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Im November 2020 veröffentlichte der Bundesrat den durch zwei Postulate der SGK-NR (Po. 16.3352 und Po. 19.3002) geforderten Bericht zur Pflegefinanzierung. Mit ihrem zweiten Postulat hatte die Kommission vom Bundesrat verlangt, die Grundlagen für die Integration der Pflegeleistungen in eine einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und im stationären Bereich (EFAS) zu erarbeiten. Die Grundlage für eine entsprechende Eingliederung sei die Herstellung von Transparenz bezüglich der Kosten für Pflegeleistungen, betonte die Regierung. Entsprechend habe sie eine Bestandsaufnahme der Langzeitpflege vorgenommen und Finanzierungsoptionen skizziert. Verbessert werden müsse dabei insbesondere die Qualität der Kostenrechnung und -daten im ambulanten Bereich. Eine Integration in EFAS würde auch eine Neuregelung der Tarifierung nötig machen, da die Restfinanzierung durch die Kantone entfalle. Zusätzlich müssten verschiedene weitere Bereiche überprüft werden, etwa die bestehenden Beitragsstufen für die Leistungen der Pflegeheime, da diese bisher keine vollständige Vergütung der Leistungen gewährleisteten, oder die Instrumente für Planung und Aufnahmepflicht, da sichergestellt werden müsse, dass diese keine Patientenselektion zur Folge hätten. Die Umsetzung einer solchen Umstellung erachtete der Bundesrat hauptsächlich als «Sache der Tarifpartner und allenfalls der Kantone», wobei der Bund das Vorgehen durch Anpassung von Verordnungen erleichtern könne.
Aufgrund seiner Auslegeordnung seien verschiedene weitere Vorgehensweisen möglich, betonte der Bundesrat. Als beste Option erachtete er die Integration der Kosten in EFAS, wobei er sich allenfalls auch eine «Weiterführung des Status quo mit konstanten Beiträgen der OKP für Pflegeleistungen» vorstellen konnte. Eine regelmässige Anpassung der Beiträge erachtete er hingegen von allen Optionen als am teuersten.

Pflege und einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich (Po. 19.3002)

Anfang Juli 2020 veröffentlichte der Bundesrat den Bericht in Erfüllung eines Postulats von Lisa Mazzone (gp, GE) zu möglichen Gefahren, die von Aluminumsalzen in Deoderants ausgehen. Es existierten in der Schweiz und der EU einheitliche Regelungen zu Aluminium in Kosmetika, wobei nicht nur die Antitranspirante, sondern alle Kosmetika sicher sein müssten. Untersuchungen von Gremien wie dem wissenschaftlichen Ausschuss für Verbrauchersicherheit der Europäischen Kommission hätten zudem keinen «ursächlichen Zusammenhang» zwischen dem aus Deoderants stammenden Aluminium und dem Brustkrebsrisiko bei Frauen feststellen können. Daher erachte der Bundesrat den entsprechenden gesetzlichen Rahmen als hinreichend zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Gefahrenhinweise oder ein Verwendungsverbot halte die Exekutive nicht für berechtigt. Nichtsdestotrotz wolle er die Forschung zu diesem Thema weiterhin verfolgen und – falls angezeigt – Anpassungen an der Gesetzgebung vornehmen, um die Gesundheit der Konsumentenschaft hierzulande zu wahren, so der Bundesrat im Berichtsfazit.

Achtung, Gefahr! Aluminiumsalze in Deodorants (Po. 16.3762)

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport

2019 befasste sich das Parlament mit zahlreichen Geschäften zu Schweizer Gesundheitspolitik, Sport und Sozialhilfe. Besonders relevant waren bezüglich gesundheitspolitischer Themen die Diskussionen um das elektronische Patientendossier (EPD). Dieses soll 2020 in allen Regionen der Schweiz verfügbar sein, weshalb 2019 dazu einige Vorstösse behandelt wurden. So wurde ein Postulat Wehrli (fdp, VD; Po. 18.4328), welches Auskunft über die bereits ergriffenen und die noch zu ergreifenden Massnahmen verlangte, um die Umsetzung des EPD und dessen Nutzung zu fördern, vom Nationalrat angenommen. Ebenfalls Ja sagte die grosse Kammer zu einer Motion der SGK-NR (Mo. 19.3955). Diese hatte den Anschluss sämtlicher am Behandlungsprozess beteiligter Gesundheitsfachpersonen an das EPD zum Ziel und wird nun in einem nächsten Schritt im Stöckli behandelt. Mit dem im Juni 2019 verabschiedeten Bundesratsgeschäft zur «Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit im KVG» (BRG 15.083) sollen zudem die Qualität der erbrachten Leistungen im Gesundheitsbereich verbessert, die Patientensicherheit nachhaltig erhöht und die Steigerung der Kosten in der OKP abgeschwächt werden.

In Sachen Spitäler standen 2019 die Kosten im Gesundheitswesen im Mittelpunkt. Unter anderem intendierte Verena Herzog (svp, TG) mittels Motion, gemeinwirtschaftliche Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht zu unterstellen (Mo. 16.3842). Denn durch eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen und der damit verbundenen Transparenz könne man nicht nur Kosten reduzieren, sondern auch an Effizienz gewinnen, erklärte die Motionärin. 2018 hatte der Nationalrat dieser Vorlage zugestimmt, der Ständerat gab ihr in der Herbstsession 2019 allerdings einen Korb. Mit einem Selbstkostenanteil, der beim Aufsuchen der Spitalnotfallstation (und beim ambulanten Praxisbesuch) entrichtet werden soll, wollten sowohl Thomas Weibel (glp, ZH; Pa.Iv. 17.480) als auch Thomas Burgherr (svp, AG; Pa.Iv. 17.452) der Kostenentwicklung entgegenwirken, die Eigenverantwortung der Patientenschaft stärken und den Spitalnotfall entlasten. Die grosse Kammer gab in der Wintersession 2019 der parlamentarischen Initiative Weibel, nicht aber der Initiative Burgherr Folge. Des Weiteren nahm das Stöckli als Zweitrat eine Motion der SGK-NR bezüglich Referenztarifen für ausserkantonale Behandlungen an (Mo. 18.3388). Damit wollte die Kommission sicherstellen, dass die Kantone für Behandlungen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ausserhalb des Wohnkantons nicht weniger bezahlen würden als innerhalb. Bezüglich Ärzteschaft reichte Bea Heim (sp, SO; Mo. 18.3107) eine Motion zur Offenlegung der Honorare von Ärztinnen und Ärzten in einer leitenden Position ein. Transparenz sei notwendig, um falsche Anreize, unnötige Eingriffe und hohe Kosten für die OKP zu verhindern, so Heim. Die Motion wurde im März 2019 von der grossen Kammer gutgeheissen und an die kleine Kammer überwiesen.

Rund um das Pflegepersonal waren die Pflegeinitiative und der indirekte Gegenvorschlag ein wichtiges Thema. Gefordert wurden unter anderem die Sicherstellung von genügend diplomierten Pflegefachleuten und eine Kompetenzerweiterung im Bereich der direkten Abrechnung von Pflegeleistungen zu Lasten der OKP. In der Wintersession empfahl der Nationalrat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Ablehnung der Initiative und gab dem von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag mit einigen kleinen Änderungen Folge. Anders als seine Kommission wollte er beispielsweise nicht, dass eine Vereinbarung zwischen Pflegefachpersonen und Krankenkasse für die Abrechnung der Pflegenden über die OKP generell nötig ist.

Im Frühling 2019 verabschiedete das Parlament eine Änderung des Heilmittelgesetzes (BRG 18.081), die aufgrund zweier neuen EU-Verordnungen zur Erhöhung von Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten nötig geworden war, damit die Schweizer Patientenschaft weiterhin von allen europäischen Produkten profitieren kann und die Hersteller keinen Wettbewerbsnachteil erfahren. Qualität und Behandlungssicherheit waren ebenfalls Gegenstand eines Postulates Stahl (svp, ZH; Po. 19.3382), das den Bundesrat dazu aufforderte, die Bedingungen zur Ermöglichung eines Versandhandels nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel zu überprüfen. Weiter stimmte der Nationalrat in der Sommersession einer Motion Humbel (cvp, AG; Mo. 19.3005) zur Kostenvermeidung bei der Umteilung von den Medikamenten der Kategorie C in die Kategorie B zu und überwies sie an den Ständerat. Antibiotika und ihre Resistenz wurden 2019 mittels zweier Vorstösse thematisiert. Zum einen sprach sich der Nationalrat als Erstrat für eine Motion Graf (gp, BL; Mo. 19.3861) aus, die den Bundesrat damit beauftragte, seine One-Health-Strategie mit der Erforschung von Antibiotikaresistenzen zu ergänzen, um so eine Vorgehensweise zur Bekämpfung ihrer Ursachen ausarbeiten zu können. Zum anderen reichte Claude Béglé (cvp, VD, Po. 19.3860) ein Postulat zur «Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel» ein, welches allerdings im Rat nicht auf Anklang stiess. Im Herbst 2019 beschäftigte sich das Stöckli mit einer Motion Müller (fdp, LU; Mo. 19.3743), mit der die Eliminierung von Hepatitis in ein nationales Programm zu sexuell und durch Blut übertragbaren Infektionskrankheiten integriert werden soll.

Auch über Tabakwaren wurde 2019 angeregt diskutiert. So befasste sich der Ständerat erneut mit dem Bundesgesetz über Tabakprodukte, nachdem 2016 ein erster Entwurf an den Bundesrat zurückgewiesen worden war. Das Gesetz soll in erster Linie dazu dienen, Teenager, aber auch die Gesamtbevölkerung vor den negativen Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen. In den Medien war hingegen insbesondere das Thema «E-Zigaretten» zentral. Dieses fand auch seinen Weg ins Parlament; im Ständerat wurde über eine tiefere Besteuerung von elektronischen Zigaretten diskutiert (Mo. 19.3958 der SGK-SR). Vor dem Hintergrund der 2017 eingereichten Motionsserie zu wissenschaftlichen Pilotversuchen mit Cannabis trat der Nationalrat im Dezember 2019 auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ein (BRG 19.021). Neben E-Zigaretten berichteten die Medien auch ausführlich über die umstrittene Auswahl des Tabakkonzerns Philip Morris als Hauptsponsor des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung 2020 in Dubai. Nachdem der Schweiz für diesen Entscheid viel Unverständnis entgegengebracht worden war und sich gar die WHO zu Wort gemeldet hatte, erklärte Aussenminister Ignazio Cassis Ende Juli, dass man die Partnerschaft nicht weiterführen werde.

Trotz grosser Aufmerksamkeit in den Medien – dieses Thema ist mitverantwotlich für den Peak des Gesundheitsthemas im Juli 2019 – kaum Eingang ins Parlament fand dieses Jahr die Frage der Sterbehilfe. Aufgegriffen wurde von den Zeitungen vor allem der Gerichtsprozess rund um Erika Preisig und den assistierten Suizid bei psychisch kranken Personen.

Die mediale Berichterstattung zu sportlichen Themen war im Juni 2019 besonders intensiv. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in diesem Monat nicht nur das Eidgenössische Turnfest in Aarau stattfand, sondern auch ein Formel-E-Rennen in Bern ausgetragen wurde, das bei der Bevölkerung auf Widerstand stiess und anlässlich dem eine Velo-Demonstration durchgeführt wurde. Zudem wurde die durch die Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen ausgelöste Diskussion um die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Sportart ebenfalls von den Schweizer Medien aufgenommen.
Im Parlament wurden bezüglich Sport zwei Vorlagen zu Sportzentren respektive zu der Finanzierung ihres Betriebs diskutiert. So nahmen beide Räte eine Motion Engler (cvp, GR, Mo. 18.4150) an, welche beabsichtigte, dem Bund eine Mitfinanzierungsrolle beim Trainings- und Wettkampfbetrieb auf Sportanlagen nationaler Bedeutung zukommen zu lassen. Im Dezember 2019 sagte die kleine Kammer Ja zu einem weiteren Postulat Engler (Po. 19.4044), das einen Bericht zur Realisierung von drei bis vier Wintersportzentren anstelle eines nationalen Schneesportzentrums forderte. Silva Semadeni (sp, GR), die in Vergangenheit eine referendumsfähige Gesetzesgrundlage zur Bundesmilliarde für Sion 2026 schaffen wollte, reichte 2018 eine parlamentarische Initiative ein, um die Unterstützung Olympischer Spiele im Allgemeinen einem fakultativen Referendum zu unterstellen (Pa.Iv. 18.445). In einem ersten Schritt gab die WBK-NR diesem Geschäft im Juni 2019 Folge. Im Gebiet der Dopingpolitik überwies der Nationalrat eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 19.3667) an den Ständerat, die die Prüfung der Errichtung einer Koordinationsstelle für Dopingfragen beim Fedpol zum Gegenstand hatte.

Im Bereich Sozialhilfe interessierten sich die Medien insbesondere für die Höhe der Sozialhilfebeiträge, über die in verschiedenen Kantonen diskutiert wurde. Als erster Kanton stimmte Bern im Mai in einer Volksabstimmung über entsprechende Kürzungen ab. Hätte sich das Stimmvolk für die Revision des Sozialhilfegesetzes ausgesprochen, so hätte der neue Grundbetrag die Empfehlung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) deutlich unterschritten. Von Bedeutung war dieser Entscheid auch für die anderen Kantone, da man sich vor einem «Domino-Effekt» und «Sozialhilfe-Tourismus» fürchtete. Gemäss Einschätzungen des Tagesanzeigers von Anfang Oktober verlor die Forderung nach dem Nein in Bern in anderen Kantonen und Städten an Unterstützung.

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport
Dossier: Jahresrückblick 2019

Im Juli 2019 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht über die Transparenz bei der Spitalfinanzierung durch die Kantone in Erfüllung einer Motion der SGK-SR. Darin sollte er aufzeigen, welche Kantone ihre Leistungserbringenden direkt oder indirekt bei Kosten subventionierten, die OKP-berechtigt wären. Grund dafür war, dass zur Berechnung der OKP-Tarife diejenigen Spitäler als Referenz herangezogen werden, welche die Leistungen qualitativ gut und günstig erledigten. Dadurch werden Spital-Subventionen relevant für die OKP-Tarife.
Auf lediglich acht Seiten berichtete der Bundesrat aus der extern bei ECOPLAN Bern in Auftrag gegebenen Studie. Der Bundesrat betonte die grossen Unterschiede zwischen den Kantonen bezüglich der Finanzierungsbeiträge für gemeinwirtschaftliche Leistungen an die Spitäler, der direkten oder indirekten Finanzierung von Anlagenutzungskosten oder der Defizitdeckungen. Konkrete Hinweise auf eine Beeinflussung der tarifermittlungsrelevanten Kosten fand die Studie lediglich bei Vorhalteleistungen für den Notfall und bei vergünstigenden Konditionen bei Anlagenutzungskosten. Dies seien Faktoren, die bei der Tarifbildung berücksichtigt würden, erklärte er. Die Abklärungen der Studie deuteten jedoch darauf hin, dass es «keinen theoretischen Zusammenhang zwischen Defizitdeckung und den [OKP-tarifermittlungsrelevanten Kosten]» gebe, erklärte der Bundesrat. Folglich machte er diesbezüglich auf Bundesebene keinen Handlungsbedarf aus. Er verwies aber auch auf eine Reihe von Problemen bei der Erarbeitung der Studie, etwa die uneinheitliche Definition von Begriffen durch die Spitäler oder Kantone, die tiefe Rücklaufquote bei der Spitalbefragung von 41 Prozent oder die Übermittlung aggregierter Daten durch einzelne Kantone und die entsprechend unvollständige Datenlage.

Transparenz bei der Spitalfinanzierung durch die Kantone

In Erfüllung eines Postulats Regazzi (cvp, TI) veröffentlichte der Bundesrat im Februar 2018 einen Bericht zur Prüfung der Grundlagen zur Sexualaufklärung der Stiftung Sexuelle Gesundheit Schweiz (SGCH). Eine interdisziplinäre Expertengruppe, welche das BAG eingesetzt hatte, habe die ihr von PHS und Swiss TPH vorgelegte Synthese aus wissenschaftlicher Literatur, Interviews mit Fachpersonen und Gruppendiskussionen diskutiert, bewertet und ergänzt. Basierend darauf habe sie einen Expertenbericht verfasst. Dieser betone die wissenschaftlich fundierten Grundlagen der SGCH und die weitreichende Unterstützung der Stiftung durch Fachpersonen. Vorhandene Kritik sei lediglich auf Gruppen mit «wertkonservativer Grundhaltung» zurückzuführen. Die inhaltlichen Schwerpunkte der Lehrpläne und die Entwicklung der Sexualaufklärung gingen zu einem grossen Teil mit internationalen Empfehlungen einher. Insgesamt würden die Arbeiten der Stiftung folglich gestützt. Zudem sei die SGCH bezüglich Programmumsetzung und Sexualaufklärung eine wichtige Partnerin des BAG. Im Juli 2019 wurde das Postulat im Rahmen der Behandlung des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte 2018 abgeschrieben.

Theoretische Grundlagen der Stiftung Sexuelle Gesundheit Schweiz zur sexuellen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Unabhängige wissenschaftliche Untersuchung

Cassis' (fdp, TI) 2015 angenommenes Postulat zum Bürokratieabbau bei der Erfassung der Statistik der sozialmedizinischen Institutionen (Somed) wurde mit dem gleichnamigen Bericht Ende 2017 erfüllt. Der Bundesrat kam jedoch zu einem ernüchternden Ergebnis. Die Absicht des Postulanten könne kaum erfüllt werden, weil die Bedürfnisse von Bund und Kantonen zu unterschiedlich seien. Die Somed-Erhebung verfolge verschiedene Zwecke, einen statistischen Zweck gemäss Bundesstatistikgesetz und einen administrativen Zweck, der aus dem KVG abgeleitet wird. Das KVG gebe demnach auch vor, dass die Datenerfassung durch eine Vollerhebung bewerkstelligt wird. Der Bund ist dabei federführend, wobei die Steuerung und Planung und zu Teilen auch die Finanzierung der Kompetenz der Kantone obliegt. Beteiligt sind auch weitere Partner aus dem Gesundheitswesen, wie beispielsweise der Heimverband Curaviva oder die Versicherer. Da nun einige Kantone zusätzliche Daten erheben würden, gebe es auch zusätzliche Umfragen, was wiederum die Belastung der befragten Institutionen akzentuiere. Diese zusätzlichen Daten seien oftmals jedoch unwichtig für die gesamtschweizerische Statistik, weil sie zu spezifisch seien. Es stehe den Kantonen frei, ihre Informationsbedürfnisse anzupassen, aber vonseiten des Bundes wird ausgeschlossen, bei den Erhebungen Synergien nutzen zu können, weil die Informationsbedürfnisse von Bund und Kantonen zu unterschiedlich seien. Im Bericht kommt die Regierung dann zum Schluss, dass zwar Anstrengungen unternommen würden, um die Benutzerfreundlichkeit der Datenerhebungsapplikation zu erhöhen. Eine eigentliche Erleichterung für die beteiligten Unternehmen – vor allem betrifft es die Alters- und Pflegeheime – zu schaffen, erachtete der Bundesrat dagegen als Baustelle der Kantone.

Bürokratieabbau. Weniger Aufwand bei der Erfassung der Statistik der sozialmedizinischen Institutionen

Nachdem die Landesregierung im Frühjahr 2016 den Bericht in Erfüllung des Postulats der SGK-NR zu einer Auslegeordnung zur Planung der hochspezialisierten Medizin veröffentlicht hatte, erachtete sie das Anliegen des Vorstosses als erledigt. In der Folge schrieb der Nationalrat das Geschäft im Juni 2017 im Rahmen der Behandlung des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2016 ab.

Massnahmenkatalog zur Koordination der hochspezialisierten Medizin (Po. 13.4012)
Dossier: Koordination der Spitzenmedizin

Im September 2016 veröffentlichte der Bundesrat eine Medienmitteilung, in der er die Kostenentwicklung in den vier grössten Bereichen im Gesundheitswesen beschrieb. Diese vier Bereiche seien für 80 Prozent der Kosten im Bereich der Grundversicherung verantwortlich. Bei Behandlungen durch Ärztinnen und Ärzte mit eigener Praxis verortete er zwischen 2009 und 2015 bei gleich bleibender Anzahl Konsultationen einen Kostenanstieg um 28 Prozent. Dies erklärte er dadurch, dass immer häufiger Spezialistinnen und Spezialisten anstelle von Hausärztinnen und Hausärzten aufgesucht würden. Auch im stationären Bereich seien die Kosten in demselben Zeitraum um 17 Prozent angestiegen, wobei hier insbesondere Behandlungen von Personen über 70 Jahren zugenommen hätten. Diese Zunahme könne folglich vor allem auf die Demografie zurückgeführt werden. Bei den Spital-ambulanten Behandlungen habe die Zahl der Konsultationen um 34 Prozent zugenommen, weshalb dieser Bereich trotz gleichbleibender Kosten pro Behandlung die Gesamtkosten stark beeinflusst habe. Schliesslich seien zwar die Preise von 1'500 Medikamenten reduziert worden, dies habe aber keine Auswirkungen auf die Pro-Kopf-Medikamentenkosten gehabt, da die Ärztinnen und Ärzten stattdessen neue, teurere Produkte verschrieben hätten.
Insgesamt machte der Bundesrat somit die Mengenausweitung im Gesundheitswesen, die sich medizinisch nicht vollständig begründen lasse, als wichtigen Faktor für die Kostenentwicklung aus. Um dieses Problem zu bekämpfen, habe das EDI im Rahmen der Strategie «Gesundheit 2020» Massnahmen erlassen oder sei dabei, diese zu bearbeiten. Dazu gehörten etwa die Senkung der Preise kassenpflichtiger Arzneimittel sowie die Anpassung derer Vertriebsmargen, die Anpassung der Höchstvergütungsbeträge der MiGeL, die Verbesserung der Bekämpfung von nichtübertragbaren Krankheiten durch eine nationale Strategie sowie eine Erhöhung der Qualität der medizinischen Behandlungen.

Mengenwachstum im Gesundheitswesen

Über die Zukunft der Dienstpflicht machte sich bis Mitte 2016 während gut zwei Jahren eine gleichnamige Studiengruppe Gedanken. Resultat war ein rund 200-seitiger Bericht, in dem erstmals eine Gesamtsicht über das Dienstpflichtsytem gegeben wurde. Diese Grundlage sollte ermöglichen, dass die künftige Ausgestaltung der Dienstpflicht «faktenbasiert [und] sachlich» diskutiert werden kann. Im Zentrum stand eine zeitliche Perspektive bis zum Jahr 2030 und damit ein langfristiger Ausblick über Anforderungen an das und Herausforderungen des Dienstpflichtsystems. Zahlreiche Aspekte wurden von der Studiengruppe betrachtet, so etwa Tauglichkeitsfragen sowie Fragen zum Anpassungsbedarf des aktuellen Dienstpflichtsystems, zur Wehrgerechtigkeit und zum Verhältnis Armee-Zivildienst. Im Bericht wurden zudem vier Modelle präsentiert, die für die Schweiz am naheliegendsten seien und weiter geprüft werden könnten. Diese sind das Modell «Status quo plus» (u.a. verbesserte Wehrgerechtigkeit, bessere Durchlässigkeit zwischen den Einsatzorganisationen, weniger Ungleichbehandlungen), das Modell «Sicherheitsdienstpflicht» (Status quo plus mit zusätzlichen Massnahmen wie beispielsweise der Vereinigung von Zivildienst und Zivilschutz zu einer neuen Organisation «Katastrophenschutz»), das sogenannte «norwegische Modell» (Ausweitung der Armee- und Schutzdienstpflicht auf Frauen, dafür Auswahl der Stellungspflichtigen nach Qualifikation) und als viertes, ein Modell «allgemeine Dienstpflicht», welches nicht neu entwickelt wurde, sondern bereits mehrfach politisch zur Debatte stand. Der gewichtigste Unterschied im Modell einer allgemeinen Dienstpflicht wäre, dass alle Frauen und alle Männer einer Dienstpflicht unterworfen wären, wobei ausländische Einwohnerinnen und Einwohner mitgemeint wären (Ausnahme: Armeedienstpflicht). Im Zentrum dieser allgemeinen Dienstpflicht stünde ein Dienst an der Allgemeinheit, was also über die Militär- und Schutzdienstpflicht hinaus gehen würde und neue Bereiche einschliessen könnte (z.B. Feuerwehr, Gesundheitswesen oder Umweltschutzbereich).
Für drei der vier Modelle bedürfe es einer Verfassungsänderung, besonders bezüglich einer allfälligen Einführung der Dienstpflicht für Frauen, die einen wesentlichen Wandel für das Milizsystem bedeuten würde. Einzig das Modell «Status quo plus» liesse sich ohne Änderung der Bundesverfassung umsetzen. Abschliessend empfahl die Studiengruppe, das «norwegische Modell» näher zu prüfen und als Option für die Weiterentwicklung der Dienstpflicht ins Auge zu fassen.

Der Bundesrat nahm den Bericht im Juli 2016 zur Kenntnis und stellte ihn zur Debatte, sowohl verwaltungsintern – VBS und WBF werden als nächsten Schritt die Empfehlungen der Studiengruppe evaluieren –, als auch öffentlich: Interessierte Kreise sollten sich an der fortlaufenden Debatte beteiligen. Es handle sich jedoch hierbei um einen langfristigen Prozess, betonte die Regierung.

Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems
Dossier: Weiterentwicklung der Dienstpflicht

In Erfüllung eines 2014 angenommenen Postulates legte der Bundesrat im Frühling 2016 den erarbeiteten Bericht vor. Die Planung der hochspezialisierten Medizin (HSM) und deren Umsetzung in den Kantonen sei auf gutem Weg, hielt der Bundesrat als grundsätzliche Einschätzung im Bericht fest.
Die Planung der hochspezialisierten Medizin betraf eine Nische in der Gesundheitsversorgung im Bereich der seltenen, komplexen und teuren Behandlungen und fand unter der Aufsicht der GDK statt. Mit der Neuordnung der Spitalfinanzierung war vorgegeben worden, dass fortan die Kantone die hochspezialisierte Medizin planen und koordinieren würden, hauptsächlich um Kosten einsparen zu können. Dem Bundesrat wurde im Zuge der Konkretisierung der Koordinationsaufgaben die Kompetenz erteilt, subsidiär zu intervenieren, falls die Fristen zur Umsetzung (Ende 2014) nicht eingehalten würden. Eine derartige Intervention erwies sich jedoch als nicht nötig. So hatten sich die Kantone bis Anfang 2009 auf eine gemeinsame HSM-Planung geeinigt, hierzu eine Vereinbarung unterzeichnet und ferner auch ein HSM-Sekretariat eingesetzt. Es gab neben den positiven Entwicklungen jedoch auch einen massgeblichen Kritikpunkt bezüglich der Prozesse in der HSM-Planung, der erst vom Bundesverwaltungsgericht Ende November 2013 geklärt worden war. In einem ersten Schritt seien die Teilbereiche – respektive die Behandlungen – zu bestimmen, die der HSM zuzuordnen sind, so das BVGer, und erst in einem zweiten Schritt dürfe dann die Zuteilung der Leistungsaufträge an die Leistungserbringer erfolgen. Unterdessen waren jedoch bereits Zuteilungsentscheide für 39 HSM-Teilbereiche erfolgt, ohne dass diese Leistungsbereiche vorgängig eindeutig als Spezialgebiete der HSM identifiziert worden waren.
Die Zuteilung zusätzlicher medizinischer Spezialgebiete soll weiterhin die Kernaufgabe der HSM-Planung bleiben, betonte der Bundesrat in seinem Bericht. Dabei gelte es auch der medizinischen und technologischen Entwicklung Rechnung zu tragen. Weiterführende Schritte seien dafür bereits angestossen worden, darin eingeschlossen die Neubeurteilung bereits erfolgter Leistungszuteilungen, um die Regulierungslücke im Bereich der Leistungszuteilungen zu schliessen. Entscheidend sei, dazu nahm der Bundesrat abschliessend Stellung, dass der Konzentrationsprozess intensiv weitergeführt werde, um den Gesetzesauftrag erfüllen zu können. Hochspezialisierte Behandlungen sollten nicht in zu vielen Zentren angeboten werden. Nur so könne die Qualität der Leistungen gesichert und eine optimale Effizienz gewährleistet werden. Innert dreier Jahre wollte die Regierung eine Reevaluation durchführen.

Massnahmenkatalog zur Koordination der hochspezialisierten Medizin (Po. 13.4012)
Dossier: Koordination der Spitzenmedizin

Mitte 2015 legte der Bundesrat seinen Bericht „Patientenrechte und Patientenpartizipation in der Schweiz” in Erfüllung mehrerer Postulate vor. Neben einer Bestandsaufnahme der Patientenrechte galt es, Empfehlungen für Bereiche mit Handlungsbedarf zu formulieren. Und der Handlungsbedarf war ausgeprägt, nicht nur gemessen an parlamentarischen Vorstössen in diesem Bereich, sondern auch vergegenwärtigt durch die zahlreichen Handlungsempfehlungen, die der Bundesrat in seinem Bericht dazu formulierte. Neben dem Auftrag aus den Postulaten, diesen Bericht zu verfassen, hatte der Bundesrat jedoch bereits auch im Rahmen des Programms Gesundheit 2020 die Absicht geäussert, bezüglich der Patientenrechte und der Partizipation der Patientinnen und Patienten eine Verbesserung zu erzielen. Insofern konnte die Regierung mit dem vorgelegten Papier gleich mehrere Anliegen erfüllen.

Im Bericht wurden vier Handlungsfelder ausgemacht, in denen insgesamt nicht weniger als 22 Handlungsmöglichkeiten formuliert wurden. Die vier übergeordneten Kategorien umfassten die Patientenrechte in materieller Hinsicht, die Patientenrechte in der Praxis, die Schadensprävention und der Umgang mit Schäden bei medizinischen Behandlungen sowie, viertens, die Berücksichtigung von Patienteninteressen in gesundheitspolitischen Prozessen.
Als besonders relevant erwies sich im Bericht das Recht auf Patienteninformation: Patientenrechte existierten, sie seien jedoch unübersichtlich und in zahlreichen Normen auf unterschiedlichen Stufen geregelt. Allen voran gelte natürlich das Recht auf medizinische Versorgung, aber auch Rechte auf hinreichende Aufklärung und auf Patientendatenschutz seien relevant. Was noch fehle, sei eine zentrale Anlaufstelle oder Informationsplattform für Patientinnen und Patienten. Letzteres wurde vom Bundesrat im Bericht denn auch zur Umsetzung vorgeschlagen. Hierfür sei jedoch eine gesetzliche Grundlage nötig, indem zum Beispiel ein Patienteninformationsgesetz ausgearbeitet würde. Wie die Koordination einer solchen Plattform aussehen solle, liess der Bericht indes offen. Als mögliche Akteure wurden diesbezüglich Patientenorganisationen oder auch die Spitäler ins Auge gefasst. Weiterer Verbesserungsbedarf wurde vor allem auch im Bereich der Patientenmitwirkung ausgemacht. Patientinnen und Patienten sollten bessere Vehikel zur Mitwirkung bereitgestellt werden, als vorbildliches Beispiel wurde der Konsumentenschutz aufgeführt. Dies könne zum Beispiel durch die Gründung einer Dachorganisation geschehen, welche im Sinne einer Patientenvertretung agieren und sich als Interessenorganisation in die gesundheitspolitischen Prozesse einbringen könne. Ein Mangel an finanziellen Ressourcen dürfte gemäss Bericht die Ursache sein, weshalb sich die Schweiz hier gegenüber dem Ausland im Hintertreffen befinde.
Insgesamt ging aus dem Bericht deutlich hervor, dass der Bundesrat im Bereich der Patienteninformation vorwärts machen wollte. Das EDI wurde vom Bundesrat mit Abklärungs- und Vorarbeiten für ein Patienteninformationsgesetz beauftragt. Innert Jahresfrist sollten hierzu neue Erkenntnisse vorliegen.

Patientenrechte

Gut ein Jahr nach der Annahme der beiden Postulate, mit denen ein Zwischenstand der Umsetzung des Verfassungsartikels zur Komplementärmedizin ermittelt werden sollte, publizierte der Bundesrat seinen Bericht. Der Fortschritt entspreche dem Fahrplan und erfülle den Verfassungsauftrag, so das Fazit der kurzen Studie.
Wichtige Schritte, die seit der Volksabstimmung unternommen worden seien, umfassten etwa die Anpassung des Heilmittelrechts, um der Komplementärmedizin und der Pflanzenheilkunde einen erleichterten Marktzugang zu gewähren. Weiter wurden im Rahmen des Medizinalberufegesetzes Massnahmen wie die Definition neuer Ausbildungsziele ergriffen, um angehenden Ärztinnen und Ärzten vertieftere Kenntnisse über die Komplementärmedizin zu vermitteln. Das SBFI genehmigte zudem eine neue höhere Fachprüfung für Naturheilpraktier. In Erarbeitung befand sich überdies die Neuregelung der Leistungspflicht von komplementärmedizinischen ärztlichen Leistungen in der OKP. Damit wurde eine langfristige Gewährleistung der Übernahme der Kosten bei alternativmedizinischen Behandlungen angestrebt.

Komplementärmedizin

Als Antwort auf die Postulate Humbel (cvp, AG, 10.4055) und Pfister (cvp, ZG, 11.4025) erstellte das BAG zusammen mit betroffenen Akteuren im September 2014 ein Nationales Konzept „Seltene Krankheiten“. Dazu wurden per Umfrage eine Situationsanalyse durchgeführt und anschliessend in vier Workshops die Probleme analysiert, die Ziele bestimmt und 19 konkrete Massnahmen definiert. Die Ziele umfassten unter anderem den Zugang der Betroffenen zu Diagnose und Therapien sowie deren Vergütung, administrative Unterstützung und die Sicherstellung der Nachhaltigkeit des Konzeptes. Das BAG erarbeitete eine Umsetzungsplanung zum Konzept, das zudem einen Teil der gesundheitspolitischen Prioritäten der Strategie „Gesundheit 2020“ darstellte. Die Umsetzungsplanung umfasste die Jahre 2015 bis 2017 und ordnete die 19 definierten Massnahmen vier Teilprojekten zu: Referenzzentren und Patientenunterstützung, Kostenübernahme, Information und Einbindung der Patientenorganisationen sowie Ausbildung und Forschung. Die Umsetzungsplanung wurde vom Bundesrat im Mai 2015 genehmigt. Finanziert wurde die Umsetzung durch Bund und Kantone, wobei die nötigen Mittel der Umsetzungsaktivitäten von den jeweiligen Akteuren selbst getragen wurden.

commission statuant sur les cas extrêmes

Der fünfte schweizerische Ernährungsbericht zeigte, dass die Fettleibigkeit zu einem immer ernsteren Problem des Gesundheitswesens wird. Zwischen 1992 und 2002 stieg der Anteil der übergewichtigen Personen von 30 auf 37%. Gemäss den neuesten Daten sind 45% der Männer, 29% der Frauen und 20% der Kinder zu schwer, Tendenz weiter steigend. 250'000 Menschen sind zuckerkrank; diese Zahl nimmt jährlich um 10% zu. Zwischen 6 und 10% der Gesundheitskosten, das sind 3 bis 5 Mia Fr., entstehen durch falsche Ernährung. Diese und der Bewegungsmangel sind für etwa einen Drittel der Krebserkrankungen mitverantwortlich und rangieren somit auf gleicher Ebene wie die Schäden durch das Rauchen.

Schweizerischer Ernährungsbericht
Dossier: Fettleibigkeit

Erste Vorstellungen, wie das von Dormann angeregte Gesetz aussehen könnte, legte eine vom EDI eingesetzte Studiengruppe "Forschung am Menschen" vor. Die Empfehlungen umfassten wissenschaftlich-medizinische und gesellschaftliche Belange. Grundtenor war, dass sich die gentechnologische Diagnostik auf wichtige Krankheiten beziehen müsse, für die auch eine Aussicht auf Therapie besteht; das Prinzip der Freiwilligkeit sei auf jeden Fall zu wahren. Zudem müssten alle Forschungsprojekte ethisch, rechtlich und gesellschaftlich hinterfragt werden, weshalb eine Bioethikkommission eingesetzt werden sollte, in der auch Laien mitmachen. Als ganz wichtig erachtete die Kommission den Schutz der Menschen vor einer Stigmatisierung durch die allfälligen Ergebnisse einer Untersuchung, weshalb sie anregte, dass in der Bundesverfassung ein Verbot der Diskriminierung von Menschen mit einer Behinderung und ihrer Familien verankert wird.

Motion zum Bundesgesetz über die medizinische Forschung am Menschen (Mo. 97.3623)
Dossier: Entwicklungen in der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen in den Neunzigerjahren

Auf die Problematik der Übergewichtigkeit wies auch der 4. Ernährungsbericht des BAG hin. Er konstatierte eine scherenartige Entwicklung mit Überkonsum und zunehmender Häufigkeit von Fettleibigkeit im Bevölkerungsdurchschnitt einerseits, qualitativer und quantitativer Unterernährung in bestimmten Gruppen andererseits. Während die Schweizerinnen und Schweizer in den letzten 15 Jahren tendenziell gesünder assen (mehr Gemüse und Rohkost), blieb der Fettkonsum mit 38% der Gesamtkalorien nach wie vor zu hoch. Am stärksten nahm in den vergangenen zehn Jahren das Übergewicht bei Männern im mittleren Alter zu. Zu den Bevölkerungsschichten mit teilweiser Mangelernährung gehören in erster Linie Jugendliche und Betagte. Bei acht Prozent der Frauen und zwei Prozent der Männer wurde ein hochgradig abnormes Essverhalten erhoben; eine eigentliche Magersucht wurde bei Frauen in einem Prozent und eine Ess-Brechsucht in drei Prozent der Fälle festgestellt.

Schweizerischer Ernährungsbericht
Dossier: Fettleibigkeit

Im Auftrag des BAG erarbeitete die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) einen Bericht, welcher erstmals umfassend Ausmass und Konsequenzen des Konsums von Alkohol, Tabak und illegalen Drogen in der Schweiz aufzeigte. Referenzzeit waren die Jahre 1994 bis 1996. Der Bericht bestätigte die bereits bekannte Tatsache, dass die beiden Alltagsdrogen Alkohol und Nikotin weit mehr gesundheitliche Probleme, Abhängigkeiten und Kosten verursachen als die im Zentrum des öffentlichen Interesses stehenden illegalen Drogen.

Mit einem Pro-Kopf-Konsum von 9,4 Litern reinen Alkohols im Jahr 1996 gehört die Schweiz in Europa zu den Ländern, in denen am meisten getrunken wird. Rund 300'000 Einwohner sind alkoholabhängig. Geht man von den volkswirtschaftlichen Folgekosten aus (3 Mia. Fr. pro Jahr), ist der Alkohol das gravierendste Gesundheitsproblem der Schweiz. In den medizinischen Abteilungen der Akutspitäler ist bei den 30- bis 50jährigen Männern Alkoholismus und seine Folgeerscheinungen die häufigste Diagnose. Bei den Erwachsenen ist der Gesamtverbrauch in den letzten Jahren zurückgegangen, er hat dafür aber bei den Jugendlichen zugenommen: 12'000 Schulkinder im Alter zwischen 11 und 16 Jahren trinken laut der Studie jeden Tag Alkoholhaltiges.

Auch beim Tabakkonsum liegt die Schweiz im europäischen Ländervergleich in den vorderen Rängen. 1996 bezeichneten sich rund 30% der 15- bis 74-jährigen als Raucher oder Raucherin; das sind rund 1,7 Millionen Personen. 85% von ihnen rauchten täglich, 700'000 mehr als 20 Zigaretten pro Tag. Wenn man annimmt, dass bei einem Konsum von mehr als zehn Zigaretten pro Tag eine Abhängigkeit vorliegt, gibt es in der Schweiz mehr als eine Million Nikotinsüchtige. Die Studie bezeichnete den Tabakkonsum als wichtigste verhütbare Ursache für den vorzeitigen Tod. Die volkswirtschaftlichen Folgekosten wurden auf 1,2 Mia Fr. pro Jahr geschätzt.

Mehr als 20% der Männer und 15% der Frauen im Alter zwischen 15 und 39 Jahren haben mindestens einmal illegale Drogen konsumiert. Die Zahl der Heroinabhängigen ist mit rund 30'000 Personen seit Jahren relativ konstant. Generell wurde ein wachsendes Angebot und eine Professionalisierung des Marktes der illegalen Drogen festgestellt sowie eine Verlagerung von den betäubenden (Heroin) zu den aufputschenden Substanzen (Kokain, Amphetamine, Ecstasy etc.). Hier wurden die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten auf rund 1 Mia. Fr. pro Jahr geschätzt. Dabei entfiel rund die Hälfte auf Polizeimassnahmen im weiteren Sinn.

Bericht Ausmass und Konsequenzen des Konsums von Alkohol, Tabak und illegalen Drogen in der Schweiz

Der neue Preisüberwacher Werner Marti ortete die hauptsächlichsten Transparenzprobleme bezüglich der Kosten im Gesundheitswesen nicht bei den Krankenkassenprämien, wie dies die kantonalen Sanitätsdirektoren gerügt hatten, sondern in erster Linie bei den Leistungserbringern, insbesondere bei den Spitälern. Bei seinen Stellungnahmen zu verschiedenen Tarifanpassungen von Spitälern habe er feststellen können, dass so bedeutende Parameter wie eine einheitliche Kostenrechnung, Leistungsstatistiken, Betriebsvergleiche und häufig auch Spitalplanungen fehlten. Diese Unterlagen wären aber nötig, um die Wirtschaftlichkeit eines Spitals sowie die Betriebskostenanteile aus Überkapazitäten beurteilen zu können. Gemäss Marti müssten nun die Kantone selbst die Anstrengungen für mehr Transparenz in den Spitälern verstärken, da hier zweifelsohne ein grosses Sparpotential vorhanden sei.

Preisüberwacher ortet Transparenzprobleme im Gesundheitswesen vor allem bei den Spitälern (1996)

Die noch von Bundesrat Cotti als Vorsteher des EDI eingesetzte Arbeitsgruppe «Blut und AIDS» legte anfangs 1994 ihren Bericht vor. Sie attestierte den involvierten Bundesämtern zwar, bei den nach 1984 erfolgten HIV-Infektionen durch verseuchte Blutpräparate keine groben Pflichtverletzungen, Unterlassungen oder fachlichen Fehler begangen zu haben, stellte aber dennoch gewisse Mängel fest. Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) musste sich hingegen eine scharfe Rüge gefallen lassen. Der Bericht führte aus, dass das Verhalten des Zentrallaboratoriums, welches noch nach 1985 möglicherweise verseuchte Blutpräparate weiter vertrieb, gegen die medizinisch-ethischen Regeln verstossen habe und zudem rechtswidrig gewesen sei. Aufgrund ihrer Feststellungen kam die Arbeitsgruppe zum Schluss, das Bluttranfusionswesen müsse neu organisiert werden. Die extreme Verzettelung der Kompetenzen zwischen BAG, BSV, IKS und SRK führe zu Unsicherheiten, Überschneidungen und vor allem zu Verzögerungen. Das Bluttranfusionswesen sei deshalb einer einzigen Instanz unterzuordnen, die Kontrollbehörde wäre und auch Entscheidungen in Grundsatzfragen zu treffen hätte.
Die festgestellten Mängel betreffen aber nicht nur die Blutprodukte, sondern die Heilmittel im allgemeinen, bei deren Kontrolle die gleiche Aufsplitterung der Verantwortlichkeiten herrscht wie im Blutspendewesen. Die Arbeitsgruppe verlangte deshalb, dass auch die Heilmittel einer einzigen Behörde unterstellt werden, was eine Abschaffung des Interkantonalen Konkordates und der IKS bedeuten würde.

Als Folge der schweren Vorwürfe reorganisierte das SRK seinen Blutspendedienst. Ab 1996 sollen die Blutspenden nur noch in wenigen Zentren getestet und weiterverarbeitet werden.

Arbeitsgruppe beleuchtet HIV-Infektionen durch Bluttransfusionen (ab 1993)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Das Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG), das im Berichtsjahr sein 100-Jahr-Jubiläum begehen konnte, legte erstmals einen ausführlichen Bericht über den Gesundheitszustand der schweizerischen Bevölkerung vor, der inskünftig periodisch alle drei Jahre neu erscheinen soll. Er ermöglicht einerseits einen internationalen Standortvergleich und ist andererseits als Arbeitsinstrument für die Kantone, die eigentlichen Kompetenzträger der Gesundheitspolitik, bestimmt. In Übereinstimmung mit der Weltgesundheitsorganisation WHO orientierten sich die Autoren an einem neuen Begriff der Gesundheit, welcher diese nicht mehr einfach nur als Abwesenheit von Krankheit definiert, sondern mit den Werten Wohlbefinden und Lebensqualität umschreibt. Darin enthalten ist neben der körperlichen Gesundheit gleichwertig auch das psychische Befinden und das soziale Wohlergehen des Individuums.

Der Gesundheitszustand der Schweizerinnen und Schweizer, so zeigte der Bericht, ist allgemein gut. Allerdings essen sie zu viel und zu fettreich, und im Erwachsenenalter verschafft sich die grosse Mehrheit weniger körperliche Bewegung als aus präventiver Sicht wünschenswert wäre. Dennoch kennt die Schweiz nach Island gesamteuropäisch die höchste Lebenserwartung. Diese verdoppelte sich innert 100 Jahren; heute werden Männer durchschnittlich 73,8 Jahre alt, Frauen 80,8 Jahre. Die Lebenserwartung hängt aber nicht nur vom Geschlecht, sondern ebenso sehr von der Gesellschaftsschicht ab: Personen der obersten Sozialschicht können ebenfalls mit einem sieben Jahre längeren Leben rechnen als Angehörige der untersten Schicht. Die Wohlhabenderen leben aber nicht nur durchschnittlich länger, sie sind auch weniger krank und empfinden häufiger soziales, psychisches und physisches Wohlbefinden.

Dieser positive Zustand wird allerdings durch Schatten getrübt. Vor allem die Situation der Jugendlichen lässt im Vergleich zu anderen Altersklassen und zu anderen Ländern Europas markante Mängel erkennen. So ist die Selbsttötungsrate unter Schweizer Jugendlichen die höchste aller Industrieländer, und auch die tödlichen Unfälle machen einen verhältnismässig hohen Anteil an der Jugend-Mortalität aus. BAG-Direktor Thomas Zeltner forderte denn auch, dass in Zukunft Unfälle und Suizide mit derselben Entschlossenheit durch Präventionsprogramme angegangen werden sollen wie Drogen und AIDS. Als ebenfalls düsteres Kapitel erachteten die Experten die Kindsmisshandlungen, deren Zahl auf 40'000 bis 45'000 pro Jahr geschätzt wird. Ein weiteres Defizit orteten sie bei den Herz-Kreislauf- und den Krebserkrankungen, die im mittleren Lebensalter die häufigsten Todesursachen bilden, sowie bei den Neurosen und Psychosen, die rund ein Drittel der krankheitsbedingten Rentenfälle ausmachen.

Mit dem Gesundheitsbericht wurde ein Postulat des ehemaligen SP-Nationalrates Longet (GE) aus dem Jahre 1986 erfüllt (Po. 86.198).

Erster Bericht über den Gesundheitszustand der schweizerischen Bevölkerung (1993)

Ein Gutachten des Bundesamtes für Justiz kam zum Schluss, dass die Abgabe steriler Spritzen im Strafvollzug rechtlich zulässig und als präventive Massnahme gegen AIDS sogar geradezu geboten sei. Das Gutachten war im Auftrag des BAG erstellt worden, welches bereits zwei Jahre zuvor die mangelnde AIDS-Prophylaxe in den Strafanstalten kritisiert hatte.

HIV in Strafanstalten (1991–1995)

In seinem Bericht über die Legislaturplanung 1991–1995 stellte der Bundesrat seine Sichtweise der Ausführungsgesetzgebung zum neuen Verfassungsartikel vor. Für den Teil Fortpflanzungsmedizin/Genomanalyse soll ein eigenständiges Gesetz ausgearbeitet werden, welches die Rahmenbedingungen festlegt sowie den Zugang zu den Daten über die Abstammung regelt. Im ausserhumanen Bereich soll der Verfassungsartikel hingegen nicht zu einem eigentlich Gen-Tech-Gesetz führen, sondern nur zur Revision bestehender Gesetze z.B. aus dem Bereich des Umweltschutzes, der Epidemien und der Lebensmittel.

Ausführungsgesetzgebung zum neuen Verfassungsartikel zur Fortpflanzungs- und Gentechnologie (92.037)
Dossier: Legislaturplanung 1991–1995 (BRG 92.037)
Dossier: Entwicklungen in der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen in den Neunzigerjahren

Eine neu entdeckte Gesundheitsgefährdung droht aus der Umwelt. Wie eine vom Bundesrat eingesetzte Expertengruppe nach fünfjähriger Arbeit darlegte, herrschen in rund 10'000 Häusern in der Schweiz – vor allem im Bündner Oberland, in den Bündner Südtälern, in den Karstgebieten des westlichen Juras und in einigen Gemeinden des Tessins – zu hohe Radonwerte, welche beim Zerfall von natürlichem Uran im Boden entstehen. Diese Zerfallsprodukte führen zu einer Bestrahlung der Atmungsorgane und damit zu einem erhöhten Krebsrisiko. In der Schweiz ist Radon für 40 Prozent der mittleren Strahlenbelastung der Menschen verantwortlich. In den am stärksten betroffenen Gebieten erreicht die Radongaskonzentration in einzelnen Häusern mit über 1'000 Becquerel pro Kubikmeter ein Niveau, das als äusserst gesundheitsgefährdend betrachtet werden muss.

Gefahr durch zu hohe Radonwerte (1992)

Erstmals seit fast zwanzig Jahren wiesen 1989 die Ausgaben für die stationäre Behandlung einen kleineren Zuwachs auf (+5.2%) als jene für die ambulante Behandlung (+8.1%). Dieser Trend dürfte auch auf den zunehmenden Ausbau der Spitex-Betreuung zurückzuführen sein. Anlässlich des 2. Spitex-Kongresses versprach Bundesrat Cotti, der Bund werde in den nächsten Jahren darauf hinwirken, dass Spitex den ihm gebührenden Stellenwert im Gesundheitswesen erhält. Dies verlangt auch die Petition des 1. Spitex-Kongresses, welche nun ebenfalls vom Ständerat diskussionslos überwiesen wurde.

Diskussionen über den Ausbau der Spitex-Leistungen (1988–1990)

Der Preisüberwacher Odilo Guntern nahm 1989 die Ärztehonorare unter die Lupe. Seiner Ansicht nach bildet eine blosse Erhöhung des Indexes der Konsumentenpreise noch kein taugliches Kriterium zur Bestimmung einer allfälligen Preisanpassung bei den Arztkosten. Er folgte damit der Haltung des Bundesrates, der bereits 1982 die Ärzteschaft in ihren – seiner Meinung nach ungerechtfertigten – Forderungen zurückband. Dem Preisüberwacher wurden von acht Kantonen Tarifanpassungsanträge vorgelegt. Bei Zürich, Solothurn, Neuenburg, Obwalden sowie Uri lehnte er die Erhöhungen als nicht gerechtfertigt ab. Einzig Zürich folgte dieser Empfehlung nicht.

Diskussionen um Ärztehonorare und Tarifverhandlungen (1989–1990)