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In der Differenzbereinigung einigten sich die beiden Räte auf einen Kompromiss. Der Ständerat gab bei den Arzttarifen nach und kam auf sein ursprüngliches Modell eines gemilderten Tarifstopps zurück. Auch bei den Medikamenten schwenkte er auf die Linie des Nationalrates ein. Dieser akzeptierte dafür die Selbstbeteiligung der Patienten im Spital. Damit der Beschluss auf den 1. Januar 1993 in Kraft treten kann, wurde er für dringlich erklärt. Gleich wie der Beschluss A vom Vorjahr wurde er auf Ende 1994 befristet. Bis dann soll nach dem mehrfach geäusserten Willen von Regierung und Parlament das revidierte KVG verabschiedet und in Kraft gesetzt sein.

Bundesbeschluss über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (BRG 92.067)
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Anders als in der kleinen Kammer war im Nationalrat das Eintreten nicht unbestritten, doch wurde ein Rückweisungsantrag Rychen (svp, BE), welcher die Unterstützung der AP und eines Teiles der FDP fand, deutlich abgelehnt. In der Detailberatung standen sich bei den Arzttarifen drei Anträge gegenüber. Rychen (svp, BE) wollte die Preise einfrieren, Allenspach (fdp, ZH) plädierte für den Beschluss des Ständerates, und die Kommissionsmehrheit sprach sich für den ursprünglichen Entscheid der kleinen Kammer aus. Dank einer Allianz aus SP, CVP, Grünen und SD setzte sich schliesslich dieser Tarifstopp mit Ausnahmen – von denen rund 40% der Arzte profitieren können – mit einer Zweidrittelsmehrheit durch. Den Selbstbehalt für Spitalpatienten kippte der Nationalrat mit praktisch demselben Stimmenverhältnis aus der Vorlage. Dem Argument des Ständerates, dadurch werde das Kostenbewusstsein der Patienten geschärft, setzten die Gegner dieser Bestimmung die Behauptung gegenüber, hier gehe es nicht ums Sparen, sondern um das Abwälzen der Kosten auf die Schultern der Versicherten. Ebenfalls nichts wissen wollte der Nationalrat vom Beschluss des Ständerates, nur noch die Kosten für Medikamente der Arznei- und Spezialitätenliste durch die Grundversicherung abzudecken. Er übernahm damit das Anliegen eines Antrags Plattner (sp, BS) im Ständerat, welcher vergebens darauf hingewiesen hatte, dass die in der Liste nicht aufgeführten Naturheilmittel nicht nur sanfter, sondern auch billiger seien. In den anderen Punkten (Tarife und Preise im stationären Bereich, Prämienplafonierung) schloss sich die grosse der kleinen Kammer an.

Bundesbeschluss über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (BRG 92.067)
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Nach einem dreimonatigen Pilotprojekt im Vorjahr lancierte die AIDS-Hilfe Schweiz mit Unterstützung des BAG im Oktober 1992 neben anderen Präventionsprojekten das flächendeckend in Apotheken und Drogerien abgegebene Präventionsset «Flash», welches neben sauberem Spritzenmaterial und einem Kondom Informationsmaterial mit einer Liste der Beratungsstellen enthält. Bis Ende Jahr wurden 75'000 Sets ausgeliefert. Hingegen wurde im gleichen Zeitpunkt eine weitere Stop-Aids-Kampagne, welche den Gebrauch sauberer Spritzen propagieren wollte, vom BAG auf unbestimmte Zeit verschoben, da – vor allem auch an der Spitze des EDI – befürchtet wurde, dies könnte in der Öffentlichkeit als Drogenpromotionskampagne missverstanden werden.

Stop-AIDS-Kampagnen des BAG

Der Ständerat trat ohne Begeisterung auf die Vorlage ein. Im Detail brachte er dann im Sinn von mehr Flexibilität und grösserer Opfersymmetrie einige nicht unwesentliche Korrekturen an. Oppositionslos wurden lediglich die gelockerten Tarifbeschränkungen im stationären Bereich angenommen. Im ambulanten Sektor gab die kleine Kammer vorerst einem Modell den Vorzug, welches im Gegensatz zum Vorschlag des Bundesrates bereits 1993 Tariferhöhungen für jene Leistungserbringer zulassen wollte, welche seit 1990 keine Erhöhung des Taxpunktwertes vorgenommen haben. Durch einen Rückkommensantrag Coutau (lp, GE) in letzter Minute wurden die Ärzte dann noch milder behandelt: statt für den einjährigen Tarifstopp mit grosszügiger Ausnahmeregelung stimmte der Ständerat nun einer generellen Erhöhung der Preise und Tarife im ambulanten Sektor zu, es sei denn, die Kosten würden damit mehr als ein Drittel über die allgemeine Teuerung ansteigen. Ein Antrag Onken (sp, TG), die Krankenkassen zum Abschluss besonderer Tarifverträge mit kostengünstig arbeitenden Arzten zu ermächtigen, wurde mit deutlichem Mehr abgelehnt. Die Plafonierung der kantonalen Richtprämien schliesslich wurde nur unter der Bedingung angenommen, dass das gesetzliche Minimum der Reserven der Kassen ausdrücklich garantiert bleibt.

Vermehrt wollte die kleine Kammer hingegen die Patienten in die Pflicht nehmen. Gegen den erbitterten Widerstand von Onken (sp, TG) und Roth (cvp, JU), welche die ebenso entschiedene Unterstützung von Bundesrat Cotti fanden, führte der Rat eine Franchise von 10 Fr. pro Tag für die stationäre Behandlung ein. Unbestritten blieb dagegen die Beschränkung der Gesamtfranchise auf 500 Fr. im Jahr. Von der Kostenbeteiligung im Spital ausgenommen wurden auf Antrag Schmid (cvp, AI) neben den Kindern und den Chronischkranken auch die Frauen im Wochenbett. Keine Opposition erwuchs auch dem Kommissionsantrag, dass Krankenkassen in der Krankenpflege-Grundversicherung nur noch die Pflichtleistungen übernehmen müssen. Mit deutlichem Mehr beschränkte der Rat die Grundversicherung zudem auf Medikamente, die in der Arzneimittel- oder Spezialitätenliste figurieren.

Bundesbeschluss über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (BRG 92.067)
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Im Zusammenhang mit diesen Eurolex-Beschlüssen behandelten beide Kammern mehrere Motionen, welche aus den Beratungen der zuständigen Kommissionen hervorgegangen waren. Der Nationalrat lehnte dabei sowohl ein eigenständiges Gentechnologiegesetz für den ausserhumanen Bereich als auch eine hinreichende Bundeskontrolle für gentechnisch hergestellte Medikamente ab (Mo. Ad 92.057-1). Ebenso sprach er sich dagegen aus, vom Bundesrat eine weitere gesetzliche Konkretisierung des Begriffs der umweltgefährdenden Organismen zu verlangen. Einzig eine Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats für den unverzüglichen Erlass von Bestimmungen, die den Umgang mit gentechnisch veränderten und pathogenen Organismen umfassend und unter Einbezug des Transports regeln soll, wurde von beiden Kammern angenommen.

Eurolex: Motionen zum Umgang mit gentechnisch veränderten und pathogenen Organismen
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)

Nach Zürich, wo sich die Besetzung des 1990 von der Regierung beschlossenen Lehrstuhls für Naturheilkunde weiter verzögerte, wird möglicherweise auch der Kanton Bern die Alternativmedizin als eigenständiges Fach in die Ausbildung der angehenden Arztinnen und Ärzte einbeziehen: Im September 1992 reichten über 20'000 Stimmberechtigte eine entsprechende Volksinitiative ein.

Schaffung der Kollegialen Instanz für Komplementärmedizin an der Universität Bern (1995)

24 Kantone haben dem 1988 beschlossenen neuen interkantonalen Konkordat über die Kontrolle der Heilmittel zugestimmt, Basel-Stadt und Bern allerdings nur mit Vorbehalten bzw. mit einer zeitlichen Befristung. Im Berichtsjahr 1992 führte die Ablehnung durch die Kantone Zürich und Appenzell Ausserrhoden jedoch zum Scheitern des neuen Konkordates. Der Widerstand dieser beiden Kantone erfolgte allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Mit ihrer Ablehnung wollte die Zürcher Legislative den Weg frei machen für eine Bundeslösung. Dem Konkordat warf sie vor, schwerfällig zu sein und an einem Demokratiedefizit zu leiden. Appenzell befürchtete die Stärkung der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) und damit den Verlust der kantonalen Heilmittelregistrierung, was zu einschneidenden Einschränkungen in der Appenzeller Naturärztetradition führen würde.

Concordat intercantonal sur les médicaments (1970–1993)
Dossier: Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG)

Anonyme AIDS-Tests ohne ausdrückliches Einverständnis der Probanden sollen über die tatsächliche Ausbreitung des HI-Virus in der Schweiz Aufschluss geben und noch effektivere Präventionsmassnahmen ermöglichen. Der entsprechende Verordnungsentwurf stiess in der Vernehmlassung auf breite Zustimmung. Das sogenannte «Unlinked Anonymous Screening» verwendet Blutproben, die Patienten in Spitälern, Arztpraxen oder Laboratorien zu anderen medizinischen Zwecken ohnehin entnommen werden. Die Blutproben werden vollständig anonymisiert und von den vorgegebenen Teststellen auf HIV untersucht. Die Teststellen dürfen dabei nicht mit den Entnahmestellen identisch sein. Erhoben werden für das Screening lediglich Angaben über Alter, Geschlecht und Wohnregion der Testperson. Die Teilnahme am Screening kann vom Patienten verweigert werden.

Anonymes Aids-Screening (1993)

Le Conseil fédéral a adopté une ordonnance qui prévoit la distribution de tablettes d'iode à la population. En cas d'accident nucléaire, l'absorption d'une telle substance doit permettre d'empêcher la contamination par les poussières radioactives. La distribution de ces comprimés s'adressera avant tout aux personnes résidant à proximité des centrales nucléaires.

Flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Jodtabletten

Als erstes Land der Welt erliess die Schweiz eine Verordnung, welche für den Fall einer radioaktiven Verstrahlung die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Jodtabletten vorsieht. Für die Lagerung der Tabletten sind in erster Linie Zivilschutzunterkünfte vorgesehen. In einem Gebiet bis 20 Kilometer um die fünf Kernkraftwerke wird das einem Schilddrüsenkrebs vorbeugende Kaliumjodid hingegen direkt an die Haushalte abgegeben, da es im Katastrophenfall möglichst rasch eingenommen werden müsste.

Flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Jodtabletten

Wie bereits im Vorjahr angekündigt, wurden im Verlauf des Winters 1991 und des Frühjahres 1992 die offenen Szenen in Zürich (Platzspitz) und Bern (Kocherpark) aufgelöst, doch gelang vor allem in Zürich die Dezentralisierung in die weitere Umgebung nicht. Stadtpräsident Estermann (ZH, sp) richtete im Sommer 1992 einen dringenden Appell an Bund, Kanton und Gemeinden, Zürich bei der Bewältigung des Drogenproblems nicht allein zu lassen. In erster Linie forderte er bessere Auffangstrukturen in den Wohngemeinden der Drogenabhängigen und eine Revision des Betäubungsmittelgesetzes in Richtung Entkriminalisierung sowie die breite Abgabe von Heroin an Schwersüchtige. Er bat aber auch um vermehrte Unterstützung bei der Repression des Drogenhandels, insbesondere um die Internierung von delinquierenden Asylbewerbern. Sowohl EDI wie EJPD lehnten dies ab.

Koordinierte Aktion der Städte gegen die offene Drogenszene (1991–1995)

Die Weltgesundheitsorganisation WHO bezeichnete die Schweizer AIDS-Prävention als sehr erfolgreich. Dank intensivierter Aufklärung habe sich der Gebrauch von Kondomen stark erhöht, bei den Jugendlichen beispielsweise von 17 auf 73 Prozent. Zudem sei es gelungen, nicht nur die Risikogruppen, sondern auch die breite Bevölkerung anzusprechen. Besonderes Lob erhielt dabei die Stop-Aids-Informationskampagne des BAG und der «Aids Hilfe Schweiz» (AHS). Als weltweit einmalig bezeichneten die Fachleute die fortgesetzte Evaluation aller präventiven Massnahmen, deren Auswertung und Einbezug in neue Kampagnen. Anlass zur Kritik gaben hingegen die föderalistischen Strukturen, welche die Umsetzung der Prävention insbesondere im Bereich der Drogenpolitik teilweise behinderten.

Stop-AIDS-Kampagnen des BAG

Seit dem Inkrafttreten der neuen Radio- und Fernsehverordnung ist die Werbung für nicht rezeptpflichtige Medikamente in diesen Medien erlaubt. Ausgeschlossen sind Heilmittel, welche nur in Apotheken erhältlich sind, sowie Medikamente, bei denen eine gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung bei Missbrauch nicht ausgeschlossen werden kann. Die Aufsicht über die Heilmittelwerbung liegt bei der IKS. Diese nicht unumstrittene Öffnung begründete der Bundesrat mit der wettbewerbspolitischen Gleichstellung von Radio und Fernsehen mit den Printmedien.

Werbung für nicht rezeptpflichtige Medikamente in Medien wird erlaubt (1992–1995)

In seinem Bericht über die Legislaturplanung 1991–1995 stellte der Bundesrat seine Sichtweise der Ausführungsgesetzgebung zum neuen Verfassungsartikel vor. Für den Teil Fortpflanzungsmedizin/Genomanalyse soll ein eigenständiges Gesetz ausgearbeitet werden, welches die Rahmenbedingungen festlegt sowie den Zugang zu den Daten über die Abstammung regelt. Im ausserhumanen Bereich soll der Verfassungsartikel hingegen nicht zu einem eigentlich Gen-Tech-Gesetz führen, sondern nur zur Revision bestehender Gesetze z.B. aus dem Bereich des Umweltschutzes, der Epidemien und der Lebensmittel.

Ausführungsgesetzgebung zum neuen Verfassungsartikel zur Fortpflanzungs- und Gentechnologie (92.037)
Dossier: Legislaturplanung 1991–1995 (BRG 92.037)
Dossier: Entwicklungen in der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen in den Neunzigerjahren

Bei der Beratung der Legislaturplanung 1991–1995 legte die ständerätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit eine Richtlinienmotion vor, welche den Bundesrat beauftragen wollte, ein umfassendes Leitbild «Gesundheitswesen Schweiz» vorzulegen. Damit sollte eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen, Verbänden, Krankenkassen und Patientenorganisationen erreicht werden mit dem Ziel einer effizienteren Versorgung und einer höheren Qualität bei niedrigeren Kosten. Unter Hinweis auf die kantonalen Prärogativen im Gesundheitswesen beantragte der Bundesrat Umwandlung in ein Postulat. Die kleine Kammer hielt aber an der verbindlichen Form fest. Der Nationalrat folgte hingegen der bundesrätlichen Argumentation und lehnte die Motion ab.

Motion für umfassendes Leitbild «Gesundheitswesen Schweiz»
Dossier: Legislaturplanung 1991–1995 (BRG 92.037)

Da der Bundesbeschluss B auf ein Jahr befristet war, legte der Bundesrat anfangs Juni Vorschläge für ein Anschlussprogramm vor. Im stationären Bereich kam er der Kritik der Kantone entgegen und liess für die Berechnung der Spitaltarife neben dem Preis- auch den Lohnindex zu. Bei der Festsetzung der Preise und Tarife der ambulanten Behandlung wurde keine Anderung gegenüber dem Vorjahr vorgenommen. So sollte ein Tarif- und Preisstopp in Kraft treten, wenn der Anstieg der Behandlungskosten je Versicherten und Jahr höher ist als der Anstieg der Konsumentenpreise plus ein Drittel.

Um die Prämienaufschläge der Krankenkassen bis zum Inkrafttreten des revidierten KVG in Grenzen zu halten, entwickelte die Verwaltung ein neues Konzept. Ausgangspunkt für die Berechnung der höchstzulässigen Prämienerhöhung sollten nicht mehr die Prämien einer Kasse sein, sondern die durchschnittliche Vorjahresprämie aller Kassen eines Kantons. Mit diesen kantonalen Richtprämien wollte der Bundesrat unter den Mitgliedern der verschiedenen Kassen einen gewissen Ausgleich schaffen. Voraussetzung dazu war der 1991 vom Parlament beschlossene Risikoausgleich (Beschluss A) unter den Krankenkassen, der 1993 wirksam werden soll. Dieser Ausgleich führt dazu, dass Kassen mit einer günstigen Risikostruktur (viele jüngere Männer) ihre tieferen Prämien stark erhöhen müssen. Diese zusätzlichen Mittel fliessen über einen Ausgleichsfonds zu jenen Kassen, die eine schlechtere Risikostruktur aufweisen (Frauen und ältere Versicherte) und erlauben, deren Prämien stabil zu halten. Die kantonalen Richtprämien dürfen jährlich um höchstens 180% der Vorjahresteuerung erhöht werden. Im Unterschied zum ersten Massnahmenpaket sollte auch die Beschwerdemöglichkeit der Kassen nicht mehr gegeben sein.

Bundesbeschluss über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (BRG 92.067)
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Die ebenfalls zum Massnahmenpaket des Bundes gehörende Informationskampagne zur Drogensuchtprävention kam in der Bevölkerung gut an und konnte im Laufe des Sommers in eine zweite; vertiefende Phase treten, in welcher das BAG seine Zusammenarbeit mit Beratungsstellen und Hilfsorganisationen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene verstärken will, um zu gewährleisten, dass gefährdeten Menschen eine Beratung und Betreuung in der näheren Umgebung zur Verfügung steht.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

In der Abstimmung vom 17. Mai 1992 nahmen Volk und Stände den von Bundesrat und Parlament als direkten Gegenvorschlag zur inzwischen zurückgezogenen «Beobachter-Initiative» ausgearbeiteten neuen Artikel 24 der Bundesverfassung deutlich an. Fast zwei Drittel der Urnengängerinnen und Urnengänger und alle Kantone mit Ausnahme des Wallis stimmten damit der Einführung von verbindlichen Leitplanken im Bereich der Gentechnologie zu. Bisher hatte es auf Bundesebene nur Richtlinien und einige Bundesgerichtsurteile gegeben. Der neue Verfassungsartikel sieht im einzelnen vor, dass die In-vitro-Fertilisation (IvF) nur erlaubt sein soll, wenn alle anderen Methoden zur Behebung ungewollter Kinderlosigkeit versagt haben. Eingriffe in die menschliche Keimbahn sind verboten, ebenso die Forschung an und der Handel mit Embryonen. Das Erbgut einer Person darf nur mit deren Zustimmung oder aufgrund gesetzlicher Anordnung untersucht oder registriert werden. Eine mit Spendersamen gezeugte Person soll Zugang zu den Daten ihrer Abstammung erhalten. Bei Tieren und Pflanzen schliesslich ist die Würde der Kreatur sowie die Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt zu wahren.

Verfassungsartikel zur Fortpflanzungs- und Gentechnologie (Art. 24 BV)
Abstimmung vom 17. Mai 1992


Beteiligung: 39.2%
Ja: 1'271'052 (73.8%) / 19 6/2 Stände
Nein: 450'635 (26.2%) / 1 Stand

Parolen:
— Ja: FDP, SP (2*), CVP (3*), SVP (1*), GP, LdU, EVP, PdA; SGB, CNG, Vorort, SGV, SBV, VKMB, SBN, SGCI, FMH, Kath. Frauenbund
— Nein: LP (4*), AP, SD, EDU; SAG, Basler Appell gegen Gentechnologie, Behindertenorganisationen, diverse feministische Gruppen
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative «gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen» und Gegenvorschlag (BRG 89.067)
Dossier: Entwicklungen in der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen in den Neunzigerjahren

Die Drogenfachleute reagierten erleichtert, bedauerten aber die geringe Teilnehmerzahl, da damit kaum schlüssige Resultate erreicht werden könnten. Die Städte Basel, Bern, Freiburg, St. Gallen, Solothurn, Zug und Zürich meldeten umgehend ihr Interesse an, mindestens einen Versuch mit harten Drogen durchzuführen. Der Beginn der Versuche wurde auf Herbst 1992 in Aussicht gestellt. Der Erlass der entsprechenden Verordnung verzögerte sich jedoch bis Ende Oktober, so dass frühestens 1993 damit gestartet werden kann. Die vom Bundesrat gesetzten Rahmenbedingungen lassen 13 Versuche zu, fünf davon mit Heroin. In die Heroinversuche können nur schwerstabhängige, verelendete oder sich prostituierende Drogensüchtige einbezogen werden, welche volljährig und seit mindestens zwei Jahren nachweisbar drogenabhängig sind sowie mindestens zwei gescheiterte Entzüge hinter sich haben und für andere Therapieprogramme nicht in Frage kommen.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Die Kontroverse um HIV-verseuchte Blutpräparate flackerte 1992 erneut auf. Ein AIDS-infizierter Hämophiler reichte Strafklage gegen Unbekannt ein – wobei aber klar war, dass er das BAG, die IKS und den Blutspendedienst des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) meinte –, da er durch eine Bluttransfusion mit dem HI-Virus kontaminiert worden war. Er erhielt indirekte Unterstützung vom ehemaligen Leiter des Zentrallaboratoriums des SRK, der öffentlich erklärte, Opfer wären zu vermeiden gewesen, wenn die verantwortlichen Behörden rechtzeitig gehandelt hätten. Diese Anschuldigungen führten Ende 1992 zu einer konkreten Reaktion des SRK: Es entschloss sich, unter Mithilfe des BAG, welches dies schon mehrfach angeregt hatte, ein «Look back» durchzuführen, d.h. die Blutspendenempfänger, welche zwischen 1982 und 1985 womöglich ohne ihr Wissen mit kontaminiertem Blut angesteckt wurden, durch Zurückverfolgung der kritischen Blutkonserven ausfindig zu machen. Bisher hatte das SRK dies stets mit dem Hinweis auf die grosse psychische Belastung abgelehnt, welcher nicht infizierte Blutempfänger während des Abklärungsverfahrens ausgesetzt wären, sowie mit dem Fehlen wirksamer Medikamente gegen die Infektion.

«Look-back»-Studie (ab 1992)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Nach Ansicht des Preisüberwachers sind die Medikamentenpreise in der Schweiz massiv überhöht, werden dafür doch rund 40 Prozent mehr bezahlt als im europäischen Durchschnitt. Er forderte deshalb das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf, bei der Preiskontrolle künftig auch auf das tiefere Auslandniveau abzustellen. Die Pharmabranche wollte die Zahlen des Preisüberwachers nicht gelten lassen. Gemäss ihren Angaben sind ältere Medikamente in der Schweiz tatsächlich etwas teurer als im Ausland, neuere Präparate hingegen billiger als in den europäischen Vergleichsländern. Zumindest in der Eidgenössischen Arzneimittelkommission setzte sich der Preisüberwacher durch. Die Kommission, welche nur beratende Funktion hat, fand es angemessen, die Preise für Originalmedikamente, die seit mehr als 30 Jahren auf dem Markt sind, um 15 Prozent zu senken. Die Preisschutzfrist soll zudem sowohl für alte wie für neue Medikamente von heute 30 auf 15 Jahre gesenkt werden.

Überhöhte Medikamentenpreise in der Schweiz (1992)

Eine neu entdeckte Gesundheitsgefährdung droht aus der Umwelt. Wie eine vom Bundesrat eingesetzte Expertengruppe nach fünfjähriger Arbeit darlegte, herrschen in rund 10'000 Häusern in der Schweiz – vor allem im Bündner Oberland, in den Bündner Südtälern, in den Karstgebieten des westlichen Juras und in einigen Gemeinden des Tessins – zu hohe Radonwerte, welche beim Zerfall von natürlichem Uran im Boden entstehen. Diese Zerfallsprodukte führen zu einer Bestrahlung der Atmungsorgane und damit zu einem erhöhten Krebsrisiko. In der Schweiz ist Radon für 40 Prozent der mittleren Strahlenbelastung der Menschen verantwortlich. In den am stärksten betroffenen Gebieten erreicht die Radongaskonzentration in einzelnen Häusern mit über 1'000 Becquerel pro Kubikmeter ein Niveau, das als äusserst gesundheitsgefährdend betrachtet werden muss.

Gefahr durch zu hohe Radonwerte (1992)

Als die Vernehmlassung klar zeigte, dass mit Ausnahme der SVP alle Bundesratsparteien und eine Mehrheit der Kantone sowie der Städteverband Versuche mit der medizinisch indizierten Abgabe von Heroin befürworten, begann sich ein Sinneswandel Cottis abzuzeichnen. Nun war es aber der Gesamtbundesrat, der sich mit einem Entscheid schwer tat und diesen deshalb wiederholt vertagte. Mitte Mai 1992 gab der Bundesrat dann doch noch grünes Licht für die Heroinversuche, wenn auch unter sehr strengen Rahmenbedingungen: Die bis Ende 1996 befristeten wissenschaftlichen Versuche brauchen eine Bewilligung des Bundes sowie des jeweiligen Kantons und sind auf 50 Personen zu beschränken. Das BAG rechnete damit, dass ungefähr zehn Projekte durchgeführt werden, davon maximal fünf mit Heroin, die restlichen mit Morphin oder injiziertem Methadon.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Der gesundheitliche Zustand der Schweizer Bevölkerung hat ein Niveau erreicht, das im internationalen Vergleich zu den besten gehört. Dies ist im wesentlichen der sehr guten Gesundheitsversorgung zu verdanken, wie aus dem Bericht der Schweiz an die Weltgesundheitsorganisation hervorging, der im Rahmen des WHO-Strategieprogramms «Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000» erarbeitet wurde. Die durchschnittliche Lebenserwartung hat in allen europäischen Ländern in den vergangenen Jahren zugenommen, in der Schweiz zwischen 1970 und 1989 um 4.6 auf 77.8 Jahre, im europäischen Durchschnitt im gleichen Zeitraum um 1.7 auf 74.9 Jahre. Das von der WHO für das gesamte Europa festgesetzte Ziel von 75 Jahren bis zum Jahr 2000 ist somit in der Schweiz bereits erreicht. Im einzelnen gilt dies aber nur für die Frauen mit 81.2 Jahren, bei den Schweizer Männern beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung 74.2 Jahre. Das bei der Studie federführende Bundesamt für Gesundheit (BAG) wies aber gleichzeitig auf neue Gefahren und weitere Verbesserungsmöglichkeiten hin. Während – wie übrigens in ganz Westeuropa – in den letzten Jahren die durch Herz-Kreislauf-Krankheiten bedingten Todesfälle abnahmen, verzeichnete der frühzeitige Tod durch Lungenkrebs, vor allem bei Frauen, eine markante Zunahme. Sorgen bereitet dem BAG ebenfalls die hohe Anzahl von Unfallopfern sowie die nach wie vor für Europa überdurchschnittliche Suizidrate.

Gesundheitlicher Zustand der Schweizer Bevölkerung (1992)

Im März 1992 gab der Bundesrat die Unterlagen für die Ratifizierung von drei UNO-Drogenkonventionen in die Vernehmlassung. Während der Beitritt zum Psychotropen-Abkommen von 1971 und zum Zusatzprotokoll von 1972 zum Einheitsübereinkommen von 1961 kaum bestritten war, schieden sich die Geister an der Wiener Konvention von 1988, welche aufgrund ihrer repressiven Grundhaltung jeden liberalen Ansatz in der Drogenpolitik verunmöglichen würde. Der Bundesrat schloss deshalb nicht mehr aus, die Auswirkungen dieses Abkommens auf die Schweiz allenfalls mit einer auslegenden Erklärung abzuschwächen. Dennoch lehnten FDP, SP und GPS sowie mehrere Kantone und der Städteverband eine Ratifikation ab, da sie zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolge und falsche Signale setze. CVP und SVP stimmten dem Beitritt aus Gründen der internationalen Solidarität zu, votierten aber für verschiedene Vorbehalte.

Ratifikation von internationalen Betäubungsmittelabkommen (BRG 94.059)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004