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Der Nationalrat behandelte im Frühjahr die von den Kommissionen beider Räte erstellten Berichte hinsichtlich einer besseren Verständigung unter den verschiedenen Sprachregionen der Schweiz. Die darin aufgeführten Vorschläge wurden durchwegs positiv beurteilt, der Bericht selbst zustimmend zur Kenntnis genommen. Unbehagen wurde in der fünfstündigen Diskussion an der Verwendung der Deutschschweizer Dialekte, gerade auch in den Medien, geäussert. Mit schlichtem Unverständnis reagierten insbesondere die Abgeordneten aus der Romandie auf die ablehnende Haltung der Deutschschweizer gegenüber dem Hochdeutschen. Nicht zuletzt sei es oft gerade die Verwendung der Schweizer Mundarten, welche die Verständigung unter den Sprachgruppen erschwere.

Kommunikation zwischen den einzelnen Landesteilen

Unter dem Titel "CH-Forum 98" nahm der Kanton Solothurn eines der vom Nationalrat im Rahmen der Verständigungsberichte diskutierten Projekte auf. In den kommenden Jahren soll auf dem als Begegnungszentrum landesweit etablierten Schloss Waldegg eine Reihe von Veranstaltungen zur Frage eines erneuerten nationalen Dialogs durchgeführt werden. Mit bislang 17 vorgesehenen Beiträgen, die thematisch von der Frage nach der Stellung der ausländischen Mitbürger bis zum Verhältnis zwischen Zentrum und Peripherie reichen, sind die Diskussionsbereiche weit abgesteckt. Den Beginn machte im November eine gut besetzte Tagung über die "Dialogfähigkeit der Schweiz", in deren Mittelpunkt die Frage nach den Ursachen der zunehmenden aussenpolitischen Abschottung sowie innenpolitischen Grabenbildung und allfällige Möglichkeiten zu deren Überwindung stand. Das "CH-Forum 98" versteht sich als Beitrag des Kantons Solothurn zu den Staatsfeierlichkeiten im Jahre 1998.

"CH-Forum 98" "Dialogfähigkeit der Schweiz"

Obschon sich ein Grossteil der Schweizer Jugendlichen zwischen 15 und 20 Jahren gesund fühlt und optimistisch in die Zukunft blickt, kämpfen viele mit Müdigkeit, Stress, Depressionen und Angst. Sie konsumieren viel Alkohol, zeigen ein riskantes Sexualverhalten und manifestieren ihre Desorientierung mit der europaweit höchsten Rate an Selbstmordversuchen. Die im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit bei 10 000 Schülern und Lehrlingen erstmals durchgeführte Befragung zeigte ferner, dass bestehende medizinische und psychosoziale Hilfsangebote kaum bekannt sind.

Befragung

Die dreifache Niederlage des Bundesrates - und des Parlaments - in der Volksabstimmung vom 12. Juni intensivierte die v.a. nach der gescheiterten EWR-Politik aufgekommene Diskussion darüber, inwiefern der Bundesrat noch das Vertrauen einer Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger geniesse. Die Vox-Befragung nach der Volksabstimmung vom Juni zeigte, dass das Misstrauen in den Bundesrat heute vor allem bei der älteren Landbevölkerung - und dort insbesondere bei den Bauern - am stärksten verbreitet ist. Auch der Bundesrat selbst befasste sich mit diesem Thema und nahm sich vor, mit einer besseren Informationspolitik, klareren inhaltlichen Schwerpunkten und einer engeren politischen Einbindung aller Bundesratsparteien Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückzugewinnen.

Misstrauen in den Bundesrat

Nach dieser grundsätzlichen Diskussion behandelte der Nationalrat eine Reihe parlamentarischer Vorstösse zu diesem Thema. Wie bereits der Ständerat überwies auch er eine in beiden Räten eingereichte gleichlautende Motion der beiden Ratskommissionen, welche die Landesregierung bei all ihren Beschlüssen zu besonderer Beachtung der sprachlichen und regionalen Verständigung verpflichtet. Damit konnte sich der Bundesrat nicht durchsetzen, welcher die Vorschläge zwar seinerseits begrüsste, jedoch für deren Überweisung als Postulat plädiert hatte. Er überwies weiter eine Motion des Ständerats (92.3493), welche im Anschluss an die Volksabstimmung über die Zugehörigkeit zum EWR eingereicht worden war und den Bundesrat beauftragt, im Zusammenwirken mit gesellschaftlichen und kulturellen Organisationen Massnahmen zu treffen, um die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften nachhaltig zu fördern.

Erfolg hatte auch eine parlamentarische Initiative von Robert (gp, BE). Darin wird der Bund aufgefordert, Bemühungen der Kantone zur Förderung der zweisprachigen Erziehung im Rahmen der Landessprachen zu unterstützen. Der Antrag Maspolis (lega, TI), der Initiative keine Folge zu geben, wurde deutlich verworfen. Eine weitere parlamentarische Initiative von Borel (sp, NE) für den Empfang mindestens eines Radioprogramms in jeder der drei Amtssprachen in der ganzen Schweiz wurde von der zuständigen Ratskommission in ein eigenes Postulat umgewandelt und dergestalt vom Plenum überwiesen.

Parlamentarische Initiativen zur Förderung der Mehrsprachigkeit

Als Postulat überwiesen wurde auch die Forderung der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats, die vom Bundesrat ein grösseres Engagement bei Fremdsprachenaufenthalten für Schüler und Lehrlinge sowie eine auf ökonomisch schwache Gebiete hin angelegte regionale Wirtschaftspolitik forderte. Kein Erfolg war schliesslich einem Minderheitsantrag der Verständigungskommission des Nationalrats beschieden, welcher zur Verbesserung der Kompetenz im Hochdeutschen für alle Lehrkräfte einen obligatorischen Aufenthalt im deutschsprachigen Ausland vorsah. Das entsprechende Postulat wurde auf Antrag des Bundesrats deutlich abgelehnt.

Kommunikation zwischen den einzelnen Landesteilen

Das Vertrauen der Schweizer Bevölkerung in die Behörden, Parteien und Verbände hat sich im Berichtsjahr weiter verringert. Laut den Ergebnissen des Marktforschungsinstituts Demoscope stieg der Anteil der Befragten, welche wenig bis gar kein Vertrauen in die Regierung haben, gegenüber dem Vorjahr um drei auf 27 Prozent, während die Anzahl Personen mit vollem und ziemlichem Vertrauen in den Bundesrat stagnierte. Ein genereller Rückgang war insbesondere beim Vertrauen in die Parteien und Verbände sowie in die kantonalen und kommunalen Behörden festzustellen. Laut der Univox-Umfrage zum Verhältnis Bürger-Staat erzielte die Zauberformel bei der Bevölkerung trotz den Misstönen rund um die Bundesratsersatzwahl eine hohe Akzeptanz. Eine Mehrheit der Befragten sprach sich aber für die Volkswahl der Landesregierung aus, nachdem 1988 noch das geltende System Zustimmung gefunden hatte. Eine Mehrheit glaubte ferner, dass der Bundesrat für die wichtigsten Probleme wie Arbeitslosigkeit, Drogen und Aids eine Lösung finden werde. Im übrigen zeigte sich, dass bei der Bewertung staatlicher Stellen weitere Image-Einbussen, vor allem bei den PTT, zu verzeichnen waren. Entgegen den gängigen Vorstellungen ergab eine weitere Demoscope-Studie, dass die eher als typisch germanisch eingestuften Eigenschaften wie Hang zum Materialismus, Erfolgsstreben, Sauberkeit und Aggressivität bei den Romands im allgemeinen ausgeprägter waren als bei den Deutschschweizern.

Vertrauen in die Regierung

Im Rahmen einer Univox-Erhebung sprach sich knapp die Hälfte der Befragten dafür aus, dass die Kinderkosten stärker durch die Allgemeinheit getragen werden sollten. Annährend 80% waren der Ansicht, die Kinderzulagen sollten auf eidgenössischer Ebene vereinheitlicht werden. Über die Höhe gingen die Meinungen zwar auseinander, doch war eine deutliche Mehrheit (64%) für Beträge, die zum Teil massiv über den heutigen Kinderzulagen liegen. Für einen Ausbau der familienexternen Kinderbetreuung sprachen sich 57% der Befragten aus. Die stärkste Befürwortung kam von jenen Untergruppen, die selber den grössten Nutzen aus einer entsprechenden Infrastruktur ziehen, nämlich den jüngeren Frauen und den Personen mit hohem Bildungsstand.

Im Rahmen einer Univox-Erhebung sprach sich knapp die Hälfte der Befragten dafür aus, dass die Kinderkosten stärker durch die Allgemeinheit getragen werden sollten

In einer repräsentativen Umfrage des Magazins Reader's Digest, welche von den Befragten wissen wollte, welcher Kanton der sympathischste sei, plazierte sich das Tessin mit Abstand an erster Stelle, gefolgt von Bern, Graubünden und Wallis. Ausser dem Kanton Jura, der auf dem zweitletzten Platz landete, waren alle Kantone der Romandie im ersten Drittel der Rangordnung vertreten. Den Schluss bildete der Kanton Zürich. In einem sogenannten Kantonsrating beurteilte das Wirtschaftsmagazin "Bilanz" die Attraktivität der 26 Stände nach unterschiedlichen Kriterien wie Finanzen, Steuern, Wirtschaft, öffentliches Angebot, Umweltqualität und allgemeine Befindlichkeit. Dabei plazierte sich der Kanton Zug an erster Stelle, gefolgt von Graubünden und Nidwalden.

Umfrage sympathischste Kanton

Eine Univox-Umfrage über Berufsarbeit und Grundwerte verdeutlichte die Bedeutung der persönlichen Beziehungen in der Arbeitswelt. In der Skala der Werte rangierte das psychische mitmenschliche Wohlbefinden am Arbeitsplatz an oberster Stelle. Ein guter Lohn wurde zwar von beinahe der Hälfte der Befragten als sehr wichtig eingestuft, folgte aber doch erst in den hintern Rängen. Am wenigsten gefragt waren — besonders bei den Frauen — Verantwortung und gute Aufstiegsmöglichkeiten.

Eine Univox-Umfrage über Berufsarbeit und Grundwerte verdeutlichte die Bedeutung der persönlichen Beziehungen in der Arbeitswelt

Um eine bessere Kommunikation zwischen den einzelnen Landesteilen zu gewährleisten, mehr Brückenschläge und allgemein ein besseres Verständnis zwischen den Sprachregionen zu schaffen, haben die Büros der beiden Räte eine parlamentarische Kommission einberufen, welche das Phänomen analysieren und Lösungsvorschläge unterbreiten soll.

Kommunikation zwischen den einzelnen Landesteilen

Wie aus einer jedes Jahr durchgeführten repräsentativen Befragung hervorging, ist die Arbeitslosigkeit zum grössten Problem der Schweizerinnen und Schweizer geworden und hat die in den Vorjahren zuerst genannten Themen Asylwesen, Drogen und Umwelt auf die nachfolgenden Plätze verdrängt. Vor Jahresfrist hatte die Arbeitslosigkeit noch den achten Rang eingenommen. Besonders sensibilisiert zeigte sich die Romandie, wo 81% der Befragten die Arbeitslosigkeit als vordringlichstes Problem nannten gegenüber 71% im Tessin und 70% in der Deutschschweiz.

Wie aus einer jedes Jahr durchgeführten repräsentativen Befragung hervorging, ist die Arbeitslosigkeit zum grössten Problem der Schweizerinnen und Schweizer geworden und hat die in den Vorjahren zuerst genannten Themen Asylwesen, Drogen und Umwelt auf die nachfolgenden Plätze verdrängt

Wie die Ergebnisse der 1992er Umfrage im Rahmen der UNIVOX-Untersuchung zur politischen Kultur in der direkten Demokratie zeigten, verstärkte sich der Trend des Misstrauens der Bevölkerung gegenüber der Politik; 52% der Befragten unterstützten die Aussage "Leute wie ich haben keinen Einfluss darauf, was die Regierung tut", was eine Zunahme von 9 Prozentpunkten im Vergleich zu 1989 darstellte. Über die Hälfte der Befragten glaubte im weiteren, dass sich die gewählten Politikerinnen und Politiker wenig um das Volk kümmern und den Kontakt mit ihm vollständig verloren haben. Nicht ganz die Hälfte der Befragten (46%) zeigten sich zufrieden mit der Art, wie die Schweiz regiert wird (1990: 54%; 1991: 42%), ein Drittel war unentschieden und ein Fünftel äusserte sich unzufrieden. Als wichtigste Probleme der Gegenwart wurde mit 21% die Arbeitslosigkeit und die Ausländerfrage genannt; gleichzeitig haben zu diesen beiden Themen immerhin 63% resp. 61% Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit des Bundesrates.

verstärkte sich der Trend des Misstrauens der Bevölkerung gegenüber der Politik

Die Idee der nationalen Identität, auf welcher die Willensnation Schweiz aufgebaut ist, wurde durch die Spaltung der Schweiz in die verschiedenen Sprachregionen in bezug auf die Frage eines EWR-Beitritts auf die Probe gestellt. Das Abstimmungsresultat zeigte mit aller Deutlichkeit die Demarkationslinie zwischen den französischsprachigen Kantonen einerseits, in welchen die Zustimmung zum EWR zum Teil über 80% betrug und den deutsch-, italienisch- und rätoromanischsprachigen Kantonen andererseits, in denen keine Mehrheit für den EWR zustande kam, auf. Relativiert wurde das Ergebnis durch die Tatsache, dass neben den beiden Basel auch die beiden anderen deutschsprachigen Grossagglomerationen Zürich und Bern sowie eine Reihe weiterer Deutschschweizer Städte dem EWR zugestimmt hatten. Der Graben zwischen deutschsprachiger und welscher Kultur hatte sich seit dem ersten Weltkrieg nie mehr in dem Masse manifestiert; ein grosser Teil der französischsprachigen Schweiz konnte sich nach dem für sie enttäuschenden, ja niederschmetternden Ergebnis kaum mehr als zur Schweiz gehörend identifizieren. In der Romandie wichen erste, aus der Enttäuschung entstandene, Sezessionsgedanken nach dem Abstimmungstag jedoch bald einer realistischeren Problemanalyse. Gemäss verschiedener Beobachter läuft die Schweiz nach dem Nein zum EWR fortan Gefahr, durch eine wachsende Indifferenz der Romands gegenüber der Deutschschweiz die nationale Kohäsion zu verlieren. Im übrigen wurde auch der traditionelle Zusammenhalt unter den lateinischen Kulturen, zwischen dem Tessin und der Romandie, mit dem klaren Nein des Tessins geschwächt. Das Auseinanderklaffen der Haltungen zum EWR in den verschiedenen Sprach- und Kulturräumen bot aber – zum Teil auch schon vor der Volksabstimmung – Gelegenheit, die Identität und die Verankerung der einzelnen Sprachregionen im Verhältnis zur Gesamtschweiz zu überdenken. Das Bewusstsein, dass weder die deutschsprachige Schweiz noch die Romandie ein kohärentes Ganzes bilden, wurde dabei gestärkt. Ebenso wurde offensichtlich, dass nur innerhalb einer politisch-sozialen Elite der Bevölkerung intensive und vielfältige Beziehungen zwischen Romands und Deutschschweizern gepflegt werden. Im übrigen sind die Erklärungsansätze, welche die unterschiedlichen Haltungen zur europäischen Integration in den Sprachregionen analysieren, sehr vielfältig und zum Teil widersprüchlich. Häufig thematisiert wurden beispielsweise die Minoritätssituation der Frankophonen in der Schweiz und die Nähe zur Europäischen Gemeinschaft durch die französische Sprache; viele Kommentatoren erwähnten den Antigermanismus der Deutschschweiz sowie deren vergangenheitsorientierte Mythen als tiefere Ursache für das Nein, während sie in der Romandie keine vergleichbare Negativbeziehung zum Kulturnachbarn Frankreich ausmachen konnten. Die vertiefte Analyse des Abstimmungsresulats liess den Graben zwischen Deutsch- und Welschschweiz jedoch bald differenziert erscheinen, denn genauso wie die Sprache scheinen die Faktoren wie städtischer oder ländlicher Lebensraum resp. die Situierung auf den Achsen Zentrum-Peripherie, Bildung, Einkommen und Alter eine wesentliche Rolle in der Entscheidung für oder gegen den EWR gespielt zu haben.

verschiedenen Sprachregionen EWR Graben zwischen deutschsprachiger und welscher Kultur

Begleitend zu den Diskussionen und Wortgefechten um einen Beitritt der Schweiz zum EWR entwickelten Persönlichkeiten aus dem intellektuellen und künstlerischen Schaffen auch Visionen und Utopien, welche über die allernächste Zukunft im engeren europäischen Umfeld hinausgingen. So propagierte der Schriftsteller Otto F. Walter, der dem EWR gegenüber eher negativ eingestellt war, die breite Öffnung der Schweiz zur Welt durch einen UNO-Beitritt, die Totalrevision der Bundesverfassung, die freiwillige Aufnahme von EG-Recht in den schweizerischen Rechtsbestand, wo dies problemlos möglich ist, den Aufbau einer europäischen Koalition der Kleinstaaten zugunsten eines föderalistischen und demokratischen Europas, einen Solidaritätsbeitrag auch als Nicht-EG-Mitglied zugunsten der ärmeren europäischen Länder und nicht zuletzt auch die verstärkte Zusammenarbeit mit engagierten ausserparlamentarischen Organisationen wie beispielsweise Greenpeace oder dem WWF. Der Politologe und Nationalrat Andreas Gross (sp, ZH), ebenfalls EWR-Gegner, legte den Schwerpunkt seiner Zukunftsvision auf die Schaffung einer Europäischen Verfassung mit direktdemokratischen Rechten.

Begleitend zu den Diskussionen und Wortgefechten um einen Beitritt der Schweiz zum EWR entwickelten Persönlichkeiten aus dem intellektuellen und künstlerischen Schaffen auch Visionen und Utopien, welche über die allernächste Zukunft im engeren europäischen Umfeld hinausgingen

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Problemlösungsfähigkeit des Staates ist laut einer im Juli und August durchgeführten UNIVOX-Befragung zum Teil stark zurückgegangen. Der Umweltschutz stand nach Ansicht der Befragten zwar weiterhin an der Spitze der ungelösten Probleme, aber die Ausländer- und Asylpolitik, die Sozialpolitik sowie politisch-institutionelle Anliegen haben stark aufgeholt. Der Anteil derjenigen, welche in den einzelnen Politikbereichen ohne Einschränkung in die Problemlösungsfähigkeit des Staates vertrauten, ging im Vergleich zum Vorjahr um etwa 20 Prozentpunkte zurück. Immerhin rund drei Fünftel der Bevölkerung glaubte in den erwähnten Problembereichen "unbedingt" und "eher" an die Problemlösungsfähigkeit des Bundesrates (1990: 80% bis 96%). Der Anteil der Befragten, welcher generell zufrieden war mit der Art, wie die Schweiz regiert wird, sank gegenüber dem Vorjahr von 54% auf 42%; derjenige der Unzufriedenen stieg von 16% auf 24%.

Vertrauen

Die Asylfrage ist zum grössten Problem der Schweizer geworden und hat die im Vorjahr zuerst genannten Themen Drogen und Umwelt auf die Plätze zwei und drei zurückgedrängt. Dies ging aus einer repräsentativen Umfrage hervor. Für die Tessiner war die Asylfrage weniger oft die zentrale Sorge (49%) als für die Romands (63%) und die Deutschschweizer (67%) .

repräsentativen Umfrage

Das Recht, mit Initiativen und Referenden direkten Einfluss auf die Politik nehmen zu können, wird nicht nur von Parteien, Verbänden und Einzelpersonen rege genutzt, sondern ist bei den Bürgerinnen und Bürgern auch sehr beliebt. In einer repräsentativen Befragung drückten 78% (zu Initiative) resp. 72% (zu Referendum) ihre positive Haltung zu den beiden Instrumenten aus; nur gerade 14% könnten sich mit einem Verzicht auf das Referendumsrecht abfinden.

Das Recht, mit Initiativen und Referenden direkten Einfluss auf die Politik nehmen zu können, wird nicht nur von Parteien, Verbänden und Einzelpersonen rege genutzt, sondern ist bei den Bürgerinnen und Bürgern auch sehr beliebt

Wie die im Anschluss an die Nationalratswahlen durchgeführte Vox-Analyse zeigte, spielte auch hier die Asylfrage eine mobilisierende Rolle. Für einen Viertel der Wählenden war sie das entscheidende Thema; Fragen wie europäische Integration oder Umweltschutz blieben dahinter zurück. Die Auto-Partei, die grosse Gewinnerin dieser Wahlen, nutzte die fremdenfeindliche Stimmung gemäss der Vox-Analyse am besten. Aber auch bei der SVP war die Asylfrage der eigentliche Renner: mit Gewinnen in der Agglomeration Zürich und in den Mittelschichten glich die Partei so die leichten Rückgänge in ihrer traditionellen Wählerschaft aus. CVP und SP hatten dafür plädiert, die Asylpolitik möglichst aus dem Wahlkampf herauszuhalten, um den latenten Fremdenhass nicht weiter zu schüren.

Nationalratswahlen Asylfrage eine mobilisierende Rolle

Die Kommission für soziale Fragen des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) publizierte unter dem Titel "Eine neue Schweiz im neuen Europa" zehn Thesen als Beitrag zum Jubiläumsjahr. Die Autoren lehnen darin ein selbstzufriedenes schweizerisches Sonderfalldenken ab und plädieren für ein Bemühen, international auf moralischer Ebene vorbildlich zu sein. Eine moralisch integre Politik beinhalte auch den Respekt vor der Schöpfung, welche höher gewertet werden sollte als die Wohlstandsmehrung. Die Reformen in Richtung einer weltweiten Friedensordnung, vermehrter Solidarität im Nord-Süd-Konflikt und mehr demokratischer Mitbestimmung im politisch-sozialen Leben würden jedoch gemäss den Autoren eine Totalrevision der Bundesverfassung voraussetzen.

Die Kommission für soziale Fragen des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) publizierte unter dem Titel "Eine neue Schweiz im neuen Europa" zehn Thesen als Beitrag zum Jubiläumsjahr

Die vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission "Schweiz morgen" präsentierte nach zweijähriger Arbeit ihren Schlussbericht. Darin entwarf sie in vier Szenarien, unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte der Lebensqualität, mögliche Entwicklungen der Schweiz in wirtschaftlich-sozialer, kultureller und politischer Hinsicht nach dem Jahre 2000. Die 16köpfige Kommission unter der Leitung von Christian Lutz, Leiter des Gottlieb-Duttweiler-Instituts (GDI) in Rüschlikon und Präsident der schweizerischen Gesellschaft für Zukunftsforschung, umfasste Wissenschaftler aus verschiedenen Fachbereichen, Unternehmer, Journalisten und eine Vertreterin aus der Bundesverwaltung. In sieben Themenbereichen hatte die Kommission mögliche Grundhaltungen in bezug auf die Rolle der Schweiz in einer Welt im Umbruch, die institutionelle Entwicklung, die Umwelt- und Raumpolitik, die Sozialpolitik, die Wirtschaft, den kulturellen Wandel und die individuellen Lebensformen skizziert. Die verschiedenen Handlungsoptionen wurden in der Folge als Bausteine unterschiedlicher Gesamtszenarien verwendet.

Ein erstes Szenarium geht von einem Status quo aus, der einen kurzsichtigen, punktuellen Pragmatismus beinhaltet und für die Schweiz, gemäss der Kommission, kein sinnvolles Konzept darstellt. Ein zweites Szenarium mit der Devise "Mehr Leistung und Wettbewerb in Wirtschaft und Gesellschaft" hat persönliche Freiheit, individuelle Selbstverwirklichung und private Initiative als höchste Werte zum Ziel, würde aber gleichzeitig eine abnehmende Solidarität in der Gesellschaft, kulturelle Verarmung, eine extrem materialistische Haltung sowie einen Abbau der direkten Demokratie und des Föderalismus bewirken. Das dritte, dem die Sympathie der Kommission galt, hat eine idealistische Ausrichtung, deren Zielorientierung eine umwelt- und sozialverträgliche, basisorientierte und beschauliche Schweiz ist. Das vierte Szenario trägt hedonistische Züge mit dem Motto: Alle sollen sich ein schönes Leben machen können.

Neben der Entwicklung der Szenarien und der Beschreibung von deren möglichen politisch-sozialen und wirtschaftlich-kulturellen Implikationen erarbeitete die Kommission sowohl abstrakte als auch konkrete Leitideen für jene Bereiche, in denen sie einen starken Handlungsbedarf erkannte: Dazu gehört als wichtigstes Element eine aktive Rolle der Schweiz in einem demokratisch legitimierten Europa der Regionen, was einen EG-Beitritt bis zum Jahr 2000 erfordern würde, sowie ein stärkeres Engagement der Schweiz bei der Lösung internationaler Probleme, wozu ein Beitritt zu UNO, IWF und Weltbank empfohlen wird. Gemäss der Kommission braucht die Schweiz eine Reform der politischen Strukturen, womit unter anderem die Stärkung der parlamentarischen Demokratie gemeint ist, eine Ökologisierung der Wirtschaft, mehr Wettbewerb, eine Neuordnung des sozialen Ausgleichs mit einem Mindesteinkommen für alle und mehr Chancengleichheit von Mann und Frau in der Gesellschaft. Der Bericht sollte unter anderem dem Bundesrat als Basis für die Regierungsrichtlinien der kommenden Legislaturen dienen.

Expertenkommission Schweiz morgen

Ende Dezember lebten 28 787 Ausländerinnen und Ausländer als anerkannte Flüchtlinge in der Schweiz. 35 836 neue Asylgesuche wurden im Lauf des Berichtsjahres eingereicht, was gegenüber 1989 einer Zunahme um 47% entspricht. Zusammen mit den Pendenzen, den humanitären und anderen Bewilligungen sowie der Dunkelziffer der nach einem negativen Entscheid untergetauchten Asylbewerber ergibt sich so ein Bestand von knapp 100 000 Personen. Dies entspricht nur gerade rund 1,5% der gesamten Wohnbevölkerung, was jedoch für eine steigende Anzahl von Schweizerinnen und Schweizern bereits zuviel ist; immer deutlicher macht sich eine "Boot ist voll"-Mentalität bemerkbar. Siehe Umfrage zur Fremdenfeindlichkeit.

"Boot ist voll"-Mentalität

Gegen den Willen der Regierung überwies der Ständerat Rhinows (fdp, BL) Postulat "Leitbild Schweiz". Darin wird der innere Zustand des Landes als desolat sowie ohne gemeinsame Sprache bezeichnet und ein neuzeitlicher Entwurf einer der Zukunft gewachsenen Schweiz gefordert.

Ausarbeitung eines politischen Leitbildes

Wie die Beschäftigten ihre eigene Arbeit empfinden, was sie bei ihrer Arbeit stört und welche Aspekte des Berufslebens für sie am wichtigsten sind, ging aus einer vom Biga veröffentlichten Repräsentativbefragung hervor. Unter 60 möglichen Störfaktoren nannte jeder dritte Erwerbstätige Lärm und zu wenig Zeit für Familie und Freunde. Jeweils jeder vierte bis fünfte beklagte sich über schlechte Luft, Zugluft, unangenehme Temperatur, zu hohe körperliche Beanspruchung, dauerndes Stehen, zu viel Uberzeitarbeit, unpassende Arbeitszeiten, ferner auch über Zeitdruck, zu starke Anforderungen an die Konzentration, Verantwortungsdruck, Erfolgszwang und mangelnde Anerkennung. Von jedem sechsten bis siebten Arbeitnehmer wurden dauerndes Sitzen, ungenügende Beleuchtung, Schmutz, unbefriedigende Ferienregelung sowie Sonntagsarbeit bzw. Arbeit am Samstagnachmittag beanstandet.

Bei der Beurteilung der eigenen Berufsarbeit überwogen indessen sehr deutlich die positiven Wertungen wie abwechslungsreich, interessant und persönlich befriedigend. Negative Beurteilungen wie abstumpfend oder eintönig wurden nur selten angegeben, etwas häufiger die Prädikate nervenaufreibend, stark ermüdend und anstrengend für die Augen. Als Faktoren des Berufslebens, auf welche die Befragten den grössten Wert legten, rangierten Anliegen wie interessanter Arbeitsinhalt, gute zwischenmenschliche Beziehungen, Schutz der Gesundheit und gute Arbeitsorganisation weit vor möglichst kurzer Arbeitszeit, guten Aufstiegschancen, viel Ferien, Mitbestimmung im Betrieb und sogar auch vor möglichst guter Besoldung.

Beurteilung der eigenen Berufsarbeit

Im Berichtsjahr hatte die FDP immer noch mit den Folgen der Affäre Kopp sowie mit der Staatsschutzkrise und dem damit verbundenen Vertrauensverlust der Bürger in die FDP zu kämpfen; letzte Umfragen zum Image der Parteien zeigten aber eine Trendwende zugunsten der FDP. vgl. auch: Fichen-Affäre

Die FDP nach der Affäre Kopp