Nachdem der Ständerat im Vorjahr signalisiert hatte, dass er nicht bereit war, alle vom Nationalrat eingefügten Änderungsvorschläge zur Abschwächung des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann ("Gleichstellungsgesetz") hinzunehmen, schwenkte auch die grosse Kammer auf eine moderat frauenfreundlichere Linie ein. Mit 111:58 Stimmen dehnte sie das Diskriminierungsverbot wieder auf alle Tatbestände zwischen Anstellung und Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus. Das Zünglein an der Waage spielten hier die CVP-Vertreter, welche sich - gleich wie alle weiblichen Abgeordneten mit Ausnahme der Berner Freisinnigen Aubry und der Waadtländer Liberalen Sandoz - in dieser Frage dem rot-grünen Lager anschlossen.

Erneut keine Chancen hatte hingegen eine über Klagen bezüglich Lohndiskriminierung hinausgehende Beweislastumkehr, bei welcher eine auf Diskriminierung klagende Person vor Gericht nur glaubhaft machen muss, dass eine geschlechtsbedingte Diskriminierung vorliegt, worauf es dann am Arbeitgeber ist zu beweisen, dass dies nicht zutrifft. Mit 89 zu 87 Stimmen bei zwei Enthaltungen lehnte es der Nationalrat äusserst knapp ab, die erleichterte Beweisführung für das ganze Arbeitsverhältnis gelten zu lassen. Hier sprachen sich nur gerade noch drei bürgerliche Frauen - Nabholz (fdp, ZH), Gadient (svp, GR) und Lepori Bonetti (cvp, TI) - für die frauenfreundlichere Variante aus.

Entgegen seinem ersten Entscheid schloss sich der Nationalrat der kleinen Kammer hingegen beim Verbandsklagerecht an. Dieses berechtigt Gewerkschaften und Frauenorganisationen, in eigenem Namen feststellen zu lassen, dass eine Diskriminierung für einen Einzelfall oder eine ganze Berufsgruppe vorliegt. Eine vom Arbeitgeber-Vertreter Allenspach (fdp, ZH) angeführte Minderheit wollte das Verbandsklagerecht einschränken, indem bei Einzelklagen im Gegensatz zu Kollektivklagen das Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmerin eingeholt werden müsste. Diese Einschränkung unterlag ebenfalls knapp mit 86 zu 84 Stimmen.

Bei der verbleibenden wesentlichen Differenz (Regelung der Beweislast) erteilte der Ständerat der restriktiven Haltung der grossen Kammer erneut eine Absage. Als Kompromissvariante schlug er aber vor, die Anstellung von der erleichterten Beweisführung auszunehmen und diese nur auf die Aufgabenzuteilung, die Aus- und Weiterbildung, die Entlöhnung, die Beförderung und die Entlassung zu beschränken. Mit 93 zu 66 Stimmen schloss sich der Nationalrat hier an, so dass das Gesetz in der Frühjahrssession definitiv verabschiedet werden konnte.

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann "Gleichstellungsgesetz"