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Im August 2019 veröffentlichte das Bundesgericht schliesslich seine Urteile zu den drei offenen Beschwerden des Referendumskomitees bezüglich des Abstimmungskampfes gegen die Überwachung von Versicherten. Das Komitee hatte im Juli 2018 gegen je ein Dokument auf der Webseite des BSV und der Suva Abstimmungsbeschwerde an den Regierungsrat des Kantons Zürichs eingereicht und die Entfernung der Dokumente respektive die Feststellung, dass es sich dabei um irreführende Informationen handle, oder die Möglichkeit zu einer Stellungnahme im Dokument gefordert. Im September 2018 erhob das Komitee eine zweite Abstimmungsbeschwerde gegen das Bundesbüchlein mit der Forderung, verschiedene Textpassagen und Tabellen zu ändern oder zu streichen. Nach der Abstimmung im November 2018 folgte eine weitere Abstimmungsbeschwerde mit der Forderung, das Abstimmungsergebnis aufzuheben. Der Zürcher Regierungsrat ging auf keine der drei Beschwerden ein mit der Begründung, die gerügten Punkte hätten kantonsübergreifende Auswirkungen, worauf das Referendumskomitee alle drei Beschwerden ans Bundesgericht weiterzog. Dieses vereinigte die drei Beschwerden und stellte im August 2019 fest, dass auf die zweite und dritte Beschwerde nicht einzutreten sei. Die bundesrätlichen Abstimmungserläuterungen seien nicht direkt anfechtbar und einen Einfluss auf die allgemeine Informationslage im Vorfeld einer eidgenössischen Volksabstimmung – die anfechtbar wäre – habe das Komitee nicht genügend dargelegt.
Bezüglich der ersten Abstimmungsbeschwerde, auf die es eingetreten war, stellte das Bundesgericht fest, dass das BSV im kritisierten Dokument «die interessierten Stimmberechtigten in sachlich gehaltener Form und Sprache über die neuen Bestimmungen des ATSG orientiert» habe. Als Teil einer umfangreicheren Dokumentation des BSV zur Revision des ATSG müsse dieses nicht vollständig sein – auch wenn die übrigen Dokumente erst später, für das Gericht allerdings noch früh genug, auf der Internetseite des BSV publiziert worden seien. Auch der Suva sprach das Bundesgericht die Berechtigung zu, im Vorfeld der Abstimmung Stellung zu beziehen, da sie durch die Abstimmung besonders betroffen sei. Zwar missfiel auch dem Bundesgericht der Titel des Dokuments der Suva «Faktencheck zum Observationsgesetz», da dieser den Eindruck rechtlich gesicherter Fakten erwecke – insbesondere wenn Prognosen über die Anwendung der neuen Gesetzesartikel im Text als «richtig» oder «falsch» bezeichnet würden. Die Aussagen seien aber nicht «eindeutig faktenwidrig», zudem müsse die Suva als betroffenes Unternehmen nicht politisch neutral sein. Abschliessend hielt das Gericht die Möglichkeit, dass die Abstimmung ohne den entsprechenden Mangel anders ausgefallen wäre, aufgrund der Deutlichkeit des Ergebnisses nicht für plausibel. Damit wies es die letzte der drei Abstimmungsbeschwerden ab.
In der Folge setzte der Bundesrat das Gesetz und die Verordnung mit einem Monat Verspätung per 1. Oktober 2019 in Kraft.

Parlament schafft eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten (Pa. Iv. 16.479)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

En avril 2017, le DETEC n'était pas entré en matière sur la requête déposée par les Aînées pour la protection du climat. Le Tribunal administratif fédéral (TAF), saisi suite au recours contre la décision du département, a rejeté le recours et a donné raison au DETEC. Selon l'instance judiciaire, cette catégorie de la population souffre, comme tous les êtres humains, les animaux et les plantes, des conséquences du changement climatique. Il n'y a pas de rapport particulier avec l'objet du litige et aucune prétention fondée sur la Convention européenne des droits de l'homme (CEDH) ne peut être mobilisée. Les Aînées pour la protection du climat pourraient saisir le Tribunal fédéral (TF).

Klage für mehr Klimaschutz
Dossier: Klimawandel in der Schweiz

Nachdem die Kleine Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Schweiz im Februar 2016 wegen ihrer Praxis der Invaliditätsbeurteilung bei Teilzeitangestellten gerügt hatte, wurde ein Weiterzug an die Grosse Kammer abgelehnt, womit das Urteil gültig ist und umgesetzt werden muss. Gemäss der Anwältin der erfolgreichen Beschwerdeführerin wäre eine Änderung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für eine Anpassung der Berechnungspraxis ausreichend. Der Bundesrat blieb jedoch bei seiner früheren Haltung, eine Berechnung auf Basis einer hypothetischen vollen Erwerbstätigkeit würde zu einer Ausweitung der Deckung der IV führen und Mehrkosten im Rahmen von jährlich CHF 35 bis 40 Mio. verursachen, weshalb man an der gemischten Methode grundsätzlich festhalten und lediglich kleine Änderungen vornehmen wolle. Dies schrieb er auch in einem Rundschreiben an die IV-Stellen Ende Oktober. In ähnlich gelagerten Fällen wie jenem der Beschwerdeführerin solle die umstrittene gemischte Methode dagegen nicht mehr angewandt werden. Davon betroffen sind Rentenbezügerinnen oder -bezüger, die aus familiären Gründen ihr Arbeitspensum reduzieren – dies soll nicht mehr zu einer Neubeurteilung der Invalidität führen und die betroffene Person entsprechend den bisherigen Status behalten. Am 20. Dezember 2016 entschied das Bundesgericht über das Revisionsgesuch der Beschwerdeführerin und bestätigte darin die soeben beschriebene Übergangsregelung. Bei Personen, die aus anderen Gründen als der Betreuung von Kindern im entsprechenden Alter Teilzeit arbeiten, wird der Invaliditätsgrad somit weiterhin mit der gemischten Methode berechnet.

Diskriminierung von Teilzeitangestellten

Im Oktober 2016 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über den Fall einer Schweizer Bezügerin einer Unfallrente zu entscheiden, die von Privatdetektiven observiert worden war. Beauftragt worden waren die Privatdetektive von der Unfallversicherung, die den Verdacht hegte, dass die Rentnerin ihre Arbeitsunfähigkeit nur vortäusche. Aufgrund eines in der Folge unter Miteinbezug der Resultate der Observierung erstellten Gutachtens waren die Versicherungsleistungen der Rentnerin gekürzt worden – ein Vorgehen, das 2010 auch vom Bundesgericht gestützt worden war. Der Gerichtshof in Strassburg urteilte jedoch, dass dieses Vorgehen das Recht auf Achtung von Privat- und Familienleben verletzt habe. Ferner sei die Gesetzesgrundlage in der Schweiz – in Betracht gezogen wurden das ATSG und das UVG – bezüglich der Observierung von Versicherten nicht ausreichend. Die Rahmenbedingungen seien nicht klar geregelt, so sei zum Beispiel fraglich, wann und wie lange Observationen durchgeführt werden dürfen und was mit den erhobenen Daten geschehe.
Dieser Entscheid des EGMR dürfte gemäss Experten Auswirkungen auf die Überwachung von Leistungsbeziehenden durch die UV im Allgemeinen, aber auch durch die IV haben, da vermutlich auch die Bestimmungen im IVG nicht ausreichten. Die Suva gab in der Folge bekannt, bis auf Weiteres auf den Einsatz von Detektiven zu verzichten. Der Behindertenverband Agile.ch kritisierte, IV-Bezügerinnen und -Bezüger würden unter Generalverdacht gestellt. In Bundesbern wurden noch im November 2016 zwei parlamentarische Initiativen (Pa.Iv. SGK-SR, Pa.Iv. SVP-Fraktion) eingereicht, mit denen die gemäss EGMR für Observationen nötige Gesetzesgrundlage geschaffen werden soll.

Entscheid des EGMR zur Überwachung von IV-Rentnern
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Im August 2016 konkretisierte sich eine von anderen Akteuren indizierte Klima-Klage: Sich auf Art. 74 der Bundesverfassung (BV) zum Umweltschutz berufend, gemäss welchem der Bund verpflichtet ist, den Menschen und seine Umwelt „vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen“ zu schützen, fasste eine Vereinigung von Seniorinnen den Beschluss, die Schweiz auf unzureichenden Klimaschutz zu verklagen. Darüber hinaus beruft sich der dazu gegründete Verein KlimaSeniorinnen auf das in Art. 10 BV festgehaltene Recht auf körperliche Unversehrtheit. Gerade ältere Frauen seien besonders von den schädlichen gesundheitlichen Folgen der Klimaerwärmung betroffen, so etwa von Dehydrierung, Herz- und Kreislaufproblemen oder Hitzschlag. Dem Vorstand gehören mit den grünen alt-Nationalrätinnen Anne Mahrer und Pia Hollenstein sowie der ehemaligen Genfer National- und Ständerätin Christiane Brunner (sp) landesweit bekannte politische Persönlichkeiten an. Zu den mehr als 300 Seniorinnen, die Ende Oktober mit einer über 150-seitigen, an die Bundeskanzlei sowie an das UVEK, BAFU und BFE adressierten Klageschrift vorstellig wurden, gehört etwa auch Judith Giovannelli-Blocher, Buchautorin und Schwester von Christoph Blocher.

Klage für mehr Klimaschutz
Dossier: Klimawandel in der Schweiz

Bereits im Juli 2015 hatte der Bundesrat in Beantwortung eines Postulats einen Bericht vorgelegt, in dem er einen „Optimierungsbedarf" bei der Bemessung von IV-Renten für Personen, die zuvor in einem Teilzeitpensum arbeiteten, ausmachte. Zum überwiegenden Teil sind davon Frauen betroffen. Im Februar 2016 fällte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Urteil zur IV-Berechnung bei Teilzeitangestellten und rügte die gängige Praxis als diskriminierend gegenüber Frauen. Beschwerde eingereicht hatte eine Mutter mit einem Rückenleiden, deren Invaliditätsgrad nach der Geburt ihrer zwei Kinder gesenkt worden war, was in einem Verlust der Rente resultierte. Die IV hatte die so genannte gemischte Methode zur Berechnung angewandt, die für Teilzeit erwerbstätige Personen mit Haushaltspflichten gilt und die Arbeitsfähigkeit im Beruf und bei der Hausarbeit separat berücksichtigt. Der so berechnete Invaliditätsgrad wird jedoch nur entsprechend dem Teilzeitpensum berücksichtigt, womit es zu einer doppelten Gewichtung des Teilpensums kommt und der resultierende Invaliditätsgrad oft unter den minimalen 40% für eine Teilrente liegt. Entsprechende Fälle sind gemäss Aussage der Behindertenorganisation Procap häufig. Das Bundesgericht hatte dazugehörige Entscheide wiederholt mit dem Argument gestützt, nicht nur invalide, sondern auch gesunde Menschen würden nach der Geburt von Kindern Einkommenseinbussen erleiden, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit einschränken oder aufgeben – diese gesellschaftliche Realität auszugleichen, sei nicht Aufgabe der IV, auch wenn davon primär Frauen betroffen sind. Die Teilzeitarbeit komme einem freiwilligen Verzicht auf einen Teil des Lohns gleich, womit auch Einbussen bei den Sozialversicherungen verbunden sind. Das Strassburger Gericht dagegen urteilte, es liege klar eine Diskriminierung vor, die Betroffenen würden in ihrem Recht auf Familienleben beeinträchtigt. Die gemischte Methode betreffe – dies gemäss Angaben des Bundesrates – zu 98% Frauen. Sie benachteilige damit einen grossen Teil der Mütter, die nach der Geburt eines Kindes ihre Erwerbstätigkeit reduzieren, und sei nicht mehr zeitgemäss. Trotz des knappen Entscheids des Gerichts von vier zu drei Stimmen wird dem Urteil eine Signalwirkung zugeschrieben.

Diskriminierung von Teilzeitangestellten

Zu Beginn der Pariser Klimakonferenz bekräftigte die Grüne Partei ihre Drohung, die Schweiz wegen unzureichendem Klimaschutz zu verklagen, sollte der Bundesrat nach dem Klimagipfel nicht beschliessen, die Treibhausgas-Reduktionsziele beträchtlich zu erhöhen (-40% im Vergleich zu 1990). Ein ähnliches Anliegen hatte sich einige Monate zuvor in den Niederlanden als erfolgreich erwiesen: Dort urteilte ein Bezirksgericht in Den Haag, dass die unzureichende Klimapolitik gegen die Menschenrechte verstosse. Es sei die Aufgabe der Regierung, die Bevölkerung eines Landes, das teilweise unter dem Meeresspiegel liege, vor Gefahren des Klimawandels zu schützen. Dieses gerichtliche Urteil bewirkt in den Niederlanden eine Erhöhung des Reduktionsziels von 17% auf 25% bis 2020 gegenüber 1990.

Klage für mehr Klimaschutz
Dossier: Klimawandel in der Schweiz

Dans le domaine judiciaire, le Tribunal pénal fédéral a débouté l’ancien ministre algérien de la défense, Khaled Nezzra, accusé de crimes contre l’humanité entre 1992 et 1999 dans son pays. Avec ce jugement, le tribunal a clairement refusé l’immunité de l’ancien ministre. Khaled Nezzra pourrait ainsi être le premier accusé de tels crimes jugé en Suisse.

Tribunal pénal fédéral refuse l’immunité de l’ancien ministre algérien de la défense

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg lehnte zwei Beschwerden gegen das in der Volksabstimmung 2009 gutgeheissene Minarettverbot mit der Begründung ab, die beiden Beschwerdeführer hätten nicht geltend gemacht, direkt vom Bauverbot betroffen zu sein. Dieser Entscheid ist endgültig. Laut Ausführungen der Richter sind Gerichte in der Schweiz für die Beurteilung zuständig, ob das Minarettverbot gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstosse.

Europäische Gerichtshof für Menschenrechte

In der aufgrund des Falls des Walliser Hanfbauern Bernard Rappaz aktuell gewordenen Frage, inwieweit Ärzte bei Hungerstreiks zur Anordnung von Zwangsernährung forciert werden können, machte das Bundesgericht einen Schritt zurück und liess die Frage vorerst unbeantwortet. Grund war der Abbruch des Hungerstreiks durch Rappaz, wodurch die Frage obsolet geworden war.

Zwangsernährung

Für Kontroversen sorgte der Protest des Walliser Hanfbauern Bernard Rappaz, der mit einem rund hunderttägigen Hungerstreik einen Unterbruch seines Strafvollzugs erzwingen wollte. Die Frage, ob ein bewusstloser sich im Hungerstreik befindender Häftling zwangsernährt werden dürfe, beschäftigte Ethik- und Rechtsexperten, aber auch die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD). Auch der Entscheid von Regierungsrätin Kalbermatten (VS, sp), die Haftstrafe aufgrund der Weigerung der Ärzte im Berner Inselspital, Rappaz unter Zwangsernährung zu stellen, in einen Hausarrest umzuwandeln, warf hohe Wellen. Das Bundesgericht wies Rappaz‘ Gesuch auf Haftunterbruch am 26. August 2010 schliesslich zurück und leitete aus der polizeilichen Generalklausel eine Billigung der Zwangsernährung als letztes legitimes Mittel zum Schutz von Leib und Leben ab. In der Urteilsbegründung wandte sich das Gericht auch gegen ethische Bedenken von Ärzten. Mehrere Bundesrichter forderten das Parlament daraufhin auf, eine einheitliche gesetzliche Grundlage für den Umgang mit Zwangsernährung zu schaffen. Nachdem Rappaz wieder in Haft genommen wurde, trat er erneut in den Hungerstreik. Im November weigerten sich die Ärzte des Genfer Unispitals jedoch, eine Zwangsernährung einzuleiten. Der Walliser Grosse Rat lehnte ein Gnadengesuch Rappaz‘ ab und das Bundesgericht verweigerte ein drittes Mal einen Antrag auf Haftunterbuch. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR), der den Fall auf Antrag des Hanfbauern untersuchen will, forderte ein Ende des Hungerstreiks. Dieser Forderung kam der Walliser am 24. Dezember 2010 nach. Gleich zwei CVP-Bundesparlamentarier aus dem Kanton Wallis reagierten im Berichtsjahr auf den Vorfall. Roberto Schmidt reichte eine Motion ein und Viola Amherd verfasste eine parlamentarische Initiative. Beide Vorstösse fordern eine einheitliche Regelung im Umgang mit Zwangsernährung.

Zwangsernährung

Im Jahr 2006 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein Urteil gegen einen Journalisten der „Sonntags-Zeitung“ aufgehoben. Dieser hatte in den neunziger Jahren einen vertraulichen Bericht des damaligen Schweizer Botschafters in den USA, Carlo Jagmetti, mit Empfehlungen an den Bundesrat zur politischen Behandlung von Forderungen aus den USA im Zusammenhang mit Bankkonten von Holocaustopfer publiziert. Die Eidgenossenschaft akzeptierte erstmals einen Entscheid des EGMR nicht und zog ihn an die grosse Kammer weiter. Diese kam im Berichtsjahr zum Schluss, die Schweiz habe mit der Verurteilung des Medienschaffenden die Meinungsfreiheit nicht verletzt und stiess damit das Urteil der kleinen Kammer des EGMR um.

Gerichtsentscheid im Fall Jagmetti

Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung geheimer Dokumente durch Medienschaffende hob der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zwei Urteile des Bundesgerichts auf. Er warf der Schweiz vor, sie habe mit der Bestrafung der beiden Journalisten gegen die Meinungsfreiheit und damit gegen Art. 10 EMRK verstossen. Eines der Urteile, gegen einen Journalisten der Sonntags-Zeitung wegen der Publikation geheimer Diplomatenpost, wollte die Schweiz nicht hinnehmen und verlangte eine Neubeurteilung. Es war das erste Mal, dass sie eine Verurteilung durch den EGMR nicht akzeptierte. Dies überraschte namentlich darum, weil der Bundesrat gleichzeitig die Abschaffung des Strafgesetzartikels prüfte, der dem Urteil zugrunde lag.

Gerichtsentscheid im Fall Jagmetti

Erstmals war eine Lohngleichheitsklage in der Privatwirtschaft erfolgreich. Das von einer Arbeiterin wegen Diskriminierung eingeklagte Unternehmen verzichtete auf einen Rekurs gegen ein Urteil des Waadtländer Kantonsgerichts ans Bundesgericht, wodurch dieses rechtskräftig wurde. Das Kantonsgericht hatte insbesondere festgehalten, dass ein Lohnunterschied sexistischer Natur besteht, wenn Angestellte beiden Geschlechts eine ähnliche Position im Unternehmen und ein vergleichbares Pflichtenheft haben, dafür aber nicht den gleichen Lohn beziehen. Im Urteil war insbesondere der Grundsatz der Beweislastumkehr konkretisiert worden, der nach Ansicht von Experten bei den Gerichten bisher zu wenig bekannt war.

Lohngleichheitsklage in der Privatwirtschaft

Gemäss Bundesgericht verbietet das Lohngleichheitsgebot keineswegs, dass ein typischer Frauenberuf im Verhältnis zu einem vergleichbaren geschlechtsneutralen Beruf besoldungsmässig tiefer eingestuft wird, wenn auch die Arbeitszeiten kürzer sind. Ganz im Gegenteil verlange das Gebot der Rechtsgleichheit, Lohnvergleiche auf der Basis eines gleichen Arbeitspensums vorzunehmen und allfälligen Unterschieden in der quantitativen Belastung bei der Festlegung der Besoldung Rechnung zu tragen. Konkret zu beurteilen war die Situation der Kindergärtnerinnen im Kanton Freiburg, die sich über eine geschlechterspezifische Lohndiskriminierung beklagten, weil sie gut 20% weniger Gehalt bekommen als die Primarlehrer. Diese Lohndifferenz ist laut einstimmigem Urteil des Bundesgerichtes gerechtfertigt, weil die Freiburger Kindergärtnerinnen auch ein im Vergleich mit den Lehrern um 25% geringeres zeitliches Arbeitspensum zu bewältigen haben.

gleichen Arbeitspensums

Dass in der Schweiz nur Männer Wehrpflichtersatz zahlen müssen, wenn sie weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, verstösst laut einem neuen Urteil des Bundesgerichts nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter, wie er in der Bundesverfassung und in verschiedenen internationalen Vereinbarungen verankert ist. Eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit der ein dienstuntauglicher Mann den ihm in Rechnung gestellten Wehrpflichtersatz anfocht, wurde in Lausanne als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Schon bei der Auslegung der alten Bundesverfassung, die in diesem Zusammenhang einfach von „Schweizern“ sprach, wurde die Militärdienstpflicht auf Männer beschränkt. Auch als 1981 der Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter in die Bundesverfassung aufgenommen wurde, lehnte es das Bundesgericht ab, die Wehrpflicht auf Frauen auszudehnen. Heute ergibt sich klar aus dem Wortlaut von Art. 59 BV, dass nur Männer dienstpflichtig sind und eine Ersatzabgabe zahlen müssen, wenn sie keinen Dienst leisten. Auch ein Verstoss gegen die UNO-Menschenrechtspakte oder die Europäische Menschenrechtskonvention wurde vom Bundesgericht einstimmig verneint.

Wehrpflichtersatz

Gemäss seiner schriftlichen Urteilsbegründung im Fall Jagmetti kam das Bundesgericht zum Schluss, daß die Veröffentlichung einer in vertretbarer Weise für geheim erklärten Information grundsätzlich strafbar bleibt. Damit lehnte es das Gericht ab, eine grosszügigere Gesetzesauslegung im Hinblick auf die Meinungsäusserungsfreiheit für zulässig zu erklären. Die "SonntagsZeitung" hatte 1997 eine vertrauliche Lageanalyse von US-Botschafter Carlo Jagmetti über die Forderungen jüdischer Organisationen im Zusammenhang mit den Holocaust-Geldern zitiert, worauf dieser zurücktrat. Die „SonntagsZeitung“ zog ihre Verurteilung wegen Veröffentlichung vertraulicher Dokumente des ehemaligen Botschafters an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiter.

Fall Jagmetti „Kassensturz“-Urteil

In einem Leitentscheid anerkannte das Bundesgericht Lohnunterschiede zwischen gleich qualifizierten weiblichen und männlichen Arbeitskräften für zulässig, wenn diese auf eine starke individuelle Verhandlungsposition der neu eingestellten Person oder auf die konjunkturelle Situation im Zeitpunkt der Anstellung zurückgehen. Die Differenz ist jedoch im Rahmen periodischer Bereinigungen der Salärstruktur so bald als möglich und zumutbar zu beseitigen. Konkret hatte das Bundesgericht die Klage einer Frau zu beurteilen, welche für die gleiche Arbeit im Lokalressort einer Tageszeitung um rund 15 bis 25% schlechter entlöhnt wurde als ein nach ihr eingestellter männlicher Kollege. Das Unternehmen begründete die Lohndifferenz unter anderem mit der guten Konjunktur im Zeitpunkt der Anstellung des Mannes. Zusätzlich wurde geltend gemacht, der Bewerber sei der eigentliche Wunschkandidat gewesen und habe auf Grund dieser individuellen Verhandlungsposition auf einem Lohn bestanden, der seinem früheren Salär als Primarlehrer entsprach.

Bundesgericht Lohnunterschiede zulässig so bald als möglich und zumutbar zu beseitigen

Im Basler Kindergärtnerinnen-Lohnstreit entschied das Bundesgricht, dass der Kanton sämtlichen Kindergärtnerinnen, Textil- und Hauswirtschaftslehrerinnen den von einer kleinen Gruppe von Klägerinnen erstrittenen höheren Lohn rückwirkend auf fünf Jahre ausbezahlen muss. Damit fand eine der ersten in der Schweiz aufgrund des Gleichstellungsartikels in der Bundesverfassung eingereichten Lohnklagen ein definitives Ende.

Bundesgricht höheren Lohn rückwirkend

Anfangs Oktober hiess erstmals ein Schweizer Arbeitsgericht eine Klage wegen sexueller Belästigung nach dem 1996 in Kraft getretenen Gleichstellungsgesetz gut. Die Besitzerin eines Hotels in Zürich musste zwei Praktikantinnen eine Entschädigung bezahlen, weil sie es unterlassen hatte, für ein belästigungsfreies Arbeitsklima zu sorgen.

Klage wegen sexueller Belästigung

Das Bundesgericht nahm zu einer Beschwerde gegen die 1997 durch den Urner Landrat (Parlament) erfolgte Ungültigkeitserklärung einer kantonalen Volksinitiative für eine Frauenquote für die Behörden Stellung. Es bestätigte dabei sein Urteil aus dem Vorjahr zu einer ähnlichen Solothurner Initiative, dass generelle Wahlquoten im Widerspruch zur Bundesverfassung stehen, da sie bei durch das Volk gewählten Behörden einer Einschränkung des freien und gleichen Wahlrechts gleichkommen würden. Geschützt wurden hingegen diejenigen Teile der Initiative, welche Quoten für Kommissionen und Behörden, die nicht direkt vom Volk gewählt werden, sowie für die Wahllisten der Parteien fordern.

Ungültigerklärung der kantonalen Urner Volksinitiative "für gleiche Wahlchancen"
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung

Die Richter in Lausanne stützten einen Entscheid des Solothurner Kantonsrates, der im Vorjahr eine Initiative, welche Quoten in den kantonalen Behörden verlangte, für ungültig erklärt hatte. Sie wiesen die Stimmrechtsbeschwerde der Initiantinnen mit der Begründung ab, starre Quoten bedeuteten faktisch eine Sperre für Kandidaten des anderen Geschlechts und seien deshalb unverhältnismässig. Männer würden einzig ihres Geschlechtes wegen diskriminiert; sie könnten über längere Zeit nicht mehr für Ämter kandidieren. Dies sei ein schwerer Eingriff in die verfassungsmässige Garantie des Wahl- und Stimmrechts. Zwar zeigten einige der sieben Bundesrichter durchaus Sympathien für die Quote als spezielle Form der Frauenförderung. Es überwog aber das Argument, das öffentliche Interesse an frei wählbaren Personen sei grösser.

Ungültigerklärung der kantonalen Solothurner Volksinitiative für eine Quotenregelung (1997)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung

Im Kanton Zürich gingen die Kindergärtnerinnen mit einer Verbandsklage gegen die Lohnpolitik von Stadt und Kanton vor. Gemäss einer Arbeitsplatzbewertung aus dem Jahr 1991 wurde für Kindergärtnerinnen die Lohnklasse 18 und für Primarlehrer die Lohnklasse 19 ermittelt. Die Kindergärtnerinnen argwöhnten nun, der Kanton habe, um die Lohndifferenz zwischen diesen beiden Kategorien aufrecht zu erhalten, den Gemeinden die Empfehlung gemacht, Kindergärtnerinnen generell nur zu 80% (für eine volle Stelle) anzustellen. Obgleich eine Arbeitszeitstudie 1995 klar ergeben habe, dass die Kindergärtnerinnen ein Vollpensum leisten, hätten sich doch die meisten Gemeinden an die Empfehlung des Kantons gehalten, was unter dem Strich einer Einstufung in eine deutlich tiefere Lohnklasse gleichkomme.

Kanton Zürich Kindergärtnerinnen Verbandsklage

Anfangs Oktober fällte das Zürcher Verwaltungsgericht das erste Urteil, das sich auf das neue Gesetz abstützt. Das Gericht entschied, dass der Kanton Zürich 16 Handarbeits- und zehn Hauswirtschaftslehrerinnen, die auf Lohndiskriminierung geklagt hatten, rückwirkend ab 1991 mehr Lohn zu bezahlen sowie künftig die beiden Berufsgruppen generell eine Lohnklasse höher (auf Stufe Primarschullehrkräfte) einzustufen habe. Bei diesem Prozess kam erstmals der Grundsatz der Beweislastumkehr zum Zug, wonach Arbeitnehmende nur den Verdacht der Diskriminierung glaubhaft machen müssen, worauf es dann an der Arbeitgeberseite ist, diese Behauptung zu entkräften.

erste Urteil, das sich auf das neue Gesetz abstützt Beweislastumkehr

La Commission européenne des droits de l'homme a jugé recevable le recours déposé en 1993 par une dizaine de particuliers contre l'autorisation d'exploitation de la centrale de Mühleberg qui fut prolongée en 1992 par le Conseil fédéral. Les recourants avaient motivé leur action en invoquant le fait que – contrairement à la réglementation de la CEDH sur les décisions concernant la protection de l'existence ou de la santé humaine – la législation nucléaire suisse ne prévoit aucune possibilité de s'opposer aux autorisations d'exploitation délivrées par le gouvernement devant un tribunal indépendant.

1990-1997: Demande d'un permis d'exploitation illimitée et d'augmentation de la puissance de la centrale nucléaire de Mühleberg (BE)
Dossier: Geschichte des Atomkraftwerks Mühleberg
Dossier: Kernenergie in der Schweiz nach Tschernobyl bis 2000