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L'Union syndicale Suisse (USS), alarmée quant à la situation de détresse de nombreuses personnes dû à la crise du Covid-19, critique l'action du Conseil fédéral et des autorités cantonales dans leur réponse à la crise. Elle exige que les futures mesures sanitaires soient assorties d'un plan de soutien économique aux branches touchées. De plus, pour relancer le pouvoir d'achat de la population, elle propose de «redistribuer les recettes excédentaires des primes maladie à hauteur de CHF 4 à 5 milliards, soit un chèque de CHF 500 par personne assurée». Santésuisse, l'association faîtière des caisses, qualifie cette demande «d'irresponsable», arguant que les caisses doivent disposer de réserves suffisantes pour contenir la hausse des primes en raison de la crise. Si l'USS souhaite voir sa demande se concrétiser, elle devra disposer d'une base légale pour le faire.

Syndicats exigent un plan de soutien

War Lobbying im Vorjahr medial noch stark beachtet worden, war es im ersten Covid-19-Pandemiejahr 2020 kaum noch Thema in der Presse. Einige Druckerschwärze verursachte Anfang Jahr zwar noch die parlamentarische Initiative von Beat Rieder (mitte, VS; Pa.Iv. 19.414), mit der geregelt werden sollte, dass bezahlte Mandate nicht ausgeübt werden dürfen, wenn sie die parlamentarische Arbeit in einer Kommission tangieren. Nicht weniger als «das Ende des Milizsystems» erwartete etwa der Tages-Anzeiger, sollte dieser Vorstoss Erfolg haben. Le Temps zeigte in einer Studie auf, dass bezahlte Mandate im Gesundheitswesen insbesondere in der SGK-NR und der SGK-SR sehr verbreitet sind.
Dass die Idee des Milizparlaments aber eher nicht mehr der Realität entspricht, zeigte eine in der NZZ Ende Februar zitierte Studie der Universität Lausanne, die im nationalen Parlament rund 23 bis 36 Prozent «Politikprofis» ausmachte, also Parlamentsmitglieder, die neben dem Parlamentsmandat keinen klassischen Beruf ausüben. Praktisch niemand sei im Privatsektor angestellt und übe eine berufliche Tätigkeit aus, die keinen direkten Zusammenhang zur Politik aufweise, berichtete die Zeitung.
Kritik an der Schweizer Politikfinanzierung äusserte Transparency International, obwohl die Schweiz im Anfang Jahr veröffentlichten Korruptionsranking auf Platz 4 lag. Es fehle nach wie vor an Transparenz in der Politikfinanzierung, weshalb die Schweiz lediglich 85 von 100 möglichen Punkten erhalten habe. Freilich hatte das Parlament in der Zwischenzeit die Beratungen zum Gegenvorschlag zur Transparenzinitiative aufgenommen.
Für Kopfschütteln sorgte schliesslich zu Beginn der Covid-Pandemie der Entscheid des Parlaments, dass aufgrund der strengen Kontaktmassnahmen zwar Lobbyistinnen und Lobbyisten mit Badge noch ins Bundeshaus durften, nicht aber Medienschaffende, die über keine feste Akkreditierung verfügten. «Dass es lieber die Presse ausschliesst statt die Lobbys, sagt einiges über die Abhängigkeit des Parlaments aus», kritisierte etwa die WoZ.

Lobbying 2020
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Qu'est-ce qui différencie la Suisse de 2020 de celle de 2010 ? C'est la question à laquelle se sont intéressés les journalistes de la Weltwoche. En utilisant des données de l'OFS, de l'OFSP, de la BNS, de l'administration fédérale des douanes et de la Frankfurter Allgemeine Zeitung, ils nous apprennent notamment que la consommation de viande a diminué de 52.4 kilogrammes par personne et par an en 2010 à 48.4 kilogrammes (données de 2018). Ce recul s'observe également et de manière plus surprenante avec les légumes, dont la consommation est passée de 107.2 à 103.8 kilogrammes par personne et par an. Pour rester dans le domaine alimentaire, la Weltwoche souligne également que les Suissesses et les Suisses ont réduit leur consommation d'alcool. En effet, une personne lambda ne boit plus que 33.4 litres de vin par année, alors qu'elle en consommait 43 litres en 2000 et encore 38.2 litres en 2010. La bière est elle aussi en perte de vitesse, sa consommation passant de 71 litres en 1990 à 55.5 litres par personne et par année en 2020.
Dans le domaine technologique, l'émergence des smartphones est impressionnante: alors que 43% des utilisateurs et utilisatrices de téléphone portable en possédaient en 2010, ce chiffre se monte maintenant à 91%. Une évolution d'autant plus fulgurante lorsque l'on se rappelle l'année de l'arrivée du premier smartphone sur le marché: 2007. En revanche, la télévision est en perte de vitesse, en particulier chez les plus jeunes.
La population a évidemment augmenté, de 7.87 millions de personnes en 2010 à presque 8.6 millions en 2020, mais pas autant que la fortune de la Banque nationale suisse. De CHF 119.1 milliards en 2000, elle était passée à CHF 269.9 milliards en 2010. Sous l'effet des interventions de la BNS pour lutter contre le franc fort notamment, la fortune en devises étrangères, or, actions et obligations a fortement augmenté pour atteindre en 2020 CHF 972.2 milliards.
Les primes d'assurance-maladie ont elles aussi connu une hausse au cours de cette décennie. La prime mensuelle moyenne était de CHF 236.20 en 2010. 10 ans plus tard, elle se monte à CHF 315.40. La sphère politique s'attelle depuis plusieurs années à trouver des solutions pour freiner cette augmentation. Pour en évaluer la réussite, rendez-vous au prochain pointage en 2030.

Ce qui a changé en 10 ans en Suisse
Dossier: Rückblick auf die vergangenen Jahre und Ausblick auf die Zukunft in der Presse

Zu Beginn der Corona-Pandemie berichteten die Medien über warnende Stimmen, wonach die Krankenkassenprämien 2021 durch die hohen Kosten im Jahr 2020 stark ansteigen könnten; Politikerinnen und Politiker aus dem linken sowie dem bürgerlichen Lager warnten im Blick vor einem regelrechten «Prämienschock». Gleichzeitig wiegelten die Medien selber jedoch grösstenteils ab: Da die Prämien nicht auf den Kosten des Vorjahrs, sondern aufgrund einer Schätzung der Ausgaben des jeweiligen Jahres berechnet würden, sei für das Jahr 2021 kein starker Prämienanstieg zu erwarten. Selbst wenn die Krankenversicherungen im Jahr 2020 mehr ausgeben müssten, als sie durch die Prämien eingenommen hätten, würden sich die Prämien des Folgejahres nicht direkt erhöhen: Für solche ausserordentlichen Grossereignisse hätten die Krankenversicherungen Reserven gebildet, die Anfang 2019 bei CHF 9.5 Mrd. lagen und damit doppelt so hoch waren, wie gesetzlich verlangt. Da die Reservesituation nicht für alle Krankenversicherungen gleich gut sei, gebe es zudem noch den Sicherungsfonds, der in solchen Fällen aushelfe, war den Medien weiter zu entnehmen. Schliesslich sei es noch nicht einmal sicher, dass die Kosten der Krankenversicherungen im Jahr 2020 höher ausfallen würden als erwartet. Zwar seien Therapien auf der Intensivstation – wie sie zur Behandlung von schweren Fällen von Covid-19 häufig sind – teuer, diese würden aber zu mehr als der Hälfte von den Kantonen übernommen. Die grossen Kosten der Pandemie im Gesundheitsbereich fielen denn auch nicht bei den Krankenkassen, sondern bei den Kantonen an, war man sich einig. Diese müssten die Massnahmen der Spitäler zur Pandemie bezahlen, während das bundesrätliche Verbot von nicht dringenden Behandlungen gleichzeitig ein Loch in die Kassen der Spitäler reisse. Dies habe zu der paradoxen Situation geführt, dass die Spitäler im Frühjahr 2020 einerseits unter Personalmangel litten, weil insbesondere im Pflegebereich zu wenig Fachkräfte vorhanden seien und viele davon zum Beispiel wegen eigener Infektion mit dem Corona-Virus ausfielen, und andererseits Kurzarbeit anmelden mussten, zumal Behandlungen in vielen Bereichen stark eingeschränkt waren und die Mitarbeitenden entsprechend nicht ausgelastet werden konnten. Letzteres habe denn auch zu teilweise sehr hohen Umsatzeinbussen für die Spitäler geführt.
Dennoch konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Corona-Pandemie nicht doch noch auf die Krankenkassenprämien auswirken würde, insbesondere durch die Verlagerung von Eingriffen auf die Folgejahre. Entsprechend forderten die SP-Fraktion (Mo. 20.3202) sowie Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH; Mo. 20.3313), dass die Krankenkassenprämien in den Jahren 2021 bis 2023 nicht erhöht werden dürfen. Stattdessen sollen die Kosten wenn nötig vollständig durch Bund und Kantone (SP-Fraktion) oder durch die Reserven und bei kleinen Kassen durch den Bund (Prelicz-Huber) finanziert werden. Ein allgemeines Verbot für einen Anstieg der Krankenkassenprämien-Gesamtsumme während der nächsten zehn Jahre forderte Lukas Reimann (svp, SG; Mo. 20.3434). Falls die Kosten der Leistungserbringenden das Total der Prämien übersteigen sollten, sollen diese angewiesen werden, ihre Ausgaben entsprechend zu reduzieren. Gar eine Reduktion der Prämien für einkommensschwache Personen um 50 Prozent während zwei Jahren forderte Valérie Piller Carrard (sp, FR; Mo. 20.3574). Bund und Kantone sollen via Prämienverbilligungen für die entsprechenden Kosten aufkommen, schlug sie vor. Auch eine Standesinitiative des Kantons Genf (Kt.Iv. 20.337) verlangte einen dreimonatigen Verzicht auf die Erhebung der Prämien sowie eine zweijährige Beibehaltung der Prämienhöhe. Finanziert werden solle dies durch eine 50-prozentige Reduktion der Reserven der Krankenversicherungen. Auf diese Reserven hatten aber auch andere ein Auge geworfen: So forderten gemäss Presse verschiedene Kantons- oder Spitalvertretende, dass sich die Krankenversicherungen mit ihren Reserven am finanziellen Schaden der Spitäler durch die Pandemie beteiligen. Die Reserven seien für die Deckung epidemiebedingter Kosten geschaffen worden, entsprechend sollten sie jetzt auch dafür eingesetzt werden, wurde argumentiert. Dagegen wehrten sich vor allem die Krankenkassen: Die Reserven gehörten den Versicherten, zudem schreibe das KVG unmissverständlich vor, dass sie ausschliesslich für Kosten für Diagnose und Heilung von Krankheiten ausgegeben werden dürften.

Im September 2020 hatte das Warten schliesslich ein Ende, das EDI gab in einer Medienmitteilung die Prämien für das Jahr 2021 bekannt. Die mittlere Prämie stieg für das Jahr 2021 um 0.5 Prozent, was im mittelfristigen Vergleich einen eher geringen Anstieg bedeutete – seit 2010 liegt der durchschnittliche Anstieg bei 3.1 Prozent. Bereits in den letzten zwei Jahren war der Anstieg jedoch deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Auch die kantonalen Unterschiede waren deutlich geringer als in anderen Jahren, die kantonalen Prämienanstiege schwankten zwischen -1.6 und 2.1 Prozent. Die Reserven der Krankenkassen stiegen bis Ende 2020 auf mehr als CHF 11 Mrd. an.

Gesundheitskosten in der Corona-Pandemie & Krankenkassenprämien 2021
Dossier: Covid-19-Kosten im Gesundheitsbereich
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Am 16. April 2020 informierte der Bundesrat über die geplante Lockerungsstrategie der Massnahmen zum Coronavirus, die in drei Schritten erfolgen sollte. In den Mittelpunkt stellte der dabei die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung, daneben beabsichtigte er aber auch, die wirtschaftlichen Schäden in Grenzen zu halten und die Einschränkung der Grundrechte zu reduzieren. In einer ersten Etappe sollten ab dem 27. April Coiffeursalons, Kosmetikstudios, Baumärkte, Blumenläden und Gärtnereien ihre Türen wieder öffnen dürfen. In diesen Einrichtungen sei die Umsetzung von Schutzkonzepten einfach möglich, sie wiesen wenige direkte Kontakte auf und lösten keine grossen Personenströme aus, erklärte der Bundesrat die Auswahl. Ab dem gleichen Datum sollten in Krankenhäusern zudem wieder uneingeschränkt Eingriffe durchgeführt werden können.
Als zweite Etappe sah die Regierung für den 11. Mai die Wiedereröffnung der obligatorischen Schulen, Einkaufsläden und Märkte vor. Vor dem Entscheid über diesen zweiten Lockerungsschritt wollte sie jedoch die Entwicklung der Fallzahlen abwarten und diesen folglich erst am 29. April fällen. Schliesslich war als dritte Etappe neben der Öffnung von Museen, Zoos und Bibliotheken sowie der Lockerung des Versammlungsverbots für den 8. Juni auch die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an Mittel-, Berufs- und Hochschulen geplant. Einzelheiten dazu beabsichtigte der Bundesrat am 27. Mai festzulegen.

An demselben Tag, an dem der Bundesrat diese ersten Lockerungsschritte ankündigte, verabschiedete er eine am 20. April 2020 in Kraft tretende Verordnung, die eine übergangsweise Befreiung von der Anzeigepflicht bei Überschuldung, die in der Regel zur sofortigen Insolvenz führen würde, und eine zeitlich befristete Covid-19-Stundung beinhaltete. Letztere sollten insbesondere KMU unbürokratisch beantragen können. Er gab zudem bekannt, dass Selbständigeerwerbende rückwirkend ab dem 17. März 2020 Anspruch auf EO erhalten sollen. Mit diesem Entscheid sollte die Problematik angegangen werden, dass rund 270'000 Personen, darunter zum Beispiel viele Taxifahrerinnen und Taxifahrer oder Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, keine Covid-19-Kredite oder Kurzarbeitsgelder hatten beantragen können, da der Bundesrat ihre Unternehmen nicht geschlossen hatte, sie aber dennoch bis zu 90 Prozent ihres Einkommens aufgrund der Pandemie eingebüsst hatten. Um die durch die Corona-Pandemie entstandenen Finanzlöcher zu stopfen, gingen zahlreiche verschiedene Vorschläge ein: von einer Halbierung der Mehrwertsteuer, wodurch der Konsum angekurbelt werden sollte (Postulat Müller; fdp, LU; Po. 20.3214), über ein fünfjähriges Ausgaben- und Aufgabenmoratorium (SVP-Fraktion; Mo. 20.3567) und der Reduktion der Ausgaben für die EU, den Asylbereich und ausländische Personen (Motion Quadri; lega, TI; Mo. 20.3272) hin zu einer Solidaritätssteuer, z.B. über eine Erhöhung der Kapitalgewinnsteuer (Motion de la Reussille, pda, NE, Mo. 20.3174; Motion der SP-Fraktion, Mo. 20.3203; Motion Prezioso, egsols, GE, Mo. 20.3335; Motion Rytz, gp, BE, Mo. 20.3362).

Anspruch auf Entschädigung ihres vollen Erwerbs sagte der Bundesrat am 22. April denjenigen Angehörigen der Armee zu, die zwischen dem 6. März 2020 und dem 30. Juni 2020 zur Bewältigung der Coronakrise im Einsatz standen und die Dauer ihres Ausbildungsdienstes überschritten hatten. Für Angehörige des Zivilschutzes sollte eine vergleichbare Regel gelten.

Eine Woche darauf kündigte die Regierung an, dass einige Lockerungen schneller vorgenommen werden könnten als ursprünglich geplant, da die Ausbreitung von Covid-19 aufgrund der vorbildlichen Umsetzung der ergriffenen Massnahmen durch die Bevölkerung hatte abgeschwächt werden können. Daher sollten unter anderem auch Restaurants, Museen und Bibliotheken bereits ab dem 11. Mai wieder ihre Pforten öffnen dürfen und auch Primar- und Sekundarschulen ihren Unterricht vor Ort wieder aufnehmen können, wobei die diesbezügliche Entscheidung über die Durchführung bei den Kantonen lag. Diese sollten auch entscheiden, ob an den Gymnasien schriftliche Abschlussprüfungen durchgeführt werden oder nicht. Im Vorfeld hatte die EDK bereits bekanntgegeben, dass sie die Absage mündlicher Prüfungen empfehle. Anders sah die Situation für die Berufsschulen aus, wo bereits zuvor landesweit einheitlich entschieden worden war, auf schriftliche Lehrabschlussprüfungen zu verzichten. Auch Trainings im Breiten- und Spitzensport sollten ab dem 11. Mai wieder erlaubt sein.
Um die Auswirkungen der Lockerungen auf die Epidemieentwicklung genau beobachten zu können, plante der Bundesrat ein entsprechendes Monitoring. Die einzelnen Lockerungsetappen sollten mit Schutzkonzepten einhergehen, zudem müssten alle Institutionen über ein auf den Vorgaben des BAG, des SECO oder auf einem Branchenkonzept basierendes Schutzkonzept verfügen. Des Weiteren beschloss die Regierung, auch die Einreisebeschränkungen zu entschärfen; Grossveranstaltungen mit über 1'000 Personen blieben jedoch bis Ende August 2020 weiterhin verboten. Die Kantone wurden zudem aufgefordert, ab dem 11. Mai die flächendeckende Rückverfolgung von Neuinfektionen fortzuführen. Ein ähnliches Ziel verfolgte die SwissCovidApp, eine digitale Applikation mit Bluetooth-Funktechnik, mit der die Benutzerinnen und Benutzer informiert würden, wenn sie sich in der Nähe einer mit Covid-19 infizierten Person befunden haben (Proximity Tracing). Diese gehe Mitte Mai in die Testphase, zudem solle in Kürze auch die gesetzliche Grundlage für ihren ordentlichen Betrieb geschaffen werden, erklärte der Bundesrat. Die eidgenössischen Abstimmungen vom 19. Mai, welche der Bundesrat im März abgesagt hatte, sollten am 27. September 2020 nachgeholt werden. Ferner kündigte er Liquiditätshilfen in der Höhe von maximal CHF 1.9 Mrd. an, um den beiden Fluggesellschaften Swiss und Edelweiss unter die Arme zu greifen.

Mit den ersten Lockerungen einhergehend änderte die BAG-Kampagne «So schützen wir uns» am 30. April ihre Grundfarbe auf Pink. Dennoch wurde betont, dass trotz einiger Zugeständnisse nach wie vor die gleichen Regeln gälten – unter anderem Abstandhalten, Händewaschen und das Niesen in den Ellbogen. Das BAG legte der Bevölkerung ausserdem nahe, eine Maske zu tragen, sollten die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können.

Was die vorläufig auf Eis gelegte Fussballsaison anbelangt, so entschloss der Zentralvorstand des SFV Ende April, dass abgesehen von der Super League, der Challenge League und dem Schweizer Cup der Männer der Spielbetrieb endgültig nicht fortgesetzt werden sollte. Ob und in welcher Form die Saison der beiden höchsten Ligen fortgeführt werden könne, wollte die Swiss Football League nach Anhörung der tangierten Clubs entscheiden.

Nachdem die Frühjahrssession 2020 vor der dritten Woche abgebrochen werden musste, tagten National- und Ständerat vom 4. bis 6. Mai im Rahmen einer ausserordentlichen Session, an welcher in erster Linie Geschäfte im Zusammenhang mit Covid-19 behandelt wurden. Im Zentrum standen dabei die dringlichen Ausgaben zur Bekämpfung der Folgen der Pandemie, etwa für die Corona-Kredite, welche nachträglich von der Bundesversammlung abgesegnet werden mussten. Darüber hinaus beschäftigen sich die Räte aber auch ausführlich mit den Corona-Krediten für die Unternehmen, mit den Massnahmen für die Medien oder mit den Frage nach dem Erlass der Geschäftsmieten.

Da sich Jugendliche und junge Erwachsene aufgrund der gegebenen Umstände bei der Suche nach einer Lehrstelle oder einer Stelle im Anschluss an ihre Ausbildung vor Herausforderungen gestellt sahen, kam es am 7. Mai 2020 zur Gründung einer aus Vertreterinnen und Vertretern der Kantone, der Sozialpartner und des Bundes bestehenden Task Force, welche die Berufsbildung stärken sollte. Tags darauf gab der Bundesrat bekannt, Institutionen der familienergänzenden Betreuung, die wegen der Pandemie Ertragsausfälle erlitten, mit CHF 65 Mio. unterstützen zu wollen. Wie diese Unterstützung genau erfolgen sollte, plante die Landesregierung bis zum 20. Mai in einer entsprechenden Verordnung festzuhalten.

Am 13. Mai liess das EJPD verlauten, dass die Grenzen zu Deutschland, Österreich und Frankreich bis zum 15. Juni 2020 vollständig geöffnet werden sollen, wenn dies mit der epidemiologischen Situation vereinbar sei. Die drei Nachbarländer würden sich zurzeit ebenfalls in der Transitionsphase befinden und verfügten über eine ähnliche epidemiologische Lage wie die Schweiz. Bis dahin sollten für binationale Paare, die nicht verheiratet sind, sowie für «allfällige weitere Personenkategorien» Lösungen entwickelt werden. Gleichentags verkündete das VBS die Unterstützung des Schweizer Sports mit Darlehen in einer Höhe vom CHF 500 Mio.

Auch an der sonst schon einem starken Wandel unterworfenen Medienlandschaft zog die Coronakrise nicht unbemerkt vorbei. Zeitung, Radio und Fernsehen hatten unter anderem einen starken Rückgang an Werbeeinnahmen zu beklagen. Angesichts der zentralen Rolle, die den Medien in einer Demokratie zukomme, stellte der Bundesrat am 20. Mai die Covid-19-Verordnung elektronische Medien vor, in der Radio- und Fernsehveranstaltern finanzielle Soforthilfen in der Höhe von CHF 40 Mio. in Aussicht gestellt wurden. Zeitgleich erliess die Landesregierung eine Notverordnung zur Unterstützung der Printmedien, die finanzielle Sofortmassnahmen im Rahmen von CHF 17.5 Mio. beinhaltete. Weiter beantragte der Bundesrat am 20. Mai CHF 14.9 Mrd. in Form von elf Nachtragskrediten, um die Auswirkungen des Coronavirus auf die Wirtschaft weiter abzudämpfen. Der Löwenanteil von CHF 14.2 Mrd. ging dabei an die ALV.

Eine Woche später – am 27. Mai 2020 – teilte der Bundesrat an seiner Pressekonferenz den bis anhin grössten Lockerungsschritt mit. So sollte das spontane Zusammenkommen von bis zu 30 Personen ab dem 30. Mai 2020 wieder erlaubt sein. Ab dem 6. Juni sollten auch wieder öffentliche Veranstaltungen wie etwa Messen, Theatervorstellungen, Familienanlässe oder politische Kundgebungen mit bis zu 300 Personen stattfinden dürfen. Für denselben Tag wurde zudem die Wiedereröffnung von Bergbahnen, Campingplätzen und anderen Angeboten im Tourismusbereich wie auch für Casinos, Freizeitparks, Zoos, botanische Gärten, Wellnessanlagen und Erotikbetriebe angesetzt. In Restaurants sollte ab dem 6. Juni ausserdem die Gruppengrösse von maximal vier Personen aufgehoben werden, jedoch müssen ab einer Gruppengrösse von vier Personen die Kontaktdaten angeben werden. In Mittel-, Berufs- und Hochschulen sollte ab dem 6. Juni ebenfalls wieder vor Ort unterrichtet werden dürfen, wobei die Kantone über die Umsetzung entscheiden sollten. Der Bundesrat legte der Bevölkerung nahe, weiterhin von zuhause aus zu arbeiten, die Unternehmen dürften jedoch grundsätzlich selbst über die Rückkehr an den Arbeitsplatz bestimmen. Weiter sollten ab dem 8. Juni die Bearbeitung der Gesuche von Erwerbstätigen aus dem EU/EFTA-Raum wieder aufgenommen werden und die Anstellung hochqualifizierter Arbeitnehmerinnen und -nehmer durch Schweizer Firmen wieder möglich sein. Zudem sei für den 6. Juni die vollständige Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit und Reisefreiheit im Schengen-Raum geplant, gab der Bundesrat bekannt.

Am 15. Juni wurden schliesslich die Grenzen zu allen Staaten des EU-EFTA-Raums wieder vollständig geöffnet und auch der Einkaufstourismus, der zuvor verboten worden war, wieder zugelassen. Vier Tage darauf beschloss der Bundesrat, die ausserordentliche Lage zu beenden und stattdessen zur besonderen Lage gemäss Epidemiengesetz zurückzukehren, wofür er die Covid-19-Verordnung 3 verabschiedete. Das Demonstrationsverbot, das zuvor für ausführliche Diskussionen um die Frage der Grundrechte gesorgt hatte, fiel am 20. Juni und ab dem 22. Juni wurden weitere bis anhin herrschende Massnahmen aufgehoben: Unter anderem konnten wieder Veranstaltungen mit bis zu 1'000 Personen stattfinden, der Mindestabstand zwischen zwei Personen wurde von zwei Metern auf 1.5 Meter reduziert und die für Restaurants und Diskotheken geltende Sperrstunde um Mitternacht sowie die Home-Office-Empfehlung wurden aufgehoben. Somit waren zu diesem Zeitpunkt zwar noch immer verschiedene Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft am Laufen, Einschränkungen bestanden jedoch fast keine mehr.

Verlauf und Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Wirtschaftliche und finanzielle Folgen

Anfang 2020 hatte die Swisscom mit Netzausfällen zu kämpfen. Diese Pannen beeinträchtigten auch die Notrufe der Blaulichtorganisationen Feuerwehr, Polizei und Sanität. Um erreichbar zu bleiben, mussten sie «Not-Notfallnummern» einrichten. So konnten zum Beispiel im Februar 2020 Polizei und Sanität in Zürich über eine Stunde lang nur per Mobilfunk kontaktiert werden.
Dies führte zu Kritik von verschiedenen Seiten an der Swisscom, die als Konzessionärin per Gesetz dafür zuständig ist, den Zugang zu den Notrufnummern zu gewährleisten. Theo Flacher von Schutz & Rettung Zürich verlangte die «schonungslose Aufarbeitung der Störungen». Gemäss Blick gab es zudem auch in der Politik Bedenken, ob die Swisscom imstande sei, ihren Grundversorgungsauftrag zu erfüllen. So äusserte sich etwa Edith Graf-Litscher (sp, TG) zu den Vorkommnissen. Es sei nicht hinnehmbar, dass Personen, die sich in einer Notsituation befänden, während mehr als einer Stunde keinen medizinischen Dienst erreichen könnten. Auch die beiden Präsidenten der KVF-NR und KVF-SR, Michael Töngi (gp, LU) und Stefan Engler (cvp, GR) erhoben Kritik und forderten zur Beurteilung der Pannen transparente Daten (Töngi) und dass die Bevölkerung erfahren solle, was hinter den Störungen stecke (Engler).
Urs Schaeppi, CEO der Swisscom, erklärte im Februar 2020, es sei eine Ausfallabsicherung bei Notfallnummern vorhanden. Zusätzlich gebe es eine zweite Rückfallebene. Diese habe in einigen Kantonen bei der letzten Panne einen Ausfall verhindern können. Dennoch seien noch mehr Sicherheiten erforderlich, weshalb man zusammen mit den Notfalldiensten nach Möglichkeiten suche, um zusätzliche «Rettungsschirme ein[zu]bauen». Der Kanton Schwyz plante als Reaktion auf die Störungen den Aufbau von Notfall-Treffpunkten, ausgestattet mit einem sogenannten Polycom-Funksystem. Dabei handelt es sich um ein notstrombasiertes Funksystem, dank dem auch bei Störungen, die das Internet betreffen, Notrufe getätigt werden können. In Folge der Ausfälle musste sich Schaeppi zudem im April vor der GPK-NR erklären. Ferner wollte auch das BAKOM die Ursachen vertieft abklären. Die nationalrätliche Geschäftsprüfungskommission stellte der Swisscom für die Aufarbeitung der Pannen allerdings schliesslich ein gutes Zeugnis aus.
Trotz den aufgegleisten Arbeiten seitens der Swisscom kam es im Mai 2020 erneut zu Störungen im Swisscom-Netz. Diese führten dazu, dass die Rega weder über das Mobiltelefon noch über das Festnetz erreicht werden konnte. Feuerwehr, Sanität und Polizei waren von der Panne hingegen nicht betroffen. Dadurch wurde ein neues Problem ans Tageslicht gebracht: Der Rega kommt im Kommunikationsnetz mit ihrer vierstelligen Rufnummer nicht der gleiche Status zu wie den anderen Blaulichtorganisationen, deren Erreichbarkeit seit neuestem mittels dynamischer Leitweglenkung geregelt wird, die defekte Anschlüsse identifizieren und die Anrufe an erreichbare Stellen übermitteln kann. Ernst Kohler, Chef der Schweizer Rettungsflugwacht, erklärte, man habe sich in der Vergangenheit bereits an das BAKOM gewandt, um eine Status-Gleichstellung bezüglich Kommunikationstechnik zu erreichen, sei allerdings nicht auf offene Ohren gestossen. Anlässlich der Swisscom-Pannen 2020 habe man nun erneut ein solches Gesuch eingereicht.

Panne beim Notruf
Dossier: Notrufe

Im Hinblick auf die stetig steigenden Krankenkassenprämien, vor allem in den französischsprachigen Kantonen, lancierten die Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg eine Offensive für tiefere Krankenkassenprämien. Dabei zielten sie auf verschiedene Änderungen am KVAG ab, mit denen sie Probleme, die in ihren Augen mit der letzten KVAG-Revision geschaffen worden waren, lösen wollten. Dazu zählte insbesondere die Problematik der Krankenkassenreserven. So müssen Krankenkassen Reserven anlegen, die ihre langfristige Zahlungsfähigkeit garantieren sollen. Übersteigen die Kosten der Versicherungen ihre Prämieneinnahmen, wird der Verlust über die Reserven bezahlt, Gewinne fliessen ihrerseits in die Reserven. Bei «übermässigen Reserven» erlaubt das KVAG einen Abbau durch eine Verteilung der überschüssigen Reserven an alle Versicherten einer Krankenkasse respektive eine Rückzahlung eines Teils der Prämien an die Versicherten spezifisch in denjenigen Kantonen, in denen zu hohe Prämien verlangt worden waren. Weder das KVAG noch die KVAV spezifizieren jedoch, was «übermässige Reserven» sind oder schreiben gar einen Reservenabbau vor. Entsprechend forderte eine erste Gruppe von Standesinitiativen der fünf Kantone die ausdrückliche Definition einer maximal erlaubten Reservehöhe und eine Pflicht zum Abbau von zu hohen Reserven. Eine zweite Gruppe zielte auf die Rückerstattung von zu hohen Prämien in einzelnen Kantonen: Zukünftig sollen die Krankenkassen zu hoch festgelegte Prämien über einen Prämienausgleich bei zukünftigen Prämien in demselben Kanton ausgleichen. Die dritte Gruppe von Standesinitiativen widmete sich der Einschränkung der Möglichkeiten der Kantone, sich zu den zukünftigen Prämien zu äussern, und verlangte eine Möglichkeit zur Stellungnahme sowie den Zugang zu den dafür notwendigen Informationen.
In der Zwischenzeit hatte der Bundesrat jedoch eine Änderung der KVAV bekannt gegeben, mit welcher der freiwillige Abbau und die Rückerstattung der Krankenkassenreserven vereinfacht und die Regeln dazu präzisiert werden sollen.
In Übereinstimmung mit der Urheberschaft der verschiedenen Standesinitiativen wurde diese Problematik in den Deutschschweizer Medien kaum aufgenommen, während sie in der Romandie und vor allem im Tessin für grosse mediale Diskussionen sorgte. Demnach betonte etwa 24 Heures, dass die Reserven heute mit CHF 11 Mrd. doppelt so hoch seien, wie rechtlich nötig wäre. Auf das Jahr 2021 hin waren die Krankenkassenprämien im Durchschnitt zwar vergleichsweise schwach angestiegen, erneut verzeichneten die romanischsprachigen Kantone jedoch einen grösseren Anstieg als die Deutschschweizer Kantone. Entsprechend wies Felix Schneuwly, Krankenkassenexperte von Comparis, darauf hin, dass die Kosten zukünftig in allen Prämienregionen hoch genug sein müssten, so dass nicht einzelne Prämienregionen für die zu tiefen Prämien anderer Regionen aufkommen und diese so «finanzieren» müssten. Kritisiert wurde darüber hinaus, dass der Bund bei der Prämienfestlegung zu wenig interveniere und die vorgeschlagenen Prämien einfach akzeptiere. Die Reserven müssten überdies nicht nur angesammelt, sondern tatsächlich auch eingesetzt werden, etwa im Rahmen der Corona-Pandemie: Anstatt dass die Kantone hier für einen Grossteil der Kosten aufkommen müssten, sollten die Krankenversicherungen ihre Reserven für diese unerwartete Notlage einsetzen – schliesslich sei dies ja ihr Zweck. Diesbezüglich betonte Heinz Brand (svp, GR) als Präsident von Santésuisse, dass die Krankenversicherungen ihre Reserven während der Pandemie dafür eingesetzt hätten, dass es nicht zu pandemiebedingten Prämienerhöhungen komme. Allgemein wehrten sich die Krankenversicherungen in den Medien gegen die Pflicht zum Reserveabbau, da man bereits in den letzten Jahren zu tiefe Kostenerwartungen eingereicht habe, um die Prämien tief halten zu können.

Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (Kt.Iv. 21.323, 21.324, 21.325)
Dossier: Krankenkassenreserven
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

Im Durchschnitt stieg die mittlere Prämie der Krankenkassen-Grundversicherung 2020 nur um 0.2 Prozent. Dies stellte den zweitniedrigsten Anstieg seit der Einführung des KVG 1996 dar – auch wenn die Werte aufgrund der Änderung der Berechnungsmethode 2018 nicht direkt mit den Vorjahren vergleichbar sind. Dieser vergleichsweise tiefe Wert wäre an sich eine gute Nachricht, jedoch war man sich in Medien und Politik einig: Um auch zukünftig einen tiefen Prämienanstieg zu verzeichnen, brauche es weitere Massnahmen. Man dürfe jetzt keinesfalls nachlassen, erklärte auch Gesundheitsminister Berset. Es brauche immer wieder neue Massnahmen zur Dämpfung der Kosten, zumal ein gewisses Wachstum aufgrund der Alterung der Gesellschaft und des medizinisch-technischen Fortschritts unausweichlich sei. Dieses Ergebnis zeige aber, dass sich das Kostenwachstum eindämmen lasse. Als Mitgrund für diese Eindämmung erwähnte er explizit den Tarmed-Eingriff sowie die regelmässigen Preisreduktionen bei Medikamenten des Bundesrates seit 2012, mit denen CHF 500 Mio. respektive CHF 1 Mrd. hätten eingespart werden können.
Getrübt wurde die Freude durch die Tatsache, dass sich der Prämienanstieg zwischen Krankenversicherungen, Franchisen, Versicherungsmodellen und zwischen den Kantonen stark unterschied. So sank die mittlere Prämie zwar in zehn Kantonen, in acht Kantonen stieg sie aber gar um mehr als 1 Prozent an. Besonders kritisch war die regionale Verteilung dieser Unterschiede: Während die Prämien in der Deutschschweiz durchschnittlich um 0.15 Prozent anstiegen, nahmen sie in der Romandie um 0.5 Prozent und im Tessin um 2.5 Prozent zu. Den höchsten Anstieg verzeichnete der Kanton Neuenburg mit 2.9 Prozent. «Les Romands perdants», betonte Le Temps in der Folge. Entsprechend schlecht war auch die Stimmung in der Romandie, insbesondere im Kanton Genf, der zusammen mit dem Kanton Basel-Stadt die höchsten Prämien aufweist. Der Genfer Staatsrat Mauro Poggia (GE, mcg) verwies darauf, dass die Reserven der Krankenversicherungen stark angestiegen seien und 2018 mit CHF 9.4 Mrd. rund CHF 4.6 Mrd. höher gewesen seien als gesetzlich vorgeschrieben. Mit diesem Geld hätte man den Prämienanstieg vollständig verhindern können, betonte er. Als «Skandal» bezeichnete auch Jean-Paul Derouette, Präsident der Sektion Romande des Schweizerischen Verbands der Versicherten (Assuas) den Anstieg, zumal die Romands für die kleinen Deutschschweizer Kantone zahlen müssten. Damit verwies er auf den Vorwurf, dass die Krankenversicherungen die überschüssigen Reserven einzelner Kantone zum Ausgleich fehlender Reserven in anderen Kantonen nutzten, wie es der Kanton Genf bereits in einer Standesinitiative angeprangert hatte (Kt.Iv. 17.306). Dem widersprach Santésuisse, die betonte, der Prämienanstieg in den entsprechenden Kantonen sei auf steigende Gesundheitskosten zurückzuführen; so seien zum Beispiel die Gesundheitskosten in Neuenburg zwischen 2017 und 2018 um 4.6 Prozent gewachsen.
Doch nicht nur die ungleiche Verteilung der Prämienanstiege führte zu Kritik. «On paiera cela en 2021», vermutete Mauro Poggia zudem und warf dem Gesundheitsminister vor, die Prämien vor den eidgenössischen Wahlen 2019 absichtlich nicht stärker zu erhöhen – zumal die Krankenkassen gemäss Sorgenbarometer im Jahr 2019 die grösste Sorge der Bevölkerung gewesen seien (in der Tat belegten sie jedoch den zweiten Platz). Auch Nationalrat Samuel Bendahan (ps, VD) stellte in seinem Blog in «Le Temps» einen Zusammenhang zwischen dem geringen Prämienanstieg und den Wahlen fest. Die Tribune de Genève errechnete zudem mit den für die Änderung der Berechnungsart korrigierten Zahlen des BAG, dass in der Tat im Wahlherbst 2007 zum einzigen Mal überhaupt ein Prämienrückgang verzeichnet worden war. Nur in zwei von sechs Fällen seit 1997 hätten die Prämien vor den nationalen Wahlen den langjährigen Durchschnitt übertroffen.

Krankenkassenprämien 2020
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Anfang März 2020 gab das BAG bekannt, dass die Diagnostiktests für den Nachweis des Coronavirus ab sofort von der OKP übernommen und somit von den Krankenkassen vergütet werden. Das bedeutete gleichzeitig, dass darauf auch Franchisen und Selbstbehalt anfallen, wodurch gemäss Medien mehr als die Hälfte der Versicherten die Kosten der Tests (teilweise) selbst bezahlen mussten. Auch die Krankenkassen kritisierten diese Regelung und argumentierten, die Kosten seien Sache der Kantone – gemäss Epidemiengesetz müssen im Epidemiefall die Kantone für die Untersuchungskosten aufkommen –, zudem liege es im öffentlichen Interesse, «dass niemand aufgrund finanzieller Überlegungen auf einen Test verzichtet», wie der Santésuisse-Sprecher ausführte.
Ende April entschied sich der Bundesrat für eine auf dem Epidemiengesetz basierende Regelung: Wenn in erster Linie die Allgemeinheit von einem Test profitiert, also bei leichten Symptomen, sollten neu die Kantone die entsprechenden Kosten übernehmen. Profitieren jedoch vor allem die Erkrankten, also bei schwereren Symptomen, blieben weiterhin die Krankenversicherungen zuständig. Entsprechend fielen für die Betroffenen mit schweren Symptomen auch weiterhin Franchisen und Selbstbehalt ins Gewicht, während Personen mit leichten Symptomen keine Kosten übernehmen mussten. Diese Ungleichbehandlung führte zu einiger Kritik in den Medien, auch die GDK zeigte sich ob der dadurch entstehenden Abgrenzungsschwierigkeiten unzufrieden. Der gesamte Betrag solle über die Krankenkasse abgerechnet, jedoch auf Berücksichtigung der Franchise und die Erhebung des Selbstbehalts verzichtet werden, forderte sie. Auch die SP-Fraktion störte sich am Modell des Bundesrats, weshalb sie diesen mit einer Motion (Mo. 20.3205) aufforderte, die von der Bevölkerung selbst übernommenen Kosten für Coronatests sowohl zukünftig als auch rückwirkend zu übernehmen. Der Bundesrat betonte, dass die gesetzliche Grundlage für eine rückwirkende Übernahme fehle. Ende Juni entschied er aber, dass zur Verhinderung einer zweiten Welle zukünftig mehr und vor allem auch symptomatische Personen, die normalerweise keine Ärztin oder keinen Arzt aufsuchen würden, getestet werden müssen. Da dies der Eindämmung der Epidemie gemäss Epidemiengesetz diene und der Bund in seiner Covid-19-Verordnung 3 entsprechende Regelungen erlassen habe, trage er ab Ende Juni 2020 die Kosten, sofern die getesteten Personen die Testkriterien des BAG erfüllten.

OKP übernimmt Kosten von Diagnostiktests für den Nachweis des Coronavirus
Dossier: Covid-19-Kosten im Gesundheitsbereich

Zur Weihnachtszeit 2019 machte ein Grundlagenpapier des BLV in den Medien von sich Reden, in dem Massnahmen präsentiert wurden, wie der Zuckerkonsum gesenkt werden könne. Gemäss offiziellen Empfehlungen sollte man täglich maximal 50 Gramm Zucker essen, Herr und Frau Schweizer nehmen allerdings durchschnittlich 110 Gramm pro Tag zu sich. Expertinnen und Experten waren sich einig, dass dies mit negativen Folgen wie Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauferkrankungen einhergehe. Das Problem bestehe oftmals darin, dass sich die Konsumentinnen und Konsumenten nicht darüber im Klaren seien, wie viel Zucker tatsächlich in ihren Esswaren stecke, so die durch die Medien befragten Fachpersonen. Das habe unter anderem damit zu tun, dass der Zucker nicht immer klar deklariert werde. Es gebe Produkte, die mit dem Begriff «zuckerfrei» angepriesen würden. In Tat und Wahrheit würden sie aber oftmals Zuckeralkohole beinhalten, die nicht als Zucker angegeben werden müssten. Zudem gebe es neben dem bekannten Haushaltszucker weitere Zuckerarten wie Fructose, Lactose und Maltose, die sich in verschiedenen Produkten versteckten. Um der Problematik zu begegnen, wurden in der Vergangenheit von verschiedenen Seiten Vorschläge eingebracht. Dazu zählten die Forderung nach einer Zuckersteuer, die vom Kanton Neuenburg als Standesinitiative eingereicht worden war, jedoch im eidgenössischen Parlament scheiterte, oder auch das Label «Pace», mit welchem den Konsumentinnen und Konsumenten aufgezeigt wird, wie lange man rennen muss, um die konsumierten Kalorien zu verbrennen. Bislang wurde auf Freiwilligkeit gesetzt. 14 Schweizer Lebensmittelproduzenten hatten in diesem Rahmen die Vereinbarung getroffen, den Zuckergehalt in ihren Lebensmitteln zu reduzieren. Davon betroffen waren zum Beispiel Joghurt und Cerealien. Neu arbeiten die beiden Unternehmen Danone und Nestlé mit einem Ampelsystem namens Nutri-Score. Dieses zeigt mittels fünf Farben den Zucker-, Salz- und Fettgehalt im Vergleich zu beispielsweise Ballaststoffen an. Nestlé plant, innerhalb zweier Jahren alle ihre Produkte damit zu versehen.

Gesellschaftliche Debatte_Zucker und Nutriscore
Dossier: Kennzeichnung von Lebensmittelprodukten

Im Februar 2018 waren für einmal positive Neuigkeiten von der Prämienfront zu vernehmen: Für das Jahr 2017 hatte das Monitoring des BAG einen Rückgang der Leistungen im Bereich «Spital stationär» um 2.8 Prozent pro Person festgestellt. Erste Abklärungen bei den Spitälern und Spitalverbänden trübten die Freude jedoch bereits wieder. Vieles deutete darauf hin, dass diese Reduktion nicht einer Abnahme der Fallzahlen geschuldet, sondern auf das neue Spitalgesetz zurückzuführen war, das nun Wirkung zeigte: Seit Anfang 2017 mussten die Kantone mindestens 55 Prozent der stationären Spitalkosten übernehmen. Dadurch verringerte sich zwar der Anteil der von den Krankenkassen übernommenen und damit für die Prämien relevanten Kosten, stattdessen stiegen aber die von den Steuerzahlenden übernommenen Gesundheitskosten an. Trotzdem erwarteten die Medien aber auch fürs Jahr 2019 steigende Prämien, da das Mengenwachstum im ambulanten Bereich, der vollständig von der OKP übernommen wird, die «Einsparungen gleich wieder wegfresse» – wie es die Aargauer Zeitung formulierte.
Bereits im April 2018 folgte ein weiterer Dämpfer: Das BFS informierte, dass die Gesundheitsausgaben 2016 erstmals CHF 80 Mrd. überstiegen und sich diese daher seit Einführung des KVG 1996 verdoppelt hätten. Die Gesundheitskosten machten somit 12.2 Prozent des BIP oder 803 Franken pro Person im Monat aus. Jahreskosten von über CHF 10'000 pro Kopf prognostizierte die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich weiterhin für die kommenden Jahre. In Übereinstimmung damit zeigte eine Umfrage von Tamedia im Juni 2018, dass die Gesundheitskosten für 70 Prozent der Befragten zu den grössten Sorgen überhaupt gehörten.
Teilweise Entwarnung gab es jedoch im September 2018: Hatte der Krankenkassenverband Santésuisse ein Jahr zuvor noch vor einem starken Prämienanstieg 2019 gewarnt, stiegen die Prämien im Vergleich zum Vorjahr nur vergleichsweise schwach an. Neu gab das BAG nicht mehr die durchschnittliche Prämie bei einer Grundfranchise von CHF 300 mit Unfalldeckung an – mit dieser Messmethode läge der Prämienanstieg bei 2.7 Prozent und damit deutlich unter den durchschnittlichen 4.6 Prozent seit Einführung des KVG –, sondern wies stattdessen die durchschnittliche Prämienerhöhung pro Person über alle Alterskategorien hinweg aus. Diese betrug fürs Jahr 2019 1.2 Prozent und lag damit ebenfalls deutlich unter dem entsprechenden, für alle bisherigen Prämienrunden, berechneten Wert von 3.9 Prozent. Aufgrund einer Entlastung der Versicherer beim Risikoausgleich für junge Erwachsene (19- bis 25-Jährige) sanken deren Prämien durchschnittlich sogar um 15.6 Prozent oder CHF 50 pro Person, während für Erwachsene und Kinder im Jahr 2019 jeweils 2.4 Prozent mehr an Prämien anfielen. Grosse Unterschiede gab es wiederum auch zwischen den Regionen: Während der Anstieg in den meisten Kantonen zwischen 0.5 und 2 Prozent lag und die Prämien in den Kantonen Uri und Appenzell Innerrhoden durchschnittlich sogar leicht sanken, stiegen sie insbesondere in der Romandie und im Tessin stark, teilweise über 3 Prozent, an.
Zurückgeführt wurde der insgesamt unterdurchschnittlich starke Kosten- und Prämienanstieg neben der Umsetzung des Spitalgesetzes auch auf die Änderungen bei Tarmed. Unklar blieb jedoch, wie stark die neuen Tarife des Tarmed die Gesundheitskosten bisher wirklich reduzieren konnten und wie sich dieser Einfluss weiter entwickeln würde.

Krankenkassenprämien 2019
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Im Jahr 2018 mehrten sich Zeitungsberichte zu schwarzen Listen von säumigen Prämienzahlenden. Seit 2012 können Kantone Personen, die ihre Prämien trotz Betreibungen durch die Krankenkassen nicht bezahlten, auf solchen Listen erfassen. Für diese übernehmen die Krankenkassen in der Folge nur noch «Notfallbehandlungen». Anfang 2018 hatten neun Kantone (AG, GR, LU, SG, SH, SO, TH, TI, ZG) solche Listen eingeführt, schweizweit befanden sich darauf 29‘000 Personen.
Anfang 2018 berichteten die Medien, bisher sei keine Wirkung der Listen auf die Zahlungsmoral zu beobachten. So hätten die eingereichten Betreibungsbegehren wegen nicht bezahlter Krankenkassenprämien und die entsprechenden Verluste für die Krankenversicherungen und die Kantone, die 85 Prozent der Kosten übernehmen müssten, auch in Kantonen mit schwarzen Listen in den letzten Jahren zugenommen. Eine Studie des Kantons Zürich zeigte denn auch auf, dass die Prämienausstände in Kantonen mit schwarzen Listen genauso angestiegen waren wie in anderen Kantonen. Franziska Roth (AG, svp), Regierungsrätin des Kantons Aargau, betonte, dass von der Liste kein «durchschlagender Abschreckungseffekt» ausgehe. Stattdessen entstehe Spitälern, Krankenkassen und Kantonen ein hoher administrativer Aufwand. «Die schwarze Liste löst keine Probleme, sie schafft neue», betonte Roth. Der Kanton Thurgau zeigte sich als einziger zufrieden mit dem Instrument. Der Thurgauer Regierungsrat Jakob Stark (TG, svp) betonte, dass eine Untersuchung im Thurgau ergeben habe, dass zwei Drittel der Leute auf der schwarzen Liste keinen Anspruch auf Prämienverbilligung hätten. Es gebe somit mehr Leute, «die nicht zahlen wollen, als solche, die nicht zahlen können», erklärte er und wehrte sich dagegen, dass den Leuten auf der Liste automatisch eine Opferrolle zuteilwerde. Wichtig sei, dass die Behörden wie in seinem Kanton frühzeitig auf die säumigen Prämienzahlenden zugehe und mit ihnen Lösungen suche. So diene die Liste im Kanton Thurgau eher als eine Art «Frühwarnsystem», lobten die Medien.
Auch die Konsequenzen für die Betroffenen wurden in den Medien diskutiert. Da eine Definition des Notfallbegriffs fehle, müssten konkret die Ärztinnen und Ärzte entscheiden, was ein «Notfall» ist. Wegen der ethischen Verantwortung der Ärztinnen und Ärzte und der Aufnahmepflicht für Notfälle habe dies somit keine Nichtbehandlungen zur Folge, berichteten die Medien anfänglich. Dass die Sachlage nicht ganz so einfach war, zeigten Zeitungsberichte im April 2018, als Fälle bekannt wurden, in denen Krankenkassen «den Begriff Notfall sehr eigenwillig interpretier[t]en», wie zum Beispiel Markus Schwendinger vom Kantonsspital Baden berichtete, und unter anderem Geburten oder Krebsfälle nicht als Notfälle anerkannten. In diesen Fällen blieben die Spitäler auf den Kosten sitzen.
Dass ein Platz auf dieser schwarzen Liste drastische Konsequenzen für die Betroffenen haben kann, zeigte schliesslich ein tragischer Fall im April 2018. Eine Krankenkasse hatte einem 55-jährigen HIV-positiven Bündner trotz Warnung der Ärzte die Bezahlung von HIV-Medikamenten und anschliessend, nach Ausbruch der Krankheit, von Aids-Medikamenten verweigert. Der Mann starb kurze Zeit später. Die Krankenkasse verteidigte ihr Vorgehen damit, dass ein Notfall als «akuter, lebensbedrohlicher Zustand» definiert sei, was in diesem Fall jedoch nicht vorgelegen habe. Dieser Fall führte zu einiger Aufruhr in den Medien. Die Schweiz steuere auf eine Zweiklassenmedizin zu, wurde kritisiert. Die schwarze Liste gefährde die medizinische Grundversorgung der wirtschaftlich und sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen, schrieb etwa die Solothurner Regierung und betonte, die Krankenversicherungen würden als Einzige von dieser Regelung profitieren, da sie von den Kantonen 85 Prozent der ausstehenden Kosten zurückerstattet erhielten und in der Folge nur noch die Notfallbehandlungen übernehmen müssten. Doch auch die Krankenversicherer zeigten sich in den Medien von den schwarzen Listen wenig begeistert, da für sie ein zusätzlicher Aufwand entstehe.
Im Mai 2018 folgte erstmals ein Gerichtsurteil zur Notfalldefinition im Zusammenhang mit schwarzen Listen. Darin urteilte das Versicherungsgericht St. Gallen, die Krankenkasse Assura habe eine Zahlung für eine Geburt zu Unrecht nicht übernommen. Die Versicherung hatte den Verzicht damit begründet, dass eine Geburt planbar sei und somit keinen Notfall darstelle. Das Kantonsspital St. Gallen hatte die Versicherung in der Folge verklagt. Das Gericht definierte den Begriff der «Notfallbehandlung» deutlich breiter, als es die Versicherung getan hatte. Ein Notfall liege vor, «wenn dem Medizinalpersonal eine Beistandspflicht zukommt» und eine Person umgehend Hilfe brauche, weil ihre Gesundheit sonst ernsthaft beeinträchtigt werden könnte. Zentral sei somit, wie die Ärztinnen und Ärzte die Situation einschätzten. Das Gericht wies überdies darauf hin, dass es einer einheitlichen Definition eines Notfalls bedürfe, weil sonst gegen das Gleichbehandlungsgebot verstossen werde.
Diese Entwicklungen hatten auch politische Folgen. Im Juni 2018 reichte Angelo Barrile (sp, ZH) eine Motion zur ersatzlosen Streichung der schwarzen Listen aus dem KVG ein, einen Monat später verlangte die SGK-NR in einer Motion eine Pflicht für die Kantone, den Artikel zu den schwarzen Listen um eine Definition des Begriffs «Notfall» zu ergänzen. In verschiedenen Kantonen wurden die schwarzen Listen jedoch gänzlich in Frage gestellt; Graubünden und Solothurn schufen sie im Laufe des Jahres 2018 wieder ab.

Öffentliche Debatte zu den schwarzen Listen für säumige Prämienzahlende (2018)
Dossier: Schwarze Liste für säumige Prämienzahlende

Nachdem die Zeckendichte 2018 in der Schweiz besonders hoch ausgefallen war, erklärte der Bund Ende Jahr neu die gesamte Schweiz – ausgenommen die Kantone Genf und Tessin – zum Risikogebiet, worauf das BAG eine schweizweite Impfempfehlung erliess. Zecken sind für die Gesundheit der Menschen insofern gefährlich, als sie die beiden Infektionskrankheiten Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME-Virus), welche zu Hirnhauentzündung führt und tödlich sein kann, übertragen. 2018 verzeichnete das BAG mit 380 Fällen 40 Prozent mehr virale Gehirnhautentzündungen als im Vorjahr.
Während die nicht immunisierbare Borreliose mit Antibiotika behandelt werden kann, dient eine Impfung zur Prävention von Hirnhautentzündungen. Dazu sind drei Impfdosen erforderlich, welche insgesamt rund CHF 200 kosten und alle zehn Jahre erneuert werden sollten. Zurzeit seien nur etwa dreissig Prozent der Schweizer Bevölkerung geimpft, erklärte Mark Witschi, Leiter der Sektion Impfempfehlung des BAG. Man erhoffe sich jedoch durch die schweizweite Impfempfehlung, dass die Anzahl Ansteckungen abnehme.
Zwar ist dem St. Galler Tagblatt zufolge die Unfallversicherung für die Übernahme der Kosten bei den Folgen eines Zeckenbisses verantwortlich, die Kosten der Impfung wurden bisher allerdings durch die OKP getragen, wenn die geimpfte Person in einem Risikogebiet wohnte oder sich in einem solchen aufhielt. Die Ausweitung des Risikogebietes auf die gesamte Schweiz hatte somit zur Folge, dass ab 2019 Zeckenimpfungen landesweit von der Krankenversicherung übernommen werden mussten. Gemäss Witschi sollten dabei aber keine Kosten für die Krankenkassen anfallen, da ein Grossteil der Kosten für die Impfung von den Patientinnen und Patienten im Rahmen der Franchise übernommen würde.

schweizweite Zeckenimpfempfehlung

Anlässlich der Heilmittelgesetzrevision ging Swissmedic dem Auftrag des Bundesrates nach, die Selbstmedikation und den Arzneimittelzugang zu lockern, indem die Abgabekategorie E – Arzneimittel, die ohne Fachberatung abgegeben werden dürfen – erweitert wurde. Bisher waren 146 Medikamente im Detailhandel erhältlich. Von den 540 Arzneimitteln, die eine externe Kommission untersuchte, wurden 94 Medikamente neu der Kategorie E zugeteilt und somit für den Verkauf im Detailhandel freigegeben. Zugelassen wurden in erster Linie Tee und Hustenpastillen, homöopathische Mittel hingegen nicht. Ab April 2019 soll die Umstellung stattfinden.
Nicht glücklich über diesen Entscheid zeigten sich die Migros und der Konsumentenschutz. Der Grossist, welcher unter anderem pflanzlich basierte Magendarmmittel, Erkältungsbäder und Beruhigungsmittel in das Sortiment aufnehmen wollte, kam mit seinem Anliegen nicht durch. Er äusserte den Vorwurf der Kartellbildung seitens der Pharmavertretung, Ärzte, Homöopathen, Apotheker und Drogisten gegenüber dem Detailhandel und hinterfragte die Unabhängigkeit von Swissmedic. Schüfe man gleiche Voraussetzungen wie in Deutschland, so könnten die Medikamentenpreise um zwanzig Prozent gesenkt werden. Sara Stalder, die Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes meinte gar, die Preise in der Schweiz seien im Vergleich zu denjenigen in Deutschland aufgrund des fehlenden Wettbewerbs zwischen fünfzig und hundert Prozent höher. Swissmedic wehrte sich gegen die Aussagen der Migros. Die Vorgaben zur Einteilung der verschiedenen Abgabekategorien stammten vom Gesetzgeber. Arzneimittel dürften nur in der Selbstbedienung abgegeben werden, wenn sie keine fachliche Beratung erforderten und die Patientinnen und Patienten nicht gefährdeten. Überdies sei die Expertenkommission breit abgestützt gewesen.
Während der Migros-Konkurrent Coop, welcher die Apothekenkette Vitality führt, keine Stellung nahm, gab es eine erste Reaktion seitens der Politik. Ruedi Noser (fdp, ZH) reichte eine Motion (Mo. 18.4193) ein, welche es Detailhandelsgeschäften erlauben will, zusätzliche rezeptfreie Medikamente zu verkaufen.
Die Erweiterung der Kategorie E ist nicht das einzige Resultat der Heilmittelgesetzesrevision: Ferner wurde die Kategorie C aufgehoben und 15 Prozent der Kategorie D in die Kategorie B umverteilt.

Medikamente im Detailhandel

Im April 2018 schlug die Debatte um die Franchisen speziell hohe Wellen, nachdem die CEO der Krankenversicherung CSS, Philomena Colatrella, in einem Interview mit dem SonntagsBlick vorgeschlagen hatte, neben anderen Massnahmen auch eine Erhöhung der Mindestfranchise auf CHF 5'000 bis CHF 10'000 zu prüfen. Dadurch würden die Prämien stark sinken – gemäss ersten Schätzungen auf CHF 170 pro Monat und Person –, wodurch bei der Prämienverbilligung Gelder frei würden, um die sozial Schwächeren bei der Bezahlung der Kosten innerhalb der Franchise zu unterstützen. Dadurch würde die Eigenverantwortung gestärkt, wodurch wiederum die Gesundheitskosten sinken würden, erklärte Colatrella. Dieser Vorschlag sorgte bei zahlreichen Akteurinnen und Akteuren der Gesundheitspolitik für Aufruhr: Eine solche Erhöhung könne sich kaum jemand leisten, war der Tenor. Für Patientenschützerin Susanne Hochuli würde dieser Vorschlag das Ende des heutigen Kassensystems darstellen, weil die Kosten der sozialen Abfederung nicht mehr durch die Prämiengelder bezahlt würden. Barbara Gysi (sp, SG) befürchtete eine zusätzliche Belastung der sozial Schwächeren und Heinz Brand (svp, GR) prognostizierte gar einen Volksaufstand. Neben der breiten Kritik wurden aber auch verständnisvolle Stimmen laut, die eine umfassende Diskussion über alternative Modelle forderten.

Gleichzeitig beschäftigte sich im Jahr 2018 auch die Politik ausführlich mit dem Thema der Franchisen. So wurden 2018 neun Geschäfte zu diesem Thema beraten. Der Nationalrat stimmte drei Motionen der FDP.Liberalen-Fraktion zu, gemäss denen die Franchisen zukünftig regelmässig angepasst werden (Mo. 16.3110) und die Maximal- (Mo. 16.3111) und Minimalfranchise (Mo. 16.3112) erhöht werden sollen. Gehör im Nationalrat fanden auch eine Motion Landolt (bdp, GL; Mo. 16.3084) zur Anpassung der ordentlichen Franchise der OKP von CHF 300 auf mindestens CHF 400 sowie eine parlamentarische Initiative Borer (svp, SO; Pa.Iv. 15.468) für eine Verlängerung der Vertragsdauer bei besonderen Versicherungsformen wie Wahlfranchisen von einem auf drei Jahre. Einer Forderung der SGK-SR zur Beibehaltung der Maximalrabatte bei allen Wahlfranchisen (Mo. 17.3637) stimmte der Ständerat zu. Damit wollte er verhindern, dass der Bundesrat die Maximalrabatte der mittleren Franchisen anpasst, wie ein Bericht zuvor gefordert hatte. Einer ähnlichen Forderung bezüglich der Anzahl Franchisenstufen (Motion Weibel (glp, ZH; Mo. 15.4222)) stimmte die kleine Kammer ebenfalls zu. Lediglich eine Motion Stöckli (sp, BE; Mo. 17.3771) mit der gegensätzlichen Forderung, wonach der Maximalrabatt der Wahlfranchise über CHF 500 von 70 auf 80 Prozent hätte erhöht werden sollen, lehnte er ab. Die Botschaft für eine regelmässige Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung (BRG 18.036) legte der Bundesrat ebenfalls 2018 vor: Damit soll das Verhältnis zwischen Franchisen und Bruttokosten für die OKP bei 1:12 fixiert werden; steigen die Kosten auf das Dreizehnfache der Franchise, müsste diese erhöht werden.

Mediale und politische Debatte zum Thema Franchisen im Jahr 2018
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Im Nachgang zur Änderung des Tarmed, die am 1. Januar 2018 in Kraft trat, zeigten sich verschiedene Gruppierungen von ambulanten Ärztinnen und Ärzten – zum Beispiel Gynäkologen und Orthopäden – unzufrieden, da ihre ambulanten Tarife reduziert worden waren. In Genf entschieden sich die Handchirurgen gar, ab dem 1. Januar für fairere Abgeltungen ihrer Arbeit zu streiken, und führten vorerst keine nicht dringlichen Operationen mehr durch. Zum Beispiel solle eine Karpaltunneloperation neu statt CHF 177 noch CHF 105 – und somit weniger als ein Haarschnitt, wie Stéphane Kämpfen, Präsident der Gruppe der Handchirurgen betonte – kosten. Dadurch würden sie mit solchen Operationen Verluste erzielen, argumentierten die Chirurgen; zudem seien solche Tarife schon fast eine Beleidigung ihrer Arbeit. Der Streik dauerte bis zum 1. März 2018: Nach langen Verhandlungen standen die Genfer Handchirurgen kurz vor einer Einigung mit Santésuisse für eine neue nationale Vergütung von fünf Behandlungen, so dass das Tarmed in diesen Bereichen nicht zur Anwendung gelangen würde. Da das KVG den Kantonen die Möglichkeit gebe, mit den Tarifpartnern – den Ärztinnen, Ärzten und Krankenversicherungen – entsprechende eigene Übereinkommen zu treffen, könne der Bundesrat diese Änderung nicht verhindern, betonte die Tribune de Genève.

Revision des TARMED
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

En marge de la conférence nationale Santé 2020, dont l’objectif était de trouver des pistes afin de réduire les coûts de la santé, le conseiller fédéral Alain Berset a pointé du doigt les salaires de certains médecins spécialistes. Il a réagi suite à l'annonce du conseiller d'Etat Mauro Poggia (GE, mcg), selon laquelle les revenus annuels estimés des chirurgiens seraient proche du million. Alain Berset juge cette situation inadmissible vis-à-vis des patientes et patients qui paient des primes. Jean-Marc Heinicke, président de l'Ordre des chirurgiens genevois, a réfuté en rappelant que les spécialistes exerçant dans des cliniques privées ne participaient pas à la hausse des coûts de la santé et que le chiffre avancé était «fantaisiste».
Les jours suivants, les organisations des médecins ont contesté que les médecins étaient les responsables de la perpétuelle hausse des primes de l’assurance maladie obligatoire. Sur le plateau de l'émission Infrarouge, Pascal Strupler, directeur de l'Office fédéral de la santé publique (OFSP) a précisé qu'il y avait 140 médecins spécialistes qui gagneraient un revenu avoisinant 850'000 francs sur le compte de l'assurance-maladie obligatoire (LaMal).
Cette polémique fait surtout ressortir le manque de transparence, également dénoncé par Alain Berset, concernant les salaires des médecins. La Confédération a toutefois lancé plusieurs projets en parallèle pour contrer l'absence de collectes et de statistiques publiques actuelles, ainsi que pour que soient apportés des éclaircissements y relatifs. Avec ce débat public, il est possible que le monde politique et l’opinion publique réclament à l’avenir davantage de transparence en matière de salaires des médecins.

Polémique sur les salaires des médecins

Wie bereits im Vorjahr hörte man auch im Jahr 2017 viele Stimmen, die sich ob dem Prämienanstieg fürs Jahr 2018 besorgt zeigten. Unter anderem prognostizierte die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich im Juni 2017 einen Anstieg der Gesundheitskosten auf über CHF 10'000 pro Person und Jahr. Nach der Ankündigung eines Eingriffs des Bundesrats bei Tarmed verbesserten sich im August 2017 jedoch die Prognosen. Durch die Änderungen im Tarmed könne man CHF 470 Mio. pro Jahr einsparen, erklärte Gesundheitsminister Berset. Da Letzterer zudem die Krankenversicherer anhielt, diese Einsparungen bereits in den Prämien fürs Jahr 2018 zu berücksichtigen, ging man davon aus, dass diese um 1.5 Prozent weniger stark steigen würden als ohne den Eingriff. Der Krankenkassenverband Curafutura rechnete entsprechend mit einem Prämienanstieg zwischen 2.5 und 3.5 Prozent anstelle von 4 bis 5 Prozent. Anders sah dies der Krankenkassenverband Santésuisse. In einem Brief an den Gesamtbundesrat nannte er das Vorgehen des BAG «gefährlich»; es sei unklar, ob es wirklich zu Einsparungen in dieser Höhe kommen würde. Denn beim ersten Tarmed-Eingriff des Bundesrats 2014 hätten die Leistungserbringer die Kürzungen durch Mengenausweitung oder Verrechnung auf andere Positionen kompensiert. Zudem gebe es keine gesetzliche Grundlage dafür, allfällige zukünftige Kosteneinsparungen bei der Prämienberechnung zu berücksichtigen. Insgesamt befürchtete Santésuisse, dass die Prämien 2018 zu niedrig festgelegt würden und es so 2019 zu einem starken Prämienanstieg kommen würde. Dann müssten einige Versicherte aufgrund der Neueinteilung der Prämienregionen sowie wegen tieferer Rabatte bei der höchsten Franchise mit einem Prämienanstieg von bis zu 20 Prozent rechnen.
Kurz vor Bekanntgabe der Prämien für das nächste Jahr präsentierte Santésuisse überdies die Kosten der OKP. Diese betrugen fürs Jahr 2016 CHF 31.7 Mrd. und waren um 3.8 Prozent angestiegen, was wie im Vorjahr vor allem auf das Kostenwachstum im spitalambulanten Bereich (8%) und bei den Medikamentenpreisen zurückzuführen war.
Ende September verkündete Bundesrat Berset schliesslich, dass die Prämien für die Grundfranchise von CHF 300 mit Unfalldeckung durchschnittlich um 4 Prozent und damit unterdurchschnittlich (4.6%) stark steigen würden. Grosse Unterschiede zeigten sich insbesondere zwischen den Sprachregionen: In der Romandie stiegen die Prämien deutlich stärker als in der Deutschschweiz, die höchsten Zunahmen waren denn auch in französisch- oder zweisprachigen Kantonen festzustellen (Waadt: 6.4%, Wallis: 5.9%, Genf: 5.4%, Neuenburg: 5.4%). Deutliche Worte fand diesbezüglich vor allem der Waadtländer Gesundheitsdirektor Pierre-Yves Maillard (VD, sp), der die Schuld am Anstieg der Gesundheitskosten bei der Bundespolitik sah. Insbesondere die neue Spitalfinanzierung mit Einführung von Fallpauschalen und freier Spitalwahl, aber auch die Aufhebung des Zulassungsstopps hätten katastrophale Auswirkungen auf die Gesundheitskosten gehabt.
Neben den regionalen Unterschieden sorgten vor allem auch die steigenden Kosten für Familien für Schlagzeilen. So wuchsen die Prämien für Kinder erneut besonders stark – um durchschnittlich 5 Prozent –, diejenigen für junge Erwachsene um 4.4 Prozent.

Krankenkassenprämien 2018
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Seit der sogenannten «Kasachstan-Affäre» waren einige Monate vergangen und im Parlament schien das Thema Lobbying im Jahr 2017 – mit Ausnahme einer parlamentarischen Initiative Berberat (sp, NE) mit der Forderung nach transparenterem Lobbying, die von den Räten wie eine heisse Kartoffel hin- und hergeschoben wurde – an Priorität verloren zu haben. Dies sah in der gesellschaftlichen Debatte allerdings etwas anders aus.

Im Frühling sorgte eine Idee von Pierre-Yves Maillard (VD, sp) und Mauro Poggia (GE, mcg) für Schlagzeilen. Die beiden Regierungs- und ehemaligen Nationalräte wollten mit einer Volksinitiative dafür sorgen, dass Parlamentsmitglieder nicht mehr im Verwaltungsrat einer Krankenkasse sitzen oder anderweitig mit einer solchen verbunden sein dürfen. Damit sollten die steigenden Krankenkassenprämien gebremst werden. Die Idee stiess bei betroffenen Parlamentsmitgliedern auf Gegenwehr: Konrad Graber (cvp, LU), Verwaltungsrat der CSS, und Heinz Brand (svp, GR), Präsident des Krankenkassen-Dachverbandes Santésuisse, hielten die Idee für nicht zielführend. Es handle sich um eine «Verunglimpfung der Krankenkassen», gaben sie der Luzerner Zeitung zu Protokoll. Die Unterschriftensammlung für das Begehren wurde im Oktober 2017 gestartet.

Mitte März legte die Staatengruppe gegen die Korruption (Greco), bei der die Schweiz seit 2006 Mitglied ist, einen Bericht vor, der mehrere Schwachstellen im Schweizer Lobbyismussystem aufzeigte und Empfehlungen abgab. Unter anderem sollten Parlamentsmitglieder verpflichtet werden, bei Ratsverhandlungen Interessenkonflikte aktiv offenzulegen. Das Register der Interessenbindungen reiche nicht aus. Zudem müssten finanzielle Interessen von Parlamentarierinnen und Parlamentariern transparent gemacht werden. Dies ist in der Schweiz nach wie vor freiwillig. Die Organisation Lobbywatch veröffentlichte eine Liste, mit der aufgezeigt wurde, dass lediglich 37 Parlamentsmitglieder die Einkünfte aus ihren Mandaten vollständig deklarierten.

Eine Analyse von Forschern der Universitäten Lausanne und Genf um André Mach wurde Mitte Mai von der Sonntags-Zeitung breit aufgemacht. Erstens zeigten die Daten, dass sich die relevanten Interessenbindungen von Parlamentsmitgliedern zwischen 1992 und 2015 mehr als verdoppelt hatten, zwischen 2007 – seit dann müssen auf der Basis des 2002 revidierten Parlamentsgesetzes alle Interessenbindungen obligatorisch angegeben werden – und 2015 haben sie um 20 Prozent zugenommen. Für die Analyse gilt eine Verbindung dann als relevant, wenn ein Mandat einem Sachgebiet zugeordnet werden kann, zu dem das Parlamentsmitglied einen Bezug hat, etwa weil es in einer entsprechenden Kommission sitzt. Zugenommen haben laut der Studie insbesondere Verbindungen zu Interessenverbänden, welche die Parlamentarierinnen und Parlamentarier für Sitzungen, die laut Sonntags-Zeitung auch in Sitzungszimmern im Bundeshaus selber stattfanden, mit «vielen Tausend Franken pro Jahr» entschädigten – der Sonntags-Blick sprach von CHF 20'000 für vier Sitzungen, die Parlamentsmitglieder etwa von der Groupe Mutuel erhalten haben sollen. Der Austausch von Expertenwissen sei zwar für Milizparlamentarier wichtig, allerdings sei nicht klar, weshalb dies entlohnt werden müsse, fragte die Sonntags-Zeitung rhetorisch. Die Zunahme der Bindungen könne freilich durchaus auch als Zeichen für mehr Transparenz gelesen werden, befanden die Forscher. Früher habe Interessenvertretung eher informell und im vorparlamentarischen Prozess stattgefunden. Heute sei die Einflussnahme während des parlamentarischen Prozesses wohl auch aufgrund des grösseren Parteienwettbewerbs wichtiger und werde hier auch etwas transparenter.
Eine Analyse der NZZ, die auf den gleichen Daten des «Observatoriums der Schweizer Eliten (Obelis)» beruhte, brachte ein weiteres Argument für ein zunehmend professionalisiertes Lobbying ins Spiel. Die Zeitung zeigte auf, dass sich die Wirtschaft in den letzten 60 Jahren stark von der Politik entflechtet habe. Vor 60 Jahren habe jedes vierte Parlamentsmitglied ein Spitzenamt in der Wirtschaft belegt, was heute nicht mehr so sei. Die Überlegung liegt nahe, dass das damalige unmittelbare Lobbying durch eine stärker mittelbares und organisierteres abgelöst wurde.

Auf Antrag von Thomas Minder (parteilos, SH) wurde in der Sommersession 2017 von den Parlamentsdiensten eine «Lobbyistenzählung» durchgeführt, wie dies der «Blick» betitelte. Zugang zum Parlament erhält, wer einen der beiden Dauerzutrittsausweise (Badges) besitzt, die jedes Parlamentsmitglied vergeben darf, oder wer einen Tagesausweis erhält, der ebenfalls von Parlamentsmitgliedern ausgestellt werden kann. Während der 11 Tage der Sommersession wurden 127 Lobbyierende mit Dauerzutritt und 386 mit Tagesausweis gezählt. Während die einen die Zahl als «an der oberen Grenze» beurteilten (Pirmin Bischof; cvp, SZ), fanden Lobbyistenkreise die rund 50 Personen pro Tag angemessen (z.B. Andreas Hugi; CEO eines Beratungsbüros). Zu reden gab aber die hohe Zahl an Tageskarten. Damit würden die Transparenzregeln unterlaufen, befürchtete Didier Berberat in der Zeitung Le Temps.

Dass Interessengruppen gezielt auf Kommissionsmitglieder zugehen, zeigte eine Mitte Juli 2017 veröffentlichte Untersuchung des Sonntags-Blick zur Gesundheitspolitik. Allerdings – so das Sonntagsblatt – seien es nicht so sehr die Krankenkassen, sondern die Ärzte, Spitäler und Patientenorganisationen sowie die Pharmaindustrie, die viele Mandate vergeben hätten. «Die Genossen mit den Ärzten, die Liberalen mit der Pharma, die CVP mit allen» fasste der Sonntagsblick den Befund zusammen, «wer mit wem im Krankenbett» stecke.

Lobbying aus gesellschaftlicher Perspektive (2017)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Das Kostenmonitoring des BAG zeigte für das erste Quartal 2016 einen Kostenanstieg in der Grundversicherung um 7.7 Prozent; in der Folge kamen bereits im Mai 2016 erste Befürchtungen auf, wonach 2017 kein gutes Prämienjahr werden würde. Im weiteren Verlauf des Jahres wurden entsprechend immer mehr Stimmen laut, die eine starke Prämienerhöhung prognostizierten. Im September 2016 erwies sich die Prämiensituation jedoch weniger schlimm als erwartet: Die Prämien für Erwachsene mit einer Standardfranchise von CHF 300 und Unfalldeckung stiegen durchschnittlich um 4.5 Prozent, 0.1 Prozent weniger als im langjährigen Durchschnitt und deutlich weniger als befürchtet worden war. Einiges stärker legten hingegen die Prämien bei höheren Franchisen (5.8 Prozent), für junge Erwachsene zwischen 19 und 25 Jahren (5.4 Prozent) und insbesondere für Kinder (6.6 Prozent) zu. Gerade Letzteres sorgte für viel Kritik: Dadurch steige die Belastung für Familien deutlich, wurde vielfach moniert. Gesundheitsminister Berset bedauerte diese Entwicklung, wies aber darauf hin, dass die Gesundheitskosten für Kinder stark gewachsen seien – von rund CHF 500 (1997) auf über CHF 1'000 (2015) pro Jahr. Da die Kinderprämien die entsprechenden Kosten nicht mehr gedeckt hätten, sei der sprunghafte Anstieg nötig geworden. Grosse Unterschiede sowohl in der Zunahme als auch in der tatsächlichen Prämienhöhe zeigten sich einmal mehr bezüglich Kanton und Wohnort, der Krankenversicherung sowie dem Versicherungsmodell. Mit über sieben Prozent war die Zunahme in den Kantonen Jura (7.3%) und Glarus (7.1%) besonders hoch, mit etwas über drei Prozent in den Kantonen Bern (3.5%) und Aargau (3.6%) hingegen besonders tief.
In der Folge diskutierten die Medien über mögliche Gründe für diesen Anstieg und beriefen sich auf eine Studie des BAG. Diese hatte kurz zuvor aufgezeigt, dass der Kostenanstieg vor allem auf eine zunehmende Inanspruchnahme von ambulanten Diensten von Spitälern sowie von Leistungen von Spezialärztinnen und -ärzten zurückzuführen sei. So sei die Anzahl Patienten im spitalambulanten Bereich zwischen 2009 und 2015 um 34 Prozent angestiegen und da Hausärztinnen und Hausärzte dieselben Leistungen billiger erbringen könnten als Spitäler, habe das einen grossen Effekt auf die Prämien. Zudem seien die Haus- und Kinderärzte bessergestellt worden, was die OKP weitere CHF 200 Mio. gekostet habe, schrieb die Sonntagszeitung. Gleichzeitig hätten Tarifkürzungen bei den Spezialärzten kaum zu Kosteneinsparungen geführt. Erstmals wurden zudem die Negativzinsen als Kostenfaktor angeführt: Diese hätten sich negativ auf die Reserven der Krankenversicherer ausgewirkt. Dass die Kapitalanlagen der Krankenversicherer zudem kaum Anlagerendite abwarfen, habe die Prämiensituation auch nicht verbessert.

Krankenkassenprämien 2017
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Die «Kasachstan-Affäre» von 2015 hatte dafür gesorgt, dass das Thema «Lobbying» auch 2016 häufig Gegenstand von Diskussionen und Medienberichten war. Ins Visier gerieten Anfang Jahr die Vertreter der Krankenkassen. In einem Interview im Blick nannte Pierre-Yves Maillard (VD, sp), Gesundheitsdirektor im Kanton Waadt und ehemaliger Nationalrat für die SP, Ignazio Cassis (fdp, TI) als Beispiel einer Verfilzung, die vor dem Hintergrund steigender Gesundheitskosten nicht angehe: Cassis sei gleichzeitig Präsident der FDP-Fraktion, der SGK-NR und des Krankenkassenverbandes Curafutura. Der Blick kolportierte, gestützt auf das St. Galler Tagblatt, dass Cassis für sein Mandat als Krankenkassenvertreter CHF 180'000 erhalten soll. Der Tessiner Nationalrat wehrte sich tags darauf in der Boulevardzeitung und erklärte, dass sein Mandat nicht von seiner Funktion als Politiker abhänge.
Die fünf Stände- und die zwölf Nationalräte, die Le Matin als Gesundheitslobbyisten auswies, dürften nicht von Krankenkassengeldern subventioniert werden, so auch die Meinung von Roger Nordmann (sp, VD), die er in einem Interview mit LeTemps kundtat. Es müsse eine ähnliche Regelung gefunden werden wie für die Chefs der öffentlichen Betriebe (SBB, Post, Swisscom), die seit 2008 nicht mehr gleichzeitig Vorsteher dieser Unternehmen sein und ein Parlamentsmandat haben dürfen. Die Krankenkassen erbrächten mit dem obligatorischen Teil sehr wohl Service Public-Leistungen und es dränge sich deshalb ein Analogismus auf. Die BaZ präsentierte dann allerdings Mitte August eine Auswertung, die zeigte, dass die Leistungserbringer (v.a. Spitäler), aber auch die Patientenorganisationen und die Pharmaindustrie über mehr Interessenvertreterinnen und -vertreter im Parlament verfügten als die Krankenversicherer.

Zahlreiche Medien interessierten sich zudem stark dafür, an wen welche Parlamentarierinnen und Parlamentarier ihre Badges, also die beiden Zugangsberechtigungen zum Bundeshaus, abgaben. Im Parlament selber wurden Vorstösse lanciert, die dieses umstrittener werdende System regeln wollten. Das St. Galler Tagblatt rechnete aus, dass rund 100 Parlamentsmitglieder ganz auf die Vergabe der Zugangsberechtigungen verzichteten und schrieb dies den virulenter werdenden Diskussionen um Lobbying zu. Auch die NZZ, die entsprechende Zahlen präsentierte – 61 Parlamentarierinnen und Parlamentarier hätten einen und 123 Mitglieder des Parlaments beide Badges vergeben –, schrieb die zunehmende Zurückhaltung den Auswirkungen der Kasachstan-Affäre zu. Allerdings seien mehr Zutrittsberechtigungen für Gäste beantragt worden als früher.

Im März präsentierte die NZZ auch eine Auswertung des Registers der Interessenbindungen, das die von Parlamentarierinnen und Parlamentariern obligatorisch offenzulegenden Mandate erfasst. Die grösste Lobby – so die NZZ – hätten Hilfswerke und Non-Profit-Organisationen, gefolgt von Vertretungen der Kultur-, Medien- und Telekommunikationsinteressen, den Lobbyisten für Industrie- und Energiebetriebe, der Bauwirtschaft sowie dem Gesundheitssektor. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung hätte die Landwirtschaft hingegen nicht viele Vertreterinnen und Vertreter im Parlament. Nur die Arbeitnehmerorganisationen seien noch schlechter vertreten. Die Zeitung wies auch die durchschnittliche Anzahl Mandate pro Fraktion auf. Die FDP stand hier mit 10.6 Mandaten an der Spitze, gefolgt von der CVP (9.7 Mandate pro Person), der SP (7.3 Mandate), den Grünen (6.3 Mandate) und der SVP (6.1 Mandate).

Häufig in die Schlagzeilen geriet 2016 auch der Dachverband der Lobbyisten, die Schweizerische Public-Affairs-Gesellschaft (SPAG). Die 2014 von der Gesellschaft eingeführten Transparenzregeln verlangten die transparente Offenlegung von Arbeit- und Auftraggebern für alle Mandate. Verbandsintern tobte ein Streit, ob diese Regeln wieder aufgeweicht werden sollten. Die Verbandsspitze drohte allerdings einigen Mitgliedern, die den Regeln nicht nachkommen wollten, mit Ausschluss. Eine Drohung, die sie im Juli umsetzte, um den Regeln Nachdruck zu verleihen. Dies brachte ihr Lob vom Datenschützer Hanspeter Thür ein, der kritisierte, dass sich jetzt auch die Politik endlich für mehr Transparenz einsetzen müsse. Im Dezember gab die SPAG bekannt, dass ab 2017 eine verbindliche Offenlegungspflicht gelte, damit ein offizielles Berufsregister umgesetzt werden könne.

Lobbying aus gesellschaftlicher Perspektive (2016)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Im Jahr 2016 wurde das Thema der Interessenbindungen der Parlamentsmitglieder zu Krankenkassen erneut diskutiert. Nachdem man bereits den Chefs der bundesnahen Betriebe SBB, SRG, Post und Swisscom die Einsitznahme im Parlament verboten habe, müsse dies nun auch für Kassenvertreter gelten, äusserten sich der waadtländische Gesundheitsdirektor Maillard (VD, sp) und welsche Parteikollegen in der Presse. Der stark regulierte Krankenversicherungsmarkt, auf dem Versicherungszwang herrscht und die Kassen eine staatliche Aufgabe erfüllen, lasse diese Analogie zu. Eine Machtkonzentration wie bei FDP-Bundeshausfraktionschef Cassis (TI), der zusätzlich zu seinem Parteiamt Präsident der Kommission für Gesundheit und soziale Sicherheit des Nationalrats und Präsident des Krankenversichererverbandes Curafutura ist, sei nicht akzeptabel. Die Macht der Kassen im Parlament verhindere wichtige Reformen im Gesundheitswesen, weshalb die SP auch zwei Volksinitiativen angekündigt hatte. Der angesprochene Nationalrat Cassis wehrte sich daraufhin ebenfalls in der Presse: Es sei das Wesen das Milizparlaments, dass seine Mitglieder auch anderen Organisationen angehören und deren Interessen im Parlament einbringen. Sein Mandat bei Curafutura hänge nicht von seinem Parlamentsmandat ab. Von Seiten der SVP hiess es, die SP trauere bloss ihrer Einheitskasseninitiative nach, die die Stimmbevölkerung im Jahr 2014 abgelehnt hatte. Eine Auswertung der Basler Zeitung ergab im August, dass im Nationalrat die Interessen der Ärztinnen und Ärzte deutlich stärker vertreten seien als jene der Versicherer, im Ständerat lägen die Pharmaindustrie und Patientenorganisationen gleichauf. Als Grundlage für die Auswertung diente die von den Parlamentsdiensten veröffentlichte Liste der Interessenbindungen.

Interessenbindung der Parlamentarier zu Krankenkassen

Im Juli 2015 wurden erste Prognosen für die Prämien 2016 der Krankenversicherung bekannt. Vonseiten des Krankenversichererverbands Santésuisse hiess es, da im laufenden Jahr mit einer Steigerung der Gesundheitskosten um 3,5% zu rechnen sei, müssten Prämienerhöhungen um bis zu 4% erwartet werden. Besonders stark, nämlich rund 5%, sei die Kostensteigerung im ambulanten Bereich (Praxen und Spitalambulatorien). Unter anderem mache sich hier die in den Jahren 2012 und 2013 deutlich erhöhte Anzahl der Neuzulassungen von Spezialärzten und -ärztinnen bemerkbar, die eine Mengenausweitung nach sich gezogen hatte, hiess es. Auch habe der Rechnungsbetrag pro Konsultation zugenommen, und Ärztinnen und Ärzte würden in grösserem Masse Zeit für Leistungen in Abwesenheit der Patienten, wie Aktenstudium, verrechnen. Mit der zunehmend ambulanten Durchführung verschiedener Behandlungen, darunter sogar Chemotherapien, die dem medizinischen Fortschritt zu verdanken ist, verschiebt sich auch die Kostenlast: Während im stationären Bereich die Kosten etwa hälftig von den Kantonen und den Versicherern getragen werden, wird der ambulante Bereich gänzlich durch die Krankenkassen finanziert.
Gesundheitspolitikerinnen und -politiker zeigten sich wenig überrascht ob der Ankündigung. Es bestünden starke Fehlanreize im System und man werde für eine Effizienzsteigerung nicht darum herumkommen, auch unpopuläre Massnahmen einzuführen. Welche dies sind – diskutiert werden unter anderem eine Einschränkung der freien Arztwahl oder die Aufhebung des Vertragszwangs – ist dagegen umstritten. Einige Hoffnungen bestanden im Zusammenhang mit einer laufenden Revision des Tarmed. Aus der Romandie ertönte weiterhin die Forderung, kantonale Einheitskassen zuzulassen.
Die definitiven Zahlen publizierte das BAG Ende September, nachdem es die Prämien der Krankenversicherer für das nächste Jahr bewilligt hatte. Wie zuvor vermutet, gab Bundesrat Berset einen Anstieg der Standard-Prämie für Erwachsene um 4,0% bekannt, was dem Anstieg des Vorjahres entspricht. Die Standardprämie für Kinder würde um 3,9%, jene für junge Erwachsene um 3,6% ansteigen. Wie bereits in den Vorjahren war jedoch der Aufschlag in Versicherungsmodellen mit eingeschränkter Arztwahl, dazu gehören Hausarzt- und Teldoc-Modelle, höher als beim Standardmodell, weshalb der effektive Prämienaufschlag im Schnitt 5,4% beträgt. Der Prämienanstieg unterschied sich stark zwischen den Kantonen. Am härtesten traf es den Kanton Neuenburg mit 8,2%, am schwächsten Appenzell Innerrhoden mit 2,2%; in Zürich und Bern betrug der Aufschlag 3,6% respektive 3,2%. Besonders hoch fiel der Aufschlag bei der Billig-Kasse Assura aus: Sie musste ihre durchschnittliche Prämie um 9,3% erhöhen, da sich die Zusammensetzung ihres Versichertenpools verändert hatte und dieser nun vermehrt auch Personen mit hohen Krankheitskosten umfasste. Dies traf vor allem die Romandie, in der die Assura stark vertreten ist – im Kanton Neuenburg ist die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner bei der Assura versichert.

Krankenkassenprämien 2016
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Stärker noch als in den Vorjahren beschäftigte das Thema der Prämien in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Jahr 2014 Medien und Öffentlichkeit, was auch mit der im September stattfindenden Abstimmung über eine öffentliche Krankenkasse zusammenhing. Bereits im Frühjahr wurde bekannt, dass die Gesundheitskosten im Jahr 2013 um den Rekordwert von 6,7% gewachsen waren (Hauptkostentreiber waren die Spitalbehandlungen), wobei es grosse Unterschiede zwischen den Kantonen gab. Insbesondere waren die Kosten jedoch deutlich stärker angestiegen als die Prämien, eine Entwicklung, die sich 2014 fortsetzte und zu schrumpfenden Reserven bei den Versicherern führte. Früh wurde daher die Befürchtung eines Prämienschocks laut, da die Prämien 2015 auch die Steigerung der Gesundheitskosten der beiden Vorjahre kompensieren müssten. Jedoch wurde auch, insbesondere seitens linker Politiker, der Verdacht laut, die Kassen würden ihre Prämien weiterhin künstlich tief halten, um ein Ja zur Einheitskassen-Initiative aufgrund eines im Zeitraum der Abstimmung durch das BAG angekündigten starken Prämienanstiegs zu verhindern. Die Versicherer würden einen Teil ihrer verbleibenden Reserven nutzen, um das Prämienwachstum zu dämpfen, so die Vermutung. Dem widersprachen Branchenvertreter und Gesundheitsminister Berset, der drei Tage vor der Abstimmung eine Prämienerhöhung von durchschnittlich 4% ankündigte – ein deutlich stärkerer Anstieg als in den Vorjahren, jedoch kein eigentlicher Prämienschock. Das BAG habe die Angaben der Versicherer genau geprüft und könne daher taktisch zu tiefe Prämien aufgrund der Abstimmung ausschliessen, weshalb auch für 2016 nicht mit einem Prämiensprung zu rechnen sei, so das Amt. Die Prämienerhöhungen fielen kantonal und nach Bevölkerungsgruppen sehr unterschiedlich aus: Stark betroffen waren die Zentralschweiz und die jungen Erwachsenen, am moderatesten gestaltete sich der Anstieg im Kanton Bern. Der vom BAG bekanntgegebene durchschnittliche Prämienanstieg gebe nicht das gesamte Wachstum des Prämienvolumens wieder, wurde kritisiert: Die 4% Prämienwachstum bezögen sich auf erwachsene Versicherte im Standardmodell mit einer Franchise von 300 Franken. Viele Versicherte würden heute jedoch ein Modell mit höherer Franchise oder eingeschränkter Arztwahl wählen. Gerade bei den Hausarzt- und Telmed-Modellen sei mit höheren Anstiegen zu rechnen, da manche Versicherer in den Vorjahren aggressive Preisstrategien gewählt hätten, um junge, gesunde Versicherte zur Wahl eines solchen Modells zu bewegen. In der Folge seien die Rabatte teils zu hoch gewesen und würden insbesondere aufgrund des neuen, verfeinerten Risikoausgleichs nun infrage gestellt, so die Kritik. Die Anzahl der Anbieter im Markt verkleinerte sich erneut: Sieben Kassen erfüllten per Stichdatum die Mindestanforderungen des BAG für die Reserven nicht; zwei von ihnen werden ihre Geschäftstätigkeit deshalb per Ende 2014 aufgeben, womit 59 Kassen übrig bleiben. Weiter wurde bekannt, dass der Anteil der Verwaltungskosten am Prämienvolumen, der seit der Einführung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung rückläufig ist, auch 2013 erneut gesunken war und noch 5,0% betrug.

Krankenkassenprämien 2015
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Bei den seit 1976 jährlich von der Credit Suisse ermittelten Sorgen der Bevölkerung der Schweiz im so genannten Sorgenbarometer zeigte sich auch 2014 die Arbeitslosigkeit als das Thema, das die meisten Bauchschmerzen verursacht. Seit 2003 wird die Arbeitslosigkeit als Hauptsorge betrachtet. 2014 bezeichneten 51% der rund 1000 von gfs.bern befragten Personen die Erwerbslosigkeit als grösste Besorgnis, was einem Plus von sieben Prozentpunkten im Vergleich zu 2013 gleichkommt. 40% der Befragten sorgen sich um Ausländerfragen (+ 3 Prozentpunkte) und 37% der Befragten (+ 8 Prozentpunkte) bereitet die AHV bzw. die Sicherung der Renten Unbehagen. Die Befragten konnten aus einer Liste aus 34 Sorgen fünf Nennungen abgeben. Sorgen um das Asylwesen und Flüchtlingsfragen (26%, - 2 Prozentpunkte) und das Gesundheitswesen (23%, + 2 Prozentpunkte) fanden sich wie schon vor einem Jahr ebenfalls unter den fünf Hauptsorgen der Schweizerinnen und Schweizer.

Sorgenbarometer