Suche zurücksetzen

Inhalte

  • Indirekter Gegenvorschlag
  • Mietwesen

Akteure

Prozesse

411 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Der Nationalrat befasste sich als Zweitrat mit der Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei» und dem als indirekten Gegenvorschlag konzipierten Bundesgesetz über die Wahrung der inneren Sicherheit. Mit 116 zu 61 Stimmen empfahl der Rat die von der SP und der GP unterstützte Volksinitiative zur Ablehnung.

Mit derselben Stimmenzahl lehnte er auch den Antrag der Kommissionsminderheit auf Nichteintreten auf das neue Bundesgesetz ab. Die SP und die Grünen begründeten ihre Opposition gegen die Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für eine präventiv wirkende Polizei damit, dass ein solches Gesetz überflüssig sei und nur dazu dienen würde, der Polizei unkontrollierbaren Handlungsspielraum zur Überwachung der Bürger zu verschaffen. Wo es um die Bekämpfung echter Gefahren gehe, sei das bestehende Instrumentarium ausreichend: insbesondere sei die Bekämpfung des politischen Nachrichtendienstes (Spionage) bereits rechtlich abgesichert, und bei Sprengstoffdelikten und schweren Gewaltverbrechen seien seit 1981 auch vorbereitende Handlungen strafbar. Diese Einschätzung wurde von den Sprechern der bürgerlichen Parteien und Bundesrat Koller zurückgewiesen. Letzterer argumentierte damit, dass die von der Linken befürchtete Überwachung der Ausübung politischer Rechte im neuen Gesetz explizit ausgeschlossen sei. Andererseits sei die Überwachung der Aktivitäten bestimmter politischer Gruppierungen (z.B. der kurdischen PKK oder der islamischen Heilsfront) auch dann erforderlich, wenn deren Mitglieder die Schweiz nur als logistische Basis benutzen würden, ohne hier aber kriminelle Akte zu begehen. Das Gesetz sei deshalb auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit anderen europäischen Staaten notwendig.

In der Detailberatung strich der Nationalrat die Bekämpfung des organisierten Verbrechens aus dem Geltungsbereich des Gesetzes; nicht weil dieser keine Bedeutung zuerkannt wurde, sondern weil dies eine Aufgabe der strafrechtlichen Ermittlungsbehörden sei und auf Bundesebene mit den polizeilichen Zentralstellen bereits ein Koordinationsorgan bestehe. Bundesrat Koller argumentierte vergeblich damit, dass in vielen europäischen Staaten (allerdings nicht in Deutschland) die präventive Polizei auch in diesem Aufgabenbereich tätig sei. Eine gewichtige Differenz schuf der Rat bei den zulässigen Mitteln der präventiven Informationsbeschaffung. Gegen die Stimmen der FP, der Liberalen und eines Teils der FDP-Fraktion strich er die vom Ständerat aufgenommene Bestimmung, dass dazu auch ohne richterliche Anordnung der Telefon- und Postverkehr überwacht und elektronische Abhörgeräte eingesetzt werden können. Den Antrag der vorberatenden Kommission, dass im Staatsschutz grundsätzlich die im Datenschutzgesetz garantierten Einsichtsrechte gelten sollen, fand keine Mehrheit. Beschlossen wurde eine gleiche Regelung wie im Gesetz über die polizeilichen Zentralstellen, bei welcher der Datenschutzbeauftragte nur überprüft, ob eventuell vorliegende Daten rechtmässig bearbeitet werden, aber keine materiellen Auskünfte erteilt. In der Gesamtabstimmung wurde das neue Gesetz gegen die Stimmen der SP und der GP angenommen.

Neues Staatsschutzgesetz und Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei» (BRG 94.028)
Dossier: Der Fichenskandal und seine Folgen

Im Juni 1996 leitete der Bundesrat dem Parlament den Entwurf für ein Fortpflanzungsmedizingesetz zu, das sich als indirekten Gegenvorschlag zur hängigen Volksinitiative «für menschenwürdige Fortpflanzung» versteht, welche die Zeugung ausserhalb des Körpers der Frau und via Keimzellen Dritter verbieten will. Der Bundesrat empfiehlt diese Initiative zur Ablehnung, da sie unverhältnismässig sei und einem Alleingang der Schweiz in Europa gleichkäme.

In der stark umstrittenen Frage der Embryonenforschung schlägt der Bundesrat eine relativ harte Gangart an, indem pro Behandlungszyklus höchstens drei Embryonen entnommen und befruchtet werden dürfen; damit soll verhindert werden, dass überzählige Embryonen entstehen, welche der Forschung zugeführt werden könnten. Zudem wird die Konservierung von Embryonen untersagt. Dennoch will der Bundesrat die Embryonenforschung nicht gänzlich verbieten, da sie auch die Methode der Befruchtung im Reagenzglas weiter könnte verbessern helfen. Diese überaus heikle ethische Frage soll nach Meinung der Landesregierung in der Gesetzgebung zur Forschung geregelt werden; bis dahin gelten die Empfehlungen der Akademie der medizinischen Wissenschaften, die von Forschung an Embryonen abrät.

Volksinitiative «zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie» («Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung») und indirekter Gegenvorschlag (BRG 96.058)
Dossier: Eizellenspende
Dossier: Entwicklungen in der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen in den Neunzigerjahren

Auf den 1. März setzte der Bundesrat das Gesetz über Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung und eine dazugehörige Verordnung in Kraft. Im Mai wurde in der Deutschschweiz ein paritätischer Mietvertrag zwischen dem Mieterinnen- und Mieterverband und der Dachorganisation der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften (SVW), die rund 110'000 Wohnungen in der Schweiz besitzen, präsentiert. Der Kündigungsschutz ist darin abschliessend und im Detail geregelt. Dem Vertrag kommt gemäss den beiden Partnern Modellcharakter für künftige allgemeingültige Rahmenmietverträge zu. Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften nehmen allerdings eine spezielle Stellung ein, da deren Mitglieder gleichzeitig Mieter und Vermieter sind.

Bundesgesetz über Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung (BRG 93.081)

Während die Volksinitiative des Gewerbeverbandes vom Parlament klar abgelehnt wurde, stiess der indirekte Gegenentwurf der ständerätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) auf Interesse. Die Kommissionsinitiative (Pa.Iv. 95.423) sieht eine Verlagerung von der direkten Bundessteuer hin zur Mehrwertsteuer vor und möchte die steile Progression im mittleren Einkommensbereich mildern sowie die fiskalische Benachteiligung der Ehepaare gegenüber den Konkubinatspaaren eliminieren. Zur Kompensation der Einnahmenausfälle bei der direkten Bundessteuer von CHF 1.65 Mrd. sieht die WAK eine Erhöhung der MWSt von 1% beim Normalsatz und 0,3% beim reduzierten Satz vor. Der Bundesrat bestritt in seiner Stellungnahme nicht, dass die Progressionskurve und die Nachteile von verheirateten Doppelverdienern gegenüber Konkubinatspaaren mit zwei Einkommen diskussionswürdig seien. Er warnte aber davor, dass die Empfänger niedriger und mittlerer Einkommen auf Grund des Vorschlags per saldo mehr Steuern bezahlen müssten als heute. Entlastet, teilweise sogar massiv, würden verheiratete Steuerpflichtige ab einem Jahresbruttoeinkommen von CHF 150'000. Der Versuch, den Konkubinatseffekt zu entschärfen, führe zudem zu einer überproportionalen Mehrbelastung der Alleinstehenden. Der Bundesrat empfahl, das Revisionsvorhaben so lange hinauszuschieben, bis der Bundeshaushalt wieder einigermassen im Gleichgewicht sei, was frühestens in der nächsten Legislaturperiode der Fall sein dürfte. In der Frühlingssession beurteilte auch der Ständerat den Zeitpunkt als ungünstig. Er trat mit 19:15 Stimmen zwar auf die Kommissionsinitiative ein, folgte mit 22:4 Stimmen aber einem «Vermittlungsantrag» Spoerry (fdp, ZH), das Geschäft erst dann wieder aufzugreifen, wenn es im Rahmen des finanzpolitischen Gesamtkonzepts des Bundesrates beurteilt werden kann.

Indirekter Gegenentwurf zur Volksinitiative «Zur Abschaffung der direkten Bundessteuer»

Auf CHF 3,2 Mrd. schätzt eine Studie des Bundesamts für Wohnungswesen die jährlichen Umzugskosten für Mietwohnungen, wobei die Mieterinnen und Mieter mit CHF 2,3 Mrd. den Löwenanteil der Kosten übernehmen müssen. Gemessen an den CHF 22 Mrd., die jährlich an Mietzinsen umgesetzt werden, verteuerten die bei Wohnungswechseln entstehenden Transaktionskosten das Gut Wohnung um 15%. Jährlich wechseln 450'000 der 2,9 Mio. Erstwohnungen in der Schweiz ihren Mieter.

Jährliche Umzugskosten für Mietwohnungen

Als Zweitrat überwies im März mit 22:14 Stimmen auch der Ständerat eine Motion Baumberger (cvp, ZH), die den schrittweisen Übergang von der Kostenmiete zur Marktmiete fordert. Er folgte damit dem Nationalrat, der dem Vorstoss bereits 1994 zugestimmt hatte. Konkret verlangte der Motionär eine Überarbeitung all jener Vorschriften über die Mietzinse, die heute faktisch ein System der Kostenmiete bewirken würden, sowie jener Vorschriften, die die privaten Investoren vom Wohnungsbau abschrecken. Explizit hätte der Übergang zur Marktmiete auch im Bereich der Altwohnungen zu erfolgen. Eine Ratsmehrheit ging mit der antragstellenden Kommission einig, dass die 1990 eingeführte Regulierung des Mietrechts für gravierende Mängel auf dem Mietwohnungsmarkt verantwortlich sei und betonte, dass der Zeitpunkt für den Systemwechsel günstiger denn je sei. Vergeblich plädierten der Bundesrat und eine linke Ratsminderheit für die unverbindlichere Form des Postulats. Während die Linke vor höheren Mieten insbesondere auch für Altwohnungen warnte, gab Bundesrat Delamuraz zu bedenken, dass der Bund mit dem Übergang zur Marktmiete viel mehr Mittel für die soziale Abfederung aufwenden müsste als heute für die Wohnbauförderung. Die Rechtskommission des Nationalrats erhielt den Auftrag, abzuklären, ob für den Übergang zur Marktmiete eine Verfassungsänderung erforderlich ist.

Übergang von der Kostenmiete zur Marktmiete (Mo. 92.3576)
Dossier: Marktmiete

Im Herbst kamen die Hypothekarzinsen auf breiter Front ins Rutschen. Die Ersthypotheken fielen bis Ende Jahr in zwei Schritten von 5,5% auf 5,1%, während die Althypotheken von 5,5% auf 5,4% sanken. Das Bundesgericht entschied aber bereits vorher in einem Grundsatzurteil, dass eine Miete trotz Senkung des Hypothekarzinssatzes nicht herabgesetzt werden muss, solange der Vermieter keinen missbräuchlichen Ertrag erzielt.

Hypothekarzinsen 1995

Als Reaktion auf ein Bundesgerichtsurteil, wonach eine Miete trotz Senkung des Hypothekarzinssatzes nicht herabgesetzt werden muss, sowie auf die Liberalisierungsversuche von Nationalrat und Bundesrat, die gemäss dem Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband „das Mietrecht aushöhlen“, kündigte dieser Ende November an, eine Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ zu lancieren. Die Initiative verlangt eine automatische Weitergabe von Hypothekarzinssenkungen an die Mieterschaft, einen Mietzinsschutz bei Handänderungen und einen verbesserten Schutz gegen ungerechtfertigte Kündigungen. Neu soll für die Mieten ein sogenannter geglätteter Hypothekarzinssatz massgeblich sein, der dem Hypothekarzinsdurchschnitt der letzten fünf Jahre entspricht. Damit würden sprunghafte Mietzinserhöhungen verhindert, und der Wohnungsmarkt würde weniger abhängig von den fluktuierenden Kapitalmärkten. Der Mieterverband begründete sein Begehren damit, dass er dem Spekulantentum mit Mietwohnungen, der Preistreiberei bei Handänderungen und Luxussanierungen einen Riegel schieben wolle. Der Schweizerische Hauseigentümerverband warf den Initianten vor, sie wollten die Kostenmiete weiter zementieren und die letzten Marktelemente im Mietrecht beseitigen.

Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ und Teilrevision des Mietrechts (99.076)
Dossier: Gescheiterte Mietrechtsrevisionen
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Die Rechtskommission des Nationalrats trat auf die Vorlage ebenfalls ein. Sie sprach sich aber für einen eingeschränkten Aktionsraum des präventiven Staatsschutzes aus. Ihrer Meinung nach soll sich dieser auf die klassischen Bereiche (Terrorismus, Spionage) beschränken und – im Gegensatz zum bundesrätlichen Antrag – den Kampf gegen das organisierte Verbrechen den Strafverfolgungsbehörden überlassen.

Neues Staatsschutzgesetz und Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei» (BRG 94.028)
Dossier: Der Fichenskandal und seine Folgen

Eine vom Bundesamt für Raumplanung publizierte Studie kam zum Schluss, dass marktwirtschaftliche Instrumente die Konzentration der Besiedelung fördern und zum sparsameren Umgang mit dem Boden beitragen können. Einen entscheidenden Faktor stellen dabei die Preiserhöhungen im privaten Personenverkehr dar: Mit diesen werde der öffentliche Verkehr relativ günstiger, da er sich auf die Siedlungszentren konzentriere. Als zweites wichtiges Instrument wurde eine «Bodenversiegelungsabgabe» vorgeschlagen, mit der sich die Bautätigkeit stärker auf die überbauten Flächen konzentrieren würde. Der Übergang von Preissubventionen zu flächengebundenen und ökologischen Direktzahlungen in der Landwirtschaft führe insgesamt zu einer Abnahme der Nutzungsintensität. Weniger raumplanerische Effekte ergeben sich gemäss der Studie etwa bei der CO2-Abgabe, der Einführung der Marktmiete und der Deregulierung der Telekommunikation. Unter dem Strich würden marktwirtschaftliche Instrumente zu einer verstärkten Konzentration beitragen und die Siedlungskerne fördern. Sie unterstützen so das Ziel der haushälterischen Nutzung des Bodens.

Auswirkungen der Marktwirtschaft auf die Raumplanung (1995)

Eine „Marktmiete-Studie II“ kam zum Schluss, dass der Übergang von der Kostenmiete zur Marktmiete zum Zeitpunkt März 1995 die Mieten wegen der Entspannung auf dem Wohnungsmarkt nur noch um durchschnittlich 2,5% hätte steigen lassen. Die 1991 ebenfalls von der Hochschule St. Gallen erstellte „Marktmiete-Studie I“ hatte noch einen Mietzinsanstieg von 23% errechnet. Mit einer Gegenstudie konterte der Mieterverband, dass die Mieter in den letzten sechs Jahren CHF 1,5 Mrd. zuviel für ihre Wohnungen bezahlt hätten, wobei die Nichtweitergabe der Hypothekarzinssenkungen der Hauptgrund gewesen sei. Der Schweizerische Hauseigentümerverband bestritt diese Zahl vehement.

Studie zur Marktmiete (1995)
Dossier: Marktmiete

Nach verschiedenen nationalrätlichen Vorstössen im Vorjahr und der steten Kritik der Hauseigentümer seit Inkrafttreten des neuen Mietrechts 1990 unternahm neben dem Nationalrat auch der Bundesrat Schritte zu einem flexibleren Mietrecht. Er hat Änderungen der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen in die Vernehmlassung geschickt, gemäss welchen der Mietzins künftig auch ohne Vorbehalt erhöht werden kann, wenn die Rendite ungenügend ist oder der Zins an das quartier- oder ortsübliche Niveau angepasst wird. Weiter soll der Vermieter die Teuerung künftig ganz überwälzen dürfen, wenn der Mietzins im Vertrag an den Konsumentenpreis-Index gekoppelt ist. Nicht berücksichtigt hat der Bundesrat den Vorschlag der Mieterverbände, künftig auf einen längerfristigen Durchschnitt des Hypothekarzinssatzes abzustellen.

Änderung der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) 1996

Rund 25% der Schweizer Haushalte haben Mühe, die monatliche Miete zu bezahlen; sie müssen dafür mehr als einen Viertel ihres Einkommens aufwenden. Dies geht aus einer Studie „Wohnen und Einkommen“ des Bundesamtes für Wohnungswesen hervor, die aber auch festhält, dass die Wohnkosten für die grosse Mehrheit gut tragbar oder sogar günstig sind. Rund 60% der Mieterinnen und Mieter bezahlen 10 bis 25% des Einkommens für die Nettomiete, 23% der Haushaltungen müssen sogar weniger als 10% ausgeben. Zu den Risikohaushalten, die mehr als 25% für die Miete aufzubringen haben, gehören jeder zweite alleinstehende Pensionierte und jedes vierte Rentnerpaar sowie Jugendliche und übrige Alleinstehende.

Wohnen und Einkommen (Studie 1995)

Beide Räte stimmten im Berichtsjahr mit dem Bundesgesetz über Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung der Rechtsgrundlage für eine neue Sozialpartnerschaft im Wohnungswesen zu. Das neue Gesetz sieht vor, dass Musterbestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Mietverhältnisse über Wohn- und Geschäftsräume, die repräsentative Vermieter- und Mieterverbände gemeinsam vereinbart haben, regional für alle Mietverhältnisse gelten, wenn diese der Kanton oder, bei kantonsübergreifenden Verträgen, der Bundesrat für allgemeinverbindlich erklärt. Voraussetzung ist, dass die Verbände mindestens 5% der Mietenden oder Vermietenden im Geltungsbereich vertreten. Ein Rahmenmietvertrag kann für die ganze Schweiz, für ein oder mehrere Kantone und für Regionen, die mindestens 30'000 Wohnungen oder 10'000 Geschäftsräume umfassen, abgeschlossen werden. Oppositionslos stimmten beide Kammern der nationalrätlichen Rechtskommission zu, die zusammen mit Vermieter- und Mietervertretern in der umstrittenen Frage, wann vom gesetzlichen Mietrecht abgewichen werden darf, einen Kompromiss erarbeitet hatte. Der Kompromiss sieht vor, dass von den Bestimmungen des Obligationenrechts über die Anfechtung von Anfangsmietzinsen unter gewissen Voraussetzungen abgewichen werden darf. Ebenso können Rahmenmietverträge im Fall eines Eigentümerwechsels oder bei der Erstreckung eines Mietverhältnisses vom Gesetz abweichen. Nicht eingeschränkt werden darf hingegen das Recht der Mietenden, die Erhöhung von Mietzinsen anzufechten oder die Herabsetzung der Miete zu verlangen. Das neue Gesetz wird auf den 1. März 1996 in Kraft treten. Eine Genfer Standesinitiative zu kantonalen Rahmenmietverträgen (90.200) sowie eine parlamentarische Initiative Guinand (lp, NE) aus dem Jahr 1991 (90.260) wurden ausserdem als erfüllt abgeschrieben.

Bundesgesetz über Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung (BRG 93.081)

Der Ständerat befasste sich als Erstrat mit der Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei» und dem vom Bundesrat im Vorjahr als indirekten Gegenvorschlag vorgelegten neuen Bundesgesetz über die Wahrung der inneren Sicherheit. Ein Antrag Onken (sp, TG), auf eine präventive polizeiliche Tätigkeit grundsätzlich zu verzichten, deshalb die Initiative zur Annahme zu empfehlen und das Gesetz zur gründlichen Überarbeitung an die Regierung zurückzuweisen, unterlag mit 32:2 (Initiative) resp. 31:3 Stimmen (Gesetz).
In der Detailberatung beantragten Danioth (cvp, UR) und Plattner (sp, BS), die präzise Definition der Aufgabenbereiche bei der vorbeugenden Informationsbeschaffung (Art. 2) sowie der Bereiche, in denen eine präventive Informationsbeschaffung nicht erfolgen darf (Art. 3), bereits im Gesetz und nicht erst in der Verordnung vorzunehmen. Im ersten Fall (Terrorismus, Spionage, verbotener Handel mit Waffen und strategisch wichtigen technologischen Gütern) blieben sie in der Minderheit, bei den nicht zulässigen Überwachungsbereichen (Ausübung politischer Rechte) konnten sie sich knapp gegen den Bundesrat und die Kommissionsmehrheit durchsetzen. Heftig umstritten war ein von Béguin (fdp, NE) und Danioth vorgelegter Antrag, im Rahmen der präventiven Informationsbeschaffung auch eine Überwachung des Telefon- und Postverkehrs sowie den Einsatz von Abhörgeräten anordnen zu können. Dieser Beschluss entsprach einer von Bundesanwältin Del Ponte mit Nachdruck vertretenen Forderung; eine ähnliche Gesetzesbestimmung wurde gleichzeitig in Deutschland unter dem Titel «der grosse Lauschangriff» heftig debattiert. Die Verwendung derartiger Mittel ausserhalb von Strafuntersuchungen ist in der Schweiz seit Oktober 1990 mangels gesetzlicher Grundlagen nicht mehr zugelassen. Obwohl sich sowohl die Kommissionsmehrheit – auch gestützt auf die Empfehlung von Experten – als auch Bundesrat Koller dagegen aussprachen, stimmte der Rat dem Antrag im Verhältnis 21:14 zu. Die Massnahme soll vom Direktor des neuen Bundesamtes für innere Sicherheit angeordnet werden können, bedarf allerdings einer Genehmigung durch den Vorsteher des EJPD.
Die neuen Vorschriften über die Sicherheitsüberprüfungen für bestimmte Personenkategorien im öffentlichen Dienst und der Armee waren nicht bestritten. In Abweichung von der bundesrätlichen Vorlage beschloss der Ständerat aber, nur eine einzige, für Armee und Verwaltung zuständige Stelle mit dieser Aufgabe zu betrauen. Auch die Vorschläge über den Personen- und Gebäudeschutz passierten ohne wesentliche Abänderungen. In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Ständerat das neue Gesetz mit einer Gegenstimme.

Neues Staatsschutzgesetz und Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei» (BRG 94.028)
Dossier: Der Fichenskandal und seine Folgen

Mieterinnen und Mieter erhalten kein gesetzliches Vorkaufsrecht, wenn der Vermieter die Wohnung verkaufen will. Mit 84:55 Stimmen lehnte der Nationalrat entgegen einer knappen Kommissionsmehrheit eine parlamentarische Initiative Rechsteiner (sp, SG) ab, welche damit die Rechte von Mietern verbessern und eine breitere Streuung des Wohneigentums erreichen wollte. Vergebens erinnerte der Initiant daran, dass es sich hier um ein in den achtziger Jahren, vor der Abstimmung über die Stadt-Land-Initiative abgegebenes Versprechen handle. Die Gegner machten geltend, dass das Mietervorkaufsrecht die Vertragsfreiheit des Eigentümers einschränke.

Parlamentarische Initiative für ein Vorkaufsrecht für Mieter (91.423)

Die Ersthypotheken lagen während dem ganzen Berichtsjahr stabil bei durchschnittlich 5,5%, die Althypotheken reduzierten sich von 5,9% auf ebenfalls 5,5%.
Auch die Mieten blieben 1994 im Schweizerischen Landesdurchschnitt auf stabilem Niveau. Ein Vergleich des Landesindex für Wohnungsmiete zwischen Dezember 1993 und Dezember 1994 ergibt eine leichte Erhöhung der Wohnmieten von 0,1%. Damit wirkte sich das wachsende Angebot auf dem Wohnungsmarkt, von einigen Teilmärkten und Wohnungssegmenten abgesehen, noch nicht auf die Entwicklung der Wohnkosten aus.

Landesindex der Wohnungsmiete (1991-1998)

Nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten Odilo Guntern sind viele Fragen auf Anmeldungsformularen bei Wohnungsbewerbungen unnötig und verletzen die Privatsphäre der Mieter. Guntern erliess im November zuhanden der Vermieter- und Mieterverbände eine Empfehlung. So soll etwa das Einkommen nur noch in Kategorien erhoben werden und Fragen, ob sich der Mieter in einer Notlage befinde oder ob er aufgrund der Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt zum Abschluss des Mietvertrages gezwngen wurde, nicht mehr erlaubt sein. Ebenso sollen keine Fragen mehr zur Mitgliedschaft bei einer Mieterschutzorganisation oder zum Bestehen chronischer Krankheiten des Wohnungsbewerbers gestellt werden dürfen. In einer ersten Reaktion akzeptierten die Vermieterverbände die als moderat eingestuften Empfehlungen.

Datenschutz bei Fragen bei Wohnungsbewerbungen

In der Herbstsession reichte die christlichdemokratische Fraktion per Motion eine Kompromisslösung ein, welche sich gegen die Marktmiete, aber für eine Entschlackung des Mietrechts ausspricht. Die Motion wurde vom Nationalrat als Postulat überwiesen.

Kompromiss zur Marktmiete (Mo. 94.3298)
Dossier: Marktmiete

Drei Vorstösse bürgerlicher Parlamentarier und Vertreter des Hauseigentümerverbandes zielten in der Sommersession auf eine Deregulierung im Mietwesen ab. Zwei parlamentarische Initiativen Hegetschweiler (fdp, ZH) (92.445 / 93.429) von 1992 und 1993 verlangten in Form ausgearbeiteter Entwürfe Änderungen des erst 1990 in Kraft getretenen revidierten Mietrechts. Dieses habe die Stellung des Vermieters verschlechtert und halte private Investoren vom Wohnungsbau ab. Insbesondere forderte der Initiant die Abschwächung von Mietrechtsnormen in den Bereichen Anfechtbarkeit der Anfangsmiete, Kündigung und ihre Erstreckung, vorzeitige Rückgabe des Mietobjektes, Mietzinsdepot, Mängelbehebung und Erneuerung des Mietobjektes, Untermiete und Eigenbedarf. Mit der zweiten, ergänzenden Initiative forderte der Initiant eine klare Regelung des Mietzinsvorbehalts. Danach müsste jeder Vermieter das Recht haben, nach zweijähriger Frist eine Erhöhungsmöglichkeit der Mieten auch ohne Vorbehalt geltend machen zu können. Eine parlamentarische Initiative Ducret (cvp, GE) (93.421) von 1993 forderte ausserdem, den durch die geltenden Bestimmungen möglichen Widerspruch, dass der von einer zuständigen Verwaltungsbehörde bestimmte Mietzins von einer richterlichen Instanz als missbräuchlich erklärt werden könne, mit einer Änderung im Mietrecht zu verhindern. Die vorberatende Rechtskommission des Nationalrates beschloss, den drei Initiativen Folge zu geben, da sich das neue Mietrecht tätsächlich in verschiedenen Punkten nicht bewährt habe und äusserst kompliziert und unüberschaubar sei. Der Nationalrat folgte der Empfehlung seiner Kommission gegen den Widerstand der SP und der GP mit 94 zu 73 bzw. mit 105 zu 64 Stimmen.

Parlamentarische Initiativen zur Deregulierung des Mietrechts werden abgeschrieben (1997)
Dossier: Marktmiete
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Überwiesen wurde vom Nationalrat mit 72 gegen 63 Stimmen eine Motion Baumberger (cvp, ZH), welche explizit die Einführung der Marktmiete verlangt. Die SP, die GP und ein Teil der CVP-Fraktion wehrten sich vergeblich gegen einen Systemwechsel, der ihrer Meinung nach der Abschaffung des Mieterschutzes gleichkäme und drohten, wie auch der Mieterverband, mit dem Referendum. Sie beriefen sich auf den Bericht der vom Bundesrat eingesetzten Studienkommission Marktmiete von 1993, der - ohne eine Empfehlung abzugeben - davon ausgeht, dass eine Einführung der Marktmiete zu Preiserhöhungen, insbesondere auch im Altwohnungsbestand, führen würde. Bundesrat Delamuraz machte sich für eine etappenweise Reform stark, die vor allem die Vereinfachung des Mieterrechts zum Ziel haben müsse. Eine reine Marktmiete sei hingegen wirtschaftlich und sozial nicht zu verkraften. Vergeblich sprach er sich für die Umwandlung der Motion in ein Postulat aus. Die Befürworter der Marktmiete sprachen sich zur „sozialen Abfederung“ des Systemwechsels für eine staatliche Subjekthilfe aus.

Übergang von der Kostenmiete zur Marktmiete (Mo. 92.3576)
Dossier: Marktmiete

Eine Motion de Dardel (sp, GE), welche den Bundesrat mit einem dringlichen Bundesbeschluss ermächtigen wollte, bei Hypothekarzinssenkungen eine allgemeine Mietzinssenkung anzuordnen, wurde vom Nationalrat auch als Postulat abgelehnt.

Keine Ermächtigung des Bundesrates zu einer Mietzinssenkung (93.3460)

In der Botschaft zum Staatsschutzgesetz begründete der Bundesrat auch seine Ablehnung der Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei». Seiner Ansicht nach erfüllt das vorgeschlagene neue Gesetz die Forderungen nach einer Abschaffung der politischen Polizei und dem Verbot der Überwachung von Personen, die ihre politischen Rechte wahrnehmen.

Neues Staatsschutzgesetz und Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei» (BRG 94.028)
Dossier: Der Fichenskandal und seine Folgen

Im März 1994 legte der Bundesrat die Botschaft für ein neues Gesetz über «Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit» vor; auf den noch in der Vernehmlassung verwendeten Titel «Staatsschutzgesetz» verzichtete er, da dieser «vorbelastet» sei. Dieses Gesetz regelt primär die vorbereitende, d.h. vor der Aufnahme einer Strafverfolgung einsetzende Informationsbeschaffung der Polizeibehörden. Diese soll nur in Bereichen möglich sein, wo Ereignisse unvermittelt auftreten können, die eine ernsthafte Gefährdung der inneren Sicherheit darstellen. Grundsätzlich verboten ist dabei die Bearbeitung von Daten über legale politische Aktivitäten von Bürgern und Bürgerinnen. Nach der Kritik im Vernehmlassungsverfahren wurde auf die ursprünglich vorgesehene Möglichkeit der geheimen Informationsbeschaffung (z.B. Telefonabhörung oder verdeckte Fahndung) verzichtet. Welche Aktivitäten die innere Sicherheit ernsthaft gefährden können, wird in der Botschaft nicht genau definiert; erwähnt werden Terrorismus, Spionage, gewalttätiger Extremismus und organisiertes Verbrechen. Wegen dem Fehlen von präzisen Kriterien ist es nach Ansicht des Bundesrats wichtig, die Informationsbeschaffung politisch zu führen. Diese Kontrolle will er mittels regelmässig an neue Gegebenheiten anzupassende Lagebeurteilungen und der Genehmigung der Liste der zu observierenden Ereignisse, Personen und Organisationen sicherstellen. Ein Einsichtsrecht in die Datensammlungen soll gemäss dem Entwurf nur erhalten, wer ein begründetes Interesse nachweisen kann.
Das Gesetz enthält im weiteren Bestimmungen über die Sicherheitsüberprüfung von Personen, welche für bestimmte Funktionen in der Bundesverwaltung oder in der Armee vorgeschlagen sind, sowie über den Schutz von Personen und Gebäuden des Bundes, ausländischer Staaten und internationaler Organisationen.
All diese Aufgaben möchte der Bundesrat einem neuen Bundesamt für Innere Sicherheit übertragen. Dieses Amt soll aus der heutigen Bundesanwaltschaft hervorgehen, sobald die Trennung dieser Stelle in eine Anklagebehörde des Bundes und eine Polizeibehörde, wie sie die 1993 dem Parlament unterbreitete Teilrevision des Gesetzes über die Bundesstrafrechtspflege vorsieht, in Kraft tritt.

Neues Staatsschutzgesetz und Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei» (BRG 94.028)
Dossier: Der Fichenskandal und seine Folgen