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In der Wintersession 2022 beriet der Ständerat den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP. Die Initiative selbst sollte erst in einem zweiten Schritt beraten werden, um den Initiantinnen und Initianten die Möglichkeit zu geben, die Initiative in der Zwischenzeit zurückzuziehen. Erich Ettlin (mitte, OW) stellte dem Rat den Gegenvorschlag vor und betonte, dass der Bundesrat damit die Kantone in die Pflicht nehmen wolle – für den Bund würde die Vorlage denn auch keine neuen Verpflichtungen mit sich bringen. Bei den Kantonen, namentlich der FDK und der GDK, sei die Vorlage jedoch auf Widerstand gestossen; die FDK lehne Initiative und Gegenvorschlag ab, während die GDK «nur» Verbesserungen am Gegenvorschlag verlange. Die SGK-SR habe in der Folge einige Änderungen vorgenommen, sei bei ihrem Entwurf aber nahe an der bundesrätlichen Version geblieben. Zur Beratung dieser Details gelangte der Ständerat jedoch nicht. Zuvor hatte er einen Einzelantrag Würth (mitte, SG) auf Nichteintreten zu beraten. Bevor man über Verbesserungen am Gegenvorschlag diskutiere, solle man überlegen, «ob das geltende System wirklich revisionsbedürftig» sei, argumentierte Würth. Das aktuelle System sei im Rahmen der NFA geschaffen worden, wobei man den Kantonen bezüglich Prämienverbilligungen absichtlich viel Spielraum gelassen habe, zumal sie die sozialpolitische Situation – etwa alternative sozialpolitische Massnahmen, Einkommensverteilung, Gesundheitskosten und Prämienlast – am besten kennen würden. Wolle man die Regeln zur IPV erneut ändern, solle man das durch eine Entflechtung der Aufgaben von Bund und Kantonen tun, nicht durch eine noch stärkere Verflechtung, wie sie der Gegenvorschlag beinhalte. Zudem seien die Kantonsbeiträge aufgrund der Finanzkrise zwar deutlich gesunken, in den letzten Jahren aber wieder angestiegen. Auch Jakob Stark (svp, TG) zeigte sich vom Gegenvorschlag des Nationalrats nicht begeistert, er erachtete diesen als «dirigistisch-zentralistische Lösung [...], die den Kantonen den Spielraum nimmt».
Für Eintreten sprachen sich hingegen Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) und Paul Rechsteiner (sp, SG) aus. Bei der Schaffung des KVG habe man das Versprechen gegeben, dass aufgrund der Prämienverbilligungen niemand mehr als 8 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien aufbringen müsse – quasi als «Korrektiv der Kopfprämien» (Rechsteiner). Durch die Änderung im Rahmen der NFA sei das System dysfunktional geworden, weil die Kantone keine Mindestbeiträge mehr leisten müssten. Heute liege der Anteil der Krankenkassenprämien bei durchschnittlich 14 Prozent des Einkommens, in Extremfällen gar bei 20 Prozent. Mit der Initiative und dem Gegenvorschlag wolle man nun zum damaligen System zurückkehren.
Gesundheitsminister Berset rief dem Rat den Kontext des Projekts in Erinnerung, nämlich die Initiative, «[qui] aurait des conséquences financières assez importantes pour la Confédération», die also bei Annahme grosse finanzielle Auswirkungen für den Bund hätte. In den letzten Jahren seien die Beiträge der Kantone an die Prämienverbilligungen – wie von der Initiative kritisiert – stark auseinandergegangen, daher sei es nötig, hier wieder für mehr Konvergenz zu sorgen.
Mit 22 zu 20 Stimmen sprach sich der Ständerat jedoch gegen Eintreten aus. Geschlossen für Eintreten stimmten die Mitglieder der SP- und der Grünen-Fraktion, gespalten zeigte sich die Mitte-Fraktion. Geschlossen oder fast geschlossen gegen Eintreten votierten die Mitglieder der SVP- und der FDP-Fraktion.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

In der Herbstsession 2022 debattierte der Ständerat zwar nicht inhaltlich über die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei, setzte sich aber mit einem Antrag auf Fristverlängerung auseinander. Aufgrund des vom Bundesrat geschaffenen und vom Nationalrat angenommenen indirekten Gegenvorschlags solle die Behandlungsfrist um ein Jahr auf Mitte November 2023 verlängert werden, forderte die SGK-SR ohne Gegenantrag. Stillschweigend hiess der Ständerat die Fristverlängerung gut.

Eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (BRG 21.067)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

In der Sommersession 2022 setzte sich der Nationalrat als Erstrat mit der Prämien-Entlastungs-Initiative der SP und dem bundesrätlichen indirekten Gegenvorschlag auseinander. Thomas de Courten (svp, BL) und Benjamin Roduit (mitte, VS) präsentierten dem Rat die beiden Vorlagen. Die SGK-NR habe «Vertretungen des Initiativkomitees, der Kantone, der Versicherer und der Versicherten sowie der Leistungserbringer» angehört und die Behandlung des Geschäfts in der Folge mit demjenigen zur Kostenbremse-Initiative koordiniert, erläuterte de Courten. Dabei habe sie – basierend auf dem Bundesratsvorschlag – ein «neues Modell zum Ausbau der individuellen Prämienverbilligung» geschaffen. Gemäss diesem sollen die Kantone in einem Sozialziel den maximalen Anteil der Prämien am verfügbaren Einkommen in ihrem Kanton definieren und einen minimalen Gesamtbetrag zur Prämienverbilligung festlegen. Diesen Gesamtbetrag dürfen sie auch für die Verlustscheine nicht bezahlter Prämien einsetzen, nicht aber für Prämienverbilligungen für Beziehende von Ergänzungsleistungen – deren Kosten kämen also noch zusätzlich hinzu. Dieser Vorschlag wurde von der Kommission mit 16 zu 9 Stimmen gutgeheissen, während sie mit 17 zu 8 Stimmen die Ablehnung der Initiative beantragte. Eine Minderheit Gysi (sp, SG) forderte hingegen eine Empfehlung auf Annahme der Initiative. Gysi betonte als Mitglied des Initiativkomitees, dass «die unsozialen Kopfprämien» für Personen mit kleinen und mittleren Einkommen eine nicht mehr tragbare Belastung darstellten – sie müssten bis zu 20 Prozent ihrer Einkommen für die Krankenkassenprämien ausgeben. Obwohl die Prämien seit 1995 um 142 Prozent gestiegen seien, gäben heute zudem einige Kantone weniger Geld für die Prämienverbilligungen aus als noch vor zehn Jahren. Der indirekte Gegenvorschlag sei diesbezüglich lediglich «ein Tropfen auf den heissen Stein».
Eine Minderheit de Courten beantragte, nicht auf den Gegenvorschlag einzutreten. Die Kosten der Prämienverbilligungen seien bereits von CHF 1.5 Mrd. auf CHF 5 Mrd. jährlich angestiegen und würden mit dem Gegenvorschlag noch weiter steigen. Der Vorschlag des Bundesrates verringere die Prämienkosten nicht – zumal der «Druck auf die Prämienzahlenden» sinke, wenn jemand anderes für ihre Prämien aufkomme. Neben dem Nichteintretensantrag legte die SVP-Fraktion weitere Minderheitsanträge vor: So sollen gemäss eines Minderheitsantrags von Thomas Aeschi (svp, ZG) die Ergänzungsleistungen nicht separat ausgewiesen werden müssen, wodurch sich die Belastung für die Kantone verringern würde. Zudem sollten gemäss einer Minderheit de Courten zumindest die Verlustscheine angerechnet werden. Schliesslich sollten die Kantone anonymisierte Angaben zu den Empfängerinnen und Empfängern, unter anderem zur Staatsbürgerschaft, machen müssen (Minderheit Aeschi).
Es folgte eine angeregte und sehr ausführliche Debatte zu Krankenkassenprämien und Individualverbilligungen. Die Mitglieder der SP- und Grünen-Fraktion warben für die Initiative, empfahlen aber auch den Gegenvorschlag zur Annahme, variierten in dessen Einschätzung aber deutlich: Mattea Meyer (sp, ZH) sprach etwa von einem substanziellen Gegenvorschlag, während ihn Manuela Weichelt (al, ZG) als «Kröte» erachtete. Die Sprechenden der SVP-Fraktion lehnten sowohl Initiative als auch Gegenvorschlag als unnütz und zu teuer ab. Die Sprechenden der Mitte-, Grünliberalen- und FDP-Fraktionen zeigten sich zwar mehrheitlich nicht enthusiastisch gegenüber dem Gegenvorschlag, empfahlen ihn aber etwa als «tragbar» (Regine Sauter: fdp, ZH) oder gar als «in sich stimmig und in seiner Grösse ausreichend, um eine echte Alternative zur Volksinitiative darzustellen» (Jörg Mäder: glp, ZH) zur Annahme.
Tags darauf schritt der Nationalrat zur Abstimmung über Eintreten auf den Gegenvorschlag. Mit 134 zu 53 Stimmen sprach sich der Rat für Eintreten und gegen den Minderheitsantrag de Courten aus. Einstimmig lehnte die SVP-Fraktion Eintreten ab. In der Folge verwarf die grosse Kammer die Minderheitsanträge Aeschi und de Courten deutlich. Schliesslich nahm der Nationalrat den indirekten Gegenvorschlag mit 119 zu 66 Stimmen – die Gegenstimmen stammten von der SVP- und von Teilen der FDP.Liberalen-Fraktion – (bei 2 Enthaltungen) an. Hingegen sprach er sich mit 121 zu 67 Stimmen für eine Empfehlung zur Ablehnung der Volksinitiative und somit gegen die Minderheit Gysi aus; für eine Annahmeempfehlung stimmten die Fraktionen der SP und der Grünen. Stillschweigend verlängerte der Rat in der Folge die Behandlungsfrist der Initiative aufgrund des Gegenvorschlags bis Oktober 2023.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Zu Beginn der Sommersession 2022 debattierte der Nationalrat über die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei und über den bundesrätlichen indirekten Gegenvorschlag dazu. Philippe Nantermod (fdp, VS) und Thomas de Courten (svp, BL) präsentierten dem Rat die beiden Vorlagen. Die Initiative wolle den Anstieg der Prämien begrenzen und mit demjenigen der Durchschnittslöhne und der Volkswirtschaft in Einklang bringen, erläuterte Nantermod. Geschehe dies nicht, müsse der Bundesrat innerhalb von zwei Jahren verbindliche Massnahmen ergreifen. Die Initiative führe nun aber entweder zu einem «tigre de papier» – einem Papiertiger – oder zur Einführung eines Globalbudgets, also quasi eines Kostendachs. Beide Entwicklungen seien nicht wünschenswert, betonte der Kommissionssprecher. Deshalb habe sich die die Kommission mit 20 zu 4 Stimmen für eine Ablehnungsempfehlung zur Initiative ausgesprochen und zahlreiche Änderungen am Gegenvorschlag vorgenommen. Man lehne «le coeur du contre-projet du Conseil fédéral», die Aufnahme der Kostenziele, ab.
Christian Lohr (mitte, TG) bewarb in der Folge die Initiative: Die Schere zwischen Gesundheitskosten und Löhnen sei immer stärker aufgegangen, die Gesundheitskosten gehörten zu den grössten Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer. Immer mehr Leute, aktuell rund 6 Prozent der Versicherten, könnten ihre Prämien nicht mehr bezahlen und gerieten dadurch in finanzielle Schwierigkeiten. Die Initiative verlange aber kein Globalbudget, wie immer wieder behauptet werde. Vielmehr sollten bei einem zu starken Anstieg der Kosten alle Betroffenen «gemeinsam am Problem arbeiten» und Lösungen suchen.
Bevor sich der Rat mit der Initiative befasste, stimmte er über Eintreten auf den Gegenvorschlag ab und führte dessen Detailberatung durch. Eine Minderheit Weichelt (al, ZG), die von Céline Amaudruz (svp, GE) übernommen wurde, nachdem sie Weichelt zurückziehen wollte, erachtete die Massnahmen der Massnahmenpakete Ia und Ib zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen als vorerst genügend und beantragte, nicht auf den Gegenvorschlag einzutreten. Zudem fürchtete Amaudruz eine Rationierung der Behandlungen, mehr Bürokratie und einen Konflikt der neuen Regelungen mit der Tarifpartnerschaft. Mit 119 zu 43 Stimmen (bei 15 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat für Eintreten aus. Neben der mehrheitlich gegen Eintreten stimmenden SVP-Fraktion votierten auch drei Mitglieder der FDP.Liberalen-Fraktion und ein Mitglied der Grünliberalen dagegen. Enthaltungen fanden sich überdies bei Mitgliedern der Grünen und der SP.
Für die Detailberatung lagen zahlreiche Änderungsanträge der Kommissionsmehrheit gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag vor. So wollte die Mehrheit der SGK-NR wie von Philippe Nantermod angekündigt insbesondere auf die Kostenziele verzichten, verlangte aber auch verschiedene zusätzliche Regelungen, etwa eine Evaluation der Leistungen, die womöglich nicht wirksam oder zweckmässig sind, mehr Wettbewerb bei den Laboratorien, die Beurteilung von Tarifverträgen innert einem Jahr sowie ein Opting-Out für Ärzte – also die Möglichkeit, sich von Listen der Krankenversicherungen streichen zu lassen. Zudem soll der Bundesrat sofort überhöhte Vergütungen im Tarmed korrigieren. Eine Minderheit I Lorenz Hess (mitte, BE) versuchte, den Kommissionsvorschlag näher an die Initiative zu bringen, indem er die Kostenziele des Bundesrates im Gegenvorschlag belassen wollte. Neu sollten sie jedoch weniger ausführlich geregelt und jeweils für vier Jahre und unter vorheriger Anhörung von Versicherungen, Kantonen und Leistungserbringenden festgelegt werden. Bei Nichteinhaltung der Kostenziele sollte zudem nicht der Bundesrat aktiv werden, sondern eine neu zu schaffende «Eidgenössische Kommission für das Kosten- und Qualitätsmonitoring in der OKP» soll Empfehlungen für Massnahmen erlassen. Eine Minderheit II Wasserfallen (sp, BE) ergänzte den Vorschlag von Hess um eine Anhörung der Versicherten in Ergänzung zu den Tarifpartnern. Diese Ergänzung hiess der Rat gut und bevorzugte anschliessend das Konzept von Hess und Wasserfallen gegenüber dem Vorschlag der Kommissionsmehrheit knapp mit 94 zu 91 Stimmen (bei einer Enthaltung). Somit konnte die Mitte-Fraktion mit Unterstützung der SP und der Grünen das Konzept der Kostenziele im Gegenvorschlag verteidigen.
Neben verschiedenen stillschweigend gutgeheissenen Änderungen der Kommission, etwa bezüglich eines stärkeren Wettbewerbs zwischen den Laboratorien und der Beurteilung der Tarifverträge innert eines Jahres, waren auch zwei Minderheitsanträge erfolgreich. Eine Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) wollte nicht nur überhöhte Vergütungen im Tarmed, wie es die Kommissionsmehrheit verlangte, sondern auch nicht sachgerechte und nicht betriebswirtschaftliche Vergütungen korrigieren lassen. Dem stimmte der Nationalrat gegen eine Minderheit de Courten zu, der argumentierte, dass die Überprüfung erst nach der Ersetzung von Tarmed durch Tardoc vorgenommen werden solle. Der Nationalrat folgte weiter einer Minderheit Nantermod, welche sich gegen das Opting-Out der Ärzte wehrte: Diese Massnahme weise kein Sparpotenzial auf und könne in kleinen Gemeinden mit wenigen Ärzten gar die Nutzung von alternativen Versicherungsmodellen verhindern, wurde argumentiert.
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat den Gegenvorschlag mit 104 zu 74 (bei 5 Enthaltungen) an, wobei die befürwortenden Stimmen von der Mitte-, der SP-, der Grünen- und einem Grossteil der GLP-Fraktion stammten. In der folgenden Abstimmung zur Empfehlung auf Ablehnung der Initiative stand die Mitte-Fraktion dann jedoch alleine da: Mit 156 zu 28 Stimmen sprach sich der Nationalrat für die Nein-Parole aus, lediglich die Mitglieder der Mitte-Fraktion votierten für eine Ja-Parole. Stillschweigend hiess die grosse Kammer in der Folge eine Fristverlängerung der Initiative bis November 2023 gut.

Eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (BRG 21.067)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Im Novemebr 2021 gab der Bundesrat bekannt, die sogenannte Kostenbremse-Initiative «für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» der Mitte-Partei zur Ablehnung zu empfehlen und ihr einen indirekten Gegenvorschlag entgegenzustellen. Die Initiative verlangt, dass sich die Kosten der OKP zukünftig dank einem Kostenbremsemechanismus nur noch «entsprechend der schweizerischen Gesamtwirtschaft und den durchschnittlichen Löhnen» erhöhen darf. In ihrer Botschaft erachtete die Regierung den Kostenbremsemechanismus der Initiative als zu starr. Demnach sei das Kostenwachstum neben der Lohnentwicklung auch auf andere Faktoren wie die Alterung der Gesellschaft oder den technisch-medizinischen Fortschritt zurückzuführen – diese Aspekte müssten folglich bei einem entsprechenden Mechanismus ebenfalls berücksichtigt werden. Ansonsten berge eine solche Regelung die Gefahr von Rationierungen oder einer Zweiklassenmedizin. In einem indirekten Gegenvorschlag schlug der Bundesrat stattdessen vor, die Transparenz bezüglich der Kostenentwicklung zu vergrössern, indem zukünftig Ziele der Kostenentwicklung in den verschiedenen Bereichen der OKP festgelegt werden. Werden diese Ziele nicht erreicht, müssen Tarifpartner, Kantone und der Bund die Notwendigkeit korrigierender Massnahmen prüfen. Solche Kostenziele hatte der Bundesrat ursprünglich im zweiten Massnahmenpaket vorgeschlagen und nun entsprechend der Vernehmlassungsantworten überarbeitet und in eine eigene Vorlage umgewandelt. Der Bundesrat erwartete von solchen Kostenzielen einen deutlich spürbaren Kostendämpfungseffekt.

Eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (BRG 21.067)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Im Oktober 2021 befanden National- und Ständerat im Rahmen der Schlussabstimmung über die Organspende-Initiative sowie ihren indirekten Gegenvorschlag. Die Volksvertreterinnen und -vertreter stimmten mit 141 zu 44 Stimmen (bei 11 Enthaltungen) für den indirekten Gegenentwurf und mit 137 zu 29 Stimmen (bei 29 Enthaltungen) für den Bundesbeschluss auf Empfehlung der Ablehnung der Volksinitiative. Das Stöckli sprach sich mit 31 zu 12 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zugunsten des Gegenvorschlags und mit 35 zu 0 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) für den Bundesbeschluss auf Ablehnungsempfehlung aus. In der Folge zog das Initiativkomitee die Initiative bedingt zurück. Sollte also das Referendum gegen den indirekten Gegenvorschlag ergriffen und das Gesetz von der Bevölkerung abgelehnt werden, würde es dennoch zur Volksabstimmung über die Initiative kommen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Zwei Tage nach dem Ständerat beugte sich erneut der Nationalrat über die Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» und den indirekten Gegenvorschlag. Die beiden Kommissionssprecherinnen der SGK-NR, Flavia Wasserfallen (sp, BE) und Céline Amaudruz (svp, GE), stellten hinsichtlich des Gegenvorschlags kurz die wenigen redaktionellen und formellen Differenzen zum Ständerat vor. Zudem liessen sie verlauten, dass die Kommission mit 21 zu 0 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) entschieden habe, der kleinen Kammer und dem Bundesrat zu folgen und die ursprünglich zur Annahme empfohlene Volksinitiative nun zur Ablehnung zu empfehlen. Grund für diesen Sinneswandel sei, dass die Abstimmungsempfehlung relativ früh getroffen worden sei, mit dem indirekten Gegenvorschlag nun aber eine gute Lösung vorliege, die im Gegensatz zum Volksbegehren auch der Rolle der Angehörigen Rechnung trage. In der Folge bereinigte der Nationalrat stillschweigend die noch bestehenden Differenzen beim Gegenvorschlag und sprach sich gegen die Volksinitiative aus.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Die Organspende-Initiative und ihr indirekter Gegenvorschlag waren Gegenstand der ständerätlichen Debatte in der Herbstsession 2021. Im Vorfeld hatte sich die SGK-SR mit 9 zu 3 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates und mit 10 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gegen das Volksbegehren ausgesprochen. Gemäss Kommissionssprecher Paul Rechsteiner (sp, SG) sei die Widerspruchsregelung als «konkrete Antwort auf den Organmangel» zu werten. Ausgehend von den Erfahrungen südeuropäischer Staaten könne angenommen werden, dass die Zahl der Spenderinnen und Spender durch einen Systemwechsel zunehme. Allerdings gehe der Kommissionsmehrheit wie bereits dem Bundesrat die von der Initiative geforderte enge Widerspruchslösung zu weit – daher auch die diesbezüglich ablehnende Haltung. Weitere Ansätze, mit denen dem Organmangel begegnet werden könnte, namentlich die Einführung eines Erklärungsmodells und der Vorschlag Nantermod (fdp, VS), den Spendewillen auf der Krankenversicherungskarte einzutragen, hätten in der Kommission ebenfalls keine Unterstützung gefunden, so Rechsteiner weiter. Beim indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates, welcher eine erweiterte Widerspruchlösung vorsehe, handle es sich hingegen um eine griffige Lösung, bei der auch die nächsten Angehörigen entlastet würden. Eine Kommissionsminderheit rund um Josef Dittli (fdp, UR) teilte diese Ansicht indes nicht. Dem Urner Standesvertreter zufolge würde auch durch den indirekten Gegenvorschlag «eine Erwartungshaltung generiert, die einer Pflicht zur Organspende gefährlich nahe komm[e]». Einen entsprechenden Nichteintretensantrag lehnte der Ständerat jedoch mit 31 zu 13 Stimmen ab. In der Detailberatung folgte die kleine Kammer abgesehen von redaktionellen und formellen Änderungen der grossen Kammer und nahm den Entwurf des indirekten Gegenvorschlags mit 31 zu 12 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an. Die Volksinitiative indes blieb im Ständerat chancenlos. Einstimmig sprachen sich die Kantonsvertreterinnen und -vertreter gegen das Volksbegehren aus.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Wie er ein Jahr zuvor angekündigt hatte, empfahl der Bundesrat die Prämien-Entlastungs-Initiative in seiner im September 2021 publizierten Botschaft zur Ablehnung und stellte ihr einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Er wolle das Anliegen der Initiative, die «Bevölkerung bei den Prämien zu entlasten», im Rahmen des KVG umsetzen, eine Verfassungsänderung sei dafür nicht notwendig. So wolle er dafür sorgen, dass die Anteile verschiedener Kantone an der Prämienverbilligung nicht weiter sinken. Demnach soll zukünftig ein Mindestbeitrag für die Kantone in Abhängigkeit der Bruttokosten der OKP für die im Kanton Versicherten sowie in Abhängigkeit der mit den Prämienverbilligungen verbleibenden Belastung der Versicherten festgesetzt werden.
In der dazu durchgeführten Vernehmlassung mit 57 Teilnehmenden, unter anderem der GDK, der SODK, allen Kantonen, sechs Parteien sowie verschiedenen Verbänden, war der Gegenvorschlag auf geteilte Meinungen gestossen. Ihre Unterstützung sagten die Kantone Waadt und Tessin, die SP und die Grüne Partei, der Gewerkschaftsbund sowie verschiedene Konsumenten- und andere Verbände zu und auch die FDP, die Mitte, die EVP und die Versichererverbände begrüssten gemäss Botschaft den Vorentwurf. Ablehnend reagierten elf Kantone (AR, BL, GL, LU, NW, OW, SG, SZ, UR, ZG, ZH), die SVP und der Gewerbeverband. Alternativvorschläge machten die CLASS, welche die Bundesbeiträge nach deren Bedarf an die Kantone verteilen wollte, und die GDK, die alle kantonalen Beiträge an die Prämien, auch diejenigen über die Sozialhilfe oder die EL, zur Berechnung des Mindestanteils einbeziehen wollte.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Während der Sondersession Anfang Mai 2021 stand die Organspende-Initiative sowie der vom Bundesrat lancierte indirekte Gegenvorschlag auf der Traktandenliste des Nationalrates, der dieses Geschäft als Erstrat behandelte. Im Rat herrschte grossmehrheitlich Einigkeit darüber, dass Handlungsbedarf angezeigt sei – umfasste doch gemäss Kommissionssprecher Philippe Nantermod (fdp, VS) die Warteliste für eine Organspende alleine 2019 1'415 Personen. Bei der Frage, wie der Problematik begegnet werden kann, herrschte indes über die Parteigrenzen hinweg Uneinigkeit.
Die grosse Kammer diskutierte in einem ersten Schritt den indirekten Gegenvorschlag, nachdem sie einen Nicht-Eintretensantrag von Siebenthal (svp, BE) abgelehnt hatte. Der Berner SVP-Politiker hatte seinen Antrag damit begründet, dass dem Volk bei einer solch zentralen Angelegenheit eine aktive Mitsprache zugestanden werden müsse, dies jedoch im Falle eines Rückzugs der Volksinitiative nicht gegeben sei.
In der Detailberatung folgte der Nationalrat weitgehend dem bundesrätlichen Entwurf sowie den von der Mehrheit seiner SGK vorgenommenen Präzisierungen. Eine dieser Präzisierungen bestand darin, dass die im indirekten Gegenvorschlag vorgesehene erweiterte Widerspruchslösung mit der Möglichkeit versehen werden soll, sich explizit für eine Organspende auszusprechen. Weiter bestätigte der Nationalrat die Meinung der Kommission, dass der Wille der hingeschiedenen Person gegenüber dem Willen ihrer Angehörigen vorrangig behandelt werden muss und dass der Entscheid über eine allfällige Organspende an eine Vertrauensperson übertragen werden kann, welche die Rolle der nächsten Angehörigen einnimmt.
Wie bereits bei der Behandlung durch die Kommission fand auch in der Ratsdebatte das sogenannte Erklärungsmodell, das von einer Minderheit Amaudruz (svp, GE) gefordert wurde, keine Mehrheit. Gemäss diesem sollten sich die einzelnen Personen regelmässig zu ihrer Absicht bezüglich Organspende äussern. Ebenfalls erfolglos blieben weitere Minderheitsanträge, darunter zwei Anträge einer Minderheit Nantermod. Diese verfolgten das Ziel, dass Bürgerinnen und Bürger bei Behördengängen – wie zum Beispiel bei der Erneuerung der Identitätskarte – auf die Regelung zur Organspende hinzuweisen seien und dass ihr Wille auf der Versicherungskarte vermerkt werden soll.
In der Gesamtabstimmung stimmte der Nationalrat dem indirekten Gegenvorschlag schliesslich deutlich mit 150 zu 34 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) zu, wobei sämtliche Nein-Stimmen aus dem Lager der SVP-Fraktion stammten. Äusserst knapp fiel indes das Resultat der im Anschluss daran erfolgten Abstimmung betreffend die Empfehlung zur Volksinitiative aus: Mit 88 zu 87 Stimmen (bei 14 Enthaltungen) sprach sich die grosse Kammer auch für das Volksbegehren aus. Eine grosse Mehrheit der SVP- und der Mitte-Fraktion empfahlen die Initiative zur Ablehnung, gespalten zeigte sich die FDP-Fraktion. Weitere Nein-Stimmen kamen von Mitgliedern der SP-Fraktion. Die Grünliberalen und die Grünen waren die einzigen, die dem Volksbegehren geschlossen zustimmten, wenn auch mit einigen Enthaltungen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Im März 2021 liess die Bundeskanzlei verlauten, dass die Volksinitiative «Ja zu mehr Mitbestimmung der Bevölkerung bei der Kranken- und Unfallversicherung», bei der die Bevölkerung «Art und Umfang der Versicherung frei» hätte wählen können, nicht rechtzeitig mit der nötigen Unterschriftenzahl bei der BK eingereicht worden sei. So sei die Corona-bedingt verlängerte Sammelfrist unbenutzt abgelaufen, was gemäss Mit-Initiantin Yvette Estermann (svp, LU) den erschwerten Sammelbedingungen durch die Pandemie geschuldet sei.

Eidgenössische Volksinitiative «Ja zu mehr Mitbestimmung der Bevölkerung bei der Kranken- und Unfallversicherung»
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Im November 2020 veröffentlichte der Bundesrat seine Botschaft zur Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten». Darin befürwortete er das Ansinnen des Volksbegehrens prinzipiell. Es existiere zwar der Aktionsplan «Mehr Organe für Transplantationen», die Anzahl Organspenden seien in der Schweiz jedoch im europäischen Vergleich immer noch tief. Zur Verbesserung der Chancen für Menschen, die auf eine Organspende warten, sei eine zusätzliche Massnahme deshalb angebracht. Dennoch empfahl der Bundesrat die Initiative zur Ablehnung. Ausgehend von der wissenschaftlichen Literatur könne zwar angenommen werden, dass mit der Einführung einer Widerspruchslösung die Spendenrate ansteigen werde. Allerdings sei dem Initiativtext nichts darüber zu entnehmen, welche Rolle den Angehörigen von möglichen Organspendenden zukommen solle. Die Landesregierung war der Ansicht, dass eine enge Widerspruchslösung, wie sie die Initiative gemäss ihrem Wortlaut darstelle, «ethisch nicht vertretbar» sei.
Stattdessen stellte der Bundesrat der Initiative nach der Vernehmlassung eines entsprechenden Vorentwurfs einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber, im Rahmen dessen er eine Änderung des Transplantationsgesetzes in Richtung einer erweiterten Widerspruchslösung beabsichtigte. Werde eine Organspende erwogen, müssten die Angehörigen konsultiert werden. Diese sollen zudem über den mutmasslichen Willen der verstorbenen Person befragt werden, falls kein Dokument mit der Absicht der bzw. des Hingeschiedenen vorhanden sein sollte. Um sicherzustellen, dass der Wille des bzw. der Verstorbenen zuverlässig erfasst und im Notfall abrufbar ist, sah die Landesregierung die Einrichtung eines leicht bedienbaren Organ- und Gewebespenderegisters vor. Darin sollen zu Lebzeiten ein allfälliger Widerspruch, die Nicht-Berücksichtigung einzelner Organe für eine Spende, aber auch eine generelle Zustimmung zur Organentnahme festgehalten werden können, wobei eine Änderung des Eintrags jederzeit möglich sein soll. Ferner plante der Bundesrat, die Bevölkerung mittels «umfassende[r] Kommunikationsstrategie» über die vorgenommene Gesetzesänderung und das Widerspruchsrecht zu informieren.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Im Oktober 2020 wurde der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung des indirekten Gegenvorschlags zur Organspende-Initiative, welche vom 13. September bis zum 13. Dezember 2019 gedauert hatte, veröffentlicht. Insgesamt hatten 81 Akteurinnen und Akteure Stellung genommen, wobei sich mit 53 von ihnen ein Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden vollumfänglich oder grundsätzlich zustimmend zum Gegenvorschlag aussprachen. Zu ihnen gehörten 21 Kantone, die beiden Parteien GLP und GPS sowie dreissig Organisationen, darunter auch Swisstransplant, eine Unterstützerin der Volksinitiative. Explizit abgelehnt wurde die Vorlage von 16 Vernehmlassungsteilnehmenden. Als Gründe für die ablehnende Haltung wurden die Befürwortung der Volksinitiative (JU), des Erklärungsmodells (LU, CVP, EVP, CBCES, EKS, MERH_UZH, NEK) oder der parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS; pa.Iv. 18.443; FDP), aber auch die zu enge Zustimmungslösung (ÄPOL) und der Wunsch nach Beibehaltung der aktuell gültigen erweiterten Zustimmungslösung (HGS) aufgeführt. Weitere Argumente gegen den indirekten Gegenvorschlag liessen sich auf ethische Bedenken (SH, HLI, MIGUNIBE, SPO) oder auf die Forderung zurückführen, dass die Vorlage Teil eines Gesamtprojekts zur Einwilligung in der Gesundheits- und Humanforschung sein sollte (Privatim). Weder eine zustimmende noch eine ablehnende Haltung nahmen aus diversen Gründen zehn Vernehmlassungsteilnehmende ein (BL, TG, iEH2, SPS, BDP, SVP, GDK, insieme, SBK und SGG). Der SAV, santésuissse und der SSV verzichteten auf eine Stellungnahme.

Positiv aufgenommen wurde von der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden die geplante Einbindung der Angehörigen. In diesem Zusammenhang kam denn auch mehrfach die Forderung auf, dass eine Organentnahme nur zulässig sein soll, wenn die Angehörigen erreicht werden können. Auch die gesetzliche Verankerung eines Registers wurde grösstenteils befürwortet, wobei verschiedene Änderungsvorschläge eingingen. Einer von ihnen bestand darin, dass neben der Dokumentation des Widerspruchs auch eine Zustimmung festgehalten werden können sollte. Von verschiedenen Seiten wurde zudem der Wunsch geäussert, dass der Stiftung Swisstransplant die Registerführung zukommen soll, weil sie bereits über ein Register verfüge. Ferner wurde der Information der Bevölkerung über das Widerspruchsmodell ein hoher Stellenwert beigemessen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Anfang März 2020 gab die CVP bekannt, dass sie ihre Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (Kostenbremse-Initiative) mit 119'000 Unterschriften der Bundeskanzlei überreicht habe. Mit der Initiative zwinge man das Parlament und die anderen Parteien zum Handeln, betonte CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (cvp, SO). Die NZZ sah hingegen eher den Bundesrat in der Pflicht, da die Initiative Parallelen zum zweiten Kostendämpfungspaket, das die Regierung in Kürze vorlegen wolle, beinhalte. Folglich spekulierte die NZZ, dass der Bundesrat die Initiative entweder als erfüllt erachten könnte oder aber ihr das Bundesratsgeschäft als indirekten Gegenvorschlag entgegenstellen könnte. So kam es dann im Mai 2020 auch: Noch bevor die Bundeskanzlei aufgrund des Corona-bedingten Fristenstillstands das Zustandekommens der Initiative bestätigen konnte, gab der Bundesrat bekannt, das zweite Kostendämpfungspaket als indirekten Gegenvorschlag zur Initiative behandeln zu wollen. Im Juni 2020 konnte die Bundeskanzlei schliesslich auch über das formelle Zustandekommen der Initiative mit 103'761 gültigen Unterschriften informieren.

Eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (BRG 21.067)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Im Mai 2020 gab der Bundesrat bekannt, die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Er störte sich daran, dass sich die Initiative ausschliesslich auf die Finanzierung der Gesundheitsausgaben konzentriere und die Kostenproblematik – mit der sich die Kostenbremseinitiative der CVP ausschliesslich beschäftige – ausser Acht lasse. Er wehrte sich auch dagegen, dass der Bund gemäss Initiative für zwei Drittel der individuellen Prämienverbilligungen aufkommen sollte – was ihn gemäss eigenen Zahlen pro Jahr CHF 6 Mrd. und nicht CHF 2.5 Mrd. bis CHF 3 Mrd., wie die Initianten und Initiantinnen berechnet hatten, kosten würde –, obwohl die Gesundheitskosten stark durch die Entscheidungen der Kantone, etwa bezüglich Spitalplanung, beeinflusst würden. Diese hätten ihre Beiträge an die IPV zudem in den letzten Jahren immer stärker gesenkt. Da er sich der hohen Belastung der Haushalte durch die Krankenversicherungsprämien bewusst sei – diese wurde unter anderem im Monitoring 2017 zur Wirksamkeit der Prämienverbilligungen ausführlich dargelegt –, legte der Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative vor. Darin schlug er vor, den Kantonsbeitrag für die Prämienverbilligungen an die kantonalen Bruttokosten sowie an die verbleibende Prämienbelastung zu knüpfen; dies entspräche der im Bericht zur Überprüfung der Finanzierung der Prämienverbilligung zur Erfüllung des Postulats Humbel (cvp, AG; Po. 17.3880) ausführlich beschriebenen Variante 2. Dies würde für die Kantone schätzungsweise zusätzliche Kosten von CHF 777 Mio. jährlich mit sich bringen, gleichzeitig aber auch Anreize zur Eindämmung des Kostenanstiegs im Gesundheitswesen schaffen, argumentierte er.
Im Oktober 2020 schickte der Bundesrat seinen indirekten Gegenvorschlag in die Vernehmlassung; diese wird bis Februar 2021 andauern.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Nur ein Jahr nach deren Lancierung erklärte die Bundeskanzlei im Februar 2020 die Prämien-Entlastungs-Initiative für Zustandegekommen. Die Initiative der SP, die den Titel «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien» trägt, verlangt, dass der Anteil der Krankenkassenprämien, der 10 Prozent des verfügbaren Einkommens übersteigt, nicht durch die Versicherten selber zu tragen sei, sondern mittels Prämienverbilligung von Bund und Kantonen übernommen werden soll. Die Initiantinnen und Initianten hatten nach nur 10 Monaten 101'780 gültige Unterschriften eingereicht – auch wenn die Unterschriftensammlung gemäss Tribune de Genève anfänglich nur 1 Monat hätte beanspruchen sollen.
Vor allem in den Medien der Romandie löste die Einreichung der Unterschriften einiges Interesse aus. Das hohe Tempo bei der Unterschriftensammlung zeige, dass ihre Partei einen Nerv getroffen habe, sagte Barbara Gysi (sp, SG) bei der Einreichung gegenüber dem Tages-Anzeiger. Auch SGB-Präsident Maillard (sp, VD) betonte die Wichtigkeit der Initiative: Bereits heute gäben viele Haushalte – vor allem diejenigen mit tiefen Einkommen – mehr als 15 Prozent ihres Einkommens für die Prämien aus und dieser Anteil würde weiter steigen. Darüber, wie hoch der durchschnittliche Anteil der Prämien am Einkommen eines Haushalts jedoch tatsächlich ist, waren sich die Befürwortenden und ihre Kritikerinnen und Kritiker nicht einig: Gemäss NZZ beträgt dieser 7 Prozent, gemäss der SP liegt er bei 14 Prozent. Ein weiterer positiver Effekt der Initiative sei zudem, dass die Problematik der Gesundheitskosten vom Parlament eher angegangen werde als bislang, als die Kosten auf die Steuern abgewälzt worden seien. Man zwinge damit die bürgerlichen Parteien zum Handeln, ergänzte Maillard.
Kritisiert wurde in den Medien unter anderem, dass die Kosten der Initiative unklar seien, da diese von der Entwicklung der Gesundheitskosten sowie von der Definition des verfügbaren Einkommens abhingen. Mehrmals war die Rede von Kosten bis CHF 4 Mrd. pro Jahr, wenn man das Modell des Kantons Waadt, der eine entsprechende Regelung bereits kennt, auf die ganze Schweiz übertragen würde. Philippe Nantermod (fdp, VS) wehrte sich überdies vor allem dagegen, dass man ein weiteres kantonales Problem auf nationaler Ebene lösen wolle. Es gäbe bereits kantonale Lösungen, die auch die übrigen kantonalen Hilfsleistungen berücksichtigten. Zudem wehrte er sich gegen die Behauptung der Initiantinnen und Initianten, dass die Gesundheitsausgaben Kopfsteuern seien: Bereits heute würden mehr als die Hälfte der Gesundheitsausgaben über die Steuern bezahlt, wodurch vor allem Personen mit höheren Einkommen belastet würden. Ansonsten würden die Prämien bereits heute bei CHF 1000 pro Monat liegen. Die CVP kritisierte schliesslich, dass die Vorlage das eigentliche Problem, die steigenden Gesundheitskosten, im Unterschied zu ihrer eigenen Initiative nicht angehe.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Am 13. September 2019 gab der Bundesrat seinen indirekten Gegenvorschlag zur Organspende-Initiative in die Vernehmlassung. Anstelle der engen Widerspruchslösung sah er eine erweiterte Widerspruchslösung vor. Konkret sollen wie bei der Initiative die Organe einer verstorbenen Person entnommen werden können, falls sich diese vor ihrem Tod nicht explizit dagegen ausgesprochen hatte. Anders als bei der Initiative sah der Gegenvorschlag allerdings den Einbezug der Angehörigen vor, welchen ein subsidiäres Widerspruchsrecht zukommen soll, falls der Wille des bzw. der Verstorbenen unbekannt ist. So sollen die Angehörigen eine Organentnahme ablehnen können, wenn davon ausgegangen werden muss, dass dies im Sinne der hingeschiedenen Person ist. Die Landesregierung plante eine intensive Informationskampagne, mit welcher die Bevölkerung über die zulässige Organ-, Gewebe- und Zellentnahme bei fehlendem Widerspruch und darüber, dass ein allfälliger Widerspruch in einem dafür geschaffenen Register festgehalten werden muss, unterrichtet werden soll. Von der Widerspruchslösung ausgenommen werden sollen Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, urteilsunfähige Menschen sowie Personen, deren Wohnsitz sich nicht in der Schweiz befindet, weil sie gemäss erläuterndem Bericht nicht über die Widerspruchslösung informiert werden können oder weil sie nicht die Gelegenheit hatten, sich gegen eine Organentnahme auszusprechen. Fehlt bei diesen Personengruppen der Widerspruch, müssten ihre Angehörigen angefragt werden, «ob sie einer Entnahme widersprechen möchten».

Inwiefern ein erweitertes Widerspruchsmodell im Vergleich zum Zustimmungsmodell die Angehörigen entlasten würde, ist umstritten. Gesundheitsminister Berset erklärte, dass zwar bei beiden Modellen die Angehörigen entscheiden müssten, dass dadurch, dass die Organentnahme nicht mehr die Ausnahme, sondern den Normalfall darstelle, «das Gespräch zwischen Pflege und Verwandten beeinfluss[t]» werde. Während Renato Lenherr, Leiter des Organspende-Netzwerks DCA, sich im Tagesanzeiger davon überzeugt zeigte, dass das Widerspruchsmodell den Angehörigen beim Treffen des Entscheids entgegenkomme, weil es sich bei der Organentnahme um den Regelfall handle, war Notfallpsychologin Viviana Abati der Ansicht, dass die Angehörigen durch den Systemwechsel nicht entlastet, sondern zusätzlich belastet würden, weil sie sich gegen eine Organspende «wehren» müssten, wenn sie der Auffassung seien, dass eine solche dem Willen des respektive der Verstorbenen widerspreche.

Einige Tage bevor der Bundesrat seinen Entwurf in die Vernehmlassung gab, hatte die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK), welche die Widerspruchslösung für «ethisch bedenklich» hielt, einen Alternativvorschlag präsentiert. Denn auch sie befand die aktuelle Situation für unbefriedigend, da eine Mehrheit der Bevölkerung eine positive Haltung gegenüber einer Organspende einnehme, sich allerdings nur sehr wenige diesbezüglich explizit äusserten. Dies habe zur Folge, dass es an den Angehörigen liege, diese schwierige Entscheidung zu treffen, und zudem nicht genügend Organe vorhanden seien. Mit dem sogenannten Erklärungsmodell sah die NEK vor, dass sich die Menschen regelmässig mit der Frage, ob sie Organe spenden möchten oder nicht, auseinandersetzen und ihren Willen in einem Register eintragen müssen. Wie genau die Regelung ausgestaltet werden soll, darüber bedürfe es noch Diskussionen, so die Kommission in der NZZ. In den Medien war diesbezüglich von einem Spenderegistereintrag bei der Erneuerung der Identitätsausweise oder anlässlich von Konsultationen beim Hausarzt die Rede. Neben der Zustimmung und der Ablehnung der Organspende soll auch die Angabe «keine Erklärung» gemacht werden können. Die NEK versprach sich vom Erklärungsmodell, dass sich die positive Grundhaltung der Schweizer Bevölkerung bezüglich Organspende auch in den Anzahl Spenderegistereinträgen niederschlagen und dass das Vertrauen in die Organspende gefördert würde. Gemäss NZZ hatte sich auch der Bundesrat mit dem Erklärungsmodell auseinandergesetzt, dieses allerdings verworfen, da er unter anderem die wiederholte Abfrage des Spenderwillens «als Eingriff in die persönliche Freiheit» interpretierte.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Im Juni 2019 nahm die Bundeskanzlei die Vorprüfung der Volksinitiative «Ja zu mehr Mitbestimmung der Bevölkerung bei der Kranken- und Unfallversicherung» vor. Die Initiative eines Komitees um SVP-Nationalrätin Yvette Estermann (svp, LU) forderte, dass zukünftig alle Menschen das Recht haben sollen, «Art und Umfang der Versicherung frei zu bestimmen». Dadurch sollen die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit erhalten, zukünftig Leistungen für eine nachhaltige Stärkung der Gesundheit, Leistungen der Alternativmedizin sowie eine ganzheitliche Pflege und ursachenbasierte Behandlung wählen zu können, erklärte das Komitee auf seiner Internetseite. Dies würde gleichzeitig auch Ärztinnen und Ärzte sowie Spitäler vom «finanziellen, gewinnorientierten Umsatzdruck befreien», erklärte das Initiativkomitee weiter.
Das Zeitfenster für die Unterschriftensammlung startete am 2. Juli 2019 und würde folglich bis zum 2. Januar 2021 laufen. Aufgrund des vom Bundesrat verhängten Fristenstillstand bei eidgenössischen Volksbegehren bis zum 31. Mai 2020 wird diese Frist entsprechend verlängert.

Eidgenössische Volksinitiative «Ja zu mehr Mitbestimmung der Bevölkerung bei der Kranken- und Unfallversicherung»
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Mitte Juni 2019 gab der Bundesrat dem EDI die Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags zur Organspende-Initiative in Auftrag. Prinzipiell befürwortete die Landesregierung die Forderung des Volksbegehrens der «Jeune Chambre International Riviera» zwar – so habe das Modell der Widerspruchslösung in anderen europäischen Ländern zu einer Zunahme an Organspenden geführt, was für die Verkürzung der Wartezeiten für eine Organtransplantation und das Retten von Menschenleben zentral sei –, jedoch sprach sich der Bundesrat gegen eine enge Widerspruchslösung aus, bei der die Angehörigen nicht miteingebunden werden. In seinem indirekten Gegenvorschlag sah er daher eine erweiterte Widerspruchslösung vor, bei welcher die Rechte der Angehörigen gewahrt werden sollen. Sie sollen auch künftig beigezogen werden und sich gegen eine Organspende aussprechen können, falls dies der nirgends festgehaltene Wille der hingeschiedenen Person war. Der Bundesrat plante, den Gesetzestext bis im Herbst 2019 in die Vernehmlassung zu geben.
Die Medien gingen davon aus, dass das Initiativkomitee sein Anliegen wohl zurückziehen werde, falls das Parlament die Widerspruchslösung unterstützt. Gemäss Basler Zeitung hiess Franz Immer, Direktor von Swisstransplant, den bundesrätlichen Vorschlag gut. Der Einbezug der Angehörigen sei nicht explizit in die Initiative aufgenommen worden, für das Initiativkomitee stehe allerdings fest, dass die Angehörigen zu Rate gezogen werden müssten. Der medialen Berichterstattung war aber auch Kritik zu entnehmen. Die Ethikerin Ruth Baumann-Hölzle gab im Tages-Anzeiger beispielsweise zu bedenken, dem Staat komme eigentlich die Aufgabe des Schutzes der Menschen vor Eingriffen zu, mit der Widerspruchslösung werde indes riskiert, dass Menschen zu Organspendern würden, ohne dies zu wollen. In eine ähnliche Richtung argumentierte Armin Müller, Mitglied der Chefredaktion der Sonntagszeitung. Er meinte, der «menschliche[…] Körper [dürfe] nicht [durch den Staat] zum Ersatzteillager degradiert werden». Weiter befürchtete Baumann-Hölzle, dass mit dem indirekten Gegenvorschlag ein Paradigmenwechsel vollzogen würde, ohne dass das Volk etwas dazu zu sagen habe, falls dagegen nicht ein fakultatives Referendum ergriffen werde.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Ein Westschweizer Komitee um die Regierungsräte Pierre-Yves Maillard (VD, sp) und Mauro Poggia (GE, mcg) lancierte 2017 gleich zwei eidgenössische Volksinitiativen zum Thema Krankenkassen. Die erste Initiative «Für ein von den Krankenkassen unabhängiges Parlament» verlangte, dass die Mitglieder der Bundesversammlung zukünftig keinen Einsitz in Organen von Krankenversicherungen oder wirtschaftlich mit ihnen verbundenen Organisationen haben und von diesen keine Vergütungen mehr annehmen dürfen. Bei schweren Verstössen dagegen verlören die Parlamentsmitglieder ihr parlamentarisches Mandat. Der Konflikt zwischen wirtschaftlichen Interessen und der öffentlichen Aufgabe müsse beendet werden, da er bisher «echte» Fortschritte in der Gesundheitspolitik verhindert habe, argumentierte das Komitee. Zudem dürften Parlamentarierinnen und Parlamentarier auch keine Verbindungen zur SBB oder zur Post haben, betonten die Initianten. Auf die Kritik, wonach die Leistungserbringenden erstens deutlich besser im Parlament vertreten und zweitens deutlich stärker für die Kosten im Gesundheitswesen verantwortlich seien, entgegnete das Komitee, dass diese – anders als die Krankenkassen – kein Mandat des Staates hätten, sondern rein wirtschaftliche Akteure darstellten.

Die zweite Initiative «Für die Organisationsfreiheit der Kantone bei den Krankenversicherungen» möchte den Kantonen die Möglichkeit geben, kantonale oder interkantonale Einheitskrankenkassen zu schaffen. Diese würden die Prämien festlegen und erheben sowie die zulasten der OKP anfallenden Kosten übernehmen. Die Krankenversicherungen wären weiterhin für die Administration zuständig, würden aber von dieser Einrichtung kontrolliert. Die Medien sprachen von einer «Einheitskasse light», welche die Kantone freiwillig einführen könnten. Letzteres werteten die Medien als grosses Plus dieser Vorlage, zumal die Initiative für eine öffentliche Krankenkasse, welche die Kantone zur Einführung von Einheitskassen verpflichten wollte, in der Westschweiz auf Zustimmung gestossen, von der Deutschschweiz jedoch deutlich abgelehnt worden war.

Die Unterschriftensammlung für beide Initiativen startete im Oktober 2017. Vier Monate vor Ablauf der Sammelfrist berichtete der Tagesanzeiger, dass die Initianten für beide Initiativen erst 30'000 der nötigen 100'000 Unterschriften zusammen hätten. In der Deutschschweiz seien die Initiativen kaum auf Interesse gestossen, erklärte Maillard. Rund 20'000 Unterschriften habe man stattdessen alleine im Kanton Waadt gesammelt. Jean Blanchard, Generalsekretär des Mouvement Populaire des Familles, kritisierte insbesondere die SP, die Grünen und die Gewerkschaften, die sich kaum an der Unterschriftensammlung beteiligt hätten. Nach Ablauf der Sammelfrist im April 2019 gab die Bundeskanzlei schliesslich das Scheitern der beiden Initiativen bekannt.

Eidgenössische Volksinitiativen «für ein von den Krankenkassen unabhängiges Parlament» und «für die Organisationsfreiheit der Kantone bei den Krankenversicherungen»
Dossier: Vorstösse zur Ermöglichung kantonaler Einheitskassen
Dossier: Vorstösse zur Ermöglichung von Einheitskrankenkassen (seit 1998)
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Am 22. März 2019 reichte die Jeune Chambre Internationale Riviera ihre Volksinitiative zur Organspende ein, welche am 18. April 2019 mit 112'633 gültigen Unterschriften von der Bundeskanzlei für zustande gekommen erklärt wurde. Den Initianten und Initiantinnen zufolge waren die 100'000 nötigen Unterschriften bereits im Januar desselben Jahres erreicht worden. Im Zusammenhang mit dem Volksbegehren hatte Swisstransplant, eine Partnerin der Initiative, ein Organspendenregister eingerichtet, auf dem man sich ab dem Alter von 16 Jahren registrieren und angeben kann, ob man seine Gewebe und Organe spenden möchte. Dabei ist eine Änderung des Eintrages jederzeit möglich. Bis Ende 2018 hatten sich gemäss dem Boten der Urschweiz bereits 50'000 Personen eingetragen, wobei sich der Anteil der Eingetragenen, die eine Organspende ablehnen, auf 4 Prozent beläuft.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Um Personen mit tiefen und mittleren Einkommen zu entlasten und um ihren Zugang zum Gesundheitswesen sicherzustellen, lancierte die SP Schweiz die eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)». Demnach soll der Teil der Krankenkassenprämien, der 10 Prozent des verfügbaren Einkommens übersteigt, zukünftig durch Prämienverbilligungen bezahlt werden. Diese sollen überdies vereinheitlicht werden: Mindestens zwei Drittel davon soll zukünftig der Bund, den Rest die Kantone übernehmen. Die Sammelfrist dauert von Februar 2019 bis August 2020.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

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Zusammenfassung
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«Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und der indirekte Gegenvorschlag (BRG 21.063)

Ab Februar 2019 sammelte ein Initiativkomitee der SP Unterschriften für die sogenannte Prämien-Entlastungs-Initiative, mit der zukünftig derjenige Teil der Krankenkassenprämien, der 10 Prozent des verfügbaren Einkommens übersteigt, durch Prämienverbilligungen vergütet werden sollte. Diese Verbilligungen sollten zu mindestens zwei Dritteln vom Bund und zu einem Drittel von den Kantonen übernommen werden. Insbesondere Letzteres missfiel dem Bundesrat, der die Initiative zur Ablehnung empfahl und stattdessen einen indirekten Gegenvorschlag vorlegte, gemäss dem zukünftig der minimale Kantonsbeitrag für die Prämienverbilligungen an die kantonalen Bruttokosten sowie an die verbleibende Prämienbelastung geknüpft werden soll. Der Nationalrat verschärfte diesen Vorschlag des Bundesrates deutlich, blieb damit aber erfolglos: Nachdem der Ständerat zuerst nicht auf den indirekten Gegenvorschlag eingetreten war, schuf er darin anschliessend mehr Definitionsfreiheit für die Kantone und reduzierte ihren Minimalbeitrag deutlich. Diese Version hiessen beide Räte gut und empfahlen die Initiative zur Ablehnung.


Chronologie
Sammelbeginn
Zustandekommen
Botschaft und Vorschlag für einen indirekten Gegenvorschlag
Vernehmlassung zum indirekten Gegenvorschlag
Debatte im Erstrat
Verlängerung der Verhandlungsfrist
Nichteintretensentscheid des Ständerats auf den indirekten Gegenvorschlag
Erneutes Eintreten des Nationalrats
Eintreten des Ständerats und Detailberatung zum indirekten Gegenvorschlag
Differenzbereinigung zum indirekten Gegenvorschlag, Behandlung der Initiative durch den Ständerat und Schlussabstimmungen
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Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Anfang 2018 kündigte CVP-Präsident Gerhard Pfister an, dass seine Partei eine Initiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (Kostenbremse-Initiative) für eine Kosten- und Prämienbremse bei den Krankenkassen lancieren werde. Da gemäss Expertinnen und Experten ein Fünftel der Gesundheitskosten ohne Qualitätsverlust eingespart werden könnte, bekannte Massnahmen aber nicht umgesetzt würden, brauche es nun klare Vorgaben in der Verfassung, erklärte Pfister. Demnach soll eine Kostenbremse eingeführt werden, gemäss welcher sich die von der OKP übernommenen Kosten maximal in Übereinstimmung mit der Gesamtwirtschaft und mit den durchschnittlichen Löhnen entwickeln darf. Als Übergangsbestimmung soll festgelegt werden, dass Bund und Kantone Massnahmen zur Kostensenkung ergreifen müssen, wenn das Wachstum der durchschnittlichen Kosten pro Versicherten und Jahr zwei Jahre nach Annahme der Initiative das Wachstum der Nominallöhne um mehr als einen Fünftel übersteigt und die Tarifpartner keine verbindlichen Massnahmen zur Kostendämpfung beschlossen haben. Die Sammelfrist für die Vorlage dauert von Oktober 2018 bis April 2020.
Die Medien zeigten sich eher kritisch gegenüber der Initiative. Kritisiert wurde insbesondere, dass die Initiative zwar die populäre Forderung von tieferen Kosten aufnehme, jedoch nichts über die dafür notwendigen Massnahmen aussage. In der Folge wurde entsprechend darüber diskutiert, wie diese Massnahmen aussehen könnten. Würden solche Regelungen auf eine Rationierung der Gesundheitsleistungen hinauslaufen? Würden Leute zukünftig monatelang auf ihre Operationen warten müssen oder müssten Arztpraxen schliessen, wenn sie ein bestimmtes Kontingent an Leistungen aufgebraucht hätten? Andere Stimmen betonten jedoch, dass eine Kostenbremse dringend nötig sei und die Initiative womöglich den Druck auf die Politik steigern und dadurch eine Möglichkeit darstellen könnte, das Kostenwachstum zu stoppen.

Eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (BRG 21.067)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)