Im Kanton Thurgau fand eine Ersatzwahl für den Regierungsrat statt, weil Justiz- und Sicherheitsdirektor Claudius Graf-Schilling von der SP nach 15 Jahren seinen Rücktritt bekanntgegeben. Das Pensionsalter erreichend, entschied sich dieser, noch vor den Erneuerungswahlen im nächsten Jahr sein Amt zur Verfügung zu stellen. Graf-Schilling hatte sich in seiner Amtszeit als reformfreudiger Regierungsrat profiliert. Unter anderem war er der Kopf der neuen Thurgauer Bezirkseinteilung und ausserdem führend bei der Reorganisation und Aufstockung der Polizei. Für seine konsequente Politik erhielt er anlässlich seines Abgangs auch von den bürgerlichen Parteien viel Lob.
Die aktuelle SP-Fraktionspräsidentin im Kantonsrat, Cornelia Komposch, sowie ihr Vorgänger in diesem Amt, Walter Hugentobler, standen für eine Nachfolge in den Startlöchern. Aber auch über eine Kandidatur von Nationalrätin Edith Graf-Litscher wurde spekuliert. Letztere hätte jedoch eine gewichtige Lücke in der SP-Nationalratsliste für die kommenden eidgenössischen Wahlen hinterlassen. Schlussendlich wurde Kronfavoritin Cornelia Komposch auf den Schild gehoben und besetzte das Einerticket der Sozialdemokraten. Mit 55 von 77 Stimmen konnte sie dabei auf breiten Rückhalt in ihrer Partei zählen. Einen Wahlvorschlag mit zwei SP-Mitgliedern zog man bei den Genossen nicht in Betracht, weil man eine dadurch mögliche Spaltung der Partei verhindern wollte. Die bürgerlichen Parteien anerkannten den Anspruch der SP auf den Regierungssitz und verzichteten auf eigene Kandidatinnen und Kandidaten. Einzig die GLP liebäugelte eine Weile lang mit einer eigenen Kandidatur. Letztlich gab man jedoch bei den Grünliberalen ebenfalls den Verzicht bekannt, weil sich mögliche Interessenten auf die Erneuerungswahlen 2016 konzentrieren wollten. Nicht ganz irrelevant dürfte auch die Drohung der SP gewesen sein, dass eine GLP-Kandidatur die allfällige Zusammenarbeit bei den kommenden Nationalratswahlen erschweren würde. Ebenfalls hinter die SP-Anwärterin stellten sich die Grünen. Somit blieb Komposch die einzige offizielle Kandidatin für die Ersatzwahl. Auch die immer wieder antretende Thurgauer Bürgerin Gaby Coray liess sich dieses Mal nicht registrieren. Sie und ihr Wahlkomitee gaben aber dann doch noch ihre verspätete Kandidatur bekannt – im Einklang mit dem Thurgauer Recht, dass auch nicht eingeschriebenen Anwärterinnen und Anwärtern die Wahl erlaubt.

An einem spannungsfreien Wahlsonntag wurde SP-Frau Cornelia Komposch mit 39'679 Stimmen als neue Thurgauer Regierungsrätin bestätigt. Vereinzelte erhielten 5'301 Stimmen und Gabi Coray deren 183. Komposchs Einzug in die Regierung zog eine erstmalige Frauenmehrheit in der Kantonsregierung nach sich. Überhaupt ist der Thurgau damit erst der dritte Kanton nach Zürich (2003-2006) und der Waadt (seit 2012), in welchem die Regierungsrätinnen in der Überzahl sind. Die neugewählte Regierungsrätin verteidigte mit ihrer Wahl zudem den Anspruch der Sozialdemokraten, welche seit 1941 in der Thurgauer Exekutive vertreten sind. Die faktisch stille Wahl lockte nur wenige Wähler an die Urne. Die Wahlbeteiligung lag entsprechend bei tiefen 35.1%.

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