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Bei der Revision des Krankenversicherungsgesetzes entbrannte eine heftige Kontroverse um die Stellung der Psychotherapeuten. Der Ständerat wollte bei der heute geltenden Regelung bleiben, wonach Psychotherapeuten nur im Rahmen der Praxis eines Psychiaters Leistungen der sozialen Krankenversicherung erbringen dürfen. Der Nationalrat nahm eine liberalere Haltung ein. Auch er lehnte es ab, die Psychotherapeuten als eigenständige, unabhängige Leistungserbringer ins Gesetz aufzunehmen, hiess aber eine Bestimmung gut, wonach der Bundesrat sowohl die Zulassung der selbständig tätigen Psychotherapeuten wie auch die Ausbildungskriterien der von Ärzten angestellten Psychotherapeutinnen und -therapeuten regeln soll. Dies eröffnet nichtmedizinischen Psychotherapeuten die Möglichkeit, zwar nach wie vor nur auf Überweisung eines Arztes, aber in eigener Praxis kassenpflichtige Leistungen zu erbringen. Der Ständerat schloss sich in diesem Punkt dem Nationalrat an.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

Leere Staatskassen sowie der dringliche Bundesbeschluss gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung, welcher eine Plafonierung der in den Kantonen ausgehandelten Tarife und Preise für medizinische Leistungen vorschreibt, tragen dazu bei, dass sich die Kantone stärker als in der Vergangenheit mit kostendämmenden Massnahmen im Gesundheitswesen auseinandersetzen. Die Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz (SDK) als politisches Koordinationsorgan der kantonalen Gesundheitsdirektoren führte erstmals eine gesamtschweizerische Umfrage über die in diesem Zusammenhang geplanten oder bereits eingeleiteten Schritte durch und erliess gestützt darauf neun Empfehlungen an die Kantone. Danach sollen unter anderem der Informationsaustausch zwischen den kantonalen Gesundheitsbehörden sowie die Zusammenarbeit im Spitalbereich auf regionaler Ebene über die Kantonsgrenzen hinweg verstärkt werden. Durch die Zusammenlegung von Leistungseinheiten und die Neuverteilung von Leistungsaufträgen sollen die regionalen Versorgungsstrukturen optimiert werden. Die SDK selber will eine aktivere Rolle bei der Entwicklung von Modellen für die Globalbudgetierung der Betriebsaufwendungen der Spitäler übernehmen, welche die heute gebräuchliche automatische Übernahme der Defizite durch den Staat ersetzen soll. Im weiteren wurde den Kantonen empfohlen, teilstationäre Einrichtungen und Spitex zu fördern sowie die Schaffung von ärztlichen Gruppenpraxen nach dem sogenannten HMO-Modell nach Möglichkeit zu erleichtern und zu unterstützen.

Kostendämpfende Massnahmen der Kantone im Gesundheitswesen (1993)

Bei dieser Ausgangslage hatten die beiden Initiativen in der Volksabstimmung keine Chance, umso mehr als die Gegner der Initiativen – in erster Linie die Tabakindustrie und die Werbung – weder Mittel noch Wege scheuten, um die Initiativen, die sie in erster Linie als werbe- und arbeitsplatzfeindlich darstellten, zu Fall zu bringen. Dabei fanden sie die nahezu uneingeschränkte Unterstützung der Printmedien, welche sich in Zeiten ohnehin rückläufigen Inseratevolumens unmissverständlich auf die Seite ihrer potenten Auftraggeber stellten. Gegen die Initiativen sprach sich aber auch ein «Schweizerisches Aktionskomitee gegen unbrauchbare Werbeverbote» aus, in welchem sich 150 Bundesparlamentarier und -parlamentarierinnen aus allen grösseren Parteien zusammenschlossen. Dem Präsidium gehörten neben Nationalrätin Heberlein (fdp, ZH), Ständerat Delalay (cvp, VS) und Nationalrätin Zölch (svp, BE) auch der Basler SP-Nationalrat Hubacher an, der sich in dieser Frage gegen die Meinung seiner Partei stellte.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Das Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG), das im Berichtsjahr sein 100-Jahr-Jubiläum begehen konnte, legte erstmals einen ausführlichen Bericht über den Gesundheitszustand der schweizerischen Bevölkerung vor, der inskünftig periodisch alle drei Jahre neu erscheinen soll. Er ermöglicht einerseits einen internationalen Standortvergleich und ist andererseits als Arbeitsinstrument für die Kantone, die eigentlichen Kompetenzträger der Gesundheitspolitik, bestimmt. In Übereinstimmung mit der Weltgesundheitsorganisation WHO orientierten sich die Autoren an einem neuen Begriff der Gesundheit, welcher diese nicht mehr einfach nur als Abwesenheit von Krankheit definiert, sondern mit den Werten Wohlbefinden und Lebensqualität umschreibt. Darin enthalten ist neben der körperlichen Gesundheit gleichwertig auch das psychische Befinden und das soziale Wohlergehen des Individuums.

Der Gesundheitszustand der Schweizerinnen und Schweizer, so zeigte der Bericht, ist allgemein gut. Allerdings essen sie zu viel und zu fettreich, und im Erwachsenenalter verschafft sich die grosse Mehrheit weniger körperliche Bewegung als aus präventiver Sicht wünschenswert wäre. Dennoch kennt die Schweiz nach Island gesamteuropäisch die höchste Lebenserwartung. Diese verdoppelte sich innert 100 Jahren; heute werden Männer durchschnittlich 73,8 Jahre alt, Frauen 80,8 Jahre. Die Lebenserwartung hängt aber nicht nur vom Geschlecht, sondern ebenso sehr von der Gesellschaftsschicht ab: Personen der obersten Sozialschicht können ebenfalls mit einem sieben Jahre längeren Leben rechnen als Angehörige der untersten Schicht. Die Wohlhabenderen leben aber nicht nur durchschnittlich länger, sie sind auch weniger krank und empfinden häufiger soziales, psychisches und physisches Wohlbefinden.

Dieser positive Zustand wird allerdings durch Schatten getrübt. Vor allem die Situation der Jugendlichen lässt im Vergleich zu anderen Altersklassen und zu anderen Ländern Europas markante Mängel erkennen. So ist die Selbsttötungsrate unter Schweizer Jugendlichen die höchste aller Industrieländer, und auch die tödlichen Unfälle machen einen verhältnismässig hohen Anteil an der Jugend-Mortalität aus. BAG-Direktor Thomas Zeltner forderte denn auch, dass in Zukunft Unfälle und Suizide mit derselben Entschlossenheit durch Präventionsprogramme angegangen werden sollen wie Drogen und AIDS. Als ebenfalls düsteres Kapitel erachteten die Experten die Kindsmisshandlungen, deren Zahl auf 40'000 bis 45'000 pro Jahr geschätzt wird. Ein weiteres Defizit orteten sie bei den Herz-Kreislauf- und den Krebserkrankungen, die im mittleren Lebensalter die häufigsten Todesursachen bilden, sowie bei den Neurosen und Psychosen, die rund ein Drittel der krankheitsbedingten Rentenfälle ausmachen.

Mit dem Gesundheitsbericht wurde ein Postulat des ehemaligen SP-Nationalrates Longet (GE) aus dem Jahre 1986 erfüllt (Po. 86.198).

Erster Bericht über den Gesundheitszustand der schweizerischen Bevölkerung (1993)

Als erster Kanton beteiligte sich der Kanton Tessin an einer vom BAG initiierten gesamtschweizerischen Erfassung der Methadon-Therapien und forderte die auf seinem Territorium praktizierenden Ärztinnen und Ärzte auf, die Daten über ihre Methadon-Patienten den Behörden abzuliefern. Im BAG wurde geschätzt, dass von den rund 30'000 Drogenabhängigen der Schweiz ungefähr 10'000 in einer Methadon-Therapie stehen. Der Bund will die Beobachtungen über die Ersatzdroge Methadon nun aus der ganzen Schweiz zusammentragen, damit sich die Ärztinnen und Ärzte besser mit dem Medikament vertraut machen können. Zudem soll damit statistisches Material gesammelt werden, um künftige politische Entscheide zu unterstützen.

Gesamtschweizerische Erfassung von Methadon-Therapien (ab 1993)

Anfang August 1993 nahm die Stiftung Exit in Burgdorf ihr erstes Sterbehospiz offiziell in Betrieb. In dem Haus, welches zehn Patienten beherbergen kann, sollen – unter strenger Wahrung des Verbotes aktiver Sterbehilfe – die Achtung der Selbstbestimmung des Todkranken und das Recht auf einen menschenwürdigen Tod gelebt werden. Der Betrieb untersteht der Aufsicht der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern.

Erstes Sterbehospiz der Schweiz (1993)

Mit einem diskussionslos verabschiedeten Postulat ihrer Kommission für Rechtsfragen beauftragte die grosse Kammer den Bundesrat, einen Bericht und Vorschläge zu unterbreiten, ob und wie die Aktivitäten und Massnahmen des Bundes im Kampf gegen die verschiedenen Gefährdungen der Gesundheit wie beispielsweise Drogen, Betäubungsmittel, Medikamentenmissbrauch, Alkohol, Tabak, Luftverschmutzung, Radioaktivität etc. besser koordiniert und aufgrund einer allgemeinen und übersichtlichen Strategie optimiert werden könnten.

Massnahmen des Bundes im Kampf gegen verschiedene Gefährdungen der Gesundheit (Po. 93.3240)

Im Rahmen einer Univox-Umfrage der Schweizerischen Gesellschaft für praktische Sozialforschung (GfS) wurde der Frage nachgegangen, in welchen Bereichen der Gesundheitsversorgung die Schweizer Bevölkerung am ehesten zu Einsparungen bereit wäre. 78 Prozent der Befragten sprachen sich grundsätzlich für Sparmassnahmen aus. Bei der Nennung von konkreten Schritten bröckelte der Sparwille allerdings rasch ab. Einzig für eine Zweitkonsultation durch einen Vertrauensarzt der Versicherung vor einer Operation fand sich eine Mehrheit der befragten Personen.

Umfrage zu Sparmöglichkeiten im Gesundheitswesen (1993)

Erste Resultate der Ende des Vorjahres vom SRK angekündigten «Look-back»-Studie zur Ermittlung jener Personen, die vor 1985 durch eine verseuchte Blutkonserve mit dem HI-Virus kontaminiert wurden, zeigten, dass von den zwei Millionen Bluttransfusionseinheiten, die den Schweizer Spitälern zwischen 1982 und 1985 ausgeliefert wurden, 303 eventuell HIV-verseucht waren, wobei vorerst unklar blieb, wie viele von ihnen an Patienten abgegeben wurden. Zudem hatte das SRK im gleichen Zeitraum über 80 möglicherweise HIV-infizierte Blutkonserven nach New York, Griechenland und Saudiarabien exportiert. Im Spätsommer 1993 gestand das SRK erstmals ein, noch während zehn Monaten nach der Einführung eines zuverlässigen AIDS-Tests unkontrollierte Blutpräparate abgegeben zu haben. Das SRK schloss nicht aus, dass von den zwischen Juli 1985 und April 1986 ausgelieferten 5800 Fläschchen mit Gerinnungspräparaten unter Umständen rund tausend mit dem HI-Virus kontaminiert gewesen seien. Es begründete sein damaliges Vorgehen mit einem drohenden Versorgungsengpass bei den für Hämophile lebenswichtigen Produkten.

«Look-back»-Studie (ab 1992)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Noch bevor konkrete Zahlen aus dem «Look-back» vorlagen, stellte das SRK den neu gegründeten AIDS-Solidaritätsfonds vor, der mit einem Aufpreis von knapp 5 Prozent auf Blutkonserven finanziert wird. Laut dem Fonds-Reglement erhält Beiträge, wer erwiesenermassen mit dem AIDS-Virus infizierte Blut- oder Plasmapräparate des SRK-Blutspendedienstes erhalten hat, indirekt durch einen Empfänger eines infizierten Präparates angesteckt wurde oder gegenüber einer direkt oder indirekt angesteckten Person unterhaltspflichtig ist. Die SRK-Beiträge sollen den Betroffenen in Ergänzung zu Versicherungs- und Fürsorgeleistungen die Weiterführung eines menschenwürdigen Lebens ermöglichen. Die SRK-Entschädigungen werden ohne Rechtspflicht im Sinne einer sozialen Massnahme erbracht.

Entschädigung für durch verseuchte Blutkonserven mit HIV angesteckte Personen (1990–1993)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Im Frühjahr 1993 setzte Bundesrat Cotti eine dreiköpfige Arbeitsgruppe ein mit dem Auftrag, abzuklären, unter welchen Umständen und in welchem Umfang Patienten durch Transfusionen von Blutpräparaten möglicherweise mit dem HI-Virus infiziert wurden. Nach Angaben des Departements des Innern (EDI) sollen die Experten feststellen, ob bei den meist vor dem Jahr 1985 erfolgten Infektionen die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten wurden bzw. der ärztlichen Pflicht nachgelebt wurde. Überprüft werden soll namentlich die Arbeitsteilung zwischen den Bundesämtern für Gesundheitswesen (BAG) und Sozialversicherungen (BSV), der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) und dem Roten Kreuz (SRK). Ziel ist laut EDI, für die Zukunft Verantwortlichkeit und Strukturen festzulegen, die eine rasche Reaktion der Behörden im Bereich der Blutprodukte sicherstellen.

Arbeitsgruppe beleuchtet HIV-Infektionen durch Bluttransfusionen (ab 1993)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Ein Gutachten des Bundesamtes für Justiz kam zum Schluss, dass die Abgabe steriler Spritzen im Strafvollzug rechtlich zulässig und als präventive Massnahme gegen AIDS sogar geradezu geboten sei. Das Gutachten war im Auftrag des BAG erstellt worden, welches bereits zwei Jahre zuvor die mangelnde AIDS-Prophylaxe in den Strafanstalten kritisiert hatte.

HIV in Strafanstalten (1991–1995)

In der Frühjahrssession wurden die Zwillingsinitiativen für eine Verminderung der Tabakprobleme und für eine Verminderung der Alkoholprobleme, die ein völliges Werbeverbot für Tabak und Alkohol verlangten, vom Ständerat, welcher das Geschäft als Erstrat behandelte, klar verworfen. Die kleine Kammer erachtete den Einfluss der Werbung auf das Konsumverhalten insbesondere der Jugend als nicht erwiesen und betonte die negativen materiellen Auswirkungen der Initiativen auf die Werbebranche und das kulturelle Sponsoring. Vergeblich appellierte Bundesrat Cotti an den Rat, zumindest auf den moderateren Gegenvorschlag des Bundesrates einzutreten, welcher nur die Plakat- und Kinowerbung verbieten, die informierende Werbung in den Printmedien und an den Verkaufsstellen sowie das Sponsoring unter gewissen Auflagen jedoch zulassen wollte. Gegen die engagierten Voten von Meier (cvp, LU), Onken (sp, TG) und Schiesser (fdp, GL), die sich für den Jugendschutz stark machten und an die menschlichen und volkswirtschaftlichen Folgen übermässigen Alkohol- und Tabakkonsums erinnerten, wurde auch dieser Vorschlag deutlich abgelehnt. Ihm warfen die Gegner jeglicher Werbebeschränkung vor, nicht praktikabel zu sein und der Werbebranche jährlich Aufträge in der Höhe von CHF 100 Mio. bis CHF 150 Mio. zu entziehen.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Eine international angelegte Vergleichsstudie der Schweizer Rückversicherungsgesellschaft relativierte die oft zitierte Kostenexplosion im Gesundheitswesen und zeigte, dass die Schweiz hier durchaus nicht an der Spitze liegt. Gemäss dieser Untersuchung wurden 1990 im Durchschnitt aller OECD-Länder 7.5 Prozent des Bruttoinlandproduktes für Gesundheitsausgaben verwendet. Die höchsten Ausgaben hatten dabei die USA mit 12.4 Prozent des BIP, gefolgt von Kanada (9.0%), Frankreich (8.9%), Deutschland (8.1%), Italien (7.6%), der Schweiz (7.4%), Spanien (6.6%) und Grossbritannien (6.1%). Bei der Wachstumsrate der inflationsbereinigten Gesundheitsausgaben innerhalb der letzten 20 Jahre erreichte die Schweiz mit 3.5 Prozent pro Jahr den tiefsten Wert vor Grossbritannien (3.8%), Deutschland (4.0%), Frankreich, Italien und Kanada (je 5.0%), den USA (5.5%) und Spanien (6.3%). Mit Ausnahme von Kanada und den USA hat sich das Ausgabenwachstum in den 1980er Jahren im Vergleich zu den 1970er Jahren deutlich verlangsamt.

Vergleichsstudie zur Kostenexplosion im Gesundheitswesen (1993)

Der Bundesrat will das Preisgefälle zwischen hiesigen und ausländischen Medikamenten in den Griff bekommen. Er gab den Auftrag zu den entsprechenden Verordnungsänderungen. Dabei ist auch ein Preisvergleich mit dem Ausland vorgesehen, wie ihn der Preisüberwacher im Vorjahr gefordert hatte, sowie eine Überprüfung der Patentdauer. Gleichzeitig soll die Verwendung von Generika – den kostengünstigeren Nachahmerpräparaten – gefördert werden. Die Apotheker wehrten sich gegen die geplanten Preissenkungen, die ihrer Ansicht nach zu einem Apothekensterben und damit zum Wegfall einer bedeutenden Dienstleistung im Gesundheitswesen führen würden. Vehement wiesen die Apotheker auch den Vorschlag einzelner Krankenkassen zurück, ihren chronischkranken Versicherten die Medikamente direkt abzugeben. Die Kassen argumentierten, bei der Abgabe von Langzeitpräparaten sei die Apotheker-Marge nicht mehr durch das Beratungsgespräch gerechtfertigt.

Verordnungsänderungen gegen das Preisgefälle zwischen hiesigen und ausländischen Medikamenten (1993–1995)

In seinen Richtlinien der Regierungspolitik kündigte der Bundesrat an, dem Parlament in der laufenden Legislatur ein Bundesgesetz über die Organisation der Grenzkontrolle für Heilmittel vorlegen zu wollen. Diese soll erlauben, das mit einer unkontrollierten Einfuhr verbundene Risikopotential zu überwachen, den illegalen Vertrieb von nicht registrierten Heilmitteln zu verhindern sowie für den Export von Medikamenten eine Ausfuhrkontrolle einzuführen.

Bundesgesetz über die Organisation der Grenzkontrolle für Heilmittel

Seinen Widerstand gegen jede weiterführende Liberalisierung im Drogenbereich unterstrich Bundesrat Cotti bei der Behandlung von drei Vorstössen im Ständerat. Eine Motion Onken (sp, TG; Mo. 92.3116), welche auch im bürgerlichen Lager vereinzelte Unterstützung fand, forderte den Bundesrat auf, seine bisherige restriktive Haltung zu überprüfen und das Betäubungsmittelgesetz entsprechend zu revidieren. Insbesondere sollte eine Entkriminalisierung des Konsums vorgenommen sowie die Möglichkeit der ärztlich kontrollieren Abgabe von Drogen ermöglicht werden. Ebenfalls mit einer Motion verlangte der Tessiner Lega-Abgeordnete Morniroli die Aufwertung der Subkommission Drogenfragen in eine Eidgenössische Drogenkommission, die Erarbeitung eines gesamtschweizerischen Drogenkonzepts sowie die Gründung eines nationalen Institutes für Grundlagenforschung über die Drogensucht (Mo. 92.3265). In einer Interpellation wollte Ständerätin Weber (ldu, ZH) vom Bundesrat wissen, wie er sich die weitere Drogenpolitik vorstelle und welche Massnahmen er gegen die Drogenkriminalität zu ergreifen gedenke (Ip. 92.3127). Cotti beantwortete die drei Vorstösse mit dem Hinweis auf die Uneinigkeit sowohl der nationalen wie der internationalen Experten und erklärte, vor der Auswertung seines im Vorjahr vorgelegten Massnahmenpakets könne kein Richtungswechsel in der Drogenpolitik des Bundesrates erwartet werden. Auf seinen Antrag wurden die beiden Motionen nur als Postulate überwiesen.

Vorstösse für eine weitere Liberalisierung im Drogenbereich (1992)

Diesen Weg gingen Bundesrat und Parlament denn auch bei den entsprechenden Eurolex-Vorlagen. Wobei heftige Diskussionen vor allem im Nationalrat nicht ausblieben. Sowohl bei der Revision des Umweltschutzgesetzes (92.057-4) wie bei jener des Epidemiengesetzes plädierte eine starke Kornmissionsminderheit bzw. eine schwache -mehrheit bestehend aus SP, Grünen, LdU/EVP und Teilen der CVP erfolglos dafür, das brisante Thema nicht im Schnellzugstempo abzuhandeln, sondern nach der Durchführung weiterer Abklärungen im regulären Gesetzgebungsprozess anzugehen. Bundesrat und bürgerliche Ratsmehrheit hielten dem entgegen, als Forschungsstandort habe die Schweiz einen dringenden Handlungsbedarf, weshalb sie auch, im Gegensatz zu den anderen Efta-Staaten, auf die Aushandlung einer Übergangsfrist verzichtet habe.

In der Detailberatung setzte sich die Minderheit ebenfalls erfolglos für restriktivere Formulierungen ein. Nach anfänglichen Zugeständnissen (Einbezug der natürlichen pathogenen Organismen, Befristung der umstrittenen Bestimmungen) schwenkte die grosse Kammer in der Differenzbereinigung auf die Linie des Ständerates ein, welcher sich strikt darauf beschränken wollte, nur gerade den «acquis communautaire» (Melde- und Bewilligungspflicht) zu übernehmen ohne den künftigen Gesetzgebungsprozess zu präjudizieren.

Diese Gesetzesänderungen wurden infolge der Ablehnung des EWR-Vertrages in der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1992 hinfällig.

Eurolex: Revision von Umweltschutzgesetz und Epidemiengesetz (92.057-1 / 92.057-4)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)

Gegen Verfügungen zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Liste der kassenpflichtigen Spezialitäten kann künftig bei einer verwaltungsunabhängigen Instanz Rekurs eingelegt werden. Der Bundesrat setzte die Rekurskommission für die Spezialitätenliste auf den 1. Dezember 1992 ein. Gegen Entscheide dieses Gremiums ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidgenössischen Versicherungsgericht möglich. Damit wird fortan das ganze Beschwerdeverfahren vor verwaltungsunabhängigen Instanzen durchgeführt.

Schaffung einer Rekurskommission für die Spezialitätenliste (1992)

Vertreter dieser Gruppe gehörten federführend zum Initiativkomitee, welches Ende Jahr eine Volksinitiative «Jugend ohne Drogen» lancierte. Dem Copräsidium gehören die Nationalrätinnen und Nationalräte Aubry (fdp, BE), Borer (ap, SO), Bortoluzzi (svp, ZH), Dreher (ap, ZH), Friderici (lp, VD), Giezendanner (ap, AG), Leuba (lp, VD), Miesch (fdp, BL), Moser (ap, AG), Müller (svp, AG), Philipona (fdp, FR), Rohrbasser (svp, FR), Sandoz (lp, VD), Jürg Scherrer (ap, BE), Werner Scherrer (edu, BE), Steinemann (ap, SG) und Tschuppert (fdp, LU) sowie die beiden Ständeräte Kündig (cvp, ZG) und Morniroli (lega, TI) an. Massiv vertreten im Initiativkomitee sind Sportler vorab aus dem Umkreis der schweizerischen Ski-Nationalmannschaft und einige Prominente aus der Unterhaltungsbranche.

Gemäss dem Initiativtext soll der Bund das Rauschgiftproblem mit einer restriktiven, direkt auf Abstinenz ausgerichteten Drogenpolitik bekämpfen und die notwendigen Gesetze dazu erlassen, zudem eine aktive Drogenprävention verfolgen und Entzugs- und Wiedereingliederungsmassnahmen fördern. Ausdrücklich verbieten wollen die Initianten die Abgabe von Betäubungsmitteln. Vorbehalten ist eine Abgabe zu rein medizinischen Zwecken, wobei Heroin und Kokain allerdings ausgeschlossen sind. Als bekannt wurde, dass auch der umstrittene Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis (VPM) hinter der Initiative steht, distanzierten sich einzelne Sportler von ihrem Engagement.

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Der Thurgauer Kantonsrat nahm ebenfalls ein einschränkendes Gesetz zum Schutz vor bleibenden Veränderungen im menschlichen Erbgut an. Unter strafrechtlichen Androhungen sind Eingriffe in die menschliche Keimbahn und an Embryonen verboten. Auch dieses Gesetz versteht sich nur als Übergangslösung, bis das Bundesrecht den gesamten Problembereich regelt.

Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie: Entwicklung in einzelnen Kantonen (1988–1993)
Dossier: Entwicklungen in der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen in den Neunzigerjahren

Der Verein «Schweizer Hanf-Freunde und -Freundinnen» lancierte im Herbst eine Volksinitiative «Schweizer Hanf», welche sich für einen freien Anbau, Vertrieb und Verbrauch von einheimischem Haschisch einsetzt sowie die Aufhebung aller Hanfverbote und Hanfurteile rückwirkend bis 1951 verlangt. Ohne den Tatbestand des Handels mit Cannabis als solchen zu würdigen, lehnten beide Kammern aus rechtspolitischen Gründen eine Petition desselben Vereins für eine Amnestie für Haschischhändler ab. Der Verein hatte sich auf ein im Vorjahr gefälltes Urteil des Bundesgerichtes berufen, wonach Cannabis nicht zu einer Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen führen könne.

Volksinitiative «Schweizer Hanf» (1992–1993)

Die Grüne Partei stellte ihre Vorschläge zur Drogenpolitik vor. Kurzfristig verlangten die Grünen eine breitangelegte, medizinisch kontrollierte Drogenabgabe sowie Betreuungsangebote und Ausstiegshilfen für Süchtige. Langfristig, meinten sie, müsse eine kontrollierte Regelung des Handels eingeführt werden, um dem illegalen Markt den Boden zu entziehen. Die Einfuhr, die Herstellung, der Verkauf und die fiskalische Belastung von Betäubungsmitteln solle ausschliesslich dem Bund zustehen. Auch die Sozialdemokratische Partei sprach sich an ihrem Parteitag für eine weitgehende Legalisierung der Drogen sowie für ein Staatsmonopol bei der Herstellung dem Handel und dem Vertrieb aus.

Positionen der Grünen und der SP zur Drogenpolitik (1992)

Ebenfalls eine einschränkende Präzisierung des Verfassungsartikels strebt eine Volksinitiative gegen Retortenzeugung und Samenspende an. Dieses Volksbegehren «zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie» («Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung») wird von einem überparteilichen Komitee getragen, das vom Basler CVP-Politiker Guido Appius präsidiert wird, und welchem neben Ständerat Plattner (sp, BS) und den Nationalräten Weder (Idu, BS) und Zwygart (evp, BE) eine Reihe von Medizinern und Juristen angehört. Ermutigt wurde das Komitee durch Volksentscheide gegen lvF und Samenspende Dritter in den Kantonen Basel-Stadt und Glarus.

Volksinitiative «zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie» («Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung») und indirekter Gegenvorschlag (BRG 96.058)
Dossier: Eizellenspende
Dossier: Entwicklungen in der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen in den Neunzigerjahren

Der Nationalrat lehnte eine Motion Zisyadis (pda, VD) ab, welche den Bundesrat verpflichten wollte, Hersteller von Medikamenten gegen seltene Krankheiten finanziell zu unterstützen.

Unterstützung für Hersteller von Medikamenten gegen seltene Krankheiten (Mo. 92.3089)