Suche zurücksetzen

Inhalte

  • Presse

Akteure

  • Jornod, Etienne

Prozesse

4 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

„Schweizer Mediengeschichte“ schrieben gemäss Aussage von Etienne Jornod, Verwaltungsratspräsident der NZZ-Mediengruppe, Letztere und die AZ Medien im Dezember 2017. Die beiden Verlagshäuser gaben bekannt, als gleichberechtigte Partner ein Joint Venture zu gründen: ein gemeinsames Unternehmen mit starker regionaler Verankerung, 20 Zeitungstiteln, Onlineportalen sowie Radio- und Fernsehstationen. Ausgenommen blieben die NZZ, die NZZ am Sonntag und Watson sowie alle konzessionierten Radio- und Fernsehsender. Letztere kämen erst hinzu, wenn die sogenannte 2-plus-2-Regel, wonach jedes Unternehmen höchstens über je zwei Radio- und Fernsehkonzessionen verfügen dürfe, gefallen sei. Das Joint Venture wird einen Jahresumsatz von CHF 500 Mio. erzielen sowie 2'000 Mitarbeitende beschäftigen und damit zum viertgrössten Medienunternehmen der Schweiz werden. Der Zusammenschluss ist vorerst vertraglich auf zehn Jahre begrenzt, dann haben die AZ Medien die Möglichkeit, ihre Beteiligung auf 100 Prozent aufzustocken. Die NZZ-Mediengruppe hat bereits vorher die Möglichkeit, ihre Anteile zu verkaufen. Dass zudem Peter Wanner, bisheriger Verleger der AZ Medien, Verwaltungsratspräsident und Axel Wüstmann – ebenfalls von den AZ Medien – CEO werden würden, Jörg Schnyder und Jürg Weber von der NZZ-Mediengruppe jedoch nur deren Stellvertreter, erachtete die Weltwoche als deutliches Zeichen dafür, dass die AZ Medien den Lead übernehmen würden und Wanner entsprechend die NZZ „auskaufe“. Mit Pascal Hollenstein wird jedoch die NZZ den künftigen publizistischen Leiter stellen können.
Als wichtige Voraussetzung des Zusammenschlusses betonten Peter Wanner und Etienne Jornod ihr gemeinsames „Bekenntnis zu unabhängigem, vorurteilslosem Qualitätsjournalismus“. Keine Veränderung werde es bei den Produkten geben, erklärten beide weiter. Diese blieben bestehen und es komme auch nicht zu Entlassungen. Das Joint Venture würde es aber erlauben, die Kräfte im Regionalgeschäft zu bündeln; gemeinsam habe man die notwendige kritische Masse und könne daher die digitale Transformation meistern, erklärte Jornod. „Gemeinsam sind wir stärker“, betonte auch Wanner. Mit dem Joint Venture sollten letztlich die Unabhängigkeit der Zeitungen und deren Weiterentwicklung gesichert werden, zuvor muss die WEKO den Handel jedoch noch absegnen. Anschliessend soll der Start voraussichtlich im Herbst 2018 erfolgen.

Auch sonst tat sich bei der NZZ-Mediengruppe 2017 einiges: Im April wurde bekannt, dass die NZZ ihre Onlineausgabe in Österreich einstelle und fünf Mitarbeitende entlasse. NZZ.at, das als Prestigeobjekt des österreichischen NZZ-CEO Veit Dengler galt, blieb gemäss Medienberichten immer hinter den Erwartungen zurück, so dass bereits vor einem Jahr die Hälfte der Belegschaft entlassen worden war. Nur kurze Zeit später trennte sich die NZZ auch von ihrem bisherigen CEO, was jedoch nichts mit der Einstellung der Österreich-Ausgabe zu tun habe, wie betont wurde. Man habe unterschiedliche Auffassungen bezüglich Umsetzung der Strategie in der nächsten Phase. Denglers Nachfolger wurde mit Felix Graf ein Branchenfremder. Graf sei zwar weder journalistisch tätig gewesen noch habe er für ein klassisches Medienunternehmen gearbeitet, er kenne sich hingegen als Energiefachmann „mit Märkten im rasanten Wandel“ sowie mit dem „Management technologiegetriebener Veränderunsgprozesse“ aus, erklärte die NZZ in einem Artikel. Dennoch fragte sich unter anderem die WOZ ob der Kombination mit dem ebenfalls branchenfremden Verwaltungsratspräsidenten Jornod, wer sich bei der NZZ überhaupt noch mit Medien auskenne.
Ende Mai gab der Verwaltungsrat der NZZ-Mediengruppe auch den Namen des neuen Chefredaktors der NZZ am Sonntag bekannt: Die Stelle übernehme der bisherige stellvertretende Chefredaktor Luzi Bernet, der 2002 schon zum Gründungsteam der NZZ am Sonntag gehört hatte. Bereits zuvor war zum Beispiel im Tages Anzeiger gerätselt worden, ob die NZZ am Sonntag mit der Pensionierung des langjährigen Chefredaktors Felix E. Müller stärker an das Mutterblatt angebunden und allenfalls dessen politische Kursänderung ebenfalls vollziehen werde. Die Furcht vor einer solchen Entwicklung habe zu einer redaktionsinternen Arbeitsgruppe und einem Brief an den Verwaltungsrat mit einem Appell für die publizistische Unabhängigkeit der NZZ am Sonntag geführt, erklärte der Tages Anzeiger weiter. Mit diesem personellen Entscheid und entsprechenden Erklärungen bestätigte die NZZ-Mediengruppe jedoch sowohl implizit als auch explizit die publizistische Unabhängigkeit der NZZ am Sonntag. Gemäss Tages Anzeiger setze man damit auf einen „moderaten politischen Kurs“, was die Redaktion der NZZ am Sonntag freue.

Nicht nur organisatorisch, auch inhaltlich habe es 2017 wichtige Veränderungen gegeben, schrieb die WOZ im Oktober 2017 und löste damit breite Reaktionen aus. Die WOZ erklärte, dass bei der NZZ innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre die Hälfte des Personals in der Inlandredaktion ausgewechselt worden sei. Dies sei insofern erstaunlich, als eine Redaktionsmitgliedschaft bei der NZZ bisher quasi eine Anstellung auf Lebenszeit gewesen sei. Grund für diesen Wandel soll gemäss WOZ der steigende Druck rechtskonservativer Kreise und ein von Chefredaktor Eric Gujer gefördertes Klima der Angst sein. Die WOZ zitierte mehrere ehemalige Mitarbeitende, gemäss denen unkonventionelle Personen einfach ersetzt oder nicht genehme Artikel nicht veröffentlicht würden. Brigitte Hürlimann, eine langjährige Mitarbeiterin der NZZ, sprach gar von einer „Säuberungswelle“. „Personalrotationen sind normal“, entgegnete hingegen Feuilletonchef René Scheu auf die Anschuldigungen. Er bekäme keine Anweisungen zu Personalentscheiden von oben und es fände auch keine Ideologisierung statt.
Gemäss WOZ befand sich die NZZ-Mediengruppe in einer anderen Situation als zum Beispiel Tamedia oder Ringier: Da sie der Publizistik treu bleibe und nicht versuche, neue Erwerbsmöglichkeiten zu erschliessen wie Letztere, wirkten sich die politischen Druckversuche, die personellen Entscheidungen, welche die publizistische Ausrichtung stark prägten, sowie die ökonomischen Zwänge auch besonders stark auf ihre Entscheidungen aus. Statt neuer Erwerbsmöglichkeiten ausserhalb der Publizistik suche sie daher in sozialer wie geographischer Hinsicht (zum Beispiel in Österreich mit nzz.at oder in Deutschland mit einem spezifischen E-Paper) nach neuen Leserinnen und Lesern. Der neue Rechtskurs der NZZ könne somit durch das Interesse der Geldgeber in der Schweiz und durch die Möglichkeit, sich in Deutschland von anderen Zeitungen abzuheben, erklärt werden. Unklar sei jedoch, ob die liberalen und linken Leserkreise aus der Schweiz durch genügend rechtsbürgerliche Leserinnen und Leser in Deutschland ersetzt werden könnten.
In der Folge schickten fast 70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Protestbrief an die NZZ-Leitung, um ihre Sorge über die im WOZ-Artikel ebenfalls geschilderte Entlassung des Feuilleton-Redaktors Uwe Justus Wenzel und den massiven Aderlass beim Feuilleton kundzutun. Sie befürchteten insbesondere, dass die „personellen Entscheide nicht allein auf ökonomische Zwänge zurückzuführen“ seien, dadurch Horizonte verengt würden und das Niveau des Feuilleton sinken würde. Scheu erklärte jedoch, dass die Transformationen der Branche das Jobprofil verändert habe und er „Hochleistungssportler des Geistes“ beschäftigen wolle.

Veränderungen bei NZZ 2017

Kurz vor der Generalversammlung der NZZ Mitte April 2015 wurde bekannt, dass sich verschiedene Akteure, beunruhigt durch die geplante Schliessung der Druckerei in Schlieren sowie die Diskussionen zur Neubesetzung des NZZ-Chefredaktorenposten, Änderungen im Führungsgremium der NZZ wünschten. An der Generalversammlung selber verteilte eine Gruppe von NZZ-Redaktorinnen und Redaktoren Flugblätter, in welchen die Absetzung des amtierenden Verwaltungsratspräsidenten Etienne Jornod und des CEO Veit Dengler gefordert wurde. Wenngleich an der Generalversammlung aufgrund der jüngsten Geschehnisse in der NZZ-Geschichte durchaus kritische Voten geäussert wurden, bestätigten die Aktionäre den Verwaltungsratspräsidenten mit 20'738 zu 3'583 Stimmen bei 1'722 Enthaltungen sowie ebenfalls die beiden anderen Mitglieder des Verwaltungsrates deutlich für weitere vier Jahre. Etwas mehr Zuspruch erhielt hingegen ein durch die "Freunde der NZZ" eingebrachter Antrag, die Amtsdauer der Verwaltungsratsmitglieder auf ein Jahr zu beschränken, aber auch dieser scheiterte mit 8'919 Ja- zu 16'610 Nein-Stimmen noch immer relativ klar.

Änderungen im Führungsgremium der NZZ wünschten

Als Eric Gujer im März 2015 zum neuen Chefredaktor der NZZ gekürt wurde, schlug dies nicht annähernd so hohe Wellen wie die Kandidatur von Markus Somm im Vorjahr. In den Konkurrenzzeitungen begrüsste man die mit dem renommierten Journalisten und langjährigen NZZ-Auslandkorrespondenten Gujer präsentierte "liberalkonservative" Lösung grundsätzlich. Neu setzt das Traditionsblatt auf eine verbreiterte Führungsstruktur, welche neben Gujer aus dem "NZZ am Sonntag"-Chefredaktor Felix E. Müller und der ehemaligen stellvertretenden Chefredaktorin und Online-Verantwortliche des deutschen Sterns, Anita Zielina, besteht. Gemäss Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod stehe die neue dreiköpfige Chefredaktion für "Kontinuität und Innovation". Das Informationsverhalten der Bevölkerung befinde sich im Wandel, weswegen sich die NZZ künftig auch stärker im Online- und Sonntagszeitungs-Markt positionieren wolle.

NZZ

Bei der NZZ ereignete sich 2014 gleich in zweierlei Hinsicht Historisches: Zum einen diskutierten die Aktionäre an ihrer Generalversammlung im Frühjahr über die Aufhebung der Parteiklausel, die besagt, dass das Stimmrecht an der Generalversammlung der Aktionäre sowie Dividenden nur erhält, wer Mitglied der FDP ist oder sich zu liberalen Werten bekennt, sofern er keiner anderen Partei angehört. Eine Konsultativabstimmung ergab jedoch eine deutliche Mehrheit für Beibehaltung der bestehenden Regel. Zum anderen trennte sich der NZZ-Verwaltungsrat im Dezember 2014 nach nur 8 Jahren von seinem Chefredaktor Markus Spillmann aufgrund Differenzen betreffend die künftigen Führungsstrukturen der Publizistik. Spillmann ist seit den 1930er Jahren erst der vierte NZZ-Chefredaktor; seine drei Vorgänger traten allesamt im Pensionsalter zurück. Von zentraler Bedeutung war auch das mediale Echo, als bekannt wurde, dass der Verwaltungsrat das FDP-Mitglied Markus Somm trotz seiner allgemein bekannten Nähe zu Christoph Blocher als möglichen Nachfolger von Spillmann handelte. Über 60 für die "alte Tante" tätige Korrespondentinnen und Korrespondenten sowie 160 Redaktionsmitglieder richteten in der Folge Briefe an die Chefredaktion, worin sie ihre Sorgen zur "Kultur einer liberalen und weltoffenen NZZ" zum Ausdruck brachten und sich auf ihr Anhörungsrecht beriefen. Ferner meldeten sich auch FDP-Parteianhänger, Aktionäre und Leser empört zu Wort. In seiner in der NZZ veröffentlichten Erklärung nahm NZZ-Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod zur Angelegenheit Stellung: Somm sei ein "profilierter und meinungsstarker" Medienschaffender. Der Verwaltungsrat habe sich mit diversen liberalen Persönlichkeiten zur Frage der redaktionellen Unabhängigkeit von Markus Somm besprochen, die Rückmeldungen seien positiv ausgefallen. Da es jedoch "Dinge gab, die nicht zusammenpassten", habe man die Kandidaturgespräche abgebrochen. Anders kommunizierte Markus Somm: Er sei nach reiflicher Überlegung zum Schluss gelangt, sein Engagement bei der "Basler Zeitung" aufrecht erhalten zu wollen. Ein Nachfolger von Spillmann war bis Ende 2014 noch nicht gefunden.

NZZ