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Nachdem sich der Ständerat überaus knapp für eine Prüfung der Einhaltung der Anforderungen an die Steuerbefreiung juristischer Personen wegen Gemeinnützigkeit im Rahmen einer Motion Noser (fdp, ZH) ausgesprochen hatte, regte der Vorstoss den Nationalrat in der Wintersession 2021 zu einigen Diskussionen an. Zuvor hatte sich die WAK-NR mit 14 zu 10 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für Annahme der Motion ausgesprochen, zumal Transparenz bezüglich finanzieller Mittel wichtig sei. Man müsse «gleich lange Spiesse für die gleiche Tätigkeit» schaffen und insbesondere grössere Stiftungen regelmässig überprüfen. Eine Minderheit Bertschy (glp, BE) sah jedoch keinen Grund zu vermuten, «dass die Kantone ihrer Pflicht nicht nachkommen». Sie erachtete die Motion als Verstoss gegen den Föderalismus, als unverhältnismässig und teuer. Finanzminister Maurer ergänzte die Argumente der Minderheit um die Feststellung, dass damit «Erwartungen an die Verwaltung [geweckt würden], die nicht erfüllt werden können». Die Zahl der Stiftungen sei für eine vollständige Überprüfung zu hoch und bei einer allfälligen Stichprobenziehung würde sicherlich die Auswahl der Stichproben kritisiert, befürchtete er. Zudem könne die Verwaltung die Einstufung der Stiftungen nicht ändern, da dies ein Ermessensentscheid der Kantone sei. Mit 98 zu 84 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) lehnte der Nationalrat die Motion ab. Unterstützt wurde sie von der FDP.Liberalen-Fraktion, von der Mehrheit der SVP-Fraktion sowie von einer knappen Minderheit der Mitte-Fraktion.

Werden die Anforderungen an die Steuerbefreiung juristischer Personen wegen Gemeinnützigkeit im Falle von politischer Tätigkeit eingehalten?

Der Ständerat setzte sich in der Wintersession 2021 mit der Forderung von Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach (mitte, FR) auseinander, wonach Freiwilligenarbeit im Sport durch Steuerabzüge gefördert werden soll. Kommissionssprecher Pirmin Bischof (mitte, SO) legte die Gründe dar, weshalb die WBK-SR das Geschäft zur Ablehnung empfahl. Dazu zählten die Verletzung des Prinzips der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, das Entstehen erheblicher Mitnahmeeffekte und das Schaffen einer neuen rechtlichen Ungleichbehandlung für unterschiedliche Freiwilligentätigkeiten. Finanzminister Ueli Maurer sprach von einer «recht grossen Unschärfe» des Wortlauts der Motion und warf die Frage auf, wie denn die Freiwilligenarbeit in Bereichen wie der Alters- oder Behindertenbetreuung gehandhabt werden müsse. Zudem sei Freiwilligenarbeit nicht nur mit Aufwand verbunden, «es kommt auch etwas zurück» – etwa ein neuer Freundeskreis. Daher empfehle der Bundesrat den Vorstoss zur Ablehnung, auch wenn das Anliegen sympathisch erscheine. Stillschweigend folgte der Ständerat den beiden Rednern.

Freiwilligenarbeit im Sport durch Steuerabzüge fördern (Mo. 19.3806)

Einen Tag nach dem Ständerat machte sich auch der Nationalrat an die Beratung des Voranschlags der Eidgenossenschaft 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025. Sarah Wyss (sp, BS) und Daniel Brélaz (gp, VD) präsentierten dem Rat das Budget aus Sicht der Mehrheit der FK-NR: Der Bundesrat habe ordentliche Ausgaben in der Höhe von 77.7 Mrd. und ausserordentliche Ausgaben von CHF 3.0 Mrd. vorgesehen. Bei ordentlichen Einnahmen von CHF 77.1 Mrd. und ausserordentlichen Einnahmen von CHF 1.5 Mrd. bleibe damit aufgrund der Schuldenbremse ein struktureller Überschuss und somit ein Handlungsspielraum von CHF 44 Mio. Die Kommissionsmehrheit plane «kleinere Adjustierungen» mit Mehrausgaben von CHF 273 Mio. Bei 12 Mehrheitsanträgen zur Schaffung von Differenzen zum Ständerat lagen der grossen Kammer in der Folge auch etwa 40 Minderheitsanträge vor, grösstenteils von der SVP- oder der SP- und der Grünen-Fraktion. Differenzen zum Erstrat schuf der Nationalrat dabei jedoch nur wenige, zeigte sich dabei aber mehrheitlich grosszügiger als der Erstrat.

In der Eintretensdebatte hoben die Fraktionssprecherinnen und -sprecher erneut die spezielle Situation aufgrund der noch immer nicht ganz überstandenen Corona-Pandemie hervor, beurteilten diese aber sehr unterschiedlich. So sprach etwa Lars Guggisberg (svp, BE) von einer «düsteren» Situation aufgrund des grossen Anstiegs der Nettoschulden, während FDP-Sprecher Alex Farinelli (fdp, TI) zwar das Defizit beklagte, aber auch den langfristigen Nutzen der entsprechenden Ausgaben hervorhob. Optimistischer zeigten sich die übrigen Kommissionssprechenden. Michel Matter (glp, GE) schätzte etwa die Situation der Schweiz als «solide» ein, Alois Gmür (mitte, SZ) zeigte sich erfreut über die insgesamt gute Situation der Schweizer Wirtschaft, verwies jedoch auch auf die noch immer stark leidenden Branchen. Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) und Felix Wettstein (gp, SO) strichen schliesslich die im Vergleich zum Ausland «gute Schuldensituation» (Schneider Schüttel) heraus. Finanzminister Maurer bat den Rat im Hinblick auf den härter werdenden «internationale[n] Konkurrenz- und Verdrängungskampf» um Zurückhaltung bei zusätzlichen Ausgaben.

Mit den mahnenden Worten des Finanzministers in den Ohren startete der Nationalrat in die Detailberatung von Block 1 zu Beziehungen zum Ausland und zur Migration. Hier schuf er zwei Differenzen zum Ständerat: So wollte die Kommissionsmehrheit den Kredit zuhanden des SECO für Darlehen und Beteiligungen an Entwicklungsländer gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um CHF 10 Mio. erhöhen und damit die Reduktion gegenüber dem Vorjahr rückgängig machen. Der Bundesrat habe bei der Sifem, der Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes, bereits 2020 CHF 10 Mio. zusätzlich zur Milderung der Corona-Probleme eingeschossen – diese sollen nun kompensiert werden, erklärte Minderheitensprecher Egger (svp, SG), der den Kürzungsantrag vertrat, die Differenz zum Vorjahr. Da dieser Nachtragskredit damals aber vollständig kompensiert worden sei, erachtete die Kommissionsmehrheit diese Kürzung nicht als angebracht und setzte sich im Rat mit 107 zu 74 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) durch. Ohne Minderheitsantrag erhöhte der Nationalrat zudem auf Antrag seiner Kommission den Sollwert für die Mindestanzahl Freihandelsabkommen für die Finanzplanjahre 2024 und 2025. Der Bundesrat hatte hier für die Finanzplanjahre jeweils 34 Freihandelsabkommen vorgesehen, die Kommission erhöhte diese Zahl auf 35 (2024) respektive 36 (2025).
Im Vorfeld der Budgetdebatte hatte der Vorschlag der APK-NR, dass die Schweiz eine dritte Kohäsionsmilliarde sprechen und sich damit quasi eine Beteiligung an verschiedenen Projekten, unter anderem an Horizon, erkaufen könne, für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Auf Antrag der APK-NR beantragte die Mehrheit der FK-NR nun dem Nationalrat, eine dritte Beteiligung der Schweiz an der Erweiterung der EU 2019-2024 in der Höhe von CHF 953.1 Mio. freizugeben, diese aber von einer bis Ende Juni 2022 unterzeichneten Assoziierungsvereinbarungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union zur Teilnahme an verschiedenen laufenden EU-Programmen abhängig zu machen. Eine Minderheit Guggisberg beantragte in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Streichung dieses zusätzlichen Kreditpostens. Finanzminister Maurer bat den Rat eindringlich darum, darauf zu verzichten, da man sich «mit einer solchen Aufstockung in Brüssel eher blamieren würde […]. Die Erwartungen in Brüssel sind völlig anderer Natur; sie bestehen nicht darin, dass wir hier einfach etwas bezahlen, und dann läuft alles.» Mit 93 zu 84 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) folgte der Nationalrat der Minderheit. Die (fast) geschlossen stimmenden Fraktionen der SVP und der FDP.Liberalen sowie die Mehrheit der Mitte-Fraktion setzten sich in dieser Frage durch.
Ansonsten lagen in diesem Block verschiedene Minderheitenanträge von linker und rechter Ratsseite für Aufstockungen und Kürzungen vor, die jedoch allesamt erfolglos blieben, etwa eine Aufstockung des Budgets des EDA für humanitäre Aktionen zugunsten des Engagements in Afghanistan und den umliegenden Ländern (Minderheit Friedl: sp, SG), eine Erhöhung des Kredits für zivile Konfliktbearbeitung und Menschenrechte (Minderheit Badertscher: gp, BE) und einen erneuten Beitrag von CHF 300'000 an den Access to Tools Accelerator (Minderheit Friedl) sowie auf der anderen Seite eine Reduktion der Beiträge an multilaterale Organisationen, an die Entwicklungszusammenarbeit und an die Länder des Ostens (Minderheiten Grin: svp, VD).

Im zweiten Block zu den Themen «Kultur, Bildung, Forschung und Sport» schuf der Nationalrat keine Differenzen zum Erstrat. Er folgte dem Ständerat bei seiner Aufstockung des Kredits für Sportverbände und andere Organisationen um CHF 660'000, mit der – wie in den Planungsgrössen vermerkt wurde – eine unabhängige nationale Anlauf- und Meldestelle für Misshandlungen im Schweizer Sport geschaffen werden sollte. Eine Minderheit Sollberger (svp, BL) unterlag mit ihrem Antrag auf Streichung der Aufstockung mit 112 zu 69 Stimmen (bei 4 Enthaltungen). Auch die vom Ständerat vorgenommenen Aufstockungen beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie hiess der Nationalrat entgegen zweier Minderheitsanträge Egger deutlich gut (129 zu 55 Stimmen bei 1 Enthaltung respektive 129 zu 56 Stimmen). Abgelehnt wurden in der Folge auch verschiedene Streichungsanträge Nicolet (svp, VD), Schilliger (fdp, LU) und Sollberger bei den Covid-19-Leistungsvereinbarungen zur Kultur, bei der Covid-19-Soforthilfe für Kulturschaffende und Kulturvereine im Laienbereich sowie bei den Covid-19-Finanzhilfen.

Verschiedene Differenzen zum Erstrat entstanden hingegen im dritten Block zur sozialen Wohlfahrt und Gesundheit. So erhöhte der Nationalrat auf Antrag der Kommissionsmehrheit die Gelder für die Familienorganisationen bei den Krediten des BSV, die Finanzhilfen unter anderem zur Elternbildung oder zur familienergänzenden Kinderbetreuung beinhalten, im Voranschlags- und den Finanzplanjahren um CHF 1 Mio. Der Bundesrat und eine Minderheit Guggisberg hatten die Ablehnung der Aufstockung beantragt, zumal für eine solche Unterstützung auch institutionelle Voraussetzungen geschaffen werden müssten. Auch den Kredit für den Kinderschutz und die Kinderrechte erhöhte die grosse Kammer um CHF 390'000, um damit die privatrechtliche Stiftung «Ombudsstelle Kinderrechte Schweiz» zu finanzieren, deren Schaffung eine angenommene Motion Noser (fdp, ZH; Mo. 19.3633) verlangt hatte. Der Bundesrat hatte sich gegen diese Aufstockung gestellt, zumal die rechtliche Grundlage für diesen Kredit noch nicht bestehe. «Wir können ja nicht Gelder einsetzen, wenn wir dafür keine legale Grundlage haben», betonte Finanzminister Maurer. Kommissionssprecher Brélaz argumentierte hingegen, man können nicht «tout contrôler pendant deux-trois ans», bevor man damit beginnt, die Gelder einzusetzen.
Abgelehnt wurden in diesem Block Anträge auf Kreditkürzungen bei der Gleichstellung von Frau und Mann, die eine Minderheit Sollberger beantragt hatte. Eine Plafonierung gegenüber dem Vorjahr hätte gemäss Sollberger «keinen Einfluss auf weniger oder mehr Gleichstellung». Ebenfalls erfolglos blieb ein Antrag Glarner (svp, AG) auf Streichung des Beitrags an ein spezifisches Projekt des Vereins Netzcourage sowie ein Minderheitsantrag Nicolet zur Änderung der Planungsgrössen zur Bundesfinanzierung der Covid-19-Tests: Diese sollte nur solange gewährt werden, wie die Covid-19-Zertifikatspflicht gilt. Auch ein Minderheitsantrag Schilliger, der die Leistungen des Erwerbsersatzes mit Verweis auf die vierte Revision des Covid-19-Gesetzes nur bis Ende Juni 2022 gewähren und die Covid-19-Situation anschliessend neu beurteilt wissen wollte, fand keine Mehrheit.

Auch im vierten Block zu Landwirtschaft, Tourismus und Steuern wich der Nationalrat in einem Punkt von den Entscheiden des Ständerates ab: Bei der Nachmeldung für ein Tourismus-Recovery-Programm von CHF 17 Mio. wollte die Kommission die Gelder zu je 50 Prozent für Marketingkampagnen von Schweiz Tourismus und für Entlastungszahlungen an touristische Partnerorganisationen verwenden. Der Bundesrat und der Ständerat hatten keine entsprechenden Einschränkungen vorgenommen, weshalb gemäss den beiden Kommissionssprechenden wie üblich zwei Drittel in die gesamtschweizerischen Marketingkampagnen fliessen würden. Jedoch sei eine Werbekampagne in Südafrika momentan – auch aus ökologischer Sicht – nicht «unbedingt gerade unser Hauptziel», betonte Kommissionssprecherin Wyss. Stillschweigend stimmte der Nationalrat diesem Antrag seiner Kommission zu.
Hingegen folgte der Nationalrat dem Ständerat in diesem Block bei der Erhöhung der Zulagen für die Milchwirtschaft und den Beihilfen für den Pflanzenbau. Eine Minderheit Munz (sp, SH) hatte beantragt, auf erstere Erhöhung zu verzichten und dem Bundesrat zu folgen. Der Bundesrat wolle die Verkehrsmilchzulage erhöhen, aber die Verkäsungszulage senken, da Letztere aufgrund von Fehlanreizen zu einer zu grossen Menge Käse von geringer Qualität führe. Die von der Kommission beantragte Erhöhung zugunsten der Verkäsungszulage würde folglich die bisherige Marktverzerrung noch zementieren. Finanzminister Maurer wies überdies darauf hin, dass man entsprechende Erhöhungen – falls nötig – lieber erst mit den Nachtragskrediten vorlegen würde, wenn man die dazugehörigen Zahlen kenne. Mit 105 zu 61 Stimmen (bei 20 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat jedoch für die Erhöhung aus. Die ablehnenden Stimmen stammten grösstenteils von der SP-, einer Mehrheit der GLP- und einer Minderheit der FDP.Liberalen-Fraktion, die Enthaltungen grösstenteils von der Grünen-Fraktion.
Auch in diesem Block blieben zwei Minderheitsanträge erfolglos: Eine Minderheit I Fischer (glp, LU) und eine Minderheit II Gysi (sp, SG) unterlagen mit Anträgen auf Erhöhungen bei der direkten Bundessteuer respektive bei der Mehrwertsteuer, beim Globalbudget der ESTV sowie in den Finanzplanjahren. Die zusätzlichen Mittel sollten zur Schaffung von je fünf zusätzlichen Steuerkontrollstellen und somit zur Erhöhung des Steuerertrags eingesetzt werden und sich so mittelfristig quasi selbst finanzieren.

Im fünften Block zu Verkehr, Umwelt, Energie und Raumplanung entschied sich der Nationalrat bezüglich zweier Punkte zum Bundesamt für Energie anders als der Ständerat. Letzterer hatte den Kredit für das Globalbudget des BFE sowie für das Programm EnergieSchweiz gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf erhöht. Die Mehrheit der FK-NR beantragte nun bei beiden Kreditposten eine zusätzliche Erhöhung um CHF 2.9 respektive CHF 8.3 Mio., wobei die zusätzlichen Gelder beim Globalbudget zur Finanzierung des durch die Erhöhung beim Programm EnergieSchweiz begründeten Aufwands eingesetzt werden sollten. Damit wollte die Kommission gemäss ihrem Sprecher Brélaz in den wenigen Bereichen, in denen die Finanzierung entsprechender Projekte über das Bundesbudget läuft, nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes erste Massnahmen zum Klimaschutz treffen. Eine Minderheit Egger sprach sich gegen die Erhöhung aus, zumal im Energiebereich zuerst die Problematik der Stromversorgungslücke gelöst werden müsse. Finanzminister Maurer wehrte sich vor allem dagegen, nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes einzelne Punkte «quasi durch die Hintertüre einfach wieder aufs Tapet» zu bringen. Mit 115 zu 67 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) hiess der Nationalrat die Erhöhung jedoch gut, abgelehnt wurde sie von einer Mehrheit der SVP-, der Hälfte der Mitte- und einer Minderheit der FDP.Liberalen-Fraktion.
Erhöht gegenüber dem bundesrätlichen Antrag wurde auch der Kredit für das Globalbudget des ARE. Hier hatte der Ständerat zuvor entschieden, CHF 100'000 mehr für das Projekt Swiss Triple Impact, ein Förderprogramm zur Erreichung von nachhaltigen Entwicklungszielen, einzusetzen, und der Nationalrat folgte ihm mit 115 zu 69 Stimmen (bei 1 Enthaltung). Der Finanzminister hatte die Erhöhung bei einem Sach- und Betriebsaufwand des ARE von CHF 9 Mio. als unnötig erachtet. Auch bei der Aufstockung der Einlage des BIF folgte der Nationalrat seinem Schwesterrat: Hier soll der Maximalbetrag und somit zusätzlich CHF 233 Mio. eingestellt werden, um sicherzustellen, dass auch zukünftig genügend Geld für den Bahnverkehr vorhanden ist, betonte Kommissionssprecherin Wyss. Dies erachteten der Bundesrat und eine Minderheit Schilliger als nicht notwendig, da der Fonds genügend stark geäufnet sei. Mit 125 zu 59 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Nationalrat jedoch der kleinen Kammer.
Abgelehnt wurden hingegen ein Kürzungsvorschlag einer Minderheit Egger bei den Umweltschutzmassnahmen des BAZL – Egger hatte argumentiert, die Erhöhung beruhe lediglich auf der Vermutung des BAZL, dass es zukünftig mehr Umweltschutzgesuche geben könne – sowie ein Einzelantrag Rüegger (svp, OW) zur Aufstockung des Kredits des BAFU um CHF 6 Mio., mit der nach der Ablehnung des revidierten Jagdgesetzes die durch Wölfe verursachten Schäden abgegolten und der zusätzliche Aufwand entschädigt werden sollten.

Im sechsten Block zum Themenbereichen Eigenaufwand und Schuldenbremse schlug eine Kommissionsmehrheit in Übereinstimmung mit dem Ständerat vor, verschiedene Kredite beim Bundesamt für Verkehr ausserordentlich zu verbuchen, um so die zuvor vorgenommene Erhöhung der BIF-Einlage finanzieren zu können. Anders als der Ständerat beabsichtigte die Mehrheit der FK-NR zudem, eine Nachmeldung des Bundesrates im Bereich Covid-19-Arzneimittel und -Impfleistungen in der Höhe von CHF 57 Mio. ausserordentlich zu verbuchen – da man noch zusätzliche Ausgaben beschlossen habe, könne nur so die Schuldenbremse eingehalten werden, begründete Kommissionssprecher Brélaz den Vorschlag. Eine Minderheit Schwander (svp, SZ) wehrte sich gegen diese Umbuchungen, da sie gegen die Schuldenbremse und das Finanzhaushaltsgesetz verstossen würden. Diese Meinung teilte auch der Finanzminister, ihm ging das Parlament «mit [seiner] Interpretation [des FHG] hier zu weit», auch wenn die Interpretation der Gesetze keine exakte Wissenschaft sei. Der Nationalrat stimmte den Umbuchungen jedoch mit 133 zu 50 Stimmen respektive 133 zu 49 Stimmen zu.
Eine weitere Differenz schuf der Nationalrat stillschweigend bezüglich der Planungsgrössen beim VBS: Dort soll eine neue Planungsgrösse dafür sorgen, dass die Bruttomietkosten ab 2025 um 2 Prozent gesenkt und damit gemäss Kommissionssprecherin Wyss CHF 400 Mio. jährlich «freigespielt» werden sollen.
Erfolglos blieben die Minderheitsanträge Sollberger und Strupler (svp, TG), welche die Kredite für das Bundespersonal gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um CHF 1.8 Mio. (2022, Minderheit Sollberger) respektive um CHF 10.9 Mio. (2023), CHF 117 Mio. (2024) und CHF 265 Mio. (2025, alle Minderheit Strupler) reduzieren wollten. Damit hätte auf zusätzliche Stellen für die Strategie Social Media/Digitalisierung verzichtet (Sollberger) respektive «das ungebremste Personalwachstum beim Bund» gebremst werden (Strupler) sollen. Zuvor hatte bereits der Ständerat die Ausgaben im Voranschlags- und den Finanzplanjahren um CHF 21 Mio. reduziert. Mit 131 zu 52 Stimmen respektive 133 zu 50 Stimmen lehnte der Nationalrat die beiden Anträge ab, folgte damit dem Bundesrat und schuf eine weitere Differenz zum Erstrat. Erfolglos blieb auch ein Kürzungsantrag Egger beim Ressourcenpool des Generalsekretariats UVEK.

Mit der Bereinigung des Entwurfs, bei welcher der Nationalrat seiner Kommission in fast allen Punkten gefolgt war, hatte der Nationalrat den Ausgabenüberschuss von CHF 2.08 Mrd. (Bundesrat) respektive CHF 2.32 Mrd. (Ständerat) auf CHF 2.36 Mrd. erhöht – durch die Umbuchung einzelner zusätzlicher Ausgaben auf das Amortisationskonto (ausserordentliche Ausgaben Bundesrat: CHF 3.03 Mrd., Ständerat: CHF 3.25 Mrd., Nationalrat: CHF 3.30 Mrd.) konnte die Schuldenbremse jedoch eingehalten werden. Mit 130 zu 44 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) nahm der Nationalrat den Voranschlag 2022 an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion und von Stefania Prezioso (egsols, GE), die Enthaltungen ausschliesslich von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Letztere sprachen sich teilweise auch gegen die übrigen Bundesbeschlüsse aus, dennoch nahm der Nationalrat den Bundesbeschluss Ib über die Planungsgrössen im Voranschlag für das Jahr 2022, den Bundesbeschluss III über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2022 und den Bundesbeschluss IV über die Entnahmen aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2022 jeweils deutlich an.

Voranschlag 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025 (BRG 21.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2022: Voranschlag und Staatsrechnung

Im Mai 2020 reichte Denis de la Reussille (pda, NE) die Motion «Millionäre besteuern, um Gemeinwesen zu finanzieren und Arbeitsplätze zu retten» ein. Die Motion war Teil verschiedener Vorstösse zur Bekämpfung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie respektive zur Reduktion des Defizits, das dem Bund durch die hohen Zusatzausgaben gegen die Pandemie entstand. Konkret sollten Vermögen über CHF 3 Mio. mit einer «Covid-19-Solidaritätssteuer» belegt werden, mit deren Ertrag die Unterstützung für «Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Familien, die Handwerksbetriebe und die Kleinunternehmen» – kurz für die «Einkommensschwachen, die Mittelschicht und die Angestellten» – hätte finanziert werden sollen. Der Bundesrat sprach sich gegen die Motion aus und lehnte allgemein eine Zusatzfinanzierung für die Corona-Massnahmen ab – er wolle diese «mit den bestehenden Einnahmequellen» finanzieren. Insbesondere sprach er sich gegen zusätzliche Steuern aus – die überdies einer Verfassungsänderung bedürften –, um die konjunkturelle Erholung nicht zu gefährden.
In der Herbstsession 2021 setzte sich der Nationalrat mit der Motion auseinander. Der Motionär verwies dabei auf die wachsende Ungleichheit der Vermögen in der Schweiz, die einen «effort de solidarité» der wohlhabendsten Bürgerinnen und Bürger im Lande nötig mache. Finanzminister Maurer erachtete die Motion als «Teil der 99-Prozent-Initiative» und kritisierte unter anderem, dass sie das jahrelang gewachsene Gefüge der Bundessteuern durcheinanderbringen würde. Mit 118 zu 65 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) lehnte der Nationalrat die Motion ab. Einstimmig sprachen sich die SP- und die Grünen-Fraktion für Annahme des Vorstosses aus.

Millionäre besteuern, um Gemeinwesen zu finanzieren und Arbeitsplätze zu retten
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

In der Herbstsession 2021 bereinigte das Parlament die parlamentarische Initiative von Christa Markwalder (fdp, BE) für eine Erhöhung der steuerlichen Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von CHF 10'100 auf CHF 25'000. Dem Ständerat lag als Zweitrat ein Antrag der Kommissionsmehrheit auf Erhöhung des Elterntarifs von CHF 251 pro Kind auf CHF 300 pro Kind vor. Der Elterntarif definiert den Betrag, den Eltern pro Kind auf den geschuldeten Betrag der direkten Bundessteuer in Abzug bringen können. Kommissionssprecher Engler (mitte, GR) begründete diesen Entscheid der Mehrheit damit, dass nun im Unterschied zur Bundesratsvorlage nicht mehr der Kinderabzug erhöht würde, sondern der Steuerbetrag – also der Abzug von den tatsächlich zu bezahlenden Steuern. Davon würden in absoluten Zahlen «alle Steuerpflichtigen in gleichem Masse profitieren», «in Relation zu ihrer steuerlichen Leistungsfähigkeit [würden sogar] gerade die einkommensschwächeren Familien» am stärksten profitieren. Dies sei zudem «eine Geste gegenüber jenen Familien [...], die sich bewusst entschieden haben, für eine gewisse Zeit selbst für die Betreuung ihrer Kinder aufzukommen». Bezüglich des Abstimmungsergebnisses vom September 2020 betonte er, dass man nicht genau wisse, wogegen sich die Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger genau gewehrt habe. Minderheitensprecher Levrat (sp, FR) kritisierte insbesondere den fehlenden Zusammenhang zwischen der Erhöhung des Abzugs der Drittbetreuungskosten, bei dem es um konkrete, nachzuweisende Kosten gehe, und der allgemeinen Erhöhung des Elterntarifs. Zudem widersprach er der Darstellung, dass alle Bürgerinnen und Bürger von der Erhöhung des Elterntarifs profitieren würden, zumal die Hälfte aller Personen, nämlich diejenige mit den geringsten Einkommen, nicht profitieren könnten, da sie keine Bundessteuern bezahlten. Er warf der Kommissionsmehrheit vor, die parlamentarische Initiative zu missbrauchen, um ihre familienpolitischen Ziele durchzusetzen, und warnte davor, mit der Vermischung zweier Themen den bei der Bundesratsvorlage begangenen Fehler zu wiederholen. Mit 25 zu 14 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit und nahm die Erhöhung des Elterntarifs in die Vorlage auf. Mit ähnlicher Stimmenzahl (26 zu 13 Stimmen bei 1 Enthaltung) passierte die Vorlage daraufhin die Gesamtabstimmung. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SP- und der Grünen-Fraktion.

Einige Tage später startete der Nationalrat ins Differenzbereinigungsverfahren. Offen war nur noch die Frage des Elterntarifs, wobei die Kommissionsmehrheit Festhalten – also den Verzicht auf die Erhöhung des Elterntarifs – empfohlen hatte, während eine Minderheit Ritter (mitte, SG) dem Ständerat folgen wollte. Nach einer langen Diskussion zu den Fragen, wer von der Vorlage profitieren soll und was die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit ihrem Stimmentscheid im September 2020 hatten ausdrücken wollen, folgte die grosse Kammer ihrer Kommissionsmehrheit und entschied sich mit 112 zu 79 Stimmen gegen die Erhöhung des Elterntarifs. Hatten sich im Ständerat nur SP und Grüne gegen diese Erhöhung gewehrt, waren es nun im Nationalrat zusätzlich auch Mitglieder der FDP.Liberalen und der GLP.

Tags darauf empfahl die Mehrheit der WAK-SR dem Ständerat, diesbezüglich einzulenken und dem Nationalrat zu folgen, um «den unbestrittenen Teil der Vorlage [...] nicht länger hinauszuzögern oder gar zu gefährden». Stillschweigend folgte der Rat seiner Kommission und bereinigte damit die Vorlage im Sinne des Bundesrates. Zum Schluss wies diese nun dieselbe Form auf, welche der Bundesrat im Mai 2018 vorgeschlagen hatte: So können neu CHF 25'000 statt wie bisher CHF 10'100 für die Drittbetreuung jedes Kindes von den Steuern abgezogen werden, «soweit diese Kosten in direktem kausalem Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit [...] stehen». Damit sollen Erwerbsanreize für Zweitverdienende mit hohen Einkommen geschaffen und etwa 2'500 gut bezahlte Vollzeitstellen besetzt werden können, wie Finanzminister Maurer erklärt hatte. Mit 141 zu 46 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) und 39 zu 4 Stimmen (bei 1 Enthaltung) nahmen beide Kammern die Änderung in den Schlussabstimmungen an. Die ablehnenden Stimmen stammten im Nationalrat grösstenteils von einer Mehrheit der SVP-Fraktion und einer Minderheit der SP-Fraktion und im Ständerat von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25 000 Franken pro Kind und Jahr (Pa. Iv. 20.455)

Ab Juni und Juli 2021 konkretisierten sich die Pläne der OECD zur Unternehmensbesteuerung. Diese enthielten zwei Säulen: die Versteuerung der Gewinne von Grosskonzernen sowie eine Mindeststeuer für grössere Unternehmen. Die erste Säule beinhaltete eine Regelung zum Ort der Besteuerung von Gewinnen internationaler Unternehmen mit einer Gewinnmarge über 10 Prozent. Diese sollten die entsprechenden Gewinne neu zu 20 Prozent in den Staaten ihrer Absatzmärkte versteuern müssen. Diese Säule zielte ursprünglich auf die Besteuerung der Gewinne digitaler Konzerne ab, ausgenommen werden hier vermutlich Rohstofffirmen und die Finanzindustrie. Dabei blieb unklar, welche Unternehmen in der Schweiz von dieser Regelung tatsächlich betroffen sein würden, vermutlich würden es nur einzelne sein, war sich die Presse einig. Regelmässig genannt wurden in den Medien Glencore und Nestlé – sofern die Rohstofffirmen nicht ausgeschlossen werden.
Die zweite Säule der neuen OECD-Unternehmensbesteuerung betraf die Schaffung einer Mindeststeuer für grössere Unternehmen: Zukünftig sollen Unternehmen mit einem Umsatz von über 750 Mio. Euro und einer Gewinnmarge ab 10 Prozent ihre Gewinne in allen Staaten mindestens zu 15 Prozent versteuern müssen. Wenn die Steuern in einem Land unter 15 Prozent liegen, sollen andere Staaten die Steuerdifferenz für die jeweiligen Unternehmen erheben können. Unklar war zu diesem Zeitpunkt jedoch noch die Ausgestaltung der Mindeststeuer, etwa die Bemessungsgrundlage oder die Definition des steuerbaren Gewinns. Somit blieb auch unklar, wie stark die Schweiz von dieser Regelung tatsächlich betroffen sein wird. Die Medien gingen von etwa 200 bis 300 betroffenen Unternehmen in der Schweiz aus, wobei zusätzlich auch Tochtergesellschaften ausländischer Grossfirmen hinzukommen könnten. 18 Kantone wiesen Ende 2021 einen Steuersatz unter 15 Prozent auf, am geringsten besteuert wurden die Unternehmen im Kanton Zug mit 11.91 Prozent – wobei die Besteuerung in einzelnen Gemeinden gar noch tiefer lag (Meggen LU: 11.3%). Berücksichtigt werden müssen vermutlich aber auch andere Vergünstigungen für Unternehmen, welche beispielsweise im Kanton Zürich den tatsächlichen Steuersatz einzelner Unternehmen auf 11 Prozent senken.

In den Medien führten insbesondere die Pläne für die Mindestbesteuerung zu grosser Resonanz – grösstenteils negativer Art. Verschiedene Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft forderten im Gegenzug alternative Unterstützungsmassnahmen für die Schweizer Wirtschaft. Zwar erhöhten die OECD-Regeln die Besteuerung auch in anderen Staaten, diese wiesen jedoch nicht so hohe Lohnkosten auf wie die Schweiz, wurde argumentiert. Entsprechend wurden zum Beispiel Subventionen für Forschung und Entwicklung, für Weiterbildungskosten, Entlastungen der Unternehmen bei den Sozialversicherungen oder Lohnzuschüsse für das Management gefordert. Ergänzend wurde auch darauf hingewiesen, dass andere Standortfaktoren, wie qualifiziertes Personal, Infrastruktur, Rechtssicherheit und flexibles Arbeitsrecht durch diese Reform umso wichtiger würden.
Die Reformvorschläge stiessen jedoch nicht nur auf Kritik. Finanzminister Maurer etwa zeigte sich gelassen und betonte, dass die Schweiz entsprechende Regelungen im Hinblick auf ihre anderen Trümpfe durchaus verkraften könne. Andere Stimmen erachteten die Reform in den Medien überdies als dringend nötig: So fänden gerade die grössten und mächtigsten Unternehmen immer neue Schlupflöcher zur Umgehung der Besteuerung, was mit der Reform zumindest teilweise verhindert werden könne.
Diskutiert wurden in den Medien auch Möglichkeiten zur Umsetzung der Mindestbesteuerung. So könnten die Unternehmen etwa freiwillig auf Vergünstigungen verzichten, um eine Besteuerung von 15 Prozent zu erreichen. Diskutiert wurde auch, ob die Mindestbesteuerung alle Unternehmen treffen solle – also auch KMU – oder nur diejenigen, die von der OECD-Reform betroffen sind. Dabei war zunächst unklar, ob unterschiedliche Steuersätze für KMU und Grosskonzerne verfassungsrechtlich überhaupt möglich sind.

Bereits im Juli 2021 gab der Bundesrat bekannt, sich den Eckwerten zur internationalen Unternehmensbesteuerung anschliessen zu wollen – jedoch nur unter Bedingungen und mit grossen Bedenken. So verlangte er explizit, dass «die Interessen kleiner, innovativer Länder angemessen berücksichtigt und bei der Umsetzung die nationalen Gesetzgebungsverfahren respektiert werden». Entsprechend kritisierte der Bundesrat in der Folge auch den Zeitplan der OECD, der eine Einführung bis 2023 vorsah. Dies sei für die Schweiz aufgrund der direkten Demokratie nicht umsetzbar, betonte die Regierung. Im Januar 2022 gab der Bundesrat bekannt, die Mindestbesteuerung mit einer Verfassungsänderung umsetzen und die Details basierend darauf in einer temporären Verordnung regeln zu wollen. Dies erlaube eine Inkraftsetzung der Änderungen auf den 1. Januar 2024 – anschliessend könne man «auf dem ordentlichen Weg» ein Gesetz dazu erlassen.

Besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (OECD-Mindestbesteuerung; BRG 22.036)

In der Sommersession 2021 beriet der Ständerat die Motion Noser (fdp, ZH) für eine Prüfung der Einhaltung der Anforderungen an die Steuerbefreiung juristischer Personen wegen Gemeinnützigkeit. Dabei wehrte sich der Motionär gegen die Darstellung von Kommissionssprecher Stefan Engler (cvp, GR), dass seine Motion verlange, dass sich «Non-Profit-Organisationen [...] nicht mehr politisch äussern dürften». Vielmehr verlange er, dass das bestehende Recht eingehalten und diese Einhaltung überprüft werde. Dazu sei die Motion notwendig, zumal die Kantone keine Informationen zum Grund der Einstufung einer Organisation als gemeinnützig herausgäben. Dies habe sich auch gezeigt, als er in einem Experiment eine Einstufung einer Organisation verlangt habe, nachdem er dieser die Statuten und das Leitbild von Greenpeace gegeben und darin die Begriffe «Natur-, Umwelt- und Tierschutz» durch «Schutz der Freiheit der Schweizerbürger» ersetzt habe. Das zuständige Steueramt habe in der Folge eine Einstufung als gemeinnützige Organisation abgelehnt, weil die «geplante Tätigkeit [...] im Wesentlichen politischer Natur zu sein [scheine]».
Bundesrat Maurer pflichtete dem Motionär bei, dass der Begriff der Gemeinnützigkeit einen Graubereich darstelle. Es sei aber sehr schwierig, hier Grenzen zu ziehen, betonte der Finanzminister. Mit 21 zu 20 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat in der Folge für die Annahme der Motion und damit für eine entsprechende Überprüfung des Status quo aus.

Werden die Anforderungen an die Steuerbefreiung juristischer Personen wegen Gemeinnützigkeit im Falle von politischer Tätigkeit eingehalten?

In der Sommersession 2021 bereinigte der Ständerat die verbliebenen Differenzen im Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich. Zuvor hatte die SGK-SR empfohlen, dem Nationalrat in sämtlichen verbliebenen Punkten beizupflichten. Erich Ettlin (mitte, OW) erläuterte, es gehe noch um die Frage, ob die Kantone zu elektronischen Verfahren verpflichtet werden sollen. Der Ständerat und der Bundesrat hätten hier eine Kann-Formulierung bevorzugt, nun sollten jedoch auch die verbliebenen zwei Kantone ohne elektronische Verfahren zu deren Einführung verpflichtet werden, wie es der Nationalrat wünsche. Dabei sei jedoch gemäss ESTV keine zentrale Software für die Steuerverfahren geplant; die Kantone müssten somit nicht auf eine andere Software umsteigen. Daniel Fässler (mitte, AI) wehrte sich für seinen Kanton, einer der beiden «Nachzügler», der gemäss Angaben der Appenzeller Steuerverwaltung die Umstellung nicht innert ein bis zwei Jahren vornehmen könne. Damit widersprach er Finanzminister Maurer, der zuvor davon gesprochen hatte, dass auch die letzten beiden Kantone innert zwei Jahren ihre Verfahren umstellen würden. Entsprechend sei es möglich, dass der Kanton eine Verlängerung der Umsetzungsfrist von zwei Jahren benötigen werde. Der Finanzminister beschwichtigte in der Folge die Appenzeller Bedenken, da den Kantonen keine Vorgaben zur Umsetzung der Pflicht, ein elektronisches Verfahren anzubieten, gemacht würden. «Es spielt tatsächlich keine entscheidende Rolle, ob es im einen oder anderen Kanton noch etwas länger dauert», betonte er. Die Pflicht an die Kantone sei zwar nicht elegant und föderal, aber man werde «das dann [...] föderal und elegant umsetzen», versicherte Maurer. Neben diesem letzten inhaltlichen Aspekt akzeptierte der Ständerat auch eine Ersetzung des Begriffs «steuerpflichtige Person» durch «antragstellende Person» und die Einführung des Begriffs «Ersatzpflichtige». Einstimmig (mit 44 zu 0 Stimmen) hiess der Ständerat das Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich in der Schlussabstimmung gut, der Nationalrat nahm es mit 143 zu 53 Stimmen gegen den Willen der SVP-Fraktion ebenfalls deutlich an.

Elektronische Verfahren im Steuerbereich (BRG 20.051)

In der Sommersession 2021 behandelte der Nationalrat eine Motion Bulliard-Marbach (mitte, FR), welche die Einführung eines pauschalen Steuerabzugs für Freiwilligenarbeit zugunsten gemeinnütziger juristischer Personen im Sportbereich bei der direkten Bundessteuer forderte. Auch auf kantonaler Ebene sah die Motionärin durch eine entsprechende Regelung im StHG einen Steuerabzug vor. Bulliard beabsichtigte mit ihrem Vorstoss, das freiwillige Engagement im Sport zu stärken. Denn dieses sei essenziell für das reibungslose Funktionieren von Sportvereinen, in welchen immerhin 1.3 Mio. Schweizerinnen und Schweizer Mitglieder seien. Bereits heute sei es möglich, eine in Form von Geld oder anderen Vermögenswerten entrichtete Spende bis zu einem Höchstbetrag von 20 Prozent des Jahreseinkommens von den Steuern abzuziehen. Freiwilligenarbeit könne in diesem Kontext als Naturalleistung angesehen werden, da Zeit gespendet werde. Aus diesem Grund sollte der entsprechende Artikel zum Steuerabzug auf Spenden auf die Freiwilligenarbeit im Sportbereich ausgeweitet werden. Finanzminister Maurer betonte den hohen Stellenwert, welcher er dem Sport und der damit verbundenen Freiwilligenarbeit beimesse. Dennoch sei es nicht möglich, für alle gesellschaftlichen Probleme in der Steuergesetzgebung eine Lösung zu finden. Die Schweiz sei auf das Engagement und die Übernahme von Verantwortung, die gewisse Personen leisteten, angewiesen. Dies treffe neben dem Sport aber auch auf andere Bereiche wie die Jugend- oder Altersarbeit zu. Weiter verwies Maurer auf bereits bestehende Unterstützungsmöglichkeiten für die Vereine, wie das Sportförderprogramm «Jugend und Sport» sowie die Erhöhung der Mehrwertsteuergrenze für Sportveranstaltungen und -vereine. Daher beantragte er, die Motion abzulehnen. Sein Antrag blieb allerdings erfolglos. Mit 96 zu 81 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) nahm die grosse Kammer das Geschäft an. Dabei stimmte in erster Linie das bürgerliche Lager für die Motion, während sich die Fraktionen der SP, GLP und Grünen praktisch geschlossen gegen das Anliegen aussprachen.

Freiwilligenarbeit im Sport durch Steuerabzüge fördern (Mo. 19.3806)

In der Sommersession 2021 beschäftigte sich die grosse Kammer als Zweitrat mit dem Bundesgesetz über die Durchführung von internationalen Abkommen im Steuerbereich (StADG), das im Rat grundsätzlich unbestritten war. Der Bundesrat sah eine Totalrevision des Bundesgesetzes über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vor, welches noch aus dem Jahr 1951 datiert und für veraltet befunden wurde. Die WAK-NR hatte das Geschäft im Vorfeld der Session zur Annahme empfohlen und war den Beschlüssen des Ständerats weitgehend gefolgt. Kommissionssprecherin Amaudruz (svp, GE) erklärte, die Kommission habe nur eine kleine Änderung hinsichtlich der Ausgleichszahlungen bei der Verrechnungssteuer vorgenommen. Zudem seien zwei Minderheitsanträge Aeschi (svp, ZG) eingereicht worden. Minderheitssprecher Aeschi forderte in diesen eine Abschwächung der Strafbestimmungen in zweierlei Hinsicht. Einerseits verlangte er die Streichung des Tatbestands der Fahrlässigkeit, sodass nur vorsätzlich ungerechtfertigte Rückerstattungen der Verrechnungssteuer bestraft werden könnten, andererseits wollte er die Busse auf maximal CHF 30'000 beschränken, während im Gesetzestext eine Busse bis zum «Dreifachen des unrechtmässigen Vorteils» vorgesehen war. Da sich jedoch alle Fraktionen mit Ausnahme der SVP ausdrücklich für die Kommissionsmehrheit und gegen die Minderheitsanträge ausgesprochen hatten, schienen diese Anliegen wenig aussichtsreich.
Bundesrat Maurer stellte erfreut fest, dass zwischen Parlament und Bundesrat keine Differenzen bestünden. Der Gesamtbundesrat akzeptiere die «sprachliche Präzisierung» der Kommissionsmehrheit. Maurer bat die grosse Kammer, die Minderheitsanträge von Nationalrat Aeschi abzulehnen, weil man sonst im vorliegenden Gesetz eine andere Strafbestimmung schaffen würde als im Verrechnungssteuergesetz. Zudem würde man ausländische Straftäter gegenüber inländischen bevorzugen. Die Minderheitsanträge wurden mit 139 zu 49 beziehungsweise 140 zu 49 Stimmen klar abgelehnt. Der Gesetzesentwurf als Ganzes wurde einstimmig angenommen und ging aufgrund der vorgenommenen Präzisierung des Gesetzestexts zur Differenzbereinigung zurück an den Ständerat.

Durchführung von internationalen Abkommen im Steuerbereich (BRG 20.082)

In der Frühjahrssession 2021 nahm der Ständerat das Änderungsabkommen zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Kuwait und das Doppelbesteuerungsabkommen mit Bahrain (BRG 20.066) ohne Gegenstimme an. Bundesrat Maurer hatte zuvor ausführlich die Vorteile des DBA mit Kuwait dargelegt. Dazu gehören Verbesserungen der steuerlichen Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Investitionen, sowie verschiedene Steuerbefreiungen.
Auch in der Schlussabstimmung fielen die Resultate sehr deutlich aus. Der Nationalrat stimmte den Abkommen mit 142 zu 39 Stimmen (bei 14 Enthaltungen), der Ständerat mit 44 Stimmen einstimmig zu.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Kuwait (BRG 20.065)
Dossier: BEPS-Übereinkommen mit der OECD
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

In der Frühjahrssession 2021 nahm der Ständerat die Änderungsabkommen der Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein (BRG 20.085), Malta (BRG 20.086) und Zypern (BRG 20.087) diskussionslos und mit 45 Stimmen einstimmig an. Zuvor hatte Christian Levrat (sp, FR) die kleine Kammer daran erinnert, dass die drei Abkommen seit ihrem Abschluss keine Anpassung erfahren hatten. Bundesrat Maurer betonte, dass die drei Änderungsabkommen keine politischen Änderungen, sondern nur Anpassungen an die neuen OECD-Standards enthielten.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein, Malta (BRG 20.086) und Zypern (BRG 20.087)
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

In der Frühjahrssession 2021 setzte sich der Ständerat mit der Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern», der sogenannten 99-Prozent-Initiative, auseinander. Die WAK-SR hatte sich zuvor genauso wie der Nationalrat mit 8 zu 4 Stimmen für eine Ablehnung der Initiative ausgesprochen, wie Kommissionssprecher Germann (svp, SH) dem Rat erläuterte. Germann führte in der Folge einen ganzen Strauss an Kritikpunkten an, insbesondere monierte er, dass die Initiative «unbestimmte Einnahmen für unbestimmte Ausgaben» einführen wolle. So sei unklar, ob beispielsweise auch Eigenmietwerte und Rentenbezüge besteuert werden sollen oder wie das eingenommene Geld anschliessend verwendet oder verteilt werden soll. Hinzu komme, dass der Bund den Kantonen keine Vorgaben zu Steuertarifen, Steuersätzen und Steuerfreibeträgen machen dürfe. Da die Kommission aufgrund der bereits hohen Besteuerung und Umverteilung in der Schweiz keinen Handlungsbedarf sehe, sei die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Eine Minderheit Rechsteiner (sp, SG) beantragte eine Empfehlung auf Annahme. Die Initiative vergrössere die Steuergerechtigkeit und bekämpfe die Ungleichheit, da Kapitaleinkünfte gegenüber dem Arbeitseinkommen heute privilegiert besteuert würden. Unter anderem seien sie zum Beispiel teilweise steuerfrei und nicht sozialversicherungspflichtig. Diese Steuerungerechtigkeit bei den Kapitaleinkommen habe mit der USTR II und dem KEP überdies zugenommen. Nun solle man mit der 99-Prozent-Initiative wieder «in Richtung mehr Gerechtigkeit, auch bei den Steuern» gehen – insbesondere auch im Hinblick auf die Kosten der Corona-Massnahmen. Finanzminister Maurer teilte im Namen des Bundesrates die Einschätzung der Kommissionsmehrheit bezüglich der noch offenen Definitionen verschiedener Aspekte der Initiative und verwies überdies auf die bereits besteuerten Kapitalgewinne: den Eigenmietwert, die Grundstückgewinnsteuer und die Dividendenbesteuerung. Mit 32 zu 13 Stimmen sprach sich der Ständerat in der Folge für die bundesrätliche Botschaft und somit für eine Empfehlung auf Ablehnung der Initiative aus. Damit war die Initiative bereit für die Volksabstimmung, welche der Bundesrat auf den 26. September 2021 festsetzte.

Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» (BRG 20.032)

Jahresrückblick 2020: Öffentliche Finanzen

Im Jahr 2020 wurde in den Medien im Verhältnis zu anderen Themen deutlich weniger über den Themenbereich «Öffentliche Finanzen» berichtet als in den Jahren 2017 bis 2019. Dies lag jedoch nicht am Unterthema «Finanzlage», im Gegenteil: 2020 wurde häufiger über das Budget, die Staatsrechnung oder die öffentlichen Finanzen diskutiert als im Vorjahr. Grund dafür war die Corona-Pandemie, die bei den Medien das Interesse an der Frage weckte, wie es ob der Pandemie um die Bundesfinanzen stehe. Diese Frage war durchaus berechtigt, zumal die Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sowohl einnahmen- als auch ausgabenseitig grosse Konsequenzen nach sich zogen. Die hohen Ausgaben kündigten sich bereits im März 2020 an, als der Bundesrat dem Parlament in zwei Nachmeldungen zum ersten Nachtragskredit CHF 41.9 Mrd. als Verpflichtungskredite für die Corona-Soforthilfe für Unternehmen sowie CHF 15.3 Mrd. als Nachtragskredite beantragte. Hinzu kamen im zweiten Nachtragskredit im Mai 2020 noch einmal CHF 14.9 Mrd., womit der Bundesrat mehr als CHF 30 Mrd. zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Auswirkungen einzusetzen plante.
Auch die Einnahmen des Bundes litten mehrfach unter Corona: Der Wirtschaftseinbruch führte zu einer Reduktion des Konsums und dadurch zu einem Mehrwertsteuerausfall, die steigende Arbeitslosigkeit sowie die Lohnreduktion durch Kurzarbeit führten zu einer Reduktion der Erträge der Einkommenssteuer, tiefere Gewinne und Konkurse von Unternehmen führten zu tieferen Unternehmenssteuern und die Möglichkeit, Steuerzahlungen im Jahr 2020 zinslos aufzuschieben, führte in mehreren Bereichen zu Steuerausfällen. Zwar war unklar, wie hoch diese Steuerausfälle schlussendlich sein würden, die FK-NR rechnete aber während des ersten Lockdowns mit Ausfällen in der Höhe von CHF 6 bis 8 Mrd. Zusammengenommen ergaben die höheren Ausgaben und tieferen Einnahmen ein erwartetes Defizit von CHF 30 bis 40 Mrd. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 hatte der Bund einen Überschuss von CHF 3 Mrd. erwirtschaftet. Die Gesamtleistung des Bundes im Rahmen der Corona-Krise über die nächsten Jahre hinweg schätzte Finanzminister Maurer im April 2020 gar auf CHF 70 bis CHF 80 Mrd. – sie entspräche damit ungefähr den Bundesausgaben eines Jahres.
Zwar gab es Mitte August 2020 eine zeitweise Entwarnung, als der Bundesrat im Nachtrag IIb ankündigte, dass ein Teil der bereits veranschlagten CHF 31 Mrd. nicht ausgeschöpft werden müsse: Insgesamt fielen «nur» ausserordentliche Ausgaben von CHF 17.8 Mrd. an. Jedoch zeigte sich zu demselben Zeitpunkt auch, dass die Fiskaleinnahmen im ersten Halbjahr 2020 um fast 1.3 Mrd. tiefer lagen als im gleichen Zeitraum 2019. In der Folge gelang es dem Bundesrat aber, die erwarteten Corona-bedingten Mehrkosten für das Jahr 2021 im ordentlichen Voranschlag unterzubringen, ohne dabei die Schuldenbremse auszureizen. Wie Bundesrat Maurer aber bereits zu diesem Zeitpunkt betont hatte, waren diese positiven Meldungen unter anderem von der weiteren Entwicklung der Pandemie abhängig, und so machte die zweite Welle dem Finanzminister noch einmal einen Strich durch die Rechnung: Im September 2020 beantragte der Bundesrat dem Parlament in einer Nachmeldung zum Voranschlag 2021 noch einmal CHF 1.4 Mrd. zur Bekämpfung der Auswirkungen der Pandemie, bewegte sich aber auch damit noch immer im Rahmen des von der Schuldenbremse Erlaubten.
Dass die Schweiz 2020 ein Defizit machen würde, stand ob der grossen Hilfspakete des Bundesrates ausser Frage. Diskutiert wurde in den Medien aber die Frage, wie dieses Defizit verbucht und anschliessend abgebaut werden soll. Sollten die ausserordentlichen Corona-Ausgaben auf das Amortisationskonto der Schuldenbremse gebucht werden oder sollten sie an der Schuldenbremse vorbeigeschleust werden, wie eine 19-zu-5-Mehrheit der FK-NR (Mo. 20.3470) forderte? Einig war man sich mehrheitlich, dass eine Kompensation in den nächsten sechs Jahren, wie es die aktuelle Regelung bei einer Buchung auf das Amortisationskonto verlangen würde, kaum möglich wäre. Stattdessen wurde darüber diskutiert, ob die Schulden innert 10, 20 oder 30 Jahren oder gar ohne zeitliche Zielvorgabe zurückgezahlt werden sollen. Vorgeschlagen wurde auch, den Schuldenabbau durch zusätzliche Einnahmen, zum Beispiel durch die fixe Zuweisung des Gewinnanteils des Bundes an den Einnahmen der SNB, zu beschleunigen (Motion der WAK-NR: Mo. 20.3450).

Abgesehen von Corona lief 2020 insbesondere im Bereich der «Direkten Steuern» einiges. Dass der Themenbereich verglichen mit den Jahren 2017 bis 2019 deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit generierte, liegt an den Abstimmungen über die sehr umstrittenen Revisionen der Unternehmenssteuern in den vergangenen Jahren (2017: USR III, 2019: STAF). Im Jahr 2020 stand hingegen zu den direkten Bundessteuern «nur» das Referendum gegen die steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten an, das deutlich weniger Aufmerksamkeit generierte. Hier hatte das Parlament das ursprüngliche Anliegen der Vorlage, den Drittbetreuungsabzug von CH 10'000 auf CHF 25'000 zu erhöhen, um eine Erhöhung des Kinderabzugs von CHF 6'500 auf CHF 10'000 ergänzt. Dagegen hatten SP und Grüne das Referendum ergriffen, weil sie die hohen Kosten dieser Massnahme, das fehlende Geld für andere Projekte und den einseitigen Nutzen der Erhöhung des Kinderabzugs für die Gutverdienenden kritisierten. Die Befürworterinnen und Befürworter der Änderung warben hingegen damit, dass die Vorlage Mittelstand und Familien entlaste. Mit 63.2 Prozent Nein-Stimmen lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Änderung eher überraschend ab.
Daneben wurde im Themenbereich «Direkte Steuern» einmal mehr über die Abschaffung der Heiratsstrafe und damit verbunden über die Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» der CVP diskutiert. Nachdem das Bundesgericht die Abstimmung zur CVP-Initiative im April 2019 annulliert hatte, reichte das Initiativkomitee im Februar 2020 – auch auf Anraten von CVP-Präsident Gerhard Pfister – die von 14 der 15 Mitgliedern unterzeichnete Rückzugserklärung bei der Bundeskanzlei ein. Eine Beschwerde des Vereins Human Life, der sich mit Verweis auf ein Rechtsgutachten gegen den Rückzug wehrte, lehnte das Bundesgericht im Oktober 2020 ab.
Darüber hinaus bereinigte das Parlament das Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen, welches entsprechend einer Motion Luginbühl (bdp, BE; Mo.14.3450) die Steuerabzüge von Bussen mit Strafzweck sowie von Bestechungszahlungen an Private und Aufwendungen zur Ermöglichung von Straftaten streichen wollte. Das Parlament entschied sich jedoch, vom Ausland verhängte Bussen weiterhin steuerlich abzugsfähig zu machen, sofern die Sanktionen gegen den schweizerischen Ordre public verstossen oder wenn das Unternehmen glaubhaft darlegen kann, dass es «alles Zumutbare unternommen hat, um sich [nach ausländischem Recht] rechtskonform zu verhalten».

Nicht zuletzt präsentierte der Bundesrat verschiedene neue Reformprojekte, unter anderem das Bundesgesetz über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts, dessen Ziel die Entlastung des Bundeshaushalts durch verschiedene strukturelle Reformen in der Bundesverwaltung ist. Bereits ein erstes Mal im Parlament behandelt wurden das Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich sowie die Botschaft zur Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» der SP, welche der Bundesrat zuvor zur Ablehnung empfohlen hatte. Anträge auf Erarbeitung eines direkten Gegenentwurfs sowie auf Annahme der Initiative wurden abgelehnt. Auch im Bereich indirekte Steuern sorgte ein neues Initiativprojekt für einiges mediales Aufsehen, nämlich die Volksinitiative «Mikrosteuer auf dem bargeldlosen Zahlungsverkehr». Die Initiative will jede Belastung und Gutschrift des bargeldlosen Zahlungsverkehrs anfänglich mit 0.05 Promille belasten und dafür die Mehrwertsteuer, die direkte Bundessteuer sowie die Stempelabgabe abschaffen. Das Komitee begann im Februar 2020 mit der Unterschriftensammlung.

Ein Novum bei den Voranschlägen gab es Corona-bedingt im Jahr 2020 ebenfalls: Im November erarbeitete die FK-NR aufgrund einer parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 20.481) einen Übergangs- oder Notvoranschlag für das Jahr 2021. Dieser stützte sich auf die bundesrätliche Botschaft und die Mehrheitsentscheide der Kommissionen und sollte zur Anwendung kommen, falls das Parlament bis Ende Jahr kein Budget verabschieden konnte. Soweit kam es jedoch nicht: Nach langwierigen Debatten verabschiedeten National- und Ständerat Mitte Dezember den ordentlichen Voranschlag 2021.

Jahresrückblick 2020: Öffentliche Finanzen
Dossier: Jahresrückblick 2020

Die Doppelbesteuerungsabkommen mit Kuwait und Bahrain (BRG 20.066) kamen in der Wintersession 2020 in den Nationalrat, sorgten dort aber kaum für Diskussionsbedarf. Christian Lüscher (fdp, GE) unterstützte im Namen der WAK-NR den Abschluss des Doppelbesteuerungsabkommens mit Bahrain, unter anderem weil das Land eine grosse Investitionskapazität besitze und es bereits mit zahlreichen anderen europäischen Ländern ähnliche Abkommen abgeschlossen habe. Laut Lüscher würde das Abkommen, welches inhaltlich der Schweizer Vertragspraxis gemäss OECD entspreche und damit die BEPS-Mindeststandards der OECD erfülle, den Schweizer Finanzplatz und damit die Schweizer Wirtschaft im Allgemeinen stärken. Auch das Änderungsprotokoll mit Kuwait empfahl die Kommission zur Annahme, da dieses eine Anpassung an die neuen BEPS-Mindeststandards gewährleiste . Es enthalte überdies wichtige Verbesserungen bezüglich der Besteuerung von Dividenden und Zinsen, schaffe die Quellensteuer fast gänzlich ab und enthalte eine Schiedsklausel zur Erhöhung der Rechtssicherheit. Bundesrat Ueli Maurer unterstrich in der Debatte die Bedeutung der bilateralen Beziehungen mit Bahrein, indem er auf die bereits bestehenden Freihandels- und Luft- und Schifffahrtsabkommen verwies. Der Nationalrat nahm das Abkommen mit Bahrein mit 137 zu 25 Stimmen (bei 22 Enthaltungen) und das Änderungsprotokoll mit Kuwait mit 138 zu 25 Stimmen (bei 18 Enthaltungen) deutlich an. Die Nein-Stimmen und Enthaltungen stammten fast ausschliesslich von der SVP-Fraktion, welche Vorlagen zur Entwicklung des internationalen Steuerrechts laut eigener Aussage konsequent ablehne.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Kuwait (BRG 20.065)
Dossier: BEPS-Übereinkommen mit der OECD
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

Noch bevor der Abstimmungskampf zur Änderung der direkten Bundessteuer zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten, über die im Mai 2020 hätte abgestimmt werden sollen, richtig begonnen hatte, gab der Bundesrat im März 2020 bekannt, die Abstimmung aufgrund des Corona-bedingten Lockdowns auf September 2020 zu verschieben.
Die Abstimmungsvorlage umfasste zwei Aspekte: einerseits die im Titel aufgeführte Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs von CH 10'000 auf CHF 25'000, andererseits die der Vorlage von der bürgerlichen Parlamentsmehrheit hinzugefügte Erhöhung des Kinderabzugs von CHF 6'500 auf CHF 10'000. Im Zentrum der Abstimmungskampagne stand der zweite Aspekt, die Erhöhung des Kinderabzugs, wobei dieselbe Frage die Diskussion dominierte, die schon im Rahmen der Parlamentsdebatte im Mittelpunkt gestanden hatte: Wer profitiert von den Kinderabzügen? Zur Beantwortung dieser Frage stützten sich beide Seiten auf die Daten der ESTV, welche Finanzminister Maurer in der Parlamentsdebatte präsentiert hatte.
Die Befürworterinnen und Befürworter stellten den Nutzen der Vorlage für den Mittelstand in den Mittelpunkt ihrer Kampagne. «Der Mittelstand profitiert», warb etwa die CVP auf ihrer Internetseite. Stütze man sich auf die Definition des BFS für «Mittelstand», erhalte der Mittelstand 49 Prozent der Ermässigungen, argumentierte Marianne Binder-Keller gegenüber dem Sonntagsblick. Gegen diese Darstellung wehrten sich die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage: Der (obere) Mittelstand profitiere zwar auch, in erster Linie nütze die Vorlage aber vor allem den Gutverdienenden, kritisierten sie: Je höher das Einkommen, desto grösser sei der Spareffekt. 70 Prozent der Gesamtentlastung kämen so den 15 Prozent der Familien mit den höchsten Löhnen zu, während 45 Prozent der Familien keine Entlastung erfahren würden, da sie keine Bundessteuern bezahlten. Gar als «Klientelpolitik» bezeichnete etwa das liberale Komitee, vor allem bestehend aus Mitgliedern der GLP, die Vorlage. Noch einseitiger sei die Verteilung schliesslich, wenn nicht nur die Familien, sondern alle Haushalte, also auch die Alleinstehenden und die kinderlosen Paare, die ja ebenfalls von den Steuerausfällen betroffen wären, berücksichtigt würden, betonte überdies Jacqueline Badran (sp, ZH). Berücksichtige man diese ebenfalls, profitierten lediglich sechs Prozent aller Haushalte von 70 Prozent der Steuerausfälle. Man lasse jedoch den Mittelstand im Glauben, dass er von der Vorlage profitiere, indem in der Debatte sowie im Abstimmungsbüchlein jeweils das steuerbare Einkommen aufgeführt werde. Dies sei «total irreführend» (Badran gemäss Blick), da niemand die Höhe seines persönlichen steuerbaren Einkommens kenne. Die ESTV begründete die Verwendung des steuerbaren Einkommens jedoch damit, dass sich der tatsächliche Steuerbetrag beim Bruttoeinkommen zwischen verschiedenen Personen stark unterscheiden könne.
Obwohl die Befürworterinnen und Befürworter immer betonten, dass die Mehrheit der Familien profitiere, gab zum Beispiel Philipp Kutter (cvp, ZH), der die Erhöhung der Kinderabzüge im Nationalrat eingebracht hatte, in einem Interview gegenüber der NZZ unumwunden zu, dass die Vorlage auch eine Steuersenkung für Gutverdienende beinhalte: Über den Steuertarif seien allgemeine Steuersenkung für Gutverdienende «chancenlos», mehrheitsfähig sei einzig der «Weg über die Kinderabzüge».

Nicht nur der Mittelstand, sondern auch die Familien standen im Zentrum der Vorlage. Diese müssten endlich unterstützt werden, betonte Philipp Kutter, was mithilfe der aktuellen Vorlage möglich sei: 60 Prozent aller Familien könnten von einer Erhöhung des Kinderabzugs profitieren. Dem entgegnete etwa die NZZ, dass die Familien in den letzten Jahren stark entlastet worden seien (v.a. durch die Reduktion der Bundessteuer für Haushalte mit Kindern), deutlich stärker zumindest als Kinderlose. Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG) befürwortete indes insbesondere, dass durch die aktuelle Vorlage alle Familienmodelle unabhängig der Betreuungsform entlastet würden. Die Gesellschaft habe als Ganzes ein Interesse daran, dass die Leute Kinder bekommen, ergänzte Kutter. Familiäre Strukturen seien für die Gesellschaft wichtig, überdies sei man dadurch weniger auf Zuwanderung angewiesen, die ja ebenfalls teilweise auf Ablehnung stosse. Demgegenüber wurde in der NZZ die Frage diskutiert, ob Kinderabzüge überhaupt gerechtfertigt seien. So könne man es als private Konsumentscheidung ansehen, Kinder zu haben; in diesem Falle würden Kinderabzüge der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit widersprechen. Es gäbe aber einen politischen Konsens, dass das Steuerrecht Kinderkosten berücksichtigen solle. Die Entscheidung, wie diese Unterstützung erfolgen solle (durch degressiv wirkende Kinderabzüge, neutral wirkende Abzüge vom Steuerbetrag oder durch progressiv wirkende Kinderzulagen zum Erwerbseinkommen), sei dann eine weitere, umverteilungspolitische Entscheidung.

Ein weiteres Argument der Gegnerinnen und Gegner der Erhöhung des Kinderabzugs lag in den daraus folgenden hohen Kosten: Die Vorlage verursache voraussichtlich fast 40mal höhere Kosten, als für die Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs geplant worden war, und übertreffe damit auch die Kosten der medial deutlich umstritteneren Verlängerung des Vaterschaftsurlaubs. Dadurch sei zukünftig weniger Geld für andere, sinnvollere Projekte vorhanden, argumentierten sie. SP, Grüne und die Kritikerinnen und Kritiker der Vorlage aus der FDP stellten dabei insbesondere die Individualbesteuerung in den Mittelpunkt. Dieser sprachen sie eine deutlich grössere Wirkung auf die Erwerbstätigkeit von Frauen zu als den Drittbetreuungsabzügen. Da sie aber ebenfalls zu hohen Steuerausfällen führen würde, befürchteten sie, dass die Abschaffung der Heiratsstrafe bei Annahme der aktuellen Vorlage auf die lange Bank geschoben würde, weil kein Geld mehr vorhanden wäre. Verstärkt wurde dieses Argument durch die hohen Kosten zur Bewältigung der Corona-Pandemie: Hatte der Bundesrat während der Budgetdebatte fürs Jahr 2020 noch mit einem Überschuss von CHF 344 Mio. gerechnet, wurde jetzt ein Defizit über CHF 20 Mrd. erwartet. Die Medien vermuteten von diesem Defizit nicht nur Auswirkungen auf die Vorlage zum Drittbetreuungs- und zum Kinderabzug, sondern auch auf die gleichzeitig stattfindenden Abstimmungen zu den Kampfflugzeugen und über den Vaterschaftsurlaub. «Angesichts enormer Zusatzlasten kann sich unsere Gesellschaft erst recht keine Steuergeschenke mehr leisten, die nichts bringen», argumentierte etwa GLP-Nationalrat Thomas Brunner (glp, SG). Das sahen die Befürwortenden anders, Philipp Kutter etwa betonte: «Das wird den Bund nicht umbringen».

Schliesslich waren sich Befürwortende und Gegnerschaft nicht einig, inwiefern das ursprüngliche Ziel der Vorlage, die Förderung der Beschäftigung hochgebildeter Personen, insbesondere von Frauen, durch die Ergänzung der Kinderabzüge gefördert wird. Raphaela Birrer argumentierte im Tages-Anzeiger, dass die Erhöhung der Kinderabzüge die Anreize zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit verstärke. In einer Studie zur Wirkung der beiden Abzüge (Kinderabzug und Drittbetreuungsabzug) auf die Erwerbstätigkeit bestätigte Avenir Suisse diesen Effekt nur bedingt: Zwar senkten beide Abzüge den Grenzsteuersatz (also die Besteuerung von zusätzlichem Einkommen) und förderten damit die Erwerbstätigkeit, jedoch sei der entsprechende Effekt des Kinderabzugs gering. Zudem senke er auch den Grenzsteuersatz von Einverdienerhaushalten, wodurch die Erwerbstätigkeit von Frauen nicht gesteigert werde. Von der Erhöhung des Betreuungskostenabzugs sei hingegen ein deutlich stärkerer Effekt auf die Erwerbstätigkeit zu erwarten, damit könne der Anreiz des aktuellen Steuersystems für Zweitverdienende, nicht oder nur wenig zu arbeiten, gemildert werden. Die GLP stellte entsprechend insbesondere diesen Aspekt in den Mittelpunkt und sprach von einer Mogelpackung, weil die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch die Erhöhung des Kinderabzugs nicht verbessert werde. Nationalrätin Christa Markwalder (fdp, BE), die sich ebenfalls im liberalen Komitee engagierte, reichte im Juni 2020 eine parlamentarische Initiative (Pa.Iv. 20.455) ein, mit der sie das Originalanliegen der Vorlage, also den Drittbetreuungsabzug, erneut aufnahm. Damit sollte dieser bei einer Ablehnung der Vorlage möglichst schnell verwirklicht werden können.
Die Frage, ob die Vorlage Anreize zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit beinhalte oder nicht, hatte aber noch eine zweite Komponente. So störte sich die Weltwoche überhaupt daran, dass das Steuerrecht «für alle möglichen Zwecke instrumentalisiert» werde. Es sei nicht dafür da, «bestimmte Lebensmodelle zu fördern», argumentierte Katharina Fontana. Zudem sei es unmöglich, Steuergerechtigkeit herzustellen, zumal sich niemand jemals gerecht besteuert fühle.

Bezüglich der Komitees gibt es weniger zu sagen. Auf der Befürworterseite der Vorlage standen insbesondere die CVP und die SVP. Ja-Parolen gaben auch die BDP, EVP und die FDP.Liberalen aus, unterstützt wurden sie vom Gewerbeverband. Die Medien interessierten sich indes insbesondere für die Position der Freisinnigen, zumal sie die Vorlage im Parlament anfangs bekämpft, ihr mit ihrem Meinungswandel dann aber zum Durchbruch verholfen hatten. Nun wolle sich die Partei nicht an der Kampagne beteiligen, so die WOZ, zumal sie intern gespalten war: Einzelne Personen, darunter Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR) und Nationalrätin Christa Markwalder, sprachen sich gegen die Vorlage aus und beteiligten sich gar am liberalen Nein-Komitee. Dieses setzte sich insbesondere aus Mitgliedern der GLP zusammen und kämpfte vor allem dagegen, dass die «Mogelpackung» viel koste, aber keine oder gar negative Auswirkungen hätte. Damit würden «keine Anreize für arbeitstätige Elternteile geschaffen», betonte Kathrin Bertschy (glp, BE). Auf linker Seite kämpften vor allem die SP und die Grünen, welche die Unterschriften für das Referendum gesammelt hatten, für ein Nein. Unterstützt wurden sie von den Gewerkschaften, aber auch Avenir Suisse sprach sich gegen die Kinderabzüge aus. Stimmfreigabe erteilten hingegen unter anderem die FDP Frauen. Sie befürworteten zwar den Drittbetreuungsabzug, störten sich aber an den hohen Kosten des Kinderabzugs, durch den das wichtigere Projekt der Individualbesteuerung weiter hinausgeschoben werde. Auch der Arbeitgeberverband entschied sich für Stimmfreigabe, nachdem er das Projekt im Parlament noch bekämpft hatte, da es «kaum zu einer stärkeren Arbeitstätigkeit der Eltern beitrage», wie der Blick berichtete. Dasselbe geschah mit Economiesuisse, der das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Vorlage anfangs zu wenig ausgewogen gewesen sei. Der Sonntags-Blick vermutete, dass sich die Verbände nicht zu einer Nein-Parole hätten durchringen können, da das Referendum «aus dem falschen politischen Lager» stammte. Interessant war für die Medien schliesslich auch die Position des Bundesrates, insbesondere von Finanzminister Maurer. Dieser hatte die Vorlage im Parlament mit deutlichen Worten bekämpft, vertrat nun aber – wie im Gesetz für politische Rechte geregelt – die Position des Parlaments. Ersteres hatte er so gut getan, dass sich auch die NZZ nicht sicher war, ob er denn nun die Vorlage persönlich befürworte, wie seine Partei, oder sie ablehne.

Der Abstimmungskampf zur Vorlage verlief ungemein schwach. So stand sie deutlich im Schatten der Corona-Pandemie sowie der anderen vier Vorlagen. Sie wurde gemäss Analysen vom Fög und von Année Politique Suisse einerseits nur sehr schwach in Zeitungsinseraten beworben und andererseits auch in den Medien vergleichsweise selten thematisiert. Die briefliche Stimmabgabe deutete anfänglich auf mässiges Interesse am Super-Sonntag hin, wie der Abstimmungstag mit fünf Vorlagen in den Medien genannt wurde. Die SP schaltete sieben kurze Animationsfilme und gab ein Comic-Heftchen zu den Filmen aus, um zu verhindern, dass die Vorlage untergeht. Die ersten Vorumfragen Mitte August 2020 zeigten dann auch, dass die Meinungsbildung zur Vorlage noch nicht weit fortgeschritten war. Auf diese Tatsache wurde in den entsprechenden Berichten das Zwischenergebnis, wonach die Sympathisierenden von SP und Grünen die Vorlage mehrheitlich befürworteten, zurückgeführt. Besserverdienende gaben zu diesem Zeitpunkt an, der Vorlage eher zuzustimmen. Christian Levrat (sp, FR) hoffte, diese Personen durch die Kampagne noch umstimmen zu können. Die erste Tamedia-Umfrage ergab insgesamt eine Zustimmung («dafür» oder «eher dafür») von 55 Prozent und eine Ablehnung von 37 Prozent, während die SRG-Vorumfrage mit 51 Prozent zu 43 Prozent zu ähnlichen Ergebnissen kam. Diese Zahlen kehrten sich bis zum Termin der letzten Welle Mitte September um: Die Tamedia-Umfrage ergab eine Zustimmung von 46 Prozent und eine Ablehnung von 51 Prozent, die SRG-Umfrage eine von 43 Prozent zu 52 Prozent. Bei den Sympathisierenden von SP und Grünen war die Zustimmung vom ersten zum zweiten Termin gemäss SRG-Umfragen um 19 respektive 14 Prozentpunkte gesunken, bei den Sympathisierenden der GLP ebenfalls um 12 Prozentpunkte. Bei den übrigen Parteien nahm sie ebenfalls leicht ab.

Das Resultat der Abstimmung zur Änderung der direkten Bundessteuer über die steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten war schliesslich deutlicher, als die Vorumfragen und die Ausgangslage viele Kommentatorinnen und Kommentatoren hatten vermuten lassen: Mit 63.2 Prozent Nein-Stimmen lehnte das Stimmvolk die Vorlage mit einer vergleichsweise hohen Stimmbeteiligung von 59.2 Prozent deutlich ab. Dieses Nein lasse jedoch einigen Interpretationsspielraum, betonten die Medien. So gab es zwischen den Kantonen doch beträchtliche Unterschiede: Am kritischsten zeigte sich die Stimmbevölkerung im Kanton Appenzell-Ausserrhoden (28.1%), gefolgt von denjenigen in Appenzell-Innerrhoden (29.3%) und Bern (29.5%), am höchsten lag die Zustimmung im Tessin (52.0%) und in Genf (50.1%), beide Kantonsbevölkerungen hätten die Vorlage angenommen. Allgemein wurde gemäss BFS ersichtlich, dass die italienischsprachige (52.0%) und die französischsprachige Schweiz (48.5%) der Vorlage deutlich mehr abgewinnen konnten als die Deutschschweiz. Kaum Unterschiede waren zwischen Stadt und Land erkennbar: Die ländlichen Regionen (35.3%) lehnten die Vorlage ähnlich stark ab wie die Kernstädte (35.8%). Das Resultat könne nicht mit dem Links-Rechts-Schema erklärt werden, betonte die NZZ. Stattdessen seien vor allem die persönliche Einstellung zur Familienpolitik und zur Rolle des Staates relevant gewesen. Die externe Kinderbetreuung würde in der Romandie stärker akzeptiert und durch den Staat stärker unterstützt als in der Deutschschweiz, betonte denn auch CVP-Ständerätin Marianne Maret (cvp, VS) gegenüber der NZZ. Entsprechend habe in der Westschweiz vor allem der Drittbetreuungsabzug im Mittelpunkt gestanden, während in der Deutschschweiz hauptsächlich über den Kinderabzug diskutiert worden sei, stellte SP-Nationalrätin Franziska Roth (sp, SO) fest. Eine zu späte Kampagne in der Romandie machte schliesslich SP-Nationalrat Roger Nordmann für den hohen Anteil Ja-Stimmen in der französischsprachigen Schweiz verantwortlich. Christian Levrat erachtete das Ergebnis insgesamt als Absage des Volkes an die bürgerliche Steuerpolitik und als Ausblick auf andere bürgerliche Projekte zur Abschaffung der Stempelabgabe, der Industriezölle, des Eigenmietwerts oder der Heiratsstrafe. Stattdessen müssten nun Familien mit tiefen und mittleren Einkommen entlastet werden, insbesondere durch die Senkung der Krankenkassenprämien und die kostenlose Bereitstellung von Kita-Plätzen. Philipp Kutter wollte die Entlastung von Familien weiterverfolgen und plante anstelle des Kinderabzugs einen Abzug vom Steuerbetrag. Dass neben der Erhöhung des Kinderabzugs auch die Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs gescheitert war, erachtete Christa Markwalder nicht als entmutigend und setzte auf ihre eingereichte parlamentarische Initiative. Anders als bei der ersten Behandlung des Themas im Nationalrat, als sich die SP- und die Grüne-Fraktion gegen Eintreten ausgesprochen hatten, kündigte Christian Levrat an, die parlamentarische Initiative zu unterstützen. Dies sei aber nur ein erster Schritt, zusätzlich brauche es auch Lösungen, die sich für die Mehrheit der Bevölkerung auszahlten.


Abstimmung vom 27. September 2020

Beteiligung: 59.2%
Ja: 1'164'415 (36.8%)
Nein: 2'003'179 (63.2%)

Parolen:
- Ja: BDP (1*), CVP, EVP (1*), FDP (1*), SVP; SGV
- Nein: EDU, GLP (1*), GPS, PdA, SD, SP; SGB, SSV, Travail.Suisse, VPOD
- Stimmfreigabe: Economiesuisse, SAV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten

Im Vorfeld der Herbstsession beriet die WAK-SR das Doppelbesteuerungsabkommen mit Saudi-Arabien und beantragte dem Ständerat mit 7 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen), diesem zuzustimmen. Kommissionssprecher Levrat (sp, FR) unterstützte die Vorlage in der Herbstsession zwar ausdrücklich, teilte aber auch gewisse Bedenken mit. Diese bezogen sich auf die steuerliche Behandlung von Unternehmen, die in Saudi-Arabien Dienstleistungen erbringen, ohne dort einen Sitz oder eine ständige Niederlassung zu haben. Die OECD und die Schweiz, wie auch die Mehrheit der UNO-Staaten, unterstellten derartige Betriebe erst ab 183 Arbeitstagen innerhalb von zwölf Monaten und physischer Präsenz einer Steuerpflicht. Unter saudi-arabischem Recht reiche dafür jedoch bereits eine virtuelle Präsenz aus, erklärte Levrat. Gerade bei Unternehmen mit Beratungsleistungen führten diese unterschiedlichen Definitionen unter Umständen zu Divergenzen. Ständerat Levrat stellte aber in Aussicht, dass man nach Abschluss des Abkommens ein Verständigungsverfahren einleiten könne, um die genaue Auslegung des Abkommens durch die saudischen Behörden zu klären. Martin Schmid (fdp, GR) zeigte sich diesem Verständigungsverfahren gegenüber kritisch, da ein solches in der Praxis mehrere Jahre in Anspruch nehme. Bundesrat Maurer beschwichtigte die Gemüter mit der Erklärung, dass die Frage der Betriebsstätten in mehreren Abkommen der Schweiz gleich gelöst worden sei, auch wenn es nicht dem Schweizer Ideal und dem UNO-Standard entspreche. Wenn man diese Lücke beheben wolle, dann müsse man demnach zahlreiche Doppelbesteuerungsabkommen neu aufrollen. Bundesrat Maurer verdeutlichte, dass ein Abkommen, welches trotz Lücke sehr vieles regle, der Alternative ohne Abkommen vorzuziehen sei. Der Ständerat nahm den Entwurf mit 24 zu 2 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) deutlich an.
In der Schlussabstimmung bestätigte der Ständerat das klare Ergebnis mit 29 zu 4 Stimmen (bei 11 Enthaltungen), während es im Nationalrat durch die zahlreichen Enthaltungen der SVP-Fraktion und der Nein-Stimmen der Grünen und SP mit 79 zu 78 Stimmen (bei 38 Enthaltungen) noch einmal spannend wurde.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Saudi-Arabien
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

In der Herbstsession 2020 behandelte der Nationalrat die Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern», die sogenannte 99-Prozent-Initiative. Neben dem Mehrheitsantrag der WAK-NR auf Annahme der bundesrätlichen Botschaft und somit auf Empfehlung zur Ablehnung der Initiative lagen dem Rat zwei Minderheitsanträge Bendahan (sp, VD) und Wermuth (sp, AG) vor. Die Minderheit Bendahan präsentierte dem Rat einen direkten Gegenentwurf: Anstatt Kapitaleinkommen über einem Grenzbetrag zu 150 Prozent zu besteuern, wie es die Initiative vorschlug, sollte das höhere Kapitaleinkommen gemäss Gegenentwurf gleich wie das Arbeitseinkommen zu 100 Prozent besteuert werden. Die Initiative wolle das Kapital höher besteuern, so wie zuvor die Löhne höher besteuert worden seien; wer also die Initiative für extrem halte, weil sie eine Einkommensart bevorzuge, müsse eigentlich für den Gegenentwurf stimmen. Mit diesem würden Lohn und Kapital gleich behandelt, argumentierte Bendahan. Die Minderheit Wermuth hingegen beantragte dem Rat, die Initiative zur Annahme zu empfehlen. Die zwei Minderheitensprecher stellten vor allem eine Frage in den Mittelpunkt ihrer Reden: Wieso soll Einkommen aus Erwerbsarbeit zu 100 Prozent und Einkommen aus Kapital zu einem reduzierten Prozentsatz besteuert werden? Wert und Reichtum würden «genau an einem Ort produziert werden, und das ist die menschliche Arbeit», betonte Wermuth. Da das Steuersystem dies aber nicht abbilde, nehme der «Unterschied zwischen unten und oben» auch in der Schweiz zu.
Kommissionssprecherin Schneeberger (fdp, BL) und Kommissionssprecher Regazzi (cvp, TI) nahmen den Grossteil der Kritik an der Initiative, welche in der Folge von den bürgerlichen Mitgliedern im Rat geäussert wurde, eingangs bereits vorweg. Sie kritisierten, dass der Initiativtext sehr breit formuliert sei und viel Interpretationsspielraum lasse. So werde zum Beispiel nicht klar, welche Einkommensteile zu den Kapitaleinkommen gezählt würden; denkbar sei gemäss Initiativtext, dass neben den Kapitalgewinnen auch Erträge aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen, wie Eigenmietwerte oder Renten aus der Vorsorge, betroffen wären, auch wenn die Initiantinnen und Initianten in ihren Erklärungen von einem engeren Begriff ausgingen. Die Initiative bringe der Schweiz überdies einen komparativen Nachteil im Steuerwettbewerb und bringe eine massive zusätzliche Steuerbelastung für Unternehmen, vor allem für KMU, mit sich. In der Folge könnten die Unternehmen auch weniger investieren. Diese Wirkung würde sich vermutlich aufgrund der Corona-Krise noch verstärken. Insgesamt würden vor allem die Beschäftigten mit kleinen und mittleren Einkommen, also diejenigen Personen, die mit der Initiative besser gestellt werden sollten, durch Kündigungen oder Konkurse die Hauptlast der negativen Folgen der Initiative tragen. Mit 17 zu 8 Stimmen lehne die Kommission die Initiative daher ab.
Es folgte eine lange Debatte mit 56 Wortmeldungen und zahlreichen Nachfragen. Besonders umstritten war die Frage, ob die Schere zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren zu- oder abgenommen habe. Grünen-Sprecherin Ryser (gp, SG) argumentierte, dass zwar die Markteinkommen in der Schweiz weltweit am gleichmässigsten verteilt seien, dass aber eben die Vermögensanteile sehr einseitig verteilt seien: 1 Prozent der Bevölkerung halte 40 Prozent der Vermögensanteile. Und diese Ungleichheit nehme seit den 1970er Jahren zu. Dem entgegnete FDP.Liberalen-Sprecherin Gössi (fdp, SZ), dass dies nur gelte, solange die steuerbefreiten Vermögen, insbesondere das Kapital der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge, nicht berücksichtigt würden. Nehme man diese hinzu, werde der Unterschied zwischen Arm und Reich über die Zeit nicht grösser.
Insbesondere Grünen-Sprecherin Ryser brachte überdies einige Argumente zur Entkräftung der Kritik an der Initiative vor. Der Grossteil der sozialen Sicherheit und somit der Umverteilung geschehe über die Sozialversicherungen und diese würden durch Lohnbeiträge finanziert, nicht durch Steuern auf Kapital, betonte sie. Zudem würden den KMU durch die Initiative keine Mittel entzogen, da die natürlichen Personen, nicht die KMU, zusätzlich besteuert würden. Wenn deren Besitzerinnen oder Besitzer die Kosten auf die Unternehmen abwälzten, sei das deren Entscheidung. Nachfolgeregelungen bei KMU seien aber weiterhin problemlos möglich. Schliesslich sei die Befürchtung, dass durch die Initiative vermögenshaltende Privatpersonen ins Ausland abwanderten, ein Totschlagargument, das die Politik handlungsunfähig mache.
Während sich die meisten bürgerlichen Sprecherinnen und Sprecher deutlich gegen die Vorlage aussprachen, fanden Kathrin Bertschy (glp, BE) und Michel Matter (glp, GE) für die Grünliberalen auch wohlgesinnte Worte für die Initiative. Auch sie sähen Verbesserungspotenzial im Steuersystem bezüglich der hohen Belastung der Arbeitseinkommen, der Verteilung der Einkommen und Vermögen sowie der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Initiative wolle aber nicht primär die Besteuerung des Erwerbseinkommens reduzieren, sondern beinhalte vor allem Steuerermässigungen von Personen mit tiefen oder mittleren Arbeitseinkommen oder Transferzahlungen an diese. Entsprechend könne die GLP die Initiative nicht unterstützen.
Zum Schluss legte Finanzminister Maurer die Position des Bundesrates dar und stimmte in seiner Argumentation weitgehend mit derjenigen der Kommissionssprechenden überein. Ergänzend hielt er aber fest, dass die Initiative zudem zu einer weiteren Verlagerung der Steuerzahlenden von den armen zu den reichen Kantonen führe und damit den Zusammenhalt der Schweiz gefährde. Zudem bezahle ein Prozent der Steuerzahlenden bereits mehr als 40 Prozent der direkten Bundessteuer; eine noch höhere Besteuerung würde den «Bogen überspannen». Umverteilung finde somit bereits heute statt, genauso wie auch die Besteuerung von Kapital und Gewinn etwa im Eigenmietwert, der Grundstückgewinnsteuer sowie der Vermögenssteuer bereits enthalten sei. Die Schweiz habe ein ausgewogenes Steuersystem, das «weder auf die eine noch auf die andere Seite überlastet» werden solle.
Nach den ausführlichen Diskussionen schritt der Rat schliesslich zu den Abstimmungen: Mit 123 zu 62 Stimmen sprach sich die Ratsmehrheit zuerst gegen die Minderheit Bendahan und somit gegen den Gegenvorschlag und anschliessend auch gegen die Minderheit Wermuth auf Empfehlung zur Annahme der Initiative aus. Die Stimmen der Minderheiten stammten von den geschlossen stimmenden SP- und Grünen-Fraktionen.

Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» (BRG 20.032)

In der Herbstsession 2020 behandelte der Nationalrat das Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich. Die SGK-NR hatte in ihrer Vorberatung zwei weitreichende Änderungen der Vorlage vorgenommen: Hatte der Bundesrat die elektronische Durchführung von Steuerverfahren unter anderem bei der direkten Bundessteuer noch als Möglichkeit formuliert, wollte die Kommission die Kantone zur Einführung einer solchen Möglichkeit verpflichten. Dies stellte denn auch den Grund für den Nichteintretensantrag Amaudruz (svp, GE) dar: Es sei nicht richtig, Digitalisierung zu erzwingen; die Steuerzahlenden sowie die Kantone müssten die Wahlfreiheit haben, betonte die Minderheitensprecherin. Bundesrat Maurer warb für die bundesrätliche Kann-Formulierung: Der Bundesrat nehme regelmässig an der Finanzdirektorenkonferenz statt und tausche sich mit der Konferenz der kantonalen Steuerdirektoren aus, er werde also die Kantone nicht gegen ihren Willen zu der entsprechenden Umsetzung verpflichten. Sowohl in der Eintretensabstimmung (148 zu 45 Stimmen) als auch in der Detailabstimmung (139 zu 54 Stimmen) stellte sich der Rat gegen die SVP-Fraktion und hinter die Formulierung der Kommission.
Während der bundesrätliche Vorschlag der Kommission in diesem ersten Punkt nicht weit genug ging, ging er ihr in einem weiteren Punkt hingegen zu weit, nämlich in der Frage, ob der Bundesrat die elektronische Durchführung von Verfahren, die in seiner Zuständigkeit liegen – also bei der Mehrwertsteuer, der Stempelabgabe, beim AIA, der Amtshilfe und der Verrechnungssteuer –, vorschreiben können solle. Diese Kompetenz wollte die Kommission aus der Vorlage streichen, was bei einer Minderheit Rytz (gp, BE) auf Widerstand stiess. Man solle hier nicht die Möglichkeit schaffen, dass sich einzelne Unternehmen der elektronischen Durchführung entziehen könnten, argumentierte Rytz. Der Finanzminister verteidigte die Möglichkeit des Bundesrates, die Unternehmen zur Umstellung verpflichten zu können, da sonst in zwei, drei Jahren eine solche Formulierung neu ins Gesetz eingefügt werden müsste, wenn eine solche Verpflichtung dann doch erwünscht sein sollte. Wiederum folgte der Rat dem Vorschlag der Kommissionsmehrheit und lehnte den Minderheitsantrag Rytz mit 111 zu 81 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab. Den Minderheitsantrag unterstützten SP, Grüne und Grünliberale.
Überdies lagen zwei weitere Minderheitsanträge vor: Eine weitere Minderheit Amaudruz forderte den Verzicht auf einheitliche Formulare, welche die Kommission wieder hinzugefügt hatte, nachdem sie der Bundesrat nach der Vernehmlassung gestrichen hatte. Mit 139 zu 53 Stimmen fand auch dieser Vorschlag ausserhalb der Reihen der SVP-Fraktion keine Zustimmung. Des Weiteren forderte eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) den Verzicht auf die systematische Nutzung der AHV-Nummern durch die ESTV, welche neu erlaubt werden sollte. Die Gefahr des Datendiebstahls sei zu hoch, wenn die AHV-Nummer überall verwendet werde, betonte er. Finanzminister Maurer konterte hingegen, dass es gerade bei Rentenauszahlungen am sichersten sei, wenn die ESTV dieselbe Identifikationsnummer verwende wie die AHV-Ausgleichskassen. «Denken Sie an die hundert Hans Müller», forderte er. Wiederum folgte der Rat mit 139 zu 53 Stimmen der Kommissionsmehrheit. Abschliessend stimmte der Nationalrat der geänderten Vorlage mit 148 zu 45 Stimmen zu, abgelehnt wurde sie von einer Mehrheit der SVP-Fraktion.

Elektronische Verfahren im Steuerbereich (BRG 20.051)

Die Klage eines Bieler Ehepaars vor dem Berner Verwaltungsgericht rückte im Mai 2020 die diskriminierende Praxis einiger Kantone bezüglich des Verfahrens rund um die Erhebung der Steuern von Ehepaaren ins Licht der medialen und politischen Aufmerksamkeit. Das Paar hatte sich dagegen gewehrt, dass sich Formulare zur Steuererklärung von Verheirateten im Kanton Bern nur an den Ehemann richteten und dieser somit der alleinige Begründer des Steuerfalls sei. Frauen werden hingegen lediglich als Zweitpersonen aufgeführt. Zudem würden das Formular der Steuererklärung sowie sämtliche Quittungen über Rückzahlungen und Ratenzahlungen bei getrennten Wohnsitzen nur an denjenigen des Ehemanns geschickt und ausschliesslich an diesen adressiert. Die Ehefrau hatte überdies erfolglos versucht, eine Fristerstreckung zu beantragen; das Onlineformular erlaubte die aber ausschliesslich dem Ehemann. Schliesslich durfte auch das Konto für Rückzahlungen nur auf den Ehemann oder auf beide Ehepartner lauten, nicht aber ausschliesslich auf die Ehefrau. In der Folge übte das Paar zivilen Ungehorsam und weigerte sich, das Formular zur Steuererklärung auszufüllen. Die stattdessen eingereichte handschriftliche Steuererklärung auf neutralem Papier akzeptierten die Steuerbehörden jedoch nicht, schätzten das Paar ein und erteilten ihnen eine Busse wegen fehlender Steuererklärung. Damit zog das Ehepaar nun vor das Verwaltungsgericht und forderte einen frei wählbaren Dossierhalter oder eine frei wählbare Dossierhalterin, wie es bei gleichgeschlechtlichen Paaren bereits möglich ist, sowie geschlechtsneutral formulierte Formulare, eine Aufhebung der Bussen und Mahngebühren, Schadenersatz für ihren Aufwand (CHF 5482) sowie eine Genugtuung (CHF 2000).
Gegenüber den Medien forderte die Anwältin des Paars, alt-Nationalrätin Margret Kiener-Nellen (sp, BE) Finanzminister Maurer zum Handeln auf, zumal das EFD die Oberaufsicht über die kantonalen Steuerverfahren trage. Dabei gehe es nicht nur um Fairness, es solle auch überprüft werden, inwiefern «finanzielle Risiken aus der Ungleichbehandlung» entstünden. Betroffen sei überdies nicht nur der Kanton Bern, sondern auch zahlreiche weitere Kantone, etwa Zürich, Genf oder Solothurn, war den Medien zu entnehmen. In einer Interpellation wollte Ursula Schneider Schüttel (sp, FR; Ip. 20.3528) vom Bundesrat wissen, ob er von der Problematik Kenntnis habe, ob er interveniert habe oder intervenieren werde und ob ein entsprechendes Kreisschreiben verfasst werden solle. Die auf die Herbstsession 2020 angesetzte Diskussion zu dem Thema wurde verschoben.
Erste Folgen hatte das Gerichtsverfahren im Kanton Zürich. Dieser entschied aufgrund entsprechender kantonaler Vorstösse, die Steuererklärung zukünftig geschlechtsneutral zu formulieren, beliess die Trägerschaft des Steuerdossiers jedoch aus organisatorischen Gründen beim Mann. Die Berner Steuerverwaltung lehnte eine Änderung als zu aufwändig ab. Das klagende Ehepaar ergänzte seine Argumentation in der Folge um einen Verweis auf die UNO-Frauenkonvention, was die Medien auf die Möglichkeit einer allfälligen zukünftigen Klage vor dem EGMR verweisen liess.

Diskriminierende Steuererklärung

In der Frühlingssession 2020 beriet der Nationalrat über die Protokolländerung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Schweden. Die WAK-NR hatte mit grosser Mehrheit die Anpassung sämtlicher hängiger Doppelbesteuerungsabkommen gefordert, dazu gehörten auch jene mit Norwegen, dem Iran, der Ukraine, Neuseeland und den Niederlanden. Als Sprecher der Kommission empfahl Nationalrat Bendahan (sp, VD), die «kleinen Anpassungen mit geringen finanziellen Auswirkungen» anzunehmen, um die Schweizer Gesetzgebung den durch das BEPS-Übereinkommen mit der OECD geschaffenen Umständen anzugleichen. Der anwesende Bundesrat Maurer argumentierte ebenso und hob die erhöhte Rechtssicherheit und die positive wirtschaftliche Entwicklung hervor, die durch die Änderungen erreicht würden.
Eintreten wurde ohne Gegenvorschlag beschlossen. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat das Geschäft mit 157 zu 27 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) an, wobei die Gegenstimmen ausschliesslich von Mitgliedern der SVP stammten.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Schweden (BRG 19.060)
Dossier: BEPS-Übereinkommen mit der OECD
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

Im September 2019 veröffentlichte der Bundesrat seine Botschaft zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Irland. Darin hielt er fest, dass im Rahmen des BEPS-Projekts der OECD Änderungen an mehreren Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz vorgenommen werden müssten. Unter anderem machten die neuen Richtlinien Anpassungen an den Bestimmungen des bilateralen Abkommens mit Irland nötig, welche mittels eines Änderungsprotokolls implementiert werden sollten.
Der anwesende Bundesrat Ueli Maurer erklärte in der Frühjahrssession 2020 im Nationalrat, dass es sich im vorliegenden Fall um die Einführung einer Schiedsklausel handle, welche die Rechtssicherheit im Hinblick auf die Vermeidung von Doppelbesteuerung erhöhe. Die WAK-NR hatte sich mit grosser Mehrheit für die Annahme der Änderungen ausgesprochen. Dafür setzten sich auch die Sprecher aller Fraktionen mit Ausnahme der SVP ein. Dementsprechend nahm der Rat das Geschäft mit 152 zu 26 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) klar an.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Irland (BRG 19.052)
Dossier: BEPS-Übereinkommen mit der OECD
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

In der Frühjahrssession 2020 trat das Parlament an, um das Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen zu bereinigen. Im Nationalrat wehrte sich eine Minderheit Birrer-Heimo (sp, LU) noch ein letztes Mal gegen die Schaffung einer Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Sachverhalten im Steuergesetz und gegen das damit einhergehende Zeichen, das man gemäss der Minderheitensprecherin setze, wonach geschäftsmässig begründete Bussen in Ordnung wären. Auch Finanzminister Maurer kritisierte das Gesetz noch einmal und verwies auf das Konfliktpotenzial mit der Bundesverfassung, dadurch dass inländische und ausländische Bussen nicht gleich behandelt würden, sowie auf die schwierige Aufgabe für die Steuerbehörden der Kantone, die plötzlich zu einem «Richter, der eigentlich auch ein Stück weit internationales Recht beurteilen muss» gemacht würden. Für die Kommission verteidigte Beat Walti (fdp, ZH) die Vorlage: Die Messlatte für einen Abzug von finanziellen Sanktionen als geschäftsmässig begründeten Aufwand liege sehr hoch; die Regelung entspreche einer Härtefallklausel. Zudem könnten die kantonalen Behörden notfalls auch die Gerichte anrufen. Mit 108 zu 86 Stimmen sprach sich der Nationalrat schliesslich für das neue Gesetz aus; die geschlossen stimmenden SP-, Grünen- und GLP-Fraktionen sowie die drei Mitglieder der EVP lehnten es ab. Inhaltlich war das Gesetz somit bereinigt, abgeschlossen werden konnte es jedoch noch nicht: Die für die dritte Sessionswoche geplanten Schlussabstimmungen konnten aufgrund des Sessionsabbruchs nicht stattfinden.

Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen (BRG 16.076)
Dossier: Steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen

Nur einen Tag später ging die Debatte um den Voranschlag 2020 im Nationalrat weiter. Auch dieses Jahr drehte sich die Eintretensdebatte vor allem um die Frage, wie gut die wirtschaftliche Lage des Bundes wirklich sei und wie grosszügig das Parlament folglich mit dessen finanziellen Ressourcen umgehen könne. Eintreten war nicht umstritten, ganz im Gegensatz zur Detailberatung: Neben den Mehrheitsanträgen standen zahlreiche Minderheitsanträge der SP- und der SVP-Fraktion auf dem Programm. Doch obwohl der Nationalrat den Voranschlag während über 9 Stunden diskutierte, schuf er – verglichen mit der Anzahl Minderheitsanträge – nur wenige Differenzen zum Ständerat.
Die meisten dieser Differenzen waren im Nationalrat unumstritten, etwa die Erhöhung des Globalbudgets der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts um CHF 709’300 CHF. In verschiedenen Fällen verband die Kommission zudem Aufstockungen mit der Definition neuer Grenz- und Sollwerte oder der Neudefinitionen der Rahmenbedingungen der Kreditverwendung, Instrumenten des Neuen Führungsmodells des Bundes für die Bundesverwaltung. Mit diesen können Bedingungen zur Verwendung der Gelder mit Budgetpositionen verbunden werden. Die Aufstockung des Globalbudgets der Landwirtschaft um CHF 500'300 begründete der Nationalrat mit der drohenden Unterfinanzierung des Aufbaus des Kompetenzzentrums Boden und definierte dessen Finanzierung als Rahmenbedingung für den Kredit. Auch die Forschungsbeiträge für die Landwirtschaft erhöhte er zugunsten des Forschungsinstituts für biologischen Landbau um CHF 2.5 Mio. im Voranschlagsjahr sowie in den Finanzplanjahren. Gegen die Aufstockung der Direktzahlungen für die Landwirtschaft stellte sich eine Minderheit Schneider Schüttel (sp, FR), die diesbezüglich dem Ständerat folgen wollte, jedoch mit 63 zu 127 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) unterlag. Abgelehnt hatten die Änderung die einstimmig stimmenden SP- und GLP-Fraktionen sowie Minderheiten der FDP- und der Grünen-Fraktion. Auf Antrag Mattea Meyer (sp, ZH) stockte der Nationalrat mit 112 zu 81 Stimmen (bei 1 Enthaltung) auch das Globalbudget des Fedpol im Voranschlagsjahr sowie in den Finanzplanjahren um CHF 600'000 auf. Damit sollte eine Reduktion aus den Finanzplanjahren 2017 bis 2019 korrigiert werden, um damit eine Stellenaufstockung um vier Stellen zur Erfüllung der Zentralstellenaufgaben des Fedpol im Bereich Internetkriminalität, insbesondere der Pädokriminalität, zu ermöglichen. Die SVP- und die FDP-Fraktionen hatten sich dagegen gewehrt, weil diese Stellen intern über das Globalbudget finanziert werden sollten, wie Albert Vitali (fdp, LU) betonte.
Sparsamer als der Ständerat zeigte sich die grosse Kammer bezüglich der finanziellen Unterstützung von Selbsthilfeprojekten beim Bundesamt für Justiz: Hier sperrte sie sich stillschweigend gegen die vom Ständerat beschlossene Ausgabenerhöhung auf CHF 2 Mio. Ohne Minderheit akzeptiert wurden auch die Anträge zum SEM: Die Betriebsausgaben zu den Bundesasylzentren senkte der Rat nach Absprache der Kommission mit dem SEM um CHF 27 Mio. und die Beiträge für die Sozialhilfe Asylsuchender und vorläufig Aufgenommener reduzierte er aufgrund aktualisierter Zahlen um 12.8 Mio. Dies obwohl Finanzminister Maurer darauf hingewiesen hatte, dass man damit an den Leistungen des Bundes «überhaupt nichts» ändere, denn diese seien gesetzlich vorgegeben. Ein solcher Beschluss führe später aber allenfalls zu Nachtragskrediten, wenn sich die Flüchtlingssituation ändern sollte.
Umstritten waren auch im Nationalrat vor allem die Bildungsausgaben. Diesbezüglich lagen neben dem Mehrheitsantrag drei Minderheitsanträge vor. Die Mehrheit wollte in den meisten Bildungsfragen dem Bundesrat folgen und die Bildungsausgaben nicht um die ehemaligen Teuerungsbeiträge erhöhen. Einzig bezüglich der Berufsbildung befürwortete sie eine zusätzliche Erhöhung. Eine Minderheit I Schneider Schüttel forderte, dem Ständerat folgend, die im Rahmen der BFI-Botschaft 2017-2020 beschlossenen Beträge, eine Minderheit II Bourgeois (fdp, FR) bevorzugte hingegen mehrheitlich einen Mittelweg zwischen Ständerat und Bundesrat. Dieser basierte auf den Aufstockungen des Budgets im Bildungsbereich, welche das Parlament bereits 2019 vorgenommen hatte, abzüglich der Teuerungskorrektur nach Dittli (fdp, UR; Mo. 16.3705) um -0.1 Prozent. Mit 132 zu 60 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und 139 zu 52 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) setzte sich die Minderheit II gegen die Minderheit I und die Mehrheit durch. Zudem sprach sich der Nationalrat beim Bildungsbudget zusätzlich für eine Minderheit III Schneider Schüttel aus, welche bei den Institutionen der Forschungsförderung eine zusätzliche Erhöhung um CHF 1.1 Mio. forderte, die zugunsten der Akademien der Wissenschaften Schweiz eingesetzt werden sollte.
Schliesslich nahm der Nationalrat verglichen mit dem Ständerat einige Änderungen bei den Sollwerten vor, insbesondere im Gesundheitsbereich. Der Messwert für den Anteil Rauchender in der Bevölkerung, gemäss dem nicht mehr als 25 Prozent der Bevölkerung rauchen sollen, wurde gestrichen, da dessen Messung gemäss Kommission keine Aufgabe des Staates sei. Dies obwohl Finanzminister Maurer vor der Streichung gewarnt und diese als falsches Signal bezeichnet hatte. Gesteigert werden sollte hingegen der Anteil Arztpraxen mit elektronischer Krankengeschichte der Patientinnen und Patienten. Heute liegt dieser bei 76 Prozent, im Jahr 2020 soll er bei 80 Prozent zu liegen kommen und für die Finanzplanjahre weiter gesteigert werden. Bei der Militärversicherung soll der Anteil der Verwaltungskosten an den Gesamtkosten von 10.7 Prozent auf 10 Prozent gesenkt werden. Diese Änderungen waren nicht umstritten, genauso wenig wie die Reduktion des Grenzwertes zum Auftreten von gentechnisch verändertem Raps entlang von Bahngeleisen (von 0.5 Prozent auf 0.25 Prozent aller untersuchten Proben). Schliesslich erhöhte der Nationalrat auch die Messgrösse bei den Besucherinnen und Besuchern der bundeseigenen Museen von 60'000 auf 65'000 Personen – obwohl dies gemäss Bundesrat Maurer «nicht mehr Leute in die Museen» locken werde.
Die übrigen Änderungen, meistens beantragt von Mitgliedern der SP- oder der SVP-Fraktion, lehnte die Ratsmehrheit jeweils deutlich ab. Verschiedene linke Minderheiten setzten sich für Budgeterhöhungen im Bereich des Umweltschutzes ein. So versuchte eine Minderheit Schneider Schüttel unter anderem die Überprüfung von Wirkstoffen zur Senkung des Risikos von Pflanzenschutzmitteln für aquatische Organismen für das Jahr 2020 von 20 auf 30 Wirkstoffe zu erhöhen sowie die dazu nötigen acht zusätzlichen Stellen bei vier verschiedenen Bundesämtern zu schaffen. Mit 105 zu 84 Stimmen (bei 1 Enthaltung) lehnte der Rat den Antrag gegen den Willen der SP-, GPS- und GLP-Fraktionen sowie der Mitglieder der EVP ab. Da sich der Überprüfungsrhythmus an jenen der EU anlehne, sei eine Aufstockung hier nicht angebracht, erklärte Alois Gmür (cvp, SZ) für die Kommission. Eine weitere Minderheit Schneider Schüttel wollte CHF 20 Mio. mehr für die Revitalisierung von Gewässern einsetzen, weil die Nachfrage nach Bundesmittel in diesem Bereich stark angestiegen sei und im kommenden Jahr zahlreiche Projekte realisiert werden sollten. Mit 96 zu 95 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) lehnte der Rat jedoch auch diesen Antrag ab, wobei Kommissionssprecher Gmür darauf hinwies, dass bei tatsächlichem Fehlen von Mitteln Nachtragskredite eingereicht werden könnten. Zudem setzte sich eine Minderheit Masshardt (sp, BE) für eine Verdoppelung des Betrags für den Technologietransfer beim Bundesamt für Energie von CHF 20 Mio. auf CHF 40 Mio. ein. Dieses Geld diene dazu, dass neue, noch nicht marktreife Technologien erprobt werden könnten. Eine Erhöhung sei nicht nötig, weil die Privatwirtschaft solche Ideen kostensparend entwickeln könne, argumentierte Sandra Sollberger (svp, BL) und begründete damit auch ihre Minderheit II Sollberger, die den Betrag auf CHF 10 Mio. reduzieren wollte. Mit 142 zu 52 Stimmen respektive 107 zu 86 Stimmen (bei 1 Enthaltung) setzte sich der Mehrheitsantrag gegen die Anträge der Minderheit II respektive der Minderheit I durch.
Doch nicht nur im Umweltbereich, auch zu anderen Themen reichte die SP-Fraktion erfolglos Vorstösse ein. So wollten linke Minderheiten etwa das Globalbudget des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann aufstocken, die Kulturabgeltung an die Stadt Bern in den Finanzplanjahren fortsetzen, dem BIT eine grössere Konstanz in der Personalentwicklung als neues Ziel vorschreiben sowie eine Aufstockung beim Eidgenössischen Personalamt vornehmen, das in der Folge Lehrstellen und Hochschulpraktika zur Integration von Menschen, die aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, anbieten soll.
Die SVP hingegen versuchte vor allem, dem Stellenzuwachs beim Bund – im Voranschlag 2020 beträgt dieser gemäss Franz Grüter (svp, LU) 267 zusätzliche Stellen – Einhalt zu gebieten. Dazu wollte Grüter allgemein die Ausgaben für den Personalaufwand im Voranschlag 2020 sowie in den Finanzplanjahren bei CHF 6 Mrd. plafonieren – zum ersten Mal überhaupt überstiegen die geplanten Ausgaben für das Personal die Grenze von CHF 6 Mrd. Mit 134 zu 51 Stimmen lehnte der Rat den Minderheitsantrag Grüter gegen den Willen der geschlossen stimmenden SVP ab. Zudem wollte eine weitere Minderheit Grüter den Betrag für die Lohnmassnahmen halbieren; 0.5 Prozent der Lohnsumme reichten für Lohnverhandlungen, erklärte der Minderheitensprecher. Mit 140 zu 52 Stimmen lehnte der Rat auch diesen Antrag ab. Auch die weiteren Minderheitsanträge, die vorsahen, die Ausgaben des Büros für Konsumentenfragen auf dem Stand der Rechnung von 2018 zu plafonieren, auf die Budgeterhöhung der Parlamentsdienste zur Schaffung von drei neuen Vollzeitstellen sowie auf Erhöhungen in den Personalbereichen des EDA, des BAG und des BFS zu verzichten, lehnte der Nationalrat ab.
Zu reden gaben schliesslich auch die Bereiche Entwicklungszusammenarbeit und Sicherheit. Während eine Minderheit I Keller (svp, NW) die Ausgaben für multilaterale Entwicklungszusammenarbeit deutlich kürzen wollte, schlug eine Minderheit II Gysi (sp, SG) in diesem Bereich eine Erhöhung des Budgets vor, um erneut auf die in der Botschaft 2017-2020 vereinbarten Ausgaben zu kommen und um im Jahr 2023 eine APD-Quote von 0.5 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erreichen. Finanzminister Maurer wehrte sich gegen eine weitere Kürzung in diesem Bereich – die Schweiz habe hier in den letzten Jahren die grössten Kürzungen vorgenommen, obwohl sie weiterhin ihren Verpflichtungen nachkommen müsse, erklärte er. Kommissionssprecher Gmür betonte hingegen, dass es sich bei der APD-Quote weder um ein finanzpolitisches Steuerungsinstrument, noch um einen Zielwert handle, sondern um einen Richtwert. Mit 140 zu 51 Stimmen und 106 zu 84 Stimmen (1 Enthaltung) sprach sich die grosse Kammer für den Mittelweg, den Mehrheitsantrag, aus und beliess die entsprechenden Ausgaben auf ihrer ursprünglichen Höhe.
Mit 135 zu 54 Stimmen nahm der Nationalrat schliesslich den Bundesbeschluss Ia über den Voranschlag für das Jahr 2020, der verglichen mit dem bundesrätlichen Budgetvorschlag Mehrausgaben von CHF 245 Mio. mit sich bringe, wie die beiden Kommissionssprecher Gmür und Nicolet (svp, VD) erklärten, in der Gesamtabstimmung an. Abgelehnt wurde er einstimmig von der SVP und von Stefania Prezioso Batou (gps, GE). Kaum bis gar nicht umstritten waren der Bundesbeschluss Ib über die Planungsgrössen im Voranschlag für das Jahr 2020, der Bundesbeschluss II über den Finanzplan für die Jahre 2021-2023, der Bundesbeschluss III über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2020 sowie der Bundesbeschluss IV über die Entnahmen aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2020.

Voranschlag 2020 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2021-2023 (BRG 19.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2020: Voranschlag und Staatsrechnung

Nach seiner Rückweisung des Bundesgesetzes über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen an die Kommission in der Frühjahrssession 2019 behandelte der Ständerat das entsprechende Gesetz in der Wintersession desselben Jahres erneut. Offen sei nur noch eine – jedoch eine gewichtige – Differenz, betonte Kommissionssprecher Bischof (cvp, SO). Diesbezüglich habe die Kommissionsmehrheit entschieden, die zuvor vom Ständerat als unklar kritisierte Klausel zum guten Glauben zu präzisieren. So wolle die Kommissionsmehrheit Bussen weiterhin in zwei Ausnahmefällen für abzugsfähig erklären, nämlich wenn der Ordre-public-Vorbehalt verletzt sei oder wenn das Unternehmen glaubhaft darlegen könne, dass es «alles Zumutbare unternommen hat, um sich [nach ausländischem Recht] rechtskonform zu verhalten». Ob dies der Fall gewesen sei, müsse das Unternehmen in einem Steuerverfahren und, wenn die Steuerbehörde dies bestreite, in einem Nachverfahren darlegen. Die Beweislast läge somit beim steuerpflichtigen Unternehmen, sie müsse aber keinen Vollbeweis erbringen; eine Glaubhaftmachung genüge. Eine Minderheit Hefti (fdp, GL) hielt eine Präzisierung des Begriffs für unnötig und beantragte die vorherige Formulierung zur Annahme. Kurz vor der Abstimmung zog Thomas Hefti jedoch seinen Antrag zurück. Die zweite Minderheit Levrat (sp, FR) beantragte, dem Bundesrat zu folgen und auf eine Abzugsfähigkeit zu verzichten. Letzterem Antrag pflichtete auch Finanzminister Maurer bei, der auf eine grössere Rechtssicherheit beim bundesrätlichen Vorschlag und auf mögliche Vollzugsprobleme beim Mehrheitsantrag hinwies.
Mit 26 zu 14 Stimmen sprach sich der Ständerat für den Mehrheitsantrag und die neue Formulierung der Kommission aus.

Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen (BRG 16.076)
Dossier: Steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen