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Nicht wie im Vorjahr erst in der Herbstsession, sondern wie gewohnt in der Sommersession nahmen National- und Ständerat Kenntnis vom Geschäftsbericht 2020 des Bundesrates. In diesem Bericht legt die Regierung jahrweise einen Soll-Ist-Vergleich zwischen Legislaturplanung, Jahreszielen und im entsprechenden Jahr erledigten oder angegangenen Geschäften vor. Covid-19 war nicht nur schuld an der Verschiebung der Beratung im Jahr 2020, sondern auch weiterhin zentraler Gegenstand im Bericht und der parlamentarischen Beratung darüber. So bot der Bundesrat in einem eigenen Kapitel des Berichts eine Übersicht über die Entwicklungen der Pandemie und über alle rund 250 im Jahr 2020 dazu gefällten Bundesratsbeschlüsse. Er leitete den Bericht zudem mit dem Hinweis ein, dass zahlreiche Projekte wegen der Coronapandemie nicht so weit gediehen seien, wie geplant.

Im Ständerat erörterte Maya Graf (gp, BL) den Bericht für die GPK-SR. Das Management der Covid-19-Krise ziehe sich wie ein roter Faden durch den Bericht. Sie erinnere zudem daran, dass eine von der GPK einberaumte Inspektion zur Bewältigung der Pandemie am Laufen sei. Die GPK würden den Bericht und die Anhörungen der Departementsvorsteherinnen und -vorsteher jeweils mit Querschnittthemen versehen. Beim ersten Querschnittthema «Krisenmanagementstrukturen» habe sich die GPK informiert, ob solche Strukturen in Normalzeiten geplant gewesen seien, jetzt eingesetzt würden und wie gut dies funktioniere. Beim Thema «Cybersicherheit» habe sich die GPK zur IT-Sicherheit in den Departementen erkundigt und dazu, wo es diesbezüglich Verbesserungen brauche. Im Anschluss an die Ausführungen der GPK-Präsidentin ergriffen die Präsidenten der verschiedenen Subkommissionen das Wort, die basierend auf dem Geschäftsbericht jeweils zwei Departemente sowie die Bundeskanzlei genauer unter die Lupe genommen hatten.
Charles Juillard (mitte, JU) berichtete über das VBS und das EDA. Hier hob der Sprecher den Aktionsplan für die Cyberverteidigung hervor, bei dem praktisch alle Ziele erreicht worden seien. Hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz habe das VBS, das insbesondere aufgrund der Luftwaffenflotte und der schweren Militärfahrzeuge jährlich Emissionen von 200'000 Tonnen CO2 verursache, verschiedene Massnahmen ergriffen, um das 40-Prozent-Reduktionsziel bis 2030 zu erreichen. Im Rahmen des Programms «Natur, Landschaft und Armee» leiste das VBS zudem einen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität. Beim EDA sei der Umgang mit der Pandemie genauer geprüft worden. Die GPK verfolge in diesem Departement zudem die Entwicklung bezüglich der Personalsituation.
Daniel Fässler (mitte, AI) erörterte die Berichtsteile, die dem EJPD und der BK zugeordnet waren. Er hob hier den Informationsaustausch bei der Polizeiarbeit hervor. Dieser funktioniere national und international noch nicht, wie er sollte. Insbesondere die Möglichkeiten der Digitalisierung würden zu wenig gut eingesetzt. International solle dem mit verschiedenen Abkommen begegnet werden. National stosse man aber «offenkundig an Grenzen des Föderalismus», deren Aufhebung man im EJPD aber in Angriff nehmen wolle, damit alle kantonalen Polizeikorps Zugriff auf alle verschiedenen kantonalen Datenbanken erhielten, um Kriminalität effizienter bekämpfen zu können. Im Gespräch mit dem Bundeskanzler Walter Thurnherr sei es insbesondere um die Digitalisierung in der Bundesverwaltung gegangen. Ab 1. Januar 2021 werde das Informatiksteuerorgan des Bundes aufgelöst und dessen Aufgaben – insbesondere Koordination und Unterstützung bei der Umsetzung der Digitalisierung – von einer neuen Verwaltungseinheit innerhalb der BK übernommen. Dies sei eine grosse Aufgabe, bei der man erst am Anfang stehe. Darüber hinaus werde man sich hier auch dem Problem der Fremdbestimmung durch mächtige IT-Unternehmen stellen müssen.
Matthias Michel (fdp, ZG) nahm das EFD und das WBF genauer unter die Lupe. Auch hier sei Digitalisierung ein zentraler Punkt. Es sei zwar erfreulich, dass 2021 «nicht weniger als 13 Massnahmen» umgesetzt worden seien, um das Ziel 2 der Legislaturplanung – die effiziente und möglichst digitale Erbringung der staatlichen Leistungen – zu erreichen. Im aktuellen Bericht sei aber nur «ein einziges – ein einziges! – quantifizierbares Ziel», also nur ein Indikator angegeben; die Entwicklung im Bereich der Digitalisierung müsse adäquater gemessen werden. «Etwas mehr Substanz in der Berichterstattung» wünschte sich der Kommissionssprecher auch im Bereich der Berufsbildung, auch wenn dies eine Verbundaufgabe mit den Kantonen darstelle.
Marco Chiesa (svp, TI) berichtete schliesslich zu den Berichtsteilen des EDI und des UVEK. Beim EDI seien in den Gesprächen vor allem die Massnahmen gegen die Covid-Pandemie Gegenstand gewesen. Alain Berset habe erklärt, dass sich der Bundesrat darauf konzentriert habe, die Auswirkungen der Krise auf die Bevölkerung und die Wirtschaft möglichst zu begrenzen. Das begrenzte Wissen und die unvollständigen Informationen hätten immer wieder Anpassungen bedingt. Eine wichtige Massnahme seien deshalb auch die Tests gewesen, bei denen sehr rasch eine funktionierende Infrastruktur habe aufgebaut werden können. Als schwierig habe sich die Entwicklung einer Impfstrategie entpuppt, weil der Verlauf der Pandemie nicht vorhersehbar gewesen sei. Die Schweiz sei aber mittlerweile eines der wenigen Länder, das mRNA-Impfstoffe für die ganze Bevölkerung anbieten könne. Zum UVEK äusserte sich Chiesa nicht.
Am Schluss der Ratsdebatte meldete sich Bundespräsident Guy Parmelin zu Wort. Der Bundesrat sei – obwohl zahlreiche geplante Massnahmen wegen Covid-19 nicht hätten umgesetzt werden können – zufrieden mit der Zielerreichung. Würden normalerweise rund 40 Bundesratssitzungen in einem Jahr stattfinden, seien es im Jahr 2020 mehr als 60 gewesen. Zudem seien wesentlich mehr Vorstösse eingereicht worden als in früheren Jahren, was die enorme Arbeitsbelastung für den Bundesrat noch weiter erhöht habe. Die Regierungsarbeit sei aber nur möglich, «parce que de nombreux employés de la Confédération ne regardaient ni leur montre ni le jour de la semaine». Dafür sei der Bundesrat sehr dankbar. Auch Parmelin ging auf ein paar Punkte des Berichts ein, darunter die beschlossenen Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, die Verabschiedung der BFI-Botschaft, den Bericht zur Finanzierung des Betriebs und Substanzerhalts der Bahninfrastruktur, das «dossier éléphantesque» zu den Verordnungsänderungen im Rahmen des revidierten Krankenversicherungsgesetzes und darin die Planung des Bedarfs an Ärztinnen und Ärzten oder die bundesrätliche Position zur Europapolitik. In der Folge nahm der Ständerat den Bundesbeschluss über den Geschäftsbericht des Bundesrates für das Jahr 2020 stillschweigend an.

Dies tat gleichentags auch der Nationalrat, wo Erich von Siebenthal (svp, BE), Thomas de Courten (svp, BL), Yvonne Feri (sp, AG) und Nicolo Paganini (mitte, SG) die Berichterstattung übernahmen. Grösstenteils nahmen sie die gleichen Punkte auf wie in der kleinen Kammer.
Eine Ausnahme stellte der Bericht von Thomas de Courten dar, der auf das UVEK einging: Der Bundesrat habe im Berichtjahr die wichtigen Ausbauschritte für den Strassen- und Schienenverkehr geplant und werde hier dem Parlament, das darüber zu entscheiden habe, bald einen Bericht vorlegen. Darüber hinaus erwähnte der Kommissionssprecher die «etwas chaotische» Situation in der Covid-Task-Force Anfang Jahr, was sich mit dem Einbezug der Wissenschaft in eine Science Task Force verbessert habe.
Nicolo Paganini erwähnte zudem die IZA-Strategie, mit der die Bereiche der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit enger zusammengefasst würden. Auch das «drastische Räumungskonzept» in Mitholz fand Erwähnung im Bericht von Paganini.
Auch im Nationalrat hob schliesslich Bundespräsident Guy Parmelin die wichtigsten Punkte des Berichts hervor – auch dieses Votum unterschied sich kaum von jenem im Ständerat – und auch die grosse Kammer stimmte dem Bundesbeschluss diskussionslos zu und nahm den Bericht zur Kenntnis.

Geschäftsbericht des Bundesrates 2020 (BRG 21.001)
Dossier: Geschäftsberichte des Bundesrats

Die grosse Erleichterung erfolgte am 19. Dezember 2020, als Swissmedic dem ersten Covid-19-Impfstoff – dem Impfstoff Comirnaty von Pfizer/BioNTech – die Zulassung für Personen ab 16 Jahren gewährte. Eine erste Lieferung von 100’000 Impfdosen (von bisher bei Pfizer/BioNTech bestellten 3 Mio. Impfdosen) sollte die Schweiz noch im Dezember 2020 erhalten, erklärte das BAG in seiner Medienmitteilung. Nach Lagerung der Impfdosen durch die Armeeapotheke – die Impfdosen müssen bei minus 70 Grad gelagert werden – werden diese auf die Kantone verteilt, wo sie einige Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden können. Die Kantone konnten in der Folge bereits mit der Impfung besonders gefährdeter Personen beginnen, während die schweizweite Impfung priorisierter Personengruppen am 4. Januar 2021 startete. Gleichzeitig mit dieser Ankündigung lancierte das BAG eine breit angelegte Informationskampagne zur Covid-19-Impfung.

Nur zwei Tag nach dieser ersten Aufhellung wurden die Covid-19-Wolken aber bereits wieder düsterer. Als Reaktion auf die Entdeckung zweier neuen, womöglich deutlich ansteckenderen Varianten des Coronavirus in Südafrika und Grossbritannien verhängte der Bundesrat am 21. Dezember ein Einreiseverbot für Ausländerinnen und Ausländer, die von diesen Ländern aus in die Schweiz reisen wollten, und stellte überdies den Flugverkehr von und nach Südafrika und Grossbritannien ein. Personen, die seit dem 14. Dezember aus den beiden Staaten in die Schweiz eingereist waren, mussten sich für zehn Tage in Quarantäne begeben. Damit beabsichtigte die Landesregierung, die weitere Ausbreitung dieser Virusmutationen zu erschweren. Am 24. Dezember gab das BAG bekannt, die neue Covid-19-Variante aus Grossbritannien erstmals in zwei Proben festgestellt zu haben, weitere drei Tage später konnte auch die Variante aus Südafrika erstmals nachgewiesen werden.

Nachdem der Bundesrat am 18. Dezember 2020 nationale Massnahmen beschlossen hatte, gab er am 30. Dezember bekannt, er sehe trotz der «besorgniserregenden» Situation – begründet durch das «hohe Ansteckungsniveau» über Weihnachten und das Auftreten der zwei neuen Virusvarianten – von einer weiteren Verschärfung der Massnahmen ab, da die aktuell geltenden Vorkehrungen angemessen seien. Wichtig sei es jedoch, die über die Feiertage reduzierte Zahl an Covid-Tests nun wieder zu erhöhen.

Auch zwei Wochen später war die Zahl der Infektionen nicht stark angestiegen, jedoch fürchtete sich der Bundesrat vor einem raschen Wiederanstieg der Fallzahlen aufgrund der zwei neuen Virusvarianten, zumal die Zahl der Infektionen, Hospitalisierungen und Todesfälle weiterhin hoch war. Deshalb verlängerte er am 13. Januar 2021 die Schliessung der Restaurants, Kulturbetriebe, Sportanlagen und Freizeiteinrichtungen, die er im Dezember 2020 beschlossen hatte, bis Ende Februar 2021. Zudem verhängte er ab dem 18. Januar erneut eine Homeoffice-Pflicht soweit möglich und verhältnismässig, eine Schliessung der Läden für Güter des nicht-täglichen Bedarfs sowie eine Einschränkung privater Veranstaltungen und Menschenansammlungen.
Mit diesen Einschränkungen einhergehend lockerte die Regierung auch die Bestimmungen zum Erhalt von Härtefallhilfen, um die von den Schliessungen betroffenen Unternehmen zu unterstützen: Unter anderem sollten seit 1. November 2020 geschlossene Betriebe Härtefallhilfe erhalten, ohne einen Umsatzrückgang nachweisen zu müssen, zudem sollte der Umsatzrückgang im Jahr 2021 neu ebenfalls berücksichtigt werden. Die Regierung kündigte überdies an, dass im Februar 2021 beinahe alle Kantone mit der Auszahlung von Härtefallhilfen beginnen würden.
Gleichentags gab der Bundesrat auch die Finanzierung der Covid-19-Impfung bekannt: So würden die Krankenversicherungen unabhängig von der Franchise eine Pauschale von CHF 14.50 sowie CHF 5 für die Impfdosis vergüten, während der Bund die Differenz der vertraulichen Kosten der Impfung zu diesen CHF 5 bezahle und die Kantone den Selbstbehalt der Versicherten übernähmen.

Am 17. Januar 2021 gab der Bundesrat die Quarantäneanordnung für 90 Angehörige der Armee aufgrund der Ansteckung einer Person mit der britischen Corona-Variante, die von der WHO als «Delta-Variante» bezeichnet wurde, bekannt. Anders als bei den bisherigen Varianten mussten bei der Delta-Variante auch die Kontakte der Kontakte von Armeeangehörigen in Quarantäne. Einen Tag später startete die erste RS des Jahres 2021 mit 12'000 Rekrutinnen und Rekruten und 2'800 Kader. Für Aufmerksamkeit sorgten dabei insbesondere die 40 Prozent Rekrutinnen und Rekruten, die im Sinne eines gestaffelten Einrückens vorgängig von zuhause aus ein Lernprogramm absolvieren mussten. Später gab der Bundesrat bekannt, dass die Positivitätsrate bei den Eingerückten bei 4 Prozent (1. Staffel) respektive 3 Prozent (2. Staffel) lag.

Am 20. Januar 2021 nahm der Bundesrat in verschiedenen Bereichen eine Lagebeurteilung vor. So liess er sich von der EDK über die in den Kantonen beschlossenen Massnahmen in den Schulen informieren, wobei sich sowohl die EDK als auch die Science Task Force für die Fortführung des Präsenzunterrichts in Primar- und Sekundarschule I und II aussprachen. Sie wollten damit die negativen Auswirkungen von Fernunterricht auf die psychische Gesundheit und die Bildungsverläufe verhindern. Gleichentags setzte der Bundesrat auch die im Dezember 2020 beschlossenen Änderungen des Covid-19-Gesetzes im Bereich der Kurzarbeit um und hob dabei insbesondere die Karenzfrist auf, verlängerte die Bezugsdauer und vergrösserte den Pool der Anspruchsberechtigten. Darüber hinaus berichtete der Bundesrat, dass die Schweiz bisher rund 500'000 Impfdosen erhalten habe und bisher bei beinahe 170’000 geimpften Personen 42 Meldungen über vermutete unerwünschte Arzneimittelwirkungen eingegangen seien. Gemäss medizinischen Fachexperten seien davon 26 Fälle als nicht schwerwiegend und 16 Fälle als schwerwiegend eingestuft worden; in 5 Fällen sei es bei Personen zwischen 84 und 92 Jahren zu einem tödlichen Verlauf gekommen, wobei jedoch «in keinem Fall der konkrete Verdacht [bestehe], dass die Impfung die Ursache für den Todesfall war».

Am 27. Januar 2021 gab der Bundesrat bekannt, dass er die Härtefallhilfe um CHF 2.5 Mrd. aufstocken wolle und dem Parlament die entsprechende Änderung des Covid-19-Gesetzes vorlegen werde. Für den Fall, dass sich der Kreditmarkt verschlechtern sollte, sei der Bundesrat überdies dabei, «zusammen mit den Banken eine Neuauflage eines Covid-Solidarbürgschaftssystems» zu planen. Wie bereits im Vorjahr schlug er überdies vor, dass der Bund auch für das Jahr 2021 die Kosten der KAE – der Bundesrat sprach von Kosten in der Höhe von CHF 6 Mrd. – übernehmen solle. Darüber hinaus wollte der Bundesrat die Taggeldbezugsdauer für Arbeitslose um drei Monate verlängern, um der schwierigen Arbeitsmarktsituation Rechnung zu tragen.

Ende Januar 2021 liess die Regierung verlauten, dass sie ab sofort die Covid-19-Testkosten für Personen ohne Symptome sowie die Impfkosten in Apotheken übernehmen werde. Zudem solle die Quarantäne zukünftig nur noch 10 Tage dauern, sofern sich die betroffene Person am siebten Tag einem Corona-Test unterziehe und der Test negativ ausfällt. Dieselbe Regelung galt neu auch für Personen in Reisequarantäne. Wenige Tage später verkündete die Regierung überdies die Unterzeichnung von drei neuen Verträgen für Impfstoffe (Curevac, Novavax, Moderna) über insgesamt 17 Mio. Impfdosen. Insgesamt sicherte sich der Bundesrat somit bis zu diesem Zeitpunkt fast 36 Mio. Impfdosen (zusätzlich Pfizer/BioNTech und AstraZeneca). Zugelassen waren von diesen jedoch erst die Impfstoffe von Moderna und Pfizer/BioNTech, während Swissmedic gleichzeitig bekannt gab, dass zur Zulassung von AstraZeneca weitere Daten benötigt würden. Mitte März 2021 folgte schliesslich ein weiterer Vertrag mit Pfizer über 3 Mio. Impfdosen.

Aufschluss über die finanzielle Situation im Jahr 2020 aufgrund der Pandemie lieferte Mitte Februar 2021 die provisorische Staatsrechnung 2020, die ein «rekordhohes Defizit» von CHF 15.8 Mrd. enthielt; bedingt durch tiefere Einnahmen und sehr hohe Ausgaben im vorangegangenen Jahr. Da auch im neuen Jahr im Voranschlag nicht geplante Corona-bedingte Ausgaben anfallen würden, verabschiedete der Bundesrat überdies acht Nachtragskredite zum Voranschlag 2021 über CHF 14.3 Mrd.

Am 17. Februar 2021 folgte schliesslich, was viele schon sehnsüchtig erwartet und lautstark gefordert hatten: Der Bundesrat stellte einen ersten, vorsichtigen Öffnungsschritt auf den 1. März 2021 in Aussicht, zumal die Fallzahlen in der Zwischenzeit stark gesunken waren. So sollten – nach Konsultation der Kantone – Läden, Museen und Lesesäle von Bibliotheken, die Aussenbereiche von Zoos, botanische Gärten sowie Sport- und Freizeitanlagen geöffnet und private Veranstaltungen im Freien mit bis zu 15 Personen erlaubt werden. Er folge damit einer risikobasierten und schrittweisen Öffnungsstrategie, bei der er voraussichtlich jeweils einmal im Monat einen Öffnungsschritt vornehmen wolle, erklärte der Bundesrat. Dabei würden jeweils die Möglichkeit zum Maskentragen sowie weitere situationsspezifische Aspekte (Anzahl Personen, Ort der Aktivität), aber auch die gesellschaftliche oder wirtschaftliche Belastung berücksichtigt. Nachdem die Regierung diesen ersten Öffnungsschritt eine Woche später bestätigt hatte, kündigte sie auch einen möglichen weiteren Öffnungsschritt auf den 22. März an, bei dem dann etwa auch Kultur- und Sportveranstaltungen mit Publikum sowie die Öffnung von Restaurantterrassen in Betracht gezogen werden sollten. Diese Öffnungsschritte sollten – nach Absprache mit den Kantonen – mit einer «massiven Ausweitung des Testens» kombiniert werden. Dabei sollten der Bevölkerung fünf gratis Selbsttests pro Person und Monat zur Verfügung gestellt werden und alle Testkosten in Apotheken und Testzentren, auch für symptomfreie Personen, übernommen werden. Zusammen mit der Möglichkeit für wiederholte Tests in Unternehmen und Schulen sollten diese Massnahmen schätzungsweise über CHF 1 Mrd. kosten.

Weitere erfreulichere Nachrichten folgten am 11. März 2021, als das SECO die Konjunkturprognose der Expertengruppe des Bundes veröffentlichte. Diese rechnete zwar noch mit einem BIP-Rückgang im 1. Quartal 2021, aber mit einer «zügigen Erholung» nach den Lockerungen der Corona-Massnahmen. Für das Jahr 2021 erwartete die Expertengruppe gar ein BIP-Wachstum um 3 Prozent und damit eine Überschreitung des Vorkrisenniveaus – allerdings nur bei einer Lockerung der Massnahmen ohne erneute zusätzliche Einschränkungen.

In der Frühjahrssession im März 2021 beriet das Parlament die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes. Vor der Session stand dabei die Frage im Zentrum, ob ein verbindlicher Öffnungstermin ins Gesetz geschrieben werden soll. Die WAK-NR hatte dies zuvor beantragt, zumal sie den Verlauf der Öffnungen und der Beendigung der Corona-Massnahmen durch den Bundesrat als zu langsam erachtete. Weder im Nationalrat noch im Ständerat fand eine solche Massnahme jedoch eine Mehrheit. Im Parlament waren dann vor allem die Härtefallmassnahmen zentral, wobei sich der Ständerat mit seinem zurückhaltenderen Konzept durchsetzte: Wie bisher sollen demnach nur Härtefälle ausgeglichen, aber keine Entschädigung der durch die Pandemie entstandenen Schäden vorgenommen werden. Insgesamt erweiterte das Parlament die Finanzhilfen für die Unternehmen jedoch stark. Überdies erteilte es der Regierung den Auftrag, eine Regelung für die «Impf-, Test- und Genesungsnachweise», also für das sogenannte Covid-19-Zertifikat (3G), zu erlassen.

Kurz zuvor hatte die Bundeskanzlei schliesslich bekannt gegeben, dass das Referendum des Vereins «Freunde der Verfassung» zum Covid-19-Gesetz zustande gekommen war. Somit wird im Juni 2021 darüber abgestimmt, ob das Gesetz – wie vorgesehen – bis Ende 2021 in Kraft bleiben wird oder bereits im September 2021, ein Jahr nach Annahme des dringlich erklärten Gesetzes durch das Parlament, ausser Kraft treten wird.

Am 12. März 2021 startete der Bundesrat wie angekündigt die Konsultation zum zweiten Öffnungsschritt, obwohl die Fallzahlen seit Ende Februar wieder angestiegen waren und sich damit eine dritte Welle andeutete, wie der Bundesrat in seiner Medienmitteilung schrieb. Deshalb sei für den Bundesrat auch noch unklar, ob ein ausführlicher zweiter Öffnungsschritt wirklich angebracht sei. In der Tat beschränkte die Regierung den zweiten Öffnungsschritt in der Folge auf eine Lockerung der Einschränkung für Treffen im Familien- und Freundeskreis von fünf auf zehn Personen. Drei der vier Richtwerte für eine weitere Öffnung (14-Tages-Inzidenz, Positivitätsrate und Reproduktionszahl) seien denn im Moment nicht erfüllt, begründete der Bundesrat diesen Schritt – nur die Auslastung der Intensivplätze hatte zu diesem Zeitpunkt den Richtwert des Bundesrates noch nicht überschritten. Obwohl alle Kantone eine Öffnung der Restaurantterrassen auf den 22. März gefordert hatten und der Nationalrat diesbezüglich eine (nicht bindende) Erklärung abgegeben hatte, verzichtete der Bundesrat somit auch auf diese Lockerung.

Neben den Impfstoffen von Pfizer/BioNTech und Moderna erteilte Swissmedic am 22. März 2021 dem Impfstoff «COVID-19 Vaccine Janssen» von Johnson & Johnson die Zulassung. Die Schweiz hatte zu diesem Zeitpunkt jedoch noch keine Impfdosen von Johnson & Johnson bestellt, womit diese vorerst noch nicht verabreicht wurden. Jedoch wurde das Impfzertifikat von Personen, welchen dieser Impfstoff verabreicht wurde, ab sofort in der Schweiz akzeptiert. Keine Zulassungsgesuche hatten bisher CureVac und Novavax in der Schweiz eingereicht, obwohl der Bundesrat entsprechende Impfdosen bestellt hatte; das Zulassungsgesuch von AstraZeneca war zu diesem Zeitpunkt noch immer hängig.
Einige Tage nach der Zulassung des dritten Impfstoffs berieten die Bundesräte Parmelin und Berset mit der GDK, dem Präsidenten der KdK, Vertreterinnen und Vertretern der Swiss Science Task Force, der eidgenössischen Kommission für Impffragen sowie den Impfstofflieferanten Pfizer und Moderna die Umsetzung der Impfkampagne: In den nächsten drei Monaten sollen 8 Mio. Impfdosen geliefert werden. Ziel sei es, alle Impfwilligen (über 18 Jahren) bis Ende Juni 2021 mindestens einmal zu impfen. Erste Umfragen deuteten an, dass sich etwa die Hälfte der Bevölkerung impfen lassen möchte, ein Viertel unsicher sei und ein Viertel eine Impfung ablehne.

Seit einiger Zeit arbeitete der Bund auch an der Erstellung eines Impfzertifikats, wobei es am 23. März zu einem Rückschlag kam: Der EDÖB reichte nach Prüfung von entsprechenden Medienberichten Anzeige gegen die Betreiberin der Plattform www.meineimpfungen.ch wegen Datenschutzverletzungen ein. Die entsprechende Datenbearbeitung sei «geeignet», um die Persönlichkeitsrechte im Bereich der besonders schützenswerten Personendaten zur Gesundheit zu verletzten. In der Folge wurde der Betrieb der Seite per sofort eingestellt.

Ende März 2021 setzte der Bundesrat die vom Parlament in der Frühjahrssession 2021 beschlossenen Änderungen am Covid-19-Gesetz in der Härtefallverordnung um, insbesondere die Erhöhung der Höchstbeträge bei der Härtefallhilfe, die Verschiebung des relevanten Gründungszeitpunkts der Unternehmen für Zugang zu Härtefallhilfen, die Gewinnbeteiligung des Staates bei Unternehmen mit Härtefallhilfen und die Dauer des Dividendenverbots. Zudem lockerte er die Anspruchsvoraussetzungen auf Erwerbsersatz für Selbständigerwerbende in der Covid-19-Verordnung zum Erwerbsausfall, die Bedingungen für A-Fonds-perdu-Beiträge für die professionellen und semiprofessionellen Sportklubs in der Verordnung Mannschaftssport und den Zugang von Kulturunternehmen und Kulturschaffenden zu Ausfallentschädigungen in der Covid-19-Kulturverordnung. Bereits einige Tage zuvor hatte er überdies erneut das vereinfachte Verfahren für Kurzarbeit und die Aufhebung der Karenzzeit sowie das Aufgebot von Schutzdienstpflichtigen zur Bewältigung der Corona-Krise bis zum 30. Juni 2021 verlängert.

Anfang April 2021 kam es in einzelnen Schweizer Städten zu Demonstrationen und teilweise gar zu Ausschreitungen von Jugendlichen, insbesondere die sogenannte «Oster-Krawallnacht» in St. Gallen, bei der Jugendliche unter anderem die Polizei mit Molotow-Cocktails angriffen, führte zu grosser medialer Aufmerksamkeit. Die Politik und die Medien erklärten sich die Vorkomnisse in der Folge mit einer besonders grossen Corona-Müdigkeit bei den Jungen und ihrem Verdruss gegenüber den Corona-Massnahmen, aber auch mit dem grossen Druck, der allgemein auf ihnen laste. Doch nicht nur Jugendliche, auch Erwachsene versammelten sich immer häufiger, um gegen die Corona-Massnahmen zu protestieren. Zahlreiche Demonstrationen erhielten jedoch aufgrund von relativ strikten Vorgaben für Veranstaltungen keine Bewilligung und wurden deshalb abgesagt, verschoben oder unbewilligt durchgeführt.

Verlauf und Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Wirtschaftliche und finanzielle Folgen