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Nachdem im Vorjahr zwei parlamentarische Vorstösse die Zulassung der grenzüberschreitenden Restrukturierung sowie die Gewinn- und Verlustverrechnung im Konzernverbund gefordert hatten, wurden im Berichtsjahr weitergehende Reformen in der Unternehmensbesteuerung verlangt. In der Frühjahrssession überwies der Nationalrat mit 72:51 Stimmen eine Motion der CVP-Fraktion, die eine steuerliche Entlastung der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die Einführung der renditeunabhängigen proportionalen Besteuerung, die Prüfung der Abschaffung der Kapitalsteuer, die Möglichkeit der steuerneutralen grenzüberschreitenden Umstrukturierung von schweizerischen Unternehmen, die Zulassung der Gewinn- und Verlustverrechnung im Konzernverbund und die Herabsetzung der Emissionsabgaben auf Eigenkapital auf EU-Niveau forderte. Weiter verlangt die Motion, die steuerliche Doppelbelastung von Gesellschaft und Aktionären bei der Gewinnausschüttung zu mildern, bestehende Steuererleichterungen zugunsten von Jungunternehmern auszubauen und den Generationenwechsel in einem Familienbetrieb durch fiskalische Vorkehrungen zu vereinfachen. Vergeblich beantragte Bundesrat Kaspar Villiger die Umwandlung in ein Postulat. Er bezweifelte, dass das gesamte Unternehmenssteuerrecht in kurzer Zeit reformiert werden könne, stellte aber die rasche Ausarbeitung eines kleineren Pakets mit den dringlichsten Anliegen in Aussicht.

Reform der Unternehmensbesteuerung

In der Sommersession reichte Ursula Hafner (sp, SH) eine von 66 Parlamentariern mitunterzeichnete Motion ein, die die Einführung einer eidgenössischen Erbschafts- und Schenkungssteuer verlangt. Bei einem durchschnittlichen Steuersatz von 6% ergäbe sich ein Ertrag von rund 1.5 Mrd., den die Motionärin hauptsächlich für die AHV einsetzen möchte.

Motion Hafner: Eidgenössische Erbschafts- und Schenkungssteuer

Während die Volksinitiative des Gewerbeverbandes vom Parlament klar abgelehnt wurde, stiess der indirekte Gegenentwurf der ständerätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) auf Interesse. Die Kommissionsinitiative (Pa.Iv. 95.423) sieht eine Verlagerung von der direkten Bundessteuer hin zur Mehrwertsteuer vor und möchte die steile Progression im mittleren Einkommensbereich mildern sowie die fiskalische Benachteiligung der Ehepaare gegenüber den Konkubinatspaaren eliminieren. Zur Kompensation der Einnahmenausfälle bei der direkten Bundessteuer von CHF 1.65 Mrd. sieht die WAK eine Erhöhung der MWSt von 1% beim Normalsatz und 0,3% beim reduzierten Satz vor. Der Bundesrat bestritt in seiner Stellungnahme nicht, dass die Progressionskurve und die Nachteile von verheirateten Doppelverdienern gegenüber Konkubinatspaaren mit zwei Einkommen diskussionswürdig seien. Er warnte aber davor, dass die Empfänger niedriger und mittlerer Einkommen auf Grund des Vorschlags per saldo mehr Steuern bezahlen müssten als heute. Entlastet, teilweise sogar massiv, würden verheiratete Steuerpflichtige ab einem Jahresbruttoeinkommen von CHF 150'000. Der Versuch, den Konkubinatseffekt zu entschärfen, führe zudem zu einer überproportionalen Mehrbelastung der Alleinstehenden. Der Bundesrat empfahl, das Revisionsvorhaben so lange hinauszuschieben, bis der Bundeshaushalt wieder einigermassen im Gleichgewicht sei, was frühestens in der nächsten Legislaturperiode der Fall sein dürfte. In der Frühlingssession beurteilte auch der Ständerat den Zeitpunkt als ungünstig. Er trat mit 19:15 Stimmen zwar auf die Kommissionsinitiative ein, folgte mit 22:4 Stimmen aber einem «Vermittlungsantrag» Spoerry (fdp, ZH), das Geschäft erst dann wieder aufzugreifen, wenn es im Rahmen des finanzpolitischen Gesamtkonzepts des Bundesrates beurteilt werden kann.

Indirekter Gegenentwurf zur Volksinitiative «Zur Abschaffung der direkten Bundessteuer»

Trotz des letztjährigen Antrags des Bundesrates, auf eine allgemeine Steueramnestie zu verzichten und damit eine parlamentarische Initiative Delalay (cvp, VS) abzuschreiben, setzte die Rechtskommission des Ständerates eine Subkommission ein. Diese soll Vorschläge für eine Steueramnestie ausarbeiten und auf die Herbstsession 1997 hin dem Plenum Antrag stellen.

Steueramnestie

Gestützt auf eine parlamentarische Initiative Reimann (svp, AG) von 1993 und im Auftrag des Ratsplenums hatte die WAK des Nationalrats verschiedene Varianten zur marktkonformen Verzinsung des Rückerstattungsanspruchs der Verrechnungssteuer für natürliche und juristische Personen ausgearbeitet und dabei insbesondere auch eine pauschale Verzinsung geprüft. Danach wäre den im Inland wohnhaften natürlichen Personen nicht bloss die Verrechnungssteuer von 35%, sondern ein auf 35,5% oder 36% erhöhter Betrag zu erstatten. Eine Kommissionsmehrheit hatte die Kosten für den Bund auf CHF 180 Mio. beziffert und deshalb im November 1995 mit Rücksicht auf die Finanzlage des Bundes Nichteintreten empfohlen. In der Frühjahrssession versuchte die von Georg Stucky (fdp, ZG) angeführte Kommissionsminderheit vergebens, den Nationalrat dazu zu bewegen, von der WAK eine ausgearbeitete Vorlage zu verlangen. Der Nationalrat korrigierte seinen vor drei Jahren gefassten Beschluss und trat mit 124:40 Stimmen nicht auf die Verzinsungsvorlage ein. Er folgte damit dem Bundesrat, der sich vehement gegen diese Einnahmereduktion gewehrt hatte.

Pa.Iv. Reimann für eine marktkonforme Verzinsung der Verrechnungssteuern

Nachdem im Oktober 1995 ein «Bund der Steuerzahler» (BDS) gegründet worden war, trat im Berichtsjahr eine neue Vereinigung mit dem Namen «Steuerforum» auf. Diese kritisierte die erstere, eine reine Ablegerorganisation der SVP zu sein. Bei den Steuerzahlern selbst stiessen die beiden neuen Interessenorganisationen vorläufig noch auf etliche Skepsis; der BDS gab seine Mitgliederzahl im Herbst mit 2'520 an.

Gründung des «Bundes der Steuerzahler» und des «Steuerforums»

Zur parlamentarischen Initiative Carobbio, welche die steuerliche Nichtanerkennung von Schmiergeldern fordert, siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht). Zur neu vollen Steuerpflichtigkeit von AHV- und IV-Renten siehe unten, Teil I, 7c (AHV).

Zur parlamentarischen Initiative Carrobio, welche die steuerliche Nichtanerkennung von Schmiergeldern fordert, siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht)

Nur als Postulat überwies der Ständerat eine zuvor vom Nationalrat angenommene Motion Bührer (fdp, SH) (Mo. 93.3329), die verlangte, dass innerhalb der Schweiz in einer Holding zusammengefasste Unternehmungen Gewinne und Verluste steuerlich verrechnen können. Finanzminister Villiger wehrte sich gegen eine isolierte Betrachtung des Problems der Holding-Besteuerung und sprach sich für eine Lösung im Rahmen des Unternehmenssteuerrechts aus.

Motion Bührer Steuerliche Gewinn- und Verlustrechnung verbundener Unternehmen

Gegen seinen Willen schickte der Bundesrat Ende März einen Entwurf zu einer generellen Steueramnestie für 1997, 1999 oder 2001 in die Vernehmlassung und kam damit dem Auftrag einer Motion Delalay (cvp, VS) nach. Der Entwurf enthielt allerdings - anders als die früheren Amnestien von 1945 und 1969 - Fussangeln für reuige Steuersünder, denn er sieht zwar eine Entkriminalisierung der Steuerhinterzieher vor, verlangt aber eine Nachbezahlung der hinterzogenen Steuern samt Verzugszinsen sowie eine schriftliche Schuldanerkennung. Ausserdem will der Bundesrat die Einzelheiten der Amnestie in der Verfassung regeln, damit die Stimmbürger dazu Stellung nehmen können. Der Ständerat, der den Entwurf als ungenügend taxierte und eine Verschleppungstaktik des Bundesrats befürchtete, schob in der Sommersession mit 28:7 Stimmen eine parlamentarische Initiative Delalay (cvp, VS) für eine einmalige «echte» Steueramnestie nach. Die Auswertung des Vernehmlassungsverfahrens ergab ein gemischtes Bild: Während sich die bürgerlichen Parteien eine grosszügigere Lösung wünschten, verlangten SP, Grüne und der LdU sowie 17 Kantone einen Übungsabbruch. Im September beantragte deshalb auch der Bundesrat dem Parlament die Abschreibung der Motion Delalay und damit den Verzicht auf die Amnestie.

Steueramnestie

Auf der Suche nach einem Gegenvorschlag zur Volksinitiative «zur Abschaffung der direkten Bundessteuer» des Schweizerischen Gewerbeverbandes, die vom Bundesrat im letzten Jahr kategorisch abgelehnt worden war, beauftragte die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) die Verwaltung, als Kompromisslösung eine Verlagerung von der direkten Bundessteuer hin zur Mehrwertsteuer zu prüfen, wobei von der WAK eine Reduktion der direkten Bundessteuer um 20 bis 30% anvisiert wurde. Das Eidgenössische Finanzdepartement, das schon die SGV-Initiative vehement bekämpft hatte, lehnte auch den Kompromissvorschlag ab. Es bezifferte die Steuerausfälle auf CHF 1.7 bis 2.55 Mrd. und rechnete mit einer Erhöhung des MWSt-Satzes auf 8% resp. 2,4%. Während die hohen Einkommen teilweise massiv entlastet würden, hätten gemäss EFD 75% bis 90% der Steuerpflichtigen mehr Steuern zu bezahlen. Die WAK beharrte aber auf einem indirekten Gegenvorschlag und präsentierte im November einen in der Kommission mit 8:1 Stimmen bei einer Enthaltung klar angenommenen Entwurf, gemäss dem die bei der direkten Bundessteuer steil ansteigende Progressionskurve gemildert werden soll. Mittlere und höhere Einkommen würden entlastet, wie per Saldo auch die verheirateten Doppelverdiener, womit der Konkubinatseffekt gemildert würde. Die aus der Senkung der direkten Bundessteuer um 20% resultierenden Mindereinnahmen von CHF 1.65 Mrd. wären durch einen Zuschlag bei der Mehrwertsteuer von 1% beim Normalsatz und 0,3% beim reduzierten Satz vollständig zu kompensieren. Der Finanzausgleich soll im heutigen Umfang fortgesetzt werden. Zu diesem Zweck sollen die Kantonsanteile an der reduzierten direkten Bundessteuer heraufgesetzt werden.

Gegenvorschlag zur Volksinitiative: Abschaffung der direkten Bundessteuer

Eine parlamentarische Initiative Reimann (svp, AG) hatte im März 1993 die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrats beauftragt, einen Entwurf zur Revision des Verrechnungssteuergesetzes auszuarbeiten. Danach sollen zumindest natürlichen und juristischen Personen mit Sitz in der Schweiz Verrechnungssteuern künftig verzinst werden, wenn der Fiskus die Verrechnungssteuer nicht innert 60 Tagen nach dem Antrag zurückerstattet. Im März stellte die WAK zwei Lösungen zur Diskussion. Während die erste Variante lediglich ein beschleunigtes Rückerstattungsverfahren anstrebt, sieht die zweite Variante eine Verzinsung ab dem 61. Tag nach Eingang des Rückerstattungsantrags vor. Beide Vorschläge stiessen in der Vernehmlassung bei den Kantonen, den Finanzdirektoren und der Bankiervereinigung vorwiegend auf Skepsis. Neben Steuerausfällen von rund CHF 150 Mio. pro Jahr wurde ein administrativer Mehraufwand geltend gemacht. In Betracht gezogen wurde der Vorschlag einer pauschalen Verzinsung. Nach dieser Variante erhielten im Inland wohnhafte natürliche Personen nicht bloss die Verrechnungssteuer von 35%, sondern einen auf 35,5% oder 36% erhöhten Betrag zurückerstattet. Im November beantragte die nationalrätliche WAK dem Plenum aus Gründen der Steuerausfälle mit 12 zu 6 Stimmen aber Nichteintreten auf die Initiative.

Pa.Iv. Reimann für eine marktkonforme Verzinsung der Verrechnungssteuern

Beide Räte überwiesen eine Motion Cottier (cvp, FR) (Mo. 93.3642), die verlangt, dass die Schweiz durch die Beseitigung der steuerrechtlichen Hindernisse für international tätige Unternehmen wieder attraktiver wird. Der Motionär forderte den Bundesrat dazu auf, sicherzustellen, dass der konzerninterne, grenzüberschreitende Austausch von Beteiligungen ohne steuerliche Folgen, d.h. ohne Besteuerung der stillen Reserven, möglich wird. Der Bundesrat und eine Ratsminderheit, die den Antrag nur in Form eines Postulats entgegennehmen wollten, warnten davor, dass damit Schweizer Steuersubstrat in Milliardenhöhe unwiderruflich über die Grenze verschwinde.

Motion Cottier: Beseitigung von steuerlichen Hindernissen

Im letzten Jahr hatte der Ständerat einstimmig eine Motion Frick (cvp, SZ) überwiesen, die familiengerechte Bundessteuern verlangt und eine gerechtere Besteuerung doppelverdienender Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren. Im September überwies auch der Nationalrat diese Motion mit 73 zu 37 Stimmen; Bundesrat Stich hatte vergeblich für die unverbindlichere Form des Postulats plädiert. Der Motionär berief sich auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichts, das Steuerunterschiede zu Lasten der Ehepaare spätestens ab 10% Mehrbelastung als verfassungswidrig bezeichnet. Gerade diese Praxis zur Gleichbehandlung von Ehe- und Konkubinatspaaren änderte das Bundesgericht aber im Berichtsjahr. In einem neuen Grundsatzurteil hält das Bundesgericht eine ungleiche Behandlung «in der Grössenordnung von 10% (oder eventuell auch darüber)» für nicht verfassungswidrig. Eine volle Gleichstellung sei im Rahmen des geltenden Rechts gar nicht möglich. Gemäss Bundesgericht steht der Vergleich von Ehepaaren und Alleinstehenden mit vergleichbaren Einkommen im Vordergrund. Erst in zweiter Linie habe der Gesetzgeber für eine Gleichbehandlung von Ehe- und Konkubinatspaaren zu sorgen.

Motion Frick zur Steuerentlastung doppelverdienender Ehepaare

In ihrer Wahlplattform 95 «Die Schweiz muss wieder sozialer werden» sprach sich die SP gegen die neoliberale Wirtschaftspolitik aus und forderte einen Ausbau des Sozialstaats über Steuererhöhungen sowie Sparpotentiale, die sie im Strassenbereich, in der Landwirtschaft, in der Landesverteidigung und im Zivilschutz ortete. Ausserdem stellte die Partei «14 Thesen gegen die Erwerbslosigkeit» vor, in denen sie in einem ersten Schritt die 40-Stunden-Woche, mittelfristig die 35-Stunden-Woche anstrebt.

Wahlplattform «Die Schweiz muss wieder sozialer werden» der SP 1995

Im Wahljahr 95 unterstrichen die Liberalen den europa- und wirtschaftspolitischen Offensivgeist der Partei und wiederholten ihre Forderungen nach Revitalisierung und Deregulierung. Unter anderem sprachen sie sich für die Aufhebung der direkten Bundessteuer und für eine Reform des Föderalismus aus. EU-Beitrittsverhandlungen forderte die LP noch für die Ende Jahr begonnene Legislaturperiode.

Europa- und wirtschaftspolitische Ausrichtung und Position der LP 1995

In den eidgenössischen Wahlkampf zog die Partei vorab mit einer aggressiven Politik gegen Ausländer und Asylsuchende unter dem umstrittenen, da historisch gewichtig besetzten Motto «Das Boot säuft ab». Hauptforderungen waren der vollständige Einwanderungs- und Aufnahmestopp für Asylbewerber, die Kündigung des Genfer Flüchtlingsabkommens sowie eine Reduktion des Ausländerbestandes auf EU-Niveau. Heftigen Widerstand meldete die FPS gegen den EU-Beitritt oder Zugeständnisse im freien Personenverkehr an. Eine harte Linie fuhr die Partei auch in Drogenfragen, wo sie der Liberalisierung den Kampf ansagte. Nach wie vor eliminieren will sie zudem die direkte Bundessteuer.

Wahlkampfthemen der FP 1995

Im Wahljahr 1995 präsentierte sich die FDP als eng mit der Wirtschaft verbundene Regierungspartei und trat mit dem Motto «Verantwortung übernehmen» an. Einstimmig hiess sie ein Positionspapier zur Wirtschaftspolitik gut, in dem sie sich für eine «liberale Fitnesskur», mehr Unternehmerfreiheit und Wettbewerb, Investitionen in Bildung und Forschung sowie eine wirtschaftsfreundlichere Steuerpolitik aussprach. Das Verhältnis zwischen direkten und indirekten Steuern will die FDP zugunsten der indirekten Steuern verbessern. Einen weiteren Ausbau des Sozialstaats lehnte sie ab und sprach sich bei der Arbeitslosenversicherung für punktuelle Leistungskürzungen aus. Die Staatsquote aller drei Ebenen möchte sie bei 32% stabilisieren.

Wirtschaftspolitik der FDP 1995

Ein Postulat von Felten (sp, BS), das eine zukünftige Aufteilung der Steuerstatistik nach den Geschlechtern und eine entsprechende Aufschlüsselung des Bruttoarbeitseinkommens forderte, wurde vom Nationalrat überwiesen.

Postulat von Felten Frauen und Männer in der Steuerstatistik

Als unrealistisch erachteten Bundesrat und eine klare Mehrheit des Nationalrats eine Motion der Freiheits-Partei (Mo. 94.3401), die als Grundlage für die Budgetierung der kommenden Jahre die Rechnung des Jahres mit dem letzten positiven Abschluss, also 1988, forderte. Auch eine von 1993 datierende Motion Giezendanner (fp, AG) (Mo. 93.3590), die den Bund zu einem Steuer- und Abgabenstopp bis Ende 1997 verpflichten wollte, wurde vom Nationalrat, mit 39 zu 73 Stimmen, abgelehnt. Er folgte damit dem Bundesrat, der im vorgeschlagenen «Moratorium» ein Hindernis für allfällige Steuerreformen im Rahmen des Programms zur marktwirtschaftlichen Erneuerung sah.

Motion der Fraktion der Freiheits-Partei Sanierung der Bundesfinanzen

Zu Beginn des Jahres verabschiedeten die Delegierten der SVP ein neues Schwerpunktprogramm, das programmatische Flügelkämpfe zwischen dem konservativen und dem liberalen SVP-Lager beilegen sollte. In den Mittelpunkt stellte die SVP, wie die CVP, die Erhaltung und Förderung des Mittelstandes. Zur Nagelprobe geriet aber die Europafrage: Mit der Formulierung «ein Beitritt zur EU ist kein Ziel der schweizerischen Aussenpolitik» setzte sich mit 131 zu 111 Stimmen der konservative Zürcher Flügel durch, während sich die Westschweizer, Berner, Bündner und die SVP-Frauen sowie Bundesrat Ogi mehrheitlich für das Offenhalten aller Optionen ausgesprochen hatten.
Deutlich setzte sich bei den Delegierten eine repressive Haltung in der Drogenfrage durch. So wurde der Verzicht auf staatliche Heroinabgabe und Fixerstuben mit klarer Mehrheit – aber gegen die SVP-Frauen und die Berner Sektion – abgesegnet. Die Berner SVP sprach sich später offiziell für die laufenden Heroinabgabeversuche und Fixerräume aus. Ein Antrag, die Abschaffung der direkten Bundessteuer ins Programm aufzunehmen, hatte keine Chance.

Neues Schwerpunktprogramm der SVP 1995

Eine Motion der FDP-Fraktion, die den Bundesrat ersuchte, das Steuerharmonisierungsgesetz (StHG) so zu ändern, dass der Steueraufschub von der Grundstückgewinnsteuer im Falle der Ersatzbeschaffung selbstgenutzten Wohneigentums bereits auf den 1.1.1996, und nicht erst auf den 1.1.2001 landesweit in Kraft tritt, wurde vom Nationalrat als Postulat überwiesen.

Steueraufschub für Eigenheimbesitzer (Mo. 93.3143)

Von der Öffentlichkeit vorerst kaum bemerkt, trat auf den 1. Januar des Berichtsjahres der mit dem revidierten Gesetz über die Bundessteuer eingeführte Grundsatz in Kraft, wonach die AHV-Renten zu 100% und nicht wie bisher bloss zu 80% zu versteuern sind. Von Nationalrat Zisyadis darauf angesprochen, begründete der Bundesrat die Massnahme damit, dass ja auch die während des Erwerbslebens entrichteten Beiträge vollumfänglich vom steuerbaren Einkommen abgesetzt werden können, weshalb er keinen Grund sehe, auf die Änderung zurückzukommen.

AHV-Renten zu 100% und nicht wie bisher bloss zu 80% zu versteuern

Zwei gleichlautende Motionen Hubacher (sp, BS) (Mo. 94.3258) und Plattner (sp, BS) (Mo. 94.3270), die Massnahmen forderten, um den heutigen Steuerstatus der Steuerbefreiung der Seeleute in der Schweizer Hochseeschiffahrt aufrechtzuerhalten, wurden überwiesen. Die Motionäre wehrten sich dagegen, dass ab 1995 im Rahmen der Steuerharmonisierung eine Quellensteuer für die rund 350 meist ausländischen Seeleute auf schweizerischen Hochseeschiffen eingeführt werden soll.

Steuerbefreiung der Seeleute

Der Bundesrat empfahl die Volksinitiative "zur Abschaffung der direkten Bundessteuer", die 1993 vom Schweizerischen Gewerbeverband eingereicht worden war, ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Gemäss dem Bundesrat würde eine Umlagerung der Fiskalbelastung von den direkten zu den indirekten Steuern die obersten Einkommensschichten (höchstens 10% der Haushalte) zulasten der unteren und mittleren Einkommen privilegieren und so den sozialen Frieden gefährden. Dazu erführen auch juristische Personen eine jährliche Steuerentlastung von rund CHF 3 Mrd. Um diese Einnahmenausfälle auszugleichen, müsste der Mehrwertsteuersatz auf mindestens 12% angehoben werden. Ausserdem erscheine die Initiative unter dem Aspekt des Finanzausgleichs für Bund und Kantone problematisch.

Volksinitiative zur Abschaffung der direkten Bundessteuer (BRG 94.095)

Im Streit um die Besteuerung von Kapitalversicherungen mit Einmaleinlage, die im Bundesgesetz über die Direkte Bundessteuer (DBG) geregelt ist, kam zwischen National- und Ständerat erst nach einer Einigungskonferenz ein Kompromiss zustande. Zuvor hatte sich der Nationalrat dreimal gegen die Version des Ständerates ausgesprochen, gemäss welcher eine Prämienrückzahlung steuerfrei ist, wenn die Anlage über zehn Jahre gedauert hat oder der Bezüger über sechzig Jahre alt ist. Der Nationalrat, der für die kumulative Erfüllung der beiden Bedingungen plädierte und in der ständerätlichen Version ein Steuerschlupfloch für Gutbetuchte sah, willigte schliesslich in den Antrag der Einigungskonferenz ein, nach dem die Erträge aus Kapitalversicherungen mit Einmalprämie dann steuerfrei sind, wenn der Versicherte bei der Auszahlung das 60. Altersjahr vollendet und die Versicherung mindestens fünf Jahre gedauert hat. Für Kapitalversicherungen, die vor Ende 1993 abgeschlossen wurden, genügen Alter sechzig oder eine mindestens fünfjährige Vertragsdauer auch für sich allein.

Besteuerung von Kapitalerträgen aus Lebensversicherungen im DBG