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  • Frauen und Gleichstellungspolitik

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  • Bortoluzzi, Toni (svp/udc, ZH) NR/CN

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Überwiesen hat der Nationalrat im April ein Postulat Kiener Nellen (sp, BE) zur Frauenförderung in technischen und naturwissenschaftlichen Lehrgängen und Berufen. Der Bundesrat wurde damit aufgefordert, Lösungsvorschläge zu präsentieren, wie die Untervertretung von Mädchen und Frauen in den erwähnten Berufsgruppen in Zusammenarbeit mit den Kantonen bekämpft werden könnte. Bei den Beratungen im Nationalrat sprachen sich die gesamte SVP-Fraktion sowie einige Politiker aus den CVP- und FDP-Fraktionen gegen den Vorstoss aus. Nationalrat Bortoluzzi (svp, ZH) wehrte sich gegen eine staatliche Einflussnahme auf die Berufswahl; solange der Zugang zu den Berufen allen unabhängig vom Geschlecht zustehe, seien weitere Massnahmen unnötig. Dennoch fand das Postulat eine Mehrheit von 102 zu 68 Stimmen.

Frauenquote in den Naturwissenschaften

Zu dem vom Bundesrat im Vorjahr vorgelegten Bericht zur Wirksamkeit des Gleichstellungsgesetzes und den dazugehörenden Empfehlungen des Bundesrates reichten Parlamentarierinnen vor allem aus dem links-grünen Lager einen ganzen Strauss von Vorstössen ein, die in der Frühjahrssession im Nationalrat zur Behandlung kamen. Mit einem Postulat forderte Roth-Bernasconi (sp, GE) den Bundesrat auf, rasch einen Zusatzbericht über die Umsetzung seiner Empfehlungen vorzulegen. Trotz Fundamentalopposition der SVP – Bortoluzzi (ZH) bezeichnete die Debatte als „Unsinn“ und die Vorstösse als Teil einer „sozialistischen Gleichmacherei“ – und dem Antrag des Bundesrates, das Postulat abzulehnen, weil die Problematik zu komplex sei, um schon bald konkrete Ergebnisse vorlegen zu können, wurde es mit 84 zu 70 Stimmen überwiesen. Dafür stimmten die geschlossenen Fraktionen von GP und SP, eine knappe Mehrheit der CVP und einige Freisinnige. Mit 83 zu 71 Stimmen nahm der Rat auch eine Motion Leutenegger Oberholzer (sp, BL) für einen umfassenden Massnahmenplan zur Gleichstellung unter Federführung des Bundes und unter Einbezug von Kantonen, Gemeinden, Sozialpartnern und Wirtschaftsverbänden an. Der Bundesrat sprach sich gegen einen verbindlichen Auftrag aus, da es wirkungsvoller sei, konkrete Massnahmen zu treffen, statt Ressourcen mit der Ausarbeitung eines Massnahmenplanes zu binden. Der Ständerat liess sich von dieser Argumentation überzeugen und verwarf die Motion mit 15 zu 11 Stimmen.

Wirksamkeit des Gleichstellungsgesetzes Massnahmenplan

Das im Vorjahr von der Landesregierung vorgelegte Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann ("Gleichstellungsgesetz"), welches den seit 1981 in der Bundesverfassung stehenden Gleichstellungsartikel umsetzen und die Frauen im Wirtschaftsleben vor direkten und indirekten Diskriminierungen schützen soll, wurde bereits von der vorberatenden Kommission des Nationalrates in wichtigen Punkten abgeschwächt. Wie umstritten die ganze Vorlage war, ging schon nur daraus hervor, dass dem Plenum ein Nichteintretensantrag Sandoz (lp, VD) und zwei Rückweisungsanträge Aubry (fdp, BE) und Bortoluzzi (svp, ZH) sowie mehr als 30 Abänderungsanträge zu dem 18 Artikel umfassenden Gesetz vorlagen. Nach einer rund vier Stunden dauernden und teilweise emotional geführten Eintretensdebatte, in der aber doch die sachlichen Argumente und die Einsicht überwogen, dass dieses Gesetz überfällig sei, wurden der Nichteintretens- bzw. die Rückweisungsanträge deutlich abgelehnt.
In der ebenfalls sehr ausführlichen Detailberatung schloss sich das Plenum in den meisten Punkten den Anträgen der Mehrheit der bürgerlich dominierten Kommission an. So sprach sich die grosse Kammer nach einem längeren Rededuell für eine engere Definition des Tatbestandes der sexuellen Belästigung aus und wollte dafür die Beweislast allein bei den Betroffenen belassen. Vergeblich monierten Sprecherinnen von SP, GP und LdU/EVP, die Stellung der Frauen werde dadurch im Vergleich zur heutigen Praxis verschlechtert.
Gegen die Kommissionsmehrheit konnten sich lediglich Anträge durchsetzen, welche die Vorlage noch weiter abschwächten. Eine von Nationalrat Ducret (cvp, GE) angeführte Minderheit erreichte so, dass anstelle eines generellen Diskriminierungsverbotes mit einer erklärenden Aufzählung eine restriktivere, abschliessende Auflistung von Diskriminierungen eingeführt wurde, wobei Stellenausschreibung und Anstellung aus dem Katalog gestrichen wurden. Unter das Diskriminierungsverbot sollten nur noch Aufgabenzuteilung, Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung fallen.

Auch in der Frage der Beweislastumkehr wurde die Haltung der Kommissionsmehrheit übernommen. Die generelle Erleichterung der Beweislast zugunsten der Frauen war als eine Art "Schicksalsartikel" der gesamten Vorlage erachtet worden. Die Kommissionsmehrheit wollte das Prinzip jedoch lediglich bei Lohngleichheitsklagen gelten lassen. Sie argumentierte, dass einzig die Lohnungleichheit objektiv mess- und feststellbar sei, in den anderen Bereichen hingegen von vagen Vermutungen ausgegangen werden müsse.

Zu harten Diskussionen kam es beim Verbandsbeschwerderecht, ein weiterer Grundpfeiler des Gleichstellungsgesetzes. Von rechtsbürgerlicher Seite wurde verlangt, den Verbänden sei das Klagerecht nur mit Einwilligung der betroffenen Frauen zuzugestehen. Nachdem Bundesrat Koller darauf aufmerksam gemacht hatte, dass das Bundesgericht bereits heute das Klagerecht der Berufsverbände nicht vom Einverständnis der Betroffenen abhängig macht, wurde dieser Passus des Gesetzes schliesslich in der ursprünglichen Fassung angenommen, allerdings auf Antrag Spoerry (fdp, ZH) in dem Sinne präzisiert, dass die Verbände vor einer Klage das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen müssen.
Im Bereich des Kündigungsschutzes setzten sich die Vorschläge des Bundesrates durch. Demnach kann die Kündigung einer Arbeitnehmerin, die aus Rache für eine vorgängige Gleichstellungsbeschwerde ausgesprochen wird, angefochten werden. Keine Chance hatte ein Antrag von Felten (sp, BS), Rachekündigungen seien schlechthin für nichtig zu erklären. Klar wurde auch die Aufwertung des eidg. Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann gutgeheissen. Das Büro soll direkt dem Departement des Innern unterstellt werden, um Dienstwege zu verkürzen und ihm mehr Gewicht zu verschaffen. Trotz dem Hinweis einiger Ratsmitglieder auf die leere Bundeskasse fanden auch die gesetzlichen Bestimmungen für Finanzhilfen an Förderungsprogramme und Beratungsstellen für Frauen Zustimmung. In der Gesamtabstimmung passierte das neue Gesetz mit 114 zu 35 Stimmen.

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann "Gleichstellungsgesetz"