Die öffentlichen Diskussionen um die Geschäftsmieten flammten ab Ende 2020 wieder auf. Dies einerseits, weil der Bundesrat in der zweiten Corona-Welle wieder starke Einschränkungen des öffentlichen Lebens anordnete und viele Geschäfte ihre Türen schliessen mussten. Andererseits scheiterte im Parlament ein geplantes Covid-19-Geschäftsmietegesetz. Einige Kantone und Gemeinden beschlossen daher eigene Lösungen. Gemäss dem zweiten Monitoringbericht zu den Geschäftsmieten hatten sieben Kantone (GE, VD, FR, NE, BS, SO, BL) ein spezifisches Unterstützungsmodell im Bereich der Geschäftsmieten entwickelt. Typischerweise umfassten diese Modelle einen Beitrag des Kantons an die Miet- oder Pachtkosten, wenn sich die Mietparteien vorgängig auf eine Mietreduktion einigen konnten. Insbesondere das «Drei-Drittel-Modell» des Kantons Basel-Stadt machte Schule. Gemäss dieser Regelung übernimmt der Kanton einen Drittel der Mietkosten in den Lockdownmonaten, sofern die Vermieterseite bereit ist, auf einen weiteren Drittel der Miete zu verzichten. Auch die Städte Bern und Zürich folgten dem Modell des Stadtkantons.

Unabhängig von Fragen bezüglich der finanziellen Unterstützungsmodelle, ist die Frage, ob die von den bundesrätlich angeordneten Schliessungen betroffenen Geschäfte überhaupt Miete zu bezahlen hätten, weiterhin ungeklärt. Diese mietrechtliche Frage bleibt sowohl unter den betroffenen Parteien als auch in der Rechtslehre umstritten, denn bisher gab es noch kein richtungsweisendes Urteil zu diesen Fällen. Erste Urteile der Mietgerichte Genf und Zürich fielen zuungunsten der Mietenden aus. Doch gemäss dem Mieterinnen- und Mieterverband sind die Urteile noch nicht rechtskräftig und mindestens im Fall am Mietgericht Zürich wird das Urteil weitergezogen. Bereits im April 2021 kündigte Armin Zucker, Vizepräsident des Verbands der Geschäftsmieter, in der NZZ an, dass sein Verband Musterprozesse anstrebe, um die Frage, ob tatsächlich 100 Prozent der Miete geschuldet seien, gerichtlich zu klären. Doch Zucker meinte damals auch, er rechne erst in einigen Jahren mit einem richtungsweisenden letztinstanzlichen Urteil.

In Abwesenheit von klaren gesetzlichen und rechtlichen Grundlagen blieben vielen Geschäftsmietenden nur die Verhandlungen mit der Vermieterschaft. Diese zeigte sich laut verschiedenen Medienberichten, beispielsweise vom Blick oder der NZZ, im zweiten Lockdown weniger entgegenkommend als noch im Frühjahr 2020. Mietende empfanden dies gemäss den Berichten als unfair, da das Geschäftsmietengesetz im Parlament unter anderem mit der Begründung abgelehnt wurde, dass auch die Vermieterschaft ein Interesse an einem Entgegenkommen habe und sie deshalb auf die Mietenden zugehen würden, wenn der Staat nicht eingreife. Die Vermieterschaft verwies derweil laut den Medienberichten oft auf die im Januar 2021 durch den Bundesrat erhöhten Härtefallgelder und forderte ihre Geschäftsmietenden auf, diese Gelder zu beantragen anstatt einen Mietzinserlass zu fordern.

Die Autorinnen und Autoren des Monitoringberichts zu den Geschäftsmieten kamen ihrerseits zum Schluss, dass die Härtefallgelder in grossem Ausmass in Anspruch genommen wurden und wohl auch deshalb die Anzahl der Unternehmen, die mit ihrer Vermieterschaft über die Miete verhandelte, gegenüber dem ersten Lockdown leicht gesunken sei (auf ungefähr die Hälfte der Unternehmen). Der Anteil der Mietparteien, die sich einigen konnten, sei etwa bei zwei Dritteln stabil geblieben.

Ausserparlamentarische Debatten zur Reduktion von Geschäftsmieten
Dossier: Diskussionen um Erlass von Geschäftsmieten während des Lockdown