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In der Jurafrage wurde im Berichtsjahr ein wichtiger Schritt zur Versachlichung der Auseinandersetzung eingeleitet. Unter dem Patronat des Bundesrats einigten sich die Regierungen der Kantone Bern und Jura, den Dialog zwischen Vertretern des Kantons Jura und des Berner Juras zu institutionalisieren. Dazu soll eine paritätisch zusammengesetzte und von einer vom Bundesrat bezeichneten neutralen Persönlichkeit präsidierte "Assemblée interjurassienne" geschaffen werden. Dieses Forum soll einerseits über die Zukunft der Region diskutieren und andererseits zuhanden der Kantonsregierungen Vorschläge für eine Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit entwickeln. Die Entscheidungen dieses Rates müssen sich auf die mehrheitliche Zustimmung in beiden Delegationen stützen. Aus dem Bericht Widmer wurde also die Idee einer gemeinsamen Institution übernommen, nicht aber die Vorgabe, dass der Dialog zu einem Vorschlag für einen Anschluss der drei französischsprachigen Berner Bezirke an den Kanton Jura führen müsse. Beide Seiten hatten Konzessionen gemacht. Bern hatte der These zugestimmt, dass die sechs jurassischen Bezirke gemeinsame Interessen haben. Die jurassische Regierung anerkannte die Gültigkeit der bestehenden Kantonsgrenzen und kündigte an, dass sie das Ausführungsgesetz zur Volksinitiative "Unir", welche den Kampf für eine Wiedervereinigung zu einem prioritären Staatsziel deklariert, zurückziehen werde.
Die Reaktionen fielen in der Presse sehr positiv aus. Weniger eindeutig war das Echo im Jura selbst. Im Berner Jura kritisierte zwar die SVP des Bezirks Moutier die Nachgiebigkeit der Berner Regierung und bemängelte vor allem, dass die bernische Delegation ohne Vertreter der Stadt Biel gebildet werden soll. Die SP und die FDP begrüssten hingegen das Abkommen ebenso wie ihre jurassischen Schwesterparteien und die berntreue "Force démocratique" (FD). Bei der CVP war die jurassische Sektion eher positiv, die bernjurassische zum Teil engagiert negativ eingestellt.
Auf Seite der Autonomisten verurteilte das "Mouvement autonomiste jurassien" (MAJ), die Nachfolgeorganisation der beiden jurassischen Autonomie-Bewegungen "Rassemblement jurassien" und "Unité jurassiennne", die Vereinbarung mit scharfen Worten. Die jurassische Regierung wurde des Verrats bezichtigt, da sie den Berner Jura als nicht per se zum Kanton Jura gehörende Region anerkennen und damit das Ziel einer Wiedervereinigung preisgeben würde. Nach der Zustimmung des jurassischen Parlaments zum Abkommen passte sich das MAJ den neuen Gegebenheiten an - ohne allerdings seine Verratsvorwürfe an die Adresse der jurassischen Regierung zurückzunehmen - und deklarierte, dass es sich in der nächsten Zeit für eine möglichst grosse Autonomie der bernjurassischen Bezirke innerhalb des Kantons Bern einsetzen werde. Diese Autonomie werde dann zwangsläufig zu einer "Befreiung des Südjuras" und einer Wiedervereinigung des gesamten jurassischen Volkes führen. Eine ähnliche Begründung führte der "Bélier" bereits in einer ersten Stellungnahme an: Er begrüsste das Abkommen und gab sich überzeugt, dass sich die Südjurassier in einem Dialog ohne die Anwesenheit deutschbernischer und Bieler Vertreter rasch von den Vorteilen eines Kantonswechsels überzeugen lassen würden. In späteren Äusserungen meldete auch der Bélier Vorbehalte an, allerdings ohne sich gegen die Einsetzung eines Diskussionsforums auszusprechen.
Die bernische Regierung hatte bereits beim Abschluss der Vereinbarung bekanntgegeben, dass die bernjurassische Delegation aus den 12 Kantonsparlamentariern der drei Bezirke Courtelary, Moutier und La Neuveville (darunter drei Autonomisten) gebildet werde. Der Berner Grosse Rat stimmte der Vereinbarung bei lediglich zwei Gegenstimmen aus dem Lager der Autonomisten zu. Die jurassische Regierung beschloss, das Abkommen angesichts seiner grossen politischen Bedeutung ebenfalls vom Parlament ratifizieren zu lassen. Dieses stimmte mit 47:4 Stimmen bei 8 Enthaltungen zu; auf eine Forderung des MAJ nach einer kantonalen Volksabstimmung trat es nicht ein, und das MAJ verzichtete auch auf die Lancierung eines Referendums.
Die eröffnende Sitzung der "Assemblée interjurassienne" fand am 11. November in Moutier (BE) statt; der Bundesrat hatte mit dem Einverständnis der Kantone Bern und Jura alt Bundesrat Felber zum Vorsitzenden ernannt.

Gründung der Assemblée interjurassienne
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Das Berner Kantonsparlament stimmte in zweiter Lesung der Schaffung von zwei neuen Körperschaften zur Vertretung der Interessen der drei französischsprachigen Bezirke und Biels zu. Es beschloss dabei, dass der Regionalrat aus den Grossräten und den vom Volk gewählten Bezirksstatthaltern gebildet werden soll.

Grösseres politisches Gewicht für den Berner Jura
Dossier: Autonomie im Berner Jura (vor dem Conseil du Jura Bernois)

Der Nationalrat überwies eine Motion Gross (sp, ZH), welche verlangt, dass Kantonswechsel von Gemeinden nur noch die Zustimmung der betroffenen Kantone, hingegen nicht mehr des Bundes bedürfen, als Postulat. Der Bundesrat hatte dazu ausgeführt, dass derartige Neuerungen im Rahmen einer Totalrevision der Bundesverfassung realisiert werden sollten.

(Mo. 93.3132) Revision des Verfahrens beim Kantonswechsel von Gemeinden
Dossier: Neues Verfahren bei Veränderungen von Kantonsgebieten

Trotz verschiedentlichem Drängen autonomistischer Organisationen nahm der Bundesrat noch nicht Stellung zum Bericht. Im Dezember kündigte er an, dass er auch zu Beginn des Jahres 1994 seine Konsultationen mit den beiden betroffenen Kantonsregierungen fortsetzen wolle. Einig sei man sich in den bisherigen Treffen über die Notwendigkeit eines Dialog geworden, noch nicht aber über Form und Inhalt dieser Gespräche.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Wenigstens in einem Punkt ging die Berner Regierung mit den Ratschlägen der Kommission Widmer einig und leitete bereits erste Schritte zu deren Realisierung ein. Sie beschloss, unverzüglich und ohne Vorbedingungen die Grundlagen für den Kantonswechsel der Gemeinde Vellerat zu schaffen, die nach den Plebisziten als einzige gegen ihren Willen beim Kanton Bern bleiben musste. Dabei soll das bisher für Gebietsveränderungen übliche Verfahren mit Abstimmungen in der Gemeinde, dann in den beiden betroffenen Kantonen und schliesslich im Bund eingehalten werden. Ein entsprechendes Gesetz will die Regierung 1994 dem Grossen Rat vorlegen. Im Gegensatz zu früheren diesbezüglichen Vorschlägen verzichtete sie jetzt darauf, das Schicksal von Vellerat mit demjenigen von Ederswiler, der einzigen deutschsprachigen Gemeinde des Kantons Jura, zu verknüpfen. Im November gab die Regierung einen entsprechenden Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung. Die Forderung der Gemeinde Vellerat nach einem beschleunigten Verfahren, das auf einem nur vom eidgenössischen Parlament zu genehmigenden Konkordat zwischen den betroffenen Kantonen beruht und auf Volksabstimmungen verzichtet, lehnte sie als nicht bundesrechtskonform ab.

Grundlagen für den Kantonswechsel der Gemeinde Vellerat
Dossier: Vellerat und Ederswiler

Die jurassische Regierung beschloss, den zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilten Pascal Hêche nicht an den Kanton Bern auszuliefern und ihn seine Strafe unter Aufsicht der jurassischen Vollzugsbehörden absitzen zu lassen. Dieser Entscheid, der dem Bundesgerichtsurteil vom Vorjahr entsprach, trug ihr heftige Kritik des Bélier und des RJ (Rassemblement jurassien) ein, welche einen neuen Prozess forderten. Das jurassische Kantonsparlament beschloss kurz nach dem Strafantritt, auf ein Gnadengesuch Hêches einzutreten und ihm mit dem Argument, dass seine Tat politisch motiviert gewesen sei, die Hälfte der Strafe zu erlassen. Die Berner Regierung bestritt die Kompetenz des jurassischen Parlaments zu dieser Begnadigung; sie verzichtete aber auf eine Beschwerde beim Bundesgericht, da die Erfahrung mit der Initiative "Unir" gezeigt habe, dass sich dieses Parlament ohnehin nicht an Urteile dieser Instanz halten würde.

Pascal Hêche-Mitglied der Gruppe Bélier
Dossier: Jurakonflikt: Anschläge und Terrorismus

Die Reaktionen auf den Bericht Widmer fielen sehr unterschiedlich aus. Die Berner Regierung bekundete ihre Enttäuschung, die berntreuen Organisationen des Berner Juras waren empört. Ihre Hauptkritik richtete sich an die Vorgabe, dass der aufzunehmende Dialog, der an sich begrüssenswert sei, einzig auf das Ziel einer Vereinigung ausgerichtet sein soll. Die Force Démocratique (FD) als wichtigste antiseparatistische Organisation machte die Aufnahme eines Dialogs abhängig vom Verzicht des Kantons Jura auf seine "Annexionsgelüste", wie sie insbesondere im Ausführungsgesetz zur Unir-Initiative zum Ausdruck kämen. Unzufrieden mit dem Bericht waren auch die Behörden der Stadt Biel. Sie kritisierten, dass die Konsequenzen der von der Kommission postulierten Abtrennung des mit der Stadt eng verbundenen Berner Juras für die Zukunft ihrer zweisprachigen Stadt nicht analysiert worden seien. Innert weniger Wochen sammelten die Kritiker des Berichts im Berner Jura und in Biel 20'000 Unterschriften für eine Petition an den Bundesrat mit der Aufforderung, den Empfehlungen des Berichts keine Folge zu leisten.
Positiv nahmen die jurassische Regierung, die Behörden der Stadt Moutier und die autonomistischen Organisationen – diese sahen im Bericht den wichtigsten "moralischen Sieg" des Juras seit 1815 – die Ausführungen der Kommission auf und beurteilten sie als realistische Konfliktlösungsvorschläge. Das RJ betonte aber, dass dieser vorgeschlagene Dialog keinesfalls die Begründung einer Kooperation über die bestehenden Kantonsgrenzen zum Ziel haben dürfe, sondern einzig der Vereinigung gewidmet sein müsse. Von den nationalen Parteien kritisierte die FDP den Bericht, während er von der CVP gelobt wurde. Auf lokaler Ebene veröffentlichte die jurassische SP gemeinsam mit der SP und der autonomistischen PSA des Berner Juras eine Stellungnahme, welche die Aufnahme eines Dialogs begrüsst, dabei aber dem von der Kommission Widmer postulierten Ziel einer Vereinigung nicht erste Priorität einräumt.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Der Wechsel des bisher bernischen Bezirks Laufen zum Kanton Basel-Land wurde im Berichtsjahr definitiv beschlossen. Der Bundesrat beantragte in seiner Botschaft vom 27. Januar dem Parlament sowie Volk und Ständen, dieser territorialen Veränderung, welche zuvor von den Stimmberechtigten der beiden betroffenen Kantone angenommen worden war, ebenfalls zuzustimmen.
Der Ständerat hiess diesen Antrag ohne Gegenstimmen gut. In der Diskussion im Nationalrat gab vor allem die äusserst knappe Mehrheit zu reden, mit der sich 1989 die Laufentaler für Basel-Land entschieden hatten (51,7% zu 48,3%). Ein Nichteintretensantrag Scherrer (edu, BE), der die Forderung nach einer qualifizierten Mehrheit der Betroffenen für Gebietsveränderungen ins Feld führte, wurde abgelehnt. Nicht durchzusetzen vermochte sich auch ein Antrag Seiler (svp, BE), der die Anerkennung des Kantonswechsels davon abhängig machen wollte, dass in der eidgenössischen Abstimmung nicht nur Volk und Stände, sondern auch der betroffene Bezirk zustimmen. Im Gegensatz zu dem etwa beim Bau von Infrastrukturanlagen üblichen Diskurs wandten sich nun vor allem die Vertreter der SP und der Grünen gegen eine derartige "Betroffenheitsdemokratie", während sie für eine Mehrheit der SVP und der FDP in diesem seltenen Fall eines "Heimatwechsels" berechtigt erschien. Die Gegner einer solchen "dreifachen" Mehrheit von Volk, Ständen und betroffenem Bezirk argumentierten zusammen mit Bundesrat Koller im wesentlichen verfassungsrechtlich, indem sie darauf hinwiesen, dass weder in der bernischen noch in der eidgenössischen Verfassung ein derartiges Verfahren vorgesehen sei. Nationalrat Bonny (fdp, BE) reichte eine Motion ein, welche für Kantonswechsel in Zukunft eine Zweidrittelsmehrheit der Stimmenden des betroffenen Gebiets fordert. In der Schlussabstimmung hiessen die Räte mit 30:2 resp. 112:27 den bundesrätlichen Antrag gut.
Die Kampagne zur Volksabstimmung vom 26. September warf keine hohen Wellen. Von den Parteien entschieden sich auf nationaler Ebene ausser den SD, der AP und der EDU alle für die Genehmigung des Kantonswechsels. Weniger eindeutig fielen jedoch die Parolen bei den Parteien der umliegenden Kantone aus. Die Delegierten der bernischen SVP empfahlen mit 147:90 Stimmen bei 76 Enthaltungen die Nein-Parole; mit 131:52 noch deutlicher war die Ablehnung bei der bernischen FDP. Im Kanton Solothurn entschied sich die CVP knapp für ein Ja, während die Freisinnigen die Stimme freigaben; die SVP lehnte ebenso ab wie diejenige des Kantons Aargau. Für Stimmfreigabe plädierten auch die Neuenburger Freisinnigen. Wichtigstes Argument der Befürworter war, dass der Entscheid des Laufentals jetzt sanktioniert werden müsse und diese Region geografisch, wirtschaftlich und kulturell ohnehin zu Basel-Land gehöre. In der Propaganda der Gegner wurde das Hauptgewicht auf die Knappheit der Laufentaler Volksabstimmung gelegt und die Befürchtung artikuliert, dass mit der Anerkennung eines derartigen "Zufallsentscheids" Grenzveränderungen Tür und Tor geöffnet würden.

Kantonswechsel Laufental
Abstimmung vom 26. September 1993

Beteiligung: 39,5,%
Ja: 1 188 941 (75,2%) / 20 6/2 Stände
Nein: 392 893 (24,8%) / 0 Stände

Parolen: Ja: FDP (2*), SP, CVP, SVP (5*), GP, LP, LdU, EVP, PdA.
Nein: AP, SD, EDU.
Stimmfreigabe: Lega.
*Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Das Ergebnis der Volksabstimmung fiel mit einer Dreiviertelmehrheit klar aus. Kein einziger Kanton lehnte den Kantonswechsel ab. Die knappste Zustimmung resultierte in den Kantonen Solothurn (55,6%), Bern (57,2%), Schaffhausen (64,7%) und Basel-Land (66,8%). Im betroffenen Bezirk Laufen selbst stimmten bei einer hohen Beteiligung (rund 90%) 4'906 Personen dafür, 4'390 dagegen (52,8% zu 47,2%); in 6 der 13 Gemeinden, darunter auch im Bezirkshauptort, überwogen die Gegner.
Auf 1. Januar 1994 wurde der Übertritt vollzogen. Die dazu erforderlichen administrativen Vereinbarungen waren vorher von den Regierungen der beiden Kantone ausgehandelt und vom Laufentaler Bezirksrat gutgeheissen worden. Damit wurde der mit dem bernischen Verfassungszusatz aus dem Jahre 1970 eröffnete Weg der Selbstbestimmung der 1815 zum Kanton Bern gestossenen Teile des ehemaligen Fürstbistums Basel abgeschlossen.

Eidgenössische Volksabstimmung 1993 (BRG 93.009)
Dossier: Kantonswechsel des Laufentals

Der Berner Grosse Rat verabschiedete in erster Lesung die Vorschläge der Regierung für die Bildung neuer Institutionen zur Wahrung der Interessen der französischsprachigen Bezirke und Biels. Umstritten, und deshalb noch nicht bereinigt, blieb die Bestimmung, dass im Regionalrat neben den Grossräten auch die vom Volk gewählten Bezirksstatthalter Einsitz haben sollen.

Grösseres politisches Gewicht für den Berner Jura
Dossier: Autonomie im Berner Jura (vor dem Conseil du Jura Bernois)

Am 13. September, einen Tag nach dem Fest des jurassischen Volkes, verstarb der an Krebs erkrankte Roland Béguelin in seinem 72. Altersjahr. Der aus Tramelan (BE) stammende Béguelin war seit 1950 Redaktor der Wochenzeitschrift "Jura libre" und seit 1952 Generalsekretär des RJ gewesen. Er hatte in diesen Funktionen wesentlichen Anteil am Kampf für die Trennung der drei nordjurassischen Bezirke vom Kanton Bern und an der Gründung des Kantons Juras gehabt. Die Übernahme eines Exekutivamtes im neuen Kanton hatte er jedoch abgelehnt, um sich ganz dem mit unnachgiebiger Härte verfolgten Ziel einer Vereinigung der bernisch gebliebenen südlichen Bezirke mit dem Kanton Jura zu widmen.

Tod Roland Béguelins
Dossier: Rassemblement jurassien (RJ) nach der Gründung des Kantons Jura

Die Bundesanwaltschaft verhaftete im Laufe der Untersuchung zwei Mitglieder des Béliers und entdeckte nicht zuletzt dank deren Geständnissen mehrere Sprengstoffdepots in den Freibergen (JU) sowie Pläne für weitere Anschläge. Ende Februar verhaftete die Bundespolizei dann auch noch den Chef des Bélier, Daniel Pape, und fand im Keller seines Wohnhauses 50 Handgranaten. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft dementierte Pape Indiskretionen aus dem EJPD, die besagten, dass er über die Anschläge informiert gewesen sei. Zu den Handgranaten gab er an, dass er sie vor seiner Haustüre gefunden und dann versteckt habe, um zu verhindern, dass jemand sie verwenden könnte. Als Leiter des Bélier trat er zurück.

Verhaftung und Prozess Daniel Pape (Chef des Bélier)
Dossier: Jurakonflikt: Anschläge und Terrorismus

Auch in den Organisationen der Autonomisten gewann die Überzeugung an Boden, dass mit der bisherigen unerbittlichen Konfliktstrategie nie eine Mehrheit unter der Bevölkerung der drei bernischen Bezirke gewonnen werden könne. Gegen den Willen des zu diesem Zeitpunkt schon schwerkranken Roland Béguelin, des Sekretärs des Rassemblement jurassien, beschlossen der Vorstand des RJ und die Leitung der im Berner Jura aktiven Unité jurassienne eine Fusion ihrer beiden Organisationen einzuleiten. Mit dieser neuen Organisation unter dem Namen Mouvement autonomiste jurassien soll nach Ansicht der Promotoren nicht nur die Position der Autonomisten in den bernisch gebliebenen Bezirken gestärkt, sondern auch eine undogmatischere und dialogbereitere Politik eingeleitet werden.

Fusion mit der Unité jurassienne (UJ) zum Mouvement autonomiste jurassien (MAJ)
Dossier: Rassemblement jurassien (RJ) nach der Gründung des Kantons Jura

Am 7. März präsentierte die im Vorjahr vom Bundesrat eingesetzte Konsultativkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Zürcher Stadtpräsidenten Widmer (ldu) ihren Bericht. Sie beurteilte darin die Beibehaltung des Status quo als unhaltbar. Geschichtliche, kulturelle und wirtschaftliche Faktoren würden für eine Vereinigung der drei bernischen Bezirke mit dem Kanton Jura sprechen. Da zur Zeit rund zwei Drittel der betroffenen Bevölkerung des Berner Juras gegen einen Kantonswechsel sind, soll zuerst eine paritätisch zusammengesetzte und von einem neutralen Vorsitzenden präsidierte Kommission mit Mitgliedern aus dem Kanton Jura und dem Berner Jura einen Dialog aufnehmen. Ziel dieser Gespräche wären die Ausarbeitung von Garantien zugunsten des Berner Juras nach einer Vereinigung mit dem Kanton Jura. Diese Vereinbarung würde dann nach spätestens sieben Jahren den Stimmberechtigten beider Regionen getrennt zur Abstimmung vorgelegt und, im Falle einer Annahme durch beide Körperschaften, zur Gründung eines neuen Kantons führen. Sollte sich dieser Weg nicht durchsetzen, wäre für die Kommission die Gründung eines Halbkantons "Jura-Süd" noch vor einem Autonomiestatut im Kanton Bern die nächstbeste Lösung. Im schlechtesten Fall wäre ein Kantonswechsel der Gemeinden mit autonomistischer Mehrheit ins Auge zu fassen. Für die Gemeinden Vellerat und Ederswiler schlägt die Kommission die sofortige Einleitung eines Verfahrens zum Kantonswechsel vor, hingegen soll sich die mehrheitlich separatistische Gemeinde Moutier bis zum Abschluss des angestrebten Dialogs gedulden.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Im Auftrag der Berner Regierung hatte der Genfer alt Staatsschreiber Dominique Haenni einen Bericht über die Lage der Romands im Kanton Bern verfasst. Neben einer detaillierten Bestandesaufnahme machte der Autor auch einige Vorschläge für die Zukunft der drei französischsprachigen Bezirke. Er empfahl ihnen namentlich, in wirtschaftlichen, kulturellen und auch politischen Fragen vermehrt den grenzüberschreitenden Dialog zu suchen. Dank der daraus entstehenden regionalen Identität könnte auch eine grössere Autonomie innerhalb des Kantons Bern angestrebt werden.

Bericht Dominique Hänni: Die Romands im Kanton Bern
Dossier: Autonomie im Berner Jura (vor dem Conseil du Jura Bernois)

Das "Institut jurassien des sciences, des lettres et des arts", eine Vereinigung von rund 50 aus dem Jura stammenden Persönlichkeiten, forderte in einer öffentlichen Erklärung noch vor dem Erscheinen des Berichts Widmer beide Seiten zu einem Dialog auf. Dabei dürfe angesichts der unveränderten Opposition der Mehrheit der Bewohner des Berner Juras nicht eine Vereinigung das Ziel sein, sondern die Förderung einer strukturierten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zusammenarbeit. Erst wenn sich aufgrund dieser Aktivitäten die gegenseitigen Vorurteile und Animositäten abgebaut hätten, seien weitere Schritte angebracht.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Die im Vorjahr aufgetretene Häufung von Gewaltakten gegen bernische Personen und Einrichtungen setzte sich zu Jahresbeginn fort, fand dann aber ein abruptes Ende. Am frühen Morgen des 7. Januars kam es zu einem Bomben-Attentat auf das Haus des antiseparatistischen Berner Grossrats Houriet (fdp) in Courtelary, wobei eine Person verletzt wurde. In der gleichen Nacht explodierte in der Berner Altstadt in einem parkierten Auto eine Bombe, wobei der offenbar mit der Manipulation des Sprengstoffs beschäftigte Wageninsasse ums Leben kam. Beim Verunfallten handelte es sich um einen jungen, der autonomistischen Gruppe Bélier angehörenden Aktivisten. Während die Medien die Gewaltakte verurteilten und zur Besinnung aufriefen, machte das Rassemblement jurassien (RJ) die Behörden und dabei insbesondere das Bundesgericht wegen seines Urteils im Fall Hêche für die Ereignisse verantwortlich. Der Leiter des Bélier, Daniel Pape, stritt wie schon bei früheren Attentaten jegliches Mitwissen oder gar eine Beteiligung seiner Organisation ab und betonte, dass diese nur mit gewaltfreien Mitteln kämpfe.

Anschläge im Zusammenhang mit dem Jura-Konflikt (bis 1993)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Jurakonflikt: Anschläge und Terrorismus

Die Anschläge gegen bernische Personen und Einrichtungen im Zusammenhang mit dem Jura-Konflikt setzten sich zu Jahresbeginn fort, fanden dann aber ein abruptes Ende. Am frühen Morgen des 7. Januars kam es zu einem Bomben-Attentat auf das Haus des antiseparatistischen Berner Grossrats Houriet (fdp) in Courtelary. In der gleichen Nacht explodierte in der Berner Altstadt in einem parkierten Auto eine Bombe, wobei der offenbar mit der Manipulation des Sprengstoffs beschäftigte Wageninsasse ums Leben kam. Beim Verunfallten handelte es sich um einen jungen, der autonomistischen Gruppe Bélier angehörenden Aktivisten. Die Bundesanwaltschaft verhaftete im Laufe der anschliessenden Untersuchung zwei Mitglieder des Béliers und entdeckte nicht zuletzt dank deren Geständnissen mehrere Sprengstoffdepots in den Freibergen (JU) sowie Pläne für weitere Anschläge.

Anschläge im Zusammenhang mit dem Jura-Konflikt (bis 1993)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Jurakonflikt: Anschläge und Terrorismus

Der Wechsel des Laufentals von Bern zu Basel-Land kam weiterhin planmässig voran. Die Kantonsbehörden der beiden betroffenen Kantone einigten sich auf das Vorgehen und den Zeitplan bei der Obernahme der Verwaltung und bei der Vermögensausscheidung.
Mit der neuen Kantonszugehörigkeit haben sich allerdings noch nicht alle Gemeinden des Laufentals abgefunden. Die Gemeinde Roggenburg hatte sich in den Plebisziten der siebziger Jahre für einen Wechsel vom Bezirk Delémont (JU) zu Laufen entschieden, um im Kanton Bern zu bleiben. In den Volksabstimmungen für den Anschluss des Laufentals an Basel-Land hatten sich die Roggenburger jeweils mit klaren Mehrheiten gegen einen Kantonswechsel ausgesprochen. Nun verlangten sie in einer von der Gemeinde durchgeführten Konsultativabstimmung mit 78:22 Stimmen, dass ihr historisch nicht zum Bezirk Laufen gehörendes Dorf beim Kanton Bern bleiben darf. Das RJ (Rassemblement jurassien) seinerseits forderte den Anschluss der deutschsprachigen Gemeinde Roggenburg an den Kanton Jura. Das RJ hielt auch fest, dass es einen Kantonswechsel von Ederswiler, der einzigen deutschsprachigen Gemeinde des Kantons Jura, nicht akzeptieren wird. In den Dörfern Brislach und Wahlen dauerte die Opposition gegen den Anschluss an Basel-Land ebenfalls noch an; beide würden einen Wechsel in den angrenzenden Kanton Solothurn vorziehen. Der bernische Regierungsrat verbot allerdings die Durchführung einer Volksabstimmung, da das Gesetz für den Entscheid über die Kantonszugehörigkeit des Laufentals keine "opting-out-Klauseln" für dissidente Gemeinden vorsehe. Die Initianten zogen diesen Entscheid an das Bundesgericht weiter, erlitten aber auch dort eine Niederlage.

Roggenburg will beim Kanton Bern bleiben
Dossier: Kantonswechsel des Laufentals

Die Berner Regierung gab gegen Jahresende den Entwurf für ein Gesetz in die Vernehmlassung, welches die Zusammenarbeit innerhalb des Berner Juras stärken und dieser Region ein grösseres politisches Gewicht verleihen soll. Die bisherige konsultative Fédération des communes du Jura bernois soll durch zwei Organe ersetzt werden: einen Regionalrat, dem die französischsprachigen Grossräte sowie die vom Volk gewählten Regierungsstatthalter der drei jurassischen Bezirke und des sprachlich gemischten Bezirks Biel angehören und eine Konferenz der Gemeindepräsidenten. Während das erste Organ die politischen Mitwirkungsrechte ausübt, indem es bei Gesetzen, Finanzbeschlüssen etc., welche diese Region betreffen, zuhanden der Behörden Stellungnahmen abgibt und Anträge unterbreitet, soll das zweite primär der Koordination und Zusammenarbeit der Gemeinden unter sich dienen.

Grösseres politisches Gewicht für den Berner Jura
Dossier: Autonomie im Berner Jura (vor dem Conseil du Jura Bernois)

Das Bundesgericht hatte Ende 1991 die Strafe von 22 Monaten Zuchthaus gegen ein wegen der Zerstörung eines mittelalterlichen Brunnens in der Berner Altstadt verurteiltes Mitglied der Gruppe Bélier bestätigt. Der Verurteilte, Pascal Hêche, reichte daraufhin bei den jurassischen Behörden ein Asylgesuch ein. Er brachte damit die Kantonsregierung in eine schwierige Lage. Diese ist einerseits gegenüber dem Kanton Bern, der ein Auslieferungsgesuch gestellt hatte, gemäss dem Gesetz über die Bundesrechtspflege zu Rechtshilfe verpflichtet. Andererseits würde sie bei einer Auslieferung eines militanten Kämpfers für die jurassische Einheit an Bern unter massiven Beschuss aus den eigenen Reihen geraten. Ein Ausweg aus diesem Dilemma tat sich auf, als nachträglich von Juristen eine seit Jahrzehnten nicht mehr angewendete Verfassungsbestimmung (Art. 67 BV) entdeckt wurde, die es den Kantonen ermöglicht, bei politischen Delikten auf eine Auslieferung zu verzichten. Das letzte Mal war diese Bestimmung vor 70 Jahren angewendet worden, als der Kanton Schaffhausen die Auslieferung eines im Aargau wegen "landesverräterischer" Publikationen verurteilten Politikers verweigerte. Die jurassischen Behörden kündigten an, mit dem Entscheid über die Auslieferung zu warten, bis das Bundesgericht entschieden hat, ob es sich bei der Tat um, wie von den bernischen Gerichten behauptet, einen Vandalenakt oder um ein politisches Delikt gehandelt hat. Die Berner Regierung ersuchte in der Folge das Bundesgericht um ein diesbezügliches Urteil. Im Dezember entschied dieses, dass es sich bei der Tat im weitesten Sinne um ein politisches Delikt gehandelt hat. Dies habe zwar keine Strafmilderung zur Folge, erlaube aber dem Kanton Jura, auf die Auslieferung an Bern zu verzichten und die Strafe selbst zu vollziehen. Eine Neubeurteilung des Falls durch ein jurassisches Gericht kommt gemäss dem Urteil des Bundesgerichts nicht in Frage, da damit die Grundregel verletzt würde, dass jemand für eine Tat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt werden darf. (Zur Zerstörung des Berner Gerechtigkeitsbrunnens siehe auch hier.)

Pascal Hêche-Mitglied der Gruppe Bélier
Dossier: Jurakonflikt: Anschläge und Terrorismus

Die 1990 vom jurassischen Parlament für gültig erklärte Volksinitiative "Unir" des RJ, welche von den Kantonsbehörden eine aktive Politik für eine Eingliederung der beim Kanton Bern verbliebenen südjurassischen Bezirke fordert, war von der bernisehen Regierung mit einer staatsrechtlichen Klage beim Bundesgericht angefochten worden. Dieses erklärte am 17. Juni die Initiative "Unir" für ungültig, weil sie gegen die in der Bundesverfassung verankerte Bestandesgarantie für die Kantone verstosse, und forderte die jurassischen Behörden auf, ihr keine Folge zu geben. In der schriftlichen Begründung führten die Richter aus, unzulässig sei nicht der Wunsch nach einer Vereinigung an sich, sondern dass dieses Ziel nicht in einem einvernehmlichen Verfahren mit Bern und dem Bund angestrebt werden soll, sondern mit Propagandaaktionen auf dem Gebiet des Kantons Bern.
Bereits vor diesem Entscheid hatte die jurassische Regierung dem Parlamentsauftrag von 1990 entsprochen und ein Ausführungsgesetz zur Initiative "Unir" vorgelegt. Dieses proklamiert, dass das Erreichen der "institutionellen Einheit" des Juras (d.h. des Zusammenschlusses aller sechs Bezirke) eines der wichtigsten Ziele des Kantons sein soll. Für die Koordination der diesbezüglichen kantonalen Aktivitäten ist die Einsetzung eines Delegierten für die Wiedervereinigung vorgesehen. Nicht allein diese Aktivitäten, sondern auch private Organisationen, welche sich für diese Ziele einsetzen, will die Regierung über einen speziellen Budgetposten finanzieren. Zudem soll ein aus Vertretern des Kantons Jura und Bewohnern der drei bernjurassischen Bezirke gebildeter Rat Vorschläge für die Organisation eines gemeinsamen Kantons erarbeiten.
Das Parlament des Kantons Jura hiess dieses Gesetz in erster Lesung bei Stimmenthaltung der Freisinnigen gut. Nach dem Bundesgerichtsurteil über die Initiative "Unir" drängte das RJ auf eine unveränderte Verabschiedung in zweiter Lesung. Die Regierung und die vorberatende Kommission schlugen hingegen vor, das Gesetz etwas zu entschärfen, indem die gemeinsame Kommission nicht vom Kanton Jura sondern von der vom Bundesrat eingesetzten Konsultativkommission ernannt werden soll; überdies wurde jede Erwähnung der Initiative selbst vermieden. Das Parlament hiess in zweiter Lesung das so überarbeitete Gesetz mit 40 zu 12 Stimmen bei drei Enthaltungen gut. Der Widerstand kam von der FDP, welche nicht gegen das Gesetz an sich opponierte, sondern vor allem gegen die finanzielle Unterstützung von privaten Organisationen, welche für eine Vereinigung kämpfen. Die Aktivitäten dieser Organisationen (RJ, Bélier, Unité jurassienne) hätten sich nach Ansicht der FDP bisher nur kontraproduktiv auf das auch vom jurassischen Freisinn befürwortete Ziel einer Wiedervereinigung ausgewirkt. Die bernische Regierung reichte unverzüglich eine Beschwerde beim Bundesrat ein, worin sie von ihm Massnahmen zur Durchsetzung des Bundesgerichtsentscheides forderte.

Volksinitiative "Unir" (1988-1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Rassemblement jurassien (RJ) nach der Gründung des Kantons Jura

Der Bundesrat konkretisierte seine Ankündigung, im Jurakonflikt vermehrt vermittelnd auftreten zu wollen. Er ernannte eine Konsultativkommission, welcher er die Aufgabe übertrug, die zwischen den Kantonen Jura und Bern hängigen Probleme zu prüfen und Lösungsvorschläge auszuarbeiten. Dem vom ehemaligen Zürcher Stadtpräsidenten Widmer (Idu) präsidierten Organ gehören die ehemaligen Regierungsräte Bonnard (lp, VD), Blanc (svp, VD), Fontanet (cvp, GE) und Comby (fdp, VS) an. Die beiden ersteren waren vom Kanton Bern, die beiden letzteren vom Kanton Jura vorgeschlagen worden. Von allen wurde diese Kommission freilich nicht akzeptiert. Die probernische Jugendorganisation Sanglier lehnte zuerst ein Treffen mit ihr ab; ihr Vertreter im bernischen Grossen Rat, der Freisinnige Houriet, forderte die Regierung später erfolglos auf, die Zusammenarbeit mit der Kommission abzubrechen. Das Rassemblement jurassien (RJ), der Bélier und die separatistischen Organisationen des Berner Juras machten die Inkraftsetzung des Gesetzes zur Initiative "Unir" zur Vorbedingung für ein Treffen mit der Konsultativkommission.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Die "Unité jurassienne", welche im Berner Jura für eine Vereinigung mit dem Kanton Jura kämpft, sprach sich klar für den Kantonswechsel von einzelnen Gemeinden mit separatistischer Mehrheit wie Moutier und Vellerat aus. Die Behörden der Gemeinde Moutier selbst verlangten vom Bundesrat die Durchführung einer kommunalen Volksabstimmung über einen Kantonswechsel.

Vorschläge für einen Kantonswechsel (1991)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Im Berichtsjahr häuften sich die Anschläge im Berner Jura wieder. Im April wurde im Haus des französischsprachigen Berner Regierungsrats Annoni (fdp) in La Neuveville eine zur Zündung bereite Brandbombe entdeckt; in der Annahme, dass die Bombe bereits explodiert sei, hatte ein anonymer Anrufer die Medien orientiert, dass es sich um die Rache für das Nichteintreten Berns auf die Forderung Moutiers nach einem Übertritt zum Kanton Jura handle. Ende Mai wurde die sechs Schüler zählende deutschsprachige Schule im Bergbauernweiler Montbautier (BE), welche den dort seit dem Mittelalter ansässigen Widertäufern dient, ein Raub der Flammen. Der Chef des Bélier, Daniel Pape, lobte die Brandstifter der Schule von Montbautier als Vorkämpfer gegen die "Germanisierung" des Juras, erklärte aber, dass seine Organisation mit diesem und auch anderen Anschlägen nichts zu tun habe. Im Juni wurde im Dorfzentrum von Malleray (BE) die Schreinerei des Präsidenten der berntreuen Organisation "Force démocratique" durch Brandstiftung zerstört.

Anschläge im Zusammenhang mit dem Jura-Konflikt (bis 1993)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Jurakonflikt: Anschläge und Terrorismus

Nach diesem Entscheid des Bundesgerichts erklärte der Berner Grosse Rat in einem zweiten Anlauf die Abstimmung von 1989 für gültig. Nun stand einer Abstimmung im Kanton Baselland über die Aufnahme des Laufentals nichts mehr im Wege. Diese fand am 22. September statt. Mit Ausnahme der SD hatten zwar alle Parteien die Ja-Parole ausgegeben, die Delegierten der SVP aber nur mit knappem Mehr, und auch innerhalb der FDP machte sich eine starke Opposition bemerkbar. Bei einer Stimmbeteiligung von rund 40% fiel das Ergebnis mit einem Ja-Anteil von 59,3% zwar klar, aber spürbar weniger deutlich aus als bei der ersten Abstimmung von 1983 (73%). Den Ausschlag für die Zustimmung hatte der bevölkerungsreiche, direkt ans Laufental angrenzende Bezirk Arlesheim gegeben; die beiden Oberbaselbieter Bezirke Sissach und Waldenburg sprachen sich hingegen deutlich gegen eine Aufnahme des Laufentals aus. (Zur Abstimmung von 1983 über eine Zugehörigkeit des Laufentals zu Basel-Land siehe hier.)
Die Regierungen der Kantone Baselland und Bern einigten sich, bis 1993 ein Konkordat auszuarbeiten, worin insbesondere die Vermögensaufteilung und administrative Probleme des Kantonswechsels geregelt werden sollen. Da dieser Zeitplan damit rechnet, dass 1993 auch die eidgenössische Genehmigung über die Bühne gehen soll, könnte das Laufental am 1. Januar 1994 zum Kanton Baselland übertreten.

Kantonale Volksabstimmung Basel-Land 1991
Dossier: Kantonswechsel des Laufentals