In der ersten Woche der Sommersession 2020 beugte sich der Nationalrat über den neuen Vorstoss seiner WAK-NR zur Regelung der Mietzinsreduktion bei Geschäftsmieten während der Dauer der behördlich verordneten Zwangsschliessung aufgrund der Corona-Situation. Kommissionssprecherin Rytz (gp, BE) betitelte die neue Motion als mehrheitsfähigen Kompromiss in einer ausserordentlichen Lage, der nur subsidiär zum Zuge komme, also nur für den Fall, dass die Parteien bis anhin keine Einigung hatten erzielen können. Über die Frage, wie viele Mietverhältnisse dies betreffe, herrschte zum Zeitpunkt der Beratung keine Klarheit. Während zwei Immobilienverbände kurz vor der Sommersession nach Durchführung von Umfragen unter ihren Mitgliedern zum Schluss gekommen waren, dass bereits in der Hälfte respektive in zwei Dritteln der Fälle eine Einigung vorlag, zitierte Jacqueline Badran (sp, ZH) während der Beratung eine Studie der Swiss Retail Federation, des Verbands der mittelständischen Detailhandelsunternehmen, die nur einen Anteil an erzielten Einigungen von 17 Prozent gefunden hatte. Bis im Herbst soll ein vom BWO angeordnetes Monitoring im Bereich der Geschäftsmieten hierzu definitive Zahlen liefern. Die Kommissionsmehrheit berief sich ferner auf ein Kurzgutachten des BJ, das zum Schluss gelangt war, dass ein Eingriff in Vertragsverhältnisse zwischen Privaten im konkreten Fall keine Verletzung der Eigentumsgarantie darstelle, da die Mietverträge wegen «einer gravierenden Äquivalenzstörung» nicht eingehalten werden könnten. Die Verletzung der Eigentumsgarantie war eines der Argumente der ablehnenden bürgerlichen Kommissionsminderheit gewesen, jedoch bei weitem nicht das einzige. Eine Pauschallösung werde den unterschiedlichen Mietverhältnissen nicht gerecht, führte etwa Minderheitssprecher Feller (fdp, VD) aus und pochte nach wie vor auf individuelle Lösungen zwischen den Vertragsparteien. Ferner vermisse man die Verfassungsgrundlage für einen solchen Eingriff, der zudem den Grundsatz der Gleichbehandlung verletze, da etwa ein Handwerker von der Regelung profitiere, wenn er in eingemieteten Räumen tätig ist, diese Möglichkeit jedoch nicht habe, wenn er Eigentümer der Geschäftsliegenschaft sei.
Mit 98 zu 84 Stimmen bei 12 Enthaltungen stellte sich die grosse Kammer schliesslich hinter die Kommissionsmehrheit und nahm die Motion an. Während die Fraktionen der SP und Grünen geschlossen dafür stimmten, stellten sich die FDP.Liberale-Fraktion sowie die SVP-Fraktion mit je einer Ausnahme gegen den Vorstoss. Das Zünglein an der Wage spielten in diesem Fall die GLP-Fraktion, die sich komplett gespalten zeigte, sowie die Fraktion der Mitte, deren Vertreterinnen und Vertreter sich mit einer Ausnahme dem Vorstoss gegenüber entweder wohlwollend zeigten oder sich der Stimme enthielten.

Neuer Anlauf betreffend Erlass von Geschäftsmieten
Dossier: Diskussionen um Erlass von Geschäftsmieten während des Lockdown