas d'impact sur le droit international, pose problème. En effet, le Conseil fédéral estime que ceci violerait l'égalité de traitement, et donc le droit de la neutralité.
Le sujet de l'exportation d'armes semble actuellement clivant : «Wir haben immer gesagt, dass das für die Schweiz eine schwierige Situation ist, weil es für sie als neutrales Land Zielkonflikte gibt», a déclaré Priska Seiler Graf (ps, ZH) au nom de la commission. Dans ce contexte, les débats se sont concentrés sur les infractions au droit international et au droit de neutralité. Dans les premières prises de parole, Hans-Peter Portmann (plr, ZH), au nom de la CPE-CN à qui la CPS-CN n'a pas demandé son avis sur le texte, s'est joint au Conseil fédéral pour dire que la modification enfreindrait le droit international.
En réponse à une question sur droit de veto, François Pointet (pvl, VD), pour la majorité de la CPS-CN, a répondu que si l'alinéa 4 était rejeté, la modification n'aiderait en rien l'Ukraine, comme la Russie a utilisé son droit de veto à l'ONU.
Jean-Luc Addor (udc, VS) a aussi répondu à un grand nombre de questions et défendu l'avis de la minorité. Selon lui, cette modification s'attaque à la neutralité suisse, qu'il ne serait pas envisageable de «tripatouiller comme un concept à géométrie variable au gré des circonstances et des pressions étrangères, ou encore de l'émotion suscitée par une guerre qu'on croyait impossible en Europe». «Il est simplement dans l'intérêt de notre pays de se tenir à l'écart d'une guerre qui n'est pas la sienne», résume-t-il dans son intervention. Le valaisan a souligné que la minorité souhaitait «travailler à la paix plutôt que de jeter de l'huile sur le feu de cette terrible guerre».
Le Conseil national a adopté par 98 voix contre 96 l'al. 3. Les Vert-e-s et l'UDC s'y sont majoritairement opposés, mais des voix de tous les partis étaient contre.
Quant à l'al. 4, il a été rejeté par 117 voix contre 78. Les Vert-e-s, l'UDC et le PLR étaient contre, mais à nouveau, des voix de tous les partis s'y sont opposées. Il est aussi important de préciser que la minorité était très hétérogène, regroupant des parlementaires contre l'exportation d'armes en général et d'autres favorables à l'exportation d'armes dans le cadre d'une politique de neutralité stricte.
Le Conseil des Etats doit encore se prononcer quant à l'ajout de l'al. 3 à l'art. 18.

Änderung des Kriegsmaterialgesetzes (Mo. 23.3005)
Dossier: Vorstösse zur Änderung des Kriegsmaterialgesetzes (Wiederausfuhr von Kriegsmaterial)
Dossier: Der Krieg in der Ukraine und die Schweizer Armee: Sicherheitsfragen

Im Februar 2023 nahm Bundesrat Cassis sowohl an der UNO-Generalversammlung als auch an einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrats teil. Beide Gremien berieten die seit einem Jahr andauernden militärischen Aggressionen Russlands gegen die Ukraine. In seiner Rede vor der Generalversammlung verurteilte Cassis das Verhalten Russlands scharf und forderte die sofortige Beendigung des Konflikts, den Abzug der russischen Streitkräfte aus dem souveränen Hoheitsgebiet der Ukraine und eine dauerhafte Friedenslösung. Die Generalversammlung verabschiedete eine gemeinsame Resolution, mit der die UNO-Mitgliedstaaten und die internationalen Organisationen dazu aufgefordert wurden, ihre Friedensbemühungen zu verstärken. Cassis nannte die Resolution ein «starkes Zeichen des Friedens» und ein «klares Signal der Staatengemeinschaft an Russland». Auch tags darauf im UNO-Sicherheitsrat rief Cassis zum Abzug der russischen Streitkräfte auf und pochte auf die Einhaltung der Genfer Konventionen, um die Gräuel des Krieges zumindest zu mindern. Der Schweizer Aussenminister betonte, dass die Schweiz ihren neutralitätsrechtlichen Verpflichtungen nachkomme, das Neutralitätsrecht aber nicht Gleichgültigkeit vorschreibe. Man sei jederzeit bereit, alle Parteien zu versammeln, um auf eine bessere Einhaltung des humanitären Völkerrechts und auf Frieden hinzuwirken.

Bundesrat Cassis an der UNO-Generalversammlung und im UNO-Sicherheitsrat
Dossier: Schweizer Sitz im UNO-Sicherheitsrat

Mitte Februar 2023 nahmen Bundesrat Ignazio Cassis und Bundesrätin Viola Amherd an der Münchner Sicherheitskonferenz teil. Die Verteidigungsministerin traf sich mit Amtskollegen verschiedener Länder, um die aktuelle Sicherheitslage zu diskutieren. Sie nahm zudem an einer Paneldiskussion über die sicherheitspolitischen Herausforderungen vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine teil. Aussenminister Cassis nutzte seinen Besuch in München vor allem für bilaterale Gespräche mit seinen Pendants aus Litauen und Norwegen. Auch bei diesen Gesprächen standen die Sicherheitspolitik in Bezug auf den Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen im Zentrum. Darüber hinaus erläuterte Cassis seinen Amtskolleginnen und -kollegen das Engagement der Schweiz für die Aufrechterhaltung der regelbasierten internationalen Ordnung, unter anderem im Rahmen ihres Einsitzes im UNO-Sicherheitsrat. Weitere Gespräche führte Bundesrat Cassis mit den Aussenministern Brasiliens, Kuwaits und Jemens, sowie mit dem palästinensischen Premierminister.

Bundesrat Cassis und Bundesrätin Amherd an der Münchner Sicherheitskonferenz 2023