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Am Montag der dritten Herbstsessionswoche 2020 besetzten Klimaaktivistinnen und -aktivisten den Bundesplatz, obwohl dort Veranstaltungen während der Session verboten sind. Dies führte bei den Parlamentarierinnen und Parlamentariern zu einigem Ärger. So beschwerten sich gemäss verschiedener Medien insbesondere bürgerliche Parlamentsmitglieder, von den Klimaaktivistinnen und -aktivisten «angepöbelt» worden zu sein. Dabei stellten die Medien vor allem verschiedene verbale Entgleisungen ins Zentrum der Berichterstattung. So soll Roland Büchel (svp, SG) derart genervt gewesen sein, dass er die Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten vor laufender Kamera als «Arschlöcher» bezeichnete. Andreas Glarner (svp, AG) nannte die Demonstrierenden während eines Interviews «Kommunisten und Chaoten» und Sibel Arslan (basta, BS), die das Anliegen der Streikenden vertreten wollte, «Frau Arschlan» – was er später als Versprecher entschuldigte. Umgekehrt regten sich linke Parlamentsmitglieder über die falschen Prioritäten der Medien auf, so etwa Jacqueline Badran (sp, ZH), die in einem Radiointerview die Medien angriff, welche «den huere fucking Glarner, who cares, [...] statt die Forderungen der Jugendlichen» gefilmt hätten.

Die Debatten drehten sich in der Folge allerdings nicht nur um «Anstand» und verbale Entgleisungen, sondern auch darum, ob der Bundesplatz überhaupt besetzt werden darf – insbesondere während der Session. Während sich bürgerliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier beschwerten, zeigten links-grüne Mitglieder der Bundesversammlung Verständnis für die Aktion. Die aktuelle Regelung im Kundgebungsreglement der Stadt Bern besagt, dass die Versammlungsfreiheit auf dem Bundesplatz während der Sessionen vor allem für grosse Manifestationen aufgehoben wird. Verantwortlich für die Einhaltung dieser Massnahme ist die Stadt Bern, weshalb sich die Kritik der Bürgerlichen in der Folge vor allem gegen den Berner Stadtpräsidenten Alec von Graffenried (gfl) richtete. Einige Medien – darunter etwa die NZZ – warfen der Stadt gar vor, «mit zweierlei Mass» zu messen und das Demonstrationsverbot «selektiv» umzusetzen.

Die Aktion auf dem Bundesplatz führte schliesslich auch zu einiger parlamentarischer Betriebsamkeit. Ein noch am gleichen Montag eingereichter Ordnungsantrag (20.9004/21364) von Thomas Aeschi (svp, ZG), der die Räumung des Platzes beantragte, wurde mit 109 zu 83 Stimmen (1 Enthaltung) im Nationalrat angenommen. Dagegen stimmten die geschlossenen Fraktionen von SP, GP und GLP sowie zwei Angehörige der Mitte-Fraktion. Der am nächsten Tag von Esther Friedli (svp, SG) eingereichte Ordnungsantrag (20.9004/21402), mit dem zusätzlich eine Anzeige gegen die Stadt Bern und die «Klimaextremisten und Linksradikalen» gefordert wurde, lehnte eine 90 zu 79-Stimmen-Mehrheit (bei 16 Enthaltungen) dann freilich ab. Hingegen richtete sich die VD mit einem von Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (fdp, VD) und Ständeratspräsident Hans Stöckli (sp, BE) unterzeichneten Schreiben an die Regierungen von Stadt und Kanton Bern und forderte diese auf, für die Einhaltung der Rechtsbestimmungen zu sorgen. Und schliesslich reichte Christian Imark (svp, SO) eine Motion ein, mit der er forderte, die Stadt Bern des Bundesplatzes zu enteignen. Dadurch könne der Bundesrat «künftig selber für Recht und Ordnung auf dem Bundesplatz» sorgen, weil «die linke Berner Stadtregierung [...] die Chaoten immer öfter gewähren» lasse.
Wohl auch weil die Polizei am Mittwoch nach zwei Ultimaten der Stadtregierung den Platz räumte, legte sich die Aufregung kurz darauf wieder. Der Bundesrat beantragte ein paar Wochen später die Ablehnung der Motion, weil eine Enteignung nicht verhältnismässig sei und die Zusammenarbeit mit der Stadt Bern bezüglich Nutzung des Bundesplatzes so funktioniere, dass die Interessen des Parlaments berücksichtigt würden. Die Motion Imark selber wurde dann zwei Jahre nach ihrer Einreichung wegen Nichtbehandlung abgeschrieben.

Wem gehört der Bundesplatz? (Mo. 20.4028)

Die Sonderprivilegien für Magistratspersonen und Parlamentsmitglieder in Form des Ruhegehaltes für erstere bzw. der Überbrückungsleistung für zweitere seien abzuschaffen, forderte Mike Egger (svp, SG) in einer Motion. Ehemalige Bundesrats- und Bundesgerichtsmitglieder sowie ehemalige Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler erhielten jährlich fast CHF 200'000 Rente und Parlamentarierinnen und Parlamentarier erhielten auf Antrag Überbrückungsleistungen, obwohl sie auch eine Arbeitslosenentschädigung beantragen könnten. Abgewählte Parlamentsmitglieder können sogenannte Überbrückungsleistungen im Umfang von CHF 2'450 pro Monat für maximal zwei Jahre beantragen. Sowohl die Ruhegehälter als auch die Überbrückungsleistungen kämen einer Besserstellung gegenüber der Bevölkerung gleich und müssten gestrichen werden, so der Motionär. Zudem schieden Bundesrats- und Parlamentsmitglieder häufig noch in arbeitsfähigem Alter aus ihrem Amt. Sie dürften vor allem dank ihrer guten Vernetzung durchaus in der Lage sein, eine neue berufliche Tätigkeit zu finden, mit der sie weder auf Überbrückungsleistungen noch Ruhegehälter angewiesen seien. Auch damit würden sie der arbeitenden Bevölkerung gleichgestellt, führte Egger in der Sommersession 2022 aus. Bundeskanzler Walter Thurnherr nahm für den Bundesrat Stellung und verwies auf den Bericht zu einem Postulat von Peter Hegglin (mitte, ZG): Dort würden mögliche Alternativen zur heutigen Ruhestandsregelung aufgezeigt, aber auch argumentiert, dass solche Neuerungen einen wesentlich höheren administrativen Aufwand und komplexe Regelungen nach sich ziehen würden. Es sei am Parlament, hier mögliche Alternativen zu finden. Eine ersatzlose Streichung einer Rente, wie sie von der Motion gefordert werde, lehne der Bundesrat hingegen ab. In der schriftlichen Stellungnahme zur Motion hatte der Bundesrat zudem auf einen erst kürzlich getroffenen Entscheid des Parlaments verwiesen, die Überbrückungshilfe für Ratsmitglieder beizubehalten. Man sei damals zuerst für eine Verschärfung gewesen, dann aber nicht auf die Vorlage eingetreten.
Mit 131 zu 51 Stimmen lehnte der Nationalrat die Motion ab. Neben der geschlossenen SVP-Fraktion hatten auch Roger Nordmann (sp, VD) und Sidney Kamerzin (mitte, VS) den «Ja»-Knopf gedrückt.

Keine Sonderprivilegien für Magistratspersonen und Parlamentsmitglieder (Mo. 20.4698)

Eine bessere Repräsentation, weil auch Angestellte in der Privatwirtschaft ein politisches Amt übernehmen würden, wenn sie dafür bezahlte Ferien erhalten würden, versprach sich Franziska Roth (sp, SO) und forderte eine entsprechende Revision des Obligationenrechts. Für viele Arbeitnehmende sei ein politisches Amt aus Zeitgründen nicht mit ihrer beruflichen Tätigkeit vereinbar und es wäre «nur gerecht, wenn allen Bevölkerungsklassen ermöglicht würde, ein solches Amt einzunehmen», so die Begründung des Vorstosses. Roth verwies zudem auf eine ähnliche Motion von Didier Berberat (sp, NE) aus dem Jahr 2000 (Mo. 00.3555). Seit damals habe sich nichts verändert.
Auch der Bundesrat erwähnte die Motion Berberat. Damals wie heute sehe das OR vor, dass die Ausübung eines politischen Amts eine sogenannte «Arbeitsverhinderung» darstelle, die für eine gewisse Zeit entlohnt werden müsse. Amtsträgerinnen und Amtsträger erhielten also bereits heute bezahlten Urlaub. Entsprechend beantrage die Regierung die Ablehnung der Motion.
In der Folge zog Franziska Roth ihre Motion zurück.

Bezahlte Ferien für Arbeitnehmende mit politischem Amt (Mo. 20.3865)

Das einzige Mittel, das gegen «korrupte Politik» helfe, sei ein Verbot von Lobbyismus, eröffnete Lukas Reimann (svp, SG) die Verteidigung seiner Motion bei der Ratsdebatte während der Herbstsession 2021. Politikerinnen und Politiker müssten das Gemeinwohl fördern und es dürfe nicht zugelassen werden, dass sie «mit eigenen Lobbybüros, die allenfalls als Kommunikationsbüros getarnt sind, Gewinnmaximierung betreiben». Wer sein Mandat zum privaten Nutzen missbrauche, müsse bestraft werden können, forderte der St. Galler in seiner Motion.
Das für das Anliegen zuständige Büro-NR listete nicht weniger als 17 Vorstösse zum Thema auf, die in den letzten Jahren diskutiert worden seien. Es forderte Reimann auf, seine Idee im Rahmen der parlamentarischen Initiative Rieder (mitte, VS; Pa.Iv. 19.414) zum Thema Lobbying und Kommissionsarbeit einzubringen oder eine parlamentarische Initiative dazu einzureichen. Folglich empfahl es die Motion mit 8 zu 1 Stimmen bei 3 Enthaltungen zur Ablehnung. Dieser Empfehlung folgte die Mehrheit der grossen Kammer und sprach sich mit 170 zu 11 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) gegen den Vorstoss aus. Unterstützung erhielt Reimann einzig von Teilen seiner Fraktion und von Marianne Streiff-Feller (evp, BE).

Verbot entgeltlicher Lobbyarbeit (Mo. 21.3949)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Wer Milizarbeit leistet – etwa in der Feuerwehr, in der Armee, im Zivilschutz, im Zivildienst oder bei J&S-Leiterkursen – erhält eine Entschädigung gemäss Erwerbsersatzordnung (EO), die sich an der Höhe des Einkommens bemisst, das die entsprechende Person vor dem Einsatz bezogen hat. Auch das Parlament sei Teil des Milizsystems, begründete Lukas Reimann (svp, SG) seinen Vorstoss vom Juni 2021, mit dem er eine Entschädigung von Parlamentsmitgliedern gemäss EO verlangte.
Mit einem ganzen Strauss an früheren Vorstössen wies das Büro-NR in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Frage der Entschädigung der Parlamentsmitglieder immer wieder diskutiert worden sei. Der Rat habe aber mit Ausnahme eines Postulats Feri (sp, AG) zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Politik alle entsprechenden Ansinnen stets abgelehnt. Man solle nun die Resultate der Studie abwarten, die zur Erfüllung ebendieses Postulats in Auftrag gegeben worden sei, und die Motion entsprechend ablehnen. Das Büro wies den Motionär zudem darauf hin, dass seine Forderung eine Änderung des Parlamentsressourcengesetzes bedinge, wofür eine parlamentarische Initiative «der geeignetere Weg wäre».
In der Ratsdebatte in der Herbstsession 2021 argumentierte Reimann, dass Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht besser behandelt werden dürften als andere Personen, die sich mit Milizarbeit für das Gemeinwohl des Landes einsetzten. Der Motionär wurde unterstützt von einer rechtsbürgerlichen Minderheit des Büro-NR. Thomas Aeschi (svp, ZG) ergriff für diese das Wort und bat um einen Beitrag zur «Stärkung des Milizsystems». Die Kommissionsminderheit blieb allerdings trotz dieser Bitte auch in der Ratsabstimmung in der Minderheit: Die Motion wurde von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion und einer 2/3-Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion mit 69 Stimmen unterstützt. Diese reichten jedoch gegen die 114 Gegenstimmen (bei 2 Enthaltungen) nicht aus und der Vorstoss wurde abgelehnt.

Gleichbehandlung bei der Entschädigung von Milizarbeit (Mo. 21.3950)
Dossier: Entschädigung von Parlamentsmitgliedern

Immer mehr Amtsträgerinnen und Amtsträger würden Ziel von «propos haineux, d'insultes, de calomnie, ou encore de menaces» (Beschimpfungen, Verleumdungen und Drohungen), berichtete Jacqueline de Quattro (fdp, VD) in der Sommersession 2022. Eine Umfrage von RTS habe gezeigt, dass fast 60 Prozent der Parlamentsmitglieder schon einmal oder mehrmals bedroht worden seien oder sich bedroht fühlten und 78 Prozent angegeben hätten, regelmässig beschimpft zu werden. Drohungen und Gewalt gegen Behörden würden zwar bestraft, insbesondere der Schutz vor «Hate Speech» sei jedoch ungenügend. Der Staat müsse – so die Forderung der Motionärin – auch unmittelbar eingreifen, wenn Amtspersonen ausserhalb ihrer Behördentätigkeiten bedroht würden, und zwar unabhängig davon, ob die bedrohte Person Strafanzeige einreiche.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion und warnte vor einem solchen Automatismus. Es müsse der bedrohten Person überlassen bleiben, ob sie Strafanzeige einreichen wolle, weil ein Strafverfahren auch mit Nachteilen verbunden sei. Justizministerin Karin Keller-Sutter machte in der Debatte deutlich, dass mit einem Strafverfahren auch die Privatsphäre tangiert werde und die Veröffentlichung des Verfahrens zu Nachahmungen führen könne. Gezielte Drohungen könnten bei einem Automatismus gar zur Folge habe, dass etwa Richterinnen und Richter mit Drohungen gezielt dazu gezwungen werden könnten, in den Ausstand treten zu müssen, wenn sie ein laufendes Verfahren gegen die drohende Person leiteten. Aus diesen Gründen würden Magistratspersonen sehr häufig auf eine Strafanzeige verzichten. Mit 96 zu 77 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) verwarf der Nationalrat die Motion. Die geschlossen stimmende SP-Fraktion und eine Mehrheit der Fraktion der Grünen unterstützten das Anliegen. Alle Mitglieder der SVP-Fraktion und Mehrheiten der GLP- und der Mitte-Fraktion lehnten sie ab. Die FDP.LIberale-Fraktion war gespalten.

Schutz vor «Hate Speech» (Mo. 20.4357)

Wie schon die Motion Reimann (svp, SG) in der Frühlingsession 2018 fand auch das ähnliche Anliegen von Irène Kälin (gp, AG), den Parlamentarierinnen und Parlamentariern sei nicht mehr wie bisher ein Generalabonnement (GA) erster, sondern neu zweiter Klasse zu bezahlen, im Rat keine nennenswerte Unterstützung.
Ein GA erster Klasse sei ein unnötiger Luxus, begründete die Neo-Parlamentarierin in der Ratsdebatte. Sie könne zudem der Begründung für die ablehnende Haltung des Büros nichts abgewinnen. Freilich sei es so, dass Ratsmitglieder während ihrer Zugfahrt arbeiteten und es sei auch so, dass der Lärmpegel und die dichtere Belegung dies in der zweiten Klasse schwieriger machten. Es gebe aber zahlreiche Pendlerinnen und Pendler, für die dies ebenfalls der Fall sei und die sich ein GA erster Klasse nicht leisten könnten. Edith Graf-Litscher (sp, TG) führte für das Büro aus, dass auch zu berücksichtigen sei, dass die Reise von Bern für viele Ratsmitglieder lange dauere und man jene mit langer Strecke eher benachteiligen würde. Nur weil einzelne Abgeordnete eine kürzere und ruhigere Reisestrecke hätten oder den Zug nicht als Arbeitsort nutzten, sollten andere, die möglichst ungestört und konzentriert arbeiten wollten, nicht eingeschränkt werden. Im Ratsreglement sei vermerkt, dass Parlamentarierinnen und Parlamentarier entweder ein GA erster Klasse oder einen entsprechenden Pauschalbetrag erhalten. Es sei jedem Nationalrat und jeder Nationalrätin freigestellt, diesen Pauschalbetrag zu beziehen und damit ein GA zweiter Klasse zu erstehen. Den 141 Gegenstimmen standen lediglich 31 befürwortende Stimmen gegenüber, die mit 28 Stimmen überwiegend aus der SVP-Fraktion stammten. Diese Zahl entspricht zwar der Zustimmung zur Motion Reimann, innerhalb des SVP-Lagers gab es aber einige Positionswechsel in der Frage.

Reiseentschädigung für Ratsmitglieder

Die Mitglieder der Bundesversammlung, des Bundesrates sowie die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler geniessen absolute und relative Immunität. Sie können aufgrund von Äusserungen in den Räten weder strafrechtlich noch zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden (absolute Immunität). Auch Handlungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Amt und Stellung stehen, können strafrechtlich nicht verfolgt werden, wohl aber zivilrechtlich (relative Immunität). Parlamentarische Immunität geniessen je nach Kantonsrecht in der Regel auch die kantonalen, nicht aber die kommunalen Amtsträgerinnen und Amtsträger. Die Einführung dieser Immunität auf lokaler Ebene war die Forderung einer Motion von Marco Romano. Der Tessiner CVP-Abgeordnete machte geltend, dass die politischen Strukturen auf Gemeindeebene wachsen würden und es immer mehr und grössere Gemeindeparlamente gebe. Es sei nicht einsichtig, weshalb die dort in der Regel freiwillig tätigen Ratsmitglieder in ihrer politischen Tätigkeit nicht auch durch Immunität geschützt werden sollten.
Grundsätzlich sei die Idee durchaus verständlich, so die Ausführungen von Bundesrätin Doris Leuthard bei der Diskussion der Motion im Nationalrat, in der Praxis aber mit Problemen verbunden: Einerseits müssten Ausschlüsse von Strafverfolgung die Ausnahme bleiben. Andererseits wäre das Gebot der Gleichbehandlung tangiert, da auch nicht einsichtig sei, dass in Gemeinden ohne Parlament die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger als Legislativorgan nicht auch Immunität geniessen sollten. Die Magistratin lud den Motionär ein, das Anliegen in die Vernehmlassung zur Revision der Strafprozessordnung einzubringen. Wenn es dort breite Zustimmung fände, sei der Bundesrat gerne bereit, darauf einzugehen.
Ob dies der Fall sein wird, bleibt angesichts des Abstimmungsresultats in der grossen Kammer allerdings fraglich: Mit 66 zu 111 Stimmen (bei 12 Enthaltungen) wurde die Motion nämlich versenkt. Interessant waren allerdings die Stimmverhältnisse innerhalb der Fraktionen: Die Mehrheit der SP-Fraktion (35 Stimmen bei 7 Enthaltungen) und der CVP-Fraktion (21 Ja, 3 Nein, 4 Enthaltungen) sowie 9 Stimmen der SVP- und eine Stimme der FDP-Fraktion könnten ein Hinweis dafür sein, dass das letzte Wort in diesem Anliegen vielleicht noch nicht gesprochen ist.

Immunität auf lokaler Ebene

Darüber, dass Interessenbindungen von Ratsmitgliedern transparenter werden müssen, waren sich die Staatspolitischen Kommissionen beider Räte bereits mit einer parlamentarischen Initiative Streiff-Feller (evp, BE) einig geworden. Eine Motion Grossen (glp, BE) wollte noch einen Schritt weiter gehen und Interessenbindungen schon vor den Wahlen offenlegen. Sämtliche National- und Ständeratskandidaten sollten also nicht nur ihre beruflichen Tätigkeiten, sondern all ihre Mandate in Führungs- und Aufsichtsgremien, Beiräten, Stiftungen und Interessengruppen in einem öffentlichen Register einsehbar machen.
In seiner Antwort begrüsste der Bundesrat zwar die Idee und betonte, dass die Information über Interessenbindungen in der Tat eine zusätzliche Entscheidhilfe bei Wahlen darstellen könne. Allerdings empfahl er die Motion zur Ablehnung. Erstens seien bei den Ständeratswahlen die Kantone verantwortlich und zweitens wäre der Aufwand bei rund 4000 Nationalratskandidaturen – bei den Wahlen 2015 hatten insgesamt 3788 Personen für ein Amt in der grossen Kammer kandidiert – viel zu gross. Zudem sei die Aussagekraft fragwürdig, wenn es sich, wie vom Motionär vorgeschlagen, um eine Selbstdeklaration handle. Die Exekutive verwies hier auf die Praxis bei den Wahlen: Die Kandidierendennamen auf den Listen werden in fast allen Kantonen mit Berufsangaben vervollständigt. Weil auch nicht geschützte Berufsbezeichnungen verwendet werden und die gleiche Tätigkeit unterschiedlich bezeichnet werden könne, sei dies aber nur wenig aussagekräftig. Das selbe Problem würde sich bei einer vom Motionär geforderten Liste mit Interessenbindungen zeigen. Der Nationalrat folgte dieser Argumentation und lehnte die Motion Grossen in der Herbstsession 2016 mit 119 zu 69 Stimmen ab.

Interessenbindungen schon vor den Wahlen offenlegen (Mo. 15.4055)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Eine breit abgestützte Motion Rutz (svp, ZH) will die Benutzung des Medienzentrums Bundeshaus auch Interessengruppen ermöglichen. Das geltende Reglement erlaubt Parlamentarierinnen und Parlamentariern die Benutzung der dortigen Räume – etwa zum Abhalten einer Medienkonferenz – ausschliesslich dann, wenn sie im Namen von Parteien oder politischen Komitees sprechen. Nicht gewährt wird ihnen der Zugang, um ihrer Funktion als Vertreterin oder Vertreter von Interessenorganisationen zu walten. Nationalrat Rutz berief sich bei der Begründung seiner Motion auf die Wichtigkeit eines breit ausgelegten politischen Diskurses sowie die Bedeutung von Interessenorganisationen in der direkten Demokratie. Der Bundesrat äusserte sich ablehnend zum Ansinnen und brachte dabei die geringen räumlichen und personellen Kapazitäten an, die nur einen eingeschränkten Nutzerkreis zuliessen. Als Alternative verwies er auf die Räumlichkeiten des Käfigturms, die sich ja in unmittelbarer Nähe des Medienzentrums und des Bundeshauses befänden. Anderer Ansicht war der Nationalrat in der Herbstsession 2016 und unterstützte die Motion mit 105 zu 74 Stimmen bei 10 Enthaltungen. Dem Anliegen überwiegend ablehnend gegenüber standen dabei die Fraktionen der SP, CVP, BDP und FDP, während die Grünen und die SVP geschlossen zu dessen Gunsten votierten.

Motion will Benutzung des Medienzentrums für Interessengruppen erlauben (15.3350)

Ein ziemlich profanes Anliegen behandelte eine immerhin von 115 Mitunterzeichnern eingereichte Motion Jacqueline Fehr (sp, ZH), die sich daran störte, dass der IT-Support nur jenen ParlamentarierInnen gewährt wird, welche die Standard-Geräte und -Software (Windows) verwenden. Sie verlangte eine Gleichberechtigung vor allem auch für Apple-NutzerInnen. Der Vorstoss wurde im Nationalrat jedoch mit 100 zu 60 Stimmen und in erster Linie aus Kostengründen abgelehnt. Mit Ausnahme der geschlossen ablehnend stimmenden BDP und der zustimmenden SP gab es in allen Fraktionen Abweichler. Ob es sich dabei um Apple-Nutzer handelte, ist aus dem Ratsprotokoll nicht ersichtlich.

IT-Support

Nach den Nationalratswahlen 2011 waren zwei Vorstösse lanciert worden, die ein Verbot von Listenverbindungen forderten. Die Motion Frehner (svp, BS) und die Motion der FDP-Liberalen Fraktion (12.3374) wurden vom Bundesrat abgelehnt. Die Regierung argumentierte, dass Listenverbindungen eine Folgeerscheinung des geltenden Hagenbach-Bischoff-Mandatszuteilungsverfahrens seien und vor allem für kleine Parteien in kleinen Wahlkreisen wichtig seien, da mit Listenverbindungen deren systembedingt schlechtere Chancen für einen Sitzgewinn erhöht werden könnten. Das System habe sich zudem bewährt und ein Verbot könne die Verzerrungen aufgrund der unterschiedlichen Grösse der Kantone als Wahlkreise nicht beheben. In der Tat hatte sich Frehner insbesondere am Umstand gestossen, dass die CVP im Kanton Basel-Stadt zwar viel weniger Stimmen gemacht hatte als die GP, dank Listenverbindung aber den Sitz der Grünen erobern konnte.
Beide Motionen wurden – getrennt behandelt – abgelehnt. Sie fanden lediglich bei rund einem Drittel der SVP-Fraktion, bei der gesamten FDP-Liberalen-Fraktion – allerdings mit einigen Enthaltungen – und bei zwei CVP-Mitgliedern Gehör.

Verbot von Listenverbindungen (Mo. 12.3050 / Mo. 12.3374)
Listenverbindungen und Zuteilungsverfahen – Reformvorschläge für eidgenössische Wahlen

Aufgrund der aktuellen Bevölkerungsentwicklung wird es für die Nationalratswahlen 2015 zu einer Verschiebung der Sitzzahlen pro Kanton für den Nationalrat kommen. Die Kantone Bern (ab 2015 noch 25 Sitze), Solothurn (noch 6 Sitze) und Neuenburg (noch 4 Sitze) müssen je einen Sitz abgeben, während die Kantone Zürich (neu 35 Sitze), Aargau (neu 16 Sitze) und Wallis (neu 8 Sitze) ihre Sitzzahl entsprechend um je einen Sitz aufstocken können. In Zukunft soll die Zuteilung alle vier Jahre neu berechnet werden. In der Presse wurde vermutet, dass jene Kantone von zusätzlichen Sitzen profitieren, in denen die Zuwanderung aufgrund der Personenfreizügigkeit gross ist. Eine Motion der SVP-Fraktion, welche die Berechnung der Sitzzahlen auf der Basis der Schweizer Bevölkerung sowie der Ausländer mit C- oder B-Ausweis statt der Berechnung auf Basis der gesamten Wohnbevölkerung verlangt hatte, wurde im Nationalrat im Berichtjahr abgelehnt.

Sitzzahlen pro Kanton
Dossier: Anzahl Nationalratssitze pro Kanton

Das Parlament erteilte dem Bundesrat den Auftrag, zu überprüfen, ob in der laufenden Revision der Akkreditierungsverordnung eine Offenlegungspflicht für die Interessenbindung der Bundeshausjournalisten einzuführen ist. Der Nationalrat, von dem diese Idee ursprünglich stammte, schloss sich im Berichtsjahr der kleinen Kammer an und überwies die von dieser abgeänderte Motion Stahl (svp, ZH). Der Nationalrat stellte sich damit gegen die Mehrheit seiner SPK, welche seit dem letzten Jahr ihre Meinung geändert hatte und nun eine derartige Gesinnungsüberprüfung bei Medienschaffenden als unnötig und rechtswidrig beurteilte.

Motion fordert Transparenz bei den Interessenbindungen von Bundeshausjournalisten (05.3785)

Im Frühjahr wurde im Nationalrat eine Motion Alder (sp, SG) behandelt, die bei einem Parteiwechsel eines Parlamentariers die Rückgabe des Mandats an die ursprüngliche Wahlliste forderte. Dies hätte zur Folge, dass ein Mitglied nach einem Parteiaustritt aus dem Rat ausscheiden würde. Seit 1995 hatten drei Mitglieder des Nationalrates die Partei- resp. Fraktionsfarbe gewechselt. Die jüngsten Beispiele Giezendanner (svp, AG) und Borer (svp, SO) verursachten der FP durch ihren Übertritt in die SVP zwei Mandatsverluste. Der Bundesrat vertrat die Auffassung, die Kandidatenstimmen seien in aller Regel wesentlich und führten letztlich auch im Proporzwahlsystem zum Mandatsgewinn der Partei. Das Parlament folgte dem Antrag des Bundesrates und wies die Motion mit 71 gegen 12 Stimmen zurück.

Rückgabe des Mandats an die ursprüngliche Wahlliste

Nach dem Nationalrat stimmte auch der Ständerat einer Motion Schmid (gp, TG) zu, die eine Erhöhung der Vorsorgeentschädigung für Parlamentarier verlangt. Damit soll ein Manko bei der beruflichen Vorsorge ausgeglichen werden, das den Mandatsinhabern aus dem teilweisen Verzicht auf ihre ordentliche Erwerbsarbeit entsteht.

Ehröhung der Pensionskassenbeiträge der Parlamentarier
Dossier: Vorstösse zu Reformen des Parlamentsgeseztes 1992-2000

Eine Mehrheit des Nationalrats sah die Ehre des schweizerischen Parlamentes durch Äusserungen beleidigt, welche Nationalrat Ziegler (sp, GE) in ausländischen Medien gemacht hatte. Stein des Anstosses war vor allem seine Aussage in einer Fernsehsendung des Süddeutschen Rundfunks, dass 70% der Parlamentarier Verwaltungsratsmitglieder von Grossbanken seien (in Wahrheit sind es 4,5%) und dass das Parlament korrupt sei. Die Volkskammer überwies mit 83:54 Stimmen eine Motion Stucky, welche vom Ratsbüro verlangt, den Wahrheitsgehalt dieser Anschuldigungen abzuklären und gegebenenfalls eine Entschuldigung von Ziegler einzuholen und diese der Offentlichkeit bekannt zu machen. Die mündlichen und schriftlichen Aussagen Zieglers werden das Parlament auch weiterhin beschäftigen. So reichte ein Genfer Untersuchungsrichter ein Gesuch um Immunitätsaufhebung wegen einer Verleumdungsklage eines Genfer Geschäftsmannes ein. Die zuständige Nationalratskommission beschloss, dem Plenum die Ablehnung des Gesuchs zu beantragen. In Zusammenhang mit seinem in Paris erschienen Buch «La Suisse lave plus blanc» ist Ziegler in Frankreich, wo ihn keine Immunität schützt, im Verlauf des Berichtsjahres in mehreren Fällen wegen Verleumdung bzw. Beschimpfung eingeklagt und zum Teil bereits verurteilt worden.

Ziegler

Neben der Entschädigung für die Fraktionssekretariate soll in Zukunft aber auch eine eigentliche Parteienfinanzierung ermöglicht werden. Der Nationalrat überwies mit 76 gegen 19 Stimmen eine Motion seiner Kommission, welche den Bundesrat beauftragt, eine Rechtsgrundlage für Bundesbeiträge an die Kosten der Parteien bei Nationalratswahlen zu schaffen. Der Rat überwies auch die im Vorjahr von der Kommission eingereichten Postulate, welche die Überprüfung weiterer Stützungsmassnahmen für die Parteien verlangen. Der Ständerat überwies die Motion ebenfalls, nachdem er einen Antrag Uhlmann (svp, TG) für die Umwandlung in ein Postulat abgelehnt hatte.

Bundesbeiträge zur Parteienfinanzierung