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Die FDP-Frauen bekannten sich ein Jahr nach ihrem 65-jährigen Bestehensjubiläum zur freisinnigen Politik, bestätigten aber auch, dass es eine selbstbewusste und liberale Frauensektion nach wie vor unbedingt brauche. Die Frauen forderten deshalb, innerhalb der FDP als unabhängiger, souveräner und selbstbestimmter Teil wahrgenommen zu werden und nicht einfach als Wasserträgerinnen zu dienen, sondern auch mal von der Mutterpartei abweichende Positionen zu vertreten. Der 2013 ausgetragene Streit um die Familienpolitik – die FDP-Frauen hatten damals entgegen der Mutterpartei die Ja-Parole gefasst – habe aufgezeigt, dass die Frauensektion ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen auch innerhalb der Partei deutlicher vertreten müssten. Um nicht von der Mutterpartei abhängig zu sein, setzten die Frauen eine Arbeitsgruppe ein, die Finanzen und Strukturen analysieren sollte. Mit den neuen Kernthemen Wirtschafts-, Gesellschafts- und Bildungspolitik wollen die Frauen zeigen, dass einst eher linke Themen liberale Politik pur seien, so die Präsidentin Carmen Walker-Späh (ZH, fdp). Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und lebenslange Bildung seien liberale Anliegen.

FDP-Frauen

Im Freiburger Grossrat kam es zu einem Parteiwechsel eines altgedienten SVP-Politikers. Michael Losey trat Mitte Mai zur FDP über, weil er den Populismus seiner alten Partei nicht mehr mittragen könne. Es sei in der SVP nicht mehr möglich, über Themen zu diskutieren, die gewissen Leuten nicht passten. Losey kritisierte zudem die Aussage des Freiburger Nationalrates Rime, der zugegeben hatte, seinen beiden Söhnen ab und zu geschäftsrelevante Entscheide aus nationalrätlichen Kommissionen zukommen zu lassen. Spannungen zwischen Losey und seiner alten Partei hatten sich seit 2007 abgezeichnet, als der Ex-SVPler „genial“ gerufen habe, nachdem die Abwahl Christoph Blochers aus dem Bundesrat bestätigt wurde.

SVP Michael Losey

Dass die SP die einzige Partei bleibt, die einen EU-Beitritt fordert, zeigte sich auch im Umstand, dass sie in der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz (Nebs) das neue Präsidium stellt. Nach dem Rücktritt von Christa Markwalder (fdp, BE) war keine bürgerliche Vertreterin der im Nachgang der EWR-Abstimmung gegründeten europafreundlichen Organisation mehr im Vorstand. Mit Martin Naef (ZH, sp) und François Cherix (VD, sp) standen der Bewegung, die seit dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative wieder an Mitgliedern gewonnen hatte, zwei SP-Politiker vor – flankiert von Aline Trede (gp, BE), Sabrina Hofer und Sebastian von Graffenried.

SP Neuen Europäischen Bewegung Schweiz (Nebs)

Eine eigentliche Bombe liess Christoph Blocher am 9. Mai 2014 platzen. Auf Teleblocher kündigte er seinen Rücktritt als Nationalrat an. Grund dafür sei, dass er erneut alles unternehmen müsse, um den schleichenden EU-Beitritt der Schweiz zu verhindern. Alles Zweitrangige – also auch die Parlamentsarbeit – müsse beiseitegelegt werden. Im Parlament verplempere er nur seine Zeit, in der verbürokratisierten Legislative würden Sitzungen nur wegen der Sitzungsgelder abgehalten, Wohlfahrt sei „dort oben“ eine Nebensächlichkeit. Blocher forderte in seinem Rücktrittsschreiben gleich auch noch die Reduktion der Parlamentariersaläre (vgl. dazu auch Kapitel 1c). Er selber hätte zwar in Bern nur die wichtigsten Sitzungen besucht, würde seine Zeit nun aber vollständig seinem Komitee „gegen den schleichenden EU-Beitritt" widmen, dem rund 50 Organisationen und 1000 Einzelpersonen unter seiner Präsidentschaft angehören würden. Der Rücktritt wurde von den Medien breit kommentiert. Die NZZ schrieb etwa von einem „dogmatischen Anti-EU-Reflex“. Allenthalben wurde argumentiert, dass Blocher zwar aus dem Parlament, nicht aber aus der Politik zurücktrete. Änderungen werde es also kaum geben.

Blocher Rücktritt als Nationalrat

Die Aargauer FDP-Ständerätin Christine Egerszegi gab 2014 bekannt, für die nationalen Wahlen 2015 nicht mehr antreten zu wollen. Als Nachfolger für den Ständerat stellte sich Parteipräsident Philipp Müller zur Verfügung. Er sehe kein Problem, das Mandat in der Kleinen Kammer mit dem Parteipräsidium zu verbinden, sagte Müller auf entsprechende Medienanfragen. Als Ständerat würde er zwar primär den Kanton Aargau vertreten, da dieser aber bürgerlich sei, werde es kaum zu Kollisionen mit seinem Parteiamt kommen.

FDP Ständerat Philipp Müller

Bei der Abstimmungskampagne zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen zeigte sich die SVP bereit, den Lead von der CVP zu übernehmen. Die CVP hatte sich von der Kampagnenführung zurückgezogen, weil sie sich über die unklare Rolle Schwedens und des Gripen-Herstellers Saab im Abstimmungskampf empörte. Parteipräsident Brunner sagte in einem Radio-Interview, dass man jetzt keine Zeit mehr verlieren dürfe. Zu einem Debakel verkam die Abstimmung dann nicht nur wegen des Erfolgs des Referendums, sondern auch, weil sich Bundesrat Ueli Maurer während der Kampagne einige „Entgleisungen“ – so die NZZ – leistete. Um aufzuzeigen, dass die alten Kampfflugzeuge durch neue ersetzt werden müssten, stellte Maurer bei mehreren Anlässen die Frage, wie viele Gebrauchsgegenstände man denn noch im Haushalt habe, die älter als 30 Jahre seien. Bei ihm zu Hause sei das nur noch seine Frau.

Gripen

Der 2013 von der "NZZ am Sonntag" erhobene Vorwurf an den Zürcher SVP-Nationalrat Hans Fehr, eine nicht arbeitsberechtigte serbische Asylbewerberin beschäftigt und keine Sozialabgaben bezahlt zu haben, wurde Ende April 2014 zum Gerichtsfall. Die Staatsanwaltschaft eröffnete ein Verfahren gegen den asylpolitischen Hardliner sowie gegen weitere Personen aus Eglisau, welche die Asylbewerberin in ihrem Haushalt beschäftigt hatten – darunter auch Fehrs Frau und der Bülacher Gerichtspräsident Rainer Hohler, der der SP angehört. Der Fall beschäftigte die Medien insbesondere, weil Fehr einst gefordert hatte, dass Asylbewerbern keine Beschäftigung gegeben werden dürfe.

Hans Fehr liess Asylbewerberin schwarz für sich arbeiten

Eine private Reise einiger SVP-Parlamentarier in den Iran wurde in den Medien als Krawatten-Debakel breitgewalzt. In die Schlagzeilen geriet insbesondere Vize-Präsident Luzi Stamm (AG), der bei einem Treffen mit iranischen Politikern die Sanktionen gegen den Iran kritisierte und es damit gar in die „Teheran Times“ schaffte. Zu reden gab die von Ulrich Schlüer (ZH) organisierte Reise auch deshalb, weil sich neben Stamm auch die amtierenden Nationalräte Lukas Reimann (SG), Jean-François Rime (FR), Yves Nidegger (GE) und der ehemalige Nationalrat Dominique Baettig (JU) zusammen mit iranischen Politikern ablichten liessen. Medial erörtert wurde einerseits der Umstand, dass sich die SVP ansonsten bei der Aussenpolitik strikte Neutralität auf die Fahnen schreibt, hier aber SVPler als Repräsentanten der Schweiz aufgetreten waren. Andererseits galt der Kleidung, mit denen die SVP-Politiker den iranischen Politikern gegenübertraten, erhöhte Aufmerksamkeit. Insbesondere das Fehlen einer Krawatte wurde als "Bückling" gegenüber dem Iran bezeichnet. Der Schlips gilt dort als christlich-jüdisches Zeichen westlicher Dekadenz. Der Fall der SVP-Politiker wurde mit dem Auftritt der ehemaligen Bundesrätin Calmy-Rey verglichen, die 2008 mit einem Kopftuch bei einem offiziellen Besuch im Iran aufgetreten war. Weil die SVP, allen voran Lukas Reimann (SG), die Reise der Aussenministerin damals als „Riesenkatastrophe“ bezeichnet hatte, jetzt aber das Ablegen der Krawatte als Anpassung an die Gepflogenheiten eines Landes rechtfertigten, gab es in der Presse einiges an Häme. Kritik am ungeschickten Auftritt wurde aber auch parteiintern geäussert.

SVP Krawatten-Debakel

Mitte April präsentierte die SP einen Katalog mit Forderungen für die Lohngleichheit zwischen Frau und Mann. Zentral ist dabei die Idee von Lohntransparenz: Alle in einem Unternehmen ausbezahlten Löhne sollen aufgeschlüsselt nach Höhe, Geschlecht, Kaderstufe, Ausbildung und Tätigkeit betriebsintern veröffentlicht werden. Damit versprechen sich die Genossinnen und Genossen Anreize für faire Lohnsysteme. Zudem fordert die SP eine Lohnkontrolle, die von Externen in Form von Evaluationen in Betrieben mit mehr als 50 Angestellten mindestens alle drei Jahre durchgeführt werden soll. Die Partei stützte ihre Forderungen auf neueste Befunde einer Nationalfonds-Studie, die aufgezeigt hatte, dass Frauen im Schnitt CHF 1‘800 pro Monat weniger verdienen als Männer, wobei es für rund 38% der Lohndifferenzen keine objektive Erklärung gebe: Rund CHF 684 seien also auf unmittelbare Diskriminierung zurückzuführen.

SP Lohngleichheit zwischen Frau und Mann

Für einige Reaktionen sorgte eine im Tages-Anzeiger veröffentlichte Untersuchung von sotomo, die mit Hilfe von Parteiparolen die Entwicklung im bürgerlichen Lager nachzeichnete. Während sich CVP, FDP und SVP bis in die 1990er-Jahre noch in einem gemeinsamen rechts-liberalen Quadranten fanden, war die SVP bis 2014 in ein eher rechts-konservatives Feld gerutscht. Gleichzeitig waren FDP und CVP einigermassen stabil geblieben. Dies widerspreche dem Verständnis der SVP, die sich als letzte bürgerliche Partei fühle – so die Quintessenz der Studie. In der Weltwoche wurde die Studie als linker Hokuspokus abgetan. Auch Christoph Blocher meldete sich in der Weltwoche zu Wort: Mit ihrem Ja zum EWR-Beitritt hätten sich die CVP und die FDP von der bürgerlichen Politik verabschiedet, nicht die SVP. Die Volkspartei sei die einzige geblieben, die eine konsequent liberal-konservative Politik fahre und die schweizerische Unabhängigkeit verteidige.

letzte bürgerliche Partei

Auch die CVP bezog Position zur Umsetzung der im Februar angenommenen Masseneinwanderungsinitiative. An der Delegiertenversammlung in Zug Mitte April mutmasste Parteipräsident Christophe Darbellay, dass man den Entscheid zwischen Umsetzung der Initiative und Fortführung des bilateralen Wegs vielleicht dem Volk überlassen müsse. Doris Leuthard sprach sich für eine Grundsatzdebatte aus, in welcher gemeinsame gesellschaftliche Ziele diskutiert werden müssten. Auch ein gemeinsames Regierungsprogramm dürfe kein Tabu sein. In einem Interview Anfang August bezeichnete Darbellay eine Volksinitiative, mit der der bilaterale Weg in der Verfassung verankert würde, als ernsthafte Option, was allerdings von allen Seiten – auch parteiintern – mit Skepsis aufgenommen wurde. Die Ankündigung der Lancierung einer Initiative blieb zwar im Raum, an der Delegiertenversammlung in Sempach Ende August verabschiedete die Partei allerdings vorerst lediglich eine Resolution, mit der gefordert wurde, dass die Personenfreizügigkeit aufrecht erhalten wird. Gleichzeitig müssten die Migration mit der konsequenteren Umsetzung bestehender Massnahmen gebremst und die Asylverfahren beschleunigt werden. Eine europapolitische Initiative schloss die Parteileitung allerdings weiterhin nicht aus.

Position der CVP zur Masseneinwanderungsinitiative
Dossier: Masseneinwanderungsinitiative

Die SP, die als einzige Regierungspartei laut Parteiprogramm den EU-Beitritt anstrebt, engagierte sich bei den Europawahlen. Man wolle einerseits zeigen, dass man mit der jetzigen, von Konservativen angeführten EU nicht einverstanden sei. Deshalb wolle die SP andererseits ihren europäischen Schwesterparteien helfen und die rund 1,2 Mio. in der Schweiz wohnhaften Wahlberechtigten für eine sozialdemokratische Idee von Europa mobilisieren. Freilich hielt sich das Engagement in Grenzen: Auftritte im Internet und in den sozialen Medien, das Verteilen von Flyern und ein Wahlmeeting am 5. April in Bern, zu dem sozialdemokratische Kandidierende aus Deutschland, Frankreich, Italien und Portugal eingeladen wurden, waren der Beitrag der SP.

SP Europawahlen

Anfang April präsentierte die FDP ein Positionspapier zur Energiepolitik wo sie den sorgsamen Umgang mit der Umwelt ins Zentrum stellte. Damit entdeckte die Partei ein Anliegen wieder, das sie bereits in den 1980er Jahren umgetrieben hatte. Insbesondere Elisabeth Kopp hatte sich damals innerhalb der FDP stark für Umweltthemen eingesetzt. Die ehemalige Bundesrätin bedauerte, dass es ihrer Partei nicht gelungen sei, dieses Thema mit marktwirtschaftlichen Überlegungen zu verknüpfen. Hätte sie dies getan, würde es der Partei heute nicht nur besser gehen, sondern es gäbe auch keine GLP. In der Presse wurde denn auch eine mögliche Fusion zwischen GLP und FDP diskutiert. In ihrem Energiepapier forderte die FDP zwar Steuererleichterungen für energieeffizientes Bauen, stellte sich aber auch gegen ein AKW-Verbot.

FDP Energiepolitik

Schwer tat sich die SP auch 2014 mit der Europapolitik. Zwar stand ausser Frage, dass nach wie vor ein EU-Beitritt angestrebt wird, in der momentanen EU-Krise konnte mit dieser Forderung allerdings nicht wirklich gepunktet werden. An ihrer Delegiertenversammlung am 29. März wollten die Genossen ihre europapolitische Haltung deshalb klären. Dies sei insbesondere auch nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative nötig, weil damit die Bilateralen Beziehungen zur EU auf dem Spiel stünden. Verbesserte flankierende Massnahmen und die Erhaltung von Personenfreizügigkeit sowie der Bilateralen Beziehungen standen ab dem 9. Februar im Zentrum der präsidialen Vorschläge, die allerdings nicht überall gut ankamen. Einige Genossen vertraten die Ansicht, dass man jetzt erst recht rasch einen EU-Beitritt propagieren müsse. Man müsse mit der Integrationsdiskussion eine radikale Alternative anbieten und die Entwicklung der EU mitgestalten – in eine sozialere Richtung. Am 19. März beriet die SP-Fraktion dann eine Resolution, in der sie neun Punkte forderte, um „gemeinsam für eine soziale und offene Schweiz in einem sozialen und prosperierenden Europa – jetzt erst recht!“ einzustehen. Auch ein EU-Beitritt – so eine der Forderungen – müsse ergebnisoffen diskutiert werden. Die Genossen wollten aber nicht ausschliesslich auf den Beitritt setzen, sondern forderten auch eine neue Partnerschaft mit Europa. Über einen verlässlichen Fortbestand der Bilateralen Verträge und eine Weiterentwicklung der Beziehungen könne in Anbetracht der schwierigen Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative auch eine neue Volksabstimmung durchgeführt werden. Die SP wurde mit der Wiederbelebung der Integrationsdiskussion auch als pro-europäische Gegenkraft zur SVP wahrgenommen. An der Delegiertenversammlung am 29. März in Malleray-Bévilard forderte die SP vom Bundesrat dann eine Auslegeordnung mit europapolitischen Optionen – ein entsprechender Vorstoss war bereits eingereicht worden. Beitrittsverhandlungen sollen eine dieser Optionen sein, obwohl die neoliberal dominierte aktuelle EU im Moment kein grosser Anreiz sei.

SP Europapolitik

Am 30. März wurde der Parteipräsident der FDP, Philipp Müller (AG), an der Delegiertenversammlung in Schaffhausen einstimmig und mit stehenden Ovationen in seinem Amt bestätigt. Müller wurde auch in der Presse ein gutes Zeugnis ausgestellt. Seine direkte Art habe zur Popularisierung der Partei beigetragen. Die Linie der Partei sei deutlicher geworden und die Mitglieder aktiver. Das Klischee des „pseudo-UDC“, das ihm einige Liberale aus der Romandie vor seiner Wahl ins Präsidium 2012 angehängt hatten, habe sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: Müller entpuppe sich als echter Liberaler. Seine Kollegen im Nationalrat attestierten ihm hohes Engagement. Allerdings eckte Müller mit seiner jovialen und teilweise ins vulgäre abdriftenden Art auch ab und zu an. Zudem gab es nach wie vor Stimmen, die Müller im Vergleich zu seinem Vorgänger, Fulvio Pelli (TI) nicht als nationalen Präsidenten, sondern als Deutschschweizer wahrnahmen. Dies war insbesondere deshalb ein Problem, weil die FDP in der Romandie stärker verankert ist. Im Schnitt unterstützen 20% der Romands die PLR, während die FDP in der Deutschschweiz durchschnittlich 13% Wählerstärke aufweist. Auch das Etikett des „Monsieur 18%“ blieb an ihm haften: Müller hatte vor 14 Jahren mit einer Initiative den Ausländeranteil auf 18% der Bevölkerung beschränken wollen. Vielleicht auch dank seinem Faible für Asylpolitik schaffte Müller aber den Spagat zwischen Wirtschaftspartei und Volksnähe – dies schienen zumindest Umfragen Ende März zu bestätigen. An der Delegiertenversammlung ebenfalls bestätigt wurde das bisherige Vizepräsidium, bestehend aus Christian Lüscher (GE), Isabelle Moret (VD), Carla Speziali (TI) und Christian Wasserfallen (BE). Als Wahlkampfleiter wurde Vincenzo Pedrazzini (SZ) bestimmt.

Amtsübergabe als FDP-Präsident von Pelli zu Müller (2012)
Dossier: FDP-Präsidentinnen und -Präsidenten seit 2000

Die 2013 von der SVP eingereichte Durchsetzungsinitiative, die von der Volkspartei als Drohkulisse für eine buchstabengetreue Umsetzung der Ausschaffungsinitiative verfasst worden war, schien 2014 ihr Ziel zu erreichen. In der Frühjahrssession lehnte der Nationalrat die Initiative zwar ab und folgte dem Bundesrat, der sie für teilungültig erklärt hatte. Gleichzeitig hiess er aber den Katalog aus der Durchsetzungsinitiative als Umsetzung der Ausschaffungsinitiative praktisch eins zu eins gut. Aus Angst vor dem Volk beuge sich die grosse Kammer dem Powerplay der SVP, titelte etwa die NZZ. Der Ständerat erklärte die Initiative ebenfalls für teilungültig, wollte sie aber 2014 noch nicht beraten.

Durchsetzungsinitiative

Obwohl man in der FDP den Lead des Nein-Lagers nicht übernehmen wollte, trat schliesslich mit Andrea Caroni (fdp, AR) ein junges Aushängeschild die Führung der Kampagne gegen die Pädophileninitiative an. Caroni stellte ein überparteiliches Komitee zusammen, um den Rechtsstaat zu verteidigen. Die Initiative verletzte den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, und der Automatismus sowie die fehlende Abstufung nach der Schwere einer Tat seien mit rechtsstaatlichen Ideen nicht vereinbar. Das Engagement war mutig, da ein Einstehen gegen die von Parteipräsident Philipp Müller als „unappetitliches Geschäft“ bezeichnete Initiative kaum Lorbeeren versprach. Allerdings gewannen Caroni und seine Partei damit durchaus an Profil.

Kampagne gegen die Pädophileninitiative

Bei den JungsozialistInnen (Juso) wurde der scheidende Präsident David Roth (LU) Mitte März in Bern durch den mit 161 zu 78 Stimmen neu gewählten Fabian Molina (ZH) ersetzt. Molina war der einzige Kandidat. Er ist nationaler Jugendsekretär der Gewerkschaft Unia, Gemeindeparlamentarier in Illnau-Effretikon (ZH) und studiert an der Universität Zürich. Im Vorfeld der Wahl war kritisiert worden, dass keine Frau angetreten war. Molina will die radikale und provokative Linie seiner Vorgänger – Cedric Wermuth (AG) und David Roth – weiterführen. Ende Jahr wurde Molina an der Delegiertenversammlung der Juso in Schaffhausen zudem von den JungsozialistInnen per Resolution zum SP-Vizepräsidenten nominiert. Per Ende Februar 2015 wird David Roth von diesem Posten, der aufgrund einer ungeschriebenen Regel jeweils den Juso zugerechnet wird, zurücktreten.

JungsozialistInnen (Juso)

Nachdem in der Presse schon 2013 kolportiert worden war, dass die SVP-Parteileitung Druck auf ältere, langjährige Parlamentarier ausübe, damit diese noch während der Legislatur jüngeren Nachwuchshoffnungen Platz machten, traten im Berichtjahr gleich drei gestandene SVP-Parlamentarier zurück. Der Rücktritt von Hans Kaufmann (ZH) Ende Februar kam dabei einigermassen überraschend. Kaufmann begründete ihn mit der wenig erbaulichen Zusammenarbeit mit dem Bundesrat in Finanzthemen. Als Nachfolger von Kaufmann wäre eigentlich Thomas Matter vorgesehen gewesen. Matter war wie Kaufmann in der Finanzbranche tätig und gehörte der jüngeren SVP-Generation an. Auf dem Listenplatz, der zum Nachrücken berechtigte, fand sich allerdings Ernst Schibli noch vor Matter; Schibli übernahm das Amt trotz gegenteiligem Wunsch der Zürcher Parteileitung. Mit dem Rücktritt von Christoph Blocher im Mai 2014 rückte Matter dann doch noch nach. Mit seiner Ankündigung, auf sein Nationalratssalär verzichten zu wollen, erregte Matter auch deshalb Aufsehen, weil Blocher bei seinem Rücktritt eine Beschneidung der Parlamentarierentschädigungen gefordert hatte, um die Entwicklung hin zu einem Berufsparlament zu verhindern. Der geschätzt 200-fache Millionär Matter konnte sich den Verzicht auf seine Mandatsentschädigung freilich gut leisten. Mitte Juli kündigte Fraktionschef Caspar Baader (BL) an, im August zurückzutreten. Seine Nachfolge trat jedoch ebenfalls niemand aus der jüngeren Generation, sondern der 66-jährige Christian Miesch an, der von 1991 bis 1995 für die FDP und von 2003 bis 2011 für die SVP in der grossen Kammer gesessen hatte. Nach wie vor weigerte sich ein weiteres Urgestein der Zürcher SVP – Toni Bortoluzzi – standhaft, vorzeitig zurückzutreten. Ende Jahr kündigte allerdings Hansruedi Wandfluh (BE) seinen vorzeitigen Rücktritt per Anfang 2015 an. Auch hier fand sich nicht der eigentliche Wunschkandidat, der Berner SVP-Kantonalpräsident Werner Salzmann, auf dem nächsten Listenplatz, sondern der ebenfalls altgediente Jean-Pierre Graber.

Altersrücktrittsdiskussion in der SVP-Fraktion

Schwer tat sich die CVP mit der Präimplantationsdiagnostik (PID). Im Februar beschloss die CVP-Fraktion, auf die Vorlage einzutreten, weil in gewissen Fällen die wissenschaftliche Untersuchung von Embryonen angebracht sein könne. Allerdings will sich die CVP für strenge Rahmenbedingungen einsetzen. Anfang Jahr hatte sich die Delegiertenversammlung noch gegen einen Test von Krankheiten bei künstlich befruchteten Embryonen ausgesprochen. Explizit will die Partei laut ihrem erneuerten Programm für ein Leben mit Behinderung einstehen.

CVP Präimplantationsdiagnostik

Die SP-Frauen wandten sich gegen ihren Bundesrat Alain Berset, indem sie dessen Pläne für eine Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65 ablehnten, welche Bestandteil von dessen Rentenreform sind. Ein einheitliches Rentenalter von Mann und Frau sei erst akzeptierbar, wenn auch Lohngleichheit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf umgesetzt sei, entschieden die SP-Frauen an ihrer Konferenz im Februar.

SP-Frauen

Für Unmut beim Pro-Komitee sorgte die CVP im Rahmen der Abstimmungskampagne für den Gripen, wo die Partei die Führung abgab, weil sie gegen die Einmischung ausländischer Akteure in die Kampagne protestierte. Es sei nicht sicher, ob sich Saab, der Hersteller des Kampfjets, in nationale Belange eingemischt habe, weshalb man die Aufgabe der Koordination der Kampagne abgebe. Man wolle sich nicht dem Vorwurf aussetzen, eine käufliche Partei zu sein. Zudem kämpften die CVP-Frauen gegen den Gripen.

CVP Gripen

Zu den zahlreichen Gratulanten für den Erfolg der Masseneinwanderungsinitiative gehörte auch die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), eine rechtsextreme Partei. Das Resultat wurde als „weithin strahlendes politisches Signal gegen die Entmündigung der europäischen Völker“ bezeichnet, das den Kampf der NPD bestärke.

Kampagne der SVP gegen die Masseneinwanderungsinitiative
Dossier: Masseneinwanderungsinitiative

Als Reaktion auf das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative forderte Parteipräsident Christian Levrat in einem ganzseitigen offenen Brief im "Blick" eine Umsetzung des Begehrens, die möglichst nahe am Volkswillen sei. Die Initiative sei auf dem Land angenommen, in der Stadt aber verworfen worden. Deshalb seien die Massnahmen für die Umsetzung vor allem auf die ländlichen Regionen zu konzentrieren. Levrat forderte neben einer Verschärfung des Raumplanungsgesetzes und der wortgetreuen Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative auch eine Beschränkung der Zahl ausländischer Arbeitskräfte für die Landwirtschaft, mehr Kontrollen gegen Schwarzarbeit in ländlichen Gebieten oder die Erhöhung von Hypozinsen in peripheren Regionen. Wenn Kontingentsysteme eingeführt würden, so müssten diese nach Branchen und Kantonen festgelegt werden, wobei die Städte die grössten Kontingente an ausländischen Facharbeitern erhalten müssten. Mit diesen Forderungen wollte Levrat provozieren und die SVP-Versprechungen "entlarven". Er weckte dabei zahlreiche empörte Gegenreaktionen der Initianten. Ende Juni veröffentlichten die Sozialdemokraten dann ihre ernster gemeinten Vorschläge für eine Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Sie wandten sich gegen die Idee von Kontingenten und wollten der Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften durch innenpolitische Reformen Herr werden. Frauen und ältere Arbeitnehmende müssten im Markt behalten werden. Zudem soll ein von Arbeitgebern gespeister Fonds geschaffen werden, mit dem die Kosten für die Integration gedeckt werden sollen. Firmen, die ausländische Fachkräfte engagieren, müssten in diesen Fonds einzahlen. Zudem sollen Steuerprivilegien für Ausländer – etwa die Pauschalbesteuerung – abgeschafft werden. Parteiintern stiessen die Forderungen allerdings auch auf Skepsis. Es sei nicht an der SP, für eine fremdenfeindliche SVP-Initiative völkerrechtlich verträgliche Umsetzungskonzepte zu finden – gab etwa Cedric Wermuth (sp, AG) zu Protokoll. Das Papier wurde an der Delegiertenversammlung Ende Oktober in Liestal ausführlich und emotional diskutiert. Letztlich wurde es gutgeheissen, aber auf Antrag der St. Galler und der Waadtländer Kantonalsektion wurde die Idee des Integrationsfonds gestrichen.

Umsetzungsvorschlag der SP zur Masseneinwanderungsinitiative
Dossier: Masseneinwanderungsinitiative

Auf einigen negativen Widerhall stiess eine pauschale Aussage Christoph Blochers über die Romands. Die mehrheitliche Ablehnung der Masseneinwanderungsinitiative durch die Westschweizer Kantone erklärte Blocher in der BaZ mit dem „schwächeren Bewusstsein der Welschen für die Schweiz“. Die Westschweizer Medien reagierten erbost. In der "Tribune de Genève" wurde Blocher etwa vorgeworfen, das Identitätsmonopol der Schweiz zu beanspruchen. Zahlreiche Kommentare in "Le Temps" wiesen darauf hin, dass Patriotismus unterschiedlich gelebt werden könne. Die Aussage wurde dem SVP-Patron als schlechte Polemik ausgelegt. Ennet der Saane wurde sie in einer Ausstellung mit dem Titel „Les Romands sont-ils Suisse?“ mit verschiedenen Karikaturen künstlerisch verarbeitet.

schwächeren Bewusstsein der Welschen für die Schweiz