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Politbeobachter waren sich einig, dass die Asyl- und Ausländerpolitik ein Hauptthema im Wahlkampf 2003 sein wird. Das (und die gleichzeitig anstehende Revision von Ausländer- und Asylrecht) veranlasste alle Bundesratsparteien, sich mit Positionspapieren zu Wort zu melden, wobei zum Teil vom bisherigen ideellen Gedankengut der Partei abgewichen wurde, um Forderungen nach einer restriktiveren Ausländer- und Asylpolitik nicht kampflos der SVP zu überlassen. Als erste der Bundesratsparteien legte die Geschäftsleitung der SP ihr neues Konzept für die künftige Migrationspolitik der Schweiz vor. Das unter der Federführung von Nationalrätin Aeppli (ZH) entstandene Papier sorgte in der Partei zum Teil für hitzige Diskussionen, wurde darin doch eine Abkehr von der bisherigen SP-Haltung postuliert, wonach alle Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz zugelassen werden sollen, die hier Arbeit finden. Aeppli begründete die Neuausrichtung mit der Angst vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor ausländischer Konkurrenz. Jenen Parteimitgliedern, die Zulassungsbegrenzungen als Tabubruch empfinden, entgegnete sie, wichtiger als neue Arbeitskräfte ins Land zu holen, sei es, die Chancen der hier lebenden zu verbessern. Eine Diskriminierung bei der Zulassung müsse mittelfristig in Kauf genommen werden, dafür sei aber die Gleichbehandlung aller Zugelassenen zu garantieren, etwa was den Familiennachzug betrifft, die Berufsbildung oder die Arbeitsbedingungen. Das Papier wurde von der Delegiertenversammlung gegen die Opposition der beiden Nationalrätinnen Vermot (BE) und Garbani (NE) angenommen.

ein Hauptthema im Wahlkampf 2003 SP

Ebenfalls in Magglingen gab Ogi im November vor rund hundert Spitzensporttrainerinnen und -trainern seinem Unmut über die Stellung der Schweiz im internationalen Hochleistungssport Ausdruck. Verglichen mit anderen europäischen Ländern mit ähnlicher Grösse und Bevölkerungszahl und vergleichbaren ökonomischen Möglichkeiten sei die Schweiz fast schon sportpolitisches Entwicklungsland. Ogi ortete fünf Felder, in denen Verbesserungen möglich sein müssten: Schliessen der Lücken in der Förderungskette (von Klub bis Verband) junger Spitzensportler, Durchlässigkeit zwischen Schule und Intensivtraining, Anerkennung des Spitzensports als Berufslehre, Förderung von Nachwuchsprojekten und Schaffung eines lokalen Sportnetzes.

generelles sportpolitisches Konzept

Nachdem Sion (VS) von der Evaluationskommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOK) für seine Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2006 nur die allerbesten Noten erhalten hatte, durfte sich die Schweiz reelle Chancen für die Durchführung dieses sportlichen Grossanlasses ausrechnen, um so mehr als das IOK die Korruptionsvorwürfe seines Schweizer Mitglieds Hodler ernst zu nehmen schien und für die weitere Vergabe von Austragungsorten „saubere“ Verhältnisse in Aussicht stellte.

Um so grösser war die Enttäuschung, als das IOK mit 53 zu 36 Stimmen den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2006 der norditalienischen Stadt Turin erteilte, obgleich die Evaluationskommision diese Kandidatur wegen der langen Transportwege eher negativ beurteilt hatte. Als Hauptgrund für die Vergabe an Italien wurde in den Schweizer Medien die Finanzkraft des Turiner Fiat-Moguls Agnelli sowie dessen persönliche enge Beziehungen zu IOC-Präsident Samaranch genannt, aber auch der Umstand, dass die Bewerbung Roms für den Olympischen Sommerspielen 2004 trotz eines exzellenten Dossiers das Nachsehen gegenüber Athen hatte. Hinter vorgehaltener Hand wurden aber auch Schweizer Sündenböcke ausgemacht: Marc Hodler, der den IOC-Skandal aufgedeckt hatte, die Debatte über die von Ogi stark favorisierten Mehrwertsteuergeschenke an das IOC sowie die internationale Isolation der Schweiz.

Olympische Winterspiele 2006 (BRG 97.069)
Dossier: Olympiakandidaturen

Eine grössere sportpolitische Lawine trat der scheidende Präsident des Internationalen Skiverbandes FIS und eines der vier letzten auf Lebzeiten gewählten Mitglieder des IOC, der Schweizer Marc Hodler, anfangs Dezember los, als er behauptete, bei der Vergabe von olympischen Spielen sei oftmals massive Korruption im Spiel. Seine Vorwürfe richteten sich vor allem an die Organisatoren der Winterspiele 2002 in Salt Lake City (USA). In der Schweiz gaben weniger die konkreten Anschuldigungen zu reden, die rasch von weiteren IOC-Mitgliedern bestätigt wurden, als vielmehr die Frage, welche Auswirkungen das Vorprellen Hodlers auf die Kandidatur Sittens haben könnte. Besonders heikel wurde die Angelegenheit als verlautete, Ogi habe Hodler gebeten, die Vorwürfe nicht publik zu machen. Das VBS dementierte dies vorerst, musste dann aber eingestehen, dass Gespräche zwischen engen Mitarbeitern Ogis und Hodler stattgefunden hatten.

massive Korruption

Seit dem 1. Januar des Berichtsjahres heisst das ehemalige EMD Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Dessen Vorsteher, der ehemalige Sportfunktionär Adolf Ogi, machte von Anbeginn klar, welch eminente Rolle in diesem Rahmen für ihn der Sport einnehmen wird. Zu seinen Prioritäten erklärte er die Förderung des Spitzensportes, zu dem die Armee durch die Einrichtung spezieller Rekrutenschulen und durch den Aus- und Umbau von Waffenplätzen für den Sportbetrieb beitragen soll. Ganz zentrale Bedeutung hat für ihn die Durchführung der olympischen Winterspiele 2006 im Wallis. Relativ rasch wurde ihm in der Presse vorgeworfen, sein Engagement für den Sport – das ihn unter anderem eine ganze Woche an die olympischen Winterspiele von Nagano (Japan) reisen liess – führe dazu, dass er den wirklich wesentlichen Aufgaben in seinem Departement zu wenig Aufmerksamkeit schenke; insbesondere benutze er seine Reisen ins Ausland fast ausschliesslich dazu, für die Winterspiele 2006 zu werben, so etwa in Moskau, Seoul und Peking.

Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)

Die Anwesenheit der Bundesräte Ogi und Dreifuss bei den olympischen Sommerspielen von Atlanta (USA) konnte als Zeichen dafür gewertet werden, welche Bedeutung die Landesregierung einer Kandidatur der Schweiz beimisst. Bei dieser Gelegenheit nahmen die beiden Magistraten auch Stellung zu den Gerüchten, wonach der Bereich Sport und insbesondere die Sportschule Magglingen vom EDI ins EMD wechseln solle. Bundesrat Ogi bestätigte seine diesbezüglichen Aspirationen. Bundesrätin Dreifuss vertrat hingegen die Ansicht, dass der Sport keine militärische Aufgabe, sondern vielmehr Teil der Sozial-, Gesundheits- und Umweltpolitik sei. Aus diesem Grund sei das Ressort vor zwölf Jahren vom EMD losgelöst worden. Allerdings könnte sie sich vorstellen, dass der Sport gewissermassen "ad personam" zu Adolf Ogi übergehen könnte.

Sport vom EDI ins EMD wechseln

Der vom Verein Solothurner Polittage jährlich vergebene «Wengistein», eine Auszeichnung für «exemplarische Zivilcourage» ging dieses Jahr an die Schweizer Fussballnationalmannschaft. Die Fussballer wurden dafür ausgezeichnet, dass sie die internationale Medienpräsenz eines Länderspiels gegen Schweden dafür nutzten, um gegen die vom neuen französischen Staatspräsidenten Chirac angeordnete Wiederaufnahme der unterirdischen Atomtests im Südpazifik zu demonstrieren.

Auszeichnung für die Schweizer Fussballnationalmannschaft (1995)

Nachdem Bundesrat Koller am Abstimmungsabend vom 25. Juni angesichts der Ablehnung der Lockerung der "Lex Friedrich" bekannt hatte, die Schweiz habe offensichtlich ein Ausländerproblem, trafen sich im Sommer Vertreter und Vertreterinnen der Bundes- und Kantonalbehörden, der Parteien und Hilfswerke in Bern zu einer Migrationskonferenz, um neue Wege in der Ausländer- und Asylpolitik aufzuzeigen. An dieser Tagung sprach sich Koller dafür aus, dass die Ausländerpolitik fürs Volk verständlicher formuliert werden müsse und auch längerfristigen Entwicklungen Rechnung zu tragen habe. Nur so könne verhindert werden, dass die Einwanderungspolitik zur "Schicksalsfrage" wird, welche die Schweiz über Jahre hinaus in der Innen- und Aussenpolitik blockieren könnte. Koller räumte ein, dass die bisherige Ausländerpolitik zu stark auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausgerichtet gewesen sei und gesellschaftspolitische Nebenwirkungen nicht genügend beachtet habe. Doch auch die künftige Migrationspolitik wird nach den Vorstellungen des Justizministers die Ansprüche von Industrie und Gewerbe zu berücksichtigen haben; zu ihren Grundpfeilern gehöre aber in gleichem Masse die Wahrung der inneren und äusseren Sicherheit, die Einhaltung der humanitären Verpflichtungen und das Gebot der internationalen Solidarität. Besondere Bedeutung mass Koller der Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinweg zu, da die Schweiz immer weniger in der Lage sein werde, die Migrationsprobleme im Alleingang zu lösen.

Migrationskonferenz

Mitte Mai 1994 konnte die Eidgenössische Sportschule Magglingen (ESSM) im Beisein von Bundesrätin Dreifuss und von rund 900 Gästen aus Sport, Kultur, Politik und Wissenschaft ihr 50-jähriges Bestehen feiern. Die ESSM nutzte ihr Jubiläum, um mit gezielten Aktionen an die Öffentlichkeit zu treten und ihre Bedeutung zu unterstreichen, die sich seit der Gründung 1944 – als sie in erster Linie als Unterstützung der Wehrhaftigkeit der Schweizer Armee verstanden wurde – stark geändert hat. In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Kultur wurde ein Jubiläumssymposium durchgeführt, an welchem rund 150 Vertreterinnen und Vertreter verschiedenster Institutionen das Sportverständnis als Orientierungsrahmen für die künftige Entwicklung des Sportes und als Element der gesamtgesellschaftlichen Kultur definierten und präzisierten.

50-jähriges Jubiläum der Eidgenössischen Sportschule Magglingen (1994)

Die grössten politischen Demonstrationen führten im Berichtsjahr die Landwirte durch: am 9. Januar protestierten an drei Orten insgesamt 31'000 Bauern (15'000 in Bern, 10'000 in Weinfelden/TG und 6'000 in Luzern) gegen die GATT-Verhandlungen. Gut besucht waren auch die am 10. Dezember vor allem von Frauen durchgeführten Protestaktionen gegen die sexuelle Gewalt im Krieg in Bosnien. Die kriegerischen Auseinandersetzungen im ehemaligen Jugoslawien waren denn auch das häufigste Thema bei den insgesamt 40 (1991: 30) von uns verzeichneten Kundgebungen mit 1'000 und mehr Beteiligten: zehn Grosskundgebungen fanden zu diesem Anlass statt (inkl. eine Demonstration von Griechen gegen die Anerkennung der neuen Republik Mazedonien und eine von Serben gegen die Berichterstattung in den deutschsprachigen Medien). Am zweithäufigsten waren Grossdemonstrationen gegen die Fremdenfeindlichkeit bzw. gegen eine Verschlechterungen der Arbeitsverhältnisse (je sieben). Letztere fanden vorwiegend in der französischsprachigen Schweiz statt, während sich die Kundgebungen gegen Fremdenfeindlichkeit und gegen den Krieg in Bosnien auf die Deutschschweiz konzentrierten. Mehr als die Hälfte der Grossdemonstrationen wurden in den Städten Zürich und Bern durchgeführt (elf resp. zehn), wovon in Zürich deren sechs von in der Schweiz ansässigen Ausländern organisiert wurden. Bei diesen Grossanlässen kam es lediglich an der Bauerndemonstration in Bern zu Aùsschreitungen und Auseinandersetzungen mit der Polizei. Viel häufiger waren derartige Vorkommnissen jedoch bei den kleineren Demonstrationen im Zusammenhang mit der Räumung von besetzten Häusern (v.a. in Zürich und Genf) und mit Blockierungen des motorisierten Privatverkehrs (v.a. in Zürich).

In der folgenden Zusammenstellung sind die Kundgebungen der Gewerkschaften zum 1. Mai, welche in den Grossstädten jeweils einige Tausend Beteiligte aufweisen, und die traditionellen – allerdings nur noch schwach besuchten – Ostermärsche der Pazifisten im schweizerisch/deutschen Grenzgebiet nicht erfasst. Demonstrationen mit 1000 und mehr Teilnehmenden, unterteilt nach Ort, Datum (Zeitung), Anzahl Teilnehmende und Thema:

Basel: 23.10. (5'000 / Gewerkschafter), 11.12. (2'000 / Frauen gegen Krieg in Bosnien);
Bern: 10.1. (15'000 / Bauern gegen Gatt), 24.2. (1'000 / gegen Fremdenfeindlichkeit), 23.3. (6'000 / gegen Fremdenfeindlichkeit), 30.3. (1'500 / für liberale Drogenpolitik), 6.7. (6'000 / ausländische Bauarbeiter; Pensionskassen im EWR), 21.9. (2'000 / AKW Mühleberg), 27.9. (3'000 / Krieg in Bosnien), 27.11. (1'000 / Krieg in Bosnien), 11.12. (5'000 / Frauen gegen Krieg in Bosnien), 21.12. (6'000 / Jugend für europäische Integration);
Erstfeld/UR: 30.11. (2'000 / Eisenbahner);
Genf: 3.2. (2'000 / Kosovo-Albaner); 20.2. (3'000 / Staatsangestellte), 12.3. (5'000 / Staatsangestellte), 23.10. (1'500 / Mittelschüler), 6.11. (2'000 / Bauunternehmer), 9.12. (8'000 / Gewerkschafter), 18.12. (1'000 / Staatsangestellte);
La Chaux-de-Fonds: 27.4. (1'000 / gegen Fremdenfeindlichkeit), 19.12. (1'500 / für europäische Integration);
Lausanne: 18.1. (3'000 / gegen Fremdenfeindlichkeit), 9.10. (1'000 / Staatsangestellte);
Luzern: 10.1. (6'000 / Bauern gegen Gatt), LNN, 11.12. (1'500 / Frauen gegen Krieg in Bosnien);
Schaffhausen: 28.12. (3'000 / gegen Fremdenfeindlichkeit);
St. Gallen: 23.3. (1'200 / gegen Fremdenfeindlichkeit);
Weinfelden/TG: 10.1. (10'000 / Bauern gegen Gatt);
Zürich: 23.3. (1'500 / gegen Fremdenfeindlichkeit), 10.2. (2'000 / Serben gegen Medien), 2.3. (1'500 / Schliessung Kanzlei-Zentrum), 23.3. (1'000 / Schliessung Kanzlei-Zentrum), 30.3. (2'000 / Kurden gegen Türkei), 11.5. (1'000 / Griechen gegen Mazedonien), 25.5. (2'000 / Kroaten und Bosnier), 12.10. (1'000 / Kurden gegen Türkei), 23.10 (3'000 / Gewerkschafter), 26.10. (1'000 / Kurden gegen Türkei), 11.12. (5'000 / Frauen gegen Krieg in Bosnien).

Nachtrag zu 1991: Zürich: NZZ, 3.1.92 (3'000 / Schliessung Kanzlei-Zentrum).

Statistik Grossdemonstrationen 1992
Dossier: Grossdemonstrationen in der Schweiz

Die Welle der fremdenfeindlichen Aktionen ist im Berichtsjahr deutlich abgeflaut. Nach Angaben des EJPD wurden 42 Ereignisse mit tatsächlichem oder vermutetem fremdenfeindlichem Hintergrund registriert. Bei rund der Hälfte davon handelte es sich um Sachbeschädigungen oder Schmierereien an Flüchtlingsunterkünften, in 15 Fällen kam es zu Brandstiftungen resp. Brandstiftungsversuchen, je zwei Anschläge wurden mit Schusswaffen resp. mit Feuerwerkskörpern durchgeführt. Der ehemalige Anführer der rechtsextremen Patriotischen Front, Marcel Strebel, stand erneut vor Gericht. Das Bezirksgericht Schwyz verurteilte ihn wegen Landfriedensbruchs zu zwanzig Tagen Gefängnis, wobei er diese Strafe nicht absitzen muss, sondern sich einer ambulanten psychiatrischen Behandlung zu unterziehen hat. Nach Angaben von BR Koller waren aber bei weitem nicht alle Anschläge auf Asylbewerberunterkünfte fremdenfeindlich motiviert; von den aufgeklärten Vorfällen des Vorjahres waren mehr als ein Drittel von Asylbewerbern selbst begangen worden.

Extremismusbericht des Bundesrates von 1992 (BRG 92.033)

Das schlechte Abschneiden der Schweizer Athletinnen und Athleten an den Olympischen Spielen von Albertville (Frankreich) und Barcelona (Spanien) liess erneut die Frage nach der Rolle des Staates im Elitesport aufkommen. Während der frühere Spitzensportler und heutige FDP-Generalsekretär Kauter schon mal laut über die Schaffung eines Staatssekretariats für Sport nachdachte, gab man sich bei den anderen Parteien eher reserviert. Der für Sport zuständige Bundesrat Cotti liess ebenfalls keinen Zweifel daran, dass sich die Regierung weiterhin nicht in die Belange des Hochleistungssports einmischen will.

Diskussionen zur Rolle des Staates im Elitesport (1992)

Die Befürchtung, dass die Schweiz nach einem Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum durch eine Flut von Stellensuchenden aus den EWR-Staaten überschwemmt werden könnte, war ein wichtiges Element im Abstimmungskampf der EWR-Gegner. Der Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments versicherten demgegenüber, Überfremdungsängste seien nicht gerechtfertigt, da die Erfahrungen innerhalb der EG gezeigt hätten, dass kaum unerwünschte Wanderungen aus den ärmeren in die reicheren Länder stattgefunden haben, und die Schweiz zudem aufgrund anderer Faktoren (lange Arbeitszeiten, hohe Wohnungsmieten) für EWR-Staatsangehörige gar nicht so attraktiv sein dürfte. Bei den Verhandlungen mit der EG hatte die Schweiz überdies erreicht, dass ihr eine Übergangsfrist von fünf Jahren zur schrittweisen Lockerung ihrer Ausländerpolitik gewährt wurde. Für den Fall eines massiven Zustroms von ausländischen Arbeitskräften erhielt die Schweiz ausserdem eine Schutzklausel eingeräumt, welche ihr auch nach der Übergangszeit temporäre Beschränkungen erlaubt hätte. Studien des EVD und des Bundesamtes für Statistik (BFS) belegten überdies, dass sich die Freizügigkeit des Personenverkehrs mehr – und zwar ökonomisch positiv – auf die Zusammensetzung denn auf den Umfang der Einwanderung auswirken würde und die Schweiz so oder so bis ins dritte Jahrtausend ein Einwanderungsland bleiben wird, was wegen der steigenden Überalterung der einheimischen Bevölkerung auch durchaus wünschenswert sei.

EWR-Abkommen: Massnahmen im Ausländerrecht

Angesichts der Komplexität der Materie und des Umstandes, dass immer weniger Asylsuchende den Definitionen des Asylgesetzes entsprechen, plädierte Arbenz, inzwischen Direktor des Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF), weiterhin für eine ganzheitliche Migrationspolitik. Damit schien er nun zunehmend auf Verständnis zu stossen. Selbst eine seiner heftigsten Widersacherinnen der Vergangenheit, die "Bewegung für eine offene, demokratische und solidarische Schweiz (BODS)" unterbreitete Vorschläge für eine integrierte Aussen-, Asyl- und Einwanderungspolitik, die in weiten Teilen dent Vorstellungen von Arbenz entsprechen. Im Parlament wurde der Gedanke von Ständerätin Simmen (cvp, SO) aufgenommen, welche den Bundesrat mit einer Motion aufforderte, rasch ein Migrationsgesetz auszuarbeiten, welches eine ausgeglichene Wanderungsbilanz nach Kriterien gewährleistet, die humanitären Gesichtspunkten ebenso Rechnung tragen wie wirtschaftlichen und politischen. Mit dem Argument der notwendigen, aber noch ausstehenden internationalen Koordination in diesem Bereich beantragte der Bundesrat Umwandlung in ein Postulat, doch hielt der Ständerat an der verbindlichen Form fest.

immer weniger Asylsuchende den Definitionen des Asylgesetzes entsprechen ganzheitliche Migrationspolitik

Zumindest während ihrer Rekrutenschule können Spitzensportler inskünftig mit mehr Verständnis seitens des Staates rechnen. Da die viermonatige RS oft negative Auswirkungen auf Training und Wettkampf hat, wurde das Pilotprojekt «Sportkompanie ad hoc» ins Leben gerufen. Athleten mit Ausweisen des nationalen Komitees für Elitesport, Mitglieder von Nationalmannschaften A und B und Junioren sowie weitere Elitesportler können, falls sie dafür selektioniert werden, einen Teil ihrer RS (25 Tage) mit individuellem Training und einer Ausbildung zum Sportanimator verbringen. In dieser Funktion sollen sie dann ihre Wiederholungskurse in den Rekrutenschulen leisten.

Gründung der Sportkompanie ad hoc (1992)

Anfangs Jahr wurde eine politische breit abgestützte Initiativgruppe "CH 701" gegründet, welche sich zum Ziel setzt, durch Aufklärung und aktive Konfliktbewältigung das Zusammenleben der einheimischen Bevölkerung mit Menschen aus fremden Kulturkreisen zu verbessern. Die Gruppe – im Lauf des Jahres als Verein unter dem Präsidium von Ständerätin Rosemarie Simmen (cvp, SO) etabliert – will die konstruktive Auseinandersetzung um Werte und Lebensformen einer multikulturellen Gesellschaft in Gang und besonders auch deren soziale Vernetzung zur Sprache bringen. Adressaten der Bemühungen sind sowohl Ausländer – besonders Asylbewerber aus aussereuropäischen Ländern – wie Einheimische, die in "Frontsituationen" vielfach überfordert sind. Zum Mitmachen aufgefordert wurden in erster Linie Vereine – insbesondere Quartiervereine –, Kirchgemeinden, Firmen, Kommunalverwaltungen und Gewerkschaften.

Zusammenleben der einheimischen Bevölkerung mit Menschen aus fremden Kulturkreisen zu verbessern

Jene Gewerkschaften, die einen hohen Anteil von Saisonniers vertreten, in erster Linie die Gewerkschaft Bau und Holz (GBH), verlangen seit Jahren die Auszahlung von Unterstützungsleistungen an Saisonniers, welche nach ihrem neunmonatigen Arbeitseinsatz in ihre Heimat zurückkehren müssen und dort bis zu ihrer Rückkehr in die Schweiz erwerbslos sind. Trotz Prämienleistungen an die Arbeitslosenkasse in der Schweiz haben sie aber keinen Anspruch auf Unterstützung, weil die Schweizer AL-Gesetzgebung einen Export von Leistungen nicht zulässt. Ausgenommen von diesem Grundsatz sind nur die Grenzgänger, deren Status in bilateralen Abkommen geregelt ist. Im Rahmen der EWR-Verhandlungen zeigte sich nun, dass die Schweiz bereit sein könnte, hier eine Geste des guten Willens zu machen. Jedenfalls studierte das Biga die Möglichkeit, zwar jenen Teil der AL-Beiträge in der Schweiz zurückzubehalten, der zur Deckung des versicherten Risikos der Saisonniers im Inland erforderlich ist (wie Kurzarbeit- oder Schlechtwetterentschädigung), den Rest aber — immerhin zwischen 40% und 60% der einbezahlten AL-Beträge — dem jeweiligen Wohnsitzland zu überweisen. Dies wäre allerdings wohl auch nur eine Übergangslösung, denn bei einem Beitritt der Schweiz zum EWR wären die Tage des Saisonnier-Statuts ohnehin gezählt.

Auszahlung von Unterstützungsleistungen an Saisonniers

Auf einen besonders schmerzlicher Aspekt des Saisonnierstatuts wurde eine breitere Öffentlichkeit aufmerksam, als bekannt wurde, dass Bundespräsident Koller jene Kantone — rund ein Dutzend, vor allem welsche — zur Ordnung rufen wollte, die illegal in der Schweiz lebende Saisonnierkinder einschulen, ohne dies der Fremdenpolizei zu melden. Als sich jedoch die interkantonale Erziehungsdirektorenkonferenz hinter diese Praxis stellte, das Recht auf Bildung jedes Menschen betonte und sich weigerte, zum verlängerten Arm der Polizei zu werden, sah sich der Vorsteher des EJPD zum Einlenken gezwungen.

Saisonnierkinder

Der 1989 von einer interdepartementalen Arbeitsgruppe unter Führung des FlüchtIingsdelegierten Peter Arbenz vorgelegte "Strategiebericht für eine Flüchtlings- und Asylpolitik der neunziger Jahre" war vom Gedanken ausgegangen, die Ausländer- und die Asylpolitik inskünftig vernetzt anzugehen. Die traditionelle Unterscheidung in Flüchtlinge und erwerbstätige Ausländer sollte durch periodisch festzulegende Kontingente für sämtliche Einwandererkategorien ersetzt werden. Der Bericht stiess damals auf breite Ablehnung, und auch der Bundesrat distanzierte sich von dieser Idee und setzte ihr zwei Jahre später das Drei-Kreise-Modell entgegen, welches eine klare Trennung vornimmt zwischen Ländern, in denen Arbeitskräfte rekrutiert werden sollen oder dürfen, sowie Staaten, deren Angehörige nur über ein Asylgesuch Aufnahme in der Schweiz finden können. Doch auch diese Absicht fand lediglich bedingt Zustimmung.

Ausländer- und die Asylpolitik inskünftig vernetzt anzugehen