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Die Wahl von Ruth Dreifuss in den Bundesrat bedeutete einerseits einen klaren punktuellen Sieg der Frauen, da erstmals aufgrund von "Frauen-Power" ein rechtskräftig in ein hohes Amt gewählter Mann derart unter Druck gesetzt wurde, dass er zugunsten einer Frau auf dieses Amt verzichtete. Andererseits löste die Wahl und deren Begleitumstände eine Bewegung aus, die unter dem Begriff "Brunner-Effekt" die Wahlen in kantonale und kommunale Legislativen und Exekutiven nachhaltig beeinflusste und zu einer nahezu erdrutschartißen Zunahme der Frauen in öffentlichen Ämtern führte.

Wahl von Ruth Dreifuss in den Bundesrat

Ein absolutes Spitzenergebnis konnten die Frauen bei den Wahlen in der Stadt Bern feiern. Im siebenköpfigen Gemeinderat (Exekutive) sind sie inskünftig zu dritt vertreten, im Stadtrat (Legislative) nehmen sie 42,5% aller Sitze ein. Damit wurde Bern zur Vorreiterin der politischen Frauenförderung und liess die bisher führenden Städte Zürich (32%) und Genf (35%) weit hinter sich.

Wahlen in der Stadt Bern 42,5% aller Sitze

Die grösste politische Demonstration fand 1991 am Frauenstreiktag vom 14. Juni statt. Mehrere zehntausend Frauen gingen an diesem Tag in vielen Orten der Schweiz auf die Strasse; am besten besucht war die Kundgebung in Zürich mit rund 10'000 Demonstrantinnen. Die grösste Kundgebung an einem Ort war allerdings die nationale Demonstration gegen den Golfkrieg vom 26. Januar in Bern mit 15'000 Teilnehmenden. Der Golfkrieg war denn auch dominierendes Thema bei den insgesamt 29 (inkl. sechs Kundgebungen zum Frauenstreik, 1990: 26) von uns verzeichneten Demonstrationen mit 1'000 und mehr Beteiligten: zehn Grosskundgebungen – davon eine aus Protest gegen die Bombardierung Israels durch den Irak – fanden aus diesem Anlass statt. Zweithäufigstes Thema war der Bürgerkrieg in Jugoslawien: viermal waren es Kroaten, je einmal Albaner aus Kosovo bzw. Serben, welche für ihre Sache Grosskundgebungen durchführten. Zweimal in Bern und je einmal in Zürich und Freiburg versammelten sich mehr als tausend Staatsangestellte, um gegen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen, insbesondere die Nichtgewährung des vollen Teuerungsausgleichs zu protestieren. Rund zwei Drittel dieser grossen Kundgebungen wurden in den Städten Bern und Zürich durchgeführt (je neun).

In dieser Zusammenstellung sind die Kundgebungen der Gewerkschaften zum 1. Mai, welche in den Grossstädten jeweils einige Tausend Beteiligte aufweisen, und die traditionellen Ostermärsche der Pazifisten im schweizerisch/deutschen Grenzgebiet nicht erfasst. Demonstrationen mit 1'000 und mehr Teilnehmenden, unterteilt nach Ort, Datum (Zeitung), Anzahl Teilnehmende und Thema:

Bern: 15.1. (3'000 / Golfkrieg), 16.1. (2'500 / Golf), 28.1. (15'000 / Golf), 29.4. (1'000 / Kurden im Irak), 27.5. (2'000 / Kroaten), 30.9. (1'500 / Serben), 12.9. (1'000 / Staatsangestellte), 1.11. (6'000 / Staatsangestellte);
Zürich: 18.1. (1'000/ Golf), 21.1. (2'000 / Golf), 28.1. (2'000 / Kroaten), 4.2. (1'500 / Golf, Israel), 1.7. (2'500 / Kroaten und Slowenen), 9.12. (1'000/ Kroaten), 12.12. (1'500 / Staatsangestellte), 23.12. (1'500 / gegen Rassismus);
Genf: 14.1. (6'000 / Golf), 21.1. (5'000 / Golf), 7.10. (2'000 / Kosovo-Albaner);
Basel: 18.1. (1'500 / Golf), 21.1. (6'000 / Golf);
Freiburg: 22.11. (2'000 / Staatsangestellte);
Lausanne: 16.1. (1'500 / Golf).

Aktionen zum Frauenstreiktag fanden an unzähligen Orten statt. Eigentliche Demonstrationen mit mehr als 1'000 Teilnehmerinnen wurden gemeldet aus: Zürich (10'000), Genf (6'000), Aargau (4'000), Basel (3'000), Winterthur (2'000) und Bern (1'500).

Statistik Grossdemonstrationen 1991
Dossier: Grossdemonstrationen in der Schweiz

Aus Anlass von 700 Jahren Eidgenossenschaft, 20 Jahren Frauenstimmrecht und zehn Jahren Verankerung der Gleichstellung in der Bundesverfassung luden die Bundesparlamentarierinnen für den 7. und 8. Februar zu einer zweitägigen Frauensession ein. Rund 250 Frauen nahmen in Referaten und Arbeitsgruppen eine Standortbestimmung vor und stellten Forderungen für die Verwirklichung der Gleichberechtigung. Stellvertretend für die Parlamentarierinnen der ersten Stunde sprachen die noch aktiven Rätinnen Uchtenhagen (sp, ZH) und Meier (cvp, LU) über den 'langen Marsch der Frauen nach Bern'. Besonderen Beifall fand die Feststellung Josi Meiers, die Schweizerinnen hätten in diesen zwanzig Jahren bewiesen, dass die Frau tatsächlich ins Haus gehöre – nämlich ins Gemeindehaus und ins Bundeshaus! Am zweiten Tag der Frauensession wurde eine Resolution der Vorbereitungsgruppe als zu unverbindlich zurückgewiesen. Stattdessen wurden – ohne darüber abzustimmen – konkrete Forderungen gestellt wie beispielsweise eine frauenfreundliche 10. AHV-Revision, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, eine stärkere Frauenvertretung in sämtlichen politischen Gremien, mehr Hausarbeit für Männer und mehr ausserfamiliäre Beschäftigung für Frauen. Die Frauen verlangten zudem Solidarität mit den Frauen der Dritten Welt und eine Ächtung des Krieges als männlicher Form der Konfliktlösung.

zweitägigen Frauensession

Im Juni kam etwas Bewegung in die starren Fronten, als die Internationale Arbeitsorganisation ILO ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen 89 verabschiedete, welches die Bedingungen für Ausnahmen vom Frauen-Nachtarbeitsverbot regelt. Die neuen Lockerungen werden dabei nur gewährt, wenn die Sozialpartner in einer Branche oder einem Beruf zustimmen; sie kann auch für einzelne Betriebe nach Konsultation der Sozialpartner von einer staatlichen Behörde bewilligt werden, sofern der Betrieb punkto Sicherheit, Gesundheitsschutz und Chancengleichheit für Frau und Mann die nötige Gewähr bietet; Schwangere und Wöchnerinnen sollen weiterhin einen besonderen Schutz geniessen. Für die Gewerkschaften schien sich hier ein gangbarer Kompromiss anzubahnen, umso mehr als die ILO gleichzeitig ein allgemeines Abkommen über die Nachtarbeit (Übereinkommen 171) annahm, in welchem die gesundheitliche Schädlichkeit der Nachtarbeit erneut bekräftigt und zu grösster Vorsicht bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen gemahnt wurde. Anders als ihre ausländischen Kollegen, die zuletzt Einlenken auf den Kompromissvorschlag beschlossen, verweigerten hingegen die schweizerischen Arbeitgeber dem Zusatzprotokoll ihre Zustimmung. In den folgenden Monaten drängten sie immer wieder darauf, die Schweiz solle das Abkommen 89 innerhalb der dafür vorgesehenen Frist (Ende Februar 1992) aufkündigen.

Zusatzprotokoll zum Übereinkommen 89 allgemeines Abkommen über die Nachtarbeit

Weiterhin thematisiert blieb auch die Gewalt gegenüber Frauen. Die nationale Demonstration zum internationalen Frauentag (8. März) stand ganz in diesem Zeichen, wobei auch an die Ausbeutung der Frauen aus der Dritten Welt erinnert wurde. Im Mai lancierte die Vereinigung der Frauenhäuser eine Kampagne, um auf die tägliche Gewalt gegenüber Frauen und Kindern aufmerksam zu machen. In den grossen Städten wurden — meist auf privater Basis — punktuelle Massnahmen zum Schutz der Frauen ergriffen, die auf reges Interesse stiessen, oft aber nicht die für die Weiterführung des Projekts notwendige Unterstützung der öffentlichen Hand erhielten.

Gewalt gegenüber Frauen.