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Jahresrückblick 2021: Sozialversicherungen

Wie in den Jahren zuvor dominierte auch 2021 die Altersvorsorge die mediale Berichterstattung zu den Sozialversicherungen (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang). Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren blieb jedoch das Interesse an diesem Themenbereich erstaunlich tief – erstaunlich insofern, als in diesem Jahr die beiden grossen Revisionen der Altersvorsorge – die AHV 21 und die BVG 21 – im Parlament behandelt wurden. Ende Jahr, als in der Wintersession die Behandlung der zwei Projekte im Parlament anstand, flackerte jedoch durchaus etwas Interesse an dem Themenbereich auf (vgl. Abbildung 1).

In der Frühjahrssession begann der Ständerat die Debatte zur AHV 21-Reform, nachdem die vorberatende SGK-SR zuvor medial für ihre lange Behandlungsfrist gescholten worden war. Einigkeit herrschte zwischen den zwei Räten bei der Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre, ansonsten unterschieden sich die Ansichten der zwei Kammern jedoch deutlich. Nachdem der Ständerat in der Herbstsession einer vom Nationalrat vorgeschlagenen Mehrwertsteuererhöhung von 0.4 Prozent zugestimmt hatte, setzte sich die kleine Kammer in der Wintersession bei der Ausgestaltung der Kompensationsmassnahmen grösstenteils durch: Bei gleichem Gesamtbetrag (CHF 3 Mrd. bis ins Jahr 2030) und gleicher Anzahl Übergangsjahrgänge (9) obsiegten die im Vergleich zum Vorschlag der grossen Kammer höheren Rentenzuschläge und weniger grosszügigen Vorbezugsmöglichkeiten. Innerhalb eines Jahres konnte die AHV 21 somit zu Ende beraten werden. Jedoch kündigte der SGB noch am Tage der Einigung zwischen den Räten an, das Referendum ergreifen zu wollen, an dem sich unter anderem auch die SP beteiligen will.

Nach einer gar noch längeren Vorgeschichte startete in der Wintersession 2021 auch die Reform der beruflichen VorsorgeBVG 21 – in die Parlamentsberatung. Besonders umstritten war hier das von den Sozialpartnern vorgeschlagene Umlageverfahren zur Reduktion der durch die Senkung des Umwandlungssatzes entstehenden Renteneinbussen. Noch vor der ersten Behandlung lagen bereits zahlreiche Alternativvorschläge auf dem Tisch, weshalb die Medien der Revision nur geringe Erfolgschancen zuschrieben. Dies zeigten etwa auch die ersten Reaktionen auf den Behandlungsstart der Reform in der Wintersession 2021: Nachdem sich der Nationalrat entschieden hatte, die Kompensation eines Rentenzuschlags nur 15 Jahrgängen statt allen Neurentnerinnen und Neurentnern zukommen zu lassen und dabei auf das Umlageverfahren zu verzichten, stellten die links-grünen Parteien auch hier bereits ein Referendum in Aussicht.

Wie üblich standen auch dieses Jahr verschiedene Volksinitiativen zum Thema «Altersvorsorge» auf dem Programm – die Bundeskanzlei verkündete das Zustandekommen gleich zweier neuer Initiativen: der Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter», welche eine 13. AHV-Rente forderte, sowie der Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)», die eine automatische Anpassung des Rentenalters an die Lebenserwartung verlangte. Hingegen scheiterte die Volksinitiative «Ja zu steuerfreien AHV- und IV-Renten, mit der die Renten von Personen mit jährlichem Einkommen unter CHF 72'000 von den Steuern hätten befreit werden sollen, in der Unterschriftensammlung.

Die mediale Flaute in der Berichterstattung über die Altersvorsorge führte zu einer Stärkung der Diskussionen über die Krankenversicherung, wobei im Parlament insbesondere Projekte gegen den Prämienanstieg im Mittelpunkt standen. Zentral war dabei das erste Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen, das im Jahr zuvor in zwei Pakete unterteilt worden war. Während das Paket 1a dieses Jahr trotz einiger breit diskutierter Punkte bereinigt werden konnte, hatte man die am stärksten umstrittenen Regelungen ins Paket 1b ausgelagert. Diesbezüglich entschieden sich National- und Ständerat bis Ende Jahr unter anderem gegen das vom Bundesrat vorgeschlagene Referenzpreissystem und schlugen stattdessen Alternativen vor. Noch keine Botschaft lag Ende Jahr zum zweiten Paket zur Kostendämpfung vor, an welcher der Bundesrat 2021 arbeitete.

Eine Offensive gegen den Prämienanstieg hatten im Jahr zuvor die Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg mit je drei Standesinitiativen für einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife sowie für zwei Massnahmen zur Reduktion der Reserven der Krankenversicherungen gestartet. In der Zwischenzeit hatte der Bundesrat die KVAV geändert und dabei den freiwilligen Abbau und die Rückerstattung der Krankenkassenreserven vereinfacht sowie die Regeln dazu präzisiert. Als Folge dieser Änderung präsentierte der Bundesrat im September die Krankenkassenprämien für das Jahr 2022: Erstmals seit 2008 würde die mittlere Prämie sinken, was grösstenteils auf einen Reserveabbau und eine knappere Kalkulation durch die Krankenversicherungen – also auf seine Verordnungsänderung – zurückzuführen sei. Der Ständerat sprach sich in der Folge gegen die Initiativen zu den Reserven aus, hiess aber den Einbezug der Kantone sowie eine ähnlich lautende Motion) gut.

Die Folgen der hohen Krankenkassenprämien bekämpfte die Prämien-Entlastungs-Initiative, welche im Vorjahr zustande gekommen war und eine Beschränkung der Krankenkassenprämien für die Haushalte auf maximal 10 Prozent des Einkommens forderte. Der Bundesrat empfahl die Initiative zur Ablehnung, präsentierte aber 2021 einen indirekten Gegenvorschlag, womit unter anderem der durchschnittliche Kantonsbeitrag an die Prämienverbilligungen erhöht werden sollte. Hingegen verpasste 2021 die Volksinitiative «Ja zu mehr Mitbestimmung der Bevölkerung bei der Kranken- und Unfallversicherung», mit der die Bürgerinnen und Bürger Art und Umfang ihrer Versicherung hätten wählen können, die Unterschriftenhürde.

Für Diskussionen sorgte nicht zuletzt auch der Entwurf der SGK-SR zur Umsetzung der Standesinitiative des Kantons Thurgau über die Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht. Einig war man sich diesbezüglich, dass Kinder bei Erreichen der Volljährigkeit nicht mehr für ihre Krankenkassenprämien und Kostenbeteiligungen, welche ihre Eltern zuvor nicht bezahlt hatten, haftbar gemacht und zudem nicht mehr auf sogenannten schwarzen Listen der säumigen Prämienzahlenden aufgeführt werden sollen. Umstritten war hingegen, inwiefern die entsprechenden Listen zukünftig noch geführt werden dürfen: Obwohl eine Kommissionsminderheit mit der Unterstützung des Bundesrates die Streichung der Listen beantragt hatte, sprach sich der Ständerat überaus knapp für deren Beibehaltung aus. Diesen Entscheid stützte auch der Nationalrat.

Schliesslich spielte 2021 auch die Covid-19-Pandemie erneut eine Rolle im Krankenversicherungsbereich. Der Bundesrat genehmigte im Januar 2021 den Tarifvertrag zur Vergütung der Covid-19-Impfung, gemäss dem die OKP CHF 14.50 als Pauschale und CHF 5 für das Impfmaterial pro Impfung übernimmt. Der Bund bezahlt die Differenz dieser CHF 5 zum Einkaufspreis der Impfung, der vertraulich ist. Dadurch sollten der OKP für das Jahr 2021 Kosten von CHF 201 Mio. entstehen. In der Wintersession entschied sich das Parlament im Rahmen der vierten Revision des Covid-19-Gesetzes erst in der Einigungskonferenz dagegen, die Verträge mit den Impfstofflieferanten offenzulegen – der Nationalrat hatte sich eine solche Offenlegung gewünscht.

Besonders stark von den Covid-19-Massnahmen betroffen waren schliesslich die Arbeitslosenversicherung durch die Kurzarbeitsmassnahmen sowie die Erwerbsersatzordnung durch die Covid-19-Erwerbsausfallentschädigungen. Der Einsatz beider Instrumente war während des Jahres mehrfach verlängert oder gar erweitert worden, um der schwierigen Situation verschiedener Branchen zu begegnen. Dadurch fielen bezüglich Kurzarbeit 2021 Corona-bedingte Kosten von CHF 10.8 Mrd. und für die Erwerbsausfallentschädigungen solche in der Höhe von CHF 2.2 Mrd. an. Wie bereits im Vorjahr entschieden sich Bundesrat und Parlament, der ALV die Kurzarbeitskosten zu vergüten, damit diese ihre Schuldenobergrenze nicht erreicht.

Jahresrückblick 2021: Sozialversicherungen
Dossier: Jahresrückblick 2021

Im Jahr 2021 erzielte der AHV/IV/EO-Ausgleichsfonds an der Börse eine Nettorendite von 5.28 Prozent (2020: 5.22%). Wider Erwarten habe sich die Wirtschaft rasch erholt, vermeldete die Compenswiss. Die Netto-Rendite des EO-Vermögens betrug 5.05 Prozent, womit die EO im Jahr 2021 zusätzlich CHF 66 Mio. erhielt. Zusammen mit dem positiven Umlageergebnis von CHF 165 Mio. – die EO hatte im Jahr 2021 somit mehr Erträge als Aufwände zu verzeichnen – kam das Jahresergebnis 2021 der EO bei CHF 231 Mio. zu liegen.

Jahresergebnis 2021 der Erwerbsersatzordnung
Dossier: Jahresergebnisse der EO

Mitte Juni 2021 reichte Michael Graber (svp, VS) eine parlamentarische Initiative ein, mit welcher er eine Abänderung des Zweitwohnungsgesetzes forderte. Namentlich wollte der Initiant erreichen, dass altrechtliche Hotels vollständig zu Zweitwohnungen umgenutzt werden können sollen. Die bisherige Regelung sieht vor, dass nicht mehr rentable, altrechtliche (also länger als seit dem 11. März 2012 bestehende) Beherbergungsbetriebe zu 50 Prozent in Zweitwohnungen umgewandelt werden können. Dies ist auf einen politischen Kompromiss bei der Ausarbeitung des Zweitwohnungsgesetzes (ZWG) zurückzuführen. Graber begründete sein Anliegen damit, dass die geltende Regelung sinnlos sei, denn ein nicht rentabler Hotelbetrieb würde durch eine Halbierung seiner Fläche nicht plötzlich wirtschaftlich rentabler – im Gegenteil. Nur wenn die gesamte Fläche umgenutzt werden könne, sei ein kompletter Marktaustritt möglich. Eine vollständige Umnutzung eines Hotels und die Nutzung der freiwerdenden Fläche für touristische Zwecke widerspreche zudem den Zielen des ZWG nicht, da keine neuen Zweitwohnungen gebaut würden.
Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2021 mit dem Vorstoss. Dabei vermochte sich die ablehnende Haltung einer Mehrheit der vorbehandelnden UREK-NR durchzusetzen. Kommissionsprecherin Susanne Vincenz-Stauffacher (fdp, SG) sowie Kommissionssprecher Christophe Clivaz (gp, VS) argumentierten, dass ein Marktaustritt und eine Umnutzung zu Wohnraum bereits heute möglich seien, solange mindestens 50 Prozent der Nutzfläche als Erstwohnungen genutzt würden. Zudem wollte die Kommission den bei der Ausarbeitung des ZWG ausgehandelten Kompromiss nicht infragestellen. Die Initiative wurde mit 108 zu 76 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) abgelehnt.

Vollständige Umnutzung von altrechtlichen Hotels zulassen (Pa.Iv. 21.459)

Die Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt waren 2021 vor allem durch den weiterhin starken Anstieg der Preise für Wohneigentum geprägt. Gemäss dem neuen Immobilienindex des BFS, dem sogenannten Wohnimmobilienpreisindex (IMPI), stiegen die Immobilienpreise in drei der vier Quartale zwischen Q4 2020 und Q3 2021 um über 2 Prozent. Einzig im Q1 2021 resultierte ein kleiner Rückgang von 0.1 Prozent. Laut den Berechnungen von Wüest Partner stiegen die Preise insgesamt sogar um über 7 Prozent. Der Preisanstieg war nicht in allen Segmenten gleich ausgeprägt. Während die Preise für Wohneigentum anstiegen, gerieten diejenigen für Geschäftsimmobilien eher unter Druck – nicht zuletzt wegen der Covid-19-Pandemie, welche den Trend hin zu Online-Shopping noch verstärkte. Doch auch innerhalb der Kategorie der Wohnimmobilien gab es markante Unterschiede im Preisanstieg. Beispielsweise konnten grosse regionale Unterschiede beobachtet werden. So stiegen die Preise in den grossen Städten deutlich stärker als auf dem Land. Im Vergleich der Liegenschaftstypen fiel der Anstieg der Preise von Einfamilienhäusern gegenüber dem Preisanstieg von Eigentumswohnungen stärker aus.

Tatsächlich wurde der Höhenflug der Preise sowohl von Angebots- als auch von Nachfrageseite befeuert. Die Nachfrage nach Wohneigentum blieb 2021 trotz der steigenden Preise ungemindert hoch. Der Hauptgrund dafür waren die weiterhin extrem tiefen Zinsen. Zwar erreichten die Hypothekarzinsen im April aufgrund aufflackernder Inflationsängste kurzfristig einen Zwei-Jahres-Höchststand. Doch der hypothekarische Referenzzinssatz verblieb dennoch das ganze Jahr 2021 bei 1.25%. Dank den tiefen Hypothekarzinsen wirkten die immer höheren Preise von Wohnimmobilien verhältnismässig wenig abschreckend. Auch die Covid-19-Pandemie hatte laut Expertinnen und Experten einen Einfluss auf die Nachfrage nach Wohneigentum. Da deutlich mehr Menschen im Homeoffice arbeiteten, änderten sich für viele die Wohnbedürfnisse. Für viele Menschen hatte das Wohnumfeld nach Monaten im Lockdown oder im Homeoffice einen höheren Stellenwert bekommen. Ausserdem waren viele trotz den grossen pandemiebedingten Einschnitten nicht finanziell schlechter gestellt. Im Gegenteil, da es weniger Möglichkeiten gab, Geld auszugeben, hatten viele sogar mehr Erspartes, welches sie bereit waren, für einen Wohneigentumskauf einzusetzen.

Das Angebot an Wohneigentum vermochte derweil auch 2021 nicht mit der Nachfrage mitzuhalten. Aufgrund der Schweizer Raumplanung blieb Bauland rares Gut. In den letzten zwei Jahren wurden deutlich weniger Baubewilligungen ausgestellt als noch in den zwei Jahren zuvor. So stiegen die Preise für Bauland alleine von Mitte 2020 bis Mitte 2021 im Mittel um 6 Prozent. Mitunter der grösste Faktor für das knappe Angebot von Wohneigentum waren jedoch institutionelle Anleger wie Pensionskassen. Sie verspürten im Tiefzinsumfeld einen hohen Anlagedruck und waren deshalb bereit, hohe Preise für Bauland zu zahlen, um an die stabilen Renditen im Immobilienbereich zu gelangen. Pensionskassen müssen ihr Geld jedoch langfristig anlegen und investierten deshalb nur in den Bau von Mietwohnungen. Bauherren von Eigentumswohnungen sind zudem im Nachteil, da ihnen die Banken bei derart hohen Baulandpreisen seltener Baukredite vergeben, weil ihnen das Risiko zu gross ist, dass keine Abnehmerinnen oder Abnehmer gefunden werden können. Auch das sogenannte «Buy-to-let» – also das Aufkaufen von Wohneigentum durch private, wohlhabende Käuferinnen und Käufer, die ihr Geld in Immobilien anlegen ohne die Absicht, selbst darin zu wohnen –, trug zu einer Verknappung des Angebots bei. «Buy-to-let»-Praktiken waren bis 2019 stark angestiegen, wurden durch die Pandemie aber wieder etwas gebremst. Doch auch die Covid-19-Pandemie trug zur Verknappung des Angebots bei. Erstens löste die Pandemie Störungen in den Lieferketten und vermehrte Einsprachen gegen Bauvorhaben wegen der Lärmbelästigung aus. Beides hatte eine zusätzliche Verringerung der Bautätigkeit zur Folge. Und zweitens verkauften weniger ältere Leute ihre Häuser, da sie den Umzug in ein Altersheim scheuten. Insgesamt sank die durch das BFS erhobene Leerwohnungsziffer 2021 zum ersten Mal seit elf Jahren wieder – von 1.72 auf 1.54 Prozent.

2021 wurden aufgrund der Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt auch einige Warnungen vor einer Blasenentwicklung laut. Der teuerungsbereinigte Preis von Einfamilienhäusern egalisierte im Herbst das Rekord-Level von 1989. Damals war kurz darauf eine grosse Preiskorrektur und eine Immobilienkrise gefolgt. Die Vermögen von Herrn und Frau Schweizer stiegen 2021 im Mittel auf mehr als das Siebenfache der Jahreseinkommen – hauptsächlich wegen der steigenden Immobilienpreise und den in der Pandemie unter Druck geratenen Löhne. Die Hypothekarverschuldung betrug in der Schweiz über 150 Prozent des BIP, was sowohl im internationalen als auch im historischen nationalen Vergleich einen hohen Wert darstellt. Der Vizepräsident der Nationalbank, Fritz Zurbrügg, äusserte gegen Ende des Sommers seine Sorge zur aktuellen Situation und warnte vor einer möglichen Preiskorrektur. Er sehe Anzeichen für eine nicht nachhaltige Kreditvergabe. Tatsächlich zeigte der im September veröffentlichte Finanzstabilitätsbericht der SNB, dass bei einem Anstieg der Hypothekarzinsen auf 3 Prozent rund ein Fünftel der Personen, welche im letzten Jahr ein Haus gekauft hatten, in Finanzierungsschwierigkeiten geraten könnten, da bei ihnen die Amortisations-, Unterhalts- und Zinskosten einen Drittel des Einkommens übersteigen würden. Der UBS-Bubble Index stieg im Sommer auf 1.90 Punkte und kam damit der Blasenzone ab 2 Punkten gefährlich nahe. Kurz darauf begann er aufgrund der starken Wirtschaftsleistung jedoch wieder zu fallen und betrug im dritten Quartal nur noch 1.34 Punkte. Der Real Estate Risk Index (RERI) von MoneyPark verblieb im gleichen Quartal auf 3.3 Punkten, was einem «mittleren Risiko» entspricht. Dass das Risiko einer Immobilienblase nicht grösser ist, hat laut der Sonntagszeitung mit verschiedenen Faktoren zu tun: erstens hielten Expertinnen und Experten einen starken Zinsanstieg für unwahrscheinlich – und selbst wenn, sollten die meisten Eigenheimbesitzerinnen- und -besitzer aufgrund der strikten Tragbarkeitshürden bei der Hypothekenvergabe einen Anstieg verkraften können. Zweitens seien die Konjunkturaussichten positiv. Drittens begännen die meisten Immobilienkrisen damit, dass Banken in Schieflage gerieten, was derzeit in der Schweiz nicht drohe. Schliesslich sei eine starke Preiskorrektur aufgrund des knappen Angebots von Wohneigentum sehr unwahrscheinlich.

Die Schweizer Zeitungen berichteten häufig über die Preisanstiege auf dem Immobilienmarkt und monierten dabei insbesondere, dass dadurch Wohneigentum für einen grossen Teil der Bevölkerung unerschwinglich geworden sei. Dies habe jedoch nicht nur mit den Preisen zu tun sondern insbesondere auch mit den in der Schweiz sehr strikten regulatorischen Eigenkapital- und Tragbarkeitshürden, so die NZZ. Kein anderes Land in Europa sei so restriktiv in der Vergabe von Hypotheken wie die Schweiz und insbesondere junge Leute hätten Mühe, sich ein Haus zu kaufen.

Entwicklungen der Immobilien- und Mietwohnungsmärkte 2021
Dossier: Entwicklungen der Immobilien- und Mietwohnungsmärkte

Zu Beginn der Wintersession 2021 machte sich der Ständerat an die Beratung der vierten Revision des Covid-19-Gesetzes. Kommissionssprecher Rechsteiner (sp, SG) verwies auf die in doppeltem Sinne spezielle Ausgangslage: Einerseits habe man ursprünglich erwartet, dass die Pandemie bis Ende 2021 vorüber sei – entsprechend habe man das Covid-19-Gesetz ursprünglich bis Ende 2021 begrenzt. Nun stiegen jedoch die Infektionszahlen «in einem Ausmass, das wir uns noch vor Kurzem so nicht hätten vorstellen können». Zudem hatten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nur Tage zuvor nach dem Gesetz selbst auch dessen zweite Revision an der Urne mit über 60 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen. «Das Abstimmungsresultat kann so auch als eindrückliche Bestätigung der Politik und der Beschlüsse des Bundesrates [...] gelesen werden, aber auch – und das möchte ich hier unterstreichen – als eine Bestätigung der Politik und der Beschlüsse des Parlamentes», freute sich Rechsteiner. Da die Krise aber noch nicht zu Ende sei, müssten auch die «nötigen Massnahmen zur Krisenbewältigung» aufrechterhalten werden. Aus diesem Grund stimme die SGK-SR den Verlängerungsanträgen des Bundesrates zu und sei in einigen Punkten darüber hinausgegangen. Auch Gesundheitsminister Berset verwies auf den neuen Höchststand an täglichen Fallzahlen und betonte insbesondere die ungewisse Situation: Zwar habe man im Vergleich zum letzten ähnlich starken Anstieg eine Impfung und eine gewisse Immunität gegenüber dem Virus entwickelt, gleichzeitig sei diese Mutation jedoch viel ansteckender als frühere. Dennoch möchte der Bundesrat auf die zusätzlichen, durch die Kommission eingebrachten Verlängerungen verzichten, da es in den jeweiligen Bereichen auch ordentliche Instrumente gebe, die genutzt werden könnten. Eintreten wurde in der Folge ohne Gegenantrag beschlossen.
Den zentralen Aspekt dieser Gesetzesänderung stellte die Verlängerung der Geltungsdauer einzelner Artikel dar. Der Bundesrat plante, die verschiedenen Regelungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten auslaufen zu lassen. Als erstes sollte Ende April 2022 die Übernahme der nicht gedeckten Kosten für Publikumsanlässe, der sogenannte Schutzschirm für Publikumsanlässe, fallen – wie es bereits in der geltenden Version des Covid-19-Gesetzes vorgesehen war. Bisher sei noch kein entsprechender Antrag auf Entschädigung eingegangen, betonte Gesundheitsminister Berset. Da die Massnahme also nicht zwingend nötig erscheine, solle man sie im Sinne einer Übergangslogik nach dem Winter auslaufen lassen. Dagegen wehrte sich jedoch die SGK-SR, welche den Schutzschirm bis Ende 2022 aufrechterhalten wollte. Er sei auch im Jahr 2022 nötig, betonte Kommissionssprecher Rechsteiner – wenn die Gelder nicht beansprucht würden, sei dies umso besser. Mit 37 zu 5 Stimmen (bei 1 Enthaltung) setzte sich die Kommissionsmehrheit gegen den Bundesrat durch.
Bei der Unterstützung der Sportvereine hingegen folgte der Ständerat stillschweigend dem Vorschlag des Bundesrates: Ende Juni 2022, nach der aktuellen Sportsaison, sollen die A-Fonds-perdu-Beiträge und Darlehen für die Sportklubs auslaufen.
Für die meisten Massnahmen beabsichtigte der Bundesrat eine Laufzeit bis Ende 2022, so etwa für die Kriterien und Richtwerte des Covid-19-Gesetzes, für die meisten Bestimmungen zu Massnahmen im Gesundheitsbereich, für alle Massnahmen zum Arbeitnehmendenschutz, im Asyl- und Ausländerbereich, zu Grenzschliessungen, zum Einsatz technischer Hilfsmittel bei Verhandlungen und Einvernahmen sowie bei den übrigen Massnahmen im Kulturbereich (mit Ausnahme des Schutzschirms). Im Unterschied zum Bundesrat beantragte die Mehrheit der SGK-SR überdies verschiedene Massnahmen der ALV, insbesondere diejenigen zur Kurzarbeitsentschädigung, aber etwa auch die längere Rahmenfrist für den Leistungsbezug oder eine Regelung zur Entlastung der Durchführungsstellen, bis Ende 2022 zu verlängern. Der Bundesrat wehrte sich erfolglos dagegen, während eine Minderheit Hegglin (mitte, ZG) zukünftig zumindest auf das vereinfachte Abrechnungsverfahren in der Arbeitslosenversicherung verzichten wollte. Sein Antrag blieb jedoch ebenfalls erfolglos.
Vergessen gegangen in der Liste der Verlängerungen seien die Massnahmen im Bereich der politischen Rechte, kritisierte Thomas Minder (parteilos, SH) und schlug in einem Einzelantrag auch deren Verlängerung bis Ende 2022 vor. Die Sammlung von Unterschriften sei Corona-bedingt noch immer erschwert, weshalb die administrative Erleichterung für die Referendums- und Initiativkomitees beibehalten werden solle. Mit 40 zu 4 Stimmen hiess der Ständerat die entsprechende Verlängerung gut.
Jakob Stark (svp, TG) beantragte schliesslich in einem Einzelantrag, die generelle Geltungsdauer des Covid-19-Gesetzes, welche Bundesrat und Kommission bis Ende 2022 verlängern wollten, auf Ende Juni 2022 zu beschränken. Er wollte damit dem Bundesrat sowie der Bevölkerung das Signal geben, dass man im Laufe des Jahres wieder zu der ordentlichen Gesetzgebung zurückkehren wolle. Entsprechende Anträge seien auch in der WBK und der SGK-NR diskutiert worden. Nachdem Hans Stöckli (sp, BE) korrigiert hatte, dass es sich auch beim Covid-19-Gesetz um ordentliche Gesetzgebung handle – wenn auch um dringliche –, lehnte der Ständerat den Antrag Stark mit 28 zu 10 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) ab.

Neben den Fristverlängerungen sah der Bundesrat nur wenige weitere Änderungen des Covid-19-Gesetzes vor. Eine davon betraf die Erwerbsausfallentschädigungen. Diese wollte die Regierung und mit ihr eine Minderheit Hegglin zukünftig nur noch im Falle von Unterbrüchen in der Erwerbstätigkeit aufgrund von Covid-19-Massnahmen des Bundes gewähren, nicht aber wie bisher auch bei massgeblichen Einschränkungen der Erwerbstätigkeit. Die Regelung dazu, was massgebliche Einschränkungen seien, sei zu unklar und berge daher Missbrauchspotenzial, kritisierte Hegglin. Die Mehrheit der SGK-SR wollte hingegen beim geltenden Recht bleiben – Kommissionssprecher Rechsteiner verwies auf zahlreiche Verbände betroffener Branchen, die um eine Beibehaltung der bisherigen Regelung gebeten hätten. Mit 34 zu 8 Stimmen sprach sich der Ständerat für den Mehrheitsantrag aus. Stillschweigend folgte der Ständerat der Regierung hingegen bei ihrem Vorschlag, neben den Kantonen neu auch dem SECO Kontrollmöglichkeiten bezüglich der Härtefallmassnahmen zu gewähren.
Ein Minderheitsantrag Germann (svp, SH) schlug schliesslich als Ergänzung zum geltenden Recht vor, dass angemessene Schutzkonzepte bei Veranstaltungen und privaten Zusammenkünften zukünftig nur möglich sein sollen, wenn sie zur «Sicherstellung der Kapazitäten im Gesundheitsbereich» erforderlich sind. Gemäss geltendem Recht mussten sie «verhältnismässig» sein. Er wolle damit verhindern, dass die Covid-19-Massnahmen «leichtfertig wieder auf alle möglichen Aktivitäten in den Bereichen Sport, Kultur und Freizeit ausgedehnt werden könnten», begründete Germann den Antrag. Mit 28 zu 14 Stimmen lehnte der Ständerat die Ergänzung ab.
Auch in anderen Gesetzen standen einzelne Regelungen zur Diskussion: Stillschweigend verlängert wurde dabei die Geltungsdauer einzelner Bestimmungen im Epidemiengesetz, etwa zum Proximity-Tracing-System, zur internationalen Zusammenarbeit und zu den Ordnungsbussen. Ein Einzelantrag Hegglin verlangte überdies, dass der Bund auch im Jahr 2022 einen ausserordentlichen Beitrag an den ALV-Ausgleichsfonds leisten und wie in den Jahren zuvor die Aufwendungen für die Kurzarbeitsentschädigung übernehmen solle. Mit 39 zu 0 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat für diese Regelung aus.

In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die vierte Revision des Covid-19-Gesetzes mit 34 zu 0 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) an. Ratspräsident Hefti (fdp, GL) gab dabei bekannt, dass der Rat zwei Petitionen (Pt. 21.2007 «Corona-Massnahmen und Impfpass» von Regula Heinzelmann und Pt. 21.2020 «Für einen Strategiewechsel beim Corona-Gesundheitsschutz» von Peter Mattmann-Allamand) zur Kenntnis genommen habe.

Vierte Revision des Covid-19-Gesetzes (Verlängerung von einzelnen Bestimmungen, BRG 21.066)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Wie eine Ende Oktober 2021 erschienene Spezialstudie des Immobiliendienstleistungsunternehmen Wüest Partner zeigt, haben Naturgefahren einen beträchtlichen Einfluss auf die Immobilienpreise. Die Preise für Häuser in Gebieten mit erheblichem Risiko für Hochwasser seien über 3 Prozent tiefer als vergleichbare Häuser ohne Risiko. Häuser in Gebieten mit erheblichem Steinschlagrisiko erfuhren sogar über 5 Prozent Wertminderung. Von diesen Naturgefahren seien nicht nur einige wenige Gebäude betroffen. So stehe etwa jedes zehnte Einfamilienhaus in einem Gebiet mit erheblicher Gefahr für Hochwasser. Wüest Partner rechnet zudem damit, dass aufgrund des Klimawandels die Gefahr von Wetterextremen und damit auch die Auswirkungen auf den Immobilienmarkt in Zukunft noch ansteigen werden. Dennoch gebe es weiterhin starke Bautätigkeit in gefährdeten Gebieten und in manchen Regionen werde sogar anteilsmässig noch stärker als zuvor an gefährdeten Lagen gebaut.

Naturgefahren drücken auf die Häuserpreise

Ende Oktober 2021 präsentierte der Bundesrat seinen Entwurf für die vierte Änderung des Covid-19-Gesetzes, welche die Verlängerung von einzelnen Bestimmungen zum Ziel hatte. Damit wollte er sich die nötigen Instrumente sichern, falls die Krise auch im Jahr 2022 anhalten sollte. Für diesen Fall wolle er weiterhin «über die Instrumente [verfügen], die für die Bewältigung der Covid-19-Epidemie erforderlich sind». Bereits vor dieser Revision waren die Artikel zu Gegenstand und Grundsätzen des Covid-19-Gesetzes sowie alternative Bestimmungen bezüglich einer Anzeigepflicht bei Kapitalverlust und Überschuldung bis Ende 2031 und einzelne Bestimmungen zur Arbeitslosenversicherung sowie die Regelungen des Covid-19-Zertifikats bis Ende 2023 respektive 2022 gültig. Neu sollten nun auch die Massnahmen im Bereich der Gesundheitsversorgung, etwa mögliche Ausnahmen zur Einfuhr oder zur Zulassungspflicht von Medikamenten, die Regelungen des Proximity-Tracings oder der Quarantäneverzicht für geimpfte Personen, bis Ende 2022 verlängert werden. Auch die Regelungen bezüglich Massnahmen im Bereich des Arbeitnehmendenschutzes, also insbesondere der Schutz von besonders gefährdeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch die Arbeitgebenden, bezüglich Massnahmen zur Förderung des Berufseinstiegs, Einschränkungen bei Einreisen von Ausländerinnen und Ausländern sowie Fristerstreckungen im AIG oder bezüglich der Möglichkeit von technischen Hilfsmitteln bei justiziellen Verfahren sollten ein Jahr länger gültig bleiben. Darüber hinaus wollte der Bundesrat die Geltungsdauer der Massnahmen im Kulturbereich, insbesondere die Unterstützung von Kulturunternehmen und Kulturschaffenden, nicht aber den Schutzschirm für Publikumsanlässe verlängern und die A-Fonds-perdu-Beiträge für die Sportvereine sowie die Darlehen für verschiedene Mannschaftssportvereine beibehalten – Letzteres jedoch nur bis Ende Juni 2022 und somit bis Ende der jeweiligen Saisons. Ein Jahr länger als ursprünglich geplant sollten auch die Covid-Erwerbsausfallentschädigungen zugänglich bleiben: Da bestimmte Personengruppen sowie Kleinkinder bisher keine Möglichkeit zur Impfung hätten, seien auch im kommenden Jahr Quarantänemassnahmen und entsprechende Schliessungen von Betreuungseinrichtungen oder Ausfälle in der Kinderdrittbetreuung möglich. In diesen Fällen – aber auch falls wider Erwarten erneut Betriebsschliessungen und Veranstaltungsverbote nötig sein sollten – sollte daher der Zugang zu Erwerbsausfallentschädigungen durch den Bundesrat ermöglicht werden können. Schliesslich werde gemäss Bundesrat auch eine neue Regelung zur Abgeltung der Härtefallmassnahmen an die Kantone nötig, da nicht alle Abrechnungen bis Ende 2021 vorgenommen werden könnten. Zusammen mit dieser Fristverlängerung beantragte der Bundesrat in einer zweiten Nachmeldung zum Voranschlag 2022 CHF 915 Mio., um die dadurch anfallenden Kosten insbesondere beim Corona-Erwerbsersatz (CHF 490 Mio.), bei der Bundesfinanzierung der Covid-Tests (CHF 134 Mio.), beim Kulturbereich (CHF 130 Mio.) und beim Sport (CHF 100 Mio.) abzudecken.
Nicht verlängert werden sollten hingegen unter anderem die Härtefallhilfen und die meisten Bestimmungen zur Arbeitslosenversicherung.

Vierte Revision des Covid-19-Gesetzes (Verlängerung von einzelnen Bestimmungen, BRG 21.066)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Nach der Ablehnung des totalrevidierten CO2-Gesetzes an der Urne im Juni 2021 reichte Ständerat Carlo Sommaruga (sp, GE) eine Motion ein, mit der er forderte, dass im Rahmen einer zukünftigen CO2-Gesetzgebung Mieterinnen und Mieter stärker vor Massenkündigungen und drastischen Mietzinserhöhungen aufgrund energetischer Gebäudesanierungen geschützt werden sollen. Laut dem Motionär gilt ein ähnlicher Schutz schon im Kanton Genf, was dort gut funktioniert. Der Bundesrat nahm in seiner Stellungnahme jedoch eine ablehnende Haltung ein. Bezüglich des Schutzes vor Leerkündigungen im Zusammenhang mit energetischen Sanierungen verwies die Regierung auf einen Bericht in Erfüllung eines Postulates Jans (Po. 13.3271), welcher aufzeige, dass eine Beschränkung von Förderleistungen auf Sanierungsprojekte, die ohne Wohnungskündigungen auskommen, mehr Nach- als Vorteile habe. Er wies zudem daraufhin, dass nach geltendem Mietrecht eine Kündigung missbräuchlich sei, wenn Sanierungsarbeiten durch die Weiternutzung des Gebäudes nicht oder nur wenig verzögert werden. Vor missbräuchlichen Mietzinserhöhungen seien Mieterinnen und Mieter insofern geschützt, als dass sie jede Mietzinserhöhung kostenlos vor einer Schlichtungsbehörde anfechten könnten. Nicht zuletzt habe der Bundesrat bereits Massnahmen ergriffen. Beispielsweise habe er 2014 und 2020 die VMWG angepasst, mit dem Ziel, eine finanzielle Mehrbelastung der Mieterschaft infolge energetischer Sanierungen zu verhindern.
Die kleine Kammer beugte sich in der Herbstsession 2021 über die Vorlage. Der Motionär, der auch Präsident des SMV ist, warb für sein Anliegen, unter anderem indem er Zahlen aus der Stadt Zürich erwähnte, wonach fast 40 Prozent der Sanierungsarbeiten 2017/18 zu Kündigungen geführt hätten. Weiter verwies er auf einen Artikel der NZZ am Sonntag, wonach energetische Sanierungen von der Vermieterschaft zunehmend als «Rendite-Booster» genutzt würden. Dagegen argumentierte unter anderem Brigitte Häberli-Koller (mitte, TG), Vizepräsidentin des HEV. Sie lehne die geforderte starre Verknüpfung von Sanierungsvorschriften und Mieterschaft ab, da sich diese kontraproduktiv auswirken würde. Eine Überregulierung im Sinne des Motionärs führe zu einem Stillstand bei den wichtigen Gebäudeerneuerungen. Auch der Präsident des Verbandes Immobilien Schweiz, Daniel Fässler (mitte, AI) sprach sich in seinem Votum gegen die Vorlage aus, nicht zuletzt da bei umfassenden Sanierungen Kündigungen manchmal unumgänglich seien. Trotzdem sei es nicht angezeigt, diese Sanierungen einzuschränken, da dies die Schweiz bezüglich ihrer klima- und energiepolitischen Ziele bremsen würde. Die Mehrheit des Ständerates folgte schlussendlich dem Antrag des Bundesrates und lehnte den Vorstoss mit 26 zu 12 Stimmen – bei 2 Enthaltungen – ab, womit das Geschäft erledigt war.

Mieterschutz bei energetischen Sanierungen von Immobilien in der neuen CO2-Gesetzgebung (Mo. 21.3953)
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

In der nationalrätlichen Herbstsession 2021 wurde die Forderung nach einem ergänzenden, bezahlten Vaterschaftsurlaub von maximal 14 Wochen, eingebracht in Form einer parlamentarischen Initiative Bertschy (glp, BE), mit 38 zu 110 Stimmen (bei 38 Enthaltungen) klar abgelehnt. Unterstützung erhielt das Anliegen lediglich von der geschlossenen GLP-Fraktion, einer Mehrheit der SP-Fraktion und insgesamt drei Mitgliedern aus den Fraktionen der Grünen und der Mitte. Die Grünen-Fraktion enthielt sich beinahe gänzlich der Stimme – ebenso wie eine Minderheit der SP und zwei Ratsmitglieder der Mitte. Fünf SP-Mitglieder stellten sich gar gegen die Initiative. Die fehlende Unterstützung aus dem linken Lager war in der Ausgestaltung der Vorlage begründet. So befürchtete Flavia Wasserfallen (sp, BE) im Rat, dass bestehende, grosszügigere Urlaubsregelungen für die Mutter bei Annahme der Initiative auf 14 Wochen reduziert werden könnten. Die Bestärkungen der GLP-Nationalrätin Bertschy, dass es ihr keinesfalls um die Kürzung bestehender Lösungen gehe, sondern um eine ergänzende Lösung für den Vater im selben, bekannten Umfang, verfingen im Nationalrat auf linker Seite nicht. Min Li Marti (sp, ZH) bestätigte ferner gegenüber dem Tages-Anzeiger, dass je 14 Wochen einigen Linken zu wenig weit gingen.

14 Wochen Elternurlaub für beide Elternteile (Pa.Iv. 20.472)

Die SGK-SR forderte im Mai 2021 in einem Postulat einen Bericht zur Trennung der Durchführungs- und Aufsichtsfunktionen der Zentralen Ausgleichsstelle (ZAS). Die ZAS ist für die Vollzugsaufgaben in der 1. Säule zuständig, unter anderem für die Kontrolle der Buchführung der Ausgleichskassen, die Führung der zentralen Register, die Abwicklung von Rentenzahlungen ins Ausland und die Durchführung der AHV für das Bundespersonal. Sie ist der EFV angegliedert, was die EFK aufgrund unklarer Aufsichtszuständigkeiten bei der EFV und beim BSV kritisierte. Infolgedessen forderte die Kommission, dass die Trennung der Aufsichtsaufgaben und der Durchführungsaufgaben geprüft werde, wobei Letztere aus der Bundesverwaltung auszugliedern seien. Der Bundesrat hiess das Anliegen gut, wollte aber eine ergebnisoffene Prüfung durchführen und den Ausgliederungsentscheid folglich nicht bereits vorgängig treffen. Stillschweigend stimmte der Ständerat dem Postulat in der Herbstsession 2021 zu.

Bericht zu den Durchführungs- und Aufsichtsfunktionen der Zentralen Ausgleichsstelle innerhalb der Bundesverwaltung

In der Herbstsession 2021 lehnte der Ständerat eine Motion von Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) ab. Die Motionärin hatte eine Vereinfachung und Erweiterung der Regelungen zur Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit in zahlreichen Gesetzen gefordert, etwa im AVIG, IVG, UVG, EOG oder im VVG. Zudem verlangte sie eine ergänzende Regelung für einen «Verdienstersatz bei Erwerbsausfall bei Personen in atypischen und prekären Arbeitsformen, für Selbstständigerwerbende und für Freischaffende in Theater und Film». Um zukünftig grosse finanzielle Probleme durch Erwerbslücken aufgrund von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Unfall bei den Selbständigerwerbenden zu verhindern, solle ihr Versicherungsschutz und ihr Verdienstausfall zukünftig garantiert werden. Der Bundesrat entgegnete in seiner Stellungnahme, dass ein entsprechender Versicherungsschutz bei der IV und der EO bereits gegeben sei, bei der Unfallversicherung und der Krankentaggeldversicherung müssten sich die Selbständigerwerbenden hingegen freiwillig versichern, wie auch im Rahmen des Postulats Nordmann (sp, VD; Po. 12.3087) noch einmal bestätigt worden sei. Nicht möglich sei schliesslich eine Arbeitslosenversicherung für Selbständigerwerbende, wie sie auch das Postulat Roduit (mitte, VS; Po. 20.4141) vorsehe, zumal hier das Missbrauchspotenzial zu gross sei. Mit 25 zu 11 Stimmen lehnte der Ständerat die Motion ab.

Erwerbsersatzordnungen an die veränderte Arbeitswelt anpassen

In der Herbstsession 2021 beugte sich der Nationalrat über die Kommissionsmotion seiner WAK, welche den Bundesrat dazu auffordern sollte, das von ihm 2018 aufgegebene Revisionsvorhaben der Lex Koller dem Parlament vorzulegen. Die beiden Kommissionssprecher Thomas Aeschi (svp, ZG) und Samuel Bendahan (sp, VD) betonten in ihren Voten, dass die Motion bezüglich Änderungen der Lex Koller explizit ergebnisoffen sei. Mit ihrer Unterstützung der Motion drückten sie einzig ihre Überzeugung aus, dass eine Reform der Lex Koller ein dringendes und wichtiges Anliegen sei und dass das Parlament diese nun angehen solle. Die Kommissionsminderheit, vertreten durch den Waadtländer Nationalrat Olivier Feller (fdp, VD), lehnte die Motion aus formellen, politischen sowie wirtschaftlichen Gründen ab. Erstens sei die formelle Zulässigkeit der Motion fraglich, denn der Vorstoss verpflichte den Bundesrat, den Vorentwurf Wort für Wort dem Parlament vorzulegen, ohne dass er die Chance hätte, die in der Vernehmlassung beanstandeten Punkte zu verbessern. Zweitens habe der Bundesrat die richtige Entscheidung getroffen, als er das Revisionsunterfangen beerdigt habe, denn eine überwältigende Mehrheit der Vernehmlassungsantworten sei negativ ausgefallen, was zeige, dass die angestrebte Revision nicht mehrheitsfähig sei. Schliesslich sei es auch wirtschaftlich nicht angezeigt, die Lex Koller zu verschärfen, denn gerade für Bergregionen, für die Hotellerie sowie für die Gastronomie hätte ein Wegfallen der ausländischen Investitionen dramatische Folgen.
Die grosse Kammer sprach sich schliesslich mit einer komfortablen Mehrheit von 108 zu 69 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) für die Motion aus. Entscheidend waren dabei die Stimmen der SVP-Fraktion, deren Mitglieder fast geschlossen für den Vorstoss stimmten. Das ist insofern bemerkenswert, als die SVP 2017 in ihrer Vernehmlassungsantwort das Projekt als Ganzes noch abgelehnt hatte. Der Umschwung der SVP verhalf der Motion zusammen mit der Zustimmung der Fraktionen der SP und der Grünen zum Erfolg. Die restlichen Fraktionen (FDP, Mitte, GLP) lehnten die Motion grossmehrheitlich ab.

Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Mo. 21.3598)
Dossier: Lex Koller

Nationalrätin Priska Seiler Graf (sp, ZH) hatte im September 2019 eine Motion eingereicht, in der sie verschiedene Massnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen im Gebäudebereich forderte. Namentlich verlangte die Motionärin eine Ausweitung der Einmalvergütung für Fotovoltaikanlagen, Anreizbeiträge auf Bauinvestitionen für das Erreichen von Minergie-P-Standards sowie eine rasche Bewilligung von Solaranlagen in Bau- und Landwirtschaftszonen.
In der Herbstsession 2021 befasste sich der Nationalrat mit dem Vorstoss. Der Bundesrat, vertreten durch die UVEK-Vorsteherin Simonetta Sommaruga, empfahl die Motion zur Ablehnung. Er teile zwar im Prinzip das Anliegen der Motionärin, aber ihre konkreten Vorschläge seien entweder bereits heute umgesetzt, bereits aufgegleist, nicht in der Kompetenz des Bundes oder nach Ansicht des Bundesrates nicht in der geforderten Form gerechtfertigt. Die grosse Kammer folgte dem Antrag des Bundesrates und lehnte die Motion mit 105 zu 88 Stimmen ab. Neben den geschlossenen Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP hatten auch drei Mitte-Parlamentarier und -Parlamentarierinnen vergeblich für die Vorlage gestimmt.

Reduktion der CO2-Emissionen und der Energieverluste für Gebäudeinhaberinnen und -inhaber, Mieterinnen und Mieter sowie KMU (Mo. 19.4227)

In der Herbstsession 2021 befand der Nationalrat über ein vom Freisinnigen Philippe Nantermod (fdp, VS) eingereichtes Postulat betreffend den Erwerb von Wohneigentum. Der Postulant forderte vom Bundesrat eine Analyse bezüglich einer Reihe an geltenden Massnahmen zur Sicherstellung der Kreditwürdigkeit von Privaten. Diese Massnahmen waren ab 2012 eingeführt worden, da aufgrund des tiefen Zinsniveaus und des raschen Anstieges der Wohneigentumspreise befürchtet worden war, dass eine Blase gebildet und eine Immobilienkrise ausgelöst werden könnten. Konkret wurden die von der Finanzmarktaufsicht als Mindeststandard anerkannten Richtlinien zur Kreditvergabe verschärft, so dass potentielle Bezüger und Bezügerinnen von Hypothekarkrediten beispielsweise mindestens 10 Prozent Eigenkapital aufweisen müssen. Der Postulant begründete seinen Vorstoss damit, dass er es als nicht zwingend erachte, alle damals getroffenen Massnahmen weiterzuführen. Diese seien nämlich ein «unüberwindbarer Hemmschuh für Privatpersonen» – namentlich für junge Erwachsene, die heutzutage ohne die «realitätsfremden Einschränkungen» ohne grosses Risiko Wohneigentum erwerben könnten.
Der Bundesrat empfahl das Postulat zur Ablehnung, da er die Mindeststandards weiterhin als wichtiges Element der Massnahmen zur Verhinderung von Immobilienkrisen betrachtete. Zudem verfolge der Bundesrat die Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt genau und würde die Massnahmen lockern, wenn dies angezeigt wäre, weshalb der geforderte Bericht keinen Mehrwert bringen würde. Eine Mehrheit des Nationalrat schloss sich der Empfehlung des Bundesrates an und so lehnte die grosse Kammer den Vorstoss mit 105 zu 78 Stimmen ab. Neben den geschlossen dafür stimmenden Fraktionen der FDP und SVP stimmten einzig noch je ein Mitglied der Mitte- und der SP-Fraktion für das Postulat.

Erwerb von Wohneigentum. Analyse, ob die geltenden Massnahmen noch angemessen sind, sowie wünschenswerte Anpassungen (Po. 20.3120)

Nach der oppositionslosen Zustimmung im Ständerat nahm auch der Nationalrat in der Herbstsession 2021 stillschweigend und diskussionslos eine Motion Zanetti (sp, SO) zur Verkürzung der Frist für steuerliche Abzüge bei energetischen Investitionen an. Gemäss dem Ansinnen der beiden Räte soll die Frist, nach der energiesparende Massnahmen bei Neubauten abgezogen werden können, verkürzt und national harmonisiert werden.

Verkürzung der Frist zur Abgrenzung von Neubauten zu bestehenden Bauten bezüglich steuerlicher Abzugsfähigkeit von Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen (Mo. 20.4572)

In der Herbstsession 2021 beriet der Ständerat die Vorlage seiner WAK betreffend die Abschaffung des Eigenmietwerts für selbstbewohntes Wohneigentum. Bereits das Eintreten auf die Vorlage wurde – für ständerätliche Verhältnisse – intensiv diskutiert. Kommissionssprecher Pirmin Bischof (mitte, SO) weibelte für die Vorlage. Er begründete dabei deren Notwendigkeit erstens damit, dass der Eigenmietwert als eine Steuer auf ein «fiktives Einkommen» in der Bevölkerung – insbesondere bei Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer, die ihre Schulden bereits abbezahlt haben – auf grosses Unverständnis stosse. Zweitens könnten mit der Vorlage, die von internationalen Organisationen wie der OECD bemängelten steuerlichen Anreize für das Anhäufen von Schulden abgebaut und so die sehr hohe Privatverschuldung in der Schweiz reduziert werden. Auf der anderen Seite versuchte Paul Rechsteiner (sp, SG) die kleine Kammer zu überzeugen, nicht auf die «missratene» Vorlage einzutreten. Rechsteiner argumentierte, die Vorlage würde zu gewichtigen Steuerausfällen von bis zu CHF 1.7 Mrd. für Bund und Kantone führen. Ausserdem sei es steuerpolitisch klar, dass das Wohnen im eigenen Haus ein Naturaleinkommen sei und deshalb besteuert werden sollte. Eine Aufhebung würde deshalb nur die häufig bereits finanziell besser gestellten Wohneigentümer und -eigentümerinnen entlasten und diese gegenüber den im Schnitt einkommensschwächeren Mieterinnen und Mieter weiter besserstellen. Nicht zuletzt wies Rechsteiner darauf hin, dass sich eine klare Mehrheit der Kantone (21 zu 5) in der Vernehmlassung gegen den Systemwechsel in der Wohneigentumsbesteuerung ausgesprochen hatte. Christian Levrat (sp, FR) plädierte ebenfalls für Nichteintreten und warnte, dass das vorliegende «legislative Gebastel» aufgrund der fehlenden Haushaltsneutralität in einer Volksabstimmung keine Chance habe und es deshalb schlauer sei, die Übung bereits jetzt abzubrechen. In der weiteren Diskussion hoben die Befürworterinnen und Befürworter der Vorlage unter anderem noch hervor, dass die Vorlage den administrativen Aufwand für die Kantone stark verringern würde. Zudem führe die Vorlage unter Berücksichtigung des langjährigen Durchschnittzinses von 3.5 Prozent nicht zu Minder- sondern zu Mehreinnahmen – auch wenn sie eingestanden, dass der Systemwechsel mit dem heutigen tiefen Zinsniveau zu Steuerausfällen führen würde. Die Ständerätinnen und Ständeräte stimmten schliesslich mit 26 zu 15 Stimmen für Eintreten.

In der anschliessenden Detailberatung stand prinzipiell die Abschaffung der Schuldzinsabzüge zur Debatte. Eine Minderheit der Kommission rund um Erich Ettlin (mitte, OW) beantragte, den Vorschlag des Bundesrates, Schuldzinsenabzüge in der Höhe von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge zuzulassen, zu übernehmen. Gemäss Ettlin sei die vollständige Abschaffung der Schuldzinsenabzüge verfassungswidrig, da der Ertrag, der mit der Aufnahme der Schulden verbunden ist (insb. der Mietertrag aus einer vermieteten Wohnung), sowie der Eigenmietwert auf selbstbewohnten Zweitliegenschaften weiterhin besteuert würden. Damit verstosse die Vorlage gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ausserdem würden auch Schuldzinsenabzüge in der Höhe von 70 Prozent der Vermögenserträge gegenüber der heutigen Lösung (Abzug aller Schuldzinsen plus CHF 50'000) Verschuldungsanreize reduzieren. Der Mehrheitsvertreter Bischof führte in seiner Replik aus, dass es durchaus logisch erscheine, die Schuldzinsenabzüge auf Ertrag durch unbewegliches Vermögen (eben z.B. Mieterträge) weiterhin zu erlauben. Doch er störte sich daran, dass die Minderheit keine Unterscheidung zwischen Erträgen aus beweglichen und unbeweglichen Vermögen mache, obwohl der Kapitalgewinn auf beweglichem Vermögen in der Schweiz grundsätzlich steuerfrei ist. Nichtsdestotrotz räumte auch Bischof ein, dass die Kommission hier noch nicht die optimale Lösung gefunden habe und sich die WAK-NR und der Nationalrat noch einmal genauer mit dem Thema beschäftigen müssten. Schlussendlich stimmte die kleine Kammer mit 28 zu 15 Stimmen für den Antrag der Kommissionsminderheit. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Entwurf mit 20 zu 17 Stimmen bei zwei Enthaltungen an.

Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung (Pa.Iv. 17.400)
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)

Der Bundesrat äusserte sich gegen Ende August 2021 zur Vorlage bezüglich des Systemwechsels in der Wohneigentumsbesteuerung. Er sprach sich grundsätzlich für den angestrebten Systemwechsel aus, stellte jedoch verschiedene Änderungsanträge an die Adresse der WAK-SR. Knapp eine Woche später nahm die Kommission bereits Stellung zu den bundesrätlichen Anträgen und liess verlauten, dass sie diese mehrheitlich ablehne und stattdessen an ihren eigenen Beschlüssen festhalten wolle. Konkret hätte sich der Bundesrat aus verwaltungsökonomischen Gründen gewünscht, dass der Eigenmietwert für alle Liegenschaften – inklusive für selbstbewohnte Zweitliegenschaften – abgeschafft würde. Die WAK-SR begründete ihr Festhalten am Eigenmietwert für die selbstbewohnten Zweitliegenschaften damit, dass man Rücksicht auf die Bergkantone nehmen wolle, welche ansonsten mit schweren Steuereinbussen konfrontiert wären. Eine knappe Mehrheit der Kommission lehnte auch den bundesrätlichen Antrag ab, Schuldzinsenabzüge in der Höhe von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge zuzulassen, anstatt die Abzüge ganz abzuschaffen. Einzig beim Vorschlag, die Koppelung der Vorlage an das abgelehnte CO2-Gesetz aufzuheben und durch eine Anlehnung an eine ausgeglichene Treibhausgasbilanz zu ersetzen, folgte die Kommission dem Bundesrat.

Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung (Pa.Iv. 17.400)
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)

Mitte Mai 2021 reichte die WAK-NR eine Motion ein, mit welcher sie den Bundesrat auffordern wollte, seinen 2018 verworfenen Vorentwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland («Lex Koller») dem Parlament zu unterbreiten. Der Bundesrat hatte den Vorentwurf 2017 ausgearbeitet und diesem verschiedene Verschärfungen der in der Lex Koller enthaltenen Massnahmen beigefügt, beispielsweise Bestimmungen zur Verschärfung des Hauptwohnerwerbs durch Personen aus Nicht-EU-EFTA-Staaten oder ein explizites Verbot von vollständigen oder teilweisen Umnutzungen von Betriebsstätten zu Wohnraum. Ausserdem hätte die Vorlage das Anliegen eines Postulates von Antonio Hodgers (gp, GE; Po. 11.3200) umgesetzt, wonach Staatsangehörigen aus aussereuropäischen Ländern der Erwerb von Anteilsscheinen an Genossenschaftswohnungen erlaubt werden solle, damit diese Zugang zu günstigem genossenschaftlichem Wohnraum haben können. Aufgrund der überwiegend negativen Rückmeldungen in der Vernehmlassung hatte der Bundesrat das Revisionsvorhaben jedoch im Juni 2018 aufgegeben. In der Begründung ihrer Motion schreibt die WAK-NR, dass sie sich zwar bewusst sei, dass der Vorentwurf umstritten war. Die Kommission wolle sich jedoch nicht im Vorhinein der Diskussion verschliessen, sondern diese im Parlament austragen.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Kommissionsmotion. In seiner Stellungnahme von Mitte August 2021 begründete er den Antrag mit der seiner Ansicht nach unveränderten Ablehnung des Entwurfs durch einen Grossteil der interessierten Organisationen und der Parteien. Dies hätten beispielsweise die Beratungen zu einer parlamentarischen Initiative der RK-NR (Pa.Iv. 21.400), welche die Bewilligungspflicht für den Erwerb von Grundstücken durch ausländische Personen auf Betriebsstätten-Grundstücke hätte ausdehnen wollen, gezeigt. Das Anliegen des Postulates Hodgers sei mittlerweile in einer Motion Mazzone (gp, GE; Mo. 18.4314) aufgenommen und in dieser Form vom Ständerat verworfen worden. Und nicht zuletzt seien extern eingeholte Regulierungsfolgenabschätzungen zum Schluss gekommen, dass es aus ökonomischer Sicht vorteilhafter ist, bei der bisherigen Regelung zu bleiben.

Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Mo. 21.3598)
Dossier: Lex Koller

Eine parlamentarische Initiative Bertschy (glp, BE) verlangte eine Änderung der Erwerbsersatzordnung, um im Falle der Erwerbstätigkeit beider Elternteile die bestehende 14-wöchige Mutterschaftsentschädigung um einen maximal 14-wöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub zu ergänzen. Zum einen begründete die Initiantin ihre Forderung damit, dass eine familienexterne Betreuung nach Ablauf der bestehenden 14 Wochen Mutterschaftsurlaub oftmals nicht möglich sei. Zum anderen argumentierte sie, dass damit die traditionelle Rollenteilung aufgeweicht und die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern im Erwerbsleben verbessert werden könne. Eine verstärkte Einbindung der Frauen in den Arbeitsmarkt hätte mittel- bis längerfristig positive Auswirkungen auf die Wirtschaft; so könnten etwa der Fachkräftemangel entschärft und die Einnahmen bei den Steuern und Sozialversicherungen erhöht werden, zeigte sich die Berner Nationalrätin überzeugt. Die SGK-NR, die sich im Juni 2021 mit der parlamentarischen Initiative auseinandersetzte, beantragte mit 13 zu 5 Stimmen bei 6 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben. Ein zentrales Motiv für die ablehnende Haltung stellten die Kosten zur Finanzierung eines solchen Elternzeitmodells dar. Im Zuge der Beratungen zur Initiative lancierte die Kommission jedoch ein Postulat, das den Bundesrat beauftragen möchte, eine volkswirtschaftliche Gesamt-Kosten-Nutzen-Analyse unterschiedlicher Elternzeitmodelle zu erstellen.

14 Wochen Elternurlaub für beide Elternteile (Pa.Iv. 20.472)

In einer im September 2019 eingereichten Motion verlangte Nationalrat Christoph Eymann (ldp, BS), dass der Bundesrat ein Umsetzungskonzept bezüglich Massnahmen zur Reduktion der 80-prozentigen Energieverluste im Gebäudebereich vorlege. Der durchschnittliche Wert von 80 Prozent Wärmeverlust hatte der Bundesrat selbst in seiner Stellungnahme zu einer Interpellation (Ip. 10.3873) des damaligen Nationalrats Reto Wehrli (cvp, SZ) genannt. Eymann begründete sein Anliegen damit, dass die bestehenden Anstrengungen nicht ausreichten, um die in der Energiestrategie festgehaltenen Ziele und Verpflichtungen im Rahmen des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Deshalb solle der Bundesrat nun in einem Konzept aufzeigen, wie der Bund insbesondere durch Anreize zur Gebäudesanierung und zur Solarenergieproduktion einen Beitrag zur Verminderung des Energieverlustes in Gebäuden leisten könne.
Die Motion wurde in der grossen Kammer von Christian Imark (svp, SO) bekämpft. Dieser argumentierte, dass es bereits heute finanziell sinnvoll sei, ein Gebäude bei einem Neubau gut zu isolieren. Hindernisse gebe es jedoch durch Regulierungen, weshalb vor allem ein Regulierungsabbau vorgenommen werden solle, wenn man die Energieeffizienz von Gebäuden steigern wolle. Bundesrätin Simonetta Sommaruga entgegnete, dass der Bundesrat bereits am Abbau von Hindernissen und Regulierungen arbeite. Ein Umsetzungskonzept von Minergie-P-Massnahmen sei aber dennoch sinnvoll und der Bundesrat sei dazu bereit, dieses auszuarbeiten. Die Mehrheit des Nationalrates schloss sich dem Antrag des Bundesrates an und nahm die Motion in der Sommersession 2021 mit 137 zu 53 Stimmen an. Ablehnend stimmten einzig die Parlamentarier und Parlamentarierinnen aus der SVP-Fraktion.

Massnahmen zur Reduktion der 80-prozentigen Energieverluste im Gebäudebereich (Mo. 19.4202)

In der Sommersession 2021 setzte sich der Ständerat als Erstrat mit der Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und der Optimierung der Aufsicht in der 2. Säule der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge auseinander. Erich Ettlin (mitte, OW) erläuterte dem Rat für die Kommission, dass die Vorlage erstens zur Stärkung der risikoorientierten Aufsicht, zweitens zur Einhaltung der Good Governance-Vorgaben und drittens zur Sicherstellung der Stabilität, Informationssicherheit und des Datenschutzes der Informationssysteme diene. Insbesondere sollen, wie von der EFK verlangt, die Durchführung und Aufsicht über die AHV durch eine Auslagerung der Durchführungsaufgaben aus der Bundesverwaltung konsequent getrennt werden.
Eintreten war unbestritten, der Ständerat schritt sogleich zur Detailberatung der Änderungen im AHVG. Dabei pflichtete der dem Bundesrat stillschweigend zu, dass zukünftig der Begriff der «Durchführungsstellen» geschaffen wird, welche die Verbandsausgleichskassen, die kantonalen Ausgleichskassen, die Ausgleichskassen des Bundes und eine zentrale Ausgleichskasse beinhalten. Erste Diskussionen gab es zur Frage, wie detailliert die Vorschriften an die Durchführungsstellen sein sollen: Eine Minderheit Carobbio Guscetti (sp, TI) scheiterte hier mit ihrer Forderung, wie vom Bundesrat vorgeschlagen Mindestanforderungen im Gesetz festzulegen – die Kommissionsmehrheit setzte sich mit der Forderung nach einer offeneren Formulierung durch. Diskussionslos stimmte der Rat in der Folge den vom Bundesrat und teilweise von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen bezüglich der Schaffung getrennter Register der laufenden Geldleistungen und der Versicherten, ergänzenden Regelungen des Abrufverfahrens von Informationen aus den Registern, Regelungen zur Organisation der einzelnen Organe der Ausgleichskassen, zu den Aufgaben der Kassen, zum Risiko- und Qualitätsmanagement, zur Rechnungslegung und zu den Anforderungen an die Revisionsstelle, zu den Aufgaben und Massnahmen der Aufsichtsbehörde sowie zur Kostenvergütung des AHV-Ausgleichsfonds gegenüber dem Bund zu.

Grössere Diskussionen gab es hingegen bezüglich einzelner Änderungen im BVG. Umstritten war etwa, ob den regionalen Aufsichtsbehörden weiterhin Mitglieder der Kantonsregierungen oder Personen mit einer Funktion in einer öffentlichen Verwaltung angehören dürfen. Der Bundesrat wollte – genauso wie die Kommissionsmehrheit – diese Doppelfunktionen verbieten, um die «Compliance richtig [umzusetzen] und die Unabhängigkeit [sicherzustellen]», wie Kommissionssprecher Ettlin erläuterte. Die aktuelle Regelung könne zu Interessenkonflikten führen. Bundesrat Berset betonte, dass es hier nur darum gehe, zu verhindern, dass der Anschein von Interessenkonflikten entstünde – die Aufsicht habe aber bisher gut funktioniert. Eine Minderheit Hegglin (mitte, ZG) wollte bei der bisherigen Lösung bleiben, um nicht zu stark in die «Organisationsautonomie der Kantone» einzugreifen, wie Pirmin Bischof (mitte, SO) als Minderheitensprecher erklärte. Erstens gehe eine solche Regelung sehr weit, indem sie auch Personen mit Funktionen in den Gemeinden ausschliesse, nicht aber beispielsweise Branchenvertretende; zweitens ignoriere die Formulierung, dass die Aufsichtsbehörden häufig überkantonal geregelt sind. Mit 25 zu 16 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat für die Minderheit und somit für den Status quo aus.
Ausführlich diskutiert wurde auch die Frage der Entschädigung von Vermittlertätigkeiten im BVG. Der Bundesrat wollte diesbezüglich eine neue Regelung zur Entschädigung von Vermittlerinnen und Vermittlern schaffen. Konkret sollte der Bundesrat regeln können, «unter welchen Voraussetzungen Vorsorgeeinrichtungen [...] Entschädigungen [für Vermittlungen] bezahlen dürfen». Die Kommissionsmehrheit lehnte eine solche Regelungskompetenz ab, wie Erich Ettlin erläuterte. Man befürchtete, dass Vermittlerinnen und Vermittler zukünftig nicht mehr wie bis anhin über Courtagen der Pensionskassen, also als über Anteile des vermittelten Umsatzes, abrechnen könnten, sondern «nur noch über Direktzahlung durch den Arbeitgeber». Damit hätten die KMU aber Anreize, sich in dieser Frage nicht mehr beraten zu lassen. Eine solche Beratung sei aber nicht nur bei einem allfälligen Wechsel der Pensionskasse, sondern zur laufenden Betreuung der Fälle relevant. Zudem würde diese Thematik aktuell in der Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes diskutiert. Hans Stöckli (sp, BE) legte die Problematik aus Sicht der Minderheit dar, welche sich für die bundesrätliche Lösung einsetzte: So sei das Finden einer zweiten Säule gemäss Vorschriften Sache des Arbeitgebers, weshalb nicht Pensionskassengelder dafür eingesetzt werden dürfen – diesbezüglich verwies hingegen Ruedi Noser (fdp, ZH) auf die gemeinsame Verantwortung der Arbeitgebenden und der Arbeitnehmendenvertretenden in dieser Frage und leitete daraus die Notwendigkeit von Vermittlung ab. Zudem bestünden gemäss Stöckli im aktuellen System Fehlanreize, weil die Interessen der Vermittlerinnen und Vermittler in die Beratung einflössen. Bundesrat Berset erläuterte schliesslich, dass es bei der vorliegenden Bestimmung nicht um ein Verbot der Vermittlung gehe, sondern um eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat. Dieser würde eine entsprechende Regelung vorschlagen und eine Vernehmlassung dazu durchführen. Dennoch lehnte der Ständerat die Bestimmung mit 28 zu 14 Stimmen ab.
Unbestritten blieben die übrigen Regelungen im BVG bezüglich Präzisierung der Aufgaben der Expertin oder des Experten für berufliche Vorsorge, den Regelungen zur Übernahme der Rentnerbestände, den Aufgaben des Sicherheitsfonds sowie dem Informationsaustausch zwischen Vorsorgeeinrichtungen und der ZAS der AHV.

Änderungen nahm der Rat überdies auch in zahlreichen weiteren Gesetzestexten, wie dem ZGB, im Invalidengesetz, im Ergänzungsleistungsgesetz, in der Erwerbsersatzordnung oder im Familienzulagengesetz, stillschweigend vor. Lediglich die Frage, ob die rechtlichen Bedingungen für eine elektronische Übermittlung von verfahrensrelevanten Dokumenten – wie sie die SGK-SR in der Vorlage ergänzen wollte – im Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) gegeben sind oder nicht, führte noch zu Diskussionen. Das EDI hatte eine solche Berechtigung gemäss Hans Stöckli verneint – vorher müsse das Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz verabschiedet werden. Somit beantragte Stöckli, den entsprechenden Einschub der Kommission abzulehnen, da er gemäss EDI «nicht dienlich ist, die angestrebten Ziele umzusetzen». Erich Ettlin (mitte, OW) wies hingegen auf eine ähnliche Regelung im AVIG hin, bei der dieselbe Problematik bestanden habe. Äusserst knapp nahm der Ständerat die entsprechende Regelung mit 21 zu 20 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an.
Einstimmig (mit 43 zu 0 Stimmen) hiess er die Vorlage in der Gesamtabstimmung gut.

Aufsicht in der 1. Säule (BRG 19.080)

In seinem Bericht in Erfüllung eines Postulats Maret (mitte, VS) ortete der Bundesrat keinen Handlungsbedarf zur Anpassung der «Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall». Das Postulat hatte angeregt, auch Angehörigen von erwachsenen Personen mit einer Behinderung einen Anspruch auf Entschädigung bei Erwerbsausfall zuzusprechen, wenn diese ihrer Erwerbstätigkeit wegen wegfallender externer Betreuungsmöglichkeiten während der Corona-Pandemie nicht nachgehen konnten. Die Auswertung von Daten aus 22 Kantonen habe gezeigt, dass es nur in wenigen Kantonen zu Schliessungen von Betreuungseinrichtungen für Personen mit Behinderungen gekommen sei. Zudem hätten bei Schliessungen der Betreuungseinrichtungen oder beim Ausfall der betreuenden Person andere externe Betreuungslösungen gefunden werden können. Die Angehörigen seien also nicht gezwungen gewesen, die Betreuung auf Kosten ihrer Erwerbstätigkeit zu übernehmen. Mit dem Covid-19-Gesetz bestehe zudem die Grundlage dafür, dass der Bundesrat in späteren Wellen der Pandemie bei Notwendigkeit eine Entschädigung einführen könne, so der Bundesrat weiter.

Coronavirus. Entschädigung für Erwerbsausfall auch für die Eltern und andere Angehörige von Erwachsenen mit einer Behinderung (Po. 20.3747)

L'Assemblée fédérale classe la motion visant l'extension du droit à la réduction de la taxe d'exemption de l'obligation de service pour les membres de la protection civile durant la durée de leur service effectif. Avec la modification de l'Ordonnance sur la taxe d'exemption de l'obligation de service (OTEO) du 12 août 2020, l'objectif de la motion a été atteint.

Ausgestaltung der Wehrpflichtersatzabgabe für Zivilschutzleistende (Mo. 14.3590)

Im Rahmen der Beratungen zum Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2020 schrieb der Nationalrat das Postulat der SPK-NR, das eine gesamthafte Prüfung der Problematik der Sans-Papiers verlangte, in der Sommersession 2021 nach Erscheinen eines entsprechenden Berichts in Erfüllung des Vorstosses ab.

Pour un examen global de la problématique des sans-papiers (Po. 18.3381)

Einige Tage später setzte sich der Nationalrat mit der dritten Revision des Covid-19-Gesetzes auseinander. Marie-France Roth Pasquier (mitte, FR) und Matthias Aebischer (sp, BE) berichteten für die WBK-NR von den Kommissionsentscheiden: Unumstritten seien auch hier die Vorschläge des Bundesrates gewesen, da auch der Nationalrat ein abruptes Auslaufen der Covid-Hilfen verhindern wolle. Zusätzlich zu den neuen ständerätlichen Regelungen lägen jedoch auch im Nationalrat verschiedene Vorschläge von Kommissionsmehrheit und -minderheiten vor.

In der Eintretensdebatte forderten die SVP- und die FDP-Fraktion eine Rückkehr zur Normalität, während sich die GLP insbesondere gegen die Maskenpflicht im Freien aussprach. Auch die Mitte-, die SP- und die Grünen-Fraktionen zeigten sich über die bereits erfolgten Lockerungen erfreut, sprachen sich aber für einen «kontrollierten Ausstieg» aus den Covid-19-Massnahmen aus. Eintreten war in der Folge unbestritten.
Widerstandslos verlängerte der Nationalrat die Covid-19-Erwerbsausfallentschädigungen bis Ende 2021, wie es der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Stillschweigend stimmte er auch der Aufhebung der Obergrenze der A-Fonds-perdu-Beiträge für die Sportklubs zu. Gleichzeitig nahm er aber auch eine ergänzende Bestimmung der WBK-NR an, welche die Regelungen zu den A-Fonds-perdu-Beiträgen erneut ändern wollte. Ursprünglich hatte das Parlament entschieden, dass nur Klubs, die bestimmte Vorgaben erfüllen – darunter eine Reduktion der Löhne und ein Verzicht auf Lohnerhöhung während fünf Jahren – A-Fonds-perdu-Beiträge in der Höhe von 66 Prozent ihrer entgangenen Ticketeinnahmen erhalten sollen. In der Frühjahrssession 2021 hatte das Parlament diese Regelung insofern abgeschwächt, als die Sportklubs auch ohne die Erfüllung einer dieser Vorgaben, nämlich der Lohnreduktion, Finanzhilfen in der Höhe von 50 Prozent der entgangenen Ticketeinnahmen erhalten sollten – aber eben nicht die vollen 66 Prozent. Nun habe sich aber auch neben der Lohnreduktion auch die Klausel zum Verbot der Lohnerhöhungen als problematisch erwiesen, weshalb diese Regel ebenfalls geändert werden soll, wie Matthias Aebischer für die Kommission erklärte. Demnach sollen neu Sportklubs, welche die Gesamtlohnsumme aller Mitarbeitenden und aller Spielerinnen und Spieler in den nächsten fünf Jahren erhöhen, nur die erhaltenen A-Fonds-perdu-Beträge, die 50 Prozent der entgangenen Ticketeinnahmen übersteigen, – nicht aber die gesamten erhaltenen A-Fonds-perdu-Beiträge – zurückzahlen müssen.

Auch weitere Entscheidungen wurden ohne grosse Diskussionen getroffen: So entschied der Nationalrat auf Vorschlag der WBK-NR auch, die Ausnahmeregelung zur Durchführung von Generalversammlungen von Aktiengesellschaften auf schriftlichem oder elektronischem Weg bis Ende 2021 zu verlängern – der Ständerat hatte eine Verlängerung bis zum Inkrafttreten der Revision des Aktienrechts oder spätestens bis Ende 2023 vorgesehen.
Stillschweigend folgte der Nationalrat seiner Kommission zudem bei der Verlängerung der 100-prozentigen Kurzarbeitsentschädigung für Personen mit tiefen Einkommen bis Ende 2021. Hingegen lehnte die grosse Kammer einen Antrag Piller Carrard (sp, FR), basierend auf einem Mitbericht der SGK-NR, ab und sprach für die Zeit zwischen Juni und Dezember 2021 keine zusätzlichen Taggelder. Umstrittener war zudem der Antrag der Kommissionsmehrheit auf Verlängerung der Massnahmen im Kul­turbereich bis Ende April 2022: Eine Minderheit Gutjahr (svp, TG) hatte sich hier für einen Verzicht auf die vorzeitige Verlängerung ausgesprochen, war aber mit 96 zu 91 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) knapp unterlegen.

Besonders umstritten waren schliesslich die vom Ständerat eingefügten Änderungen: Die Streichung der Möglichkeit für Zugangsbeschränkungen zu öffentlich zugänglichen Einrichtungen und Veranstaltungen, sobald alle impfwilligen Erwachsenen geimpft sind, hatte die Kommission zuvor mit 12 zu 10 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) abgelehnt. Auch das ähnliche Anliegen, Inhaberinnen und Inhaber eines Covid-Zertifikats von Zugangsbeschränkungen auszunehmen, hatte bei der WBK-NR mit 11 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen und Stichentscheid der Vizepräsidentin knapp keine Zustimmung gefunden. Beide Anträge würden den Handlungsspielraum des Bundesrates einschränken, kritisierte Roth Pasquier für die Kommissionsmehrheit. Man lehne zudem generell die Aufnahme von Terminen und Kriterien ins Covid-19-Gesetz ab. Christian Wasserfallen (fdp, BE) befürwortete hingegen insbesondere diesen «GGG-Ansatz» (Geimpfte, Genesene oder Getestete), mit dem man die Lockerungen vorantreiben könne. In der Folge sprach sich die grosse Kammer mit 106 zu 81 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und mit 103 zu 78 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für beide Minderheitsanträge auf Annahme der Bestimmungen aus und folgte damit dem Ständerat. Zustimmung fanden diese bei der SVP-, der FDP.Liberalen-, einer Mehrheit der Mitte-Fraktion und einem Teil der GLP-Fraktion.

Zu einer eigentlichen Antragsflut der SVP-Fraktion kam es bei den Massnahmen im Bereich der Gesundheitsversorgung sowie zum Covid-19-Zertifikat. Dabei forderten Mitglieder der Fraktion unter anderem die Aufhebung der Maskenpflicht – im Allgemeinen (Haab, svp, ZH), für Personen mit Covid-19-Zertifikat (Martullo, svp, GR), im Freien (mit Ausnahmen für Veranstaltungen; Haab), bei Kindern und Jugendlichen auf der Primar- und Sekundarstufe I und II (Haab) sowie im Aussenbereichen von Schularealen (Aeschi, svp, ZG). Erneut ging es auch um Fragen des Umgangs mit dem Covid-19-Zertifikat. So wurde beantragt, dass dieses ausschliesslich für den internationalen Reiseverkehr und für Grossveranstaltungen in Innenräumen mit mehr als 5'000 Teilnehmenden, in Diskotheken und bei Tanzveranstaltungen gelten soll, nicht aber zum Beispiel für einen Restaurantbesuch (Gutjahr, ähnlich auch Addor (svp, VS), Aeschi sowie als einziges Mitglied einer anderen Fraktion Léonore Porchet (gp, VD)). In einem weiteren Antrag sollte die Nutzung des Zertifikats in der Schweiz bis Ende September 2021 begrenzt werden (Aeschi). Des Weiteren sollten Veranstaltungen für Geimpfte von der Verpflichtung zu zusätzlichen Massnahmen wie einem Schutzkonzept oder einer Maskenpflicht befreit werden (Herzog, svp, TG). Andere Vorstösse verlangten Rechtsgleichheit für die Impfunwilligen (Gafner, edu, BE), die Auflösung des Mandats der Swiss National Covid-19 Science Task Force (Keller, svp, NW) oder ganz allgemein ein Ende der Einschränkungen – etwa der Homeofficepflicht (Gutjahr), der Personenobergrenzen bei Veranstaltungen, Versammlungen, in Läden oder beim Schulunterricht sowie der Einschränkungen für Restaurants, sobald 80 Prozent der über 65-Jährigen geimpft sind (Aeschi) –, eine Streichung der Ordnungsbussen für Maskenverweigernde (Gafner) sowie eine systematische Kontrolle der Landesgrenzen (Aeschi) und eine Einreisebeschränkung für Personen ohne Covid-19-Zertifikat (Aeschi). Keiner der Anträge fand im Nationalrat jedoch eine Mehrheit.

Mit 149 zu 39 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) verabschiedete der Nationalrat in der Folge die dritte Revision des Covid-19-Gesetzes in der Gesamtabstimmung. Sämtliche Nein-Stimmen und Enthaltungen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Dritte Revision des Covid-19-Gesetzes (Änderung Covid-Erwerbsersatz und Massnahmen im Sportbereich; BRG 21.033)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen