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Im November 2018 veröffentlichte der Bundesrat die Botschaft für eine Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (EOG) zur Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen, wie sie die Motion der SGK-SR vom August 2016 (Mo. 16.3631) gefordert hatte. Grund für die Revision des EOG sei eine Rechtslücke bei der Mutterschaftsentschädigung, da die Mütter bei über dreiwöchigem Spitalaufenthalt der Neugeborenen heute zwar die Mutterschaftsentschädigung aufschieben könnten, jedoch weder das EOG noch eine andere Versicherung bei Aufschub der Mutterschaftsentschädigung Leistungen vorsähen. Daher schlug der Bundesrat 56 zusätzliche Entschädigungstage (Wochentage, nicht Arbeitstage) sowie eine Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs und des Schutzes vor Kündigung zur Unzeit vor, sofern Neugeborene mindestens drei Wochen im Spital verbleiben müssten und die Mütter nach dem Mutterschaftsurlaub ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnähmen. Die Zusatzkosten von jährlich CHF 5.9 Mio. würden durch die aktuellen Einnahmen der EO gedeckt.

Bei der Vernehmlassung von März bis Juni 2018, an der sich alle 26 Kantone, fünf im eidgenössischen Parlament vertretene Parteien sowie zahlreiche Verbände beteiligten, traf der Vorschlag ausser bei der SVP und dem Gewerbeverband mehrheitlich auf Zustimmung. Die SVP argumentierte, dass die Erholung der Mutter und der Aufbau einer Bindung zum Kind – der Zweck des Mutterschaftsurlaubs – auch im Spital geschehen könnten. Der SGV hielt die Nachweispflicht für die Mütter, dass sie bereits vor der Geburt geplant hätten, nach dem Mutterschaftsurlaub wieder zu arbeiten, für unpraktikabel und forderte das Vorliegen eines gültigen Arbeitsvertrags. Auch SAV, SGB und Travail.Suisse erachteten diesen Nachweis als zu komplex und sprachen sich stattdessen für eine Überprüfung durch die Ausgleichskassen anhand der später entrichteten Beiträge aus, während die SP eine Ausdehnung der Entschädigung auf alle Frauen unabhängig ihrer Erwerbstätigkeit forderte. Darüber hinaus kritisierten SGB und Travail.Suisse, dass die Vorlage nicht alle Lücken im sozialen Netz bezüglich Mutterschaftsentschädigung schliesse.

Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen (BRG 18.092)

In der Herbstsession 2018 behandelte der Ständerat die Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (ATSG). Für die SGK-SR erklärte Pirmin Bischof (cvp, SO), dass es sich dabei um eine «Klammergesetzgebung» handle, deren Regeln mit Ausnahme der beruflichen Vorsorge für alle Sozialversicherungszweige gelten würden. Das ATSG sei seit seiner Inkraftsetzung 2003 nicht überarbeitet worden, daher sollten nun diverse Revisionsanliegen umgesetzt werden. Ohne Gegenantrag trat die kleine Kammer auf die Vorlage ein. Die SGK-SR hatte sich bei ihren Behandlungen der Vorlage im Frühling und Sommer 2018 mehrheitlich zufrieden gezeigt und mit deutlichen 10 zu 0 Stimmen (bei 1 Enthaltung) vor allem einen grösseren Änderungsantrag geschaffen: Die Bundesversammlung sollte nicht die Kompetenz erhalten, internationale Sozialversicherungsabkommen mit einem einfachen Bundesbeschluss genehmigen zu können. Kommissionssprecher Bischof erklärte, es spiele eben durchaus eine Rolle, ob ein Abkommen zum Beispiel mit Deutschland oder mit der Dominikanischen Republik abgeschlossen werde, da Bestimmungskategorien nicht in allen Staaten gleich beurteilt werden könnten. Deshalb reiche es für die Beurteilung eines Abkommens nicht aus, dass eine ähnliche Bestimmung in einem anderen Abkommen bereits existiere. Gesundheitsminister Berset wies insbesondere darauf hin, dass ein Verzicht auf diese Kompetenzübertragung nicht den Spielraum des Bundesrates, sondern des Parlaments einschränken würde. Stillschweigend folgte die kleine Kammer ihrer Kommission.
Zudem entschied sich der Ständerat, den Versicherten nicht die vollständigen Kosten, die durch Überwachungen bei einem ungerechtfertigten Leistungsbezug entstanden sind, aufzuerlegen, sondern diese auf die «angemessenen Mehrkosten» zu beschränken. Daneben sorgte auch ein Minderheitsantrag Bruderer Wyss (sp, AG) für Diskussionen; mit diesem sollten die neu geschaffene Kostenpflicht bei den Verfahren gestrichen und Kosten wie bisher nur bei mutwilligem oder leichtsinnigem Verhalten einer Partei auferlegt werden. Im IV-Bereich, wo die Kostenpflicht bereits bestehe, habe diese zu einer stärkeren Belastung der Kantone geführt, erklärte die Minderheitsführerin dem Rat. So habe die Anzahl «aussichtsloser» Beschwerden nicht ab-, die Anzahl Gesuche um Gewährung einer unentgeltlichen Prozessführung jedoch zugenommen. Dennoch folgte der Ständerat dem Mehrheitsantrag auf Zustimmung zum bundesrätlichen Entwurf mit 29 zu 14 Stimmen. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die Revision des ATSG schliesslich ohne Gegenstimme mit 38 Stimmen und 2 Enthaltungen an.

Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (BRG 18.029)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Im März 2018 legte der Bundesrat die Botschaft zur Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vor. Die geplanten Massnahmen, von denen viele aufgrund von parlamentarischen Vorstössen in die Gesetzesrevision aufgenommen wurden, teilte er in drei Bereiche ein: Missbrauchsbekämpfung, Anpassung an den internationalen Kontext und Optimierung des Systems.
Zur Missbrauchsbekämpfung schlug der Bundesrat insbesondere Massnahmen vor, die bereits im Rahmen der (abgelehnten) IV-Revision 6b behandelt und anschliessend in einer Motion Schwaller (cvp, FR; Mo. 13.3990) erneut gefordert worden waren. Unter anderem sollen bei begründetem Verdacht auf unrechtmässige Leistungserwirkung, bei Meldepflichtverletzung oder bei nicht fristgerechter Teilnahme an Lebens- oder Zivilstandskontrollen Leistungen der Sozialversicherungen vorsorglich eingestellt werden können. Die Verwirkungsfrist für die Rückforderung unrechtmässig bezogener Leistungen soll verlängert werden und bei Nichtantreten eines Straf- oder Massnahmenvollzugs sollen Sozialversicherungsleistungen nicht mehr ausbezahlt werden müssen, wie es die Motion Lustenberger (cvp, NR; Mo. 12.3753) gefordert hatte. Die meisten dieser Regelungen entsprachen der Praxis der Sozialversicherungen, sollen nun aber kodifiziert werden. Mit den gesetzlichen Grundlagen für die Überwachung der Versicherten war ein Grossteil der Massnahmen zur Missbrauchsbekämpfung zuvor bereits in ein eigenes Geschäft ausgelagert und vordringlich behandelt worden.
Bei den Anpassungen an den internationalen Kontext geht es einerseits darum, eine Gesetzesgrundlage für die Umstellung des internationalen Informationsaustauschs auf eine elektronische Übermittlung zu schaffen. Andererseits sollen internationale Sozialversicherungsabkommen zukünftig mit einfachem Bundesbeschluss genehmigt werden können und somit dem fakultativen Referendum entzogen werden. Es entspricht der langjährigen Praxis, Abkommen, die über ein ähnliches Verpflichtungsniveau verfügen wie eine grosse Anzahl vergleichbarer, bereits abgeschlossener Abkommen, nicht dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Nachdem das Bundesamt für Justiz 2014 in einem Bericht beschieden hatte, dass das Kriterium der Neuheit einer Bestimmung für ein solches Vorgehen nicht ausreiche, entschied der Bundesrat, diese Praxis im ATSG festzuschreiben.
Optimiert werden soll das Sozialversicherungssystem schliesslich durch eine Anpassung der Regressbestimmungen, bei denen dieselben Mitwirkungspflichten geschaffen werden sollen wie bei der Prüfung eines Leistungsanspruchs, sowie durch die Schaffung einer differenzierten Kostenpflicht für alle Sozialversicherungsverfahren – ähnlich der Regelung, welche die SVP-Fraktion in einer Motion gefordert hatte (Mo. 09.3406). Hier entschied sich der Bundesrat für die erste Variante, die er in der Vernehmlassung vorgeschlagen hatte und die dort auf mehr Gegenliebe gestossen war als ein fixer Kostenrahmen zwischen CHF 200 und 1000 (Variante 2).

Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (BRG 18.029)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Die meisten Differenzen im Ausgleichsfondsgesetz bereinigte der Ständerat bereits in der ersten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens. So pflichtete er dem Nationalrat bei, dass es aus Sicht der Corporate Governance richtig sei, dass der Bundesrat und nicht der Verwaltungsrat die Wahl der Revisionsstelle vornehme. Auch bezüglich zweier falscher, respektive unnötiger Formulierungen stimmte er dem Nationalrat zu. Einzig bei der Frage, ob der Bundesrat das Organisationsreglement der Anstalt genehmigen müsse oder nicht, entschied sich die kleine Kammer für Festhalten. Als Kommissionssprecher wies Pirmin Bischof (cvp, SO) darauf hin, dass der Bund mehr als 10 Milliarden Franken pro Jahr zum AHV-Fonds beitrage und es sich bei den Fonds um eine ausgegliederte öffentlich-rechtliche Aufgabe handle. Entsprechend sei es angebracht, dass der Bundesrat die Genehmigung vornehme.
In diesem letzten Punkt lenkte der Nationalrat gegen eine starke Minderheit aus SVP und teilweise FDP.Die Liberalen mit 118 zu 70 Stimmen (0 Enthaltungen) ein. In den Schlussabstimmungen hiess der Ständerat das Ausgleichsfondsgesetz einstimmig gut, während sich die Fronten im Nationalrat kaum verändert hatten (129 zu 67 Stimmen, 0 Enthaltungen).

Ausgleichsfondsgesetz

Als Zweitrat beschäftigte sich der Nationalrat in der Frühjahrssession 2017 mit dem Ausgleichsfondsgesetz. Dabei wurde die Frage gestellt, ob die Schaffung eines neuen Gesetzes wirklich nötig sei oder ob man auf ein Eintreten verzichten solle. Im Namen der SVP-Fraktion erklärte Thomas de Courten (svp, BL), dass die erforderlichen Ergänzungen auch innerhalb des bestehenden Gesetzes möglich seien. Durch das neue Gesetz könne aber mittelfristig die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der drei Fonds auf dem Spiel stehen. Des Weiteren seien entsprechende Forderungen internationaler Geschäftsbanken alleine kein Grund, ein neues Gesetz zu erlassen. Das Gesetz erhöhe die Regulierungsdichte und erweitere die Kompetenzen der Bundesverwaltung. Vergleichsweise knapp sprach sich die grosse Kammer mit 99 zu 83 Stimmen für ein Eintreten aus, wobei die SVP-Fraktion dieses geschlossen, die FDP-Fraktion teilweise ablehnte.

In der Detailberatung standen ähnliche Punkte im Zentrum wie bereits im Ständerat: Beraten wurden insbesondere die Ernennung der Revisionsstelle sowie die Tilgung der Schulden der IV beim AHV-Fonds. Zur Frage der Revisionsstelle pflichtete die SGK-NR dem Ständerat bei, dass nicht mehr die EFK diese Aufgabe übernehmen solle, sondern ein externer, privater Anbieter. Dabei verstosse es aber gegen allgemeine Corporate-Governance-Grundsätze, wenn der Verwaltungsrat die Vergabe dieses Auftrags übernehme. Entsprechend solle mangels Alternativen der Bundesrat als entsprechendes Wahlorgan walten. Diesen Vorschlag hiessen 114 Nationalrätinnen und Nationalräte gut, 68 Parlamentarierinnen und Parlamentarier vor allem aus der SP-, Grünen- und SVP-Fraktion lehnten ihn ab (0 Enthaltungen). Auch im Nationalrat brachte eine Minderheit Gysi (sp, SG) den Antrag ein, die Übernahme der Zinsen der IV gegenüber dem AHV-Fonds durch den Bund fortzusetzen und so die IV nicht stärker zu belasten. Wie bereits im Erstrat fand dieser Vorschlag jedoch auch im Nationalrat keinen Anklang und wurde mit 136 zu 47 Stimmen abgelehnt, wobei der Vorschlag ausschliesslich bei Personen des linken Lagers Unterstützung fand.

Überdies beantragte Thomas de Courten, dass zur Verstärkung der Sicherheit der Fonds Anlagen in Fremdwährungen nicht mehr als 30 Prozent des Fondsvermögens betragen dürfen. Zwar sei Diversifizierung sinnvoll, jedoch sei das Vertrauen in den Finanzplatz Schweiz hoch und zudem habe man die Möglichkeit, hier von politischer Seite selbst für Stabilität zu sorgen. Schliesslich soll das Schweizer Volksvermögen auch mehrheitlich in der Schweiz investiert werden. Mehrere anschliessende Wortmeldungen wiesen auf den Widerspruch hin, wenn diejenige Partei, die aufgrund der Überregulierung gar kein Gesetz wollte, dieses jetzt noch weiter aufblähe. Zudem könne eine solche Regelung kontraproduktiv sein und die Sicherheit der Fonds sogar verringern. Der Antrag fand entsprechend ausserhalb der SVP-Fraktion kaum Anklang und wurde mit 120 zu 65 Stimmen (1 Enthaltung) abgelehnt. Von weiteren Minderheitsanträgen de Courtens wurde lediglich die Forderung, dass das Organisationsreglement als Aufgabe des Verwaltungsrates dem Bundesrat nicht zur Genehmigung vorgelegt werden müsse, vom Nationalrat äusserst knapp mit 95 zu 95 Stimmen und positivem Stichentscheid von Nationalratspräsident Jürg Stahl (svp, ZH) angenommen. Bei der Gesamtabstimmung sprach sich der Nationalrat mit 121 zu 68 Stimmen für das neue Ausgleichsfondsgesetz aus, ablehnend zeigte sich die SVP-Fraktion sowie vereinzelte Mitglieder der FDP-Fraktion.

Ausgleichsfondsgesetz

Im Februar 2017 schickte der Bundesrat die Revision des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) in die Vernehmlassung. Das ATSG enthält diejenigen Regelungen, die ausser der beruflichen Vorsorge für alle Sozialversicherungszweige gelten. Die Revision des seit 2000 geltenden Gesetzes war durch die Motionen Lustenberger (cvp, LU; Mo. 12.3753), Schwaller (cvp, FR; Mo. 13.3990) und der SVP-Fraktion ausgelöst und aufgrund von «optimierten Prozessen, aktueller Rechtsprechung und internationalen Verträgen» nötig geworden.
Insbesondere sollen in der Revision die Grundlagen für Observationen bei Verdacht auf Versicherungsmissbrauch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) 2016 ergänzt und die bestehenden Bestimmungen sowie die Abläufe zur Missbrauchsbekämpfung verbessert werden. Geplant sind zudem neue Regelungen bezüglich der Kostenpflicht der kantonalen sozialversicherungsrechtlichen Gerichtsverfahren, eine bessere Koordination der Systeme der sozialen Sicherheit zwischen der Schweiz und der EU wie auch eine rechtliche Verankerung der bisherigen Praxis, Sozialversicherungsabkommen nicht dem fakultativen Referendum zu unterstellen.
Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, insbesondere die Kantone und die Durchführungsstellen, bewertete die Revision positiv und kritisierte nur vereinzelte Punkte. Auf Widerstand stiessen insbesondere die Massnahmen zur Missbrauchsbekämpfung sowie die Einführung einer Kostenpflicht bei Sozialversicherungsverfahren.

Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (BRG 18.029)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

In der Wintersession 2016 behandelte der Ständerat den Entwurf zum Ausgleichsfondsgesetz. Dieser hat die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt – der Compenswiss – zur Verwaltung der Ausgleichsfonds von AHV, IV und EO zum Inhalt. Als Kommissionssprecher erklärte Pirmin Bischof (cvp, SO), dass die SGK-SR einen Zusatzbericht zu drei offenen Fragen verlangt hatte. Dabei habe sich insbesondere gezeigt, dass der zu behandelnde Gesetzesentwurf für eine gesetzliche Regelung der Rückzahlung der IV-Schuld ab 2018 dringend sei. Zudem solle gemäss Zusatzbericht die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) nicht in die Compenswiss integriert werden, da dies einen unverhältnismässigen Aufwand mit sich bringen würde. Schliesslich klärte der Bericht, dass in Zukunft anstelle der drei Ausgleichsfonds die neue Anstalt mit ihrem Gesamtvermögen gegen aussen hafte.

In der Detailberatung beabsichtigte die SGK-SR – abweichend vom Bundesrat – nicht die Eidgenössische Finanzkontrolle, die diese Aufgabe bisher übernommen hatte, als Revisionsstelle zu beauftragen, sondern diesen Auftrag durch den Verwaltungsrat der Compenswiss vergeben zu lassen. Dies sei, so Hans Stöckli (sp, BE), aus dem Blickwinkel der Compliance schwierig. Entsprechend beantragte er mit einer Kommissionsminderheit, in diesem Punkt dem Bundesrat zu folgen. Kommissionssprecher Bischof entgegnete diesbezüglich, dass sich der Bund zwar mit fast CHF 12 Mrd. an der Finanzierung der AHV beteilige, aber eben nicht als Einziger beteiligt sei. Die Frage der Unabhängigkeit der Revisionsstelle gelte als wichtiges Erfordernis und eine Loslösung von der EFK trage dem Einwand Rechnung, der Staat solle nur dann Dienstleistungen anbieten, wenn der private Markt dies nicht zufriedenstellend tue. Da es aber gerade im internationalen Umfeld genügend entsprechende Firmen gebe, andere Unternehmen wie zum Beispiel die SUVA eine ähnliche Regelung kennen und die Oberaufsichtskompetenz der Bundesversammlung erhalten bleibe, sei die Lösung der SGK-SR zu bevorzugen. Dies überzeugte eine äusserst knappe Mehrheit des Ständerats: Mit 21 zu 20 Stimmen (0 Enthaltungen) wurde der Antrag der Mehrheit angenommen.

Ebenfalls diskutiert wurde auf Antrag von Liliane Maury Pasquier (sp, GE), ob der Bund auch über das Jahr 2017 hinaus und bis zur definitiven Entschuldung den jährlichen Zinsaufwand auf dem IV-Verlustvortrag übernehmen solle. Paul Rechsteiner (sp, SG) begründete diese Forderung damit, dass man diese Übernahme der Schulden durch den Bund 2010 beschlossen hatte, weil nicht die AHV für die Schulden verantwortlich war, sondern der Bund. Entsprechend solle man auch heute nicht die AHV dafür büssen lassen. Durch die Übernahme dieser Zinsen wäre die Entschuldung der IV bei der AHV nach heutigen Prognosen ein Jahr früher möglich. Wiederum entgegnete Pirmin Bischof, dass die Entschuldung unter anderem aufgrund des Tiefzinsumfelds schneller vorangehe als geplant. Dass der IV-Ausgleichsfonds seine Schulden verzinsen müsse, sei richtig, jedoch solle die Übernahme dieser Zinsen durch den Bund nur temporär sein und daher wie geplant Ende 2017 enden. Anschliessend solle der IV-Ausgleichsfonds dem AHV-Ausgleichsfonds den entsprechenden Zins bezahlen. Dies halte auch den Druck zur Sanierung der IV weiter hoch. Der Ständerat nahm diesen Antrag der Mehrheit mit 28 zu 13 Stimmen (0 Enthaltungen) an und sprach sich anschliessend in der Gesamtabstimmung einstimmig für das Ausgleichsfondsgesetz aus.

Ausgleichsfondsgesetz

Ende 2015 verabschiedete der Bundesrat die Eckwerte für eine Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und beauftragte das Eidgenössische Departement des Innern, einen Vernehmlassungsentwurf dazu auszuarbeiten. Übergeordnetes Ziel ist die Stärkung des Vertrauens der verschiedenen Anspruchsgruppen in die Sozialversicherungen. Betroffen sind die Aufsicht über die AHV, die Ergänzungsleistungen, die Erwerbsersatzordnung und die Familienzulagen in der Landwirtschaft. Als Vorbild soll die Aufsicht über die IV dienen. Angestrebt wird eine Verbesserung der Governance mittels einer Präzisierung und wo nötig einer Entflechtung der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der Durchführungs- und Aufsichtsorgane der betroffenen Sozialwerke. Zudem sollen einheitliche und zeitgemässe Standards bezüglich der Transparenz festgelegt werden. Die Aufsicht soll risiko- und wirkungsorientiert sein – ein Paradigmenwechsel gegenüber einer kontrollierenden, reaktiven Aufsicht, wie sie bis anhin üblich war. Die Informationssysteme der verschiedenen Sozialwerke sollen stärker standardisiert werden, was teilweise der Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage bedarf.

In das Vernehmlassungsprojekt sollen auch zwei Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge aufgenommen werden. Zwar hat sich die 2012 neu gestaltete Aufsicht bewährt, so der Bundesrat. Im Zusammenhang mit der Stärkung der Governance in der ersten Säule soll aber einerseits die Unabhängigkeit der kantonalen Aufsichtsbehörden abgesichert werden, indem Regierungsmitgliedern die Einsitznahme in die Aufsichtsgremien untersagt wird, andererseits sollen die Aufgaben von Expertinnen und Experten und der Revisionsstelle klarer definiert und voneinander abgegrenzt werden. Die Vernehmlassungsvorlage soll bis Ende 2016 vorliegen.

Aufsicht in der 1. Säule (BRG 19.080)

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Zusammenfassung
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Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und der Optimierung der Aufsicht in der 2. Säule der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BRG 19.080)

Mit diesem Bundesratsgeschäft wollte die Regierung mehr Vertrauen in die Aufsicht über die Sozialversicherungen schaffen. Im Zentrum stand die AHV, bei der die risikoorientierte Aufsicht gestärkt, Good Governance-Vorgaben geschaffen und Stabilität, Informationssicherheit und Datenschutz der Informationssysteme gewährleistet werden sollten. Bei der beruflichen Vorsorge wollte der Bundesrat insbesondere die Aufgaben von Expertinnen und Experten präzisieren und die Unabhängigkeit regionaler Aufsichtsbehörden sicherstellen, indem kantonalen Regierungsmitgliedern die Einsitznahme in die Aufsichtsgremien untersagt wird. Letzteres war denn auch einer der grossen Streitpunkte: Während der Ständerat solche Einschränkungen anfangs gänzlich ablehnte, einigte man sich schliesslich darauf, nur Regierungsrätinnen und Regierungsräten der betroffenen Departemente sowie Mitarbeitenden der betroffenen Departemente den Einsitz zu verweigern. Hingegen lehnte das Parlament eine von der Regierung vorgeschlagene neue Regelungskompetenz der Vermittlungstätigkeit bei Pensionskassenleistungen durch den Bundesrat ab. Weitgehend ohne grosse Diskussionen hiess das Parlament hingegen Änderungen an zahlreichen weiteren Gesetzestexten, wie dem ZGB, dem IVG, dem ELG, dem EOG oder dem FamZG, gut.

Chronologie
Erster Entwurf
Vernehmlassung
Botschaft
Erstbehandlung im Ständerat
Behandlung im Nationalrat
Differenzbereinigungsverfahren
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Aufsicht in der 1. Säule (BRG 19.080)

Die Vernehmlassung zum Bundesgesetz über die Anstalt zur Verwaltung der Ausgleichsfonds von AHV, IV und EO dauerte bis September 2015. Der Rücklauf war unterschiedlich: Während sich fast alle Kantone zum Entwurf äusserten, gaben nur fünf der zwölf angeschriebenen Parteien eine Stellungnahme ab. Insgesamt wurde der Vorentwurf von nahezu allen Vernehmlassungsteilnehmern begrüsst. SVP und Gewerbeverband stellten jedoch die Notwendigkeit der Schaffung eines eigenen Gesetzes zur Regelung des Gegenstandes infrage.

Ausgleichsfondsgesetz

Im Juni 2015 verabschiedete der Bundesrat seinen Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die Anstalt zur Verwaltung der Ausgleichsfonds von AHV, IV und EO (AHV-, IV- und EO-Ausgleichsfondsgesetz) und schickte diesen in die Vernehmlassung. Der Gesetzesentwurf soll einerseits dazu dienen, die rechtliche Situation des Ausgleichsfonds zu klären, andererseits soll damit eine neue öffentlich-rechtliche Anstalt mit dem Namen „compenswiss Ausgleichsfonds AHV/IV/EO" gegründet werden, welche ins Handelsregister eingetragen werden soll. Letzteres erleichtert der Anstalt die Ausführung internationaler Finanzgeschäfte. Eine Anpassung der rechtlichen Grundlagen sei notwendig geworden aufgrund der angestiegenen Komplexität der Verwaltungsaufgaben des Fonds und der Ausweitung der Richtlinien für Good Governance, so der Bundesrat. Insbesondere soll die neue Anstalt den Regeln des öffentlichen Beschaffungswesens unterstellt werden, was bis anhin für den Ausgleichsfonds nicht der Fall war. Zudem regelt der Vorentwurf die weitere Schuldenrückzahlung der Invalidenversicherung an die AHV nach dem Ablauf der Zusatzfinanzierung der IV per Anfang 2018.

Ausgleichsfondsgesetz

Nachdem im Herbst 2013 die eidgenössischen Räte das revidierte Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz verabschiedet hatten und die Referendumsfrist ungenutzt verstrichen war, beschloss der Bundesrat Ende 2014, das Gesetz per 1. Februar 2015 in Kraft zu setzen. Mit der Änderung des BZG und der gleichzeitig beschlossenen Anpassung des Bundesgesetzes über die militärischen Informationssysteme (MIG; im Parlament noch nicht besprochen) sind die nötigen rechtlichen Grundlagen für die schrittweise Erweiterung des Personalinformationssystems der Armee (PISA) auf den Zivilschutz geschaffen worden. Der Bund erhält damit eine verbesserte Kontrolle über die gesetzlichen Diensttageobergrenzen bei Dienstleistungen von Angehörigen des Zivilschutzes. So sollen künftig unrechtmässige Schutzdienstleistungen und EO-Bezüge durch die Kantone und Gemeinden verhindert werden. Mit Blick auf die Umsetzung hat der Bundesrat zudem erforderliche Anpassungen der entsprechenden Verordnungen beschlossen. Das PISA betreffende Artikel werden stufenweise, entsprechend dem Fortschreiten des Projekts zur Erweiterung des PISA auf den Zivilschutz, umgesetzt.

Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes

Im Rahmen von Abrechnungen von Zivilschutztagen kam es in den Jahren 2003 bis 2009 in fast allen Kantonen zu Missbräuchen. Die Schadenssumme für den Bund belief sich auf rund sechs Millionen Franken. Dies ging aus einer Medienmitteilung des Bundesamtes für Sozialversicherungen hervor. Zahlreiche Gemeinden hatten normale Verwaltungsausgaben als Schutzdienstleistung deklariert und damit das Gemeindebudget entlastet, indem Gemeindearbeiter über die Erwerbsersatzordnung (EO) finanziert wurden. Der Bundesrat möchte deswegen auch für den Zivilschutz ein gesamtschweizerisches zentrales Datenführungssystem aufbauen. Das VBS wurde damit beauftragt, bis Ende 2011 eine Gesetzesvorlage dazu zu entwerfen. Darüber hinaus sollen vermehrt Plausibilitätskontrollen erfolgen, Doppelauszahlungskontrollen effektiver und effizienter durchgeführt sowie die Bundesaufsicht neu geprüft werden.

Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes

Da er dies mit seiner Unterstützung der diesbezüglichen Motion Stähelin (cvp, TG) mit veranlasst hatte, stimmte auch der Nationalrat diskussionslos der Übertragung der Militärversicherung (MV) an die SUVA zu. Mit Wirkung auf den 1. Juli des Berichtsjahres wurde das Bundesamt für Militärversicherung aufgelöst und sein Aufgabenbereich der SUVA angegliedert. Die MV bleibt jedoch eine eigenständige Sozialversicherung mit Finanzierung durch den Bund. Sie wird als Abteilung innerhalb des Departements Versicherungsleistungen und Rehabilitation (SuvaCare) geführt. Die SUVA übernahm das gesamte MV-Personal.

Diskussionslos überwies der Nationalrat ein Postulat (05.3650) Recordon (gp, VD), welches den Bundesrat ersucht, die Organisation der SUVA im Hinblick auf die Grundsätze der Good Governance (best practices of corporate governance) zu überprüfen.

Loi fédérale sur le transfert à la CNA de la gestion de l’assurance militaire (MCF 04.025)

Anfang Mai verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft zum Bundesgesetz über die Übertragung der Führung der Militärversicherung (MV) an die SUVA. Die MV soll von der SUVA als eigenständige Sozialversicherung geführt und deren Leistungen sowie Verwaltungskosten weiterhin vom Bund finanziert werden. Armee und Bevölkerungsschutz XXI werden, insbesondere bei den Milizangehörigen der Armee, zu einer Abnahme der Versichertenbestände bei der MV führen. SUVA und MV weisen zudem, trotz unterschiedlichem gesetzlichem Auftrag, etliche Gemeinsamkeiten im Bereich der Leistungen und der Schadensabwicklung auf. Durch die organisatorische Eingliederung werden Synergien entstehen, die mittelfristig zu Einsparungen bei den Verwaltungskosten führen sollen. Die Versicherungsleistungen der MV sind grundsätzlich nicht betroffen. Der Ständerat stimmte dem Transfer einstimmig zu.

Obgleich die Botschaft bereits absehbar war, nahm der Nationalrat eine Motion (03.3346) des Ständerats an, welche diese Eingliederung verlangte, sowie ein Postulat (04.3205) seiner SGK, das den Bundesrat ersucht, einen Bericht über Doppelspurigkeiten zwischen der Militärversicherung und den anderen Sozialversicherungen zu erstellen.

Loi fédérale sur le transfert à la CNA de la gestion de l’assurance militaire (MCF 04.025)

Im Rahmen des Entlastungsprogramms 2003 wurde eine stossende Privilegierung von Militärpersonen im Bereich der Kranken- und Nichtberufsunfallversicherung eliminiert. Diese Bundesangestellten waren bisher auch ausserhalb ihres beruflichen Einsatzes der Militärversicherung unterstellt, für welche der Bund vollumfänglich die Prämien übernimmt. Neu müssen diese Personen der MV gegenüber Prämien entrichten, welche der Grundversicherung gemäss KVG und der Nichtberufsunfallversicherung gemäss UVG entsprechen. Die Änderung wurde von beiden Kammern diskussionslos angenommen und trat umgehend auf den 1.1.2004 in Kraft.

Entlastungsprogramm 2003

Im Rahmen der Revision des Erwerbsersatzgesetzes, mit der – ausgehend von einer vom Nationalrat angenommen parlamentarischen Initiative – ein Mutterschaftstaggeld von 80% des vor der Niederkunft erzielten Erwerbseinkommens eingeführt werden soll, wurden im Gegenzug auch die Taggelder der Dienstleistenden im Militär- und Zivildienst von 65 auf 80% des entgehenden Lohnes (bis zur Höhe des maximal versicherbaren Salärs) angehoben, womit eine Gleichstellung beim Erwerbsausfall und eine Harmonisierung mit den Taggeldern der Unfallversicherung und der IV erreicht wurde. Da der Bundesrat in der Zwischenzeit in Ausführung einer als Postulat überwiesenen Motion des Nationalrats vorgeschlagen hatte, die Rekrutenentschädigung mit der Einführung von «Armee XXI» von 20 auf 25% des Höchstbetrages der Gesamtentschädigung zu erhöhen, beantragte die Kommission erfolgreich, den bundesrätlichen Entwurf nicht separat zu behandeln, sondern direkt in diese Revision einzubeziehen. Diesem Entscheid schloss sich der Nationalrat stillschweigend an und übernahm auch diskussionslos die vorgeschlagenen Erhöhungssätze.

Revision des Erwerbsersatzgesetzes Taggelder der Dienstleistenden

Getreu seinem Versprechen nach der negativ verlaufenen Volksabstimmung von 1999 legte der Bundesrat im Sommer seine Vorschläge für einen rein obligationenrechtlich geregelten bezahlten Mutterschaftsurlaub für alle Arbeitnehmerinnen vor. Der Urlaub sollte allein von den Arbeitgebern finanziert werden und entweder je nach Dienstalter 8 bis 14 Wochen oder generell 12 Wochen dauern. Ein Lastenausgleich für Unternehmen und Branchen mit einem hohen Anteil an jungen Frauen unter den Angestellten war nicht vorgesehen.

Ausweitung der Erwerbsersatzansprüche auf erwerbstätige Mütter (Pa.Iv. 01.426)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Bereits in den ersten Tagen nach der Ablehnung wurde im Parlament ein ganzer Strauss von Vorlagen eingereicht, welche die gesetzlichen Lücken beim Mutterschutz schliessen wollten oder anderweitige Entlastungen der Familien mit Kindern anregten. Der Bundesrat beantwortete alle diese Vorstösse am 20. September, wobei er einige in Postulatsform annehmen, andere hingegen ablehnen wollte. Er gab seinem Bedauern über die Verwerfung in der Volksabstimmung Ausdruck und erklärte, er halte am Ziel fest, die heutige, sozialpolitisch ungenügende Regelung des Erwerbsausfalles bei Mutterschaft gesetzgeberisch zu korrigieren. Er beabsichtige deshalb, dem Parlament zu Beginn der nächsten Legislaturperiode einen entsprechenden Lösungsvorschlag vorzulegen, wobei prioritär die Situation der unselbstständig erwerbstätigen Frauen berücksichtigt werden müsse.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Um so mehr erstaunte das klare Verdikt des Stimmvolkes. 61% sprachen sich an der Urne gegen die Mutterschaftsversicherung aus. Nach drei Anläufen (1984, 1987 und 1999) bleibt die Schweiz damit das einzige Land Europas, welches den Frauen keine gesetzlichen Leistungen bei Mutterschaft zuerkennt. Einmal mehr Anlass zu staatspolitischen Bedenken gab der tiefe Graben zwischen der deutschen und der lateinischen Schweiz. Alle Deutschschweizer Kantone lehnten die Vorlage ab, zum Teil mit Mehrheiten von über 80%. Am deutlichsten wurde die MSV in Appenzell-Innerrhoden mit rund 86% Nein-Stimmen verworfen, gefolgt von den Innerschweizer Kantonen mit annähernd 80%, also den eigentlichen Stammlanden der CVP, die sich neben der SP am stärksten für die Vorlage engagiert und die umstrittenen Grundleistungen an alle (erwerbstätigen oder nichterwerbstätigen) Mütter besonders forciert hatte. Am wenigsten ablehnend verhielten sich Kantone Basel-Stadt (43,5% Ja), Zürich (37,2%) und Bern (36,2%). Ganz anders präsentierte sich das Bild in der Romandie, wo praktisch alle Parteien die Ja-Parole ausgegeben hatten. Das Spitzenresultat erzielte die Vorlage im Kanton Genf mit 74,3% Zustimmung, gefolgt von Jura (70,3%), Waadt (64,0%) und Neuenburg (62,8%). Das Tessin hiess die Vorlage mit 62,6% gut, Freiburg mit 54,1%. Das Wallis lehnte die MSV knapp mit 49% ab, wobei das deutschsprachige Oberwallis entscheidend zur Verwerfung beitrug.


Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung
Abstimmung vom 13. Juni 1999

Beteiligung: 45,9%
– Ja: 822 458 (39%)
– Nein: 1 286 824 (61%)

Parolen:
– Ja: CVP (1*), SP, Grüne, LPS (*1), EVP, LdU, PdA; SGB, CNG, VSA, SBV, FDP-Frauen Schweiz.
– Nein: FDP (7*), SVP (2*), FPS, SD (*1), EDU; Vorort, Arbeitgeber, SGV.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Bereits mehrere Wochen bevor das Referendum am 9. April fristgerecht mit 70'320 gültigen Unterschriften eingereicht wurde, verlautete, der Bundesrat habe (wenn auch noch informell) beschlossen, die Volksabstimmung über die MSV auf den 13. Juni anzusetzen. Begründet wurde dies damit, dass wegen der eidgenössischen Wahlen für den Herbst kein Abstimmungstermin vorgesehen war; eine Verschiebung auf das Jahr 2000 lehnte der Bundesrat ab, weil der über 50jährige Verfassungsauftrag keinen weiteren Aufschub dulde. Dieses recht unschweizerische Tempo gab zu der Vermutung Anlass, die Befürworter der MSV in der Landesregierung wollten die Abstimmung unbedingt noch im Wahljahr durchpauken, weil damit wiederkandidierende Parlamentarierinnen und Parlamentarier besser auf ihrem Ja des Vorjahres behaftet werden könnten. Je nach Standpunkt wurde dieses Vorgehen des Bundesrates als geschickter Schachzug oder aber als politische „Zwängerei“ eingestuft. Jedenfalls entstand dadurch die ungewohnte Situation, dass das Referendumskomitee mitten in der Phase der Unterschriftensammlung bereits ihr Argumentarium für das "Bundesbüchlein" abliefern musste. Zudem blieben nur ganz wenige Tage, um die eingegangenen Unterschriften auszuzählen und zu beglaubigen, da der Bundesrat spätestens zwei Monate vor einem eidgenössischen Urnengang bekannt geben muss, welche Geschäfte zur Abstimmung gelangen.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Das Vorpreschen des Bundesrates führte auch dazu, dass die Abstimmungskampagne unmittelbar nach Einreichung des Referendums einsetzte. Dabei waren die Meinungen bei den meisten Parteien, Gruppierungen und Vereinigungen von Anfang an klar. Die CVP, das links-grüne Lager sowie die EVP und der LdU waren ebenso dezidiert dafür wie die SVP und die rechts-bürgerlichen Parteien dagegen. Nicht recht entscheiden mochte sich angesichts des Widerstands aus der Wirtschaft die FDP, deren Abgeordnete im Vorjahr noch mehrheitlich der MSV zugestimmt hatten. Neben der nicht definitiv geregelten Finanzierung kritisierten die Gegner vor allem die Grundleistungen für alle werdenden Mütter, welche den eigentlichen Versicherungsgedanken sprengten. Am meisten fielen bei den Freisinnigen jedoch die Unterschiede zwischen den Landesteilen ins Gewicht. Während sich in der Deutschschweiz zusehends Opposition gegen die Vorlage breit machte, stellten sich die welschen Kantonalsektionen nach wie vor geschlossen dahinter. An der Delegiertenversammlung in Brig schwang die ablehnende Haltung der Deutschschweizer nach einer hitzigen Debatte mit 85 zu 73 Stimmen obenaus, und die Partei beschloss die Nein-Parole. Da in der Zwischenzeit jedoch in Arbeitgeberkreisen die Nein-Front bröckelte, weil immer mehr Firmenverantwortliche realisierten, dass sie mit einer MSV finanziell eher entlastet würden, schien die Ausgangslage am Vorabend der Abstimmung noch völlig offen.

Offiziell wurde die Abstimmungskampagne Ende April mit einer gemeinsamen Pressekonferenz von BR Dreifuss und BR Villiger lanciert; Villiger stellte sich „nicht bedingungslos“ hinter die Vorlage, bezeichnete sie aber als „wirtschaftsverträglich und vernünftig“

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Wie bereits bei der Behandlung im Parlament angedroht, wurde im Januar von der Jungen SVP mit Unterstützung bürgerlicher Politikerinnen sowie der Präsidenten von Arbeitgeber- und Gewerbeverband das Referendum gegen die vom Parlament im Vorjahr verabschiedete Mutterschaftsversicherung ergriffen. Hauptargument der Gegnerinnen und Gegner der Vorlage war, mit den Beschlüssen des Parlaments sei ein neuer Sozialversicherungszweig „auf Pump“ eingeführt worden, der mit dem Verzicht auf eine vorgängige Mehrwertsteuerabstimmung am Volk „vorbeigemogelt“ werden solle und erst noch nach dem Gieskannenprinzip funktioniere. Prominent im Referendumskomitee vertreten waren die Nationalrätinnen Egerszegi (fdp, AG), Fehr (svp, ZH), Florio (lp, VD) sowie deren Vorgängerin Sandoz. Praktisch gleichzeitig konstituierte sich ein bürgerliches Pro-Komitee, dem auf FDP-Seite – neben der Zürcherin Nabholz – mehrheitlich Parlamentarierinnen aus der Romandie angehörten. Aus der CVP engagierten sich vor allem Dormann (LU) und Zapfl (ZH). Die SVP war hier lediglich mit Gadient (GR) vertreten; immerhin erhielt sie Unterstützung von der ehemaligen SVP-Generalsekretärin Welti.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

In der Wintersession debattierte der Ständerat noch einmal heftig über die Finanzierung bzw. über deren Fahrplan. Mit 23 zu 21 Stimmen schloss sich die kleine Kammer dann doch dem Nationalrat an, was bedeutet, dass die MSV auch ohne vorgängige MWSt-Abstimmung eingeführt werden kann. Zu verdanken war der Entscheid vor allem der Geschlossenheit und Diszipliniertheit der CVP, welche die Linke unterstützte. Die Freisinnigen (mit Ausnahme von Saudan, GE), die SVP und die Liberalen stimmten dagegen. Nach diesem Grundsatzentscheid waren nur noch unwesentliche Details zu bereinigen. In der Gesamtabstimmung wurde das Gesetz im Nationalrat mit 116 zu 58 Stimmen verabschiedet, mit 25 zu 10 Stimmen im Ständerat.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Im Ständerat beantragte die Kommission Festhalten an den ursprünglichen Beschlüssen. Bei der Untergrenze der Entschädigung für allgemeine Dienste setzte sie sich diskussionslos durch. Beim Mindestsatz für Beförderungsdienste obsiegte hingegen mit 23 zu 10 Stimmen der Antrag einzelner Vertreter von LP, FDP und CVP, in diesem Punkt dem Nationalrat zu folgen. Als Sprecher der Minderheit argumentierte Rochat (lp, VD), hier handle es sich vor allem um junge Leute am Ende ihrer Ausbildung, die fürs ”Weitermachen” möglicherweise auf eine erste Arbeitsstelle verzichten, weshalb sie nicht für ihr Engagement zugunsten der Armee bestraft werden dürften. Angesichts des klaren Votums der kleinen Kammer kam auch der Nationalrat auf die zuvor beschlossene Anhebung des Mindestsatzes für allgemeine Dienste zurück und stimmte dem Ständerat zu.

6. EO-Revision (BRG 98.022)
Dossier: 6. Revision des Bundesgesetzes über die Erwerbsersatzordnung für Dienstleistende in Armee, Zivildienst und Zivilschutz (EOG, 1993-1998)