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Jahresrückblick 2021: Rechtsordnung

Das erste Halbjahr 2021 stand im Zeichen von drei Volksabstimmungen, die die öffentliche Debatte im Bereich der Rechtsordnung prägten. Am 7. März 2021 kamen die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und das E-ID-Gesetz zur Abstimmung. Am 13. Juni 2021 folgte das Referendum zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT). Die damit einhergehenden Abstimmungskampagnen waren in der Medienkonjunktur deutlich zu erkennen, wie die APS-Zeitungsanalyse zeigt: Das Thema Bürgerrechte, worunter das Verhüllungsverbot fällt, verzeichnete über das ganze Jahr gesehen den höchsten Anteil an Zeitungsartikeln zur Rechtsordnung (vgl. Abbildung 2 im Anhang) und dominierte die Medienberichterstattung im Bereich Rechtsordnung von Januar bis März (vgl. Abbildung 1). An zweiter Stelle lag im ersten Quartal das Thema Öffentlicher Dienst, dem die E-ID zuzuordnen ist. Von April bis Juni galt die meiste Beachtung dem Thema Innere Sicherheit, wo das PMT-Referendum angesiedelt ist.

Nach einem intensiven und vielschichtigen Abstimmungskampf, in dem viele Argumente gleichzeitig von der Pro- und der Contra-Seite verwendet wurden, nahm die Schweizer Stimmbevölkerung die vom Egerkinger Komitee lancierte Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» am 7. März 2021 mit 51.2 Prozent Ja-Stimmen an. Während das befürwortende Lager den Volksentscheid als klares Zeichen gegen den Islamismus in der Schweiz wertete, beklagte das unterlegene Lager einen unnötigen Eingriff in die Grundrechte von Musliminnen. Die für das Geschäft zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die den Erfolg der Initiative trotz indirekten Gegenvorschlags nicht hatte abwenden können, legte viel Wert darauf zu betonen, das Resultat sei nicht als Votum gegen die Musliminnen und Muslime in der Schweiz zu verstehen. Die Vox-Analyse bestätigte denn auch, dass das Ja nicht nur von kulturellen, sondern ebenso von sicherheitspolitischen und feministischen Argumenten getragen wurde.

Am selben Tag erlitt Justizministerin Karin Keller-Sutter mit dem Nein zur E-ID auch beim zweiten Geschäft aus ihrem Zuständigkeitsbereich eine Niederlage. Die Schweizer Stimmbevölkerung versenkte das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste in der Referendumsabstimmung mit 64.4 Prozent Nein-Stimmen deutlich. Gemäss der Vox-Nachbefragung war es den Behörden nicht gelungen, das Misstrauen gegenüber den privaten Anbieterinnen und Anbietern der E-ID abzubauen, das die Abstimmungskampagne dominiert hatte. Die E-ID ist damit nicht grundsätzlich gescheitert, allerdings würde von der Stimmbevölkerung eine staatliche Lösung gewünscht.

In der dritten Volksabstimmung des Jahres im Bereich Rechtsordnung konnte die Justizministerin schliesslich einen Erfolg verbuchen. Eine klare Mehrheit von 56.6 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hiess am 13. Juni 2021 das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT) an der Urne gut. Angesichts der wahrgenommenen Terrorgefahr überwog das Vertrauen in den Bundesrat und die Polizei letztlich die Bedenken bezüglich polizeilicher Willkür und Verlust der Rechtsstaatlichkeit, wovor das Referendumskomitee gewarnt hatte, so die Schlussfolgerung der Vox-Analyse. Der Staat erhält damit verschiedene präventiv-polizeiliche Mittel – von der Meldepflicht bis zum Hausarrest –, um terroristische Gefährderinnen und Gefährder zu kontrollieren.

In der zweiten Jahreshälfte zog das Thema Innere Konflikte und Krisen zunehmende Aufmerksamkeit auf sich, sodass es im September und Oktober im Bereich der Rechtsordnung das von den Medien meistbeachtete Thema war (vgl. Abbildung 1). Dafür verantwortlich waren hauptsächlich die Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen. Insbesondere im Herbst, als der Bundesrat die Zertifikatspflicht beschloss, intensivierten sich die Proteste. So fanden in der Bundesstadt wöchentliche Kundgebungen der Massnahmenkritikerszene statt. Nachdem es mehrmals zu Ausschreitungen gekommen war und die Stadt Bern die Kundgebungen nicht mehr bewilligte – was die Massnahmengegnerinnen und -gegner aber nicht davon abhielt, weiter zu demonstrieren –, wurde auch die Radikalisierung der Szene in den Medien debattiert. Im Vorfeld der Referendumsabstimmung über die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes Ende November erhitzten sich die Gemüter weiter. Die aufgeladene Stimmung gipfelte darin, dass aufgrund befürchteter Ausschreitungen am Abstimmungssonntag das Bundeshaus von der Polizei grossräumig abgeriegelt wurde. Eine weitere Eskalation blieb dann aber glücklicherweise aus.

Etwas abseits der Medienaufmerksamkeit widmete sich das Parlament 2021 mehreren umfangreichen Gesetzesrevisionen im Strafrecht. In der Frühjahrssession nahm der Nationalrat die Revision der Strafprozessordnung in Angriff, die der Ständerat in der Wintersession fortsetzte. Das Revisionsprojekt geht auf eine 2015 überwiesene Motion der RK-SR zurück, die den Bundesrat beauftragt hatte, die Strafprozessordnung auf ihre Praxistauglichkeit zu prüfen und allfällige Anpassungen vorzuschlagen. Nachdem die Räte die Bestimmungen zur Sicherheitshaft aufgrund ihrer Dringlichkeit ausgekoppelt und 2020 bereits verabschiedet hatten, begannen 2021 die Beratungen zum Hauptentwurf. Das zweite zentrale Gesetzgebungsprojekt im Strafrecht, die Harmonisierung der Strafrahmen, durchlief 2021 die Differenzbereinigung. Einer der Hauptstreitpunkte dieser Vorlage war, inwieweit die Strafen für Gewalt gegen Behörden und Beamte verschärft werden sollen. Zusammen mit der Revision des Sexualstrafrechts bildet die Strafrahmenharmonisierung die zweite Etappe einer umfassenden StGB-Revision, in der nach dem Allgemeinen Teil (abgeschlossen 2016) nun auch der Besondere Teil erneuert wird. Aufgrund des festgestellten Diskussionsbedarfs hatte das Parlament die Revision des Sexualstrafrechts in einen eigenen Entwurf ausgelagert, der Anfang 2021 in die Vernehmlassung gegeben wurde. Des Weiteren brachten die eidgenössischen Räte in der Wintersession 2021 die Änderung des DNA-Profil-Gesetzes zum Abschluss. Nach Inkrafttreten dürfen die Ermittlungsbehörden neu mittels sogenannter Phänotypisierung äusserliche Merkmale wie Haar-, Haut- und Augenfarbe oder das Alter der gesuchten Person aus DNA-Spuren bestimmen.

Jahresrückblick 2021: Rechtsordnung
Dossier: Jahresrückblick 2021

Maja Riniker (fdp, AG) reichte im September 2021 eine Motion zur Warnung bei Naturkatastrophen ein. Sie verlangte, dass der Bundesrat die gesetzlichen Grundlagen schafft, damit im Gefahrenfall alle Personen, die sich in einem gewissen Perimeter aufhalten, mittels dem so genannten Cell Broadcast alarmiert werden. Bisher würden nur Personen informiert, welche die entsprechende Warn-App auf ihrem Telefon installiert haben. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion und auch der Nationalrat sprach sich in der Wintersession 2021 stillschweigend für den Vorstoss aus.

Cell Broadcast. Gezielte Warnung bei Naturkatastrophen (Mo. 21.4152)

Im Februar 2021 hatte der Bundesrat eine Vollzugshilfe zur Berechnung der Strahlung von neuen adaptiven Antennen veröffentlicht, welche für den Ausbau des 5G-Netzes benötigt werden. Der Bundesrat orientierte daraufhin im Dezember 2021 darüber, dass er einige Elemente dieser Vollzugshilfe zu den adaptiven Antennen in der NISV verankert habe. Durch die Festschreibung auf Verordnungsstufe sind diese Elemente bindend – nicht aber die übrigen Regelungen der Vollzugshilfe –, wodurch mehr Rechtssicherheit geschaffen werden solle. An den Grenzwerten in der NISV und somit am Schutzniveau nahm der Bundesrat keine Änderungen vor.

Bericht Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung
Dossier: 5G – Mobilfunk, Strahlung und Gesundheit

Weil sich in der Wintersession 2021 beide Räte wenig kompromissbereit zeigten, mündete die Differenzbereinigung bei der Harmonisierung der Strafrahmen in eine Einigungskonferenz. Einzig die Differenzen zu den Bancomatensprengungen und zur Verjährung im Verwaltungsstrafrecht konnten vorher ausgeräumt werden. Bei Ersterem beugte sich der Ständerat dem Willen seiner Schwesterkammer und stimmte der Aufnahme einer speziell auf Bancomatensprengungen zugeschnittenen Qualifikation in Art. 139 StGB zu. Bei Letzterem einigte man sich darauf, die aufgeworfenen Fragen nicht an dieser Stelle, sondern im Rahmen der vom Bundesrat angekündigten Revision des Verwaltungsstrafrechts zu klären. Bis zum Schluss umstritten blieben dagegen die Parallelität von Geld- und Freiheitsstrafen sowie die Strafdrohung für Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte.
Der Ständerat stellte sich auf den Standpunkt, es sei in der juristischen Praxis unbestritten, dass eine Mindestgeldstrafe von beispielsweise 30 Tagessätzen auch immer eine Mindestfreiheitsstrafe von 30 Tagen bedeute, weshalb er diese Parallelität mehrheitlich ausdrücklich im Gesetz festhalten wollte. Die Mehrheit im Nationalrat sah in dieser Änderung jedoch einen Eingriff in den richterlichen Ermessensspielraum und lehnte sie deshalb ab. Die Argumentation des Nationalrates bekräftigte die ständerätliche Mehrheit indessen in ihrer Meinung, dass es wichtig sei, die Parallelität im StGB niederzuschreiben. Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR) befürchtete, wenn man darauf verzichte, könnte dieser Entscheid künftig dahingehend ausgelegt werden, dass das Parlament die Parallelität an sich verneint habe, was ja aber nicht der Fall sei – zumindest nach Ansicht des Ständerates und des Bundesrates. Die Einigungskonferenz beantragte schliesslich mit 13 zu 11 Stimmen, dem Beschluss des Ständerates zu folgen und die Parallelität von Mindestgeld- und -freiheitsstrafen explizit im StGB zu verankern.
Bei Gewalt und Drohungen gegen Behörden und Beamte sprach sich der Ständerat mehrheitlich für eine Strafverschärfung gegenüber dem geltenden Recht aus, indem er die Freiheitsstrafe zur Regel machen und Geldstrafen nur noch in Bagatellfällen zulassen wollte. Eine Verschärfung bei diesem Tatbestand sei nicht zuletzt von verschiedenen Kantonen gefordert worden, argumentierte Daniel Jositsch (sp, ZH) als Sprecher der RK-SR. Die Nationalratsmehrheit wollte hingegen am geltenden Recht festhalten und die Freiheitsstrafe alternativ zur Geldstrafe vorsehen, weil sie auch hier nicht in den richterlichen Ermessensspielraum eingreifen wollte. Ein Einzelantrag Bregy (mitte, VS), der einen Konzeptionsfehler in der ständerätlichen Variante korrigierte – in der ursprünglichen Formulierung des Ständerates hätte in leichten Fällen immer eine Geldstrafe ausgesprochen werden müssen, während in der korrigierten Version in leichten Fällen eine Geldstrafe ausgesprochen werden kann –, scheiterte in der grossen Kammer am Stichentscheid von Ratspräsidentin Irène Kälin (gp, AG). Wenig überraschend war es dann auch diese korrigierte Lösung, die sich in der Einigungskonferenz durchsetzen konnte.
Der Antrag der Einigungskonferenz wurde im Ständerat mit 35 zu 1 Stimme bei 4 Enthaltungen gutgeheissen, im Nationalrat mit 122 zu 65 Stimmen. Dagegen stellten sich die Fraktionen der SP und der Grünen. In den Schlussabstimmungen stimmte der Ständerat dem Entwurf zur Harmonisierung der Strafrahmen sowie jenem zur Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht einstimmig (bei 4 bzw. 5 Enthaltungen aus der SVP-Fraktion) zu. Der Nationalrat nahm die Strafrahmenharmonisierung mit 96 zu 67 Stimmen bei 30 Enthaltungen an, wobei sich die Ratslinke gegen die ihrer Ansicht nach zu weitgehenden Verschärfungen aussprach und sich die SVP-Fraktion mehrheitlich der Stimme enthielt, weil sie die Vorlage als «verwässert» (Andrea Geissbühler/svp, ZH), d.h. zu wenig scharf, ansah. Der zweite Entwurf zur Anpassung des Nebenstrafrechts passierte die Schlussabstimmung in der grossen Kammer mit 123 zu 67 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

Harmonisierung der Strafrahmen (BRG 18.043)
Dossier: Revision des Strafgesetzbuches (2008– )
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Der Ständerat stimmte den sechs gleichlautenden Motionen zur Digitalisierung und Weiterentwicklung der Schweizer Notrufe in der Wintersession 2021 stillschweigend zu, nachdem diese bereits vom Nationalrat und von der KVF-SR einstimmig befürwortet worden waren.

Digitalisierung und Weiterentwicklung der Schweizer Notrufe (Mo. 21.3063; Mo. 21.3064; Mo. 21.3065; Mo. 21.3066; Mo. 21.3067; Mo. 21.3068)
Dossier: Notrufe

In der Wintersession 2021 befasste sich die kleine Kammer mit dem vom Kanton Zürich geforderten Moratorium für die Schliessung von Poststellen. Kommissionssprecher Engler (mitte, GR) erläuterte, dass sich die Post seit vielen Jahren in einem «Spannungsfeld des Gleichgewichts zwischen betriebswirtschaftlichen Anforderungen und den nicht rentablen Anforderungen des Service public» bewege. Die Initiative des Kantons Zürich nehme eine legitime Forderung auf. Da das Anliegen jedoch bereits durch die angenommene Standesinitiative des Kantons Jura abgedeckt werde und die Post zugesichert habe, die Zahl der Poststellen mittelfristig bei rund 800 zu stabilisieren, empfehle die KVF-SR die Zürcher StandesInitiative zur Ablehnung. Der Ständerat schloss sich dieser Haltung an und gab der Initiative stillschweigend keine Folge.

Ein Schliessungsmoratorium für Poststellen bis zum Vorliegen und bis zur Genehmigung einer gesamtschweizerischen Poststellenplanung (Kt.Iv. 20.324)
Dossier: Poststellennetz und strategische Ausrichtung der Post

Der Ständerat befasste sich in der Wintersession 2021 einmal mehr mit dem Thema Mobilfunk/5G. In diesem Rahmen erläuterte Stefan Engler (mitte, GR) die Überlegungen der KVF-SR zu drei Standesinitiativen (Kt.Iv. GE 20.309; Kt.Iv. JU 21.305; Kt.Iv. NE 20.314) betreffend ein Moratorium für den Aufbau des 5G-Millimeterwellennetzes sowie zum Postulat zur zukünftigen Frequenznutzung für den Mobilfunk im Millimeterwellenbereich, das die KVF-SR selbst im Mai 2021 eingereicht hatte. Engler erläuterte, dass sich mehrere Forderungen der Standesinitiativen bereits in Umsetzung befänden. So sei eine schweizweite Übersicht über die Belastung durch nichtionisierende Strahlungen – ein so genannter Funkwellenkataster – lanciert worden. Zudem sei der Einbezug der Kantone und der Gemeinden bei der Planung der Netzabdeckung durch einen neuen Leitfaden sowie durch das Mitspracherecht der Gemeinden und Kantone bei der Standortwahl für Mobilfunkanlagen bereits gewährleistet. Schliesslich sei auch die geforderte Information und die Sensibilisierung der Bevölkerung bereits in die Wege geleitet: Der Bundesrat habe diese Massnahme aufgrund des Berichtes der Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung beschlossen. Die wichtigste Forderung jedoch, jene nach einem Moratorium für den Aufbau der 5G-Millimeterwellennetze, wollte die KVF-SR nicht erfüllen, da dies «schwerwiegende Auswirkungen» auf Wissenschaft, Innovation und auch auf die Gesellschaft mit sich bringen könnte. Im Gegenzug habe die Kommission jedoch beschlossen, ein eigenes Postulat einzureichen, welches die in den Standesinitiativen geschilderten Sorgen aufnimmt. Mit diesem Postulat solle der Einbezug der Kantone und der Parlamentskommissionen sowie eine adäquate Information der Bevölkerung sichergestellt werden. Auch sollen die Forschungsergebnisse zum Millimeterwellenbereich in einen späteren Entscheid betreffend die Nutzung ebendieser Frequenzen einfliessen. Engler empfahl deshalb, die drei Standesinitiativen abzulehnen und das Kommissionspostulat anzunehmen. Das Stöckli kam dieser Empfehlung stillschweigend nach.

Künftige Frequenznutzung für den Mobilfunk im sogenannten Millimeterwellenbereich. Einbezug der Kantone (Po. 21.3596)
Dossier: 5G – Mobilfunk, Strahlung und Gesundheit

Der Ständerat behandelte in der Wintersession 2021 die Standesinitiative des Kantons Jura zu einem Moratorium für den Aufbau des 5G-Millimeterwellen-Netzes, gemeinsam mit zwei ähnlich gelagerten Initiativen der Kantone Genf und Neuenburg sowie dem Postulat «Künftige Frequenznutzung für den Mobilfunk im sogenannten Millimeterwellenbereich. Einbezug der Kantone» der KVF-SR. Der Ständerat gab den drei Initiativen keine Folge, nahm das Postulat jedoch an.

Moratorium für den Aufbau des 5G-Millimeterwellennetzes (Kt. Iv. 21.305)
Dossier: 5G – Mobilfunk, Strahlung und Gesundheit

Der Ständerat behandelte in der Wintersession 2021 die Standesinitiative des Kantons Genf betreffend ein Moratorium für die 5G-Technologie in der Schweiz gemeinsam mit zwei ähnlich gelagerten Initiativen der Kantone Jura und Neuenburg sowie dem Postulat «Künftige Frequenznutzung für den Mobilfunk im sogenannten Millimeterwellenbereich. Einbezug der Kantone» der KVF-SR. Der Ständerat gab den drei Initiativen keine Folge, nahm das Postulat jedoch an.

Moratorium für die 5G- (und 4G-plus-) Technologie in der Schweiz (Kt.Iv. 20.309)
Dossier: 5G – Mobilfunk, Strahlung und Gesundheit

Der Ständerat behandelte in der Wintersession 2021 die Standesinitiative des Kantons Neuenburg bezüglich eines Moratoriums für den Aufbau des 5G-Millimeterwellennetzes, gemeinsam mit zwei ähnlichen Initiativen der Kantone Jura und Genf sowie dem Postulat «Künftige Frequenznutzung für den Mobilfunk im sogenannten Millimeterwellenbereich. Einbezug der Kantone» der KVF-SR. Der Ständerat gab den drei Initiativen keine Folge, nahm das Postulat jedoch an.

Moratorium für den Aufbau des 5G-Millimeterwellen-Netzes (Kt.Iv. 20.314)
Dossier: 5G – Mobilfunk, Strahlung und Gesundheit

Der Nationalrat beschäftigte sich in der Wintersession 2021 als Erstrat mit der Übernahme der EU-Verordnung 2020/493 über das System FADO (False and Authentic Documents Online), die eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstellt. Während der Nutzen des Systems FADO für die Schweiz unbestritten war, taten Vertreterinnen und Vertreter der SP- und der Grünen Fraktion in ihren Voten vor allem ihren Unmut über den Entscheid der EU-Kommission kund, die Verantwortung für das System FADO an Frontex zu übertragen. Die Grenzschutz-Agentur Frontex sei eine «total dysfunktionale Institution» (Christian Dandrès, sp, GE), gegen die «verschiedene Verfahren und Vorwürfe» wegen Grundrechtsverletzungen im Raum stünden, führte Florence Brenzikofer (gp, BL) aus. Eine Minderheit Brenzikofer beantragte denn auch die Sistierung der Vorlage bis zur allfälligen Referendumsabstimmung über den Bundesbeschluss zur finanziellen Beteiligung der Schweiz an Frontex. Über eine intensivere Zusammenarbeit mit Frontex wie die Weiterbeteiligung der Schweiz am System FADO solle erst entschieden werden, nachdem sich die Stimmbevölkerung zu Frontex habe äussern können, argumentierte die Antragstellerin. Ausserhalb des links-grünen Lagers fand der Sistierungsantrag jedoch keine Zustimmung und wurde mit 106 zu 57 Stimmen bei 6 Enthaltungen deutlich abgelehnt. Der Ratsmehrheit erschien es in den Worten von Beat Flach (glp, AG) «völlig verfehlt», die Umsetzung der Schengen-Weiterentwicklung zu verzögern und «die Schengen-Assoziierung nur wegen dieser kleinen Anpassung zu riskieren». Nachdem er auf das Geschäft eingetreten war, nahm der Nationalrat eine einzige Änderung am Entwurf vor. Auf Antrag seiner vorberatenden Rechtskommission strich er einen Absatz, wonach der Bundesrat ermächtigt würde, selbstständig neue Staatsverträge mit Änderungen der Zugriffsrechte auf FADO abzuschliessen. Der Nationalrat sprach sich stillschweigend dafür aus, dass das Parlament in solchen Fällen vorgängig konsultiert werden muss. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Vorlage mit 123 zu 62 Stimmen bei 5 Enthaltungen an, wobei die Grüne Fraktion geschlossen, die SP-Fraktion grossmehrheitlich und einzelne Mitglieder der SVP-Fraktion dagegen votierten.

Übernahme und Umsetzung der Verordnung über das System FADO (BRG 21.036)

Pour la seconde année consécutive, la pandémie de coronavirus et ses conséquences figurent en tête des préoccupations des suisses et suissesses, selon le baromètre des préoccupations 2021 du Credit Suisse. L'étude, réalisée par gfs.bern aux mois de juillet et d'août 2021, indique que 40 pour cent des répondant.e.s considèrent ce thème comme l'un des cinq plus gros problèmes auxquels le pays fait face. La protection de l'environnement et du climat (39%) et l'AVS/prévoyance vieillesse (39%) sont également des sujets dont la population se soucie fortement. Les relations avec l'UE (33%), l'évolution des coûts en matière de santé et d'assurances (25%), l'arrivée de forces de travail qualifiées (20%) et de réfugié.e.s (19%) suivent dans ce classement. Par rapport à l'année précédente, la gestion de la pandémie, si elle demeure certes première, semble moins préoccuper la population – 51 pour cent des sondé.e.s la classait parmi les cinq problèmes les plus importants – alors que la question climatique et environnementale prend plus d'importance – de 29 à 39 pour cent –, peut-être en lien avec le rejet de la loi sur le CO2 et les catastrophes naturelles comme les inondations en Allemagne en juillet, selon le rapport. Malgré l'abandon de l'accord-cadre, les citoyennes et citoyens semblent moins inquiet.e.s de la poursuite des relations avec l'UE qu'en 2020. Enfin, les thématiques migratoires perdent de l'importance depuis quelques années, tandis que le chômage ne figure pas non plus parmi les préoccupations principales de la population.
En outre, 65 pour cent des personnes interrogées considèrent leur situation économique comme très bonne ou plutôt bonne, et sont plutôt confiantes quant à leurs possibilités de maintenir ce niveau de prospérité. De plus, 10 pour cent des sondé.e.s s'attendent à une dégradation de leur situation économique (-9 points de pourcentage, pp, par rapport à 2020), une part qui revient ainsi au niveau d'avant la pandémie.
Après une progression en 2020, la confiance dans les institutions est en recul cette année. 63 pour cent des citoyennes et citoyens témoignent de leur confiance envers la police (-7pp) et le Conseil fédéral (-5pp). Le Tribunal fédéral jouit de la confiance de 60 pour cent de la population (-3pp), la BNS de 51 pour cent (-6pp), le Conseil des États de 42 pour cent (-9pp), tout comme le Conseil national (-6pp). Enfin, l'administration publique (39%, -9pp) et l'armée (40%, -8pp) enregistrent également un recul. Lorsqu'on leur demande leur avis sur la gestion de la crise, 57 pour cent des suisses et suissesses estiment que la Suisse a mieux géré la pandémie que les autres pays, même si 63 pour cent auraient jugé opportun que la Confédération dispose de plus de compétences par rapport aux cantons durant la période de crise.
L'étude de gfs.bern porte sur un échantillon de 1722 personnes disposant du droit de vote et issues de toute la Suisse. La marge d'erreur est de plus ou moins 2.3 points de pourcentage.

Sorgenbarometer

Im Herbst 2021 widersprach die RK-SR ihrer Schwesterkommission und gab der 2019 eingereichten parlamentarischen Initiative von Fabio Regazzi (heute mitte, TI) für eine wirksame Bekämpfung der Pädokriminalität im Internet keine Folge. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Nationalrat das Anliegen der Initiative bereits im Rahmen der StPO-Revision diskutiert und einem einschlägigen Einzelantrag Regazzi stattgegeben. Die Schaffung des Netzwerks digitale Ermittlungsunterstützung Internetkriminalität (NEDIK) durch Bund und Kantone habe zu einer besseren Vernetzung aller involvierten Stellen geführt, führte die RK-SR in ihrer Medienmitteilung aus. Durch diese optimierte Zusammenarbeit erfolge die Bekämpfung der Cyberkriminalität schon heute koordinierter und effizienter, weshalb sie eine Verschiebung der Kompetenzen als wenig sinnvoll erachte. Ausserdem liege die präventive polizeiliche Vorermittlung in der Kompetenz der Kantone und sei somit keine Frage der Strafprozessordnung auf Bundesebene. In diesem Sinne betrachtete die Kommission die von der grossen Kammer in die StPO aufgenommene Umsetzung des Anliegens als «systematisch falsch».

Pädokriminalität im Internet endlich wirksam bekämpfen (Pa.Iv. 19.486)

Anfang Oktober 2021 besetzte die Gruppierung Extinction Rebellion während zwei Tagen in der Zürcher Innenstadt einige zentrale Verkehrsknotenpunkte. An den drei darauf folgenden Tagen wurden weitere geplante Manifestationen weitgehend von der Polizei verhindert. Insgesamt seien rund 200 Aktivistinnen und Aktivisten, wovon die meisten aus der Romandie angereist waren, vorübergehend verhaftet worden.
Extinction Rebellion setzt sich gemäss eigenen Angaben dafür ein, dass die jeweiligen nationalen politischen Akteure die «tödliche Bedrohung durch die ökologische Krise» anerkennen und die entsprechenden rechtlichen Grundlagen revidieren sollen. Dadurch soll es möglich werden, bis ins Jahr 2025 klimaneutral zu werden. Schliesslich sollen so genannte Bürgerinnen- und Bürgerversammlungen eingesetzt werden, welche Massnahmen erarbeiten sollen, um diese klimapolitischen und ökologischen Ziele zu erreichen.
Die Medien waren sich weitgehend einig, dass die Aktionen in Zürich zwar viele Medienschaffende angelockt hatten, jedoch darüber hinaus keine grosse Wirkung entfalten konnten. Die Forderungen wurden als «zu schrill» (NZZ) bezeichnet, zudem käme diese Form des Protests bei der Bevölkerung nicht gut an. Um die Klimakrise anzugehen, brauche es nicht noch weitere Demonstrationen, sondern mehrheitsfähige Lösungen. Neben den Demonstrierenden selber wurde auch die Grüne Vorsteherin des Sicherheitsdepartements, Karin Rykart kritisiert. Diese habe die Demonstrierenden einfach gewähren lassen und damit die Störung des Verkehrs zugelassen.
Dazu befragte Stadtzürcher Politiker nahmen die Proteste von Extinction Rebellion unterschiedlich wahr. Während der Präsident der stadtzürcherischen FDP, Severin Pflüger, von einem «grossen Klamauk» ohne Einfluss auf die Klimapolitik sprach, konnte Oliver Heimgartner, Co-Präsident der SP Stadt Zürich, die Ungeduld der Aktivistinnen und Aktivisten nachvollziehen.

Extinction Rebellion

In seinem Bericht zu den parlamentarischen Vorstössen im Jahre 2020 (BRG 21.006) beantragte der Bundesrat die Abschreibung der Motion Jositsch (sp, ZH) zum Schutz religiöser Gemeinschaften vor terroristischer und extremistischer Gewalt. Zu diesem Zweck war 2017 ein Aktionsplan mit 26 Massnahmen erarbeitet, verabschiedet und mit einer Impulsfinanzierung von CHF 5 Mio. unterstützt worden. 2019 war zudem die Verordnung über Massnahmen zur Unterstützung der Sicherheit von Minderheiten mit besonderen Schutzbedürfnissen (SR 311.039.6) in Kraft getreten. Damit seien die Forderungen der Motion erfüllt worden. Der Ständerat nahm den Antrag des Bundesrates in der Sommersession 2021 kommentarlos an.
Da bloss Abklärungen vorgenommen worden und noch keine konkrete Umsetzung erfolgt sei, beantragte die SiK-NR im Zweitrat hingegen, die Motion zu gegebenem Zeitpunkt nicht abzuschreiben. Der Nationalrat folgte seiner Kommission und lehnte die Abschreibung ab. In der Differenzbereinigung im Herbst stimmte der Ständerat schliesslich dem Nationalrat zu, womit die Motion noch nicht abgeschrieben wurde.

Schutz religiöser Gemeinschaften vor terroristischer und extremistischer Gewalt (Mo. 16.3945)

Wie es im Herbst des Vorjahres der Nationalrat getan hatte, stimmte in der Herbstsession 2021 auch der Ständerat der Motion Addor (svp, VS) für die Verstärkung des Identitätsschutzes von Polizistinnen und Polizisten, die Ordnungsbussen verhängen, stillschweigend zu. Die RK-SR hatte die Motion im Vorhinein beraten und – wie auch der Bundesrat – deren Annahme beantragt. Wie sie in ihrem Bericht festhielt, handle es sich beim Ordnungsbussengesetz um ein besonderes Strafverfahrensrecht, weshalb sie das Anliegen der Motion grundsätzlich bereits im Rahmen der in der Kommission hängigen Detailberatung der Revision der Strafprozessordnung umgesetzt habe.

Die Personen schützen, die Ordnungsbussen verhängen (Mo. 20.3388)

Im September 2019 reichte Olivier Feller (fdp, VD) eine Motion ein, mit welcher er eine Anpassung der Strassenverkehrsordnung forderte, damit Blaulichtorganisationen im Einsatzfall das vereinzelt eingeführte nächtliche Tempolimit von 30 km/h überschreiten dürfen. Feller legte dar, dass diese Temporeduktion ein grosses Problem für Polizei, Feuerwehr und Sanität darstelle. Dadurch liefen die Einsatzkräfte Gefahr, bei einer Übertretung des Limits angeklagt und «mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren und einem Entzug des Führerausweises für mindestens zwei Jahre bestraft» zu werden. Ausserdem könne die Einhaltung des Tempolimits Leben gefährden, wenn es dadurch zu einer Verlängerung des Einsatzes komme.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Er anerkenne, dass es in manchen Situationen zu einem Dilemma kommen könne. Er erachte die starke Ausdehnung der Strafbefreiung ohne Prüfung jedoch nicht als das richtige Mittel. Vielmehr möchte er das Anliegen im Rahmen des von ihm unterstützten Postulats Aebischer (sp, BE; Po.19.4113) prüfen.
Die Motion wurde in der Herbstsession 2021 vom Nationalrat behandelt. Zu diesem Zeitpunkt war das angesprochene Postulat Aebischer bereits angenommen und erfüllt worden. Olivier Feller gab im Plenum zu bedenken, dass der Bericht in Erfüllung des Postulats zwar interessant sei, aber keinen Zeitplan für konkrete Massnahmen zu Gunsten der Blaulichtorganisationen enthalte. Verkehrsministerin Sommaruga plädierte noch immer für Ablehnung der Motion und begründete diese Haltung damit, dass der Bundesrat plane, das Problem im Rahmen der anstehenden Revision des Strassenverkehrsgesetzes anzugehen. Darin würden verschiedene Massnahmen vorgeschlagen, die beispielsweise die Mindeststrafe bei Raserdelikten abschaffen und den Rasertatbestand selber weniger strikt definieren würden. Dadurch erhielten die Vollzugsbehörden mehr Ermessensspielraum. Der Nationalrat schenkte den Argumenten der Bundesrätin jedoch mehrheitlich kein Gehör und nahm die Motion mit 172 zu 20 Stimmen deutlich an. Die Gegenstimmen stammten ausschliesslich von Mitgliedern der Grünen-Fraktion.

Anpassungen bei Via sicura. Die Blaulichtorganisationen sollen unter Bedingungen arbeiten können, die ihnen die Erfüllung ihrer Aufgaben erlauben, auch bei Tempolimit 30 (Mo. 19.4067)

In der Herbstsession 2021 nahm sich der Ständerat als Zweitrat der Änderung des DNA-Profil-Gesetzes an. Er trat ohne Gegenantrag auf das Geschäft ein. Wie bereits den Nationalrat beschäftigte auch den Ständerat die Frage, welche äusserlichen Merkmale für die Phänotypisierung aus einer DNA-Spur ermittelt werden dürfen bzw. ob die Liste im Gesetz abschliessend sein soll. Der Bundesrat hatte im Entwurf eine Delegationsnorm vorgesehen, die es ihm erlaubt, in Abhängigkeit vom technischen Fortschritt weitere äusserliche Merkmale – zusätzlich zu den im Gesetzestext explizit genannten Augen-, Haar- und Hautfarbe, biogeografische Herkunft und Alter – für die Phänotypisierung zuzulassen. Der Nationalrat hatte diese Bestimmung entgegen dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit bestätigt. Der Ständerat tat es ihm nun gleich; die Minderheit Sommaruga (sp, GE), die die Streichung der Delegationsnorm forderte, unterlag mit 26 zu 17 Stimmen. Anders als die Volkskammer sprach sich der Ständerat indes gegen die generelle Möglichkeit aus, nach einem Suizid ein DNA-Profil der toten Person zu erstellen. Für die vorberatende RK-SR sei eine solche Stigmatisierung von Suiziden unverständlich, zumal sich die meisten Suizide ohne vorherige Straftat ereigneten, erläuterte Kommissionssprecher Beat Rieder (mitte, VS). Bestünden Anzeichen auf einen Zusammenhang mit einer Straftat, könne die Staatsanwaltschaft bereits nach geltendem Recht ein DNA-Profil erstellen lassen. Die kleine Kammer folgte ihrer Kommission diesbezüglich stillschweigend und kehrte damit zur bundesrätlichen Version zurück. Differenzen zur Fassung des Bundesrats schuf der Ständerat hingegen bei den Regeln über die Löschung von DNA-Profilen. Einerseits entschied die Kantonskammer, dass DNA-Profile von Beschuldigten im Falle eines Freispruchs, einer Nichtanhandnahme oder einer Einstellung des Verfahrens nur mit Genehmigung des Zwangsmassnahmengerichts weiter aufbewahrt werden dürfen. Der Bundesrat wollte diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft überlassen. Justizministerin Karin Keller-Sutter brachte der ständerätlichen Lösung Skepsis entgegen, verzichtete angesichts des einstimmigen Kommissionsbeschlusses jedoch auf eine Abstimmung und kündigte an, die Frage im Nationalrat noch einmal zur Diskussion zu bringen. Andererseits setzte der Ständerat die Löschfrist für DNA-Profile von schuldunfähigen Täterinnen und Tätern auf zwanzig Jahre fest. Der Bundesrat hätte diese Frist, so die EJPD-Chefin, in der Verordnung regeln wollen, begrüsste aber die «grössere Klarheit und Transparenz» des Kommissionsantrages, worauf dieser stillschweigend gutgeheissen wurde. Als Letztes diskutierte die kleine Kammer die Frage, bei welchen Delikten Phänotypisierung und Verwandtenrecherche eingesetzt werden dürfen. Der Nationalrat hatte den bundesrätlichen Vorschlag gutgeheissen, der diese Methoden für alle Verbrechen, d.h. Delikte mit Strafandrohung von mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe, vorgesehen hatte. Der ständerätlichen Kommission war dieser Anwendungsbereich zu breit; sowohl die Mehrheit als auch die Minderheit beantragten daher die Einführung eines – mehr oder weniger umfassenden – Deliktkatalogs. Mit 31 zu 12 Stimmen nahm der Ständerat den enger gefassten Katalog der Kommissionsmehrheit an, der nur die schwersten Delikte abdeckt, insbesondere Gewalt- und Sexualdelikte. Nicht anwendbar sein sollen die neuen Ermittlungsverfahren demnach bei Vermögensdelikten wie Diebstahl oder Hehlerei. Dem so angepassten Entwurf stimmte die Ständekammer in der Gesamtabstimmung einstimmig zu.

Änderung des DNA-Profil-Gesetzes (BRG 20.088)
Dossier: DNA-Profile

Im Ständerat führte die Anpassung der gesetzlichen Grundlage zur Nutzung der Daten im Verarbeitungssystem des Dienstes ÜPF – konkret also die Aufnahme der entsprechenden Regelungen der Verordnung ins Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs – in der Herbstsession 2021 zu keinen Diskussionen mehr. Der Ständerat stimmte der Konkretisierung und Ausformulierung der Bearbeitungsfunktion im Verarbeitungssystem, wie sie der Nationalrat eingefügt hatte, stillschweigend zu und hiess das Gesetz in der Folge mit 38 zu 0 Stimmen einstimmig gut.

In den Schlussabstimmungen blieben die Lager im Nationalrat gespalten: SP, GLP und Grüne lehnten die Gesetzesänderung weiterhin ab. Insgesamt sprach sich die grosse Kammer mit 112 zu 83 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für die Revision aus, während die Zustimmung des Ständerats erneut einstimmig (44 zu 0 Stimmen) ausfiel. Somit wurde nach dem ersten Teil des Bundesgesetzes über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts, der bereits in der Frühjahrssession 2021 gutgeheissen worden war, in der Herbstsession 2021 nun auch der zweite Teil des Projekts abgeschlossen.

Bundesgesetz über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts (BRG 20.067)

Carlo Sommaruga (sp, GE) verlangte im Juni 2021 in einer Motion, keine Abkommen im Bereich der Polizeikooperation mit Ländern abzuschliessen, die die Menschenrechte schwerwiegend verletzen. Sommaruga wollte damit sicherstellen, dass der Bundesrat und das Fedpol bei der Ausübung ihrer neuen Kompetenzen zum Abschluss von Abkommen im Bereich der Polizeikooperation und von Vereinbarungen über operative, technische oder administrative Inhalte mit ausländischen Polizeibehörden die verfassungsrechtliche Pflicht zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte angemessen umsetzen. Sommaruga nannte exemplarisch ein Abkommen mit China, einem Staat der Menschenrechte schwer verletze und chinesische Staatsangehörige in der Schweiz überwache, welches aufgrund öffentlicher Entrüstung nicht erneuert worden sei. In seiner Stellungnahme berichtigte der Bundesrat, dass es sich bei dem von ihm genannten Abkommen nicht um ein polizeiliches Kooperationsabkommen, sondern um eine technische Vereinbarung gehandelt habe. Der Bundesrat achte bei Abkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit nicht nur auf die «operationellen Bedürfnisse der Polizei», sondern auch auf die Menschenrechtslage im Vertragsstaat. Polizeiliche Kooperationsverträge dürften zudem nie genutzt werden, um Informationen zu erhalten, die nicht auf dem Rechtshilfeweg beschafft werden könnten. Probleme hinsichtlich der Menschenrechte habe es in der Vergangenheit aber auch noch nie gegeben, meinte der Bundesrat. Daher beantragte er die Ablehnung der Motion.

In der Herbstsession 2021 versuchte Motionär Sommaruga seine Ratskolleginnen und -kollegen von seinem Anliegen zu überzeugen. Er argumentierte, dass sich seine Motion nicht nur auf Abkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit beziehe, sondern auch auf andere Abkommen technischer Natur mit Drittstaaten. Dabei gehe es aber nur um jene Staaten, die «schwerwiegende» Menschenrechtsverletzungen begingen. Sommaruga bemängelte, dass der Bundesrat in seiner Stellungnahme nicht auf die Achtung der Menschenrechte im Rahmen von «technischen Abkommen polizeilicher Natur» eingegangen sei. Wenn die Schweiz mit der Polizeistruktur eines Drittstaates zusammenarbeite, der die Menschenrechte schwer verletzt, so würde man diese Menschenrechtsverletzungen legitimieren, beklagte der Motionär. Bundesrätin Karin Keller-Sutter erklärte den Ratsmitgliedern, dass es sich bei Polizeikooperationsabkommen um eine Rechtsgrundlage für die gemeinsame Bekämpfung verschiedener Formen von Kriminalität handle. Abkommen wie jenes mit China, welches Sommaruga in der Motionsbegründung erwähnt hatte, hätten also nichts mit polizeilicher Zusammenarbeit zu tun, sondern seien Vereinbarungen auf Verwaltungsebene zur Einhaltung des Asylgesetzes. Der Ständerat folgte dem Antrag des Bundesrats und lehnte die Motion mit 24 zu 13 Stimmen ab.

Keine Abkommen im Bereich der Polizeikooperation mit Ländern, die die Menschenrechte schwerwiegend verletzen

In der Herbstsession 2021 überwies der Nationalrat mit 120 zu 66 Stimmen ein 2019 eingereichtes Postulat Vitali (fdp, LU) – in der Zwischenzeit übernommen von Marcel Dobler (fdp, SG) – mit der Forderung nach einem verhältnismässigen BÜPF. Als unverhältnismässig sah der Postulant konkret die Pflichten an, die Anbieterinnen von Fernmeldedienstleistungen durch das BÜPF auferlegt werden, sowie die dadurch verursachten Kosten. Insbesondere für KMU seien diese Pflichten schwer stemmbar, weshalb eine Entlastung geprüft werden müsse. Der Bundesrat soll in einem Bericht Massnahmen aufzeigen, wie das BÜPF KMU-freundlicher umgesetzt werden könne. Der Bundesrat hatte in diesem Postulat keinen Mehrwert gesehen und aus diesem Grund dessen Ablehnung beantragt. Im Ratsplenum hatte Justizministerin Karin Keller-Sutter zuvor ausgeführt, dass gegenwärtig vier Kategorien von Mitwirkungspflichtigen im Gesetz verankert seien. Jedes KMU könne einen Herabstufungsantrag stellen und werde mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Pflichtenreduktion erhalten.

Für ein verhältnismässiges Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Po. 19.4031)

In Erfüllung eines Postulates der SiK-NR veröffentlichte der Bundesrat im September 2021 einen Bericht zur Frage: Kann der Personalbestand im Grenzwachtkorps aufgrund der Personalreduktion im Zusammenhang mit DaziT bis 2026 aufgestockt werden? Anders als im Postulat angedacht, befürworte der Bundesrat keinen Stellenabbau in der EZV zugunsten eines Stellenaufbaus im GWK. Vor dem Hintergrund des Programms DaziT, welches Prozesse vereinfachen und eine wirkungsvolle Digitalisierung erreichen soll, sei es sinnvoll, den Einsatz der freiwerdenden Ressourcen in der EZV im Rahmen eines umfassenden Gesamtkonzepts der künftigen Kontrolltätigkeit zu planen. Es soll daher künftig – statt wie bisher je separate Fachpersonen für den Zoll und die Grenzwacht – ein neues Berufsbild «Fachspezialist/-in Zoll und Grenzsicherheit» geben. Mit dieser Ausbildung sollen Mitarbeitende über Basiskenntnisse in den Kontrollbereichen Waren, Personen und Transportmittel sowie über eine Spezialisierung innerhalb einer dieser Bereiche verfügen. Dadurch seien sie flexibler einsetzbar und das Ziel eines bedarfsgerechten Einsatzes von Mitarbeitenden werde erreicht, erklärte der Bundesrat.

Aufstockung des Grenzwachtkorps (Mo. 18.3385 und Po. 18.3386)
Dossier: Modernisierung und Digitalisierung der Eidgenössischen Zollverwaltung (DaziT)
Dossier: Forderungen nach einer Aufstockung des Grenzwachtkorps und Transformation der EZV (2016–)

In der Herbstsession 2021 verlängerte der Ständerat die Behandlungsfrist der Tessiner Standesinitiative zur Überprüfung der Strafrahmen für Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zum dritten Mal um weitere zwei Jahre. Das Anliegen sei Gegenstand der laufenden Differenzbereinigung im Entwurf zur Strafrahmenharmonisierung; deren Ergebnis soll abgewartet werden, bevor mit der Standesinitiative weiter verfahren wird, erklärte Beat Rieder (mitte, VS) als Sprecher der zuständigen RK-SR.

Strafrahmen für Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte überprüfen (Kt.Iv. 14.301)
Dossier: Vorstösse betreffend Gewalt gegen Behörden und Beamte
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

In der Herbstsession 2021 begann der Ständerat mit der Differenzbereinigung bei der Harmonisierung der Strafrahmen. Dabei schloss er sich in zwei umstrittenen Punkten dem Nationalrat an. Einerseits verzichtete die Ständekammer nun darauf, den Wortlaut von Art. 42 StGB anzupassen, sodass bei Ersttäterinnen und Ersttätern mit günstiger Prognose weiterhin «in der Regel» eine bedingte Strafe verhängt wird und nicht nur verhängt werden «kann». Die Kommissionsminderheit hätte mit der Änderung den Entscheidungsspielraum für das Gericht vergrössern wollen, wie deren Vertreter Stefan Engler (mitte, GR) erklärte. Die Mehrheit beantragte, dem Nationalrat zu folgen und beim geltenden Recht zu bleiben, weil damit eine Anpassung von 2007 rückgängig gemacht würde, «obwohl die damalige Praxis betreffend Ersttäter mit der gleichen Begründung wie heute kritisiert wurde», wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter anmerkte. Mit der Kann-Bestimmung schriebe man nur wieder etwas ins Gesetz, «was schon damals nicht so funktioniert hat, wie Sie es sich wünschen», kritisierte auch Mathias Zopfi (gp, GL). Der Entscheid, die Änderung fallen zu lassen, fiel bei 20 zu 20 Stimmen mit Stichentscheid des Ratspräsidenten Alex Kuprecht (svp, SZ).
Andererseits stimmte der Ständerat mit 33 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung dem Beschluss seiner Schwesterkammer zu, im sogenannten Raserartikel (Art. 90 Abs. SVG) die Mindeststrafe zu streichen. Dass bei Raserdelikten immer eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, wenngleich möglicherweise bedingt, ausgesprochen werden müsse, sei im Vergleich zu anderen Strafrahmen unverhältnismässig. Selbst bei Vergewaltigungen seien kürzere Strafen möglich, und beim Raserdelikt werde allein die Gefährdung anderer geahndet, ohne dass es zu einem Unfall mit Verletzten oder Toten gekommen sei, so die Argumente für die Abschaffung der Mindeststrafe. EJPD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter zeigte sich mit der Begründung einverstanden und erklärte, der Bundesrat schlage mit der Revision des SVG ebendiese Änderung vor. Sie hatte den Ständerat allerdings vergebens gebeten, jener vom UVEK erarbeiteten Vorlage nicht vorzugreifen und die Änderung dort vorzunehmen anstatt bei der Strafrahmenharmonisierung.
Ebenfalls übernahm die Kantonskammer das Konzept des Nationalrates, das bei Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte aus einem zusammengerotteten Haufen heraus zwischen Gewalt an Personen und Gewalt an Sachen unterscheidet. Wer aus einer Zusammenrottung heraus Gewalt an Personen verübt, wird künftig mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren bestraft. Geldstrafen sind nur noch bei Gewalt an Sachen möglich, wobei auch hier die Mindeststrafe auf 90 Tagessätze angehoben wurde (bisher 30). Fest hielt der Ständerat indessen an seinem Beschluss, dass bei Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte – unabhängig von einer Zusammenrottung – grundsätzlich eine Freiheitsstrafe auszusprechen sei und Geldstrafen nur noch in Bagatellfällen möglich sein sollen. Der Nationalrat hatte dies abgelehnt.
Für erstaunlich umfangreiche Diskussionen sorgte die Parallelität von Geld- und Freiheitsstrafen, also dass eine Mindestgeldstrafe von beispielsweise 30 Tagessätzen auch immer eine Mindestfreiheitsstrafe von 30 Tagen bedeutet. Erstaunlich deshalb, weil sich der Rat bezüglich der Parallelität einig war und nur noch darüber diskutierte, ob dieser Aspekt ausdrücklich ins Gesetz geschrieben werden muss. Der Nationalrat hatte nicht gutgeheissen, dass der Ständerat dies im Gesetz explizit festhalten wollte. Auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter sprach sich gegen die entsprechende Ergänzung aus; dies sei «nicht nötig, da solche Zweifel weder in der Praxis noch in der Lehre bestehen». Mit 27 zu 11 Stimmen entschied sich der Ständerat dennoch dafür, diese Parallelität ausdrücklich niederzuschreiben. Der mit der Mehrheit stimmende Andrea Caroni (fdp, AR) wunderte sich denn auch etwas schalkhaft über die intensive Diskussion darüber, «ob man das, worüber man sich ja eigentlich einig ist, jetzt auch ins Gesetz schreiben soll oder nicht». Mit einigen weiteren kleineren Differenzen übergab die Ständekammer das Geschäft wieder an den Nationalrat.

Harmonisierung der Strafrahmen (BRG 18.043)
Dossier: Revision des Strafgesetzbuches (2008– )
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Der Kanton Zürich forderte in einer im Juli 2021 eingereichten Standesinitiative ein Moratorium für die Schliessung von Poststellen. Dieses solle solange gelten, bis eine gesamtschweizerische Poststellenplanung vorliege und genehmigt sei. Zudem solle die Post dem UVEK alle vier Jahre eine Poststellenplanung für die ganze Schweiz präsentieren.
Die KVF-SR beriet das Geschäft im August 2021 und beschloss oppositionslos, der Initiative keine Folge zu geben. Sie tat dies mit der Begründung, dass die Standesinitiative des Kantons Jura (Kt. Iv. 17.314), der Folge gegeben wurde, die Forderungen der vorliegenden Zürcher Initiative bereits abdecke.

Ein Schliessungsmoratorium für Poststellen bis zum Vorliegen und bis zur Genehmigung einer gesamtschweizerischen Poststellenplanung (Kt.Iv. 20.324)
Dossier: Poststellennetz und strategische Ausrichtung der Post