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Zu Beginn der Corona-Pandemie berichteten die Medien über warnende Stimmen, wonach die Krankenkassenprämien 2021 durch die hohen Kosten im Jahr 2020 stark ansteigen könnten; Politikerinnen und Politiker aus dem linken sowie dem bürgerlichen Lager warnten im Blick vor einem regelrechten «Prämienschock». Gleichzeitig wiegelten die Medien selber jedoch grösstenteils ab: Da die Prämien nicht auf den Kosten des Vorjahrs, sondern aufgrund einer Schätzung der Ausgaben des jeweiligen Jahres berechnet würden, sei für das Jahr 2021 kein starker Prämienanstieg zu erwarten. Selbst wenn die Krankenversicherungen im Jahr 2020 mehr ausgeben müssten, als sie durch die Prämien eingenommen hätten, würden sich die Prämien des Folgejahres nicht direkt erhöhen: Für solche ausserordentlichen Grossereignisse hätten die Krankenversicherungen Reserven gebildet, die Anfang 2019 bei CHF 9.5 Mrd. lagen und damit doppelt so hoch waren, wie gesetzlich verlangt. Da die Reservesituation nicht für alle Krankenversicherungen gleich gut sei, gebe es zudem noch den Sicherungsfonds, der in solchen Fällen aushelfe, war den Medien weiter zu entnehmen. Schliesslich sei es noch nicht einmal sicher, dass die Kosten der Krankenversicherungen im Jahr 2020 höher ausfallen würden als erwartet. Zwar seien Therapien auf der Intensivstation – wie sie zur Behandlung von schweren Fällen von Covid-19 häufig sind – teuer, diese würden aber zu mehr als der Hälfte von den Kantonen übernommen. Die grossen Kosten der Pandemie im Gesundheitsbereich fielen denn auch nicht bei den Krankenkassen, sondern bei den Kantonen an, war man sich einig. Diese müssten die Massnahmen der Spitäler zur Pandemie bezahlen, während das bundesrätliche Verbot von nicht dringenden Behandlungen gleichzeitig ein Loch in die Kassen der Spitäler reisse. Dies habe zu der paradoxen Situation geführt, dass die Spitäler im Frühjahr 2020 einerseits unter Personalmangel litten, weil insbesondere im Pflegebereich zu wenig Fachkräfte vorhanden seien und viele davon zum Beispiel wegen eigener Infektion mit dem Corona-Virus ausfielen, und andererseits Kurzarbeit anmelden mussten, zumal Behandlungen in vielen Bereichen stark eingeschränkt waren und die Mitarbeitenden entsprechend nicht ausgelastet werden konnten. Letzteres habe denn auch zu teilweise sehr hohen Umsatzeinbussen für die Spitäler geführt.
Dennoch konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Corona-Pandemie nicht doch noch auf die Krankenkassenprämien auswirken würde, insbesondere durch die Verlagerung von Eingriffen auf die Folgejahre. Entsprechend forderten die SP-Fraktion (Mo. 20.3202) sowie Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH; Mo. 20.3313), dass die Krankenkassenprämien in den Jahren 2021 bis 2023 nicht erhöht werden dürfen. Stattdessen sollen die Kosten wenn nötig vollständig durch Bund und Kantone (SP-Fraktion) oder durch die Reserven und bei kleinen Kassen durch den Bund (Prelicz-Huber) finanziert werden. Ein allgemeines Verbot für einen Anstieg der Krankenkassenprämien-Gesamtsumme während der nächsten zehn Jahre forderte Lukas Reimann (svp, SG; Mo. 20.3434). Falls die Kosten der Leistungserbringenden das Total der Prämien übersteigen sollten, sollen diese angewiesen werden, ihre Ausgaben entsprechend zu reduzieren. Gar eine Reduktion der Prämien für einkommensschwache Personen um 50 Prozent während zwei Jahren forderte Valérie Piller Carrard (sp, FR; Mo. 20.3574). Bund und Kantone sollen via Prämienverbilligungen für die entsprechenden Kosten aufkommen, schlug sie vor. Auch eine Standesinitiative des Kantons Genf (Kt.Iv. 20.337) verlangte einen dreimonatigen Verzicht auf die Erhebung der Prämien sowie eine zweijährige Beibehaltung der Prämienhöhe. Finanziert werden solle dies durch eine 50-prozentige Reduktion der Reserven der Krankenversicherungen. Auf diese Reserven hatten aber auch andere ein Auge geworfen: So forderten gemäss Presse verschiedene Kantons- oder Spitalvertretende, dass sich die Krankenversicherungen mit ihren Reserven am finanziellen Schaden der Spitäler durch die Pandemie beteiligen. Die Reserven seien für die Deckung epidemiebedingter Kosten geschaffen worden, entsprechend sollten sie jetzt auch dafür eingesetzt werden, wurde argumentiert. Dagegen wehrten sich vor allem die Krankenkassen: Die Reserven gehörten den Versicherten, zudem schreibe das KVG unmissverständlich vor, dass sie ausschliesslich für Kosten für Diagnose und Heilung von Krankheiten ausgegeben werden dürften.

Im September 2020 hatte das Warten schliesslich ein Ende, das EDI gab in einer Medienmitteilung die Prämien für das Jahr 2021 bekannt. Die mittlere Prämie stieg für das Jahr 2021 um 0.5 Prozent, was im mittelfristigen Vergleich einen eher geringen Anstieg bedeutete – seit 2010 liegt der durchschnittliche Anstieg bei 3.1 Prozent. Bereits in den letzten zwei Jahren war der Anstieg jedoch deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Auch die kantonalen Unterschiede waren deutlich geringer als in anderen Jahren, die kantonalen Prämienanstiege schwankten zwischen -1.6 und 2.1 Prozent. Die Reserven der Krankenkassen stiegen bis Ende 2020 auf mehr als CHF 11 Mrd. an.

Gesundheitskosten in der Corona-Pandemie & Krankenkassenprämien 2021
Dossier: Covid-19-Kosten im Gesundheitsbereich
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Am 16. April 2020 informierte der Bundesrat über die geplante Lockerungsstrategie der Massnahmen zum Coronavirus, die in drei Schritten erfolgen sollte. In den Mittelpunkt stellte der dabei die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung, daneben beabsichtigte er aber auch, die wirtschaftlichen Schäden in Grenzen zu halten und die Einschränkung der Grundrechte zu reduzieren. In einer ersten Etappe sollten ab dem 27. April Coiffeursalons, Kosmetikstudios, Baumärkte, Blumenläden und Gärtnereien ihre Türen wieder öffnen dürfen. In diesen Einrichtungen sei die Umsetzung von Schutzkonzepten einfach möglich, sie wiesen wenige direkte Kontakte auf und lösten keine grossen Personenströme aus, erklärte der Bundesrat die Auswahl. Ab dem gleichen Datum sollten in Krankenhäusern zudem wieder uneingeschränkt Eingriffe durchgeführt werden können.
Als zweite Etappe sah die Regierung für den 11. Mai die Wiedereröffnung der obligatorischen Schulen, Einkaufsläden und Märkte vor. Vor dem Entscheid über diesen zweiten Lockerungsschritt wollte sie jedoch die Entwicklung der Fallzahlen abwarten und diesen folglich erst am 29. April fällen. Schliesslich war als dritte Etappe neben der Öffnung von Museen, Zoos und Bibliotheken sowie der Lockerung des Versammlungsverbots für den 8. Juni auch die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an Mittel-, Berufs- und Hochschulen geplant. Einzelheiten dazu beabsichtigte der Bundesrat am 27. Mai festzulegen.

An demselben Tag, an dem der Bundesrat diese ersten Lockerungsschritte ankündigte, verabschiedete er eine am 20. April 2020 in Kraft tretende Verordnung, die eine übergangsweise Befreiung von der Anzeigepflicht bei Überschuldung, die in der Regel zur sofortigen Insolvenz führen würde, und eine zeitlich befristete Covid-19-Stundung beinhaltete. Letztere sollten insbesondere KMU unbürokratisch beantragen können. Er gab zudem bekannt, dass Selbständigeerwerbende rückwirkend ab dem 17. März 2020 Anspruch auf EO erhalten sollen. Mit diesem Entscheid sollte die Problematik angegangen werden, dass rund 270'000 Personen, darunter zum Beispiel viele Taxifahrerinnen und Taxifahrer oder Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, keine Covid-19-Kredite oder Kurzarbeitsgelder hatten beantragen können, da der Bundesrat ihre Unternehmen nicht geschlossen hatte, sie aber dennoch bis zu 90 Prozent ihres Einkommens aufgrund der Pandemie eingebüsst hatten. Um die durch die Corona-Pandemie entstandenen Finanzlöcher zu stopfen, gingen zahlreiche verschiedene Vorschläge ein: von einer Halbierung der Mehrwertsteuer, wodurch der Konsum angekurbelt werden sollte (Postulat Müller; fdp, LU; Po. 20.3214), über ein fünfjähriges Ausgaben- und Aufgabenmoratorium (SVP-Fraktion; Mo. 20.3567) und der Reduktion der Ausgaben für die EU, den Asylbereich und ausländische Personen (Motion Quadri; lega, TI; Mo. 20.3272) hin zu einer Solidaritätssteuer, z.B. über eine Erhöhung der Kapitalgewinnsteuer (Motion de la Reussille, pda, NE, Mo. 20.3174; Motion der SP-Fraktion, Mo. 20.3203; Motion Prezioso, egsols, GE, Mo. 20.3335; Motion Rytz, gp, BE, Mo. 20.3362).

Anspruch auf Entschädigung ihres vollen Erwerbs sagte der Bundesrat am 22. April denjenigen Angehörigen der Armee zu, die zwischen dem 6. März 2020 und dem 30. Juni 2020 zur Bewältigung der Coronakrise im Einsatz standen und die Dauer ihres Ausbildungsdienstes überschritten hatten. Für Angehörige des Zivilschutzes sollte eine vergleichbare Regel gelten.

Eine Woche darauf kündigte die Regierung an, dass einige Lockerungen schneller vorgenommen werden könnten als ursprünglich geplant, da die Ausbreitung von Covid-19 aufgrund der vorbildlichen Umsetzung der ergriffenen Massnahmen durch die Bevölkerung hatte abgeschwächt werden können. Daher sollten unter anderem auch Restaurants, Museen und Bibliotheken bereits ab dem 11. Mai wieder ihre Pforten öffnen dürfen und auch Primar- und Sekundarschulen ihren Unterricht vor Ort wieder aufnehmen können, wobei die diesbezügliche Entscheidung über die Durchführung bei den Kantonen lag. Diese sollten auch entscheiden, ob an den Gymnasien schriftliche Abschlussprüfungen durchgeführt werden oder nicht. Im Vorfeld hatte die EDK bereits bekanntgegeben, dass sie die Absage mündlicher Prüfungen empfehle. Anders sah die Situation für die Berufsschulen aus, wo bereits zuvor landesweit einheitlich entschieden worden war, auf schriftliche Lehrabschlussprüfungen zu verzichten. Auch Trainings im Breiten- und Spitzensport sollten ab dem 11. Mai wieder erlaubt sein.
Um die Auswirkungen der Lockerungen auf die Epidemieentwicklung genau beobachten zu können, plante der Bundesrat ein entsprechendes Monitoring. Die einzelnen Lockerungsetappen sollten mit Schutzkonzepten einhergehen, zudem müssten alle Institutionen über ein auf den Vorgaben des BAG, des SECO oder auf einem Branchenkonzept basierendes Schutzkonzept verfügen. Des Weiteren beschloss die Regierung, auch die Einreisebeschränkungen zu entschärfen; Grossveranstaltungen mit über 1'000 Personen blieben jedoch bis Ende August 2020 weiterhin verboten. Die Kantone wurden zudem aufgefordert, ab dem 11. Mai die flächendeckende Rückverfolgung von Neuinfektionen fortzuführen. Ein ähnliches Ziel verfolgte die SwissCovidApp, eine digitale Applikation mit Bluetooth-Funktechnik, mit der die Benutzerinnen und Benutzer informiert würden, wenn sie sich in der Nähe einer mit Covid-19 infizierten Person befunden haben (Proximity Tracing). Diese gehe Mitte Mai in die Testphase, zudem solle in Kürze auch die gesetzliche Grundlage für ihren ordentlichen Betrieb geschaffen werden, erklärte der Bundesrat. Die eidgenössischen Abstimmungen vom 19. Mai, welche der Bundesrat im März abgesagt hatte, sollten am 27. September 2020 nachgeholt werden. Ferner kündigte er Liquiditätshilfen in der Höhe von maximal CHF 1.9 Mrd. an, um den beiden Fluggesellschaften Swiss und Edelweiss unter die Arme zu greifen.

Mit den ersten Lockerungen einhergehend änderte die BAG-Kampagne «So schützen wir uns» am 30. April ihre Grundfarbe auf Pink. Dennoch wurde betont, dass trotz einiger Zugeständnisse nach wie vor die gleichen Regeln gälten – unter anderem Abstandhalten, Händewaschen und das Niesen in den Ellbogen. Das BAG legte der Bevölkerung ausserdem nahe, eine Maske zu tragen, sollten die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können.

Was die vorläufig auf Eis gelegte Fussballsaison anbelangt, so entschloss der Zentralvorstand des SFV Ende April, dass abgesehen von der Super League, der Challenge League und dem Schweizer Cup der Männer der Spielbetrieb endgültig nicht fortgesetzt werden sollte. Ob und in welcher Form die Saison der beiden höchsten Ligen fortgeführt werden könne, wollte die Swiss Football League nach Anhörung der tangierten Clubs entscheiden.

Nachdem die Frühjahrssession 2020 vor der dritten Woche abgebrochen werden musste, tagten National- und Ständerat vom 4. bis 6. Mai im Rahmen einer ausserordentlichen Session, an welcher in erster Linie Geschäfte im Zusammenhang mit Covid-19 behandelt wurden. Im Zentrum standen dabei die dringlichen Ausgaben zur Bekämpfung der Folgen der Pandemie, etwa für die Corona-Kredite, welche nachträglich von der Bundesversammlung abgesegnet werden mussten. Darüber hinaus beschäftigen sich die Räte aber auch ausführlich mit den Corona-Krediten für die Unternehmen, mit den Massnahmen für die Medien oder mit den Frage nach dem Erlass der Geschäftsmieten.

Da sich Jugendliche und junge Erwachsene aufgrund der gegebenen Umstände bei der Suche nach einer Lehrstelle oder einer Stelle im Anschluss an ihre Ausbildung vor Herausforderungen gestellt sahen, kam es am 7. Mai 2020 zur Gründung einer aus Vertreterinnen und Vertretern der Kantone, der Sozialpartner und des Bundes bestehenden Task Force, welche die Berufsbildung stärken sollte. Tags darauf gab der Bundesrat bekannt, Institutionen der familienergänzenden Betreuung, die wegen der Pandemie Ertragsausfälle erlitten, mit CHF 65 Mio. unterstützen zu wollen. Wie diese Unterstützung genau erfolgen sollte, plante die Landesregierung bis zum 20. Mai in einer entsprechenden Verordnung festzuhalten.

Am 13. Mai liess das EJPD verlauten, dass die Grenzen zu Deutschland, Österreich und Frankreich bis zum 15. Juni 2020 vollständig geöffnet werden sollen, wenn dies mit der epidemiologischen Situation vereinbar sei. Die drei Nachbarländer würden sich zurzeit ebenfalls in der Transitionsphase befinden und verfügten über eine ähnliche epidemiologische Lage wie die Schweiz. Bis dahin sollten für binationale Paare, die nicht verheiratet sind, sowie für «allfällige weitere Personenkategorien» Lösungen entwickelt werden. Gleichentags verkündete das VBS die Unterstützung des Schweizer Sports mit Darlehen in einer Höhe vom CHF 500 Mio.

Auch an der sonst schon einem starken Wandel unterworfenen Medienlandschaft zog die Coronakrise nicht unbemerkt vorbei. Zeitung, Radio und Fernsehen hatten unter anderem einen starken Rückgang an Werbeeinnahmen zu beklagen. Angesichts der zentralen Rolle, die den Medien in einer Demokratie zukomme, stellte der Bundesrat am 20. Mai die Covid-19-Verordnung elektronische Medien vor, in der Radio- und Fernsehveranstaltern finanzielle Soforthilfen in der Höhe von CHF 40 Mio. in Aussicht gestellt wurden. Zeitgleich erliess die Landesregierung eine Notverordnung zur Unterstützung der Printmedien, die finanzielle Sofortmassnahmen im Rahmen von CHF 17.5 Mio. beinhaltete. Weiter beantragte der Bundesrat am 20. Mai CHF 14.9 Mrd. in Form von elf Nachtragskrediten, um die Auswirkungen des Coronavirus auf die Wirtschaft weiter abzudämpfen. Der Löwenanteil von CHF 14.2 Mrd. ging dabei an die ALV.

Eine Woche später – am 27. Mai 2020 – teilte der Bundesrat an seiner Pressekonferenz den bis anhin grössten Lockerungsschritt mit. So sollte das spontane Zusammenkommen von bis zu 30 Personen ab dem 30. Mai 2020 wieder erlaubt sein. Ab dem 6. Juni sollten auch wieder öffentliche Veranstaltungen wie etwa Messen, Theatervorstellungen, Familienanlässe oder politische Kundgebungen mit bis zu 300 Personen stattfinden dürfen. Für denselben Tag wurde zudem die Wiedereröffnung von Bergbahnen, Campingplätzen und anderen Angeboten im Tourismusbereich wie auch für Casinos, Freizeitparks, Zoos, botanische Gärten, Wellnessanlagen und Erotikbetriebe angesetzt. In Restaurants sollte ab dem 6. Juni ausserdem die Gruppengrösse von maximal vier Personen aufgehoben werden, jedoch müssen ab einer Gruppengrösse von vier Personen die Kontaktdaten angeben werden. In Mittel-, Berufs- und Hochschulen sollte ab dem 6. Juni ebenfalls wieder vor Ort unterrichtet werden dürfen, wobei die Kantone über die Umsetzung entscheiden sollten. Der Bundesrat legte der Bevölkerung nahe, weiterhin von zuhause aus zu arbeiten, die Unternehmen dürften jedoch grundsätzlich selbst über die Rückkehr an den Arbeitsplatz bestimmen. Weiter sollten ab dem 8. Juni die Bearbeitung der Gesuche von Erwerbstätigen aus dem EU/EFTA-Raum wieder aufgenommen werden und die Anstellung hochqualifizierter Arbeitnehmerinnen und -nehmer durch Schweizer Firmen wieder möglich sein. Zudem sei für den 6. Juni die vollständige Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit und Reisefreiheit im Schengen-Raum geplant, gab der Bundesrat bekannt.

Am 15. Juni wurden schliesslich die Grenzen zu allen Staaten des EU-EFTA-Raums wieder vollständig geöffnet und auch der Einkaufstourismus, der zuvor verboten worden war, wieder zugelassen. Vier Tage darauf beschloss der Bundesrat, die ausserordentliche Lage zu beenden und stattdessen zur besonderen Lage gemäss Epidemiengesetz zurückzukehren, wofür er die Covid-19-Verordnung 3 verabschiedete. Das Demonstrationsverbot, das zuvor für ausführliche Diskussionen um die Frage der Grundrechte gesorgt hatte, fiel am 20. Juni und ab dem 22. Juni wurden weitere bis anhin herrschende Massnahmen aufgehoben: Unter anderem konnten wieder Veranstaltungen mit bis zu 1'000 Personen stattfinden, der Mindestabstand zwischen zwei Personen wurde von zwei Metern auf 1.5 Meter reduziert und die für Restaurants und Diskotheken geltende Sperrstunde um Mitternacht sowie die Home-Office-Empfehlung wurden aufgehoben. Somit waren zu diesem Zeitpunkt zwar noch immer verschiedene Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft am Laufen, Einschränkungen bestanden jedoch fast keine mehr.

Verlauf und Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Wirtschaftliche und finanzielle Folgen

Im Durchschnitt stieg die mittlere Prämie der Krankenkassen-Grundversicherung 2020 nur um 0.2 Prozent. Dies stellte den zweitniedrigsten Anstieg seit der Einführung des KVG 1996 dar – auch wenn die Werte aufgrund der Änderung der Berechnungsmethode 2018 nicht direkt mit den Vorjahren vergleichbar sind. Dieser vergleichsweise tiefe Wert wäre an sich eine gute Nachricht, jedoch war man sich in Medien und Politik einig: Um auch zukünftig einen tiefen Prämienanstieg zu verzeichnen, brauche es weitere Massnahmen. Man dürfe jetzt keinesfalls nachlassen, erklärte auch Gesundheitsminister Berset. Es brauche immer wieder neue Massnahmen zur Dämpfung der Kosten, zumal ein gewisses Wachstum aufgrund der Alterung der Gesellschaft und des medizinisch-technischen Fortschritts unausweichlich sei. Dieses Ergebnis zeige aber, dass sich das Kostenwachstum eindämmen lasse. Als Mitgrund für diese Eindämmung erwähnte er explizit den Tarmed-Eingriff sowie die regelmässigen Preisreduktionen bei Medikamenten des Bundesrates seit 2012, mit denen CHF 500 Mio. respektive CHF 1 Mrd. hätten eingespart werden können.
Getrübt wurde die Freude durch die Tatsache, dass sich der Prämienanstieg zwischen Krankenversicherungen, Franchisen, Versicherungsmodellen und zwischen den Kantonen stark unterschied. So sank die mittlere Prämie zwar in zehn Kantonen, in acht Kantonen stieg sie aber gar um mehr als 1 Prozent an. Besonders kritisch war die regionale Verteilung dieser Unterschiede: Während die Prämien in der Deutschschweiz durchschnittlich um 0.15 Prozent anstiegen, nahmen sie in der Romandie um 0.5 Prozent und im Tessin um 2.5 Prozent zu. Den höchsten Anstieg verzeichnete der Kanton Neuenburg mit 2.9 Prozent. «Les Romands perdants», betonte Le Temps in der Folge. Entsprechend schlecht war auch die Stimmung in der Romandie, insbesondere im Kanton Genf, der zusammen mit dem Kanton Basel-Stadt die höchsten Prämien aufweist. Der Genfer Staatsrat Mauro Poggia (GE, mcg) verwies darauf, dass die Reserven der Krankenversicherungen stark angestiegen seien und 2018 mit CHF 9.4 Mrd. rund CHF 4.6 Mrd. höher gewesen seien als gesetzlich vorgeschrieben. Mit diesem Geld hätte man den Prämienanstieg vollständig verhindern können, betonte er. Als «Skandal» bezeichnete auch Jean-Paul Derouette, Präsident der Sektion Romande des Schweizerischen Verbands der Versicherten (Assuas) den Anstieg, zumal die Romands für die kleinen Deutschschweizer Kantone zahlen müssten. Damit verwies er auf den Vorwurf, dass die Krankenversicherungen die überschüssigen Reserven einzelner Kantone zum Ausgleich fehlender Reserven in anderen Kantonen nutzten, wie es der Kanton Genf bereits in einer Standesinitiative angeprangert hatte (Kt.Iv. 17.306). Dem widersprach Santésuisse, die betonte, der Prämienanstieg in den entsprechenden Kantonen sei auf steigende Gesundheitskosten zurückzuführen; so seien zum Beispiel die Gesundheitskosten in Neuenburg zwischen 2017 und 2018 um 4.6 Prozent gewachsen.
Doch nicht nur die ungleiche Verteilung der Prämienanstiege führte zu Kritik. «On paiera cela en 2021», vermutete Mauro Poggia zudem und warf dem Gesundheitsminister vor, die Prämien vor den eidgenössischen Wahlen 2019 absichtlich nicht stärker zu erhöhen – zumal die Krankenkassen gemäss Sorgenbarometer im Jahr 2019 die grösste Sorge der Bevölkerung gewesen seien (in der Tat belegten sie jedoch den zweiten Platz). Auch Nationalrat Samuel Bendahan (ps, VD) stellte in seinem Blog in «Le Temps» einen Zusammenhang zwischen dem geringen Prämienanstieg und den Wahlen fest. Die Tribune de Genève errechnete zudem mit den für die Änderung der Berechnungsart korrigierten Zahlen des BAG, dass in der Tat im Wahlherbst 2007 zum einzigen Mal überhaupt ein Prämienrückgang verzeichnet worden war. Nur in zwei von sechs Fällen seit 1997 hätten die Prämien vor den nationalen Wahlen den langjährigen Durchschnitt übertroffen.

Krankenkassenprämien 2020
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Anfang März 2020 gab das BAG bekannt, dass die Diagnostiktests für den Nachweis des Coronavirus ab sofort von der OKP übernommen und somit von den Krankenkassen vergütet werden. Das bedeutete gleichzeitig, dass darauf auch Franchisen und Selbstbehalt anfallen, wodurch gemäss Medien mehr als die Hälfte der Versicherten die Kosten der Tests (teilweise) selbst bezahlen mussten. Auch die Krankenkassen kritisierten diese Regelung und argumentierten, die Kosten seien Sache der Kantone – gemäss Epidemiengesetz müssen im Epidemiefall die Kantone für die Untersuchungskosten aufkommen –, zudem liege es im öffentlichen Interesse, «dass niemand aufgrund finanzieller Überlegungen auf einen Test verzichtet», wie der Santésuisse-Sprecher ausführte.
Ende April entschied sich der Bundesrat für eine auf dem Epidemiengesetz basierende Regelung: Wenn in erster Linie die Allgemeinheit von einem Test profitiert, also bei leichten Symptomen, sollten neu die Kantone die entsprechenden Kosten übernehmen. Profitieren jedoch vor allem die Erkrankten, also bei schwereren Symptomen, blieben weiterhin die Krankenversicherungen zuständig. Entsprechend fielen für die Betroffenen mit schweren Symptomen auch weiterhin Franchisen und Selbstbehalt ins Gewicht, während Personen mit leichten Symptomen keine Kosten übernehmen mussten. Diese Ungleichbehandlung führte zu einiger Kritik in den Medien, auch die GDK zeigte sich ob der dadurch entstehenden Abgrenzungsschwierigkeiten unzufrieden. Der gesamte Betrag solle über die Krankenkasse abgerechnet, jedoch auf Berücksichtigung der Franchise und die Erhebung des Selbstbehalts verzichtet werden, forderte sie. Auch die SP-Fraktion störte sich am Modell des Bundesrats, weshalb sie diesen mit einer Motion (Mo. 20.3205) aufforderte, die von der Bevölkerung selbst übernommenen Kosten für Coronatests sowohl zukünftig als auch rückwirkend zu übernehmen. Der Bundesrat betonte, dass die gesetzliche Grundlage für eine rückwirkende Übernahme fehle. Ende Juni entschied er aber, dass zur Verhinderung einer zweiten Welle zukünftig mehr und vor allem auch symptomatische Personen, die normalerweise keine Ärztin oder keinen Arzt aufsuchen würden, getestet werden müssen. Da dies der Eindämmung der Epidemie gemäss Epidemiengesetz diene und der Bund in seiner Covid-19-Verordnung 3 entsprechende Regelungen erlassen habe, trage er ab Ende Juni 2020 die Kosten, sofern die getesteten Personen die Testkriterien des BAG erfüllten.

OKP übernimmt Kosten von Diagnostiktests für den Nachweis des Coronavirus
Dossier: Covid-19-Kosten im Gesundheitsbereich

Im Dezember 2019 ereignete sich in Andermatt ein Lawinenniedergang auf eine Skipiste. Glücklicherweise konnten alle Verschütteten gerettet werden. Die Medien stellten sich sodann die Frage, warum eine Lawine auf eine befahrene Skipiste niedergehen konnte. War diese Piste zu früh für die Skifahrer geöffnet worden, zumal die Piste an diesem Tag das erste Mal geöffnet war? Die Sonntagszeitung berichtete bald darauf, dass das SLF in einer Studie von 2017 für das betroffene Gebiet ein komplexes Lawinenproblem festgestellt hatte. Zudem hatte auch Pro Natura auf die Gefahr aufmerksam gemacht und berichtet, dass die besagte Piste heikel sei und an schneereichen Tagen speziell gesichert werden müsse. Ein Sprecher des Skigebiets wiederum nahm die Betreiber in Schutz und hielt fest, dass der Lawinengefährdung bei der Planung des Skigebiets stets höchste Priorität beigemessen worden sei und dass das mit dem SLF erarbeitete Sicherheitskonzept immer wieder überprüft und bei Bedarf angepasst werde. Die Kantonspolizei Uri eröffnete noch am Tag des Lawinenniedergangs eine Untersuchung; dabei solle auch untersucht werden, ob die Öffnung der Piste unter den gegebenen Schnee-Bedingungen gerechtfertigt gewesen sei, gab sie bekannt.

Lawinenniedergang in Andermatt

Im November 2019 nahmen die Medien das Fehlen von italienischen Durchsagen bei Fussball-Länderspielen auf. Anlass dazu war das Spiel der Schweizer Nationalmannschaft gegen Georgien in St. Gallen, wo zwar deutsche, französische und englische Durchsagen gemacht, das Italienische aber aussen vor gelassen wurde. Diego Erba, Koordinator des Forums für das Italienische in der Schweiz und ehemaliger Generalsekretär der Tessiner Bildungsdirektion, der sich das Spiel live angeschaut hatte, wandte sich in der Folge per Brief an den Schweizer Fussballverband (SFV). Darin stellte er die Forderung auf, dass künftig alle offiziellen Durchsagen auch in italienischer Sprache gemacht werden müssten, da der dritten Landessprache sonst zu wenig Respekt gezollt werde. Sportministerin Viola Amherd und dem aus dem Kanton Tessin stammenden Aussenminister Ignazio Cassis liess er eine Kopie des Schreibens zukommen. Während das VBS nicht auf die Beschwerde einging, stiess diese bei Ignazio Cassis auf offene Ohren. Eine seiner Mitarbeiterinnen hob die Wichtigkeit der Nationalmannschaft für den Zusammenhalt des Landes wie auch für das weltweite Ansehen der Schweiz hervor. Zudem sei die Tatsache, dass man hierzulande drei Amtssprachen respektive vier Landessprachen beheimate, inhärenter Teil der schweizerischen DNA. Neben Erba zeigte sich auch Franco Narducci, Präsident einer Vereinigung zur Förderung des Italienischen in Zürich, unzufrieden damit, dass Italienisch bei den Länderspielen jeweils nicht berücksichtigt werde. Er wolle sich mit einem ähnlichen Schreiben an die beiden Bundesräte wenden, sagte er gegenüber den Medien. Der Schweizer Fussballverband erklärte Ende November, man werde die Sprachenpolitik überprüfen. Dominique Blanc, SFV-Präsident, schürte zu diesem Zeitpunkt nicht allzu grosse Hoffnungen auf eine Veränderung. Er erachte es aus praktischen Gründen als eine Unmöglichkeit, viersprachige Durchsagen zu machen, da dies zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Aus Sicherheitsgründen müssten die Ansagen auch von den Gästefans verstanden werden – daher die englischen Durchsagen. Trotz dieser nicht sehr aussichtsreichen Aussage gab der SFV im darauffolgenden Februar bekannt, dass er bezüglich seiner Sprachenpolitik über die Bücher gegangen sei. Von nun an würden die Durchsagen in der am Spielort gesprochenen Sprache sowie in einer Sprache, die für das Gastteam verständlich sei, durchgeführt. Das Forum für das Italienische in der Schweiz zeigte sich mit dieser Lösung zufrieden.

Sprachendiskriminierung im Fussball

Vom 23. bis zum 25. August 2019 fand in Zug das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) statt, über das in den Medien ausführlich berichtet wurde. In dem weltweit grössten temporären Stadion der Welt wurde Christian Stucki vor 56'500 Zuschauern zum Schwingerkönig gekrönt. Es handelte sich um das bislang grösste Schwingfest der Geschichte. Das Budget von CHF 36.5 Mio. entsprach gemäss Presse dem Sechsfachen von dem, was 1998 in Bern für das damalige Schwingfest budgetiert worden war. Doch nicht nur die Gelder, sondern auch die Anzahl Zuschauer und Zuschauerinnen hatte in den vergangenen 25 Jahren stetig zugenommen. Auf dem 105 Fussballfelder grossen Festgelände fanden sich in drei Tagen schätzungsweise 420'000 Personen ein. Im Vorfeld hatte man mit 85'000 Logiernächten gerechnet.
Entsprechend gross war auch die Nachfrage nach Tickets gewesen. Mehr als 180'000 Leute hatten sich für die der allgemeinen Öffentlichkeit zur Verfügung stehenden Eintrittskarten interessiert. Dies machten sich einige Billettinhaber und -inhaberinnen zunutze, indem sie die CHF 150 bis CHF 245 teuren Karten auf Internetplattformen wie Ricardo für bis zu CHF 1'600 für zwei Tickets weiterverkauften. Das Organisationskomitee ging gegen diese Weiterverkäufe mittels Drohungen vor, mit dem Ziel die Verkäufer und Verkäuferinnen zu belangen und die weiterverkauften Billette für ungültig zu erklären.
Der Grund für das breite Interesse der Allgemeinheit am Schwingsport schrieben die Medien dem Fernsehen zu. Hatte man 2001 noch vor dem Schlussgang zur Endphase eines Formel-1-Rennens umgeschaltet, so wäre dies 2019 undenkbar gewesen. Das SRF konnte mit über einer Million Fernsehzuschauerinnen und -zuschauern und einer Traumquote von siebzig Prozent einen grossen Erfolg verbuchen. Neben der hohen Einschaltquote konnte das Staatsfernsehen auch vom für sie ausserordentlich günstigen Deal mit dem Schwingverband profitieren. Rolf Gasser, Verbandsgeschäftsführer, wollte zwar keine Zahlen nennen, der Jahresrechnung lässt sich allerdings entnehmen, dass das SRF dem Verband für die TV-Rechte pro Jahr lediglich CHF 172'320 entrichten muss – die Verbände des Fussballs und Eishockeys kassieren vergleichsweise ca. CHF 30 Mio. pro Jahr. Dieser Vertrag läuft noch bis 2022, der Schwingverband hat allerdings nicht vor, danach an der momentanen Situation etwas zu verändern. Es sei eine «Win-win-Situation» für beide Seiten, so Gasser in der Aargauer Zeitung.
Auch die Schwinger – im Zusammenhang mit dem ESAF erhalten Schwingerinnen kaum Aufmerksamkeit – selber konnten vom wachsenden Interesse an ihrem Sport profitieren, denn nun waren auch Sponsoren an ihnen interessiert. 2010 wurde das Werbeverbot für Schwinger aufgehoben. Innerhalb der Arena mag sämtliche Werbung zwar immer noch verboten sein, die privaten Werbeeinkünfte wuchsen jedoch zwischen 2011 und 2019 von CHF 690'000 auf CHF 2.277 Mio. an. Das ESAF selber konnte dank dem Sponsoring CHF 17 Mio. einnehmen. Zudem gab es so viele Anfragen von Privaten oder Organisationen, die den Siegermuni Kolin sponsoren wollten, dass ausgelost werden musste, wem diese Ehre zuteil wurde.
Verschiedene Zeitungen befassten sich auch mit der Frage, ob Schwingen politisch sei oder nicht. Währenddem die Aargauer Zeitung feststellte, dass in den vergangenen 25 Jahren mit Ausnahme von Christoph Blocher 1999 alle Hauptredner des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests Bundesräte waren, griff der Tages Anzeiger einige Geschichten auf, unter anderem dass das Schwingen, welches ursprünglich verboten gewesen war, von Berner Aristokraten 1805 genutzt wurde, um die ländliche Bevölkerung des Oberlandes für sich zu gewinnen. Gemäss dem Autor dieses Artikels war der Schwingsport «stets politisch, wurde immer schon instrumentalisiert und eigennützig gefördert». Heinz Tännler (ZG, svp), OK-Präsident des ESAF Zug 2019 und Regierungsrat des Kantons Zug, kandidierte im Herbst 2019 für einen Sitz im Ständerat. Er selber erklärte im Vorfeld des Schwingfests, dass die Publizität des Schwingfests sicherlich nützlich sei, dass sich die beiden Termine aber zufällig kreuzten und er bereits seit sechs Jahren OK-Präsident des ESAF sei. Wie sich im November 2019 zeigen sollte, schaffte er trotz des gelungenen Schwingfests den Sprung ins Stöckli nicht.

Gesellschaftliche Debatte_Schwingfest Zug

Im Juni 2019 gastierte der Formel-E-Zirkus in der Stadt Bern. Obwohl das Budget von CHF 15 Mio. durch Sponsoren getragen wurde und somit keine Steuergelder flossen, die Tickets innerhalb einiger Minuten ausverkauft waren und über 100'000 Leute live mitverfolgten, wie mit Sébastien Buemi ein Schweizer aufs Podest fuhr, fand der ganze Anlass nicht ohne Nebengeräusche statt.
Bereits im Vorfeld war das Rennen stark umstritten. Während für die Stadtregierung die Elektromobilität sowie die neuen Technologien im Zentrum standen und Sicherheitsdirektor Reto Nause (BE, cvp) den Anlass als «Event in der Champions League» bezeichnete, äusserten die Gegnerinnen und Gegner den Vorwurf, das Rennen sei nicht nachhaltig und nütze nur dem Tourismus und dem Veranstalter. Die Regierung wurde vom Parlament heftig kritisiert und Gemeinderätin Ursula Wyss' (BE, sp) positive Haltung gegenüber der Veranstaltung führte in der SP-Parteiführung zu Diskussionen. Umweltschützer und -schützerinnen betonten, die Formel-E sei umweltschädlich und Elektroautos stellten keine wirksame Massnahme gegen den Klimawandel dar. Zudem wiesen sie auf die 1'000 Lastwagenfahrten hin, die für den Materialtransport nach Bern nötig gewesen waren. Die Veranstalter ihrerseits machten auf ihre Partnerschaft mit myclimate aufmerksam und erklärten, dass ihr Ziel eine klimafreundliche Durchführung des Events sei. Laut der Berner Zeitung verursachte der gesamte E-Prix-Zirkus im Vorjahr aber 32'000 Tonnen CO₂.
Weitere Spannungen gab es bezüglich der Streckenführung, welche die Veranstalter wegen der Kulisse so nahe wie möglich bei der Stadt haben wollten. Dadurch waren Teile des Obstbergquartiers für einige Tage nicht mehr mit dem Auto erreichbar und auch der öffentliche Verkehr war eingeschränkt. Gemäss Heini Gysel, Präsident der Nachbarschaftsgruppe, sprachen sich 9 von 10 Einwohnerinnen und Einwohner gegen den Anlass aus. Die Kommunikation sei mangelhaft gewesen und man sei enttäuscht von der rot-grünen Regierung. Ein weiterer Vorwurf lautete, dass die Anwohnerinnen und Anwohner nie gefragt worden seien, ob sie das Rennen wollten. Doch nicht alle im Obstbergquartier waren dem Rennen gegenüber negativ eingestellt. So gab es beispielsweise auch Personen, die ihren Balkon für eine bessere Sicht auf die Strecke vermieteten.
Nicht nur Bewohnerinnen und Bewohner des Obstbergquartiers zeigten sich nicht sehr erfreut über den Event, auch die Begeisterung der Ladenbesitzer und -besitzerinnen in der Altstadt hielt sich in Grenzen. Grund dafür war das sogenannte E-Village, also die Fanzone, mit der einige Gassen völlig zugestellt wurden. Kundinnen und Kunden blieben in der Folge wegen des erschwerten Zugangs aus und die Eigentümer und Eigentümerinnen der Geschäfte beschwerten sich, dass sie nicht informiert worden seien.
Der Formel-E-Veranstaltung wurde zudem mit Protest begegnet. Das Grüne Bündnis und einige andere linke Parteien bildeten zusammen das Bündnis «Formel-E ade». Am Donnerstag vor dem Rennen gab es eine bewilligte Velodemonstration, an der gut 1'000 Personen teilnahmen. Weil dabei Infrastrukturen, Werbebanner wie auch TV- und Stromkabel beschädigt wurden, was in einem Sachschaden von CHF 400'000 resultierte, konnte am Freitag ein geplantes Training erst gegen Abend stattfinden. Alberto Longo, stellvertretender Geschäftsführer der Formel-E, zeigte kein Verständnis für die Vandalen und liess verlauten, dass man rechtliche Schritte prüfen wolle. Obwohl das Rennen friedlich verlief, kam es auch in den darauffolgenden Tagen noch zu Problemen. So funktionierte wegen den Abbauarbeiten auch drei Tage nach der Veranstaltung der ÖV nicht völlig reibungslos.
Eine Rückkehr der Formel-E nach Bern dürfte unwahrscheinlich bleiben. Dies nicht nur wegen den Gegnern und Gegnerinnen, sondern auch weil – wie im Januar 2020 bekannt wurde – die Swiss E-Prix Operations AG, die Organisatorin der Schweizer Formel-E-Rennen, Konkurs ging.

Formel E-Rennen in Bern

Im Juni und Anfang Juli 2019 wurde in Frankreich die Frauenfussball-Weltmeisterschaft ausgetragen. Obwohl die Schweiz die Qualifikation für das Turnier nicht geschafft hatte, war hierzulande im selben Monat wie der Frauenstreik auch die Geschlechtergleichberechtigung im Fussball ein Thema, das von den Medien aufgegriffen wurde.
So lancierte beispielsweise Sarah Akanji (ZH, sp), Zürcher Kantonsrätin und Fussballerin, zusammen mit Mattea Meyer (sp, ZH) und Cédric Wermuth (sp, AG) eine Petition, mit der sie beim SRF erwirken wollte, dass alle Spiele dieser Frauenfussball-Weltmeisterschaft mindestens online live gestreamt und die Endrunde live im Fernsehen gezeigt werden. Beim SRF stiessen diese Forderungen jedoch auf wenig Verständnis. Das Programm werde unabhängig von politischen Interessen zusammengestellt. Gegenüber den Medien zeigte sich Akanji enttäuscht, da durch den Livestream ein neues Publikum hätte erreicht werden können. Denn gerade die Öffentlichkeit und Sichtbarkeit – wie zum Beispiel die Ausstellung der FIFA zum Frauenfussball – seien eminent wichtig, um zu zeigen, dass Frauen und Männer «gleich viel wert sind».
Auch die Lohnunterschiede zwischen Fussballerinnen und Fussballern wurde in den Medien diskutiert. Während der deutsche Sportökonom Frank Daumann die Differenzen mit dem Angebot-Nachfrage-Prinzip rechtfertigte, forderten Fussballerinnen den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit. Neben den Gehaltsdifferenzen zwischen den Geschlechtern zeigten sich zum Zeitpunkt der WM ebenfalls Unterschiede bezüglich Bezahlung zwischen den verschiedenen Frauenteams: Schweizweit waren 2018 lediglich zwei Spielerinnen vom Servette FC als Profis registriert. 16 der 25 Nationalspielerinnen spielten 2019 im Ausland, wo das Gehalt und die Bedingungen als besser gelten.
In der Zwischenzeit stiess die Frauenfussball-Weltmeisterschaft weltweit auf so grosses Interesse wie noch nie zuvor. Über eine Milliarde Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgte den Anlass über das Fernsehen und auch in der Schweiz war die Berichterstattung über die Veranstaltung beachtlich. Verschiedene Zeitungen befassten sich mit dem Frauenfussball-Boom und erklärten, die Schweizer Fussballvereine müssten nun aufpassen, dass sie bezüglich weiblicher Teams den Anschluss an die Clubs anderer Länder nicht verlören.

Frauenfussball

Im Februar 2018 waren für einmal positive Neuigkeiten von der Prämienfront zu vernehmen: Für das Jahr 2017 hatte das Monitoring des BAG einen Rückgang der Leistungen im Bereich «Spital stationär» um 2.8 Prozent pro Person festgestellt. Erste Abklärungen bei den Spitälern und Spitalverbänden trübten die Freude jedoch bereits wieder. Vieles deutete darauf hin, dass diese Reduktion nicht einer Abnahme der Fallzahlen geschuldet, sondern auf das neue Spitalgesetz zurückzuführen war, das nun Wirkung zeigte: Seit Anfang 2017 mussten die Kantone mindestens 55 Prozent der stationären Spitalkosten übernehmen. Dadurch verringerte sich zwar der Anteil der von den Krankenkassen übernommenen und damit für die Prämien relevanten Kosten, stattdessen stiegen aber die von den Steuerzahlenden übernommenen Gesundheitskosten an. Trotzdem erwarteten die Medien aber auch fürs Jahr 2019 steigende Prämien, da das Mengenwachstum im ambulanten Bereich, der vollständig von der OKP übernommen wird, die «Einsparungen gleich wieder wegfresse» – wie es die Aargauer Zeitung formulierte.
Bereits im April 2018 folgte ein weiterer Dämpfer: Das BFS informierte, dass die Gesundheitsausgaben 2016 erstmals CHF 80 Mrd. überstiegen und sich diese daher seit Einführung des KVG 1996 verdoppelt hätten. Die Gesundheitskosten machten somit 12.2 Prozent des BIP oder 803 Franken pro Person im Monat aus. Jahreskosten von über CHF 10'000 pro Kopf prognostizierte die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich weiterhin für die kommenden Jahre. In Übereinstimmung damit zeigte eine Umfrage von Tamedia im Juni 2018, dass die Gesundheitskosten für 70 Prozent der Befragten zu den grössten Sorgen überhaupt gehörten.
Teilweise Entwarnung gab es jedoch im September 2018: Hatte der Krankenkassenverband Santésuisse ein Jahr zuvor noch vor einem starken Prämienanstieg 2019 gewarnt, stiegen die Prämien im Vergleich zum Vorjahr nur vergleichsweise schwach an. Neu gab das BAG nicht mehr die durchschnittliche Prämie bei einer Grundfranchise von CHF 300 mit Unfalldeckung an – mit dieser Messmethode läge der Prämienanstieg bei 2.7 Prozent und damit deutlich unter den durchschnittlichen 4.6 Prozent seit Einführung des KVG –, sondern wies stattdessen die durchschnittliche Prämienerhöhung pro Person über alle Alterskategorien hinweg aus. Diese betrug fürs Jahr 2019 1.2 Prozent und lag damit ebenfalls deutlich unter dem entsprechenden, für alle bisherigen Prämienrunden, berechneten Wert von 3.9 Prozent. Aufgrund einer Entlastung der Versicherer beim Risikoausgleich für junge Erwachsene (19- bis 25-Jährige) sanken deren Prämien durchschnittlich sogar um 15.6 Prozent oder CHF 50 pro Person, während für Erwachsene und Kinder im Jahr 2019 jeweils 2.4 Prozent mehr an Prämien anfielen. Grosse Unterschiede gab es wiederum auch zwischen den Regionen: Während der Anstieg in den meisten Kantonen zwischen 0.5 und 2 Prozent lag und die Prämien in den Kantonen Uri und Appenzell Innerrhoden durchschnittlich sogar leicht sanken, stiegen sie insbesondere in der Romandie und im Tessin stark, teilweise über 3 Prozent, an.
Zurückgeführt wurde der insgesamt unterdurchschnittlich starke Kosten- und Prämienanstieg neben der Umsetzung des Spitalgesetzes auch auf die Änderungen bei Tarmed. Unklar blieb jedoch, wie stark die neuen Tarife des Tarmed die Gesundheitskosten bisher wirklich reduzieren konnten und wie sich dieser Einfluss weiter entwickeln würde.

Krankenkassenprämien 2019
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Im Jahr 2018 mehrten sich Zeitungsberichte zu schwarzen Listen von säumigen Prämienzahlenden. Seit 2012 können Kantone Personen, die ihre Prämien trotz Betreibungen durch die Krankenkassen nicht bezahlten, auf solchen Listen erfassen. Für diese übernehmen die Krankenkassen in der Folge nur noch «Notfallbehandlungen». Anfang 2018 hatten neun Kantone (AG, GR, LU, SG, SH, SO, TH, TI, ZG) solche Listen eingeführt, schweizweit befanden sich darauf 29‘000 Personen.
Anfang 2018 berichteten die Medien, bisher sei keine Wirkung der Listen auf die Zahlungsmoral zu beobachten. So hätten die eingereichten Betreibungsbegehren wegen nicht bezahlter Krankenkassenprämien und die entsprechenden Verluste für die Krankenversicherungen und die Kantone, die 85 Prozent der Kosten übernehmen müssten, auch in Kantonen mit schwarzen Listen in den letzten Jahren zugenommen. Eine Studie des Kantons Zürich zeigte denn auch auf, dass die Prämienausstände in Kantonen mit schwarzen Listen genauso angestiegen waren wie in anderen Kantonen. Franziska Roth (AG, svp), Regierungsrätin des Kantons Aargau, betonte, dass von der Liste kein «durchschlagender Abschreckungseffekt» ausgehe. Stattdessen entstehe Spitälern, Krankenkassen und Kantonen ein hoher administrativer Aufwand. «Die schwarze Liste löst keine Probleme, sie schafft neue», betonte Roth. Der Kanton Thurgau zeigte sich als einziger zufrieden mit dem Instrument. Der Thurgauer Regierungsrat Jakob Stark (TG, svp) betonte, dass eine Untersuchung im Thurgau ergeben habe, dass zwei Drittel der Leute auf der schwarzen Liste keinen Anspruch auf Prämienverbilligung hätten. Es gebe somit mehr Leute, «die nicht zahlen wollen, als solche, die nicht zahlen können», erklärte er und wehrte sich dagegen, dass den Leuten auf der Liste automatisch eine Opferrolle zuteilwerde. Wichtig sei, dass die Behörden wie in seinem Kanton frühzeitig auf die säumigen Prämienzahlenden zugehe und mit ihnen Lösungen suche. So diene die Liste im Kanton Thurgau eher als eine Art «Frühwarnsystem», lobten die Medien.
Auch die Konsequenzen für die Betroffenen wurden in den Medien diskutiert. Da eine Definition des Notfallbegriffs fehle, müssten konkret die Ärztinnen und Ärzte entscheiden, was ein «Notfall» ist. Wegen der ethischen Verantwortung der Ärztinnen und Ärzte und der Aufnahmepflicht für Notfälle habe dies somit keine Nichtbehandlungen zur Folge, berichteten die Medien anfänglich. Dass die Sachlage nicht ganz so einfach war, zeigten Zeitungsberichte im April 2018, als Fälle bekannt wurden, in denen Krankenkassen «den Begriff Notfall sehr eigenwillig interpretier[t]en», wie zum Beispiel Markus Schwendinger vom Kantonsspital Baden berichtete, und unter anderem Geburten oder Krebsfälle nicht als Notfälle anerkannten. In diesen Fällen blieben die Spitäler auf den Kosten sitzen.
Dass ein Platz auf dieser schwarzen Liste drastische Konsequenzen für die Betroffenen haben kann, zeigte schliesslich ein tragischer Fall im April 2018. Eine Krankenkasse hatte einem 55-jährigen HIV-positiven Bündner trotz Warnung der Ärzte die Bezahlung von HIV-Medikamenten und anschliessend, nach Ausbruch der Krankheit, von Aids-Medikamenten verweigert. Der Mann starb kurze Zeit später. Die Krankenkasse verteidigte ihr Vorgehen damit, dass ein Notfall als «akuter, lebensbedrohlicher Zustand» definiert sei, was in diesem Fall jedoch nicht vorgelegen habe. Dieser Fall führte zu einiger Aufruhr in den Medien. Die Schweiz steuere auf eine Zweiklassenmedizin zu, wurde kritisiert. Die schwarze Liste gefährde die medizinische Grundversorgung der wirtschaftlich und sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen, schrieb etwa die Solothurner Regierung und betonte, die Krankenversicherungen würden als Einzige von dieser Regelung profitieren, da sie von den Kantonen 85 Prozent der ausstehenden Kosten zurückerstattet erhielten und in der Folge nur noch die Notfallbehandlungen übernehmen müssten. Doch auch die Krankenversicherer zeigten sich in den Medien von den schwarzen Listen wenig begeistert, da für sie ein zusätzlicher Aufwand entstehe.
Im Mai 2018 folgte erstmals ein Gerichtsurteil zur Notfalldefinition im Zusammenhang mit schwarzen Listen. Darin urteilte das Versicherungsgericht St. Gallen, die Krankenkasse Assura habe eine Zahlung für eine Geburt zu Unrecht nicht übernommen. Die Versicherung hatte den Verzicht damit begründet, dass eine Geburt planbar sei und somit keinen Notfall darstelle. Das Kantonsspital St. Gallen hatte die Versicherung in der Folge verklagt. Das Gericht definierte den Begriff der «Notfallbehandlung» deutlich breiter, als es die Versicherung getan hatte. Ein Notfall liege vor, «wenn dem Medizinalpersonal eine Beistandspflicht zukommt» und eine Person umgehend Hilfe brauche, weil ihre Gesundheit sonst ernsthaft beeinträchtigt werden könnte. Zentral sei somit, wie die Ärztinnen und Ärzte die Situation einschätzten. Das Gericht wies überdies darauf hin, dass es einer einheitlichen Definition eines Notfalls bedürfe, weil sonst gegen das Gleichbehandlungsgebot verstossen werde.
Diese Entwicklungen hatten auch politische Folgen. Im Juni 2018 reichte Angelo Barrile (sp, ZH) eine Motion zur ersatzlosen Streichung der schwarzen Listen aus dem KVG ein, einen Monat später verlangte die SGK-NR in einer Motion eine Pflicht für die Kantone, den Artikel zu den schwarzen Listen um eine Definition des Begriffs «Notfall» zu ergänzen. In verschiedenen Kantonen wurden die schwarzen Listen jedoch gänzlich in Frage gestellt; Graubünden und Solothurn schufen sie im Laufe des Jahres 2018 wieder ab.

Öffentliche Debatte zu den schwarzen Listen für säumige Prämienzahlende (2018)
Dossier: Schwarze Liste für säumige Prämienzahlende

Weil die Fussballer Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka ihre Tore während dem Spiel Schweiz-Serbien in Kaliningrad (RUS) mit der Doppeladler-Geste bejubelten, kam es im Juni im Rahmen der Fussball-Weltmeisterschaft der Männer zu einem Eklat.
Nicht wenige Spieler der Schweizer Nationalmannschaft verfügen über kosovarische oder albanische Wurzeln und Spieler und Fans beider Seiten der Partie haben den Kosovokrieg Ende der 1990er-Jahre direkt oder indirekt miterlebt. Noch heute existieren Spannungen zwischen den ehemaligen Kriegsparteien, so anerkennt Serbien beispielsweise den Kosovo nicht als unabhängigen Staat. Die Stimmung im Stadion war also im Hinblick auf vergangene Konflikte aufgeheizt – serbische Fans pfiffen die Schweizer Spieler aus, Shaqiri und Xhaka machten den Doppeladler.
Bei der Doppeladler-Geste wird, indem man die Hände über die Daumen kreuzt und mit den Fingern flattert, das Wappentier Albaniens – ein Adler – imitiert. Obwohl der Adler das Wappentier vieler Nationen ist, auch dasjenige Serbiens, sei die albanische Doppeladler-Flagge auf rotem Grund als «Flagge aller ethnischen Albaner» zu deuten, wie die Aargauer Zeitung erklärte. Weltweit würden daher albanische Spieler von ihren Fans gefeiert, wenn sie «den Adler machen». In den albanisch besiedelten Teilen Jugoslawiens hingegen sei früher öfters die Polizei eingeschritten, wenn die Doppeladler-Flagge öffentlich gezeigt wurde.
Die Geste im Spiel habe laut Xhaka folglich auch den albanischen und nicht den serbischen Fans gegolten, dennoch stufte die Fifa die Handlung als Provokation gegenüber dem serbischen Publikum ein. Es folgten Bussen in Höhe von CHF 10'000 für die beiden Spieler und eine weitere Busse von CHF 5'000 für Teamcaptain Lichtsteiner, der den Doppeladler aus Solidarität mit seinen Teamkollegen ebenfalls zeigte. Die Schweiz gewann die Partie 2:1.

Damit war aber die Diskussion nicht abgepfiffen: Die Frage, ob ein Schweizer Nationalspieler eine ausländische Jubelgeste machen dürfe, beschäftigte die Schweiz noch über einen Monat und war während Wochen ein dominierendes Thema in der Tagespresse. Der Direktor des SFV, Alex Miescher, fragte im Juli in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger gar, ob Doppelbürger überhaupt für eine Nationalmannschaft geeignet seien. Xhaka selbst bezeichnete diese Aussage gemäss Tages-Anzeiger als «Unsinn» und «Steinzeitkommentar», laut Jacqueline Fehr (sp, ZH) sei sie «eine Ohrfeige für alle Doppelbürger», wie der Blick titelte. Dieser veröffentlichte daraufhin in der Sonntagsausgabe auf über elf Seiten unterschiedliche Stellungnahmen zur Doppeladler- und Doppelbürger-Diskussion.
Für die Aussage Mieschers entschuldigte sich der Präsident des SFV, Peter Gilliéron, später, Jürg Stahl (svp, ZH), Präsident des Dachverbandes von Swiss Olympics, unterstützte hingegen die Aussage Mieschers gegenüber dem Blick: Schweizer Sportlerinnen und Sportler, welche die Schweiz an olympischen Spielen und Weltmeisterschaften vertreten, sollen «durch und durch und nur unsere Nation vertreten», was im Falle von Doppelbürgern aber oft schwierig sei. Mit einer Abschaffung von Doppelbürgerschaften könne man hier Abhilfe schaffen, so Stahl weiter.
Auch die Weltwoche griff die Thematik auf: Dort zitierte Roger Köppel (svp, ZH) den Schriftsteller Gottfried Keller, indem er definierte, was Schweizer Staatsangehörige ausmache: Es sei das Bürgerrecht und die Identifikation mit dem Land und seiner Staatsform. Dass nun die Doppeladler-Geste für Irritierung darüber sorge, ob die Spieler der Schweizer Nati denn überhaupt für die Schweiz oder für Albanien spielten, sei nur naheliegend, meinte Köppel weiter, denn der Doppeladler sei eben nicht ein Schweizer Symbol.

Schliesslich gab es aber auch humorvolle Beiträge zur Diskussion: Vielleicht sei der Doppeladler ja nur Werbung für die Vogelwarte Sempach gewesen, witzelte man im Tages-Anzeiger. Insgesamt erregte der Zwischenfall aber derart viel Aufmerksamkeit, dass die ZHAW den Begriff «Doppeladler» im Dezember zum Wort des Jahres 2018 kürte.

Doppeladler-Affäre
Dossier: Nationale Identität: Debatte über die Fussballnationalmannschaft

Im April 2018 schlug die Debatte um die Franchisen speziell hohe Wellen, nachdem die CEO der Krankenversicherung CSS, Philomena Colatrella, in einem Interview mit dem SonntagsBlick vorgeschlagen hatte, neben anderen Massnahmen auch eine Erhöhung der Mindestfranchise auf CHF 5'000 bis CHF 10'000 zu prüfen. Dadurch würden die Prämien stark sinken – gemäss ersten Schätzungen auf CHF 170 pro Monat und Person –, wodurch bei der Prämienverbilligung Gelder frei würden, um die sozial Schwächeren bei der Bezahlung der Kosten innerhalb der Franchise zu unterstützen. Dadurch würde die Eigenverantwortung gestärkt, wodurch wiederum die Gesundheitskosten sinken würden, erklärte Colatrella. Dieser Vorschlag sorgte bei zahlreichen Akteurinnen und Akteuren der Gesundheitspolitik für Aufruhr: Eine solche Erhöhung könne sich kaum jemand leisten, war der Tenor. Für Patientenschützerin Susanne Hochuli würde dieser Vorschlag das Ende des heutigen Kassensystems darstellen, weil die Kosten der sozialen Abfederung nicht mehr durch die Prämiengelder bezahlt würden. Barbara Gysi (sp, SG) befürchtete eine zusätzliche Belastung der sozial Schwächeren und Heinz Brand (svp, GR) prognostizierte gar einen Volksaufstand. Neben der breiten Kritik wurden aber auch verständnisvolle Stimmen laut, die eine umfassende Diskussion über alternative Modelle forderten.

Gleichzeitig beschäftigte sich im Jahr 2018 auch die Politik ausführlich mit dem Thema der Franchisen. So wurden 2018 neun Geschäfte zu diesem Thema beraten. Der Nationalrat stimmte drei Motionen der FDP.Liberalen-Fraktion zu, gemäss denen die Franchisen zukünftig regelmässig angepasst werden (Mo. 16.3110) und die Maximal- (Mo. 16.3111) und Minimalfranchise (Mo. 16.3112) erhöht werden sollen. Gehör im Nationalrat fanden auch eine Motion Landolt (bdp, GL; Mo. 16.3084) zur Anpassung der ordentlichen Franchise der OKP von CHF 300 auf mindestens CHF 400 sowie eine parlamentarische Initiative Borer (svp, SO; Pa.Iv. 15.468) für eine Verlängerung der Vertragsdauer bei besonderen Versicherungsformen wie Wahlfranchisen von einem auf drei Jahre. Einer Forderung der SGK-SR zur Beibehaltung der Maximalrabatte bei allen Wahlfranchisen (Mo. 17.3637) stimmte der Ständerat zu. Damit wollte er verhindern, dass der Bundesrat die Maximalrabatte der mittleren Franchisen anpasst, wie ein Bericht zuvor gefordert hatte. Einer ähnlichen Forderung bezüglich der Anzahl Franchisenstufen (Motion Weibel (glp, ZH; Mo. 15.4222)) stimmte die kleine Kammer ebenfalls zu. Lediglich eine Motion Stöckli (sp, BE; Mo. 17.3771) mit der gegensätzlichen Forderung, wonach der Maximalrabatt der Wahlfranchise über CHF 500 von 70 auf 80 Prozent hätte erhöht werden sollen, lehnte er ab. Die Botschaft für eine regelmässige Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung (BRG 18.036) legte der Bundesrat ebenfalls 2018 vor: Damit soll das Verhältnis zwischen Franchisen und Bruttokosten für die OKP bei 1:12 fixiert werden; steigen die Kosten auf das Dreizehnfache der Franchise, müsste diese erhöht werden.

Mediale und politische Debatte zum Thema Franchisen im Jahr 2018
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Im Nachgang zur Änderung des Tarmed, die am 1. Januar 2018 in Kraft trat, zeigten sich verschiedene Gruppierungen von ambulanten Ärztinnen und Ärzten – zum Beispiel Gynäkologen und Orthopäden – unzufrieden, da ihre ambulanten Tarife reduziert worden waren. In Genf entschieden sich die Handchirurgen gar, ab dem 1. Januar für fairere Abgeltungen ihrer Arbeit zu streiken, und führten vorerst keine nicht dringlichen Operationen mehr durch. Zum Beispiel solle eine Karpaltunneloperation neu statt CHF 177 noch CHF 105 – und somit weniger als ein Haarschnitt, wie Stéphane Kämpfen, Präsident der Gruppe der Handchirurgen betonte – kosten. Dadurch würden sie mit solchen Operationen Verluste erzielen, argumentierten die Chirurgen; zudem seien solche Tarife schon fast eine Beleidigung ihrer Arbeit. Der Streik dauerte bis zum 1. März 2018: Nach langen Verhandlungen standen die Genfer Handchirurgen kurz vor einer Einigung mit Santésuisse für eine neue nationale Vergütung von fünf Behandlungen, so dass das Tarmed in diesen Bereichen nicht zur Anwendung gelangen würde. Da das KVG den Kantonen die Möglichkeit gebe, mit den Tarifpartnern – den Ärztinnen, Ärzten und Krankenversicherungen – entsprechende eigene Übereinkommen zu treffen, könne der Bundesrat diese Änderung nicht verhindern, betonte die Tribune de Genève.

Revision des TARMED
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

En marge de la conférence nationale Santé 2020, dont l’objectif était de trouver des pistes afin de réduire les coûts de la santé, le conseiller fédéral Alain Berset a pointé du doigt les salaires de certains médecins spécialistes. Il a réagi suite à l'annonce du conseiller d'Etat Mauro Poggia (GE, mcg), selon laquelle les revenus annuels estimés des chirurgiens seraient proche du million. Alain Berset juge cette situation inadmissible vis-à-vis des patientes et patients qui paient des primes. Jean-Marc Heinicke, président de l'Ordre des chirurgiens genevois, a réfuté en rappelant que les spécialistes exerçant dans des cliniques privées ne participaient pas à la hausse des coûts de la santé et que le chiffre avancé était «fantaisiste».
Les jours suivants, les organisations des médecins ont contesté que les médecins étaient les responsables de la perpétuelle hausse des primes de l’assurance maladie obligatoire. Sur le plateau de l'émission Infrarouge, Pascal Strupler, directeur de l'Office fédéral de la santé publique (OFSP) a précisé qu'il y avait 140 médecins spécialistes qui gagneraient un revenu avoisinant 850'000 francs sur le compte de l'assurance-maladie obligatoire (LaMal).
Cette polémique fait surtout ressortir le manque de transparence, également dénoncé par Alain Berset, concernant les salaires des médecins. La Confédération a toutefois lancé plusieurs projets en parallèle pour contrer l'absence de collectes et de statistiques publiques actuelles, ainsi que pour que soient apportés des éclaircissements y relatifs. Avec ce débat public, il est possible que le monde politique et l’opinion publique réclament à l’avenir davantage de transparence en matière de salaires des médecins.

Polémique sur les salaires des médecins

Wie bereits im Vorjahr hörte man auch im Jahr 2017 viele Stimmen, die sich ob dem Prämienanstieg fürs Jahr 2018 besorgt zeigten. Unter anderem prognostizierte die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich im Juni 2017 einen Anstieg der Gesundheitskosten auf über CHF 10'000 pro Person und Jahr. Nach der Ankündigung eines Eingriffs des Bundesrats bei Tarmed verbesserten sich im August 2017 jedoch die Prognosen. Durch die Änderungen im Tarmed könne man CHF 470 Mio. pro Jahr einsparen, erklärte Gesundheitsminister Berset. Da Letzterer zudem die Krankenversicherer anhielt, diese Einsparungen bereits in den Prämien fürs Jahr 2018 zu berücksichtigen, ging man davon aus, dass diese um 1.5 Prozent weniger stark steigen würden als ohne den Eingriff. Der Krankenkassenverband Curafutura rechnete entsprechend mit einem Prämienanstieg zwischen 2.5 und 3.5 Prozent anstelle von 4 bis 5 Prozent. Anders sah dies der Krankenkassenverband Santésuisse. In einem Brief an den Gesamtbundesrat nannte er das Vorgehen des BAG «gefährlich»; es sei unklar, ob es wirklich zu Einsparungen in dieser Höhe kommen würde. Denn beim ersten Tarmed-Eingriff des Bundesrats 2014 hätten die Leistungserbringer die Kürzungen durch Mengenausweitung oder Verrechnung auf andere Positionen kompensiert. Zudem gebe es keine gesetzliche Grundlage dafür, allfällige zukünftige Kosteneinsparungen bei der Prämienberechnung zu berücksichtigen. Insgesamt befürchtete Santésuisse, dass die Prämien 2018 zu niedrig festgelegt würden und es so 2019 zu einem starken Prämienanstieg kommen würde. Dann müssten einige Versicherte aufgrund der Neueinteilung der Prämienregionen sowie wegen tieferer Rabatte bei der höchsten Franchise mit einem Prämienanstieg von bis zu 20 Prozent rechnen.
Kurz vor Bekanntgabe der Prämien für das nächste Jahr präsentierte Santésuisse überdies die Kosten der OKP. Diese betrugen fürs Jahr 2016 CHF 31.7 Mrd. und waren um 3.8 Prozent angestiegen, was wie im Vorjahr vor allem auf das Kostenwachstum im spitalambulanten Bereich (8%) und bei den Medikamentenpreisen zurückzuführen war.
Ende September verkündete Bundesrat Berset schliesslich, dass die Prämien für die Grundfranchise von CHF 300 mit Unfalldeckung durchschnittlich um 4 Prozent und damit unterdurchschnittlich (4.6%) stark steigen würden. Grosse Unterschiede zeigten sich insbesondere zwischen den Sprachregionen: In der Romandie stiegen die Prämien deutlich stärker als in der Deutschschweiz, die höchsten Zunahmen waren denn auch in französisch- oder zweisprachigen Kantonen festzustellen (Waadt: 6.4%, Wallis: 5.9%, Genf: 5.4%, Neuenburg: 5.4%). Deutliche Worte fand diesbezüglich vor allem der Waadtländer Gesundheitsdirektor Pierre-Yves Maillard (VD, sp), der die Schuld am Anstieg der Gesundheitskosten bei der Bundespolitik sah. Insbesondere die neue Spitalfinanzierung mit Einführung von Fallpauschalen und freier Spitalwahl, aber auch die Aufhebung des Zulassungsstopps hätten katastrophale Auswirkungen auf die Gesundheitskosten gehabt.
Neben den regionalen Unterschieden sorgten vor allem auch die steigenden Kosten für Familien für Schlagzeilen. So wuchsen die Prämien für Kinder erneut besonders stark – um durchschnittlich 5 Prozent –, diejenigen für junge Erwachsene um 4.4 Prozent.

Krankenkassenprämien 2018
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Nach einer Vorbereitungsphase für eine Kandidatur für Olympia 2026 im Graubünden von knapp einem Jahr stand im Februar 2017 der Bündner Volksentscheid zum Kredit von CHF 25 Mio. zur Ausarbeitung einer Olympia-Kandidatur an.
Die Befürwortenden und die Gegnerschaft der Bündner Kandidatur führten einen Abstimmungskampf mit äusserst ungewissem Ende – wie die Medien betonten –, nachdem eine Kandidatur für Olympia 2022 erst wenige Jahre zuvor trotz gross angelegter Pro-Kampagne an der Urne gescheitert war. Die Voraussetzungen für eine Olympia-Kandidatur hätten sich in den vergangenen Jahren mit der neuen Olympischen Agenda 2020 des IOK jedoch geändert, argumentierten die Befürwortenden – allen voran Mitinitiant des Projekts Andreas Wieland, welcher versicherte, dass das Bündner Konzept diesen neuen Forderungen weitgehend entspreche. Die Befürwortenden sahen in Bündner Winterspielen im Sinne einer gross angelegten Standortförderung die Chance, den Tourismus und die Wirtschaft des Kantons anzukurbeln, nachdem sich Letztere seit 2013 massiv verschlechtert habe. Wie der Volkswirtschaftsdirektor des Kantons, Jon Domenic Parolini (GR, bdp), vor der Abstimmung befand, stünden die Chancen für eine Annahme in den touristischen Regionen des Kantons grundsätzlich gut. Die weniger touristischen Ortschaften wie das Rheintal müssten jedoch noch stärker für die Vorteile des Vorhabens sensibilisiert werden, so seine Einschätzung. Zu den organisierten Befürwortenden gehörten unter anderem die bürgerlichen Parteien, die Bündner Wirtschafts- und Tourismusverbände sowie die Ostschweizer Regierungskonferenz.
Die Kontrahenten des Vorhabens – bestehend aus dem Komitee «Olympiakritisches Graubünden» sowie aus den linken Parteien und den Umweltverbänden – sahen in einer Volksabstimmung so kurz nach dem letzten Volksnein eine «Zwängerei». Gemäss Jon Pult (GR, sp), dem prominentesten Gegner des Olympiavorhabens, bestehe in der Bevölkerung grosser Unmut über diese erneute Abstimmung. Auch der enge Zeitplan – welcher sich nach dem Vorverschieben der Volksabstimmung auf Wunsch von Swiss Olympics noch verdichtet hatte – bot Stoff für Kritik: Die transparente Auflistung der genauen Kosten sei damit nicht möglich und der Bevölkerung werde so die «Katze im Sack» verkauft, so Sylvia Semadeni (GR, sp) im Gespräch mit der LZ. Weiter gab die Kontra-Seite zu bedenken, dass der Gigantismus mit der «Pseudoreform-Agenda 2020» (NZZ) nicht wesentlich verhindert werde, es handle sich dabei vielmehr um eine «Imageübung» (AZ) des IOK. Auch dass die Winterspiele den gewünschten grossen Profit für alle abwerfen werden, bezweifelte Pult; viel wahrscheinlicher sei es, dass sie nichts als hohe Defizite für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hinterliessen und kurze wirtschaftliche «Strohfeuer» (WW, LZ) die bestehenden wirtschaftlichen Probleme nicht nachhaltig würden lösen können.

Am 12. Februar 2017 erlosch «Graubündens Olympia-Flämmchen» (NZZ) schliesslich vollständig. Die Stimmbevölkerung lehnte die Vorlage an der Urne mit einem Nein-Stimmenanteil von 60.1 Prozent und einer Stimmbeteiligung von 50.1 Prozent ab und zeigte damit, dass sich die Haltung gegenüber den Olympischen Spielen seit dem Volksnein 2013 nicht grundlegend verändert hatte. Die Angst vor einem Finanzdesaster, Gigantismus und Fremdbestimmung überwogen noch immer, war sich die Presse einig. Das klare Nein sei nicht zuletzt einerseits auf das bevölkerungsstarke Chur und andererseits auf die möglichen Host-Citys und Tourismus Hotspots St. Moritz, Arosa und Davos zurückzuführen, welche entgegen den Erwartungen der Befürwortenden den Kredit für die Ausarbeitung von Winterspielen in ihrem Kanton ablehnten. Im Rennen um die schweizerischen Olympischen Spiele 2026 verblieb damit nur noch die Walliser Kandidatur.

Kandidatur für Olympia 2026 in Graubünden
Dossier: Olympiakandidaturen

Das Kostenmonitoring des BAG zeigte für das erste Quartal 2016 einen Kostenanstieg in der Grundversicherung um 7.7 Prozent; in der Folge kamen bereits im Mai 2016 erste Befürchtungen auf, wonach 2017 kein gutes Prämienjahr werden würde. Im weiteren Verlauf des Jahres wurden entsprechend immer mehr Stimmen laut, die eine starke Prämienerhöhung prognostizierten. Im September 2016 erwies sich die Prämiensituation jedoch weniger schlimm als erwartet: Die Prämien für Erwachsene mit einer Standardfranchise von CHF 300 und Unfalldeckung stiegen durchschnittlich um 4.5 Prozent, 0.1 Prozent weniger als im langjährigen Durchschnitt und deutlich weniger als befürchtet worden war. Einiges stärker legten hingegen die Prämien bei höheren Franchisen (5.8 Prozent), für junge Erwachsene zwischen 19 und 25 Jahren (5.4 Prozent) und insbesondere für Kinder (6.6 Prozent) zu. Gerade Letzteres sorgte für viel Kritik: Dadurch steige die Belastung für Familien deutlich, wurde vielfach moniert. Gesundheitsminister Berset bedauerte diese Entwicklung, wies aber darauf hin, dass die Gesundheitskosten für Kinder stark gewachsen seien – von rund CHF 500 (1997) auf über CHF 1'000 (2015) pro Jahr. Da die Kinderprämien die entsprechenden Kosten nicht mehr gedeckt hätten, sei der sprunghafte Anstieg nötig geworden. Grosse Unterschiede sowohl in der Zunahme als auch in der tatsächlichen Prämienhöhe zeigten sich einmal mehr bezüglich Kanton und Wohnort, der Krankenversicherung sowie dem Versicherungsmodell. Mit über sieben Prozent war die Zunahme in den Kantonen Jura (7.3%) und Glarus (7.1%) besonders hoch, mit etwas über drei Prozent in den Kantonen Bern (3.5%) und Aargau (3.6%) hingegen besonders tief.
In der Folge diskutierten die Medien über mögliche Gründe für diesen Anstieg und beriefen sich auf eine Studie des BAG. Diese hatte kurz zuvor aufgezeigt, dass der Kostenanstieg vor allem auf eine zunehmende Inanspruchnahme von ambulanten Diensten von Spitälern sowie von Leistungen von Spezialärztinnen und -ärzten zurückzuführen sei. So sei die Anzahl Patienten im spitalambulanten Bereich zwischen 2009 und 2015 um 34 Prozent angestiegen und da Hausärztinnen und Hausärzte dieselben Leistungen billiger erbringen könnten als Spitäler, habe das einen grossen Effekt auf die Prämien. Zudem seien die Haus- und Kinderärzte bessergestellt worden, was die OKP weitere CHF 200 Mio. gekostet habe, schrieb die Sonntagszeitung. Gleichzeitig hätten Tarifkürzungen bei den Spezialärzten kaum zu Kosteneinsparungen geführt. Erstmals wurden zudem die Negativzinsen als Kostenfaktor angeführt: Diese hätten sich negativ auf die Reserven der Krankenversicherer ausgewirkt. Dass die Kapitalanlagen der Krankenversicherer zudem kaum Anlagerendite abwarfen, habe die Prämiensituation auch nicht verbessert.

Krankenkassenprämien 2017
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Knapp zwei Jahre nach der Ablehnung der Bündner Olympia-Kandidatur 2022 durch das Stimmvolk Graubündens wagte der Regierungsrat mit einer positiven Antwort auf einen Auftrag Cavegn (cvp) für die Unterstützung einer Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2026 im August 2015 einen erneuten Anlauf. Dieser Prozess war von den drei Bündner Wirtschaftsdachverbänden und Hotelleriesuisse Graubünden angestossen und unterstützt worden. Die Begründung: Die wirtschaftliche Situation im Kanton Graubünden habe sich seit 2013 stark verschlechtert, in einzelnen Tälern sei die Situation gar «alarmierend». Schweizerische Olympische Winterspiele könnten dieser Problematik Abhilfe verschaffen und der Wirtschaft sowie dem Tourismus den notwendigen Schub verleihen. Nach der positiven Reaktion der Kantonsregierung und deren Antrag auf Annahme überwies das Kantonsparlament den Auftrag in der Wintersession 2015 und gab damit das «definitive Startsignal» (NZZ) zur Ausarbeitung einer Kandidatur des Kantons Graubünden.
Wie Andreas Wieland, der Vorsteher des Projektteams, welches aus prominenten Personen aus Wirtschaft und Tourismus bestand, gegenüber der NZZ verlauten liess, liege der Schwerpunkt der Bündner Kandidatur 2026 – anders als bei der Kandidatur 2022 – stärker auf der bestehenden Infrastruktur und weniger auf Neubauten. So sollten die Winterspiele 2026 dezentral und verteilt über die Bergregionen des Kantons Graubünden, aber auch in der restlichen Schweiz mit einer modernen High-Tech-Übertragung stattfinden. Der Schneesport solle im Bündnerland und der Hallensport vorwiegend in Zürich ausgetragen werden, so der Plan.

Neben der Zustimmung der Bündner Wirtschafts-, Tourismus- und bürgerlichen Politikkreise zu potenziellen Olympischen Spielen 2026 wurden auch kritische Stimmen zu einer möglichen Bündner Kandidatur laut. Diese stammten vorwiegend aus den Reihen der linken Parteien sowie des Komitees «Olympiakritisches Graubünden», welche sich bereits beim Vorgängerprojekt zwei Jahre zuvor gegen eine Kandidatur gewehrt hatten. «Milliardeninvestitionen in den übersättigten Wintertourismus» (NZZ) sowie der den Winterspielen vorauseilende Ruf des Gigantismus seien im Ostschweizer Kanton deutlich fehl am Platz und brächten nachhaltig keinen Profit ein, lautete das Argument. Während die SP dem Vorhaben nicht vollständig ablehnend gegenüberstand, zeigte sich die Partei doch besorgt über die starke Kostenunsicherheit. Wie SP-Grossrat Jon Pult im Gespräch mit der Südostschweiz postulierte, leide die Glaubwürdigkeit der Diskussion zu den Olympischen Spielen stark unter dem Fakt, dass die «gleichen Repräsentanten, die vor wenigen Jahren gesagt haben, dass die damalige Bündner Kandidatur sehr gut sei, alle profitieren würde, sauber sei, nachhaltig und umweltbewusst» jetzt sagten, dass die neue Kandidatur «ganz anders» sei.

Im Oktober 2016 erhielt der Kanton Graubünden schliesslich eine Absage des Wunsch-Parnerstandorts Zürich: Die Stadt werde keine weitreichenden Garantien übernehmen, sich nicht als Host City zur Verfügung stellen, nicht im OK mitwirken und auch keine neue Infrastruktur für die Olympischen Spiele schaffen, so die Position der Zürcher Stadtregierung. Sie sei allerdings offen dafür, die Eröffnungs- und Schlusszeremonie und auch die Medaillenübergaben vor dem Panorama der Stadt Zürich abzuhalten – gegebenenfalls gegen eine Entschädigung.
Anfang Dezember 2016 verkündete der Bundesrat, dass er eine Schweizer Olympia-Kandidatur begrüsse, und zeigte sich grundsätzlich bereit, diese auch finanziell zu unterstützen. Noch im selben Monat hiess der Bündner Grossrat eine Regierungsbotschaft für den Verpflichtungskredit in der Höhe von CHF 25 Mio. mit 97 zu 17 Stimmen bei 1 Enthaltung gut. Von dem für die Kandidaturphase des Bündner Projekts bis zur Vergabe des Standorts der Olympiade 2026 durch das Internationale Olympische Komitee im Herbst 2019 vorgesehenen Verpflichtungskredit würde der Kanton Graubünden jedoch maximal CHF 9 Mio. übernehmen müssen, für den restlichen Betrag würden der Bund und Swiss Olympic je zur Hälfte aufkommen, führte die grossrätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben in ihrer Medienmitteilung auf. Das letzte Wort bezüglich der Finanzierungsfrage und somit auch zur Kandidatur werde Mitte Februar 2017 das Bündner Stimmvolk haben, so die NZZ.

Parallel zu diesen Entwicklungen prüfte der Schweizerische Sport- und Olympiadachverband Swiss Olympics auf nationaler Ebene verschiedene Voraussetzungen, welche Veranstaltende von schweizerischen Olympischen Spielen erfüllen müssten. Neben dem Bündner Projekt standen auch ein Walliser und ein Berner Projekt für Olympische Spiele 2026 zur Diskussion, zudem hatte auch die Genferseeregion bereits Interesse an einer Kandidatur bekundet.

Kandidatur für Olympia 2026 in Graubünden
Dossier: Olympiakandidaturen

Angesichts des von vier Schweizer Regionen und Kantonen geäusserten Interesses an einer Kandidatur für die Olympischen Spiele 2026 in der Schweiz fand am 11. März 2016 eine ausserordentliche Versammlung des Schweizerischen Sport- und Olympiadachverbands Swiss Olympics statt. Das Parlament des Verbands (das sogenannte «Sportparlament») – bestehend aus Delegierten der olympischen Verbände der Schweiz – entschied, eine Schweizer Kandidatur unter zwei Hauptbedingungen zu unterstützen: Erstens müsse insbesondere die Austragungsregion, aber auch die restliche Schweiz vom Projekt profitieren können und zweitens müsse die Kandidatur so attraktiv und überzeugend sein, dass sie bei der Abstimmung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Herbst 2019 die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen könne. Darüber hinaus gab das Sportparlament weitere zu erfüllende Rahmenbedingungen vor: Die Kandidatur solle die Unterstützung von Politik, Wirtschaft und Tourismus der Schweiz hinter sich vereinen, verschiedensten Umweltaspekten Rechnung tragen und als «Motor für eine Revitalisierung des Wintersports» dienen, wie es die Zeitung «Südostschweiz» formulierte. Für den Projektierungsprozess sprach das Sportparlament ein Budget von CHF 1 Mio. verteilt über vier Jahre und legte zudem einen eher straffen Zeitplan fest: Bis Ende 2016 müssten die jeweiligen Kandidaturen ein Bewerbungsdossier einreichen, zudem müssten bis zum darauffolgenden Frühling in allen an einer Kandidatur interessierten Kantonen Volksabstimmungen abgehalten werden, damit im Herbst 2017 ein Schweizer Kandidat für die Olympischen Spiele 2026 gewählt und aufgestellt werden könne. Für eine solche Wahl müssten aber sämtliche Bedingungen erfüllt sein, betonte Swiss Olympic.

Neben den drei Schweizer Kantonen Graubünden, Wallis und Bern und der Genferseeregion, die sich allesamt eine Olympiakandidatur vorstellen konnten, zeigten sich sowohl Teile der Politik als auch Vertretende aus den Reihen der Wirtschaftsverbände sowie der Sport- und Tourismusbranche erfreut über diesen positiven Grundsatzentscheid von Swiss Olympic. Auch der Bundesrat hatte sich für die Austragung der Olympischen Winterspiele 2016 in der Schweiz ausgesprochen. Gemäss dem obersten «Schweizer Sportler» (Südostschweiz), Guy Parmelin, welcher mit einer Grussbotschaft die Sitzung des Sportparlaments eröffnete, stellten die Olympischen Spiele eine grosse Chance dar, die Schweiz auf der internationalen Bühne zu präsentieren. Dem stimmte auch Jörg Schild als Präsident von Swiss Olympic zu; die Schweiz sei mit ihren Bergen und einer langen Wintersport-Tradition eine exzellente Kandidatin zur Ausrichtung dieses vierjährlichen Sportfests. Es handle sich darüber hinaus um eine «grosse Chance für die Schweiz, der Welt zu beweisen, dass ökologische und finanziell tragbare Spiele möglich seien», so Schild gegenüber der Südostschweiz.
Es gelte allerdings zu beachten, dass die grösste Hürde für die Ausrichtung einer Winterolympiade in der Schweiz wohl in deren Finanzierung liege, warf Sportminister Parmelin im Nachgang der Session des Sportparlaments trotz seiner Freude über den positiven Entschluss ein. Diese könnte insbesondere zum Problem werden, da die ein Jahr nach den Winterspielen angedachte Landesausstellung 2027 in der Bodenseeregion mit der Olympiade um die Gelder konkurrenzieren könnte. Es handle sich um «zwei sehr teure Anlässe in kurzer Zeit», was die finanzielle Unterstützung beider Vorhaben vonseiten des Bundes politisch sehr unwahrscheinlich mache, so der Bundesrat.

Kritische Stimmen gegenüber einer Schweizer Kandidatur für die Olympischen Spiele wurden zudem aus Wissenschaftskreisen laut. Das Risiko von chancenlosen Kandidaturen sei auch bei diesem Anlauf gross, fand der emeritierte Professor für Freizeit und Tourismus, Hansruedi Müller: Die Schweiz habe bereits ausreichend Erfahrungen mit «kläglich gescheiterten Kandidaturen» gemacht, postulierte er im Gespräch mit der BZ. Auf zwei Austragungen der Olympischen Spiele, welche in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts in der Schweiz stattgefunden hatten, folgten 13 erfolglose Bewerbungen. Nicht wenige Male scheiterte der Traum des erneuten Entfachens des olympischen Feuers in der Schweiz an der Stimmbevölkerung. Dies sei auf das zunehmende Imageproblem der Olympischen Spiele zurückzuführen, fand Jean-Loup Chappelet, Professor für Public Management an der UNIL: Sie gälten als zu teuer und zu elitär. Dazu kämen viele negative Schlagzeilen, unter anderem bezüglich des Gigantismus der Spiele in Sotschi und Peking, Menschenrechtsverletzungen sowie verheerenden Umweltschäden. Infolge der Neuerungen im Rahmen der Reformagenda 2020 des IOC, welche angestossen worden sei, um dieser international beobachteten Entwicklung entgegenzuwirken, seien Kandidierende aus kleineren Ländern, welche sich vom Gigantismus lossagen und auf Nachhaltigkeit setzten, jedoch geradezu erwünscht, hielt Swiss Olympics-Präsident Jörg Schild dagegen.

Gemäss einer repräsentativen Umfrage des Forschungsinstituts Demoscope im Sommer 2016 befürwortete eine Mehrheit von 57 Prozent der Schweizer Bevölkerung generell eine Schweizer Kandidatur für die Olympischen Spiele 2026. Allerdings war ein ähnlicher Anteil der Befragten auch der Meinung, dass die Kosten den Nutzen überwögen. Drei von vier Befragten erwarteten aber einen positiven Effekt auf die Schweizer Tourismusindustrie, so die NZZ. Diese hohen Zustimmungswerte, welche sich vor allem im Mittelland und der Nordwestschweiz zeigten, zeugten von ausgeprägter «innerhelvetischer Solidarität mit Tourismusregionen», schrieb die Südostschweiz. Die Umfrage von Demoscope fragte auch nach dem präferierten Projekt, wobei die Bündner Kandidatur wegen ihres dezentralen Charakters deutlich die Nase vorn hatte. Knapp jede fünfte befragte Person bevorzugte diese gegenüber den Westschweizer Kandidaturen, bei den Befragten aus der Ostschweiz war es sogar jede Vierte.

Kandidaturen für die Olympischen Spiele 2026 in der Schweiz
Dossier: Olympiakandidaturen

Sport verbindet, und zwar im Jahr der Olympischen Winterspiele in Sotschi die Rätoromanen mit dem Rest der Welt. Die beachtlichen Leistungen der Athletinnen und Athleten rätoromanischer Muttersprache, allen voran Doppel-Goldmedalliengewinner Dario Cologna, gefolgt von Kombinationssieger Sandro Viletta und den beiden Silbermedaillengewinnern Selina Gasparin und Nevin Galmarini, fanden auf internationaler Plattform nicht nur die verdiente sportliche Anerkennung, sondern förderten darüber hinaus breites Interesse an der rätoromanischen Sprache und Kultur zu Tage. Urs Gadruvi, Generalsekretär der Lia Rumantscha, berichtete von Mitarbeitenden der Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR), die mehr damit beschäftigt waren, Interviews zu ihrer Herkunft zu geben als selber Interviews zu führen.

Athletinnen und Athleten rätoromanischer Muttersprache

Die Sportverbände und die kantonalen Polizeidirektoren einigten sich beim siebten Runden Tisch gegen Gewalt im und um den Sport auf verbindliche Massnahmen. So soll in den Fussballstadien und deren Umgebung mittelfristig nur noch Leichtbier ausgeschenkt werden. Ausserdem müssen alkoholfreie Getränke billiger sein als Bier. Für Hochrisikospiele wird gar ein Alkoholverbot geprüft. Geplant wurde darüber hinaus ein Rahmenkonzept „Fan-Arbeit“, das die Rolle und Aufgabe der Fan-Arbeit definiert. Strengere Zutrittskontrollen werden ebenfalls geprüft. Vorgesehen sind auch Massnahmen gegen das Abschiessen von Feuerwerkskörpern.

siebten Runden Tisch

Die Fussball-Europameisterschaft EURO 2008, der drittgrösste Sportanlass der Welt nach Olympischen Spielen und Fussball-Weltmeisterschaften, die von der Schweiz und Österreich ab dem 6. Juni 2008 ausgerichtet wird, erzeugte in der Bevölkerung, in den Medien und in der Politik auch negative Reaktionen. Insbesondere wurde kritisiert, dass damit hohe, über Steuern finanzierte Ausgaben auf die Schweiz und die vier „Host-cities“ (Basel, Bern, Genf und Zürich) zukommen, dass der Gewinn für die Volkswirtschaft dagegen nur marginal sei, da die Erfolgshonorare der Spieler und die milliardenschweren Gewinne der UEFA (Vermarktung der TV-Rechte, Sponsorverträge) nicht oder nur zu einem verschwindenden Teil in der Schweiz versteuert werden müssen, da die UEFA den Grossteil der Gewinne an die (ausländischen) Mitgliederverbände verteilt und in der Schweiz als gemeinnütziger Verein kaum Steuern bezahlt. (Zu Fragen bezüglich der EURO 08 im Bereich der inneren Sicherheit (Hooliganismus) sowie der Leistungen der Armee siehe hier resp. hier)

Reaktionen zur Fussball-Europameisterschaft 2008
Dossier: Fussball-Europameisterschaft 2008

Die Fussball-Europameisterschaft 2008, die gemeinsam von der Schweiz und von Österreich ausgerichtet wird, vermochte auch im Berichtsjahr die Gemüter zu erhitzen. Für politischen Sprengstoff sorgte vor allem das Eingeständnis des Bundesrates, sich bei den Kosten für die öffentliche Hand massiv verrechnet zu haben. Während das Parlament 2002 noch von einem Bundesbeitrag von 3,5 Mio Fr. ausgegangen war, den es auch prompt bewilligt hatte, rechnete das VBS nun in erster Linie aus Sicherheitsgründen (Hooliganismus) mit Gesamtkosten von 203,6 Mio Fr., wovon auf den Bund 93,5 Mio entfallen sollen, 28,5 Mio auf die Gesamtheit der Kantone und 81,6 Mio Fr. auf die „Host cities“. (Zur Bekämpfung des Hooliganismus soll das Bundesgesetz zur Wahrung der inneren Sicherheit verschärft werden, siehe dazu hier). Das führte nicht nur in den Austragungsorten, vor allem in Bern und Genf, zu heftigem Unmut bis hin zu Boykott-Drohungen, umso mehr als sich UEFA und Schweizerischer Fussballverband trotz der erwarteten enormen Gewinne weigern, sich mehr als nur symbolisch an den Sicherheitskosten zu beteiligen; auch im Gesamtbundesrat stiess VBS-Vorsteher Schmid vorerst auf wenig Gegenliebe. Er wurde von seinen Kollegen aufgefordert, die aus dem Ruder laufenden Kosten besser zu begründen. Das VBS ging noch einmal über die Bücher und reduzierte die Kosten für die öffentliche Hand auf 180 Mio Fr., wovon der Bund rund 75 Mio Fr. übernehmen soll; gemäss einem vom Bund in Auftrag gegebenen Gutachten müsste aus rechtlicher Sicht der SFV sämtliche Sicherheitskosten des Grossanlasses übernehmen.

Für viel Unverständnis sorgten auch die millionenschweren Auflagen, welche die UEFA den „Host cities“ machen will, sowie ihr Ansinnen, die von ihr ausgerichteten Siegerprämien dem Schweizer Fiskus zu entziehen.

Trotz der Querelen vom Vorjahr wird Zürich doch noch drei EM-Vorrundenspiele durchführen können; nachdem keine Rekurse eingegangen waren, stimmten die Zürcher Stimmberechtigten einem Kredit von rund 120 Mio Fr. für einen Neubau und einen EM-gerechten Ausbau des Letzigrund-Stadions zu.

Beiträge des Bundes an die Fussball-Europameisterschaft 2008 in der Schweiz (BRG 05.091)
Dossier: Fussball-Europameisterschaft 2008

Gleich nach der Volksabstimmung zur Neuregelung der Spitalfinanzierung eröffneten sowohl die Befürworter wie die Gegner die Abstimmungskampagne, welche bald in einen heissen Zahlenstreit mündete, konnte doch weder die eine noch die andere Seite schlüssig darlegen, wer bei einer Annahme der Initiative gewinnen und wer allenfalls verlieren würde. Die SP machte geltend, ein Ja zur Initiative bedeute tiefere Prämien für 80% der Versicherten und führe zur Entlastung einer Durchschnittsfamilie um rund CHF 6'000 pro Jahr. Die Gegner – der Bundesrat und die bürgerlichen Parteien – konterten, wegen der Erhöhung der Mehrwertsteuer erfolge lediglich eine Umverteilung; für Leute mit geringem Einkommen, welche heute dank der Prämienverbilligungen praktisch nichts an die Grundversicherung bezahlen, würde dies sogar zu einer Schlechterstellung führen. Über diesem Zahlenhickhack gerieten jene Elemente, welche eine Kostendämpfung anstrebten, etwas in den Hintergrund. Die Unklarheiten der Finanzierung – insbesondere wurde auch darüber gestritten, ob eine Annahme der Initiative zu einer Mehrwertsteuererhöhung um 3,5% (Bürgerliche) führen würde, oder ob 1,5% (SP) ausreichen würden – sorgten für grosse Verunsicherung in der Bevölkerung und erwiesen sich für das Begehren schliesslich als fatal, was auch in den Meinungsumfragen zum Ausdruck kam, in denen die Zustimmung kontinuierlich zurückging. Um der Initiative etwas Konstruktives entgegen zu setzen, arbeiteten Bundesrat und vorberatende Kommission der kleinen Kammer zudem fieberhaft an einer Neuauflage der 2. KVG-Revision, welche das Element einer zusätzlichen Prämienentlastung für Familien wieder aufnahm, und die bereits in der Frühjahrssession im Ständerat behandelt wurde.

Santésuisse setzte rund CHF 1,5 Mio. zur Bekämpfung der Initiative ein, was für recht viel Wirbel sorgte, da nicht klar war, aus welchen Quellen diese Summe stammte.

Volksinitiative „Gesundheit muss bezahlbar bleiben"