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Mitte Januar 2020 verkündeten diverse Medien, dass Dr. h.c. Heinrich Weiss, Gründer des Museums für Musikautomaten, am 9. Januar 2020 in seinem 100. Lebensjahr verstorben war.
Bereits in den 1960er-Jahren hatte Heinrich Weiss – auch bekannt als der Erfinder des Barcodes – mit dem Sammeln von Schweizer Musikdosen und anderen mechanischen Musikinstrumenten begonnen und 1979 gar eigens hierfür ein privates Museum in Seewen (SO) eröffnet, das rasch weit über die Landesgrenzen hinaus Bekanntheit erlangte. Zur langfristigen Sicherung der Sammlung und des Museums gründete er gemeinsam mit seinen Familienangehörigen 1981 die «Dr. h.c. H. Weiss-Stauffacher-Stiftung».
Ab dem 1. Juli 1990 wurde das Museum für Musikautomaten als ein Museum des Bundes geführt, da es durch eine Schenkung, die mit der Annahme eines Bundesratsbeschlusses bestätigt worden war, an die Schweizerische Eidgenossenschaft überging. In den frühen 1990er-Jahren leitete Weiss die Einrichtung noch selbst und zeigte sich für die Realisierung eines im Frühjahr 2000 von Bundesrätin Ruth Dreifuss eingeweihten Erweiterungsbaus verantwortlich.
Das Bundesamt für Kultur (BAK) führte in einer Mitteilung an, dass das Museum für Musikautomaten heute dem BAK angegliedert sei und ergänzend weiterhin den Zusatz «Sammlung Dr. h.c. Heinrich Weiss» in seinem Namen trage.

Heinrich Weiss - Gründer des Museums für Musikautomaten verstorben

Spätestens seit dem Filmfestival von Locarno, als Couchepin das BAK in einem Interview mit einer welschen Wochenzeitung hart angriff und von «Kolonialisierung der offiziellen Kultur durch die Linke» und von «Vetternwirtschaft» im BAK sprach, war klar, dass das Verhältnis zwischen Departementschef und Amtsvorsteher einer Klärung bedurfte. David Streiff, 1994 von Bundesrätin Dreifuss als BAK-Direktor eingesetzt, zog die Konsequenzen aus der verfahrenen Situation und demissionierte per Ende März 2005. Als ausgewiesener Kunsthistoriker und -vermittler hatte er in seiner bisherigen Berufslaufbahn – unter anderem als langjähriger Direktor des Filmfestivals von Locarno – ein dichtes Beziehungsnetz zu ganz unterschiedlichen Kulturinstitutionen knüpfen und deren Vertrauen gewinnen können. Sein Rücktritt wurde denn auch weit über den Kreis der eigentlichen Kunstschaffenden hinaus bedauert. Zu Streiffs Nachfolger ernannte der Bundesrat Jean-Frédéric Jauslin, bisher Direktor der Schweizerischen Landesbibliothek; der neue BAK-Chef ist von Haus aus Informatiker und gilt als versierter Verwaltungsexperte.
Neben grundsätzlichen Differenzen über die Ausrichtung der Kulturpolitik fühlte sich Couchepin auch durch die Verballhornung seines Namens in einem vom BAK mitfinanzierten Film verunglimpft, weshalb er im Sommer eine Administrativuntersuchung zur Durchleuchtung der Praxis des BAK bei der Gewährung von finanziellen Beihilfen an Filmschaffende anordnete. Die Untersuchung stellte keine Unregelmässigkeiten fest.

Kritik am BAK und der darauffolgende Direktorwechsel

Zu Beginn der Frühjahrssession befasste sich der Nationalrat als erster mit dem bereits im Vorfeld der Beratungen heftig umstrittenen Kulturgütertransfergesetz, mit dem eine Unesco-Konvention von 1970 umgesetzt werden soll. Ziel des Gesetzes ist der Schutz von in- und ausländischen Kulturobjekten vor Diebstahl, Raubgrabungen und Schmuggel. Kunsthändler, Sammler, verschiedene Museen, aber auch bürgerliche Politiker hatten von Anfang an den Entwurf des Bundesrates bekämpft, der zu perfektionistisch sei und eine für die Schweiz wichtige Branche in die illegale Ecke dränge. Nationalrat Fischer (fdp, AG) hatte kurz vor der Verabschiedung der Botschaft einen eigenen und bedeutend liberaleren Vorschlag in Form einer parlamentarischen Initiative (01.450) eingereicht, der von branchennahen Experten ausgearbeitet worden war.

In der Eintretensdebatte herrschte Einigkeit darüber, dass Missbräuche beim Handel mit Kunstwerken wirksam zu bekämpfen seien. Während aber SP, Grüne und CVP grundsätzlich dem Entwurf des Bundesrates folgen wollten, erklärten SVP, FDP und Liberale, sie würden der Initiative Fischer den Vorzug geben, falls nicht die von bürgerlicher Seite geforderten Korrekturen Aufnahme ins Gesetz fänden. In der Detailberatung nahm der Nationalrat eine Anregung Fischers an, wonach nicht mehr alle Gegenstände unter das Gesetz fallen sollen, sondern nur solche von wesentlicher Bedeutung für das kulturelle Erbe. Umgekehrt wollte er sich nicht auf archäologische, sakrale oder ethnologische Kulturgüter beschränken, wie dies der Bundesrat vorgeschlagen hatte, sondern dehnte den Schutz auch auf andere Bereiche aus. Unbestritten war der Antrag des Bundesrates, dass die Schweiz künftig Projekte zur Erhaltung des Kulturgutes anderer Staaten finanziell soll unterstützen können, wenn sie durch politische oder kriegerische Ereignisse gefährdet sind.

Bei den mehr technischen Fragen der Meldepflicht, der Verjährung der Rückgabepflicht und der Entschädigung bei der Rückgabe eines Kunstwerks waren die unterschiedlichen Meinungen umso ausgeprägter. Die Meldepflicht für vermutete oder beobachtete Verletzungen des Gesetzes (Geschäfte mit illegal eingeführten Kunstwerken und Kulturobjekten) war im Vernehmlassungsentwurf des Bundesrates enthalten gewesen, war dann aber auf Drängen jener Kreise, die hinter der parlamentarischen Initiative Fischer standen, zum Bedauern der damaligen Bundesrätin Dreifuss gestrichen worden. Die Kommission hatte die Bestimmung in Analogie zur Meldepflicht in Fällen von Verdacht auf Geldwäscherei wieder aufgenommen. Eine von Randegger (fdp, BS) angeführte Minderheit auf Streichen setzte sich jedoch mit 85 zu 81 Stimmen durch, nachdem auch Bundespräsident Couchepin als neuer Vorsteher des EDI erklärt hatte, die Festschreibung der Sorgfalts- und Aufzeichnungspflicht sei ein genügendes Instrumentarium.

Bei der Verjährung von Rückgabeforderungen hatten Bundesrat und Kommission eine Verlängerung der heute geltenden Frist von fünf auf neu 30 Jahre beantragt. Müller-Hemmi (sp, ZH) wollte noch weiter gehen und verlangte 50 Jahre, wie sie die Unidroit-Konvention vorschreibt, welcher der Bundesrat vorderhand nicht beitreten will. Mit dem Argument, 30 Jahre seien für die Rechtssicherheit des neuen Besitzers eines Kunstwerks zu lang, forderte Baumann (svp, TG) eine Verkürzung auf 15 Jahre. Gegen die Empfehlung von Couchepin wurde dieser Antrag mit 76 zu 72 Stimmen angenommen. Nicht durchsetzen konnten sich Bundesrat und Kommission auch bei der Frage, woran sich die Entschädigung bei der Rückgabe eines Kunstwerks orientieren soll. Statt des Kaufpreises als Richtlinie brachte Wirz-von Planta (lp, BS) mit 81 zu 79 Stimmen den Verkehrswert durch. Couchepin erläuterte umsonst die Schwierigkeit, den Verkehrswert eines Objekts zu bestimmen, das gar nicht mehr auf dem Markt ist. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 131 zu 23 Stimmen verabschiedet. Angesichts der Drohung der noch liberaleren parlamentarischen Initiative Fischer stimmten CVP, Grüne und SP zähneknirschend der in wesentlichen Fragen entschärften Vorlage zu. Die Ratifikation der Unesco-Konvention wurde mit 123 zu 3 Stimmen bei 25 Enthaltungen gutgeheissen. Die Nein-Stimmen zum Gesetz und die Enthaltungen bei der Konvention stammten grossmehrheitlich von der SVP. Mit der Begründung, dass zahlreiche Forderungen seines Vorschlags Eingang in die Vorlage gefunden hätten, zog Fischer seine parlamentarische Initiative zurück.

Ratifikation der UNESCO-Konvention und Änderung des Kulturgütertransfergesetzes zum Schutz vor illegalem Handel (BRG 01.077)

In der Aprilsession des Nationalrates thematisierten verschiedene Vorstösse die Kulturpolitik des Bundes. Mit einer Motion verlangte Widmer (sp, LU), der Bundesrat solle die Massnahmen zur Rettung des audiovisuellen Kulturguts massiv verstärken und dazu allenfalls die gesetzlichen Grundlagen erweitern. In seiner Stellungnahme erinnerte der Bundesrat an bereits unternommene Anstrengungen, insbesondere die Gründung des Vereins «Memoriav» und dessen substanzielle Finanzierung durch den Bund (jährlich CHF 1'878'000 für die Periode 1998-2001). Bundesrätin Dreifuss stellte einen weiteren Bericht in Aussicht, auf dessen Grundlage – und voraussichtlich im Rahmen des geplanten Kulturförderungsgesetzes – eine gesetzliche Regelung für die Stärkung des audiovisuellen Kulturguts vorbereitet werden soll. Mittelfristig möchte der Bundesrat sein finanzielles Engagement für «Memoriav» noch leicht anheben.

Ausgehend von einer Interpellation Galli (cvp, BE) (Ip 01.3374) ersuchte Müller-Hemmi (sp, ZH) den Bundesrat ebenfalls mit einer Motion (Mo.01.3461), die Richtlinien zur Unterstützung kultureller Organisationen von nationaler Bedeutung im Sinn von mehr Sicherheit für ihre Finanz- und Tätigkeitsplanung abzuändern sowie den dafür vorgesehenen Kredit, der in den letzten Jahren eingefrorenen worden war, wieder substantiell zu erhöhen. Auf Antrag des Bundesrates wurden beide Motionen als Postulate gutgeheissen. In diesem Rahmen beantwortete der Bundesrat auch eine Interpellation Gysin (sp, BS) zur Musikförderung (Ip.01.3322).

Verschiedene Vorstösse im Jahr 2002 zur Kulturpolitik des Bundes

Zur Bestimmung, welche Aufgaben dem Bund durch die Aufnahme eines Kulturartikels in die neue Bundesverfassung erwachsen, unterzeichneten Bundesrätin Dreifuss und der Präsident der schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren Ende Juni ein gemeinsames Umsetzungsmandat. Dieses sieht die Einberufung einer Projektorganisation von Bund und Kantonen unter der Beteiligung der Städte sowie der kulturellen Organisationen und Einrichtungen vor. Sie soll bis Ende 2002 erheben, welche Ausbildungsbedürfnisse im Bereich der Kultur nicht oder nur unzulänglich abgedeckt sind und wo aus kulturpolitischer Sicht Handlungsbedarf besteht. Erwartet wird ein erläuterter Gesetzesentwurf für die vom Bund zu treffenden Förderungsmassnahmen sowie Vorschläge für allfällige Anpassungen bestehender Erlasse.

Gesetzliche Konkretisierung des neuen Kulturartikels
Dossier: Die Neuorganisation der Kulturförderung mit dem Kulturförderungsgesetz

Als Yvette Jaggi, ehemalige SP-Stadtpräsidentin von Lausanne und alt Ständerätin, 1998 das Präsidium der Pro Helvetia übernahm, tat sie dies mit der erklärten Absicht, eine Strukturbereinigung der über 60jährigen Stiftung in die Wege zu leiten, wie dies Bundesrätin Dreifuss bereits 1997 angeregt hatte. Ein Jahr später zeigte sich auch der Stiftungsrat bereit, eine Neuausrichtung vorzunehmen. Eine dafür eingesetzte Arbeitsgruppe sollte zwei Reformmodelle ausarbeiten; verfolgt wurde aber nur eines, welches einen radikalen Umbau vorsah. Aus der schwerfälligen Institution sollte eine schlanke «Kulturagentur» mit moderner und effizienter Führung werden. Die Steuergruppe schlug vor, den Stiftungsrat von 35 auf sieben Mitglieder zu reduzieren, die nur noch für strategische Grundfragen, Controlling und Aussenkontakte zuständig wären. Ein Kulturrat und ein Expertennetz sollten beratend zur Seite stehen. Die operative Verantwortung, insbesondere die Bearbeitung der Gesuche, sollte dagegen bei einer kompetenzmässig aufgewerteten Geschäftsleitung liegen.

Strukturbereinigung der über 60jährigen Stiftung Pro Helvetia

Im Nationalrat wurde die Finanzierung der Pro Helvetia in der Wintersession als erstes Sachgeschäft der neuen Legislatur behandelt. Kommissionssprecher Bezzola (fdp, GR) sah dies als leisen Wink für die Arbeit der eidgenössischen Räte in den nächsten vier Jahren, als ein Auftrag, den Dialog zwischen den Sprachgruppen und Kulturen der Schweiz zu fördern, aber auch den Begegnungen zwischen Zentrum und Peripherie, zwischen Bewährtem und Gewagtem, zwischen Arriviertem und Neuem in der Schweiz und im Kontakt zum Ausland genügend Beachtung zu schenken. In der Detailberatung stimmte die grosse Kammer auf Antrag der Kommissionsmehrheit dem Ständerat zu und erhöhte damit die Finanzhilfe an die Pro Helvetia auf CHF 130 Mio. für die nächsten vier Jahre. Dabei unterlagen zwei Minderheitsanträge, die aus völlig gegenläufiger Richtung kamen. Föhn (svp, SZ) wollte den Subventionsbeitrag bei den vom Bundesrat vorgeschlagenen CHF 128 Mio. belassen und den Bereich der Volksmusik besser honoriert sehen. Müller-Hemmi (sp, ZH) verlangte angesichts des Rückzugs privater Sponsoren aus dem Kulturbetrieb – so etwa der Bank UBS beim Willisauer Jazzfestival – eine Aufstockung um weitere CHF 2 Mio. In Übereinstimmung mit Bundespräsidentin Dreifuss lehnte der Rat beide Minderheitsanträge ziemlich deutlich ab.

Finanzierung der Stiftung pro Helvetia 2000-2003 (BRG 99.046)

Um das Weiterbestehen der «Antennen» in Mittel- und Osteuropa angesichts des vom Bundesrat zurückgestutzten Kreditrahmens nicht zu gefährden, beschloss der Ständerat auf Antrag seiner Kommission für Weiterbildung und Kultur einstimmig, die Subventionen an die Stiftung um weitere CHF 2 Mio. auf CHF 130 Mio. zu erhöhen. Bundespräsidentin Dreifuss opponierte nicht gegen diese Aufstockung und meinte, die CHF 2 Mio. seien gut eingesetztes Geld.

Finanzierung der Stiftung pro Helvetia 2000-2003 (BRG 99.046)

Anfangs Juli eröffnete die Pro Helvetia in Anwesenheit von Bundesrätin Dreifuss eine neue Aussenstelle in Mailand. Das Centro culturale svizzero (CCS) hat die Aufgabe, das schweizerische Kulturschaffen in der lombardischen Metropole vorzustellen und die Aktivitäten der Pro Helvetia in Italien zu organisieren. Das CCS hat jedoch nicht das Kaliber des Schweizer Kulturzentrums in Paris mit seinem Budget von CHF 1.5 Mio., sondern entspricht eher den "Antennen", die mit Unterstützung des Bundes in einigen mittel- und osteuropäischen Städten entstanden sind. Das Budget des CCS beträgt CHF 600'000 pro Jahr.

Centro culturale svizzero Italien

Ende Mai stellte Bundesrätin Dreifuss zusammen mit dem Direktor des Bundesamtes für Kultur (BAK) sowie den Direktoren der Landesbibliothek und des Landesmuseums an einer Pressekonferenz Ziele und Inhalte der schweizerischen Kulturpolitik vor. Sie betonte, Kulturarbeit bestehe einerseits im Bewahren des vielgestaltigen Raums der Erinnerung, gebildet aus Kunstwerken aller Art, Büchern, Bildern, Ideen und Überzeugungen, und andererseits in der Bereitstellung guter Bedingungen für heutige Kunst- und Kulturschaffende. Die zweimalige Ablehnung eines Kulturförderungsartikels in der Bundesverfassung in den Jahren 1986 und 1994 entbinde die Eidgenossenschaft nicht von ihrem Auftrag, die Kultur zu unterstützen. Nicht eine nationale Kulturpolitik, wohl aber nationale Massstäbe der Kulturförderung erachtete Dreifuss für die Zukunft als vordringlich, wobei sie betonte, dass auch hier die fundamentalen menschlichen und politischen Werte der Freiheit, der Gleichheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität zum Zuge kommen müssten. Im Zentrum der möglichen Massnahmen stehen Fragen der professionellen Weiterbildung der Kulturschaffenden, deren soziale Sicherheit und Direktunterstützung sowie fiskalischer Anreize zur Kulturförderung von privater Seite.

Bundesrätin Dreifuss Ziele und Inhalte der schweizerischen Kulturpolitik Nicht eine nationale Kulturpolitik, wohl aber nationale Massstäbe der Kulturförderung

Anlässlich ihres Besuches bei der Europäischen Union in Brüssel plädierte Bundesrätin Dreifuss für eine Wiederaufnahme der Schweiz in "Media". Die Schweiz war 1992 als erstes Land ausserhalb der EG zu diesem grossangelegten Programm zur Förderung der audiovisuellen Produktion zugelassen, dann aber nach dem EWR-Nein wieder davon ausgeschlossen worden. Die Schweizer Filmbranche erachtet die Teilnahme an "Media" als äusserst wichtig, da sie den Zugang zum europäischen Markt sicherstellt. Der Bundesrat hat denn auch dem BAK schon sehr früh ein Verhandlungsmandat mit der EU erteilt, doch wurden die offiziellen Unterhandlungen bis zum Ende des Berichtsjahres nicht aufgenommen. Solange kein neues Abkommen abgeschlossen ist, verwendet das BAK die Gelder, die für die Teilnahme an "Media" bestimmt waren, für die direkte Förderung von inländischen Film- und Fernsehproduktionen.

Dreifuss weibelt für Wiederaufnahme der Schweiz in Media-Programm der EU

An ihrem ersten gemeinsamen Kongress sprachen sich die Dachverbände der Bibliothekare, Dokumentalisten und Archivare für eine Professionalisierung ihrer Ausbildung auf Stufe Fachhochschule aus. Sie machten an der Tagung auch darauf aufmerksam, dass Papiere des 19. und 20. Jahrhunderts, welche den grössten Bestand in schweizerischen Bibliotheken und Archiven ausmachen, wegen ihres hohen Säuregehalts vom Zerfall bedroht sind. Neben der Restaurierung wertvoller Einzelstücke müssten daher vermehrt Präventionsmassnahmen getroffen werden, die im Rahmen von umfassenden, international vernetzten Bestandeserhaltungskonzepten auch bundespolitisch getragen sein sollten. Bundesrätin Ruth Dreifuss unterstützte in ihrer Ansprache vor dem Kongress dieses Postulat ebenso wie die Aufwertung der Ausbildung in diesen Berufsgattungen. Sie erklärte, sie wolle der Erhaltung der Bücher und anderer Informationsträger höchste Priorität einräumen und habe deshalb eine Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Konzeptes beauftragt. Die im Vorjahr angeregte Schaffung einer gesamtschweizerischen Mediathek wurde allerdings angesichts der Finanzlage des Bundes zugunsten einer Vernetzung der mit audiovisuellem Kulturgut befassten nationalen Institutionen zurückgestellt.

Archivare warnen vor Zerfall von Quellen und fordern Professionalisierung ihrer Ausbildung

Bundesrätin Dreifuss, welche sich im Rahmen des Filmfestivals von Locarno zu diesen Vorschlägen und Anregungen äusserte, zeigte sich ziemlich zurückhaltend. Sie gab ihrer Überzeugung Ausdruck, dass die bestehenden Instrumente zur Förderung des Schweizer Films effizienter eingesetzt werden könnten. Die Einführung einer erfolgsorientierte Filmförderung verlangt ihrer Ansicht nach vermehrte Vorarbeiten und eine vertieftere Analyse. Diplomatisch äusserte sich Dreifuss auch zur Idee eines Schweizer Filminstituts. Mehr als auf eine dirigistische Intervention von oben möchte sie hier auf ein harmonisches Zusammenwachsen der bereits vorhandenen Strukturen setzen. Einzig den Vorschlag für die Einführung eines Garantiefonds versprach sie möglichst rasch zu realisieren.

Die Chefin der Sektion Film im BAK, Yvonne Lenzlinger, gab anfangs November überraschend ihren Rücktritt bekannt. Lenzlinger, die erst seit August 1993 im Amt war, begründete ihren Schritt mit dem Fehlen der grossen Linien und dem mangelnden Mut, neue Ideen umzusetzen.

"Weiss-Schachtel" zur Filmförderung erstellt

Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit hatte Bundesrätin Dreifuss ein Weissbuch zur eidgenössischen Filmförderung in Auftrag gegeben, um damit Entscheidungsgrundlagen für eine revidierte Filmpolitik zu erhalten. Wegen des Zeitdrucks und aufgrund unterschiedlicher Auffassungen innerhalb der Branche wurde es nicht in der geplanten Form einer umfassenden Bestandesaufnahme, sondern als "Weiss-Schachtel" mit einem Bündel von über 20 Papieren abgeliefert. Die wichtigsten Vorschläge, die Ende Juni an einer Tagung "Assises du cinéma" in Locarno mit allen involvierten Kreisen diskutiert wurden, betrafen die Einrichtung eines Garantiefonds zur Verbilligung von Bankkrediten, die Schaffung eines Schweizerischen Filminstituts, welches die heute vom BAK, der Pro Helvetia und dem Schweizerischen Filmzentrum getrennt wahrgenommenen Aufgaben bündeln soll, sowie eine vom Kinoerfolg abhängige automatische Filmförderung ("Financière du cinéma") als zweite Säule neben der heute schon bestehenden qualitativ ausgerichteten Herstellungsförderung. Dabei würde ein Schweizer Kinofilm für jeden Eintritt rückwirkend vom Bund einen bestimmten Betrag erhalten, mit welchem einerseits Verleiher und Kinos und andererseits Produzenten und selbständig produzierende Regisseure unterstützt würden. Verleiher und Kinos sollten damit ermutigt werden, vermehrt Schweizer Filme zu zeigen, den Produzenten und Autorenproduzenten würde das Geld zur Anfangsfinanzierung ihres nächsten Kinofilms dienen. Diese Massnahme nach französischem und deutschem Vorbild war allerdings ziemlich umstritten. Kritisiert wurde insbesondere, die auf Publikumserfolg konzentrierte Förderung könne zu einer Schmälerung der filmkulturellen Kreativität in der Schweiz führen, die sich im Ausland mit meist eigenwilligen, aber nicht unbedingt kommerziellen Filmen einen guten Ruf geschaffen habe.

"Weiss-Schachtel" zur Filmförderung erstellt

Die Ablehnung des Kulturförderungsartikels kam umso überraschender, als sich bei der Beratung im Parlament kaum Opposition bemerkbar gemacht hatte. Im Vorfeld der Abstimmung sprachen sich alle grossen Parteien - mit Ausnahme der SVP, welche die Vorlage an ihrer Delegiertenversammlung mit einem Zufallsmehr verwarf - dafür aus. Von den Verbänden lehnten nur gerade der Gewerbeverband und das Redressement national den neuen Verfassungsartikel offen ab. Die grösste Gegnerin der Vorlage, nämlich die Gleichgültigkeit, machte Bundesrätin Ruth Dreifuss bereits zu Beginn der Abstimmungskampagne aus. In der Folge gelang es weder ihr noch ihren Mitarbeitern im Bundesamt für Kultur (BAK), aber auch nicht dem Unterstützungskomitee, dem rund 140 eidgenössische Parlamentarierinnen und Parlamentarier angehörten, ebensowenig wie den Kulturschaffenden, die sich geschlossen hinter die Vorlage stellten, diese Gleichgültigkeit zu durchbrechen. Dazu trug auch bei, dass die Abstimmung vom 12. Juni von der äusserst kontroversen Blauhelm-Frage dominiert wurde.

Bundeskompetenz in der Kulturförderung

Im Oktober ernannte Bundesrätin Dreifuss den Kunsthistoriker David Streiff zum neuen Direktor des Bundesamtes für Kultur (BAK). Streiff tritt die Nachfolge von Alfred Defago an, der Bundesrat Cotti als Generalsekretär ins EDA folgte. Im Vorfeld dieses ersten bedeutenden Personalentscheides von Bundesrätin Dreifuss war in der Romandie vehement ein welscher "Ministre de la culture" gefordert geworden; andere Kreise verlangten ebenso dezidiert die Einsetzung einer Frau. In der engsten Auswahl verblieben schliesslich Streiff, als ehemaliger Leiter des Filmfestivals von Locarno Garant für Innovation, und Hans-Rudolf Dörig, bislang stellvertretender Direktor des BAK und profunder Kenner der schweizerischen Kulturpolitik.

David Streiff ist neuer Direktor des Bundesamtes für Kultur

An einer vom Bundesamt für Kultur (BAK) gemeinsam mit der Stiftung Pro Helvetia und dem Migros-Genossenschaftsbund durchgeführten Tagung in Rüschlikon (ZH) hielt Bundesrätin Ruth Dreifuss, seit ihrer Wahl in die Landesregierung oberste Schweizer Kulturverantwortliche, ein viel beachtetes Grundsatzreferat zum Thema "Staat und Kultur". Durch die Multikulturalität und das föderalistische Staatssystem sei die Schweiz besonders verpflichtet, Minderheiten zu schützen und schwache Partner aktiv zu unterstützen, führte Dreifuss aus. Solidarität müsse auch in bezug auf die Kultur funktionieren, und zwar nicht als philanthropischer oder karitativer Akt, sondern als notwendige Bedingung für die Weiterexistenz eines vielkulturellen Staates. Die Aufgabe der Kulturpolitik sei es daher, nicht nur Kultur einem möglichst weiten Kreis zugänglich zu machen, sondern die gesamte Staatstätigkeit auf ihre Kulturverträglichkeit hin zu überprüfen. Im Gegensatz zur Kulturpolitik, die das ganze politische Leben durchdringen müsse, erklärte die Bundesrätin weiter, könne die Kulturförderungspolitik hauptsächlich in zwei Bereichen tätig werden. Einerseits, indem sie die Rahmenbedingungen für die Entwicklung des kulturellen Lebens zu verbessern suche, wozu auch die soziale Absicherung der Kulturschaffenden gehöre, andererseits, indem sie konkrete Projekte kulturellen Schaffens oder zur Erhaltung des kulturellen Erbes fördere. Diese gesellschaftliche Verantwortung unterscheide den Staat als Kulturförderer von Mäzenen oder Sponsoren. Im Gegensatz zu diesen sei der Staat verpflichtet, Kultur in ihrer ganzen Breite zu fördern, auch in weniger publikumsträchtigen Bereichen, um sich deren Entwicklungsfähigkeit zu bewahren.

Angesichts der schwierigen Finanzlage, fuhr Frau Dreifuss weiter, werde sich eine künftige Schweizer Kulturpolitik um bessere Koordination der Aufgaben bemühen müssen, wie es auch im neuen Kulturförderungsartikel vorgesehen sei. Es solle ein Förderungskonzept entwickelt werden, das auf die ganze Vielfalt des kulturellen Lebens abgestimmt sei, auf alle Landesteile und alle Bevölkerungsgruppen. Der ebenfalls zu unterstützende kulturelle Austausch im Inland ebenso wie mit dem Ausland soll nach den Worten der Bundesrätin aber nicht nur dem typisch Schweizerischen zugute kommen, sondern auch die kulturellen Leistungen von hier lebenden Ausländern miteinbeziehen.

Dreifuss' Rede über Staat und Kultur

Im Anschluss an diese Vorlage behandelte der Ständerat eine Motion von Pro Helvetia-Präsidentin Rosmarie Simmen (cvp, SO), welche eine indirekte Kulturförderung durch eine staatliche Versicherungsrisikogarantie für kulturelle Veranstaltungen sowie fiskalische Entlastungen bei individueller oder kollektiver Kulturförderung verlangte. Bundesrätin Dreifuss begrüsste diese Vorschläge und zeigte sich bereit, auch weitere Modelle indirekter Kulturförderung zu prüfen. Weil aber der Bund vor Annahme des bereinigten Kulturförderungsartikels keine eigentliche Kulturkompetenz hat, bat sie erfolgreich um Überweisung in der nicht bindenden Postulatsform.

Steuerliche Entlastungen für kulturelle Veranstaltungen