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In der Frühjahrssession 2019 beriet der Nationalrat die Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (ATSG) und hatte eingangs einen Rückweisungsantrag von Silvia Schenker (sp, BS) zu klären. Da das ATSG generell in allen Sozialversicherungszweigen ausser der beruflichen Vorsorge zur Anwendung komme, hätten die Entscheidungen zu diesem eine Hebelwirkung, betonte sie. Die Vorlage sei aber sehr einseitig auf die Missbrauchsbekämpfung ausgerichtet, führe zu einschneidenden Verschlechterungen für die Betroffenen und beschneide die Rechte der Versicherten in Verfahren. Zudem fehle die Koordination mit den übrigen, bisher beschlossenen Missbrauchsmassnahmen – ein entsprechender Gesamtplan sei nicht vorhanden. Mit 133 zu 51 Stimmen sprach sich der Nationalrat gegen den Willen der SP- und der Grünen-Fraktion für Eintreten aus. In der Folge reichte Silvia Schenker eine Reihe von Minderheitsanträgen ein: Sie verlangte eine Streichung der engeren Frist für die Rückforderungsansprüche der Versicherten, da diese gemäss Behindertenverbänden für die Versicherer bereits jetzt sehr grosszügig sei. Sie wehrte sich gegen die Schaffung einer Kostenpflicht bei den Verfahren, da die Einführung einer solchen bei der IV gezeigt habe, dass die Anzahl Beschwerden dadurch nicht sinke. Stattdessen steige die Arbeit für die Gerichte, weil dadurch mehr Anträge auf unentgeltliche Rechtspflege eingereicht würden. Zudem lehnte sie die Schaffung einer Möglichkeit für eine vorsorgliche Einstellung von Leistungen ab, wenn eine Person die Meldepflicht verletzt, einer Lebens- oder Zivilstandskontrolle nicht fristgerecht nachkommt oder ein begründeter Verdacht auf unrechtmässig bezogene Leistungen besteht. Unter anderem sei unklar, wann ein begründeter Verdacht vorliege – wie auch die Diskussion in der Kommission gezeigt habe. Auf ihr Argument, dass diese Regelung viele Härtefalle schaffe, entgegnete Gesundheitsminister Berset, dass das Interesse der Versicherer, Verfahren und grosse Schadensrisiken zu vermeiden, Vorrang vor dem Interesse der Versicherten habe, nicht in eine vorübergehende Notlage zu geraten. Alle Minderheitsanträge fanden ausschliesslich bei der SP- und der Grünen-Fraktion Anklang und wurden folglich vom Nationalrat abgelehnt.
Angenommen wurde hingegen ein Minderheitsantrag von Thomas Aeschi (svp, ZG), mit dem die Kann-Bestimmung zur Einstellung von Geldzahlungen mit Erwerbscharakter während des Strafvollzugs zu einer Muss-Bestimmung geändert wurde. Umstritten war ansonsten nur noch die Frage, wie genau die Regelung zur Auferlegung der Kosten für Observationen beim Bezug von Versicherungsleistungen aufgrund von unwahren Angaben ausgestaltet werden sollte. Silvia Schenker wollte die Auferlegung der Kosten auf «wissentlich unwahre Angaben» beschränken oder – wenn möglich – den Absatz ganz streichen. Bea Heim (sp, SO) beantragte eine Beschränkung der Klausel auf die Auferlegung «angemessener Mehrkosten» und Thomas Aeschi wollte auch hier die Kann- in eine Muss-Formulierung umwandeln. In der Folge setzte sich jedoch die Version der Kommission durch, wodurch der Rat eine Differenz zum Ständerat schuf, der die Klausel, wie von Bea Heim vorgeschlagen, auf «angemessene Mehrkosten» beschränkt hatte.

Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (BRG 18.029)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Die überwiesene Motion Schwaller (cvp, FR) für eine nachhaltige Sanierung der Invalidenversicherung beinhaltete drei Aspekte, die in verschiedenen Bundesgesetzen geändert und somit in separaten Revisionen angegangen werden mussten. Die erste Forderung, die Schulden des IV-Fonds beim AHV-Fonds bis ins Jahr 2028 zu tilgen, sei mit dem neuen Ausgleichsfondsgesetz erfüllt worden, erklärte der Bundesrat in seiner Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG). In Letzterer ging der Bundesrat den zweiten Aspekt, eine gemeinsame Gesetzesgrundlage zur Betrugsbekämpfung in allen Sozialversicherungen, an. Dazu habe er die damals unbestrittenen Punkte aus der abgelehnten IV-Revision 6b, in der bereits einmal versucht worden war, die Gesetzesgrundlagen der verschiedenen Sozialversicherungszweige zu vereinheitlichen, in die aktuelle Vorlage übernommen. Den dritten Punkt, die verstärkte Eingliederung von Menschen mit psychischer Behinderung in den Arbeitsmarkt, habe er im Rahmen der Weiterentwicklung der IV umgesetzt. In der Botschaft zur Änderung des ATSG empfahl der Bundesrat die Motion Schwaller schliesslich zur Abschreibung. Stillschweigend stimmten Stände- und Nationalrat der Abschreibung in der Herbstsession 2018 respektive der Frühjahrssession 2019 zu.

Nachhaltige Sanierung der IV (Mo. 13.3990)

Im September 2017 reichte Marco Chiesa (svp, TI) eine Motion für eine Reduktion der steuerlichen Doppelbelastung durch eine Schaffung von Möglichkeiten zur Senkung der Vermögenssteuer ein. Er störte sich daran, dass das Kapital eines Unternehmens vom Unternehmen selbst sowie von den Beteiligungsinhaberinnen und -inhabern als Vermögen versteuert werden muss. Nachdem sich der Bund im Bereich der Gewinnsteuer bereits für eine Milderung der Doppelbelastung ausgesprochen habe, sollen die Kantone nun im StHG die Möglichkeit erhalten, die Vermögenssteuern bei Beteiligungen von mindestens 10 Prozent am Aktienkapital einer Aktiengesellschaft oder am Genossenschaftskapital einer Genossenschaft zu senken.
Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung, da «eine allfällige Korrektur der wirtschaftlichen Doppelbelastung auf Unternehmensebene bei der Kapitalsteuer ansetzen sollte», da diese nicht dazu führt, dass Gewinne zurückbehalten werden und dadurch in reifen Unternehmen mit geringem Wachstum verbleiben, sondern stattdessen ausbezahlt werden und in jüngere, wachstumsträchtigere Unternehmen mit hohem Investitionsbedarf investiert werden können. Zudem würden gerade die Vermögenswerte der vom Motionär erwähnten Unternehmen üblicherweise eher unterbewertet – sie seien daher also eher weniger stark von der Problematik der Doppelbelastung betroffen. Überdies habe das Bundesgericht entschieden (BGE 136 I 65, E. 5.5), dass ein 10-Prozent-Qualifikationskriterium gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Belastungsgleichheit verstosse. Schliesslich hätten sich die Kantone im Rahmen der USR III gegen die Möglichkeit, auf die Erhebung der Kapitalsteuer verzichten zu können, gewehrt. Stattdessen würde die wirtschaftliche Doppelbelastung in den Kantonen bereits heute zum Beispiel durch Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer oder durch sehr tiefe Kapitalsteuertarife beseitigt.
Diese Argumente überzeugten den Nationalrat in der Frühjahrssession 2019 jedoch nicht; er nahm die Motion mit 101 zu 86 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an. Anklang fand sie bei den geschlossen stimmenden SVP- und FDP-Fraktionen sowie bei einzelnen Mitgliedern der CVP; dagegen votierten die Mitglieder der übrigen Fraktionen.

Steuerliche Doppelbelastung. Möglichkeit zur Senkung der Vermögenssteuer

In der Frühjahrssession 2019 genehmigte auch der Nationalrat das multilaterale Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung. Die Mehrheit der WAK-NR hatte zuvor die Annahme der Vorlage empfohlen, eine Minderheit fürchtete jedoch insbesondere den administrativen Mehraufwand für die Unternehmen und sprach sich daher gegen Eintreten aus. Dennoch trat der Nationalrat mit 112 zu 56 Stimmen (ohne Enthaltungen) auf das Geschäft ein und verabschiedete dieses mit ähnlicher Stimmenzahl (114 zu 64 Stimmen ohne Enthaltungen) jeweils gegen den Widerstand der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion. Dieselben Fronten waren auch Tage später bei der Schlussabstimmung festzustellen, als der Nationalrat das Geschäft mit 129 zu 64 Stimmen und der Ständerat geschlossen mit 44 zu 0 Stimmen annahmen.

Multilaterales Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung. Genehmigung
Dossier: BEPS-Übereinkommen mit der OECD

Au mois de mars 2019, le Conseil des Etats a rejeté (5 voix pour, 34 contre, 0 abstention) la motion déposée par Thomas Minder (indépendant, SH), intimant le Conseil fédéral à pas signer l'accord institutionnel entre la Suisse et l'UE.

Le Conseil fédéral ne doit pas signer l'accord institutionnel entre la Suisse et l'UE (Mo. 18.4165)
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen

«Der Bundesrat will für einmal nicht die Welt verbessern, (...) er will ein ganz kleines Steuerproblem lösen», beteuerte Finanzminister Maurer gegen Ende der nationalrätlichen Debatte zur Erhöhung des Steuerabzugs von Kosten für die Betreuung von Kindern durch Dritte in der Frühjahrssession 2019. Der Bundesrat hatte beabsichtigt, im Rahmen seiner Fachkräfte-Initiative den Steuerabzug für externe Kinderbetreuung zu erhöhen, um so für Personen mit hohen Einkommen Anreize zu schaffen, sich trotz Kindern stärker in die Arbeitswelt zu integrieren. Finanzminister Maurer rechnete mit etwa 2500 Vollerwerbsstellen, die so besetzt werden könnten. Das beschränkte Zielpublikum der Massnahme erachteten aber verschiedene Kommissionsminderheiten als diskriminierend – diese reichten folglich weiterführende Vorschläge ein.
Den Anfang machte Jacqueline Badran (sp, ZH) mit einem Rückweisungsantrag an die WAK-NR: Diese solle anstelle der vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderung einen Systemwechsel hin zu einem Gutschriftensystem für Kinder einrichten, durch das Familien unabhängig von Lebensform und Einkommen für jedes Kind eine Gutschrift erhielten. Die bisherigen Kinderabzüge sollten hingegen gestrichen werden. Dadurch könne die Ungleichbehandlung der Familien aufgrund ihrer Einkommenshöhe durch die bisherige Regelung korrigiert werden. Der Nationalrat folgte diesem Antrag nicht und sprach sich mit 134 zu 54 Stimmen für Eintreten aus.
Regula Rytz (gp, BE) erachtete Familien mit hohen Einkommen durch die aktuelle Regelung als benachteiligt, da diese die Betreuungsplätze durch ihre Steuern finanzierten, selbst aber keine finanzielle Unterstützung erhielten und die vollständigen Betreuungstarife bezahlen müssten. Daher wollte sie diese Familien entlasten, indem der vom Bundesrat vorgesehene Abzug auf die Betreuung in institutionellen Betreuungsformen wie Kitas, Tagesschulen, Tagesfamilien oder Tagesmütter begrenzt würde. Dadurch könne überdies verhindert werden, dass die Kosten von privat angestellten Nannys, die überdies Hausarbeit verrichteten, ebenfalls abgezogen werden könnten, argumentierte Rytz. Ihr Antrag fand jedoch nur in der SP und bei den Grünen Unterstützung und wurde mit 139 zu 52 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) verworfen.
Auch Thomas Aeschi (svp, ZG) argumentierte mit einer Ungleichbehandlung verschiedener Familien: Er kritisierte, dass die Vorlage nur jenen Familien Betreuungsabzüge gewähre, die ihre Kinder gegen Entgelt fremdbetreuen liessen. Familien, die ihre Kinder selbst betreuten oder private Lösungen gefunden hätten, würden so diskriminiert. Darum schlug er vor, den Abzug der Kinderdrittbetreuungskosten auch dann zu gewähren, wenn keine direkten Kosten anfielen. Diese Lösung – gemäss Kommissionssprecherin Kathrin Bertschy (glp, BE) von der Kommission als Neuauflage der SVP-Familieninitiative eingestuft – fand nur bei einem Grossteil der SVP-Fraktion, der Hälfte der CVP/EVP-Fraktion und bei einem Mitglied der BDP Anklang und wurde folglich mit 116 zu 74 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) abgelehnt.
In eine ähnliche Richtung ging der Einzelantrag Kutter (cvp, ZH), der die allgemeinen Kinderabzüge, also unabhängig von der Betreuungssituation der Kinder, von CHF 6'500 auf CHF 10'000 erhöhen wollte. Trotz des Einwands des Finanzministers, dass ein Vorschlag, der CHF 350 Mio. koste, nicht einfach angenommen werden könne, ohne dass er zuvor in der Vernehmlassung gewesen sei, stimmte ihm der Rat mit 100 zu 92 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zu: Die Fraktionen der SVP und der CVP/EVP sowie eine Mehrheit der BDP-Fraktion stellten sich hinter die höheren Kinderabzüge.
In der Gesamtabstimmung sprach sich der Nationalrat mit 131 zu 48 Stimmen (bei 14 Enthaltungen) für die Vorlage aus. Die Nein-Stimmen stammten von den Mitgliedern der SP, von einem Teil der Grünen sowie von einzelnen SVP-Mitgliedern.

Steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten

In der Frühjahrssession 2019 stimmte der Nationalrat der vom Ständerat geänderten Motion der FDP.Liberalen-Fraktion bezüglich einer Neuregelung der Besteuerung der Säule 3b stillschweigend zu. Die WAK-NR hatte zuvor ihre Unterstützung für die Änderung erklärt, da damit das Ziel der Motion erreicht werden könne, ohne dass den kantonalen Behörden zu viel Mehraufwand generiert werde. Wichtig sei aber, betonte die Kommission, dass der Bundesrat die Höhe der Pauschale regelmässig an die Anlagebedingungen anpasse.

Neuregelung der Besteuerung der Säule 3b (Mo. 12.3814)

In der Frühjahrssession 2019 schrieb der Nationalrat das Postulat Hess (bdp, BE) «Steuererleichterungen und ein Anreizsystem in der IV» im Rahmen der Weiterentwicklung der IV ab, wie es der Bundesrat im Bericht zu derselben IV-Revision empfohlen hatte. Das Postulat werde durch die Verstärkung der Zusammenarbeit mit den Arbeitgebenden und durch die Schaffung verschiedener finanzieller Anreize für diese erfüllt.

Steuererleichterungen und bessere Eingliederung in die IV (Po. 14.4266)
Dossier: Weiterentwicklung der IV (2015-2020) und die dazu führenden Vorstösse

Der Bundesrat nahm die Forderung der Motion der SGK-NR, Massnahmen zur Früherfassung von Krankheitsfällen von Erwerbstätigen zu entwickeln, in seine Botschaft zur Weiterentwicklung der IV auf. Die Motion werde durch die Ausweitung der Früherfassung und durch die verstärkte Zusammenarbeit mit Arbeitgebenden und Ärztinnen und Ärzten erfüllt, weshalb er die Motion zur Abschreibung empfehle, erklärte er im Rahmen der Botschaft. Stillschweigend nahmen National- und Ständerat den Abschreibungsantrag in der Frühjahrs- und Herbstsession 2019 an.

Massnahmen zur Früherfassung von Krankheitsfällen (Mo. 14.3661)
Dossier: Weiterentwicklung der IV (2015-2020) und die dazu führenden Vorstösse

Im Rahmen seiner Botschaft zur Weiterentwicklung der IV erklärte der Bundesrat, das Postulat der SGK-NR durch die Einführung eines stufenlosen Rentensystems für die IV erfüllt zu haben, und beantragte es zur Abschreibung. Stillschweigend folgte der Nationalrat diesem Antrag in der Frühjahrssession 2019.

Für ein stufenloses Rentensystem (Po. 12.3971)
Dossier: Weiterentwicklung der IV (2015-2020) und die dazu führenden Vorstösse

Au mois de mars 2019, le Conseil des Etats s'est à son tour exprimé en faveur de la convention contre les doubles impositions conclue avec le Brésil (40 voix pour, 1 contre et 0 abstention). Le projet a en définitive été adopté à l'occasion du vote final du 22 mars 2019.

Double imposition. Convention avec le Brésil
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

Au mois de mars 2019, le Conseil des Etats a suivi l'avis de la chambre basse en s'exprimant à l'unanimité en faveur du protocole modifiant la convention contre les doubles impositions entre la Suisse et le Royaume-Uni. Le projet a en définitive été adopté à l'occasion du vote final du 22 mars 2019.

Double imposition. Convention avec le Royaume-Uni
Dossier: BEPS-Übereinkommen mit der OECD
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

Nachdem der Nationalrat bezüglich des Bundesgesetzes über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen entgegen dem ersten Entscheid des Ständerats einer steuerlichen Abzugsfähigkeit von ausländischen Bussen unter gewissen Bedingungen zugestimmt hatte, präsentierte die WAK-SR Anfang 2019 diesbezüglich einen neuen Vorschlag: Ausländische Bussen sollen nur dann abzugsfähig sein, wenn die Sanktionen gegen den schweizerischen Ordre public verstossen oder die der Sanktion zugrunde liegenden Handlungen auf gutem Glauben beruhten. Martin Schmid (fdp, GR) erklärte für die Kommission, dass man die Meinung des Nationalrats teile, dass für Zahlungen aufgrund von willkürlichen und unfairen ausländischen Gerichts- oder Verwaltungsentscheiden – zum Beispiel wenn elementare Verfahrensgrundsätze der EMRK oder des Uno-Paktes verletzt wurden – die Möglichkeit eines Abzugs von den Steuern geschaffen werden solle. Man habe daher eine «Zwischenvariante» zwischen den Versionen des Bundesrates und des Nationalrates vorgeschlagen, bei der es jedoch an den juristischen oder natürlichen Personen liege, solche Verfahrensmängel oder ein Verhalten nach gutem Glauben gemäss Artikel 3 ZGB nachzuweisen. Anita Fetz (sp, BS) reichte einen Rückweisungsantrag an die Kommission ein. Sie erklärte, dass sich Juristinnen und Juristen ausserhalb der Bundesverwaltung – im Unterschied zu ihren Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Verwaltung – nicht einig gewesen seien, wie die Klausel bezüglich des «guten Glaubens» genau zu interpretieren sei, da sie viel Ermessensspielraum lasse. Deshalb solle die Kommission diesen Aspekt nochmals besprechen und falls nötig präzisieren. Zusätzlich wies sie darauf hin, dass diese Regelung für die Kantone einen grossen Mehraufwand mit sich bringen würde und dass diese entsprechend vorgängig angehört werden sollten. Letzteres Argument fand auch bei Finanzminister Maurer Anklang. Trotz zahlreicher Wortmeldungen, in denen sich Kommissionsmitglieder über den Rückweisungsantrag erstaunt zeigten und argumentierten, dass die offene Frage problemlos im Zweitrat diskutiert werden könnte, hiess der Ständerat den Antrag Fetz mit 21 zu 18 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gut.

Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen (BRG 16.076)
Dossier: Steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen

In der Frühjahrssession 2019 diskutierte der Ständerat als Zweitrat die Motion Grin (svp, VD) «Erhöhung der Pauschalabzüge bei der direkten Bundessteuer zum Ausgleich der Explosion der Krankenkassenprämien» sowie eine weitere Motion Lehmann (cvp, BS; Mo. 15.4027) zum Abzug der Krankenkassenprämien von den Steuern. Die Mehrheit der WAK-SR hatte zuvor Annahme der Motion Grin beantragt, da die Krankenkassenprämien als «Teil der unvermeidlichen Lebenshaltungskosten» stark angewachsen, die entsprechenden Abzüge aber bisher nicht angepasst worden seien. Eine Minderheit Zanetti (sp, SO) beantragte die Ablehnung der Motion, da sie zu grossen Steuerausfällen führen würde; Letztere bezifferten Zanetti und Kommissionssprecher Baumann (cvp, UR) auf CHF 465 Mio. Zudem würden Personen mit höheren Einkommen überproportional von den Abzügen profitieren, was – wie Zanetti in der Plenardebatte erläuterte – dem Prinzip der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zuwider laufe. Dies löste eine hitzige Debatte im Rat aus. Erich Ettlin (cvp, OW) zum Beispiel konterte, dass eine Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit aus Fairnesgründen eben nicht nur eine progressive Besteuerung der Einkommen, sondern auch progressive Abzüge beinhalten müsse. Anita Fetz (sp, BS) betonte jedoch, dass das Grundproblem bei den Krankenkassenprämien die Finanzierung durch Kopfsteuern sei – dass man dort eben eine Flat Rate Tax und keine Progression habe. Dadurch sei vor allem der Mittelstand benachteiligt, der keine Prämienverbilligungen erhalte. Finanzminister Maurer verwies indes auf die Ineffizienz der in der Motion vorgeschlagenen Massnahme: Personen mit hohen Einkommen würden dadurch nur minimal entlastet, hingegen kosteten die Abzüge den Staat fast eine halbe Million Franken. Dennoch sprach sich der Rat mit 30 zu 13 Stimmen für die Motion Grin aus und lehnte die Motion Lehmann, wie auch von der Kommission beantragt, ab (vgl. hier).

Erhöhung der Pauschalabzüge bei der direkten Bundessteuer zum Ausgleich der Explosion der Krankenkassenprämien (Mo. 17.3171)
Dossier: Abzug der Krankenkassenprämien von den direkten Bundessteuern (seit 2002)

Zusammen mit der Motion Grin (svp, VD; Mo. 17.3171) behandelte der Ständerat in der Frühjahrssession 2019 die Motion Lehmann (cvp, BS), mit der er Krankenkassenprämien gemäss KVG steuerlich abzugsfähig machen wollte. Mit 8 zu 4 Stimmen hatte die SGK-SR die Motion Lehmann im Januar 2019 zur Ablehnung empfohlen. Zwar befürwortete die Kommission eine Erhöhung der Pauschalabzüge, da die Krankenkassenprämien zu den unvermeidlichen Lebenshaltungskosten gehörten. Die Abstufung der Abzüge, wie sie die Motion Lehmann vorsah, würde jedoch das Steuersystem verkomplizieren. Stattdessen sprach sich die Kommission mit 9 zu 3 Stimmen für die Motion Grin aus. Nach ausführlicher Plenumsdebatte zur Frage, ob eine Abstufung der Abzüge nach Einkommen gerecht sei, lehnte der Ständerat die Motion Lehmann in der Frühjahrssession 2019 stillschweigend ab und sprach sich mit 30 zu 13 Stimmen für die Motion Grin aus.

Krankenkassenprämien gemäss KVG steuerlich abzugsfähig machen (Mo. 15.4027)
Dossier: Abzug der Krankenkassenprämien von den direkten Bundessteuern (seit 2002)

Auch in der letzten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens zur Revision der Ergänzungsleistungen, die in der Frühjahrssession 2019 stattfand, konnte der Nationalrat nicht alle verbliebenen Differenzen bereinigen. Zwar strich er mit einer knappen Mehrheit von 94 zu 91 Stimmen gegen den Willen der Mehrheiten der SVP- und der FDP-Fraktion sowie von Minderheiten der CVP/EVP- und der BDP-Fraktion die Kürzung der Ergänzungsleistungen im Falle, dass die ausbezahlten Pensionskassengelder zuvor aufgebraucht worden sind, und folgte damit dem Ständerat. Stillschweigend lenkte er auf Antrag der Kommission auch bezüglich der anerkannten Abzüge bei Waisen oder Kindern mit Anspruch auf Kinderrenten ein: Hier werden die Abzüge zukünftig zwischen Kindern unter und ab 11 Jahren unterschieden. Nicht umstimmen liess sich die grosse Kammer jedoch bezüglich der Einführung einer Vermögensschwelle und gesicherter Darlehen für die die Vermögensschwelle übersteigenden Liegenschaften sowie bezüglich der Kürzung der Freibeträge auf dem Gesamtvermögen. Mit jeweils 128 zu 55 Stimmen (bei 1 respektive 2 Enthaltungen) entschied der Nationalrat diesbezüglich auf Festhalten. Diskussionslos bestätigte er auch die Möglichkeit, EL-Beiträge für Bewohnerinnen und Bewohner von Heimen und Spitälern direkt den Leistungserbringenden auszubezahlen.

Am 7. März fand die Einigungskonferenz statt. Diese folgte bezüglich der Vermögensschwelle dem Nationalrat, entschied aber, die von den Bezügerinnen und Bezügern selbst bewohnten Liegenschaften bei der Vermögensschwelle nicht zu berücksichtigen. Entsprechend konnte sie auch auf die Schaffung einer Möglichkeit für gesicherte Darlehen verzichten. Des Weiteren beinhaltete der Vorschlag der Einigungskonferenz die vom Nationalrat geforderte Bestimmung zur Auszahlung der Tagestaxen in Heimen und Spitälern an die Leistungserbringenden. Bei den anrechenbaren Einnahmen setzte sich der Ständerat durch. Der Nationalrat hatte hier darauf bestanden, die im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung erfolgte Erhöhung der Vermögensfreibeträge rückgängig zu machen. Auch bei den Rückerstattungen der erhaltenen Leistungen durch allfällige Erbinnen und Erben übernahm die Konferenz die Version des Ständerats, der dem Nationalrat hier jedoch zuvor bereits entgegengekommen war: Zukünftig liegt der Freibetrag bei CHF 40'000.
Hätte die Version des Bundesrates im Jahr 2030 EL-Ausgaben in der Höhe von CHF 6.67 Mrd. mit sich gebracht, wurden diese durch die Änderungen des Parlaments um CHF 152 Mio. auf CHF 6.52 Mrd. reduziert. Die Einigungskonferenz segnete ihren Vorschlag mit 22 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen ab und auch in den Räten fand er weitgehend Anklang: Mit 39 zu 1 Stimme bei 4 Enthaltungen respektive 142 zu 0 Stimmen bei 54 Enthaltungen sprachen sich sowohl Stände- als auch Nationalrat für die Reform der Ergänzungsleistungen aus. Einzig Werner Hösli (svp, GL) als einziger Nein-Stimmender sowie die SP- und die Grünen-Fraktion zeigten sich nicht überzeugt von der Reform. Letztere enthielten sich in den Schlussabstimmungen – im Nationalrat vollständig, im Ständerat teilweise – ihrer Stimmen.

Reform der Ergänzungsleistungen (BRG 16.065)
Dossier: Revisionen des ELG bezüglich Mietzinsmaxima
Dossier: Die EL-Reform (2016-2019) und die dazu führenden Vorstösse

In der Frühjahrssession 2019 stand die Behandlung der Weiterentwicklung der IV auf dem Programm des Nationalrats. Zuvor hatte die SGK-NR die Vorlage mit 15 zu 0 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) zur Annahme empfohlen, nachdem sie zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der SODK, der Dachverbände der Sozialpartnerinnen und Sozialpartner, der Ärztinnen und Ärzte, der Behindertenorganisationen und der IV-Stellen sowie einen Experten angehört und acht Berichte in Auftrag gegeben hatte. Zu Beginn erinnerte Kommissionssprecher Lohr (cvp, TG) den Rat daran, ob den vielen diskutierten Zahlen nicht zu vergessen, dass es hier um Menschen und ihre Schicksale gehe. In der Folge fasste er die zentralen Aspekte der Vorlage zusammen: eine bessere Integration von jungen sowie von psychisch beeinträchtigten Menschen in den Arbeitsmarkt, medizinische Massnahmen für Kinder mit Geburtsgebrechen, ein stufenloses Rentensystem, Gutachten sowie die Übernahme von Themenkomplexen aus der Revision 6b. Hingegen verzichte man auf eine anfangs beabsichtigte Streichung der Renten für Personen unter 30 Jahren, da es diesbezüglich keine praktikablen Lösungen gebe: Entweder man zahle die entsprechenden Renten bei nichteingliederungsfähigen Personen dennoch aus oder die Sozialhilfe würde zukünftig für sie aufkommen müssen, wobei zusätzlich der Verlust der Restarbeitsfähigkeit drohe. Das Verhältnis des Einsparungspotenzials der vom Bundesrat (CHF 13 Mio.) und von der Kommission (CHF 67 Mio.) vorgelegten Versionen und der Gesamtausgaben der IV von CHF 9.2 Mrd. im Jahr 2017 zeige auf, dass es sich um eine Optimierungsvorlage handle, erklärte Lohr. Man wolle damit «die IV [noch stärker] als Eingliederungsversicherung» positionieren.
In diesem letzten Punkt herrschte im Rat mehrheitlich Einigkeit: Die Sprecherinnen und Sprecher der meisten Parteien lobten die Zielsetzung der Vorlage und auch die Sprecherinnen der SP und der Grünen hiessen die bundesrätliche Vorlage gut. Sie hoben jedoch hervor, dass sie die von der bürgerlichen Kommissionsmehrheit geplanten Abbaumassnahmen in dieser Optimierungsvorlage bekämpfen würden. Einzig SVP-Vertreterin Herzog (svp, TG) wies auf die zwischen 2010 und 2014 noch immer gestiegenen Kosten der IV und auf die Notwendigkeit einer Sanierung hin. Eintreten war in der Folge jedoch nicht umstritten.

Zuerst setzte sich der Nationalrat mit dem «Herzstück» der Vorlage auseinander, wie es unzählige Sprechende betonten: der beruflichen Eingliederung und dem Taggeld. Dazu hatte der Bundesrat neu einen Artikel zur Früherfassung geschaffen, mit dem die persönliche Situation der Versicherten abgeklärt und mögliche Massnahmen zur Frühintervention bei 14- bis 25-Jährigen von Invalidität bedrohten Personen sowie bei arbeitsunfähigen Personen geprüft werden können. Der Nationalrat stimmte dieser Regelung entgegen dem Antrag einer Minderheit Herzog zu. Zudem sollten die Massnahmen der Frühintervention zukünftig auch dazu beitragen, Personen unter 25 Jahren den Zugang zu einer beruflichen Ausbildung und den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Bisher dienten sie lediglich der Erhaltung der Arbeitsplätze oder der Eingliederung der Versicherten an neuen Arbeitsplätzen. Bezüglich der erstmaligen beruflichen Ausbildung präzisierte der Bundesrat das bisherige Gesetz und verwies ausdrücklich auf die berufliche Eingliederung «im ersten Arbeitsmarkt». Eine Minderheit Lohr versuchte zu erreichen, dass sich die Dauer dieser Eingliederungsmassnahmen zukünftig nach dem Berufsbildungsgesetz richten und entsprechend mindestens zwei Jahre dauern soll. Dadurch könnten die Vorgaben der UNO-Behindertenrechtskonvention sowie eines Urteils des Bundesgerichts, wonach eine IV-Anlehre grundsätzlich zwei Jahre zu dauern hat, eingehalten werden, argumentierte zum Beispiel Yvonne Feri (sp, AG). Ruth Humbel (cvp, AG) erklärte hingegen, dass es bei dieser Passage nur um die Vorbereitung auf Hilfsarbeiten oder um die Tätigkeiten in einer geschützten Werkstatt ginge und ein Verweis auf das Berufsbildungsgesetz daher nicht sinnvoll sei. Bei einem «Missverhältnis zwischen Eingliederungszweck und Kosten der Massnahme» müsse eine flexible Handhabung möglich sein, betonte sie. Knapp entschied sich der Nationalrat mit 92 zu 91 Stimmen gegen den Verweis auf das Berufsbildungsgesetz; die vollständige SVP-Fraktion, eine grosse Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der CVP/EVP-Fraktion setzten sich damit knapp durch. Schliesslich wollte der Bundesrat die zeitliche Einschränkung der Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von medizinischen Massnahmen mit dem Ziel der beruflichen Eingliederung vom 20. auf das 25. Altersjahr ausdehnen; jedoch nur, wenn die Versicherten bis zur Vollendung des 20. Altersjahrs berufliche Massnahmen der IV in Anspruch nehmen. Obwohl eine Minderheit Carobbio Guscetti (sp, TI) für eine entsprechende Möglichkeit auch für Personen, die erst später berufliche Massnahmen wahrnähmen, plädierte, entschied sich der Rat deutlich für die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung.
Keine grossen Änderungen nahm der Rat bezüglich der Höhe der Taggelder vor; er passte hier hauptsächlich Formulierungen an. Bezüglich Personen in beruflicher Grundausbildung legte er jedoch fest, dass das Taggeld dem Lohn gemäss Lehrvertrag respektive, falls kein Lehrvertrag vorhanden ist, «auf den Monat hochgerechnet einem nach Alter abgestuften mittleren Einkommen von Personen in vergleichbarer Ausbildungssituation» entsprechen soll. Hier wollte eine Minderheit Gysi (sp, SG) grosszügiger sein und die entsprechenden Werte als Anteile des Höchstbetrags der versicherten Taggelder festlegen, was die grosse Kammer jedoch ablehnte.

Im zweiten Block ging es um die Aktualisierung der Geburtsgebrechenliste, die Angleichung der Leistungen an die Krankenversicherung, Reisekosten sowie um Gutachten. Bezüglich medizinischer Massnahmen bei angeborenen Missbildungen oder bei genetischen Krankheiten legte der Nationalrat neu ausdrücklich die Voraussetzungen für eine Übernahme sowie die übernommenen Leistungen durch die IV fest, wollte aber eine vollständige Auflistung der übernommenen Geburtsgebrechen oder der Höchstbeträge für die Arzneimittel dem Bundesrat überlassen. Der Bundesrat wollte überdies die Dauer der Übernahme der medizinischen Massnahmen sowie den Ausschluss gewisser Leistungen selbst festlegen. Diesen Passus strich die Kommission entgegen einem Antrag einer Minderheit Herzog und berechtigte stattdessen den Bundesrat, Regelungen zu Arzneimitteln, die nicht durch das Schweizerische Heilmittelinstitut zugelassen sind, ausserhalb des Indikationsbereichs angewendet werden oder in der Schweiz nicht zugelassen sind, vorzunehmen. Damit nahm die Kommission ein aktuell virulent diskutiertes Problem auf. Verschiedene Anträge einer Minderheit Herzog auf Übernahme der Reisekosten der Versicherten, etwa zur Durchführungsstelle einer Umschulung oder zur Abgabestelle für Hilfsmittel, lehnte der Rat ab.
Nicht nur im IVG, sondern auch im ATSG sah der Bundesrat Änderungen – insbesondere bezüglich der Gutachten – vor. Diesbezüglich warnte Silvia Schenker (sp, BS) die Parlamentsmitglieder, dass diese Änderungen somit nicht nur die IV-Bezügerinnen und -Bezüger beträfen, sondern alle Sozialversicherten. Dabei schuf der Nationalrat eine Pflicht, den Versicherten die Namen von allenfalls beigezogenen Sachverständigen zu nennen, sowie die Möglichkeit für die Versicherten, diese abzulehnen, verzichtete aber darauf, wie von der Minderheit Schenker gefordert, ausdrücklich festzuhalten, dass diese Sachverständigen «versicherungsextern und unabhängig» zu sein haben. Zudem wollte die Kommission die Kann-Formulierung, gemäss welcher der Bundesrat Kriterien für die Zulassung von Sachverständigen für Gutachten erlassen und eine breit zusammengesetzte Kommission zur Überwachung der Gutachtenerstellung schaffen kann, durch eine Muss-Formulierung ersetzen, wogegen sich zwei Minderheiten Graf (gp, BL) und Weibel (glp, ZH) erfolglos wehrten.

Im dritten Block wurden das Rentensystem und die Kinderrenten behandelt. Im Grundsatz sollte der Anspruch auf eine IV-Rente unverändert bleiben: Anspruch haben demnach weiterhin Personen, deren Erwerbsfähigkeit durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen nicht wiederhergestellt, erhalten oder verbessert werden konnte, die während eines Jahres mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig waren und die nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid sind. Neu sollte der Rentenanspruch jedoch nicht mehr in Viertelschritten, sondern in prozentualen Anteilen an einer ganzen Rente festgelegt werden. Unter 40-prozentigem Invaliditätsgrad wird demnach keine Rente ausgesprochen, zwischen einem Invaliditätsgrad von 40 und 49 Prozent steigt der prozentuale Anteil an einer Rente von 25 Prozent auf 47.5 Prozent an, zwischen einem Invaliditätsgrad von 50 und 69 Prozent entspricht der Invaliditätsgrad dem prozentualen Anteil an einer gesamten Rente und ab einem Invaliditätsgrad von 70 Prozent erhalten die Versicherten eine ganze Rente zugesprochen. Unterstützt wurde diese neue Rentenberechnung von zwei Minderheiten Ruiz (sp, VD), die sich jedoch für grosszügigere Übergangsbestimmungen einsetzten; abgelehnt wurde sie von einer Minderheit Lohr, die das bisherige System mit den Viertelrenten beibehalten wollte. Sowohl bezüglich ihres neuen Systems zur Rentenberechnung als auch bezüglich der Übergangsbestimmungen blieb die Kommission aber erfolgreich. Der Rentenanspruch von bisherigen Rentenbezügerinnen und -bezügern unter 60 Jahren ändert sich somit erst, wenn sich ihr Invaliditätsgrad ändert; derjenige von IV-Beziehenden ab 60 Jahren wird auch zukünftig dem alten Gesetz folgen. Neu wird die Invalidenrente angepasst, wenn sich der Invaliditätsgrad um mindestens fünf Prozentpunkte verändert; bisher war laut IVG eine «erhebliche» Änderung nötig.
Auch bezüglich der Kinderrenten nahm der Nationalrat verschiedene Änderungen an. So entschied er sich einerseits, den Begriff «Kinderrente» durch «Zulage für Eltern» zu ersetzen, da es sich dabei ja nicht wirklich um eine Rente für Kinder handle. Dagegen wehrte sich eine Minderheit Feri, weil die entsprechenden Änderungen neben dem IVG auch im AHVG, im ELG und im BVG sowie in den dazugehörigen Verordnungen vorgenommen werden müssten und Änderungen von unzähligen Weisungen und Richtlinien nach sich zögen. Der Begriff «Kinderrente» sei zudem passender, weil er verdeutliche, dass dieser Teil der Rente zur Unterstützung der Kinder gedacht sei, erklärte die Minderheitensprecherin. Diesen Inhalt würde der Begriff «Zulage für Eltern» nicht vermitteln. Doch nicht nur die Terminologie änderte die Mehrheit des Nationalrats, sie entschied sich auch, die Zulage für Eltern von 40 auf 30 Prozent respektive von 30 auf 22.5 Prozent einer ganzen Rente zu senken. Die Minderheit Graf zur Beibehaltung der bisherigen Höhe der entsprechenden Zulage wurde überstimmt.

Im vierten Block behandelte der Nationalrat schliesslich diverse noch fehlende Themen. Als erstes verpflichtete der Rat neu im ATSG entgegen der Forderung einer Minderheit Schenker Arbeitgebende, Leistungserbringende, Versicherungen sowie Amtsstellen zur Auskunft an die Organe der Sozialversicherungen – bisher waren die entsprechenden Personen lediglich zur Auskunft «ermächtigt» gewesen. Eine weitere Minderheit Schenker wollte eine Verpflichtung für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden einführen, mindestens 1 Prozent von der Invalidität bedrohte oder IV-Taggeld beziehende Mitarbeitende zu beschäftigen. Mit 132 zu 55 Stimmen lehnten jedoch alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier ausser denjenigen der SP- und der Grünen-Fraktion sowie den zwei EVP-Mitgliedern die entsprechende Regelung ab. Stattdessen schuf der Rat regionale ärztliche Dienste (RAD), die den IV-Stellen zur unabhängigen Beurteilung der medizinischen Voraussetzungen für Leistungsansprüche zur Verfügung stehen sollen. Der Nationalrat ergänzte diesen Passus auf Antrag der Mehrheit der SGK-NR durch eine Aufforderung an die RAD, die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sowie die Vertrauensärztinnen und -ärzte der Versicherungen zu kontaktieren. Wiederum hatte eine Minderheit Schenker diese Ergänzung abgelehnt, war jedoch gescheitert. Ebenfalls erfolglos wehrte sich eine Minderheit Herzog gegen Zusammenarbeitsvereinbarungen des Bundesrates und der Dachverbände der Arbeitswelt zur Verbesserung der Wiedereingliederung von Menschen mit einer Behinderung. Zwar unterstütze man die entsprechende Zusammenarbeit, die entsprechende Regelung sei aber unnötig, erklärte Verena Herzog. Mit 93 zu 95 Stimmen scheiterten die (fast) geschlossen stimmenden SVP- und FDP-Fraktionen sowie ein Mitglied der CVP-Fraktion äusserst knapp. Schliesslich stimmte der Nationalrat einer Berechtigung zu, gemäss der Organe von Vorsorgeeinrichtungen andere Vorsorgeeinrichtungen informieren dürfen, wenn sie feststellen, dass bei Letzteren unrechtmässig Leistungen bezogen werden.

Nach vier Sitzungen an zwei Tagen nahm der Nationalrat die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 133 zu 0 Stimmen an, wobei sich die SP- und die Grünen-Fraktion sowie die Mitglieder der EVP der Stimme enthielten (55 Enthaltungen). Diskussionslos schrieb der Rat die Postulate der SGK-NR (Po. 12.3971), Ingold (Po. 14.3191), Hess (Po. 14.4266) und Bruderer Wyss (Po. 15.3206) sowie eine Motion der SGK-NR (Mo. 14.3661) ab.

Weiterentwicklung der IV (BRG 17.022)
Dossier: Weiterentwicklung der IV (2015-2020) und die dazu führenden Vorstösse

Das Übereinkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen ist die vollständig überarbeitete Weiterentwicklung des «Europäischen Übereinkommens über Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen von Zuschauern bei Sportanlässen, insbesondere bei Fussballspielen» von 1985, dem die Schweiz 1990 beigetreten war. Zusätzlich zu den Sicherheits- und Schutzmassnahmen des alten Vertrags enthält das neue Abkommen einen präventiven Dienstleistungsansatz: Friedliche Fans, Anwohnerinnen und Anwohner sowie Passantinnen und Passanten sollen von den Sicherheits- und Schutzmassnahmen so wenig wie möglich betroffen sein. Zentral dafür ist die umfassende Zusammenarbeit zwischen Behörden, Sportorganisationen, Fanorganisationen und Transportunternehmen. Der Bundesrat bezeichnete das Übereinkommen in seiner Botschaft, mit der er es dem Parlament zur Genehmigung vorlegte, als wichtigen Schritt zur Aktualisierung und Vereinheitlichung der nationalen Regeln unter Berücksichtigung von internationaler Good Practice. Eine Anpassung des schweizerischen Rechts sei nicht vonnöten, um den Erfordernissen des Vertrags nachzukommen.
Mit Ausnahme der SVP, die einen Nichteintretensantrag stellte, sprachen sich im Nationalrat alle Fraktionen für die Ratifizierung des Abkommens aus. Es sei für die Schweiz mit keinerlei Kosten verbunden, verbessere die internationale Zusammenarbeit und könne bestenfalls sogar verhindern, dass ausländische Hooligans an Sportveranstaltungen in der Schweiz teilnehmen, wenn die übrigen Vertragsstaaten von der Möglichkeit Gebrauch machen, Hooligans ihrerseits mit Ausreisesperren zu belegen, so der Grundtenor der Wortmeldungen. Die SVP stand mit ihrer Forderung, diesem «Stück Papier, das unter dem Strich nichts bringt», wie Fraktionssprecher Mauro Tuena (svp, ZH) das Übereinkommen bezeichnete, «eine Abfuhr zu erteilen», auf verlorenem Posten. Mit 125 zu 56 Stimmen und 3 Enthaltungen – alle Gegenstimmen und Enthaltungen aus der SVP-Fraktion – stimmte die grosse Kammer in der Frühjahrssession 2019 dem Abkommen zu.

Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen. Übereinkommen des Europarats

Obwohl der Bundesrat im März 2018 einen Vorschlag für eine «ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung», also für eine Abschaffung der Heiratsstrafe, vorgelegt hatte, empfahl die WAK-NR der grossen Kammer im Februar 2019 mit 12 zu 12 Stimmen bei Stichentscheid des Kommissionspräsidenten Jean-François Rime (svp, FR), der Standesinitiative des Kantons Aargau mit ebendiesem Ziel Folge zu geben. Dadurch solle der Druck auf den Bundesrat aufrechterhalten werden, argumentierte die Kommissionsmehrheit.

Verschiedene Vorstösse zur Ehepaar- oder Individualbesteuerung (Mo. 05.3299, Kt.Iv. 06.302 / 07.305 / 08.318, Pa. Iv. 05.468, Mo. 16.3006, Kt.Iv. 16.318)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

Zeitgleich mit seiner Botschaft zur Genehmigung des Übereinkommens über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes hatte der Bundesrat im November 2018 auch seine Botschaft zur Genehmigung des Rahmenübereinkommens des Europarats über den Wert des Kulturerbes verabschiedet. Das auch als «Konvention von Faro» bekannte Abkommen setzt das Kulturerbe in den Fokus, welches für die Förderung von kultureller Vielfalt und nachhaltiger Entwicklung in der Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt eine bedeutende Ressource darstellt. Das 2005 vom Europarat verabschiedete und zur Unterzeichnung und Ratifikation aufgelegte Abkommen ist am 1. Juni 2011 in Kraft getreten und seither von 18 Staaten ratifiziert und von 5 weiteren Staaten unterzeichnet worden. Mit dem Abkommen werden die Staaten dazu aufgefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Kulturerbe zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen und sowohl den Zugang dazu stärken als auch die Teilhabe daran einer breiteren Öffentlichkeit ermöglichen. Konkrete Ziele für die kulturelle Nachhaltigkeit im Schweizer Kontext wurden erstmals im Rahmen der «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016–2019» und mit den drei Handlungsachsen der Kulturbotschaft 2016–2020 definiert. Ausgehend von einem relativ breit gefassten Kulturbegriff inkludiert das Abkommen sowohl materielle als auch immaterielle und digitale Erscheinungsformen des Kulturerbes. Hinsichtlich der Umsetzung der Konvention wird den beitretenden Staaten grundsätzlich ein grosser Handlungsspielraum gewährt, wobei im Falle der Schweiz auf der rechtlichen Ebene keine Anpassungen erforderlich sein werden. Der Bundesrat sah in der Ratifikation des Abkommens eine sinnvolle Ergänzung der bereits bestehenden Übereinkommen des Europarates im Bereich der Kulturpolitik und einen idealen Verweis auf die Bedeutung «zeitgemässer Ansätze wie einer partizipativen und transparenten Gouvernanz, der Förderung von Bottom-Up-Prozessen sowie des systematischen Einbezugs digitaler Medien».
Dass die Vorlage einen breiten Rückhalt zu erwarten hat, hatte sich bereits in der Vernehmlassung gezeigt: 46 der eingegangenen 51 Stellungnahmen hatten sich deutlich für eine Ratifikation des Abkommens ausgesprochen. Wie bereits beim Übereinkommen zum Schutz des Unterwasser-Kulturerbes hatten sich lediglich der Kanton Schwyz, die SVP und die beiden Wirtschaftsverbände Centre Patronal und SGV gegen die Vorlage gestellt. Ergänzend hatte die FDP verkündet, dass sie erhebliche Zweifel am Nutzen der Konvention hege.

Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft. Genehmigung

Im Dezember 2017 wollte Marco Chiesa (svp, TI) mittels einer parlamentarischen Initiative erreichen, dass der Maximalabzug für Krankenkassenprämien bei der direkten Bundessteuer von CHF 3'500 (Ehepaare), CHF 1'700 (übrige Steuerpflichtige) und CHF 700 (Kinder) auf CHF 7'000 (Ehepaare), CHF 3'500 (übrige Steuerpflichtige) und CHF 1'000 (Kinder) annähernd verdoppelt wird. Da die Krankenkassenprämien in den letzten Jahren stark angestiegen seien – im Tessin zum Beispiel gemäss einer Studie der Fachhochschule der italienischen Schweiz (Supsi) um 64 Prozent, wodurch sie für eine Person bei CHF 3'700 lägen –, würden sie den in der direkten Bundessteuer gewährten Maximalabzug in vielen Fällen übersteigen. Im Februar 2019 gab die SGK-NR der Initiative mit 15 zu 7 Stimmen Folge. Die zunehmende Belastung des Mittelstandes müsse abgefedert werden, argumentierte die Kommission in ihrer Medienmitteilung. Eine Kommissionsminderheit kritisierte, dass von einer solchen Regelung Personen mit höherem Einkommen überproportional profitieren würden.

Abzug für Krankenkassenprämien erhöhen und so an die Realität anpassen (Pa.Iv. 17.520)
Dossier: Abzug der Krankenkassenprämien von den direkten Bundessteuern (seit 2002)

Anfang 2019 stimmte auch die WAK-NR der durch den Ständerat erfolgten Änderung der Motion Jauslin (fdp, AG) für eine Harmonisierung der Zinsen bei Bundessteuererlassen mit 17 zu 8 Stimmen zu. Eine Minderheit beantragte dem Nationalrat hingegen, die geänderte Motion abzulehnen: Sie befürchtete, dass der Bundesrat die Verzugs- und Vergütungszinsen durch den Verzicht auf deren Anbindung an die Marktentwicklung auf 5 Prozent und nicht auf die gewünschten 3 Prozent festsetzen werde. Stattdessen sollten die Ratsmitglieder der parlamentarischen Initiative Regazzi (cvp, TI; Pa.Iv. 16.470) vertrauen, mit der die Verzugszinsen an die Marktzinsen angepasst werden sollen, erklärte Thomas Aeschi (svp, ZG) für die Minderheit im Nationalrat, der die geänderte Motion in der Frühjahrssession 2019 beriet. Matthias Jauslin zeigte sich in der Folge besorgt um die Harmonisierung der Verzugszinsen der verschiedenen Steuern, die in der Initiative nicht enthalten ist. Finanzminister Maurer betonte, die geänderte Motion Jauslin bei Annahme zusammen mit der parlamentarischen Initiative Regazzi behandeln zu wollen. Der Nationalrat folgte der Mehrheit mit 118 zu 65 Stimmen und nahm die geänderte Motion Jauslin an.

Harmonisieren der Zinsen bei Bundessteuererlassen (Mo. 16.3055)

Die Vermögenssteuer anpassen und die Besteuerung des Arbeitsinstruments aufheben wollte Fathi Derder (fdp, VD) mithilfe einer parlamentarischen Initiative. Ziel der Initiative war eine Entlastung für Startups und KMUs durch eine Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen. Dazu sollten Personen, die eine leitende Funktion in einem Unternehmen innehaben oder dem Verwaltungsrat angehören und die am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft beteiligt sind, diese Beteiligungen zu einem speziellen Steuertarif oder gar nicht versteuern müssen. Seine Forderung begründete Derder mit dem Bericht des Bundesrates zu einem Postulat Derder (Po. 13.4237), in dem der Bundesrat eine Entlastung der Unternehmen von den Kapital- und Vermögenssteuern als erwägenswert erachtet hatte.
Mit 16 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung gab die WAK-NR der Initiative Anfang 2019 Folge. Zwar prüfe der Bundesrat verschiedene Massnahmen zur Förderung innovativer Unternehmen, dennoch bestehe gemäss Kommission Handlungsbedarf. Vorgeschlagen werden solle eine Kann-Formulierung, die neben Startups auch KMU betreffe.

Vermögenssteuer anpassen und Besteuerung des Arbeitsinstruments aufheben

Die offizielle Nachbefragung zur Selbstbestimmungsinitiative (VOTO-Studie) zeigte, dass das SVP-Begehren für viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nur schwer verständlich gewesen war. 43 Prozent der rund 1'500 Befragten gaben an, es sei ihnen schwergefallen, zu verstehen, worum es überhaupt gehe. Gerade für eine SVP-Initiative sei dieser Wert hoch, interpretierten die Verfasser der Analyse dieses Resultat. Als erklärungskräftig für den Stimmentscheid erwies sich die Parteiensympathie. SVP-Anhängerinnen und -anhänger unterstützten das Anliegen ebenso geschlossen (87%), wie es Sympathisierende linker Parteien verwarfen (91%). Auch die Parolentreue der Befragten, die mit der CVP oder der FDP sympathisierten, war mit 76 Prozent vergleichsweise stark. Die im Nachgang der Abstimmung geäusserte Vermutung der SVP, dass sie ihre eigene Klientel nicht zu mobilisieren vermocht habe, wurde von der Analyse in Frage gestellt: Immerhin 61 Prozent der Befragten mit SVP-Sympathien gaben an, sich am Urnengang beteiligt zu haben. Neben der ideologischen Einstellung erwies sich das Vertrauen in den Bundesrat und in den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als wichtiger Treiber für ein Nein.
Das wichtigste, von den Befragten geäusserte Motiv für ein Ja war der Wunsch nach Selbstbestimmung und Souveränität der Schweiz gegenüber dem Ausland. Obwohl in der Kampagne oft hervorgehoben, wurde der Schutz der direkten Demokratie hingegen nur selten als Motiv für die Unterstützung des SVP-Begehrens genannt. Als zentrales Nein-Motiv entpuppte sich die Glaubwürdigkeit der Schweiz als Partnerin in internationalen Verhandlungen. Das in der Kampagne weit verbreitete Argument, dass die Initiative menschenrechtsfeindlich sei, wurde hingegen spontan kaum als Entscheidungsgrund genannt. Immerhin 10 Prozent der Befragten gaben zudem an, die Initiative abgelehnt zu haben, weil sie von der SVP stammte. In beiden Lagern vermochten je rund 10 Prozent der Befragten ihren Stimmentscheid nicht zu begründen.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)