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Im Anschluss an die Beratungen wurde ein Postulat einer Kommissionsminderheit Haller (sp, BE), welches die Prüfung der Angleichung des Rentenalters auf die 11. AHV-Revision verschieben wollte, konsequenterweise abgelehnt, ein weiteres Postulat einer Kommissionsminderheit Spoerry (fdp, ZH), das den Bundesrat einlädt, verschiedene Punkte des Splittings zuhanden der Verhandlungen des Ständerates genauer zu überprüfen, hingegen überwiesen (Po. 93.3034).

Angleichung des Rentenalters auf die 11. AHV-Revision verschieben (Po. 93.3033)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Mit der Verabschiedung des zweiten, gewichtigeren Teils der 10. AHV-Revision erreichte der Nationalrat in der Frühjahrssession bei diesem komplexen Geschäft eine wichtige Etappe, wobei der Revisionsentwurf gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag bereits von der vorberatenden Kommission stark verändert worden war. Wichtigste Neuerung gegenüber den Bundesratsvorschlägen sowie den Beschlüssen des Ständerates war die Einführung eines Splittingmodells zivilstandsneutraler Renten mit Betreuungs- und Erziehungsbonus.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Rund 160'000 Personen erhielten im Berichtsjahr von den Kantonen insgesamt 1894,4 Mio. Fr. an Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV und IV. Dies sind 256,7 Mio. oder 15,7% mehr als 1991. Das EDI führte die bedeutende Zunahme der EL-Leistungen auf die Erhöhung der Einkommensgrenzen und den starken Kostenanstieg (Heime, Krankenkassenprämien) zurück. Rund 15% der Betagten und 25% der Behinderten verfügen nicht über ausreichende Mittel für ihren Lebensunterhalt und sind auf EL angewiesen. Fast alle sind Alleinstehende, drei Viertel von ihnen Frauen. Da EL nur auf Antrag ausgerichtet werden, viele Betroffene aber aus Schamgefühl vor diesem Schritt zurückschrekken, ist davon auszugehen, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten in Wirklichkeit noch um einiges grösser ist. Um ihnen entgegenzukommen, griff die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit ein schon mehrfach geäussertes Anliegen auf, nahm eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) zur automatischen Information aller zum Bezug von EL berechtigter Personen an und reichte selber eine Motion ein, welche den Bundesrat beauftragt, innert Jahresfrist eine Gesetzesrevision vorzulegen, die eine gezielte Information der potentiellen Bezüger von EL gewährleistet (Mo. 93.3007).

Automatische Benachrichtigung über Anspruch auf EL (Pa.Iv. 91.432 und Mo. 93.3007)
Dossier: 3. Revision des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (1991-1999)

Die Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV/IV hatten lange als Stolperstein bei der europäischen Sozialintegration der Schweiz gegolten. Sie wurden ursprünglich geschaffen, weil die Ausgestaltung der AHV/IV nach wie vor dem Verfassungsauftrag nach Sicherung des Existenzminimums nicht genügt. Der Export dieser schweizerischen Spezialität hätte nicht nur zu massiven Mehrausgaben geführt – das BSV rechnete mit jährlich rund 600 Mio. Fr. –, sondern auch beim Vollzug schier unlösbare Probleme gebracht. Mit Erleichterung wurde deshalb die Nachricht aufgenommen, dass der EG-Ministerrat bereit sei, staatliche Systeme mit beitragsunabhängigen Bedarfsleistungen von der Exportpflicht zu befreien. Hingegen musste die fünfzehnjährige EL-Karenzfrist, die bis anhin für alle Ausländer mit Wohnsitz Schweiz galt, für EWR-Angehörige fallengelassen werden. Ebenfalls um einen generellen Export zu verhindern, wurde eine weitere Eigenheit des schweizerischen Sozialversicherungssystems, nämlich die Hilflosenentschädigungen, aus dem AHV/IV-System herausgelöst und den EL angegliedert

Eurolex: AHV/IV/EL (92.057-32 / 92.057-33 / 92.057-34)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)

Noch während der Beratungen im Nationalrat legte eine Arbeitsgruppe seiner vorberatenden Kommission unter dem Zürcher Freisinnigen Allenspach seinen Schlussbericht über die Möglichkeit der Einführung des Rentensplittings vor. Der Ausschuss, dem Vertreter aller Bundesratsparteien, der Liberalen, des Landesrings und der Grünen angehörten, empfahl einstimmig, das von ihr skizzierte Modell den weiteren Beratungen zugrunde zu legen und damit den Übergang zu einem Individualrentensystem mit Erziehungs- und Betreuungsgutschriften im Rahmen der 10. AHV-Revision vorzunehmen. Das Modell stellt bei tragbaren Kosten die meisten Versichertengruppen besser. Eine lange Übergangsregelung sichert zudem den 1945 und früher Geborenen den heutigen Besitzstand. Im Gegenzug zur Besserstellung der Frauen schlug die Arbeitsgruppe die Einführung einer Witwerrente vor. Die Frage des Rentenalters wurde vorläufig nicht behandelt. Einstimmig bei einer Enthaltung schloss sich die Kommission den Überlegungen ihres Ausschusses an und beauftragte die Verwaltung, die nötigen Gesetzesänderungen auszuarbeiten. Bundesrat Cotti, der einen Systemwechsel noch kurz zuvor als verfrüht bezeichnet hatte, sprach sich nun ebenfalls für die Einführung des Splittings bereits bei der 10. AHV-Revision aus.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Differenzen zwischen Bundesrat und Kommission entstanden dagegen bei der Frage des Überweisungsmodus der AHV-Renten. Um Portokosten einzusparen, möchte der Bundesrat beider Revision des Gesetzes zur generellen Überweisung auf ein Bank- oder Postscheckkonto übergehen. Die Kommission hielt hingegen daß für, dass auf Antrag die Renten weiterhin bar ausbezahlt werden.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Wie dies einzelne Nationalräte und Nationalrätinnen bereits im Vorjahr angeregt hatten, beschloss die grosse Kammer in der Frühjahrssession, die unbestrittenen Verbesserungen der 10. AHV-Revision (neue Rentenformel zugunsten tieferer Einkommen, Hilflosenentschädigung für Altersrentner bei mittlerer Hilflosigkeit, Erhöhung der Bundesbeiträge an die AHV) vorzuziehen und in einen auf Ende 1995 befristeten Bundesbeschluss zu verpacken, damit diese planmässig auf Anfang 1993 in Kraft treten können. Die Arbeiten für einen Systemwechsel zur umstrittenen zivilstandsunabhängigen Rente, welche der Ständerat auf die 11. AHV-Revision hatte verschieben wollen, sollten parallel dazu vorangetrieben werden.

Dennoch fanden eherechtliche Elemente, die nach Ansicht der Mehrheit der vorberatenden Kommission erst in Zusammenhang mit dem Splitting hätten angegangen werden sollen, bereits Eingang in den vorgezogenen Bundesbeschluss. Eine von Segmüller (cvp, SG) angeführte bürgerliche Kommissionsminderheit stellte den Antrag, die Altersrenten von geschiedenen Frauen dadurch aufzubessern, dass die Einkommen des ehemaligen Ehegatten bereits zu dessen Lebzeiten für die Berechnung herangezogen werden. Vertreter und Vertreterinnen der SP, der Grünen und des LdU, aber auch die engagierte Splitting-Vertreterin Nabholz (fdp, ZH) warfen dem Minderheitsantrag vor, er erschwere einen allfälligen Systemwechsel dadurch, dass er das Ehepaarkonzept durch eine weitere Leistungskomponente aufstocke. Teilweise wurde sogar suggeriert, die CVP, welche sich bisher nicht sehr splittingfreudig gezeigt hatte, versuche den Systemwechsel auf diese Weise zu torpedieren. In zwei Abstimmungen unter Namensaufruf setzte sich der Antrag Segmüller sowohl gegen einen Antrag Brunner (sp, GE), der die Besserstellung durch Erziehungsgutschriften erreichen wollte, wie gegen die Meinung der Kommissionsmehrheit knapp durch.

Ein Eventualantrag Nabholz (fdp, ZH), der ebenfalls auf einem Erziehungsbonus basierte, wurde zur Beratung in die Kommission zurückgegeben und fand zwei Wochen später – leicht modifiziert – als Vermittlungsantrag eines Frauenquartetts Nabholz (fdp, ZH), Haller (sp, BE), Brunner (sp, GE) und Diener (gp, ZH) in einer erneut unter Namensaufruf durchgeführten Abstimmung und mit nur einer Stimme Vorsprung die Zustimmung des Rates. Danach können geschiedene Rentnerinnen beantragen, dass ihre Renten aufgrund ihres eigenen Einkommens berechnet werden, ergänzt durch eine jährliche Erziehungsgutschrift in der Höhe der dreifachen minimalen einfachen Altersrente. Die Gutschrift wird für jene Jahre angerechnet, in denen die Frau die elterliche Gewalt über Kinder bis zur Vollendung des 16. Altersjahrs innegehabt hat. Mit der Einführung des Erziehungsbonus und dem gleichzeitigen Verzicht auf den Einbezug der Einkommen des ehemaligen Ehemannes zur Rentenberechnung konnte dem Anliegen der geschiedenen Frauen Genugtuung getan werden, ohne dass die Form eines späteren Übergangs zum Rentensplitting präjudiziert wurde.

Ebenfalls gegen den Willen der Kommissionsmehrheit setzte sich der Antrag Spoerry (fdp, ZH) durch, die Ehepaarrenten, die ab Inkrafttreten dieses Bundesbeschlusses neu entstehen, den beiden Ehegatten je zur Hälfte und getrennt auszurichten, wobei die Ehegatten gemeinsam verlangen können, dass die Rente einem von ihnen ungetrennt ausbezahlt wird.

Nach kurzer Diskussion schloss sich der Ständerat in allen Punkten der grossen Kammer an. Der Bundesbeschluss, der am 1. Januar 1993 in Kraft tritt – mit Ausnahme der Bestimmungen für die geschiedenen Frauen, die erst auf anfangs 1994 rechtskräftig werden –, wurde auf Ende 1995 befristet, um die Arbeiten am zweiten Teil der Revision durch die Aufrechterhaltung eines gewissen Zeitdrucks zu beschleunigen.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Der Nationalrat überwies diskussionslos ein Postulat Comby (fdp, VS), welches den Bundesrat ersucht, zwei konkrete Massnahmen im Kampf gegen die neue Armut zu prüfen. Einerseits sollen die Bundesbeiträge zur Finanzierung und Verbilligung der Krankenkassenprämien für Menschen, die in Armut leben, substantiell erhöht werden, anderseits sollen den Kantonen, die zugunsten von Personen und Familien in äusserst schwierigen Verhältnissen Zuschüsse zu den Ergänzungsleistungen zur AHV/IV gewähren, Subventionen ausgerichtet werden.

Postulat für zwei konkrete Massnahmen gegen die neue Armut (Po. 92.3148)

1989 hatte der Bundesrat mit Erfolg die Abschwächung einer Motion Gadient (svp, GR) (Mo. 89.606), welche eine automatische Ausrichtung der EL an die Anspruchsberechtigten verlangt hatte, in ein Postulat beantragt. Sein Haupteinwand war damals, dies würde zu einer unverhältnismässigen Belastung der Verwaltung führen. Dieses Argument fällt nach Meinung des Nationalrates mit der Steuerharmonisierung weg, weshalb er ein Postulat Zölch (svp, BE) überwies, welches die Regierung auffordert, die Möglichkeiten zu untersuchen, die es erlauben würden, die Berechtigung zum Bezug von EL anhand der Steuererklärung durch die Steuerbeamten zu prüfen.

Berechtigung zu EL von Amtes wegen respektive anhand der Steuererklärung (Mo. 89.606 und Mo. 91.3232)
Dossier: 3. Revision des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (1991-1999)

Der Gedanke einer substantiellen Aufstockung der AHV-Renten mit dem Ziel, diese existenzsichernd auszugestalten, scheint sich auch in bürgerlichen Kreisen einen Weg zu bahnen. Mit einem überwiesenen Postulat des Tessiner Freisinnigen Cavadini lud der Nationalrat den Bundesrat ein, den finanziellen Mehraufwand zu ermitteln, den die Anhebung des Mindestbetrages der AHV-Renten auf das Niveau des Höchstbetrages mit sich brächte, und im Rahmen der 11. AHV-Revision die Einführung einer Einheitsrente zu prüfen, die den Existenzbedarf aller AHV-Bezügerinnen und -bezüger deckt. Dies würde, führte Cavadini aus, zu einer Verringerung der Ergänzungsleistungen führen, welche nur noch an Einzelpersonen oder Ehepaare ohne ausreichende berufliche Vorsorge als Unterstützungsbeiträge an die Wohnungskosten und die Krankenkassenprämien auszurichten wären.

Kosten einer Erhöhung des Mindestbetrags der AHV-Renten (Po. 91.3222)
Dossier: 11. AHV-Revision (1991-2004; 2005-2010)

Das Unbehagen an der erneut ausgeklammerten Gleichstellung der Geschlechter veranlasste die Ständeräte Küchler (cvp, OW) (Mo. 91.3107) und Schoch (fdp, AR) zur Einreichung von zwei Motionen, welche beide die unverzügliche Ausarbeitung einer 11. AHV-Revision verlangten. Während die Motion Küchler sehr allgemein gehalten war, forderte die Motion Schoch als Preis für Rentensplitting und Betreuungsgutschriften auch die Gleichstellung der Geschlechter beim Rentenalter durch die Heraufsetzung des Pensionierungsalters der Frauen auf 65 Jahre. Dieser Punkt war es denn auch, der in der Herbstsession zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen der Schaffhauser SP-Ständerätin Bührer und dem Motionär führte. Beide Motionen wurden schliesslich als Postulat überwiesen.

Zwei Motionen zur Ausarbeitung einer 11. AHV-Revision zur Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre (Mo. 91.3107 und Mo. 91.3108)
Dossier: 11. AHV-Revision (1991-2004; 2005-2010)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Bei der Behandlung der Revision von Art. 33ter des AHV-Gesetzes wurden im Nationalrat in letzter Minute mehrere Anträge eingebracht mit dem Ziel, die 10. AHV-Revision aufzuspalten und die kaum bestrittenen Punkte (Rentenformel und Hilflosenentschädigung sowie die — allerdings kontroverser beurteilte — Frage der Besserstellung der geschiedenen Frauen) vorwegzunehmen, damit diese termingemäss auf den 1.1.1992 in Kraft treten könnten. Die Frage des Systemwechsels sollte dann gesondert angegangen werden. Dieses Vorprellen wurde vom Rat wenig goutiert und — wenige Wochen vor den Erneuerungswahlen — als wahltaktisches Manöver qualifiziert. Die grosse Kammer stimmte denn auch mit deutlichem Mehr einem Ordnungsantrag auf Nichteintreten zu und überwies die Anträge der vorberatenden Kommission.

Revision von Art. 33ter des AHV-Gesetzes (BRG 90.082)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)

Nur als Postulat verabschiedete der Nationalrat eine vom Ständerat überwiesene Motion Hänsenberger (fdp, BE), mit welcher der Bundesrat aufgefordert wird, die verfassungsmässigen Grundlagen der EL neu zu fassen.

Verfassungsgrundlage für die EL zur AHV schaffen (Mo. 90.714)

Nachdem bereits im Frühjahr die meisten Parteien wenig Begeisterung für Cottis Revisionsvorschläge signalisiert hatten, scherte die vorberatende Kommission des Nationalrates — die aufgestockte Kommission für soziale Sicherheit unter dem Zürcher Freisinnigen Allenspach — dann definitiv aus und beschloss, die Einführung einer zivilstandsunabhängigen Rente ohne Verzug einlässlich zu prüfen. Sie unterbrach deshalb ihre Beratungen und beauftragte das BSV, bis im Herbst einen Zusatzbericht zu den verschiedenen Splitting-Modellen vorzulegen. Obgleich das BSV in diesem Bericht die Ansicht vertrat, das Splitting würde zu massiven Einkommenseinbussen für Rentner mit ehemals mittleren Einkommen führen, bildete die Kommission im September einen Ausschuss mit dem Auftrag, innerhalb von sechs Monaten ein konsensfähiges Splitting-Modell mit Betreuungsgutschriften auszuarbeiten. Die Arbeitsgruppe kann sich dabei, neben dem Bericht des BSV, auf die bereits vorliegenden Modelle von SP und Gewerkschaften, der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen, einer Arbeitsgruppe der FDP sowie auf Vorschläge der Nationalrätinnen Haller (sp, BE) und Nabholz (fdp, ZH) abstützen.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und die SP reichten mit 118'264 gültigen Unterschriften ihre Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV» ein, die zum Ziel hat, AHV und IV weitgehend existenzsichernd zu gestalten. Die Pensionskassen sollten dagegen abgebaut werden und deutlicher als heute die Funktion einer Zusatzversicherung erhalten. Gleichzeitig wollen die Initianten die Gleichstellung von Mann und Frau erreichen und die heutige Ehepaarrente durch eine Einzelrente (Splitting) ersetzen.

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Im Berichtsjahr 1991 eingereicht hat die SP die gemeinsam mit dem SGB lancierte Volksinitiative «Zum Ausbau von AHV und IV».

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Die grosse Kammer behandelte drei parlamentarische Vorstösse, welche zum Ziel hatten, den Kreis der Anspruchsberechtigten auszudehnen. Mit einer Motion wollte Nationalrat Leuenberger (sp, SO) eine Aufhebung der Sperrfrist von 15 Jahren für den Bezug von Ergänzungsleistungen für niedergelassene Ausländer erreichen. Der Bundesrat äusserte Bedenken, dies könnte zu einem Altersrentner-Tourismus führen und wies darauf hin, dass auch die vorberatende Kommission des Ständerates bei der Behandlung der 10. AHV-Revision eine Reduktion von 15 auf 10 Jahre abgelehnt hatte. Ebenfalls mit einer Motion verlangte der Aargauer CVP-Abgeordnete Bircher die Ausarbeitung eines Ergänzungsleistungssystems für Familien und Alleinerziehende in wirtschaftlichen Notlagen (Mo. 91.3111). Der Bundesrat sagte zu, bei der Behandlung der Armutsfrage auch diesen Aspekt miteinzubeziehen, und war bereit, die Motion als Postulat entgegenzunehmen, ebenso wie ein ähnlichlautendes Postulat Hildbrand (cvp, VS) (Po. 91.3085). Da sowohl die Motion Leuenberger als auch die Vorstösse Bircher und Hildbrand bekämpft wurden, verschob der Nationalrat die Diskussion auf später. Die Motion Leuenberger wurde von Cincera (fdp, ZH) und Ruf (sd, BE) bekämpft, die beiden CVP-Vorstösse von Allenspach (fdp, ZH).

drei parlamentarische Vorstösse Kreis der Anspruchsberechtigten auszudehnen

Als Geste der Solidarität schlug der Bundesrat dem Parlament vor, anlässlich der 700-Jahr-Feiern der Eidgenossenschaft allen Bezügern von Ergänzungsleistungen (EL) eine Jubiläumszulage von 700 Fr. auszurichten. Der Vorlage wurde in beiden Räten einstimmig zugestimmt.

anlässlich der 700-Jahr-Feiern der Eidgenossenschaft Ergänzungsleistungen (EL) eine Jubiläumszulage von 700 Fr.

Für den Vorsteher des federführenden Departements des Innern, Bundespräsident Cotti, wurde die ständerätliche Eintretensdebatte zur 10. AHV-Revision zu einer wahren Zitterpartie. Die Mehrheit der vorberatenden Kommission beantragte dem Rat zwar Eintreten, doch verlangten sowohl eine sozialdemokratische Kommissionsminderheit (Bührer/SH und Miville/BS) wie auch der Freisinnige Schoch (AR) Rückweisung an den Bundesrat; Jagmetti (fdp, ZH) wollte die Vorlage zur Überarbeitung an die Kommission zurückgeben. Alle diese Antragsteller stiessen sich daran, dass die 10. AHV-Revision der Gleichstellung der Geschlechter nicht Rechnung trägt. Während aber der Antrag Bührer/Miville das Rentensplitting ohne Schlechterstellung der Frauen beim Rentenalter wollte, tendierten die beiden freisinnigen Anträge auf eine Angleichung des Rentenalters zuungunsten der Frauen. Nur dank der geschlossenen Front der CVP-Abgeordneten, welche zwar vereinzelt auch Kritik am mangelnden Mut des Bundesrates übten, die aber ihren Regierungsvertreter offenbar nicht durch eine Rückweisung brüskieren wollten, wurde schliesslich Eintreten beschlossen. Hauptargument Cottis war, dass bei Nichteintreten die Verbesserungen für die weniger begüterten Rentner weiter auf sich warten lassen müssten. Nach dieser recht emotional geführten Grundsatzdebatte schien es, als würden die Kritiker in der kleinen Kammer resignieren. In der Detailberatung verabschiedete der Ständerat die bundesrätliche Vorlage mit einigen unbedeutenden Änderungsvorschlägen. Insbesondere hielt er — entgegen anderslautenden Anträgen — an dem vom Bundesrat vorgeschlagenen ungleichen Rentenalter (65/62) für Männer und Frauen und an der gemeinsamen Ehepaarrente fest.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Ebenfalls noch vor Ablauf des Jahres legte der Bundesrat eine Botschaft für die Revision von Art. 33ter des AHV-Gesetzes vor. Für die Rentenanpassung will die Regierung am Grundsatz der Zweijährigkeit festhalten, doch soll mit einer flexiblen Ausnahmeregelung — Leistungsanpassung bei einer Jahresteuerung von mindestens 4% — die Vornahme einer einjährigen Anpassung erleichtert werden. Für die Berechnung der Rentenerhöhungen wird weiterhin am Mischindex festgehalten, bei dem sowohl der Landesindex der Konsumentenpreise wie die Biga-Lohnstatistik berücksichtigt werden. Im Sinn einer weiteren Harmonisierung der Sozialversicherungen sollen künftig auch die Renten der Unfallversicherung und die Hinterlassenen- und Invalidenrenten der obligatorischen beruflichen Vorsorge im gleichen Zeitpunkt wie die AHV/IV-Renten der Inflation angepasst werden, wobei hier allerdings nur auf den Preisindex abgestellt wird.

Nach Auskunft des Bundesrates ist durch diese Neuerung mit einer jährlichen Mehrbelastung für die AHV von 110 Mio. Fr. zu rechnen, wobei 19 Mio. auf den Bund, 3 Mio. auf die Kantone und der Rest auf die Betriebsrechnung der AHV entfallen. Auf Beitragserhöhungen wird verzichtet. Dass die betroffenen Sozialwerke dies momentan verkraften können, zeigte ihr Rechnungsabschluss für 1990: Dank guter Wirtschaftslage konnten die AHV, die IV und die Erwerbsersatzordnung (EO) ihren Überschuss auf 2,5 Mia. Fr. steigern.

Revision von Art. 33ter des AHV-Gesetzes (BRG 90.082)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)

Weil die EL immer wichtiger geworden seien und durch die 10. AHV-Revision voraussichtlich noch mehr Bedeutung erhalten werden, forderte Ständerat Hänsenberger (fdp, BE) den Bundesrat in einer Motion auf, die verfassungsmässige Grundlage der EL neu zu fassen. Der Vorstoss wurde gegen den Willen des Bundesrates in der verbindlichen Form überwiesen.

Verfassungsgrundlage für die EL zur AHV schaffen (Mo. 90.714)

Trotz divergierender Ansichten beschloss die zuständige Ständeratskommission, auf die Vorlage einzutreten. Ein Rückweisungsantrag der SP-Vertreter, die das gleiche Rentenalter für Mann und Frau und das Rentensplitting verlangten, scheiterte klar. Die Kommission übernahm in der Folge die Vorschläge des Bundesrates nahezu vollständig. Als einzige wichtige Änderung gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf lehnte sie eine Erhöhung des Beitragssatzes für die Selbständigerwerbenden ab.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Am meisten Widerstand erwuchs dem Gesetzesvorschlag aber wie erwartet von Frauenseite. Eine Arbeitsgruppe, welcher sieben der repräsentativsten Frauenverbände angehörten, legte auf einer Pressekonferenz dar, weshalb sie der 10. AHV-Revision den Kampf ansagen und eventuell auch vor einem Referendum nicht zurückschrecken wolle. Ihre Hauptforderung war die einer zivilstandsunabhängigen AHV mit Betreuungsbonus.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Dieser zweite Demographiebericht war – in gekürzter Form – Bestandteil der Botschaft des Bundesrates zur 10. AHV-Revision, welche der zuständige Departementsvorsteher Cotti im März der Öffentlichkeit vorstellte. Vor allem von Frauenseite waren grosse Erwartungen in diese Revision gesetzt worden, die den Verfassungsauftrag der Gleichstellung der Geschlechter umsetzen sollte. Beträchtlich war dann aber die Enttäuschung, als feststand, dass zwar punktuelle Verbesserungen zugunsten der Frauen Eingang in den Gesetzesvorschlag gefunden hatten (Besserstellung der geschiedenen Frauen und der alleinerziehenden Mütter, geschlechtsunabhängiger Anspruch von Mann und Frau bei der Ehepaarrente), dass aber die wichtigsten Forderungen der Frauen (zivilstandsunabhängige Renten, Einkommenssplitting, Erziehungs- und Betreuungsgutschriften, flexibles Rentenalter für Frauen, Angleichung des Rentenalters Mann/ Frau) nicht berücksichtigt worden waren.

Aus Kostengründen will der Bundesrat am Rentenalter 65 für Männer festhalten, doch soll ihnen generell ab 62 Jahren der flexible Altersrücktritt offenstehen, allerdings mit einer Kürzung der Rente um 6,8% pro Jahr Vorbezug. Damit sich nicht nur Wohlhabende einen früheren Ruhestand leisten können, soll der vorzeitige Bezug von Ergänzungsleistungen möglich werden. Bessergestellt werden auch die Witwer, die neu eine Witwerrente erhalten, allerdings nur dann, wenn sie Kinder unter 18 Jahren zu versorgen haben.

Bundesrat Cotti unterstrich besonders die gezielte Anhebung der Renten für die Versicherten mit niedrigem Einkommen. 112'000 Ehepaar- und 358'000 Einzelrenten würden heraufgesetzt, was einer Besserstellung von mehr als der Hälfte aller Rentenbezüger entsprechen würde. Mit der vorgesehenen Finanzierung dieser Verbesserungen (Abweichung von der früher anvisierten Kostenneutralität, Erhöhung des Beitragssatzes der Selbständigerwerbenden) zog sich die Landesregierung allerdings umgehend den Zorn der Gewerbekreise zu.

Beobachter waren allgemein der Ansicht, dem Bundesrat sei mit dieser Revision kein sozialpolitischer Wurf gelungen; diese 10. Anpassung – deren Inkrafttreten 1994 erfolgen könnte – trage bereits den Kern einer 11. Revision in sich. In Beantwortung einer dringlichen Interpellation Reimann (sp, BE) gab der Vorsteher des EDI selber zu, dass in dieser Revision die grossen Probleme noch nicht angepackt worden seien (D.Ip. 90.676). Und auch die Parteien zeigten sich – wenn auch aus verschiedenen Gründen – mit Ausnahme der CVP alles andere als zufrieden.

Die bürgerlichen Parteien, die Arbeitgeberorganisationen und der Gewerbeverband übten recht harsche Kritik am Abgehen von der Kostenneutralität und an der Beibehaltung des tieferen Rentenalters für die Frauen. Die verhältnismässig geringfügigen Änderungen und Neuerungen rechtfertigten die hohen Mehrausgaben nicht, teilte die FDP mit. Auch die SVP war der Ansicht, der vorgesehene Leistungsausbau sei angesichts der Mehrkosten nicht zu verantworten. Und der Gewerbeverband drohte gar offen mit dem Referendum, falls das Parlament die Beitragserhöhungen für die Selbständigerwerbenden gutheissen sollte.

Die SP, die Gewerkschaften und die Grünen begrüssten zwar die angestrebte Besserstellung der Rentner mit geringem Einkommen, bedauerten aber, dass der Bundesrat die gebotene Gelegenheit zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter verpasst habe, und wiesen darauf hin, dass auch mit den angestrebten Verbesserungen das Problem der existenzsichernden Renten weiterhin ungelöst bleibe.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Nach ihrem deutlichen Scheitern in der vorberatenden Kommission wurde die parlamentarische Initiative Spielmann (pda, GE), welche für 1989 die Ausrichtung einer 13. AHV/IV-Rente gefordert hatte, ebenfalls im Plenum abgelehnt. Hingegen überwies der Rat ein Postulat der Kommission, mit welchem der Bundesrat aufgefordert wurde, zu prüfen, ob ab 1991 den EL-Bezügern jährlich zusätzlich eine 13. Ergänzungsleistung ausgerichtet werden könnte.
Die Ausrichtung einer 13. AHV/IVRente verlangte auch eine Petition aus dem Tessin, welche mit 25'000 Unterschriften an den Bundesrat eingereicht wurde.

parlamentarische Initiative 13. AHV/IV-Rente Postulat 13. Ergänzungsleistung