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  • Leutenegger Oberholzer, Susanne (sp/ps, BL) NR/CN

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In der Frühjahrssession 2018 behandelte der Nationalrat die parlamentarische Initiative der SGK-SR sowie diejenige von Mauro Tuena (Pa. Iv. 16.482) zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Überwachung von Versicherten – also für die sogenannten Sozialdetektive. Detailliert ausgearbeitet wurde zunächst die Kommissionsinitiative, falls diese angenommen würde – so erklärte Tuena –, würde er anschliessend seine Initiative zurückziehen.
Zuerst wurden zwei Anträge auf Nichteintreten (Minderheitsantrag Schenker) sowie auf Rückweisung der Kommissionsinitiative an die Kommission (Antrag Leutenegger Oberholzer) behandelt. Im Rückweisungsantrag fasste Susanne Leutenegger Oberholzer (sp, BL) die Argumente von linker Ratsseite gegen die Vorlage nochmals zusammen: Da eine verdeckte Observation per se einen groben Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen darstelle, müsse sie ein Instrument der Ultima Ratio sein. In der vorgeschlagenen Regelung seien jedoch noch nicht einmal eine Definition des Anfangsverdachts oder konkrete gesetzliche Hürden für die Anordnung der Überwachung aufgeführt, wodurch die Unschuldsvermutung verletzt würde. Die Verletzungen der Privatsphäre, wie sie die Vorlage vorsieht, seien ausschliesslich der Polizei erlaubt. Dass mit der Vorlage privaten Unternehmen weiterreichende Rechte gewährt würden als der Polizei, verletze das Gewaltmonopol. Zur Wahrung der Verhältnismässigkeit bedürfe es schliesslich einer Reihe von Änderungen in der Vorlage: Die Observationen müssten durch eine gerichtliche Instanz angeordnet werden, ihre Dauer müsste beschränkt werden, der Schutz der Privatsphäre müsste absolut garantiert werden, der Missbrauch der gesammelten Daten müsste effektiv bekämpft werden und die gesammelten Informationen müssten den Betroffenen vorgelegt und auf Anfrage vernichtet werden. Zudem brauche es ein Verwertungsverbot für auf unkontrollierte Weise erlangte Beweismittel in Strafverfahren. Diese Meinung würden auch vier staatsrechtlich versierte Professorinnen und Professoren teilen, die ihre Bedenken per Brief mitgeteilt hätten. In ihrer jetzigen Form widerspreche die Vorlage der Bundesverfassung sowie der EMRK, weshalb sie einer Rückweisung an die Kommission und einer externen rechtlichen Beurteilung bedürfe, schloss Leutenegger Oberholzer ihren Rückweisungsantrag. In der Eintretensdebatte fanden diese Einwände ausserhalb des linken Lagers keinen Rückhalt: Für die Kommission verwies Lorenz Hess (bdp, BE) darauf, dass mit der Vorlage lediglich eine gesetzliche Grundlage für die bisherige Praxis geschaffen werde. In der Kommission habe man Personen aus der Praxis angehört, Bildmaterial begutachtet und juristische Beurteilungen gelesen, die gezeigt hätten, dass solche Überwachungen nötig seien. Observationen würden von den Versicherern als letztes Mittel angeordnet: die „versicherungsinternen Hürden (...) sind enorm hoch“. Die vorliegende Lösung enthalte das „bestmögliche Gleichgewicht zwischen Persönlichkeitsschutz und Persönlichkeitsrechten auf der einen und den allgemeinen Interessen auf der anderen Seite“, so Hess. Er betonte auch, dass der EGMR nicht die Observationen als solche, sondern deren fehlende gesetzliche Grundlage in Frage gestellt habe. Diesbezüglich entwickelte sich in der Folge eine Debatte zur Frage, ob der EGMR auch inhaltliche Kritik an der Praxis geübt habe oder nicht. Schliesslich entschied sich die grosse Kammer mit 141 zu 53 Stimmen für Eintreten und mit 140 zu 54 Stimmen gegen den Antrag Leutenegger Oberholzer, wobei lediglich die SP- und die Grünen-Fraktion die Minderheitenpositionen unterstützten.

Dieselben Lager zeigten sich anschliessend auch in der Detailberatung. Die linke Ratshälfte versuchte mittels Minderheitsanträgen, die Bestimmungen zur Observation zu verschärfen, scheiterte jedoch mit allen Vorstössen. Der Nationalrat wollte nicht, dass Observationen allgemein von Gerichten angeordnet werden müssen, dass die Überwachung auf öffentliche Gebiete beschränkt wird, dass unrechtmässig erlangte Beweise in Strafprozessen nicht verwendet werden dürfen, dass der Einsatz anderer technischer Hilfsmittel ausser den genannten, zum Beispiel Drohnen, ausdrücklich untersagt wird oder dass GPS nur eingesetzt werden darf, wenn die Abklärungen sonst aussichtslos sind. Insgesamt schuf der Nationalrat nur wenige Differenzen zum Erstrat. Umstritten war im bürgerlichen Lager vor allem der Einsatz von technischen Hilfsmitteln zur Standortbestimmung. Diesen wollte der Ständerat nur in Fällen erlauben, in denen das Versicherungsgericht die entsprechende Observation genehmigt hatte. Der Nationalrat schuf jedoch entgegen einem Minderheitsantrag Tuena eine Bewilligungspflicht für den Einsatz selbst (125 zu 67 Stimmen): Eine Observation mit technischen Hilfsmitteln zur Standortbestimmung bedarf der Annahme eines Antrags beim Versicherungsgericht, wobei der Antrag unter anderem Angaben zu Zielen der Observation, Betroffenen, eine Begründung der Notwendigkeit sowie Beginn und Ende der Observation beinhalten muss. Darüber hinaus unterstellte der Nationalrat die Mitarbeitenden von externen Unternehmen, die mit der Observation beauftragt wurden, einer Schweigepflicht und legte fest, dass sie die erhobenen Daten nur im Rahmen ihres Auftrags verwenden dürfen. Eine Abschwächung der ständerätlichen Fassung sah der Nationalrat schliesslich bei der Genehmigung durch die Versicherungen vor: Hatte der Ständerat noch auf einer „Person mit Direktionsfunktion” bestanden, reichte für den Nationalrat „eine im fallbearbeitenden Bereich (...) verantwortliche Person" aus (124 zu 65 Stimmen 3 Enthaltungen). In der Schlussabstimmung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 140 zu 52 Stimmen gegen den Widerstand der SP- und der Grünen-Fraktion an. Aufgrund dieses Entscheids zog Mauro Tuena seine parlamentarische Initiative wie angekündigt zurück.

Parlament schafft eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten (Pa. Iv. 16.479)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Bei der Totalrevision des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz) folgte der Ständerat mit deutlichem Mehr in den wesentlichen Punkten dem Nationalrat, der im Vorjahr weitgehend dem Entwurf des Bundesrates zugestimmt hatte, insbesondere bei den Entschädigungs- und Genugtuungszahlungen an die Opfer (nach unten korrigierte Höchstbeträge für die Genugtuungen, Wegfall der Leistungen bei Straftaten, die im Ausland begangen werden). Abweichend vom Nationalrat fügte er aber mit Stichentscheid des Präsidenten wieder die Pflicht für die Kantone ein, die Angebote der Opferhilfe publik zu machen. Im Nationalrat beantragte eine Minderheit um Leutenegger Oberholzer (sp, BL), hier der kleinen Kammer zu folgen. Unterstützung erhielt sie von Bundesrat Blocher: Eine Streichung der Bestimmung bedeute zwar nicht, dass die Kantone diese Information nicht mehr publik machen dürften, aber die Verpflichtung entfalle für jene Delikte, in welche (zumindest in einem ersten Schritt) die Polizei nicht involviert sei. Das sei insbesondere der Fall bei länger zurückliegenden Straftaten etwa im Bereich von sexuellem Missbrauch, wo die Betroffenen allenfalls vor einer Anzeige eine Beratung nötig hätten. Der Minderheitsantrag unterlag mit 100 zu 73 Stimmen. SP und Grüne sprachen sich geschlossen für die Informationspflicht aus, ebenso eine Minderheit der CVP. Angesichts der doch klaren Mehrheitsverhältnisse in der grossen Kammer beugte sich der Ständerat in diesem Punkt. In der Schlussabstimmung wurde die Revision mit 126 zu 66 (SP und GP) resp. mit 42 zu 1 Stimmen angenommen.

Revision des Opferhilfegesetzes (BRG 05.078)
Dossier: Totalrevision Opferhilfegesetz 2005-2007

Mit einer parlamentarischen Initiative wollte Nationalrätin Leutenegger Oberholzer (sp, BL) erreichen, dass die Verfahrensrechte der Opfer im OHG in dem Sinn ausgedehnt werden, dass Opfer von Straftaten Entscheide nicht nur anfechten können, wenn sie zivilrechtliche, sondern auch wenn sie öffentlich-rechtliche Ansprüche betreffen, die Taten also von Behörden oder Beamten in Ausübung ihrer amtlichen Autorität begangen wurden. Auf Antrag der Rechtskommission des Nationalrats, die argumentierte, dies werde ohnehin in den meisten Kantonen so gehandhabt, und es sei sinnvoller, diese Frage bei den anstehenden Revisionen des OHG und des Strafprozessrechts zu behandeln, wurde der Initiative mit 100 zu 66 Stimmen keine Folge gegeben.

Verfahrensrechte Behörden

Eine als Minderheitsantrag bei der Legislaturplanung eingereichte Motion Leutenegger Oberholzer (sp, BL) verlangte eine Wirtschaftspolitik, die darauf abzielt, dass alle Frauen und Männer in der Schweiz ihre Existenz durch Erwerbsarbeit sichern können. Anvisiert wurde eine Vollbeschäftigung sowie Massnahmen auf der Lohnebene. Bundesrat Couchepin erinnerte an die immer wieder geäusserte Auffassung des Bundesrates, wonach Vollbeschäftigung Sache der Wirtschaft und nicht des Staates ist. Seiner Meinung nach würden staatlich festgelegte Minimallöhne kontraproduktive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Auf seinen Antrag wurde die Motion mit 95 zu 61 Stimmen abgelehnt.

Existenz durch Erwerbsarbeit sichern

Der Nationalrat überwies ein Postulat Leutenegger Oberholzer (sp, BL), das den Bundesrat beauftragt, einen Bericht über die Tieflohnsituation in der Schweiz sowie die Lebensumstände der Working Poor ausarbeiten zu lassen. Ein ebenfalls angenommenes Postulat ihrer Zürcher Parteikollegin Fehr (Po. 01.3246) regte einen Bericht über die Wohlstandsverhältnisse und die Verteilung der Konsumkraft in der Schweiz nach Abzug aller Steuern und Abgaben an, um Grundlagen für die anstehenden Steuerrevisionen zu erhalten. (Zum Steuerpaket siehe hier)

Bericht Verteilung der Konsumkraft