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Im November 2021 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zum Bundesgesetz über die Besteuerung von Leibrenten und ähnlichen Vorsorgeformen, mit der er die abgeänderte Motion der FDP.Liberalen-Fraktion für eine Besteuerung des Ertragsanteils statt der Kapitaleinlage in der Säule 3b umsetzte. Stillschweigend schrieben Stände- und Nationalrat den Vorstoss in der Folge ab.

Neuregelung der Besteuerung der Säule 3b (Mo. 12.3814)

Im November 2021 beschloss der Bundesrat die Verabschiedung der Änderungsprotokolle der Doppelbesteuerungsabkommen mit Nordmazedonien und Japan (BRG 21.074). Beide DBAs wurden an die neuen BEPS-Mindeststandards zur Bekämpfung der ungerechtfertigen Steuervermeidung multinationaler Unternehmen angepasst und um eine Missbrauchsklausel erweitert. Das Änderungsprotokoll zum DBA mit Nordmazedonien aus dem Jahr 2000 beinhaltete zudem eine Anpassung der Bestimmung über den Informationsaustausch an den internationalen Standard zum Informationsaustausch auf Ersuchen. Das Abkommen mit Japan aus dem Jahr 1971 wurde zusätzlich um neue Bestimmungen zur Besteuerung von Zinsen und Dividenden (durch die Ausweitung der Befreiung von der Besteuerung im Quellenstaat), zur Berechnung von Unternehmensgewinnen sowie um eine aktualisierte Definition des Begriffs «internationaler Verkehr» ergänzt.

Änderung der Doppelbesteuerungsabkommen mit Nordmazedonien und Japan (BRG 21.074)
Dossier: BEPS-Übereinkommen mit der OECD
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

Im November 2021 beauftragte der Bundesrat das EFD, eine Vorlage für einen einheitlichen pauschalen Steuerabzug für alle unselbständig Erwerbenden auszuarbeiten. Demnach sollen sämtliche Berufskosten (z.B. auswärtige Verpflegung, Fahrtkosten) zukünftig als Pauschale oder wie bisher als tatsächliche Kosten abgezogen werden können, Letzteres weiterhin in der Höhe von maximal CHF 3'000. Die entsprechende Pauschale soll so ausgestaltet werden, dass die Revision für den Bund möglichst aufkommensneutral ist, forderte die Regierung. Dabei stützte sie sich auf einen Bericht des EFD, folgte aber weder der Mehrheit noch der Minderheit der ad-hoc-Arbeitsgruppe, die auf einen Abzug der tatsächlichen Kosten verzichten (Mehrheit) und die Fahrtkosten separat abziehen lassen wollten (Minderheit). Unverändert blieben die kantonalen Regelungen.

Einheitlicher pauschaler Steuerabzug für alle unselbständig Erwerbenden

Im November 2021 gab der Bundesrat bekannt, das Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich gestaffelt in Kraft zu setzen. Per Anfang 2022 soll der Bundesrat neu die Kompetenz erhalten, die Unternehmen zu einem elektronischen Verkehr mit der ESTV zu verpflichten. Eine Einforderung der AHV-Nummern durch die Versicherungen ist ab September 2022 möglich, so dass die Versicherungsleistungen ab Januar 2023 bei der ESTV gemeldet werden können. Zudem haben die Kantone zwei Jahre Zeit zur Umsetzung der neuen Bestimmungen im StHG, das folglich auf den 1. Januar 2024 in Kraft treten wird.

Elektronische Verfahren im Steuerbereich (BRG 20.051)

Auf ein medial stärkeres Echo als die offizielle Feier zu 50 Jahre Frauenstimm- und -wahlrecht stiess die ebenfalls zu diesem Anlass im Oktober 2021 durchgeführte Frauensession. Zum zweiten Mal seit der Einführung des Frauenstimmrechts – das erste Mal war 1991 zum 20. Jahrestag der Einführung – debattierten 200 in einer offenen Wahl gewählte Frauen zwischen 17 und 82 Jahren, mit oder ohne Schweizer Staatsbürgerschaft und in den meisten Fällen ohne bisherige politische Erfahrung, während zweier Tage über Vorstösse, die im Vorfeld von den Teilnehmerinnen in acht verschiedenen Kommissionen ausgearbeitet worden waren. Während der Frauensession gesellten sich 46 aktive und ehemalige Bundesparlamentarierinnen und Regierungsrätinnen zu den gewählten Frauen. Auch die drei aktuellen Bundesrätinnen, Viola Amherd, Karin Keller-Sutter und Simonetta Sommaruga, sowie Bundesrat Alain Berset würdigten die Frauen und deren Anliegen mit Ansprachen an der Frauensession.

Als solidarisch und inklusiv beschrieb «Le Temps» das Klima an der vom Frauendachverband Alliance f organisierten Session. Weitere Zeitungen bezeichneten die dort herrschende Stimmung auch als laut und euphorisch. Die ehemalige Nationalrätin Cécile Bühlmann, die zwischen 1991 und 2005 für die Grünen im eidgenössischen Parlament gesessen war und der Frauensession 2021 beiwohnte, drückte ihre Empfindungen zur aktuell stattfindenden Mobilisierung von Frauen, wie sie auch mit der Frauensession geschehe, gegenüber «Le Temps» gar als «la politisation des femmes la plus forte à laquelle j’assiste depuis celle de mai 1968» aus. Die Frauensession, die in den Beschluss von über 20 Petitionen ans Parlament mündete, wurde in den Medien auf der einen Seite als «umfassende Standortbestimmung», «starkes Statement» (Sonntags-Blick) oder «signal fort» (Le Temps) aufgefasst. Auf der anderen Seite sprach die NZZ von «fröhlichem Geldverteilen in Bern» und Markus Somm stellte in der Sonntagszeitung die Bedeutung der Frauensession als «Pseudosession für unsere lieben Frauen» in Frage.

Inwiefern die aus der Frauensession resultierenden Forderungen tatsächlich wegweisend für die künftige Gleichstellungspolitik in der Schweiz sein werden, wird sich zeigen müssen. Einige der vor 30 Jahren an der Frauensession 1991 geäusserten Forderungen hatten die Diskussionen um die Gleichstellungspolitik in den Folgejahren sehr wohl geprägt – zu nennen ist etwa die Einführung von Betreuungsgutschriften, die 1995 mit der 10. AHV-Revision erfüllt worden war. Unter den 1991 geäusserten Forderungen gab es jedoch solche, die auch im Jahr 2021 noch immer aktuell waren und an der zweiten Frauensession erneut gestellt wurden, so diejenige zur Erhöhung der Chancengleichheit im Erwerbsleben durch Herstellung von Lohngleichheit oder adäquate ausserfamiliäre Kinderbetreuungsstrukturen. Bisher ebenfalls noch unerfüllt waren weitere in Petitionen eingebrachte Forderungen, wie diejenigen zur Einführung der Individualbesteuerung oder einer Elternzeit, zur Verbesserung der finanziellen Situation von Bäuerinnen oder zur Einführung politischer Rechte für Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft. Eine zentrale Forderung der Frauensession war insbesondere auch die verstärkte Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt. Aber auch neue Forderungen fanden Eingang in die Petitionen. Als Beispiel genannt sei hier die Forderung nach verstärkter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede im Gesundheitsbereich, denen mit einem nationalen Forschungsprogramm auf den Grund gegangen werden soll.

Frauensession 2021
Dossier: Behandlung der Petitionen der Frauensession 2021 in parlamentarischen Vorstössen

Im Oktober 2021 veröffentlichte der Bundesrat den Bericht in Erfüllung des Postulats «Roadmap in Finanz- und Steuerfragen», mit dem Marco Romano (mitte, TI) eine Beurteilung der 2015 abgeschlossenen Roadmap mit Italien gefordert hatte. Im Bericht gab der Bundesrat eine Übersicht über den Fortschritt der einzelnen steuer- und finanzpolitischen Dossiers, die Bestandteil der Roadmap sind. Im Hinblick auf den Automatischen Informationsaustausch kam der Bundesrat zum Schluss, dass durch die Umsetzung des AIA-Standards der OECD kein weiterer Handlungsbedarf bestehe. Im Bereich des Informationsaustauschs auf Ersuchen sah der Bundesrat die Zielsetzungen aufgrund des Änderungsprotokolls zum DBA mit Italien als erfüllt an. Obwohl die Ziele der Roadmap bezüglich des DBA generell umgesetzt worden seien, soll eine weitere Revision nach Unterzeichnung des Grenzgängerabkommens auf bilateraler Ebene angestossen werden, gab der Bundesrat im Bericht bekannt. Mit ebenjenem Grenzgängerabkommen wurde gemäss Bericht zudem ein weiteres Dossier der Roadmap zielgerecht erfüllt. Auch die Forderung nach einer Streichung der Schweiz von Italiens schwarzen Listen wurde mehrheitlich erfüllt: Gewisse Listen wurden von Italien abgeschafft, bei zwei weiteren wurde die Schweiz neu kategorisiert und daher von der Liste entfernt. Nach jüngsten Gespräche zeichnete sich zudem ab, dass die Schweiz zeitnah auch von der schwarzen Liste der Steuerparadiese von 1999 gestrichen werden könnte. Die Situation der Besteuerung der italienischen Enklave Campion d'Italia sei auf bilateraler Ebene mit Italien geklärt worden und ein regelmässiger Austausch der Finanzdepartemente sei vorgesehen. Darüber hinaus wurde im Bericht erwähnt, dass sich die Schweiz um ein bilaterales Abkommen mit Italien für das grenzüberschreitende Geschäft ohne Zweigniederlassungserfordernis bei der Vermögensverwaltung mit Privatkunden bemühe. Zusammenfassend hielt der Bundesrat fest, dass die Roadmap zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen geführt habe und auch weiterhin als Instrument genutzt werde, um einen konstruktiven Dialog in Steuer- und Finanzfragen zu führen.

Beurteilung der Roadmap zwischen der Schweiz und Italien von 2015

Nach dem Ständerat entschied sich in der Herbstsession 2021 auch der Nationalrat, die Motion der WAK-SR für eine «Berücksichtigung von allgemeinen Abzügen und Sozialabzügen bei im Ausland beschränkt steuerpflichtigen Personen» abzuschreiben. Hatte er sich drei Jahre zuvor mit der Forderung, der Bundesrat solle sich bei der Verhandlung zum Doppelbesteuerungsabkommen für eine Berücksichtigung der Abzüge einsetzen, noch gegen eine Abschreibung gestemmt, nahm er diese nun stillschweigend an.

Berücksichtigung von allgemeinen Abzügen und Sozialabzügen bei im Ausland beschränkt steuerpflichtigen Personen

Im August 2021 veröffentlichte die WAK-NR einen weiteren Kommissionsbericht zu ihrer parlamentarischen Initiative für eine Aufhebung der Verrechnungssteuer auf inländischen Obligationen und Geldmarktpapieren. Darin erläuterte sie die bisherigen Arbeiten, seitdem die Initiative im Jahr 2018 auch von ihrer Schwesterkommission angenommen worden war. Ziel der parlamentarischen Initiative sei es gewesen, das Anliegen einer Einführung des Zahlstellenprinzips vorwärts zu bringen, nachdem der Bundesrat sein Projekt dazu sistiert hatte, um das Ergebnis zur Volksinitiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre» abzuwarten. Nachdem die Volksinitiative jedoch zurückgezogen worden war, hatte die Expertengruppe des Bundes im Oktober 2018 ihre Arbeit zum Vorentwurf wiederaufgenommen, woran sich auch eine Subkommission der WAK-NR mit eigenen Eckwerten beteiligt hatte. Da die Regierung im April 2021 ihre Botschaft für eine Revision des Verrechnungssteuergesetzes vorgelegt habe, könne die parlamentarische Initiative der Kommission nun abgeschrieben werden. Stillschweigend folgte der Nationalrat in der Herbstsession 2021 diesem Antrag auf Abschreibung.

Aufhebung der Verrechnungssteuer auf inländischen Obligationen und Geldmarktpapiere

Im August 2021 behandelte die SGK-SR die Motion Vitali (fdp, LU) für eine Harmonisierung von AHV- und Steuerrecht. Die Kommission stellte fest, dass das BSV die entsprechende Wegleitung in der Zwischenzeit im Sinne der Motion angepasst hatte. Neu kann also bei einer rückwirkenden Umwandlung auch der für die Steuern geltende Stichtag zur Festlegung der AHV-Beiträge der Selbständigerwerbenden herangezogen werden. Entsprechend empfahl die Kommission die Motion einstimmig zur Ablehnung, da diese bereits erfüllt sei. Stillschweigend folgte der Ständerat in der Herbstsession 2021 diesem Antrag und lehnte die Motion ab.

Harmonisierung von AHV- und Steuerrecht

Im September 2021 präsentierte der Bundesrat seinen Bericht zur «Auslegeordnung zur Individualbesteuerung», den das Parlament mit der Rückweisung seines Gesetzesentwurfs für eine ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung verlangt hatte. Darin legte er die Auswirkungen dreier Modelle der Individualbesteuerung für verschiedene Haushaltstypen dar – der reinen Individualbesteuerung, der modifizierten Individualbesteuerung und der Individualbesteuerung nach Ecoplan, welche dieses Modell im Auftrag der Müller-Möhl Foundation und von alliance F erarbeitet hatte.
Dabei sollten sowohl eine aufkommensneutrale als auch eine Ausgestaltung mit Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer von CHF 1.5 Mrd. in Betracht gezogen werden.

Bei einer aufkommensneutralen Ausgestaltung der reinen Individualbesteuerung werden die Einkommen und Vermögen unabhängig des Zivilstands einzeln erfasst, alle Personen werden zu einem identischen Steuertarif besteuert. Dadurch steigt die Belastung, je ungleicher die Einkommen bei Paaren verteilt sind. Durch eine hälftige Anrechnung der kinderbedingten Abzüge könnte zudem auch die Steuerbelastung von Ehepaaren mit Kindern ansteigen. Entlastet würden hingegen Alleinstehende ohne Kinder.
Zur Entlastung von Paaren mit ungleichen Einkommen wird bei der modifizierten Individualbesteuerung für diese Ehepaare ein Abzug oder eine pauschale Zuweisung bestimmter Einkommensbestandteile auf die Eheleute vorgesehen, wobei nur ein Steuertarif vorgesehen ist. Finanziert wird diese Entlastung über eine Erhöhung des Steuertarifs, wodurch Alleinstehende ohne Kinder stärker belastet würden als bisher. Allenfalls sind hier auch Abzüge für alleinstehende und/oder alleinerziehende Personen möglich. Hier stellt sich gemäss Bericht die Frage, ob und wie diese Regelung so zivilstandsneutral wie möglich ausgestaltet werden kann, inwiefern also Ehepaare und Konkubinatspaare gleich behandelt werden.
Haushalte mit Kindern sollen mit der Individualbesteuerung gemäss Ecoplan entlastet werden: Diese sollen weiterhin von einem Elterntarif profitieren, während Kinderlose gemäss Grundtarif besteuert würden. Im Unterschied zu den anderen beiden Modellen lägen somit zwei verschiedene Steuertarife vor. Alleinstehende ohne Kinder würden dabei stärker belastet als bisher, da auch hier der Steuertarif erhöht würde. Auch diese Besteuerungsart ist per se nicht zivilstandsunabhängig.

Werden Mindereinnahmen von CHF 1.5 Mrd. ermöglicht, «können [bei allen drei Modellen] viele Haushaltskonstellationen steuerlich entlastet werden», betont der Bundesrat. Dennoch sind insbesondere bei der reinen und der modifizierten Individualbesteuerung Mehrbelastungen für Alleinstehende mit Kindern oder für Ehepaare mit sehr ungleichmässiger Einkommensaufteilung möglich.

Neben der Erläuterung der Auswirkungen nahm der Bundesrat auch eine Würdigung der verschiedenen Modelle vor. Die reine Individualbesteuerung erachtete der Bericht als «im Widerspruch mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit», jedoch seien die Zusammenhänge in diesem Bereich so komplex, dass auch bei einer modifizierten Individualbesteuerung nicht alle «von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Gerechtigkeitspostulate» gleichzeitig erfüllt werden könnten. Bei der Individualbesteuerung gemäss Ecoplan würden schliesslich Personen mit Kindern «im Vergleich mit kinderlosen Haushalten sehr stark entlastet», überdies würde in vielen Konstellationen der Elternteil mit tieferem Einkommen höhere Steuern bezahlen als der Elternteil mit höherem Einkommen. Schliesslich betonte der Bundesrat im Bericht, dass er von einer Umsetzung durch alle Steuerhoheiten (Bund, Kantone, Gemeinden) ausgehe, da eine alleinige Umsetzung auf Bundesebene veranlagungstechnisch kaum umsetzbar und im Hinblick auf den Steuerharmonisierungsauftrag in der Bundesverfassung auch nicht wünschenswert sei.

Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung; BRG 18.034)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

Im Mai 2020 reichte Denis de la Reussille (pda, NE) die Motion «Millionäre besteuern, um Gemeinwesen zu finanzieren und Arbeitsplätze zu retten» ein. Die Motion war Teil verschiedener Vorstösse zur Bekämpfung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie respektive zur Reduktion des Defizits, das dem Bund durch die hohen Zusatzausgaben gegen die Pandemie entstand. Konkret sollten Vermögen über CHF 3 Mio. mit einer «Covid-19-Solidaritätssteuer» belegt werden, mit deren Ertrag die Unterstützung für «Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Familien, die Handwerksbetriebe und die Kleinunternehmen» – kurz für die «Einkommensschwachen, die Mittelschicht und die Angestellten» – hätte finanziert werden sollen. Der Bundesrat sprach sich gegen die Motion aus und lehnte allgemein eine Zusatzfinanzierung für die Corona-Massnahmen ab – er wolle diese «mit den bestehenden Einnahmequellen» finanzieren. Insbesondere sprach er sich gegen zusätzliche Steuern aus – die überdies einer Verfassungsänderung bedürften –, um die konjunkturelle Erholung nicht zu gefährden.
In der Herbstsession 2021 setzte sich der Nationalrat mit der Motion auseinander. Der Motionär verwies dabei auf die wachsende Ungleichheit der Vermögen in der Schweiz, die einen «effort de solidarité» der wohlhabendsten Bürgerinnen und Bürger im Lande nötig mache. Finanzminister Maurer erachtete die Motion als «Teil der 99-Prozent-Initiative» und kritisierte unter anderem, dass sie das jahrelang gewachsene Gefüge der Bundessteuern durcheinanderbringen würde. Mit 118 zu 65 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) lehnte der Nationalrat die Motion ab. Einstimmig sprachen sich die SP- und die Grünen-Fraktion für Annahme des Vorstosses aus.

Millionäre besteuern, um Gemeinwesen zu finanzieren und Arbeitsplätze zu retten
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

Nach der oppositionslosen Zustimmung im Ständerat nahm auch der Nationalrat in der Herbstsession 2021 stillschweigend und diskussionslos eine Motion Zanetti (sp, SO) zur Verkürzung der Frist für steuerliche Abzüge bei energetischen Investitionen an. Gemäss dem Ansinnen der beiden Räte soll die Frist, nach der energiesparende Massnahmen bei Neubauten abgezogen werden können, verkürzt und national harmonisiert werden.

Verkürzung der Frist zur Abgrenzung von Neubauten zu bestehenden Bauten bezüglich steuerlicher Abzugsfähigkeit von Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen (Mo. 20.4572)

Im September 2021 lehnte der Nationalrat eine Motion von Jean-Luc Addor (svp, VS; Mo. 20.3039) und ein Postulat von Jean-Pierre Grin (svp, VD; Po. 19.4375) zur Einführung eines Familienquotienten zur Beseitigung der Heiratsstrafe ab. Neu soll folglich bei der direkten Bundessteuer ein Familienquotientensystem, das auf einer Besteuerung nach Konsumeinheiten beruht, eingeführt respektive geprüft werden. Dadurch würden die «Steuerpflichtigen mit Familienlasten gleichbehandelt», unabhängig ihres Zivilstandes, jedoch in Abhängigkeit des Einkommens und der Familiengrösse, wie Addor erläuterte. Dieses Modell orientiere sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sei «neutral hinsichtlich der Verteilung der Einkommen» und benachteilige das Zweiteinkommen weniger als verschiedene Alternativen. Der Bundesrat verwies auf seine Antwort auf eine Interpellation Addor (Ip. 19.3450) sowie auf die Auslegeordnung zur Ehe- und Familienbesteuerung, welche er im Rahmen des Bundesratsgeschäfts für eine ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung bereits am Erarbeiten sei, und empfahl die Motion sowie das Postulat zur Ablehnung. Mit 133 zu 52 Stimmen (Mo. 20.3039) respektive 122 zu 61 Stimmen (bei 2 Enthaltungen; Po. 19.4375) sprach sich der Nationalrat gegen die zwei Vorstösse aus.

Familienquotient zur Beseitigung der Heiratsstrafe (Mo. 20.3039 und Mo. 19.4375)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?

Im März 2021 reichte Marianne Binder-Keller (mitte, AG) zwei Postulate ein (Po. 21.3189 und Po. 21.3190), mit denen sie einen Vergleich der Gemeinschaftsbesteuerung mit Vollsplitting und der Individualbesteuerung hinsichtlich steuerlicher, bürokratischer und vollzugstechnischer Aspekte forderte. So sollte der Bundesrat etwa zu den Nachteilen der Individualbesteuerung hinsichtlich Abzügen, zur Anzahl zu verfassender Steuererklärungen, zu den Problemen für die Kantone bei Umstellung auf Bundes-, jedoch nicht auf Kantonsebene oder zur Missbrauchsgefahr durch die Streichung der Solidarhaftung der Ehegatten Bericht erstatten. Das zweite Postulat forderte Auskunft zur Stärke des Eingriffs «in die freie Wahl der Lebensformen» der zwei Besteuerungsarten, zu ihren Folgen auf die Anerkennung der Familienarbeit sowie auf die Möglichkeiten für Erwerbspausen. Der Bundesrat betonte, die Fragen der beiden Motionen im Rahmen seiner Auslegeordnung zu verschiedenen Modellen der Ehe- und Familienbesteuerung beantworten zu wollen, und empfahl das Postulat zur Annahme. Beide Vorstösse wurden von Christa Markwalder (fdp, BE) in der Sommersession 2021 bekämpft, da sie sich an der «tendenziösen Fragestellung der Postulantin» zugunsten des Vollsplittings störte. Zudem brauche es keine neuen Berichte – es gebe bereits verschiedene neuere Studien dazu –, stattdessen müsse die Individualbesteuerung endlich umgesetzt werden, wie Markwalder während der Beratung der Vorstösse in der Herbstsession 2021 darlegte. Mit 97 zu 76 Stimmen (bei 1 Enthaltung) respektive mit 103 zu 77 Stimmen (bei 1 Enthaltung) lehnte der Nationalrat beide Postulate ab. Ein ähnliches Postulat von Benedikt Würth (mitte, SG; Po. 21.3285) hatte der Ständerat in der Sommersession 2021 angenommen.

Bericht zu Gemeinschaftsbesteuerung mit Vollsplitting versus Individualbesteuerung (Po. 21.3189 und Po. 21.3190)
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

Der Ständerat folgte der Empfehlung seiner Kommission und gab der Standesinitiative des Kantons Genf für Unterhaltsbeiträge an erwachsene Kinder bis 25 Jahren in Ausbildung in der Herbstsession 2021 stillschweigend keine Folge. Erich Ettlin (mitte, OW) anerkannte zuvor für die Kommission zwar die Problematik, betonte aber, dass die Umsetzung der Initiative die «Ungleichbehandlung zwischen getrennt lebenden und verheirateten Paaren verstärk[en]» würde, da Letztere lediglich den allgemeinen Kinderabzug beanspruchen könnten. Stattdessen spielte er den Ball den Kantonen zu, die ja die Möglichkeit hätten, die allgemeinen Kinderabzüge zu erhöhen.

Abzug für Unterhaltsbeiträge an erwachsene Kinder (Kt.Iv. 20.321)

In der Herbstsession 2021 bereinigte das Parlament die parlamentarische Initiative von Christa Markwalder (fdp, BE) für eine Erhöhung der steuerlichen Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von CHF 10'100 auf CHF 25'000. Dem Ständerat lag als Zweitrat ein Antrag der Kommissionsmehrheit auf Erhöhung des Elterntarifs von CHF 251 pro Kind auf CHF 300 pro Kind vor. Der Elterntarif definiert den Betrag, den Eltern pro Kind auf den geschuldeten Betrag der direkten Bundessteuer in Abzug bringen können. Kommissionssprecher Engler (mitte, GR) begründete diesen Entscheid der Mehrheit damit, dass nun im Unterschied zur Bundesratsvorlage nicht mehr der Kinderabzug erhöht würde, sondern der Steuerbetrag – also der Abzug von den tatsächlich zu bezahlenden Steuern. Davon würden in absoluten Zahlen «alle Steuerpflichtigen in gleichem Masse profitieren», «in Relation zu ihrer steuerlichen Leistungsfähigkeit [würden sogar] gerade die einkommensschwächeren Familien» am stärksten profitieren. Dies sei zudem «eine Geste gegenüber jenen Familien [...], die sich bewusst entschieden haben, für eine gewisse Zeit selbst für die Betreuung ihrer Kinder aufzukommen». Bezüglich des Abstimmungsergebnisses vom September 2020 betonte er, dass man nicht genau wisse, wogegen sich die Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger genau gewehrt habe. Minderheitensprecher Levrat (sp, FR) kritisierte insbesondere den fehlenden Zusammenhang zwischen der Erhöhung des Abzugs der Drittbetreuungskosten, bei dem es um konkrete, nachzuweisende Kosten gehe, und der allgemeinen Erhöhung des Elterntarifs. Zudem widersprach er der Darstellung, dass alle Bürgerinnen und Bürger von der Erhöhung des Elterntarifs profitieren würden, zumal die Hälfte aller Personen, nämlich diejenige mit den geringsten Einkommen, nicht profitieren könnten, da sie keine Bundessteuern bezahlten. Er warf der Kommissionsmehrheit vor, die parlamentarische Initiative zu missbrauchen, um ihre familienpolitischen Ziele durchzusetzen, und warnte davor, mit der Vermischung zweier Themen den bei der Bundesratsvorlage begangenen Fehler zu wiederholen. Mit 25 zu 14 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit und nahm die Erhöhung des Elterntarifs in die Vorlage auf. Mit ähnlicher Stimmenzahl (26 zu 13 Stimmen bei 1 Enthaltung) passierte die Vorlage daraufhin die Gesamtabstimmung. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SP- und der Grünen-Fraktion.

Einige Tage später startete der Nationalrat ins Differenzbereinigungsverfahren. Offen war nur noch die Frage des Elterntarifs, wobei die Kommissionsmehrheit Festhalten – also den Verzicht auf die Erhöhung des Elterntarifs – empfohlen hatte, während eine Minderheit Ritter (mitte, SG) dem Ständerat folgen wollte. Nach einer langen Diskussion zu den Fragen, wer von der Vorlage profitieren soll und was die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit ihrem Stimmentscheid im September 2020 hatten ausdrücken wollen, folgte die grosse Kammer ihrer Kommissionsmehrheit und entschied sich mit 112 zu 79 Stimmen gegen die Erhöhung des Elterntarifs. Hatten sich im Ständerat nur SP und Grüne gegen diese Erhöhung gewehrt, waren es nun im Nationalrat zusätzlich auch Mitglieder der FDP.Liberalen und der GLP.

Tags darauf empfahl die Mehrheit der WAK-SR dem Ständerat, diesbezüglich einzulenken und dem Nationalrat zu folgen, um «den unbestrittenen Teil der Vorlage [...] nicht länger hinauszuzögern oder gar zu gefährden». Stillschweigend folgte der Rat seiner Kommission und bereinigte damit die Vorlage im Sinne des Bundesrates. Zum Schluss wies diese nun dieselbe Form auf, welche der Bundesrat im Mai 2018 vorgeschlagen hatte: So können neu CHF 25'000 statt wie bisher CHF 10'100 für die Drittbetreuung jedes Kindes von den Steuern abgezogen werden, «soweit diese Kosten in direktem kausalem Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit [...] stehen». Damit sollen Erwerbsanreize für Zweitverdienende mit hohen Einkommen geschaffen und etwa 2'500 gut bezahlte Vollzeitstellen besetzt werden können, wie Finanzminister Maurer erklärt hatte. Mit 141 zu 46 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) und 39 zu 4 Stimmen (bei 1 Enthaltung) nahmen beide Kammern die Änderung in den Schlussabstimmungen an. Die ablehnenden Stimmen stammten im Nationalrat grösstenteils von einer Mehrheit der SVP-Fraktion und einer Minderheit der SP-Fraktion und im Ständerat von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25 000 Franken pro Kind und Jahr (Pa. Iv. 20.455)

Der Nationalrat befasste sich sodann in der Herbstsession 2021 mit dem Entwurf der RK-SR zur parlamentarischen Initiative Luginbühl (bdp, BE) zum Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesen von 2014. Eintreten sowie die Forderung der vorberatenden RK-NR, dem Ständerat zu folgen und somit nur zwei der acht in der parlamentarischen Initiative vorgeschlagenen Änderungen umzusetzen, waren unbestritten. Damit könnten Stifterinnen und Stifter neu auch Änderungen bezüglich der Organisation ihrer Stiftung beantragen, zudem dürfe die Aufsichtsbehörde selbst sogenannte «unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde» vornehmen, nachdem sie das oberste Stiftungsorgan angehört habe, wie Kommissionssprecherin Bellaïche (glp, ZH) erklärte. Diese beiden Punkte seien unbestritten gewesen, da sie der Realität gerecht würden und die Stiftungen entlasteten.

Zusätzlich schlug die RK-NR jedoch zwei neue Punkte vor. Einerseits sollten «Personen mit einem berechtigten Kontrollinteresse» Beschwerden bei der Aufsichtsbehörde einreichen können. Derzeitig könne das Beschwerderecht sogar Stifterinnen und Stiftern verwehrt werden, auch wenn die Stiftungsführung nicht rechtskonform handle. Da kein Gegenantrag gestellt wurde, hiess der Nationalrat diese Änderung in der Folge diskussionslos gut.
Mit der zweiten Änderung wollte die Kommissionsmehrheit ermöglichen, dass Stiftungen auch steuerbefreit werden können, wenn sie ihre Stiftungsorgane angemessen entschädigen. Damit solle gemäss Kommissionssprecherin eine Professionalisierung von Stiftungen und somit eine Stärkung des Stiftungsstandorts vorangetrieben werden. Eine Minderheit um Baptiste Hurni (sp, NE) wollte diesen Zusatz streichen, da er unter anderem bereits in der Vernehmlassung stark umstritten gewesen sei. Zudem sei mit der Formulierung einer «angemessene[n] Vergütung» nicht klar, ab wann eine Stiftung noch steuerbefreit werden könne. Kommissionssprecherin Bellaïche hielt dagegen, dass die derzeitige Gesetzgebung je nach Kanton variiere und durch diese Änderung eine grössere Rechtssicherheit geschaffen würde. Der Nationalrat sprach sich mit 121 zu 68 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für die Ergänzung aus. Einzig die Fraktionen der SP und der Grünen sowie die Mitglieder der EVP stimmten für den Minderheitsantrag.

In der Gesamtabstimmung wurde der Entwurf einstimmig mit 188 Stimmen (bei 1 Enthaltung) angenommen. Damit ging das Geschäft mit den zwei neu geschaffenen Differenzen zurück an den Ständerat.

Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

Ende August 2021 trat schliesslich auch die RK-NR auf die parlamentarische Initiative Luginbühl (bdp, BE) zum Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesen ein. Sie beantragte ihrem Rat, den Ständeratsbeschlüssen zu folgen, und nahm darüber hinaus zwei Punkte wieder in die Vorlage auf, welche zuvor von ihrer Schwesterkommission aus dem Entwurf gestrichen worden waren. Zum einen beantragte sie eine klarere gesetzliche Grundlage hinsichtlich beschwerdeberechtigter Personen bei der Aufsichtsbehörde (13 zu 3 Stimmen, 8 Enthaltungen). Dieses Anliegen war bereits im Rahmen der Ständeratsdebatte als Einzelantrag Reichmuth (mitte, SZ) eingebracht worden, jedoch erfolglos geblieben. Zum anderen sprach sich die Kommission für die Steuerbefreiung juristischer Personen mit öffentlichem, gemeinnützigem oder kulturellem Zweck aus, selbst dann, wenn diese ihre Mitarbeitenden finanziell entschädigen (9 zu 8 Stimmen, 6 Enthaltungen). Die Minderheit befürchtete, dass diese Regelung über das Stiftungsrecht hinausgehen könnte und entsprechend in dieser Form auch für andere Arten von Rechtsträgern Gültigkeit erlangen würde. Nichtsdestotrotz sprach sich die Kommission in der Gesamtabstimmung mit 17 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen für die Annahme der Vorlage aus.

Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

Im Juli 2021 veröffentlichte das EFD einen Bericht zu einer möglichen Neuregelung der Berufskosten von unselbständig Erwerbenden. Das Departement sei vom Bundesrat zusammen mit den Kantonen beauftragt worden, «das geltende Recht zum steuerlichen Abzug der Berufskosten zu überprüfen», insbesondere hinsichtlich der Telearbeit. Durch eine Neuregelung der Pauschalabzüge sollte die Neutralität gegenüber verschiedenen Arbeitsformen wiederhergestellt werden, wie es teilweise auch die abgelehnte Motion Ryser (gp, SG) gefordert hatte. Eine ad-hoc-Arbeitsgruppe habe acht Varianten zu einer Pauschalierung geprüft, wobei eine Mehrheit der Arbeitsgruppe einen pauschalen Abzug für alle Berufskosten, auch für die Fahrtkosten, bevorzugte. Diese Variante biete die stärkste Vereinfachung und die grösste Neutralität gegenüber den Arbeitsformen, bedeute jedoch aufgrund des Einschlusses der Fahrtkosten auch die grösste Änderung gegenüber der bisherigen Regelung. Eine Minderheit bevorzugte eine Pauschale bei gleichzeitiger Beibehaltung des Fahrtkostenabzugs.

Steuerliche Gleichstellung von Telearbeit

Ende Juni 2021 gab das EFD in Erfüllung der Motion Jauslin (fdp, AG) eine Vereinheitlichung der Verzugs- und Vergütungszinssätze auf Abgaben und Steuern per 1. Januar 2022 bekannt. Demnach soll der einheitliche Rückerstattungs- und Verzugszins bei 4.0 Prozent liegen, während der Vergütungszinssatz für freiwillige Vorauszahlungen weiterhin 0.0 Prozent beträgt. Aufgehoben werden die Verordnungen über die Verzugs- und Vergütungszinssätze, über den Verzugszins bei der Automobilsteuer, über die Verzugs- und Vergütungszinssätze auf der Tabak- und Biersteuer und über die Verzinsung ausstehender Stempelabgaben sowie ausstehender Verrechnungssteuern.

Harmonisieren der Zinsen bei Bundessteuererlassen (Mo. 16.3055)

Die Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein (BRG 20.085), Malta (BRG 20.086) und Zypern (BRG 20.087) gelangten in der Sommersession 2021 in den Nationalrat. Martin Landolt (mitte, GL) berichtete, dass die WAK-NR die technischen Anpassungen sowie die individuellen Lösungsansätze in den Abkommen mit Malta, Zypern und Liechtenstein nicht in Frage gestellt habe. Sie habe jedoch festgehalten, dass man bei der Überprüfung von Doppelbesteuerungsabkommen für alle Regionen – nicht nur für Krisengebiete – eine Strategie haben sollte, um auf den Kontext der Menschenrechtslage vor Ort hinzuweisen. Eine ähnliche Diskussion sei bereits im Rahmen des DBA mit Saudi-Arabien geführt worden. Die grosse Kammer nahm das Änderungsprotokoll für Liechtenstein mit 155 zu 15 Stimmen (bei 5 Enthaltungen), jenes für Malta mit 146 zu 24 (bei 13 Enthaltungen) und das für Zypern mit 142 zu 28 (bei 17 Enthaltungen) deutlich an. Die Gegenstimmen und Enthaltungen stammten aus den Reihen der SVP-Fraktion.
In der Schlussabstimmung Mitte Juni hiess der Ständerat die Änderungsprotokolle mit Liechtenstein, Malta und Zypern allesamt einstimmig gut. Der Nationalrat folgte seinem Schwesterrat und nahm die Bundesbeschlüsse mit 162 zu 27 Stimmen (bei 6 Enthaltungen), 153 zu 34 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) und 145 zu 37 Stimmen (bei 13 Enthaltungen) an.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein, Malta (BRG 20.086) und Zypern (BRG 20.087)
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

Nationalrat Romano (mitte, TI) wollte mit seinem im März 2021 eingereichten Postulat den Bundesrat mit einer Beurteilung der Roadmap zwischen der Schweiz und Italien beauftragen. Die Roadmap war 2015 abgeschlossen worden und umfasste verschiedene steuer- und finanzpolitische Dossiers, über deren Stand Romano aufgeklärt werden wollte. Bestandteil dieses Übereinkommens waren unter anderem eine Anpassung des Doppelbesteuerungsabkommens bezüglich Grenzgängerinnern und Grenzgängern, die Streichung der Schweiz von allen schwarzen Listen Italiens, die Situation der italienischen Exklave Campione d'Italia und die bilaterale Regelung des Zugangs von Schweizer Finanzdienstleistern zum italienischen Markt. Laut Postulatstext seien verbindliche Eckwerte vereinbart worden, die nun beurteilt werden müssten, um Bilanz zu ziehen. Der Bundesrat äusserte sich positiv gegenüber dem Anliegen des Postulats und beantragte dessen Annahme. Dieser Aufforderung kam der Nationalrat in der Sommersession 2021 stillschweigend nach.

Beurteilung der Roadmap zwischen der Schweiz und Italien von 2015

Nachdem der Nationalrat die Änderungen des Ständerats ohne grössere Diskussion angenommen, selbst aber eine sprachliche Präzisierung am Gesetzestext vorgenommen hatte, gelangte das Bundesgesetz über die Durchführung von internationalen Abkommen im Steuerbereich zur Differenzbereinigung in der Sommersession 2021 noch einmal in die kleine Kammer. Martin Schmid (fdp, GR) empfahl dem Ständerat im Namen der WAK-SR, dem Nationalrat zu folgen. Die Kantonskammer bereinigte die Differenz in der Folge einstimmig. Auch in der Schlussabstimmung wenige Tage später nahmen beide Räte die Vorlage jeweils einstimmig an.

Durchführung von internationalen Abkommen im Steuerbereich (BRG 20.082)

Ende Mai 2021 nahm der Bundesrat schriftlich Stellung zur parlamentarischen Initiative für eine Erhöhung der steuerlichen Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung. Er verwies dabei wie auch bereits in seiner Stellungnahme zur 2020 an der Volksabstimmung gescheiterten Vorlage zur Erhöhung der steuerlichen Kinderabzüge auf den Nutzen einer solchen Regelung, die zu einer «besseren Ausnutzung des Fachkräftepotenzials, zu einer Belebung des Arbeitsmarktes und letztlich auch zu einer Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität» und zu steigenden Steuereinnahmen führen würde. Hingegen lehnte er die von der Kommissionsminderheit vorgeschlagene Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs ab, da er darin eine Missachtung des Volkswillens sah.

In der Sommersession 2021 setzte sich der Nationalrat mit der Thematik auseinander und behandelte dabei zuerst einen Minderheitsantrag Dettling (svp, SZ) auf Nichteintreten. Marcel Dettling argumentierte, dass die Bundesratsvorlage gemäss Nachabstimmungsbefragung in erster Linie abgelehnt worden sei, weil nur Gutverdienende davon profitiert hätten. Dies sei aber auch bei der neuen Vorlage der Fall, weshalb man den Volkswillen achten und auf eine erneute Behandlung dieses Themas verzichten solle. Die Sprecherinnen der Kommissionsmehrheit, Daniela Schneeberger (fdp, BL) und Sophie Michaud Gigon (gp, VD), verwiesen darauf, dass die Kinderdrittbetreuungskosten «im Abstimmungskampf praktisch unbestritten» geblieben seien – kritisiert worden sei vor allem die Erhöhung der Kinderabzüge. Mit 125 zu 52 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat für Eintreten aus. Zur Mehrheit der SVP-Fraktion, die sich gegen Eintreten aussprach, gesellten sich auch Minderheiten der SP und der Grünen. Letztere störten sich wohl allgemein an der Erhöhung der Steuerabzüge, zumal man kein «Fan von Steuersubventionen via Abzüge» sei, wie Jacqueline Badran (sp, ZH) betonte – aber dennoch Eintreten empfahl. Im Anschluss begründete Thomas Aeschi (svp, ZG) seinen «moderaten Minderheitsantrag» auf Erhöhung der Kinderabzüge von CHF 6'500 auf CHF 8'250, den er als Kompromiss zum Abzug von CHF 10'000 im Rahmen des an der Urne gescheiterten Bundesratsgeschäfts erachtete. Damit könnten auch «selbstbetreuende Familien – eigentlich [...] alle Familien, die Kinder haben» unterstützt werden. Mit 104 zu 79 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) lehnte der Nationalrat diese erneute Erhöhung des Kinderabzugs ab. Unterstützt worden war der Vorschlag von der SVP-Fraktion, von einer Mehrheit der Mitte-Fraktion sowie von einem Mitglied der FDP-Fraktion. Im Anschluss daran nahm die grosse Kammer den Entwurf mit 145 zu 32 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) an, wobei die ablehnenden Stimmen wie zuvor bei der Eintretensabstimmung von der Mehrheit der SVP und Minderheiten der SP und der Grünen stammten.

Steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25 000 Franken pro Kind und Jahr (Pa. Iv. 20.455)

Ab Juni und Juli 2021 konkretisierten sich die Pläne der OECD zur Unternehmensbesteuerung. Diese enthielten zwei Säulen: die Versteuerung der Gewinne von Grosskonzernen sowie eine Mindeststeuer für grössere Unternehmen. Die erste Säule beinhaltete eine Regelung zum Ort der Besteuerung von Gewinnen internationaler Unternehmen mit einer Gewinnmarge über 10 Prozent. Diese sollten die entsprechenden Gewinne neu zu 20 Prozent in den Staaten ihrer Absatzmärkte versteuern müssen. Diese Säule zielte ursprünglich auf die Besteuerung der Gewinne digitaler Konzerne ab, ausgenommen werden hier vermutlich Rohstofffirmen und die Finanzindustrie. Dabei blieb unklar, welche Unternehmen in der Schweiz von dieser Regelung tatsächlich betroffen sein würden, vermutlich würden es nur einzelne sein, war sich die Presse einig. Regelmässig genannt wurden in den Medien Glencore und Nestlé – sofern die Rohstofffirmen nicht ausgeschlossen werden.
Die zweite Säule der neuen OECD-Unternehmensbesteuerung betraf die Schaffung einer Mindeststeuer für grössere Unternehmen: Zukünftig sollen Unternehmen mit einem Umsatz von über 750 Mio. Euro und einer Gewinnmarge ab 10 Prozent ihre Gewinne in allen Staaten mindestens zu 15 Prozent versteuern müssen. Wenn die Steuern in einem Land unter 15 Prozent liegen, sollen andere Staaten die Steuerdifferenz für die jeweiligen Unternehmen erheben können. Unklar war zu diesem Zeitpunkt jedoch noch die Ausgestaltung der Mindeststeuer, etwa die Bemessungsgrundlage oder die Definition des steuerbaren Gewinns. Somit blieb auch unklar, wie stark die Schweiz von dieser Regelung tatsächlich betroffen sein wird. Die Medien gingen von etwa 200 bis 300 betroffenen Unternehmen in der Schweiz aus, wobei zusätzlich auch Tochtergesellschaften ausländischer Grossfirmen hinzukommen könnten. 18 Kantone wiesen Ende 2021 einen Steuersatz unter 15 Prozent auf, am geringsten besteuert wurden die Unternehmen im Kanton Zug mit 11.91 Prozent – wobei die Besteuerung in einzelnen Gemeinden gar noch tiefer lag (Meggen LU: 11.3%). Berücksichtigt werden müssen vermutlich aber auch andere Vergünstigungen für Unternehmen, welche beispielsweise im Kanton Zürich den tatsächlichen Steuersatz einzelner Unternehmen auf 11 Prozent senken.

In den Medien führten insbesondere die Pläne für die Mindestbesteuerung zu grosser Resonanz – grösstenteils negativer Art. Verschiedene Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft forderten im Gegenzug alternative Unterstützungsmassnahmen für die Schweizer Wirtschaft. Zwar erhöhten die OECD-Regeln die Besteuerung auch in anderen Staaten, diese wiesen jedoch nicht so hohe Lohnkosten auf wie die Schweiz, wurde argumentiert. Entsprechend wurden zum Beispiel Subventionen für Forschung und Entwicklung, für Weiterbildungskosten, Entlastungen der Unternehmen bei den Sozialversicherungen oder Lohnzuschüsse für das Management gefordert. Ergänzend wurde auch darauf hingewiesen, dass andere Standortfaktoren, wie qualifiziertes Personal, Infrastruktur, Rechtssicherheit und flexibles Arbeitsrecht durch diese Reform umso wichtiger würden.
Die Reformvorschläge stiessen jedoch nicht nur auf Kritik. Finanzminister Maurer etwa zeigte sich gelassen und betonte, dass die Schweiz entsprechende Regelungen im Hinblick auf ihre anderen Trümpfe durchaus verkraften könne. Andere Stimmen erachteten die Reform in den Medien überdies als dringend nötig: So fänden gerade die grössten und mächtigsten Unternehmen immer neue Schlupflöcher zur Umgehung der Besteuerung, was mit der Reform zumindest teilweise verhindert werden könne.
Diskutiert wurden in den Medien auch Möglichkeiten zur Umsetzung der Mindestbesteuerung. So könnten die Unternehmen etwa freiwillig auf Vergünstigungen verzichten, um eine Besteuerung von 15 Prozent zu erreichen. Diskutiert wurde auch, ob die Mindestbesteuerung alle Unternehmen treffen solle – also auch KMU – oder nur diejenigen, die von der OECD-Reform betroffen sind. Dabei war zunächst unklar, ob unterschiedliche Steuersätze für KMU und Grosskonzerne verfassungsrechtlich überhaupt möglich sind.

Bereits im Juli 2021 gab der Bundesrat bekannt, sich den Eckwerten zur internationalen Unternehmensbesteuerung anschliessen zu wollen – jedoch nur unter Bedingungen und mit grossen Bedenken. So verlangte er explizit, dass «die Interessen kleiner, innovativer Länder angemessen berücksichtigt und bei der Umsetzung die nationalen Gesetzgebungsverfahren respektiert werden». Entsprechend kritisierte der Bundesrat in der Folge auch den Zeitplan der OECD, der eine Einführung bis 2023 vorsah. Dies sei für die Schweiz aufgrund der direkten Demokratie nicht umsetzbar, betonte die Regierung. Im Januar 2022 gab der Bundesrat bekannt, die Mindestbesteuerung mit einer Verfassungsänderung umsetzen und die Details basierend darauf in einer temporären Verordnung regeln zu wollen. Dies erlaube eine Inkraftsetzung der Änderungen auf den 1. Januar 2024 – anschliessend könne man «auf dem ordentlichen Weg» ein Gesetz dazu erlassen.

Besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (OECD-Mindestbesteuerung; BRG 22.036)