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Der Nationalrat überwies diskussionslos eine vom Bundesrat unterstützte Motion des Ständerates, welche verlangt, dass der Bund angesichts der enormen Probleme in der IV deren finanzielle Konsolidierung anstreben, eine wesentlich bessere Abstimmung mit den übrigen Zweigen der Sozialversicherung gewährleisten und die stark divergierende Anwendung der IV in den Kantonen vereinheitlichen sowie den Vollzug straffen soll.

Motion IV eine grundlegende Überprüfung bessere Abstimmung auf andere Sozialversicherungen und verstärkte Eingliederungsmassnahmen

Angesichts der zunehmenden Armut und der finanziellen Engpässe der öffentlichen Hand sprachen sich die kantonalen Fürsorgedirektoren für ein koordinierteres Vorgehen aus. In einem Thesenpapier, das noch weiter diskutiert werden soll, schlugen sie die definitive verfassungsmässige Verankerung der Ergänzungsleistungen sowie normierte Bedarfsleistungen für Familien mit Kindern oder Alleinerziehende ohne existenzsicherndes Einkommen vor. Bei der Sozialhilfe möchten die Fürsorgedirektoren vermehrt auf «Massarbeit» setzen, also wirklich nur noch dort helfend eingreifen, wo die Bedürfnisse klar ausgewiesen sind und keine Aussicht auf Lösung durch Eigenverantwortung besteht. Fachleute warnten allerdings davor, diese «Massarbeit», die dann nur mehr die Ärmsten berücksichtigen würde, auf die Spitze zu treiben. Insbesondere seien die Folgekosten, die etwa aufgrund der ungenügenden Sozialisierung der Kinder Minderbemittelter zu erwarten wären, nicht abschätzbar und möglicherweise bedeutend höher als jene für die gesellschaftliche Stützung der Eltern. Um dem wachsenden sozialpolitischen Druck zu begegnen, schlossen sich die Sozialämter von 14 Städten zu einer Konferenz zusammen. Sie forderten eine Koordinationsstelle für Sozialpolitik auf Bundesebene, die Harmonisierung der materiellen Standards in der Sozialhilfe und ein Recht auf Existenzsicherung in der Bundesverfassung.

Koordinierteres Vorgehen der Kantone im Kampf gegen die Armut (1995)

Der Bundesrat gab im Sommer einen Vorentwurf zur dritten Revision des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (ELG) in die Vernehmlassung. Das federführende EDI wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass die EL, ursprünglich zur vorübergehenden Sicherung des Existenzbedarfs konzipiert, heute als bedürfnisorientierte Massnahme nicht mehr aus dem Sozialversicherungsnetz wegzudenken sind. Da es nicht möglich sein wird, in absehbarer Zeit alle Renten der ersten Säule auf ein Niveau zu heben, das die Deckung des Existenzbedarfs sichert, wird in der Bundesverwaltung daran gedacht, mittelfristig eine definitive Verfassungsgrundlage für die EL zu schaffen.

In dieser 3. ELG-Revision sollen vor allem die Rentenberechtigten mit eigenem Haushalt durch eine höhere Abgeltung der Wohnkosten sowie durch Verbesserungen bei der Vergütung ambulanter Krankheitskosten bessergestellt werden. Für die vorgesehenen Anpassungen rechnet der Bundesrat mit jährlichen Mehrkosten von rund 100 Mio. Fr. Da die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, dass die EL vor allem im Pflegebereich zunehmend an Bedeutung gewinnen (ein Drittel aller EL-Bezüger lebt in einem Alters- oder Pflegeheim und verursacht zwei Drittel der Gesamtkosten), sollen in den kommenden Revisionsschritten die EL noch weiter an die Erfordernisse der Pflegebedürftigkeit angepasst werden.

Die Revision nimmt auch das Anliegen mehrerer parlamentarischer Vorstösse nach einer automatischen Information über den Anspruch auf EL auf, da es erwiesenermassen vielen Bezugsberechtigten schwer fällt, die ihnen zustehenden EL einzufordern. Neu soll deshalb der Steuererklärung von Altersrentnern ein einfaches Berechnungsblatt zur Ermittlung der EL beigelegt werden, das gleichzeitig als Antrag für den Bezug von EL verwendet werden kann. Aufgrund dieser tieferen Hemmschwelle rechnet die Verwaltung mit zusätzlichen Bezügern und entsprechenden Mehrkosten von 30 Mio. Fr. pro Jahr.

3. EL-Revision (BRG 96.094)
Dossier: 3. Revision des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (1991-1999)

Die 1990 von SP und SGB eingereichte Volksinitiative "zum Ausbau von AHV und IV", welche eine Verlagerung von der 2. Säule (Pensionskasse) auf die 1. Säule (AHV) und die Einführung einer Vorruhestandsregelung ab 62 Jahren verlangte, wurde von Volk und Ständen klar abgelehnt. Die stärkste Zustimmung fand die Vorlage im den Kanton Tessin mit über 43% der Stimmen, gefolgt von den Kantonen der Romandie, die - mit Ausnahme des Wallis - einen Ja-Anteil von über 30% aufwiesen. Die geringste Unterstützung - mit deutlich weniger als 20% der Stimmen - wurde in den beiden Appenzell und in Unterwalden registriert. Das gesamthaft negative Ergebnis war im Vorfeld der Abstimmung allgemein erwartet worden. Auch wenn, wie die Vox-Analyse zu diesem Urnengang zeigte, eine Mehrheit der Stimmenden der Meinung war, dass mit 62 eine Pensionierung ohne materielle Einbusse möglich sein sollte, überwogen doch die finanzpolitischen Bedenken gegenüber dieser Lösung.

Volksinitiative "zum Ausbau von AHV und IV"
Abstimmung vom 25. Juni 1995
Beteiligung: 40,3%
Nein: 1'307'302 (73,4%) / 20 6/2 Stände
Ja: 499'266 (27,6%) / 0 Stände

Parolen:
- Nein: FDP, CVP, SVP, LP, LdU, EVP, FP, SD, EDU; Vorort, SGV, SBV, Pensionskassenverbände
- Ja: SP, GP (1*), PdA; SGB
Stimmfreigabe: Lega; CNG

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Als einzige der Bundesratsparteien hatte die SP im Frühjahr gegen die drei Landwirtschaftsvorlagen (Revision MIlichwirtschaftseschluss, Revision Landwirtschaftsgesetz, Verfassungsartikel über die Landwirtschaft) und «für ein Bioland Schweiz» votiert. Das dreifache Nein des Volkes gereichte der Partei deshalb zum Triumph. Hingegen hatte die 1991 eingereichte und zuletzt auch parteiintern umstrittene AHV/IV-Ausbauinitiative von SP und Gewerkschaften an der Urne keine Chance.

Parolen der SP 1995
Dossier: Parolen der SP, 1990-1995

Im Rahmen der Sanierungsmassnahmen 1994 der Bundesfinanzen verweigerten beide Kammern gegen den Vorschlag ihrer jeweiligen Finanzkommissionen die Abschaffung der 1986 eingeführten Viertelsrente. Wie bereits in der Eurolex-Debatte argumentierte der Bundesrat in seinem Kürzungsvorschlag, dass diese Minimalrente zahlenmässig kaum ins Gewicht falle, deren Aufhebung dem Bund mittelfristig aber Einsparungen von jährlich sieben Mio. Fr. bringen würde. Im Parlament wurde demgegenüber darauf hingewiesen, dass gerade die Viertelsrente dem Grundsatz der IV, wonach Wiedereingliederung vor Rente zu stellen sei, besonders entgegenkomme. Eine Aufhebung dieser Rentenform würde voraussichtlich nur zu einer Zunahme der halben Renten oder zu einer Auslagerung der Kosten auf die Ergänzungsleistungen führen. Hingegen wurden die Baubeiträge an Eingliederungswerkstätten und Wohnheime auf einen Drittel der anrechenbaren Kosten begrenzt, was zu Einsparungen von rund 15 Mio. Fr. führt.

Sparmassnahmen zur nachhaltigen Sanierung des Bundeshaushaltes (BRG 94.073)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1994 für den Bundeshaushalt (BRG 94.073)

In der Wintersession befasste sich der Ständerat mit einer von seiner SGK eingereichten Motion, welche angesichts der sich zuspitzenden finanziellen Situation der IV (immer mehr Rentner, zunehmende Defizite, komplexe Organisation, uneinheitliche Anwendung) eine grundlegende Überprüfung, eine bessere Abstimmung auf andere Sozialversicherungen und verstärkte Eingliederungsmassnahmen verlangte. Im Einverständnis mit dem Bundesrat überwies die kleine Kammer die Motion ohne Gegenstimme.

Motion IV eine grundlegende Überprüfung bessere Abstimmung auf andere Sozialversicherungen und verstärkte Eingliederungsmassnahmen

Die 1990 von der SP und dem SGB eingereichte Volksinitiative "zum Ausbau von AHV und IV" wurde vom Parlament, weil sie als zu weitreichend erachtet wurde, klar und ohne lange Diskussionen abgelehnt. Da diese Initiative primär die Frage der Finanzierung von AHV und IV angeht, zielt sie eigentlich auf die 11. AHV-Revision ab, welche sich vorrangig mit diesem Problemkreis befassen wird. Die Initiative verlangt eine Gewichtskorrektur zwischen erster und zweiter Säule, eine existenzsichernde Rente, eine Vorruhestandsregelung ab 62 Jahren bei ungekürzter Rente, volle Freizügigkeit beim Pensionskassenwechsel sowie eine Mindestbeteiligung des Bundes an der AHV von 25 Prozent.

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Der Ständerat erteilte nach ausgedehnten Vorarbeiten dem aus CVP-Kreisen lancierten Modell einer Einheitsrente eine deutliche Absage und kehrte zum Splitting-Modell zurück, verzichtete aber auf die im Vorschlag des Nationalrates enthaltene steilere Rentenformel zugunsten der 1992 eingeführten geknickten Formel. Um Rentenverluste bei den verwitweten IV- und Altersrentnerinnen und -rentnern zu vermeiden, soll bei diesem Personenkreis ein 20-prozentiger Zuschlag zur Rente ausgerichtet werden, allerdings höchstens bis zum Betrag der Maximalrente. Im Unterschied zum Nationalrat beschloss die kleine Kammer zudem, vier Jahre nach Inkrafttreten der Revision auch die altrechtlichen Renten in das neue System zu überführen. Damit soll die jahrelange Parallelführung zweier Rentensysteme und die Ungleichbehandlung von Alt- und Neurentnerinnen und -rentnern beseitigt werden.

Bereits zu Beginn der Debatte wurde deutlich, dass auch im Ständerat der hauptsächlichste Diskussionspunkt die Heraufsetzung des Rentenalters der Frauen sein würde. Zwei Rückweisungsanträge Onken (sp, TG) und Petitpierre (fdp, GE), welche den Bundesrat beauftragen wollten, eine Ruhestandsrente einzuführen bzw. das Rentenalter von der Beitragsdauer abhängig zu machen, wurden ebenso verworfen wie der Antrag einer Kommissionsminderheit, das heutige Rentenalter beizubehalten. Hingegen wurde ein Antrag Beerli (fdp, BE) / Cottier (cvp, FR) angenommen, wonach während einer Übergangsfrist der Kürzungssatz für die Frauen beim Vorbezug von 6,8% auf 3,4% halbiert werden soll. Ein Antrag Onken, die Vorlage in einen Rentenalter- und einen Splitting-Teil aufzuschlüsseln, wurde mit 32:5 Stimmen deutlich abgelehnt.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Das Parlament folgte der Landesregierung und erhöhte den Beitragssatz der IV von 1,2 auf 1,4 Lohnprozente, lehnte aber eine weitergehende Kompetenz des Bundesrates zur Erhöhung bis auf 1,5% ab. Gleichzeitig wurde der Beitragssatz in der Erwerbsersatzordnung von 0,5 auf 0,3% herabgesetzt, womit die Gesamtbeitragsleistung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleich bleibt. Dieser Beitragstransfer hilft, das infolge einer markanten Ausdehnung der Leistungen entstandene Defizit der IV zu verringern, wird aber kaum ausreichen, um dieses Sozialwerk aus den roten Zahlen zu bringen.

Ausgabenüberschuss von 420 Mio Fr.

Im Frühjahr beriet der Bundesrat in einer Klausursitzung erstmals den von ihm beim EDI in Auftrag gegebenen Drei-Säulen-Bericht, dessen sozialpolitische Bedeutung schwergewichtig in der Darstellung und in der Überprüfung der Tauglichkeit der Drei-Säulen-Konzeption für die Alters-, Hinterbliebenen- und Invalidenvorsorge liegt. Der Bericht sollte als Grundlage für die Diskussion der Probleme dienen, die sich insbesondere im Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung stellen. Der Bundesrat teilte die Schlussfolgerung des Berichts, wonach an der Drei-Säulen-Konzeption bei der AHI-Vorsorge grundsätzlich festgehalten werden soll, erachtete den Bericht in Detailfragen aber als ungenügend und beauftragte das EDI, ihn hinsichtlich verschiedener Leistungs- und Wirtschaftsszenarien zu ergänzen. Um Aspekte zu beleuchten, die über den Rahmen der eigentlichen AHI-Vorsorge hinausgehen, ermächtigte der Bundesrat das EDI Ende Jahr zudem, eine interdepartementale Arbeitsgruppe "Finanzierungsperspektiven in der Sozialversicherung" einzusetzen, die mögliche Lösungswege für die mittel- und langfristige Finanzierung der Sozialwerke aufzeigen soll.

Drei-Säulen-Bericht/IDA FiSo

Bei den Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt lehnte auch der Ständerat die Streichung gewisser Beiträge der IV an Einrichtungen für Behinderte im Rentenalter ab. Die Ratsmehrheit teilte damit die Befürchtung des Nationalrates und der Kommissionsminderheit, dass dadurch Schwerbehinderte im Alter ihre ihnen vertrauten Heime verlassen müssten. Die Räte vergaben damit Einsparungen von jährlich 20 Millionen Franken.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

Eine Motion Wick (cvp, BS) betreffend die Kassenpflicht von speziellen Diätetika für Invalide mit Geburtsgebrechen, für welche nach Erreichen des 20. Altersjahrs die Leistungen der Invalidenversicherung erlöschen, wurde auf Antrag des Bundesrates, der auf entsprechende Kontakte zwischen dem Bundesamt für Sozialversicherung und dem Konkordat der Krankenkassen verwies, nur als Postulat angenommen. Bei der Beratung des revidierten Krankenversicherungsgesetzes beschloss der Nationalrat, dass die Krankenversicherung inskünftig in solchen Fällen leistungspflichtig ist.

Kassenpflicht von speziellen Diätetika (Mo. 92.3313)

Nach jahrelangem Höhenflug verzeichneten die schweizerischen Sozialwerke erstmals einen nur noch geringfügigen Einnahmenüberschuss. Rezessionsbedingt stiegen die Einnahmen von AHV, IV und EO lediglich noch um 3,5%, die Ausgaben hingegen um 9,2%. Beim Ausgleichsfonds beliefen sich die gesamten Einnahmen der drei staatlichen Sozialwerke auf 30,7 Mia. Fr., die Ausgaben auf 29,9 Mia. Fr. Bemerkbar machte sich dabei die generelle Rentenerhöhung um 4,4% sowie die vorgezogenen Leistungsverbesserungen der 10. AHV-Revision. Die Wirtschaftsflaute führte zu stagnierenden Lohnbeiträgen bei gleichzeitig höheren IV-Leistungen.

schweizerischen Sozialwerke erstmals einen nur noch geringfügigen Einnahmenüberschuss

Ebenfalls im Rahmen dieses Sanierungsprogramms wollte der Bundesrat – ähnlich wie schon im Eurolex-Paket – die schrittweise Abschaffung der freiwilligen AHV/IV für Auslandschweizer einleiten. Gemäss seinem Vorschlag sollten keine Neubeitritte zur freiwilligen Versicherung mehr möglich sein, eine Übergangsregelung die Rentenansprüche der bisherigen Versicherten im Umfang der bis zu zehn Jahren nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung geleisteten Beiträge jedoch gewährleisten. Der Bundesrat veranschlagte die möglichen Einsparungen auf bis zu 40 Mio. Fr. pro Jahr. Der Nationalrat wies die Vorlage an die Regierung zurück mit der Auflage, stattdessen für ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben sowie eine anderweitige Versicherung für Auslandschweizer in jenen Staaten zu sorgen, mit denen keine Sozialversicherungsabkommen bestehen.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

Als weiteren Beitrag zur Gesundung der Bundesfinanzen beantragte der Bundesrat dem Parlament Einsparungen bei der IV von 45 Mio. Fr. bis 1997. Insbesondere sollten die Beiträge an Anstalten, Werkstätten und Wohnheime für IV-Rentner nicht mehr ausgerichtet werden, sobald die in diesen Einrichtungen untergebrachten Personen das AHV-Alter erreichen. In gleicher Weise sollten die Beiträge an die Beratung und Betreuung Invalider und ihrer Angehöriger nur noch bezahlt werden, solange die betroffenen Invaliden noch nicht im Rentenalter sind. Die grosse Kammer folgte ihrer Kommission, die einen Leistungsabbau zulasten der Invaliden befürchtete, und lehnte diese Vorschläge recht deutlich ab.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

In jüngster Zeit sind die Ausgaben der Invalidenversicherung (IV) derart stark angestiegen, dass sie für 1993 einen Ausgabenüberschuss von 420 Mio. Fr. ausweist und ihre Reserven aufgebraucht hat. Verantwortlich dafür ist neben den Fortschritten in Technik, Medizin und Betreuung vor allem die Rezession. Vermehrt werden Dauerarbeitslose, deren missliche soziale Lage zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat, von der Arbeitslosenversicherung an die IV überwiesen. In seiner Botschaft an das Parlament beantragte der Bundesrat, den heutigen Beitragssatz von 1,2 Lohnprozenten definitiv im Gesetz zu verankern, der Regierung aber die Kompetenz zu erteilen, bei Bedarf den Satz auf 1,5% anheben zu können. Weil gleichzeitig eine Senkung des Beitrages an die klar überfinanzierte Erwerbsersatzordnung (EO) von 0,5 auf 0,3% geplant ist, werden Versicherte und Wirtschaft durch diese Umlagerung nicht stärker belastet als bisher.

Ausgabenüberschuss von 420 Mio Fr.

Das Eidg. Versicherungsgericht (EVG) entschied in einem neuen Grundsatzurteil, dass sich eine Person, die durch Alkohol- oder Tabakmissbrauch zum Invaliden wird, inskünftig keine IV-Rentenkürzung mehr gefallen lassen muss. Das EVG berief sich dabei auf zwei internationale Abkommen, welche die Kürzung einer Invalidenrente nur zulassen, wenn jemand seine Gesundheit absichtlich geschädigt hat. Nach Auffassung des EVG ist äusserst fraglich, ob bei chronischem Missbrauch von Alkohol und Tabak überhaupt je von absichtlichem Selbstverschulden die Rede sein kann.

Keine IV-Rentenkürzungen mehr bei Alkohol- oder Tabakmissbrauch (1993)

Angesichts der prekären Finanzlage von Bund und Kantonen wurden Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen. Eine aus Vertretern des EFD und der kantonalen Finanzdirektoren bestehende Arbeitsgruppe regte in einem Diskussionspapier unter anderem an, mittelfristig auf die Revision und somit den Ausbau der Ergänzungsleistungen zu verzichten, den vollen Teuerungsausgleich auf den AHV/IV-Renten für ein Jahr zu streichen, die Viertelsrenten in der IV abzuschaffen und die Bundesbeiträge zur Verbilligung der Krankenkassenprämien zu kürzen.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

Der Bundesrat empfahl der Bundesversammlung, die 1991 eingereichte Volksinitiative der SP und des SGB "zum Ausbau von AHV und IV" ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Er erachtete die Folgekosten dieser Initiative, die eine wesentliche Verschiebung von der 2. Säule (BVG) zur 1. Säule (AHV/IV/EL) anstrebt, für finanziell nicht verantwortbar. Die zuständige Ständeratskommission schloss sich dieser Sicht der Dinge an.

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) mit der Forderung, die Personen mit Anrecht auf Ergänzungsleistungen seien automatisch auf ihre Ansprüche aufmerksam zu machen, wurde von der grossen Kammer diskussionslos angenommen. Eine Motion der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit, welche den Bundesrat verpflichten wollte, die Informationspflicht innert Jahresfrist einzuführen, wurde hingegen nur als Postulat überwiesen (Mo. 93.3007).

Automatische Benachrichtigung über Anspruch auf EL (Pa.Iv. 91.432 und Mo. 93.3007)
Dossier: 3. Revision des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (1991-1999)

Mit einem angenommenen Postulat wies Ständerat Frick (cvp, SZ) auf das Problem hin, dass im Rahmen der Invalidenversicherung auch Drogen- und Alkoholkranke rentenberechtigt sind, bei Auszahlung an die Berechtigten die Renten oftmals aber nicht zweckentsprechend für den Lebensunterhalt verwendet werden, sondern direkt wieder in die Beschaffung des Suchtmittels fliessen. Er bat den Bundesrat, einen Bericht über die Anzahl rentenberechtigter Suchtkranker auszuarbeiten und geeignete Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Renten zum Unterhalt der Berechtigten und ihrer Familien verwendet und nicht umgehend in legale oder illegale Suchtmittel umgesetzt werden.

Postulat zu den drogen- und alkoholkranken IV-Rentenberechtigten (Po. 92.3553)

Rund 160'000 Personen erhielten im Berichtsjahr von den Kantonen insgesamt 1894,4 Mio. Fr. an Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV und IV. Dies sind 256,7 Mio. oder 15,7% mehr als 1991. Das EDI führte die bedeutende Zunahme der EL-Leistungen auf die Erhöhung der Einkommensgrenzen und den starken Kostenanstieg (Heime, Krankenkassenprämien) zurück. Rund 15% der Betagten und 25% der Behinderten verfügen nicht über ausreichende Mittel für ihren Lebensunterhalt und sind auf EL angewiesen. Fast alle sind Alleinstehende, drei Viertel von ihnen Frauen. Da EL nur auf Antrag ausgerichtet werden, viele Betroffene aber aus Schamgefühl vor diesem Schritt zurückschrekken, ist davon auszugehen, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten in Wirklichkeit noch um einiges grösser ist. Um ihnen entgegenzukommen, griff die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit ein schon mehrfach geäussertes Anliegen auf, nahm eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) zur automatischen Information aller zum Bezug von EL berechtigter Personen an und reichte selber eine Motion ein, welche den Bundesrat beauftragt, innert Jahresfrist eine Gesetzesrevision vorzulegen, die eine gezielte Information der potentiellen Bezüger von EL gewährleistet (Mo. 93.3007).

Automatische Benachrichtigung über Anspruch auf EL (Pa.Iv. 91.432 und Mo. 93.3007)
Dossier: 3. Revision des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (1991-1999)

Weil es Behinderte auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben, das geltende Gesetz über die Invalidenversicherung (IV) aber einseitig auf Erwerbstätigkeit ausgerichtet sei, traten die Dachorganisationen der privaten Invalidenhilfe mit Vorschlägen für eine Reform der IV an die Öffentlichkeit. Sie verlangten, dass neben der beruflichen auch die soziale Eingliederung stärker gefördert werde. So sollen die Hilfsmittel, die heute nur für die berufliche Eingliederung abgegeben werden, auch den erwerbsunfähigen Behinderten zur Verfügung stehen. Ausserdem regten sie die Einführung einer Einheitsrente von 1800 Fr. an, was der heutigen AHV-Maximalrente entspricht. Sie begründeten dies damit, dass die IV-Renten, die von den Beitragszahlungen abhängen, im Fall von jüngeren Behinderten oft sehr tief ausfallen und das Existenzminimum nur in den wenigsten Fällen angemessen deckten.

Behinderte auf dem Arbeitsmarkt soziale Eingliederung stärker gefördert

Bei der Invalidenversicherung hatte der Bundesrat vorgeschlagen, die 1986 eingeführte Viertelsrente, welche die Wiedereingliederung leicht Behinderter fördern sollte, wieder abzuschaffen. Sein Hauptargument war, dass diese Rentenform nur wenig genutzt werde (knapp 4000 Versicherte) und in den EWR-Ländern unbekannt sei, der Export dieser Leistungen ins Ausland aber sowohl finanziell wie administrativ aufwendig wäre. In einer ersten Lesung übernahm der Ständerat, wenn auch sehr knapp, diese Auffassung. Der Nationalrat widersetzte sich aber diesem, wie er meinte, Sozialabbau, worauf sich Bundesrat und Ständerat oppositionslos der Beibehaltung der Viertelsrente anschlossen.

Eurolex: AHV/IV/EL (92.057-32 / 92.057-33 / 92.057-34)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)