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Eine Motion der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates forderte, dass Unterstützungsleistungen aus öffentlichen Mitteln, die anstelle des Erwerbseinkommens ausgerichtet werden (insbesondere Sozialhilfeleistungen), im Sinne der steuerlichen und wirtschaftlichen Gleichbehandlung gänzlich der Einkommenssteuer unterstellt werden und gleichzeitig das Existenzminimum steuerlich entlastet wird. Sowohl der Bundesrat als auch die Kommission empfahlen die Motion zur Annahme und der Ständerat folgte diesen Empfehlungen.

Sozialhilfebezüge

Der Bundesrat legte im Frühjahr einen Bericht über die „gesamtschweizerische Strategie zur Armutsbekämpfung“ vor. Er beschränkte sich darauf, die Armutsrisiken in den verschiedenen Lebenslagen aufzuzeigen und mögliche Massnahmen zu formulieren. In erster Linie seien aber die Kantone und Gemeinden gefordert, diese Problematik anzugehen. Der Bundesrat selbst sah drei Schwerpunkte der Armutsbekämpfung: mehr Chancengleichheit im Bildungsbereich, eine verstärkte Wiedereingliederung im Arbeitsmarkt durch eine bessere Zusammenarbeit von IV, Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe sowie die Bekämpfung der Familienarmut.

gesamtschweizerische Strategie zur Armutsbekämpfung

Der Nationalrat nahm eine Motion Perrin (svp, NE) an, welche nach dem Beispiel von Spanien den Schutz von geschlagenen Frauen mithilfe elektronischer Vorrichtungen erhöhen wollte. Der Bundesrat hatte die Motion zur Annahme empfohlen, da es für die gerichtliche Anordnung von elektronischen Vorrichtungen zur Durchsetzung von Fernhaltemassnahmen gegen gewalttätige Personen eine gesetzliche Grundlage brauche.

Geschlagene Frauen schützen (Mo. 09.4017)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

In der grossen Kammer ebenfalls angenommen wurde eine Motion Heim (sp, SO), welche einerseits einen Bericht zur Einstellungspraxis betreffend dem Tatbestand „Häusliche Gewalt“ in den Kantonen verlangte und andererseits eine Änderung dieser Bestimmung zwecks Eindämmung der häuslichen Gewalt und Stärkung der Opfer forderte.

Eindämmung der häuslichen Gewalt (Mo. 09.3059)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Zu Beginn des Jahres präsentierte die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) 31 Massnahmen, um die Armut in der Schweiz einzudämmen. Finanziert werden sollten diese durch eine Umschichtung der Sozialhilfeausgaben. Im Fokus dieser Vorschläge standen Lebensphasen und Lebensbereiche, in denen die Armut besonders oft entsteht, wie beispielsweise Kindheit, Familie, Bildung, Arbeitslosigkeit etc. Thematisiert wurden Mindestlöhne, Lehrwerkstätten, die Steuerbefreiung des Existenzminimums oder die Finanzierung eines „zweiten“ Arbeitsmarktes für Langzeitarbeitslose. Mit den vorgeschlagenen Massnahmen wollte die Skos die Armut in der Schweiz in den nächsten 10 Jahren halbieren, wobei sie ein besonderes Gewicht auf die Langzeitarbeitslosen legte.

31 Massnahmen

Die Hilfsorganisation Caritas veranschlagte die Zahl der armen Menschen in der Schweiz auf 896'000 und lag damit im oberen Bereich der Schätzungen. Caritas setzte sich zum Ziel, dazu beizutragen, dass die Armut in der Schweiz in den kommenden zehn Jahren halbiert wird. Damit schloss sie sich dem Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung 2010 an. Dazu forderte die Hilfsorganisation von den Kantonen jährliche Armutsberichte und ein Bundesrahmengesetz zur Sozialhilfe.

Zahl der armen Menschen

Eine Studie von Pro Senectute hielt fest, dass in keiner Altersgruppe die Einkommen und Vermögen ungleicher verteilt sind als bei den über 60-Jährigen. Ein Drittel der Pensionierten lebe nur von der AHV-Rente. 12% der AHV-Rentner seien auf Ergänzungsleistungen angewiesen und würden zu den Armen zählen, wenn es diesen Sozialtransfer nicht gäbe. Etwa 3-4% der Bezüger blieben trotz dieser Hilfe arm. Die Tendenz der Verschuldung im Alter nahm deutlich zu. Zu den häufigsten Gründen der Verschuldung gehörten Steuerverpflichtungen. Pro Senectute möchte daher die Altersarmut über den Ausbau der Ergänzungsleistungen eindämmen und das Existenzminimum von Steuern befreien.

Altersarmut

Aus der im Frühjahr vom BFS veröffentlichten Sozialhilfestatistik 2007 ging hervor, dass der Anteil an Sozialhilfebezügern an der Bevölkerung im Jahr 2007 im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen war. 2007 wurde ein Anteil von 3,1% der Gesamtbevölkerung mit Sozialhilfe unterstützt. 2006 lag die Quote bei 3,3%, 2005 bei 3,2%. Den höchsten Anteil an Sozialhilfebezügern hatten nach wie vor Alleinerziehende (knapp 17%). Generell nimmt das Risiko, Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen, mit zunehmendem Alter ab. Die Sozialhilfequoten in städtischen Kantonen wie Basel-Stadt und in der Westschweiz lagen tendenziell über dem Durchschnitt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ausländer Sozialhilfe beziehen, war rund drei Mal höher als bei Schweizern; 44% aller Sozialhilfeempfänger waren im Jahr 2007 Ausländer.

Sozialhilfestatistik 2007
Dossier: Sozialhilfestatistiken

Ebenfalls erfolglos blieb eine Motion der GP, die den Bundesrat beauftragen wollte, das Arbeitslosenversicherungsgesetz so schnell wie möglich insofern anzupassen, dass wieder 520 Taggelder an alle Erwerbslosen ausbezahlt werden können. Argumentiert wurde damit, dass es nicht sein könne, dass zunehmend die Gemeinden über die Sozialhilfe für die Kosten der Arbeitslosigkeit aufkommen müssen. Der Bundesrat entgegnete, dass eine Verlängerung der Bezugsdauer sich kaum positiv auf die Wiedereingliederung von Stellensuchenden auswirken würde und beantragte daher die Ablehnung der Motion. Dem folgte auch der Nationalrat und lehnte die Motion mit 131 zu 63 Stimmen ab.

Verlängerung der Bezugsdauer

Die Skos verlangte, dass nur noch Grossverdiener oder Wohlhabende um Unterstützung für ihre Verwandten, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, angegangen werden können und nicht wie bisher auch Verwandte mit moderaten Einkommen und Vermögen. Damit wären laut Skos faktisch nur noch die reichsten 10% der Bevölkerung zu Zahlungen verpflichtet. Die Skos rechnete nicht mit grossen Einkommenseinbussen, da auch bisher keine bedeutenden Summen eingeholt werden konnten und die Verwandtengelder meist weniger als 2% ausmachten. Die Praxis der Kantone sei ausserdem äusserst uneinheitlich.

Unterstützung für ihre Verwandten

Etwas besser erging es einer anderen parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion, welche zusätzlich zur Wohnsitzpflicht von zwölf Jahren verlangte, dass die gesuchstellende Person während mindestens sieben Jahren im Besitz einer Niederlassungsbewilligung gewesen sein muss. Es sollte damit verhindert werden, dass zum Beispiel abgewiesene Asylbewerber, die sich provisorisch in der Schweiz aufhalten dürfen, eingebürgert werden. Der Nationalrat entschied zwar mit 103 zu 54 Stimmen, dem Vorstoss keine Folge zu geben. Er nahm aber zur Kenntnis, dass die Staatspolitischen Kommissionen beider Räte (SPK-NR, SPK-SR) zuvor einer weniger weit gehenden parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion Folge gegeben hatten, welche verlangt, dass nur eingebürgert werden darf, wer über eine Niederlassungsbewilligung verfügt. Relativ knapp mit 85 zu 73 Stimmen lehnte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion ab, die Bezüger von Invalidenrenten oder Sozialhilfe von der Einbürgerung ausschliessen wollte. Neben der geschlossenen SVP hatte sich auch eine klare Mehrheit der FDP hinter diesen Vorstoss gestellt.

Besitz einer Niederlassungsbewilligung (Pa.Iv. 06.485)

Das BFS ist seit 2006 dabei, ausgehend von der Auswertung der verfügbaren kantonalen Daten, eine gesamtschweizerische Sozialhilfestatistik aufzubauen. Dieses Jahr erschienen nun erste umfassende Daten für das Jahr 2006. Gemäss diesen waren in der Schweiz ungefähr 380'000 Menschen im Alter zwischen 20 und 59 Jahren arm. Das entspricht einer Quote von 9%. Die Quote der „Working poor“, also jener armen Erwerbstätigen, die in einem Haushalt mit insgesamt mindestens 36 Arbeitsstunden pro Woche leben, sank von 5% im Jahr 2000 auf 4,5% im Jahr 2006. Als arm gilt in der Schweiz, wer alleinstehend mit weniger als 2200 Fr. leben muss. Der zwischenzeitliche deutliche Rückgang der Armutsquote bis 2002 und die erneute Zunahme danach erklärt sich mit dem zeitlich verzögerten Einfluss der Arbeitslosigkeit, die zuerst 2001 auf 1,7% sank und anschliessend auf 3,9% anstieg. Die Zahl der Sozialhilfeempfangenden nahm 2006 um rund 7600 auf 245 156 Personen zu. Im Vergleich zum Vorjahr wuchs die Quote um 0,1%. Rund 44% aller Sozialhilfeempfangenden waren Ausländer. Kinder, junge Erwachsene und Alleinerziehende waren am häufigsten auf Sozialhilfe angewiesen. Generell nahm die Quote mit zunehmendem Alter ab. Arbeitslosigkeit und Ausbildung zählten zu den wichtigsten Sozialhilferisiken .

Sozialhilfestatistik 2006
Dossier: Sozialhilfestatistiken

Dass es den Menschen in der Schweiz mit zunehmendem Alter finanziell besser geht, zeigte nicht nur die Sozialhilfestatistik, sondern auch eine vom BFS in Auftrag gegebene Studie der Universität Genf. Diese stellte fest, dass sich die finanzielle Situation der Rentner seit der Einführung der AHV 1948 grundlegend verändert hat. Wären damals viele ohne die Unterstützung ihrer Kinder nicht über die Runden gekommen, hat sich heute das Blatt gewendet. Personen im Ruhestand wiesen nun gegenüber dem Rest der Bevölkerung eine höhere materielle Sicherheit auf. Die AHV machte bei den meisten Rentnern nur einen Teil der Einkünfte aus. Laut der Studie verfügten Rentnerpaare im Mittel über ein dreimal höheres Vermögen als Erwerbstätige. Untersucht wurde die wirtschaftliche Situation von über einer Million Personen in der Schweiz im Alter zwischen 25 und 99 Jahren im Jahr 2003 .

Alter

Immer mehr Städte verschärften die Kontrollen im Kampf gegen den Sozialhilfemissbrauch. So beispielsweise die Städte Basel, Bern und Zürich. In Zürich erhärtete sich in zwei Dritteln der von den Sozialinspektoren untersuchten verdächtigen Fälle der Verdacht auf Sozialhilfe-Missbrauch. Die Stadtzürcher Sozialinspektoren hatten ihre Arbeit im Jahr 2007 aufgenommen. In der Mehrheit der entdeckten Fälle deklarierten die Sozialhilfeempfangenden die Nebeneinkünfte oder ihre Autos nicht. Aber auch durch falsche Angaben zur Haushaltsgrösse oder nicht angegebene Vermögenswerte wurde zu viel Sozialhilfe eingefordert .

Sozialhilfemissbrauch

Das BFS ist seit 2006 dabei, ausgehend von der Auswertung der verfügbaren kantonalen Daten, eine gesamtschweizerische Sozialhilfestatistik aufzubauen. Die Untersuchungen, welche im Berichtsjahr neu dazu kamen (AG, AI, SH, SO, TG und ZH) zeichneten mit Nuancen alle ein ähnliches Bild. Dank der andauernd guten Konjunktur waren 2006 die Fallzahlen tendenziell in den meisten Regionen leicht zurückgegangen. In ländlichen Gebieten sind prekäre finanzielle Verhältnisse weniger stark ausgeprägt als in städtischen; Alleinerziehende, Personen mit Ausbildungsdefiziten, Kinder und Jugendliche sowie Ausländerinnen und Ausländer sind in der Sozialhilfe überproportional vertreten.

Sozialhilfestatistik 2006
Dossier: Sozialhilfestatistiken

Mangelnde Bildung und fehlende Erwerbstätigkeit sind die wichtigsten Risikomerkmale junger Erwachsener in der Sozialhilfe. Bei Frauen in allen Altersgruppen führen hauptsächlich prekäre Arbeitsmarktintegration, Scheidung und die Verantwortung für die Kinderbetreuung als Alleinerziehende zu einem Sozialhilfebezug. Eine Studie des BFS und des Eidg. Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann untersuchte anhand der Sozialhilfestatistik 2004, ob spezifische Risikokonstellationen für die erhöhte Sozialhilfeabhängigkeit von Frauen verantwortlich sind. Während in der Wohnbevölkerung 30% der jungen Frauen zwischen 18 und 25 Jahren über keinen nachobligatorischen Bildungsabschluss verfügen, beträgt ihr Anteil an den Sozialhilfebeziehenden 63%. Bei jungen Männern bestätigte sich dieser Risikofaktor ebenfalls (62%). Während Erwerbslosigkeit bei jungen Erwachsenen allgemein ein hohes Sozialhilferisiko darstellt, ist Nichterwerbstätigkeit aufgrund von Ausbildung oder Kinderbetreuungsverpflichtungen ein frauenspezifischer Faktor, der sich mit zunehmendem Alter noch verschärft: In der Altersgruppe der 31- bis 40-Jährigen ist jede zweite Sozialhilfebezügerin alleinerziehend. (Vgl. auch hier; zur Frage der Steuerbefreiung des Existenzminimums siehe hier)

Mangelnde Bildung und fehlende Erwerbstätigkeit

Reicht nach einer Scheidung oder Trennung das Einkommen nicht für zwei Haushalte, sind doppelt so viele Frauen von Armut betroffen wie Männer. Die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen (EKF) legte dazu eine Studie vor und forderte Massnahmen für eine geschlechtergerechte Aufteilung der wirtschaftlichen Folgen von Trennung und Scheidung. Grund für das hohe Armutsrisiko geschiedener Frauen ist unter anderem die gängige Rechtspraxis, wonach der unterhaltspflichtigen Person – aufgrund der traditionellen Rollenverteilung nach wie vor meist der Mann – nicht ins Existenzminimum eingegriffen wird. Um die festgestellten Benachteiligungen und Rechtsungleichheiten zu beseitigen, empfiehlt die EKF eine Reihe von Massnahmen, unter anderem ein nationales Rahmengesetz für die Sozialhilfe.

Studie zeigt ein hohes Armutsrisiko für geschiedene Frauen

Bei der Totalrevision des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz) folgte der Ständerat mit deutlichem Mehr in den wesentlichen Punkten dem Nationalrat, der im Vorjahr weitgehend dem Entwurf des Bundesrates zugestimmt hatte, insbesondere bei den Entschädigungs- und Genugtuungszahlungen an die Opfer (nach unten korrigierte Höchstbeträge für die Genugtuungen, Wegfall der Leistungen bei Straftaten, die im Ausland begangen werden). Abweichend vom Nationalrat fügte er aber mit Stichentscheid des Präsidenten wieder die Pflicht für die Kantone ein, die Angebote der Opferhilfe publik zu machen. Im Nationalrat beantragte eine Minderheit um Leutenegger Oberholzer (sp, BL), hier der kleinen Kammer zu folgen. Unterstützung erhielt sie von Bundesrat Blocher: Eine Streichung der Bestimmung bedeute zwar nicht, dass die Kantone diese Information nicht mehr publik machen dürften, aber die Verpflichtung entfalle für jene Delikte, in welche (zumindest in einem ersten Schritt) die Polizei nicht involviert sei. Das sei insbesondere der Fall bei länger zurückliegenden Straftaten etwa im Bereich von sexuellem Missbrauch, wo die Betroffenen allenfalls vor einer Anzeige eine Beratung nötig hätten. Der Minderheitsantrag unterlag mit 100 zu 73 Stimmen. SP und Grüne sprachen sich geschlossen für die Informationspflicht aus, ebenso eine Minderheit der CVP. Angesichts der doch klaren Mehrheitsverhältnisse in der grossen Kammer beugte sich der Ständerat in diesem Punkt. In der Schlussabstimmung wurde die Revision mit 126 zu 66 (SP und GP) resp. mit 42 zu 1 Stimmen angenommen.

Revision des Opferhilfegesetzes (BRG 05.078)
Dossier: Totalrevision Opferhilfegesetz 2005-2007

In der Schweiz sind rund 360'000 Menschen im Erwerbsalter gemäss den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) arm. Rund ein Drittel davon sind so genannte Working Poor – also Personen, die trotz Vollzeitbeschäftigung unter der Armutsgrenze leben. Dank der guten Konjunktur ist die Armutsquote tendenziell sinkend, wie die neuesten Zahlen des BFS zeigen. 2005 waren rund 8,5% der Schweizer Bevölkerung im Alter von 20 bis 59 Jahren von Armut betroffen; fünf Jahre zuvor waren es noch 9,1% gewesen. Die stärkste Abnahme verzeichnete das BFS zwischen 2000 und 2002 und führte dies auf die günstige Konjunktur und die damit verbundene sinkende Arbeitslosenquote zurück. Zwischen 2002 und 2004 stieg die Quote allerdings wieder an, um im Jahr 2005 wieder leicht zu sinken. Die Zahl der Working Poor reagiert laut BFS mit einer gewissen Verzögerung auf die Konjunktur. Gemäss der Statistik laufen vor allem Alleinerziehende, kinderreiche Familien, unqualifizierte Erwerbstätige und Selbstständige Gefahr, unter die Armutsgrenze zu rutschen. Jede sechste kinderreiche Familie und jede zehnte alleinerziehende Person kommt demnach nur mit harten finanziellen Entbehrungen über die Runden. Überdurchschnittlich viele Working Poor gibt es auch bei Erwerbstätigen ohne nachobligatorische Ausbildung, bei Personen mit befristeten Anstellungsverträgen oder mit einem Erwerbsunterbruch sowie bei Ausländerinnen und Ausländern.

360'000 Menschen im Erwerbsalter arm

Die gute Konjunktur entschärfte die finanzielle Situation der öffentlichen Sozialhilfe 2006 erneut. Wie die Städteinitiative Sozialpolitik mitteilte, sank in fünf von acht Schweizer Städten die Zahl der Sozialfälle. Wo die Fallzahlen noch stiegen, schwächte sich die Zunahme immerhin deutlich ab. In Zürich, Basel und Winterthur sanken die Zahlen um 1,5%, in den Städten Schaffhausen und Uster sogar um rund 7%. Zugenommen haben die Fallzahlen lediglich in Bern, St. Gallen und Luzern. Die uneinheitliche Entwicklung spiegelt gemäss der Mitteilung einerseits die regional unterschiedliche Erholungstendenz der Wirtschaft, anderseits aber auch die föderalistische Regelung der Sozialhilfe. Die neuen Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) zur Bemessung der Sozialhilfe würden nicht in allen Kantonen gleich umgesetzt. In den meisten der Städte stiegen allerdings die Nettokosten pro Fall gegenüber 2005 erneut. Sie betrugen nun durchschnittlich knapp 11'000 Fr. Die Gründe dafür seine vielfältig, hiess es. Einer davon sei der zunehmende Beratungs- und Betreuungsaufwand, unter anderem für die Arbeitsintegration, ein anderer die sinkende Rückerstattung aus den Sozialversicherungen.

sank in fünf von acht Schweizer Städten die Zahl der Sozialfälle

Die SGK des Nationalrates, welche sich in den letzten Jahren intensiv mit der Armutsproblematik befasst hatte, forderte den Bundesrat in einer vom Plenum im Einverständnis mit dem Bundesrat überwiesenen Motion auf, eine nationale Konferenz zur beruflichen und sozialen Integration durchzuführen. In diesem Rahmen soll ein Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Akteurinnen und Akteuren (Bund, Kantone, Gemeinden, Städte, interkantonale Sozialdirektorenkonferenz, Städteinitiative, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen) in der Armutsbekämpfung stattfinden. Ziel dieser Konferenz ist die Entwicklung konkreter und koordinierter Massnahmen für einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung der Armut. Der Bundesrat stellte in Aussicht, 2007 eine derartige Konferenz zu organisieren, welche das Thema breit angehen und sich nicht nur auf die berufliche und soziale Integration beschränken will. Der Ständerat überwies die Motion ebenfalls.

nationale Konferenz zur beruflichen und sozialen Integration

Gegen den Willen des Bundesrates, der auf bereits laufende diesbezügliche Arbeiten verwies, nahm der Nationalrat eine Motion seiner SGK an, welche die Regierung mit der regelmässigen Durchführung einer detaillierten Erhebung zur Armut in der Schweiz beauftragen wollte. Der Ständerat schloss sich der Auffassung des Bundesrates an und verwarf die Motion.

Erhebung zur Armut

Bund und Kantone wollen in einem gemeinsamen Projekt, IIZ-MAMAC, Personen mit Mehrfachproblematik rascher wieder in den Arbeitsmarkt zurückführen. Ausgerichtet ist das Projekt auf Personen, bei welchen unklar ist, ob sie krank sind, weil sie keine Arbeit haben, oder ob sie keine Arbeit haben, weil sie krank sind. Weil in solchen Fällen meist auch nicht abschliessend beurteilt werden kann, ob die Arbeitslosenversicherung, die Invalidenversicherung oder die Sozialhilfe zuständig ist, ziehen sich die Abklärungen der zum Teil komplexen Ursachen in die Länge, und es besteht die Gefahr, dass die Betroffenen von einer Institution zur nächsten weitergereicht werden («Drehtüreffekt»). Während dieser Zeit verschärfen sich die Probleme oder sie verfestigen sich. Im Rahmen der interinstitutionellen Zusammenarbeit (IIZ) von Arbeitslosenversicherung (ALV), Invalidenversicherung (IV) und Sozialhilfe werden jetzt Strukturen geschaffen, die es ermöglichen, möglichst rasch die Situation umfassend und für alle drei Institutionen zu analysieren und mit einem verbindlichen Integrationsplan festzulegen, welche Massnahmen für eine Reintegration in den Arbeitsmarkt nötig sind. Im Rahmen einer engen Zusammenarbeit mit den Kantonen sollen Erfahrungen aus dem praktischen Vollzug einfliessen und Unterschiede kantonaler Vollzugsstrukturen in der Konzeption berücksichtigt werden.

Personen mit Mehrfachproblematik ALV IV Sozialhilfe

Der Nationalrat behandelte als Erstrat die Totalrevision des Opferhilfegesetzes. Eintreten war unbestritten, obgleich die Sprecherin und der Sprecher der Fraktionen der SP und der GP kritisierten, dass der Entwurf die Lage der Opfer verschlechtere, weil es dem Bund und vor allem den Kantonen in erster Linie ums Sparen gehe. In der Detailberatung lehnte der Rat verschiedene Minderheitsanträge von linksgrüner Seite ab. Mit 109 zu 66 Stimmen stimmte er dem Antrag des Bundesrates zu, wonach keine Entschädigungen und Genugtuungen gewährt werden, wenn die Straftat im Ausland begangen worden ist. In der Vernehmlassung zum Gesetz war die Mehrheit der Antwortenden gegen diese Neuerung gewesen. Bundesrat Blocher rechtfertigte die Abkehr von der bisherigen Praxis: Es sei schwierig herauszufinden, was in der Ferne wirklich vorgefallen sei; zudem trügen „die Menschen auch eine Selbstverantwortung, damit sie nicht in Kriminalfälle verwickelt werden“. Für Grossereignisse wie Terroranschläge versprach er Sonderlösungen; dann würden Bund, Kantone und Reiseversicherer die Opfer entschädigen.

In einem weiteren zentralen Punkt folgte die bürgerliche Ratsmehrheit ebenfalls dem Bundesrat und beschloss auf starken Druck der Kantone mit 97 zu 56 Stimmen, dass die Genugtuung höchstens 70 000 Fr. für Opfer und 35 000 Fr. für Angehörige betragen darf. Auf Antrag der Kommission wurde zudem die Bestimmung gestrichen, dass die Kantone die Angebote der Opferhilfe publik zu machen haben. Unbestritten waren Verbesserungen im neuen Opferhilfegesetz: So können Gesuche bis fünf Jahre nach der Tat eingereicht werden, was vor allem für minderjährige Opfer sexueller Verbrechen wichtig ist, da für diese der Zeitpunkt des Fristbeginns neu ab Bekanntwerden der Straftat gilt. Der Nationalrat verabschiedete die Vorlage mit 103 zu 56 Stimmen.

Revision des Opferhilfegesetzes (BRG 05.078)
Dossier: Totalrevision Opferhilfegesetz 2005-2007

Im Mai des Berichtsjahres erschien erstmals die neue Sozialhilfestatistik, die alljährlich detaillierte Informationen über die Sozialhilfebezügerinnen und Sozialhilfebezüger sowie die Sozialhilfeleistungen liefern wird. Nach dieser Statistik bezogen 2004 rund 220'000 Personen Sozialhilfeleistungen. Das entspricht einer Sozialhilfequote von 3% der Gesamtbevölkerung. Die Auswertungen des BFS zeigten, dass die Städte, Agglomerationen und ländlichen Gemeinden äusserst unterschiedlich stark belastet sind. Während die Quote in den städtischen Zentren 5% beträgt, ist diese in den ländlichen Gemeinden mit 1,6% deutlich unter dem schweizerischen Mittel. Ein Viertel der unterstützten Personen lebt in den fünf grössten Schweizer Städten (Zürich, Genf, Basel, Bern, Lausanne). In diesen Zentren liegt die Sozialhilfequote wesentlich über dem schweizerischen Durchschnitt. Eine überdurchschnittlich hohe Sozialhilfequote verzeichnen die Kantone BS, VD, NE, ZH, GE, BE und FR, während die Sozialhilfequote in ländlichen Kantonen deutlich unter dem Durchschnitt liegt. Nach soziodemographischen Kriterien aufgeschlüsselt tragen Alleinerziehende, Geschiedene sowie Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ein besonders hohes Sozialhilferisiko. Dagegen sind Rentnerinnen und Rentner kaum auf Sozialhilfe angewiesen.

Sozialhilfestatistik 2004
Dossier: Sozialhilfestatistiken