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In der Wintersession 2019 nahm sich der Nationalrat der Änderung des BetmG bezüglich Pilotversuche mit der Droge Cannabis an. Entgegen der Empfehlung seiner Kommission trat er mit 100 zu 85 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) auf die Gesetzesvorlage ein. Während sich die SP, die GLP, die Grünen, etwas mehr als die Hälfte der FDP-Liberalen-Fraktion sowie einige Vertreterinnen und Vertreter der Mitte-Fraktion für den Experimentierartikel aussprachen, stiess dieser bei der SVP sowie der Mehrheit der Mitte-Fraktion auf taube Ohren. Lorenz Hess (bdp, BE) erklärte bei der Eintretensdebatte für letztere, dass die Sorge um den Jugendschutz zur Haltung der Fraktionsmehrheit geführt habe. Ebenfalls auf den Jugendschutz ging Verena Herzog (svp, TG) als Kommissionssprecherin ein. Statt Experimente sollten mit den Geldern besser eine wirksame Drogenprävention für eine gesunde Jugend finanziert werden. Benjamin Roduit (cvp, VS) bat seine Ratskolleginnen und -kollegen zudem, nicht auf das Geschäft einzutreten, da es sich dabei um einen ersten Schritt zur Liberalisierung handle. Anders sah dies Regine Sauter (fdp, ZH). Ihrer Meinung nach versage das aktuell geltende Gesetz, wenn es darum gehe, den Cannabiskonsum zu verhindern. Der Zugang zur Droge sei zu einfach und es herrsche ein florierender Schwarzmarkt, fand auch Léonore Porchet (gp, VD). So sei es in einigen Schweizer Städten am Sonntagmorgen einfacher, Cannabis als Brot zu erhalten. Yvonne Feri (sp, AG) hob hervor, dass die Projekte lediglich darauf abzielten, die Auswirkungen der kontrollierten Abgabe der Droge auf den Konsum, die Gesundheit und das Suchtverhalten zu eruieren. Es werde dadurch niemand zum Cannabiskonsum verleitet. In ähnlicher Manier argumentierte Gesundheitsminister Berset. Man stecke in einer Sackgasse, denn die gegenwärtige Repressionspolitik sei nicht effektiv. In der Schweiz sei fast ein Drittel der Bevölkerung bereits einmal mit Cannabis in Kontakt gekommen und mehr als 200'000 Personen konsumierten die Droge regelmässig, wobei kein Rückgang dieser Zahlen ersichtlich sei. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache sei es daher essentiell, auf systematische und wissenschaftliche Art festzustellen, ob andere Wege einen besseren Ansatz und wirksamere Ergebnisse ermöglichen würden.

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 19.021)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Zwischen Anfang Mai und Mitte November 2019 setzte sich die SGK-NR mit dem Bundesratsgeschäft zu den Pilotversuchen mit Cannabis auseinander.
Im Frühjahr trat die Kommission mit 12 zu 9 Stimmen auf die Vorlage ein. Sie war der Ansicht, dass der regelmässige illegale Cannabiskonsum von ungefähr 200'000 Personen ein gesundheitspolitisches Problem darstelle. Eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder wollte das Betreten neuer Pfade bezüglich Cannabispolitik prüfen. Sie vertrat die Meinung, dass die durch die kontrollierte Cannabisabgabe erzeugten allfälligen Veränderungen in den Bereichen Gesundheit, Konsum und Suchtverhalten der Konsumierenden mittels Studien ersichtlich würden. So sei der Fokus auf die Schadensminderung und den Schutz der Gesundheit gerichtet. Eine Minderheit hingegen äusserte den Vorwurf, dass die Studien nicht das Wegkommen von den Drogen beabsichtigten, sondern vielmehr einen «ersten Schritt zu einer Liberalisierung» darstellten.
Im Juli setzte die SGK-NR ihre Beratung fort. In grossen Teilen folgte sie der Meinung des Bundesrates: An den Studien teilnehmen dürfen lediglich über 18-jährige Cannabiskonsumierende, die «eng begleitet werden» und deren Gesundheitszustand überwacht wird. Im Gegensatz zur Landesregierung wollte die Mehrheit der Kommission, dass die Arbeitgebenden oder die Schule der Teilnehmerinnen und Teilnehmer über deren Partizipation informiert werden. Eine Minderheit sprach sich gegen diesen Punkt aus, da sie davon ausging, dass sich dadurch weniger Personen bereit erklärten, an den Studien mitzumachen, was wiederum die Aussagekraft der Resultate in Mitleidenschaft ziehen würde. Andere Minderheiten stellten Forderungen wie die Erhöhung der Hürden, um die Studien zu bewilligen, oder das Abgeben des Führerscheins. Da für die SGK-NR der Jugendschutz im Zentrum stand, beauftragte sie diesbezüglich die Ausarbeitung eines Berichts.
Im November wurde der ausgearbeitete Bericht zu Kenntnis genommen. Im Rahmen der Gesamtabstimmung sprachen sich 11 Kommissionsmitglieder für die Vorlage aus, 11 dagegen und zwei Mitglieder enthielten sich ihrer Stimme. Der Stichentscheid des Kommissionspräsidenten Thomas de Courten (svp BL) führte schliesslich dazu, dass das Geschäft abgelehnt wurde.

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 19.021)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Ende Februar 2019 legte der Bundesrat die Botschaft zur Änderung des BetmG und der damit verbundenen Ausführungsverordnung vor. Damit entsprach er Forderungen von fünf gleichlautenden Motionen zur Schaffung gesetzlicher Grundlagen, welche die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe ermöglichen soll. Die Motionen waren jeweils in den erstberatenden Räten auf Zustimmung gestossen (Nationalrat: Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113; Mo.17.4114. Ständerat: Mo. 17.4210). Verschiedene Städte und Kantone hatten in der Vergangenheit Interesse an entsprechenden Projekten bekundet, um Erkenntnisse zu alternativen Regulierungsmodellen zu generieren, da die momentane Situation mit florierendem Schwarzmarkt, fehlender Qualitätskontrolle und hohen Repressionskosten unbefriedigend sei. Aufgrund der bisher gültigen Rechtsgrundlage war die Realisierung solcher Studien bisher jedoch nicht möglich gewesen.

Der bundesrätliche Entwurf sah für die einzelnen Pilotversuche eine örtliche Begrenzung auf eine oder mehrere Gemeinden und eine zeitliche Begrenzung auf maximal fünf Jahre (mit Verlängerungsmöglichkeit um zwei Jahre) pro Studie vor. Weiter soll die Zahl der an einer entsprechenden Studie teilnehmenden Personen nicht mehr als 5'000 betragen. Zur Gewährleistung des Jugendschutzes müssten die Partizipantinnen und Partizipanten volljährig sein, bereits vor Studienbeginn Cannabis konsumiert haben und in einer Gemeinde wohnen, die an einem entsprechenden Pilotversuch teilnimmt. Der Gesamt-THC-Gehalt soll auf 20 Prozent beschränkt werden. Ebenso sollen die Bezugsmenge einer Begrenzung unterliegen, das Produkt zum Eigenverbrauch verwendet werden und die Weitergabe des Cannabis an Drittpersonen verboten sein. Während der Bezug der Droge nicht unentgeltlich erfolgen soll, soll diese aber von der Tabaksteuer befreit werden. Abgegeben werden soll das Produkt an speziell im Rahmen der Studien festzulegenden Verkaufsstellen wie Apotheken oder Cannabis Social Clubs. Der Konsum im öffentlich zugänglichen Raum soll nicht zulässig sein und der Gesundheitszustand der Studienteilnehmenden müsse überwacht werden. Auch soll verschiedenen Pflichten zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nachgekommen werden. Als Bewilligungsbehörde würde das BAG für die Kontrolle der Einhaltung rechtlicher Vorgaben verantwortlich sein. Ferner wollte der Entwurf des Bundesrates die Gültigkeit des Experimentierartikels auf zehn Jahre einschränken. Danach sollen die durch die unterschiedlichen Versuche gemachten Befunde im Hinblick auf die Weiterführung einer evidenzbasierten Diskussion über die Cannabispolitik zusammengeführt werden. Das allgemeine Cannabisverbot gelte aber weiterhin in der ganzen Schweiz. Nicht Bestandteil des Entwurfes sei zudem die Diskussion um den medizinischen Cannabis.

Anlässlich der Vernehmlassung, die vom 4. Juli 2018 bis zum 25. Oktober 2018 dauerte, gingen 126 Stellungnahmen ein. Im Grossen und Ganzen waren die Vernehmlassungsteilnehmenden positiv gegenüber der Änderung des BetmG und der Ausführungsverordnung eingestellt. Bei den Kantonen hatten Aargau, Appenzell Ausserrhoden und Solothurn keine Vorbehalte, Bern, Glarus, Nidwalden und Schwyz sprachen sich jedoch grundsätzlich gegen die Vorlage aus. 18 weitere Kantone stimmten ihr mit Vorbehalten und Änderungswünschen zu, währenddem der Kanton Freiburg eine grundsätzliche Überarbeitung verlangte. Die Piratenpartei war die einzige Partei, die den Entwurf ohne Weiteres begrüsste. BDP, FDP, GPS, SP und up! zeigten sich unter Vorbehalten damit einverstanden, die SVP, CVP, EVP und EDU waren hingegen dagegen. Zehn Gemeinden (Bern, Zürich, Luzern, Lausanne, Winterthur, Biel, Ostermundigen, St. Gallen, Thun, Werdenberg) hiessen die Vorlage generell gut; es wurden jedoch noch einzelne Vorbehalte und Änderungswünsche angebracht. Von den Vertreterinnen und Vertretern aus dem Bereich Gesundheit/Sucht und Wissenschaft sagten 31 mit Vorbehalten und vier (Vereinigung Cerebral Schweiz, RADIX, Infodrog, SNF) ausdrücklich Ja zum Entwurf, drei (JoD, EgD, DAD) lehnten ihn ab. Es war in erster Linie die Verordnung, auf die in den Stellungnahmen eingegangen wurde. Dabei waren hauptsächlich die Besteuerung der Cannabisprodukte, die Teilnahmebedingungen an den wissenschaftlichen Studien und Fragen zum Vollzug im öffentlichen Raum ein Thema.

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 19.021)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Mitte Juni 2016 gab der Bundesrat die Inkraftsetzung des revidierten Bürgerrechtsgesetzes und der entsprechenden Verordnung auf den 1. Januar 2018 bekannt. Ab diesem Zeitpunkt gelten verschärfte Bestimmungen für die Einbürgerung. So müssen einbürgerungswillige Personen im Besitz einer Niederlassungsbewilligung (anstatt wie bisher einer Aufenthaltsbewilligung) sein, müssen Kenntnisse in einer Landessprache vorweisen können und dürfen weder vorbestraft sein noch Sozialhilfe beziehen. In der Folge startete die SP, ausgelöst durch einen Appell von SP-Nationalrat Cédric Wermuth (AG), eine Kampagne zur „Masseneinbürgerung“: Sie rief alle in der Schweiz wohnhaften Ausländerinnen und Ausländer dazu auf, sich so bald als möglich einbürgern zu lassen, und stellte zu diesem Zweck sogar Einbürgerungsberater zur Verfügung. Es sei ihre „staatspolitische Verantwortung, die Integration zu fördern“, begründete Wermuth die Bestrebungen der SP, möglichst viele von den Vorzügen des Schweizer Passes zu überzeugen, gegenüber dem „Blick“.
Im rechten Lager stiess die Kampagne auf Unverständnis und Häme; die „Weltwoche“ warf der SP vor, damit nur ihre eigene Wählerbasis vergrössern zu wollen. Christoph Mörgeli (svp, ZH) liess sich in einem Weltwoche-Artikel gar zur Behauptung hinreissen, die schrittweise Öffnung der Schweiz, insbesondere gegenüber Europa, sei eine unmittelbare Folge der grossen Zahl an Einbürgerungen von EU-Ausländern und – mit Bezug zur Abstimmung über Schengen/Dublin – „was 2005 die Gnade des Volkes fand, wäre zehn Jahre zuvor ohne Einbürgerungen noch klar gescheitert.“
Im November 2016 wurde bekannt, dass sich im Hinblick auf die höheren Hürden ab 2018 auch der Vorstand der KKJPD dafür einsetzte, dass Kantone und Gemeinden vermehrt aktiv auf einbürgerungsberechtigte Personen zugehen sollen.

Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes (BRG 11.022)

Bei der Abstimmungskampagne zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen zeigte sich die SVP bereit, den Lead von der CVP zu übernehmen. Die CVP hatte sich von der Kampagnenführung zurückgezogen, weil sie sich über die unklare Rolle Schwedens und des Gripen-Herstellers Saab im Abstimmungskampf empörte. Parteipräsident Brunner sagte in einem Radio-Interview, dass man jetzt keine Zeit mehr verlieren dürfe. Zu einem Debakel verkam die Abstimmung dann nicht nur wegen des Erfolgs des Referendums, sondern auch, weil sich Bundesrat Ueli Maurer während der Kampagne einige „Entgleisungen“ – so die NZZ – leistete. Um aufzuzeigen, dass die alten Kampfflugzeuge durch neue ersetzt werden müssten, stellte Maurer bei mehreren Anlässen die Frage, wie viele Gebrauchsgegenstände man denn noch im Haushalt habe, die älter als 30 Jahre seien. Bei ihm zu Hause sei das nur noch seine Frau.

Gripen

Auch im Referendum gegen die Erhöhung der Abgaben für die Autobahnvignette mischte die SVP mit. Aushängeschilder des erfolgreichen Referendumskomitees, das innert kürzester Zeit mehr als doppelt so viele Unterschriften wie nötig gesammelt hatte, waren die SVP-Nationalratsmitglieder Nadja Pieren (BE) und Walter Wobmann (SO) sowie Claude-Alain Voiblet, Grossrat des Kantons Waadt. Einen Grossteil der Administrationsarbeit leistete bei der Sammlung allerdings eine Gruppierung mit den Namen „Alpenparlament“. Die Organisation aus dem Berner Oberland wird von zwei ehemaligen Schweizer Demokraten geführt. Das Alpenparlament tritt im Internet mit Verschwörungstheorien auf und vertreibt „Therapiegeräte“, mit denen sich HIV oder Malaria heilen lasse. Nadja Pieren gab zu Protokoll, dass das Alpenparlament bei der SVP angefragt und dann die Administration für die Unterschriftensammlung übernommen habe; was die Gruppierung daneben machen würde, sei aber Privatsache.

Erhöhung der Abgaben für die Autobahnvignette

In der Asylpolitik blieb die FDP ihrer harten Linie treu. Sie hiess in der Asyldebatte im Sommer alle Verschärfungen bis auf die chancenlose SVP-Forderung nach Internierungslagern für renitente Asylbewerber gut. Prompt kam die Kritik von links, dass die FDP mit ihrem neuen Präsidenten Philipp Müller, der ja einst bereits mit der 18%-Forderung auf sich aufmerksam gemacht habe, einen Rechtsrutsch durchmache.

Asylpolitik

Seit jeher schwer tut sich die SP mit der Migrationspolitik. Ihre Bundesrätin und Vorsteherin des Justiz- und Polizeidepartements Simonetta Sommaruga sorgte allerdings mit Pragmatismus und viel Tatendrang dafür, dass sich die SP auch in diesem Politikfeld ins Gespräch brachte. Parteiintern nicht unumstrittenen waren die Lösungsansätze der Magistratin zur massiven Verkürzung der Asylverfahren. Trotz Widerstands gegen die Marschrichtung der Bundesrätin aus den eigenen Reihen, bezeichnete Präsident Levrat sie bezüglich der Flüchtlingspolitik als Glücksfall für die Partei.

Migrationspolitik

Zum zweiten Mal kurz hintereinander feierte die SVP im Berichtsjahr einen Erfolg mit einer Volksinitiative. Nachdem 2009 die Anti-Minarett-Initiative angenommen worden war, akzeptierte der Souverän auch die Ausschaffungsinitiative. Erneut machte die SVP dabei mit einem umstrittenen Plakat (Ivan S.) auf ihr Begehren aufmerksam. Der Vorschlag von Bundesrätin Sommaruga, zwei SVP-Vertreter in die Arbeitsgruppe aufzunehmen, die Vorschläge zur Umsetzung der Initiative erarbeiten sollte, wurde von der SVP zuerst skeptisch aufgenommen. Die SVP sei nicht an einem Kompromiss, sondern an einer „Eins-zu eins“-Umsetzung interessiert, liess sich Vizepräsident Blocher verlauten. Erst nachdem die Forderung des EJPD nach absoluter Vertraulichkeit fallen gelassen wurde, zeigte sich die SVP einverstanden mit einer Mitarbeit und setzte zwei Vertreter ein.

Ausschaffungsinitiative

Die Drogenpolitik mit den vier Säulen Prävention, Therapie, Überlebenshilfe und Repression wird dauerhaft im Recht verankert. Der Ständerat stimmte dieser von der SGK des Nationalrates ausgearbeiteten Revision des Betäubungsmittelgesetzes zu, welche den Bereich Cannabis-Konsum bewusst ausklammert, da wegen dieser Frage 2004 eine umfassende Revision an der Opposition im Nationalrat gescheitert war. Um nicht das Geschäft erneut zu gefährden, zog Fetz (sp, BS) ihren Antrag zurück, das „Kiffen“ ab 18 Jahren für straffrei zu erklären. Als Entgegenkommen an die grosse Kammer übernahm der Ständerat deren einleitende Formulierung, wonach das Hauptziel der Drogenpolitik die Förderung der Abstinenz ist, fügte aber den relativierenden Begriff „namentlich“ ein. Er präzisierte zudem die Nationalratsbeschlüsse dahingehend, dass in der Medizin Drogen als Schmerzmittel verwendet werden dürfen. Ebenso strich er diskussionslos Heroin aus der Liste der verbotenen Substanzen; da die heroingestützte Behandlung in der Vier-Säulen-Therapie ausdrücklich vorgesehen sei, wäre ein grundsätzliches Verbot der Anwendung dieser Substanz widersinnig. Die Vorlage wurde in der Gesamtabstimmung einstimmig verabschiedet.

4-Säulen-Konzept

Noch vor der Abstimmung zur 5. IV-Revision forderte die SVP bereits eine 6. IV-Revision. Sie verlangte, das jährliche Defizit der IV müsse allein mit Sparmassnahmen behoben werden. Neue Mittel sollten erst nach einer Anpassung der Strukturen der IV gesprochen werden. Um die Ausgaben einzuschränken schlug die SVP folgende Massnahmen vor: Überprüfung aller bestehenden Renten und Einschränkung des Invalididätsbegriffs auf „klare gesundheitliche Schäden“. Die SVP forderte zudem auch Leistungskürzungen, unter anderem eine Halbierung der Kinderrenten, eine langsamere Anpassung der Renten an die Teuerung und eine Reduktion des Minimaltaggeldes für junge IV-Bezüger.

SVP fordert eine 6. IV-Revision

Nach langem Zögern schloss sich die Parteiführung im März dem Referendum gegen die Osthilfe an, das von den Schweizer Demokraten (SD) und der Lega dei Ticinesi gemeinsam ergriffen worden war. Auf diese Weise verschaffte sie dem Referendum erst die notwendige Basis für eine breite Unterstützung. Dieses Vorgehen wurde allgemein als taktische Positionierung im Rechtsaussenspektrum angesehen, und die Partei hatte Mühe, das Referendum von den Verträgen der Bilateralen II zu dissoziieren, die ihre Bundesräte zuvor mitgetragen hatten. Die SVP begründete ihr Engagement gegen die Kohäsionsmilliarde schliesslich auch kaum mit europapolitischen Argumenten, sondern mit dem Verweis auf Unklarheiten bei der Finanzierung. Die Unterstützung des Referendums blieb aber parteiintern umstritten.

SVP unterstützt Referendum gegen die Osthilfe

In der Märzsession stimmte auch der Ständerat der Ratifizierung der sehr restriktiv formulierten UNO-Konvention von 1989 zu, und zwar diskussionslos und einstimmig. Sie übernahm dabei den bereits vom Nationalrat beschlossenen Vorbehalt, wonach die Schweiz Anbau, Erwerb und Besitz von Drogen zum Eigenkonsum für straffrei erklären kann.

UNO-Konvention von 1989

Mit dem neuen Strassenverkehrsgesetz wurde per Anfang Jahr eine Drogenpolitik der Nulltoleranz im Bereich des Cannabis-Konsums in die Praxis umgesetzt. Ob dabei der Drogenkonsum im konkreten Fall die Fahrfähigkeit beeinträchtigt, ist nicht entscheidend. In der Verordnung zum Gesetz wurde der Grenzwert für den Cannabis-Wirkstoff THC mit 1,5 Mikrogramm pro Liter Blut festgeschrieben; gemäss neueren Studien aus Deutschland entsprechen aber erst 4 bis 5 Mikrogramm THC dem heutigen Alkoholgrenzwert von 0,5 Promille. Fachleute erklärten, dass damit „Kiffer“ diskriminiert werden, da auch bei der Bestrafung eine Ungleichbehandlung besteht: wer nachweislich mehr als 1,5 Mikrogramm THC im Blut hat, macht sich eines Vergehens schuldig, das mit Busse oder Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft wird; der mit 0,5 bis 0,8 Promille alkoholisierte Verkehrsteilnehmer riskiert dagegen nur eine Busse.

Nulltoleranz bei Cannabiskonsum am Steuer

Noch schärfer formuliert als die Vereinbarung von 1970 ist die UNO-Konvention von 1989, welche die Schweiz unterschrieben aber bisher nicht ratifiziert hatte, da vorerst grundlegende drogenpolitische Weichenstellungen (Volksabstimmungen, allfällige BetMG-Revision) abgewartet wurden. Sie verbietet explizit Anbau, Erwerb und Besitz von Drogen. Als Vorbedingung für den Beitritt zum Schengener Abkommen, welches auf diese UNO-Konvention verweist, drängte der Bundesrat nun auf eine Ratifizierung, allerdings mit dem Vorbehalt, dass die Schweiz Anbau, Erwerb und Besitz zum Eigenkonsum straffrei erklären kann. Der Nationalrat wies einen Antrag aus den Reihen der SVP, welche der Konvention vorbehaltlos zustimmen wollte, mit 90 zu 70 Stimmen zurück. Das Übereinkommen wurde klar angenommen.

UNO-Konvention von 1989

Im Vorjahr hatte der Nationalrat in einer sehr emotionalen, wahlkampfgefärbten Debatte entschieden, auf die Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetMG) nicht einzutreten, womit der Ball wieder beim Ständerat lag, welcher die Revision bereits 2001 nach gelassener Diskussion einstimmig verabschiedet hatte. Die kleine Kammer liess sich von der nationalrätlichen Verweigerung nicht beeindrucken. Mit 28 zu 12 Stimmen beschloss sie erneut, auf das Gesetz einzutreten; angesichts der unsicheren Entwicklung im Nationalrat wurde keine Detailberatung durchgeführt, doch wurde in einzelnen Punkten (Opportunitätsprinzip anstatt völlige Entkriminalisierung des Konsums, Lenkungsabgabe) ein mögliches Entgegenkommen signalisiert.

Das erneute Scheitern im Nationalrat zeichnete sich bereits in der Kommission ab. Hatte sie 2003 noch mehrheitlich beantragt, auf die Revision einzutreten, sprach sie sich nun, wenn auch ganz knapp, dagegen aus. Da klar war, dass vor allem FDP und CVP das Zünglein an der Waage spielen würden, setzten sich FDP-Präsident und Ständerat Schweiger (ZG) sowie die Jungparteien von FDP und CVP vehement für Eintreten ein. Die Diskussion drehte sich nicht um die Revision als Ganzes (so etwa die Überführung der kontrollierten Heroinabgabe in ordentliches Recht), sondern ausschliesslich um die Frage der Entkriminalisierung des Cannabis-Konsums. Erneut standen sich zwei unversöhnliche Lager von Befürwortern und Gegnern gegenüber. Mit 102 zu 92 Stimmen wurde Eintreten abgelehnt, womit die Revision definitiv gescheitert ist. Für Eintreten sprachen sich SP und Grüne geschlossen aus, dagegen die SVP (ohne Siegrist, AG, und Gadient, GR), die CVP (mit Ausnahme von Interimspräsidentin Leuthard, AG, und den beiden Zürcherinnen Zapfl und Ricklin) sowie eine knappe Mehrheit der FDP.

Im Nachgang an das Scheitern der Revision wurde eine Reihe von parlamentarischen Vorstössen mit ganz verschiedener Stossrichtung eingereicht (Geschäfte 04.3376, 04.443, 04.439, 04.459, 04.3582). Die Kammern nahmen mehrere Petitionen mit unterschiedlichen Forderungen zur Kenntnis, ohne ihnen Folge zu geben.

Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 01.024)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004

Mit dem Referendum gegen die 11. AHV-Revision starteten die Sozialdemokraten Anfang Oktober in die Schlussphase des Wahlkampfs. Erstmals in der Geschichte der AHV habe das Parlament eine reine „Abbauvorlage“ beschlossen, welche vor allem die Frauen, die Witwen sowie die unteren und mittleren Einkommen belaste. In einer Resolution zur Krankenversicherung forderten die SP-Delegierten, nicht ausgeschöpfte Beiträge zur Prämienverbilligung, vor allem der Kinderprämien, einzusetzen. Zudem sollte die Ärzteschaft vermehrt preisgünstige Arzneimittel resp. Generika verschreiben.

Wahlkampf und Wahlresultate der SP (2003)

Der Nationalrat tat sich sichtlich schwer mit der Revision des Betäubungsmittelgesetzes, welche der Ständerat bereits Ende 2001 verabschiedet hatte. Ziel der Gesetzesänderung war die definitive gesetzliche Verankerung des Vier-Säulen-Modells mit der kontrollierten Heroinabgabe sowie die Einführung der Straffreiheit für den Konsum von Cannabis und eine Aufhebung der Strafverfolgungspflicht bei Anbau und Handel sowie deren staatliche Regulierung. In der vorberatenden Kommission waren diese beiden Stossrichtungen nicht bestritten; die Kommission ging noch einen Schritt weiter als der Ständerat und setzte die Alterslimite für den straffreien Cannabis-Konsum wieder auf 16 Jahre herab, wie dies auch der Bundesrat vorgeschlagen hatte; die kleine Kammer hatte sich für 18 Jahre ausgesprochen. Überraschend beschloss die Kommission mit 12 zu drei Stimmen eine vorher nie zur Diskussion gestandene Lenkungsabgabe auf Cannabis. Je nach Stärke des THC-Gehalts sollte eine Steuer zwischen acht und 15 Franken erhoben werden. Die Abgabe sollte schätzungsweise rund 300 Mio Fr. einbringen und je zur Hälfte der AHV und der Suchtprävention zugute kommen. Anbau, Produktion und Handel sollten gemäss der Mehrheit der Kommission zwar reglementiert, dafür aber toleriert werden. Im Gegensatz zum Ständerat entschied sich die Kommission auch beim Konsum von harten Drogen für das Opportunitätsprinzip, so wie dies der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Demnach sollte der Konsum harter Drogen zwar verboten, aber nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Ursprünglich für die Maisession vorgesehen, wurde die Beratung der Vorlage im Plenum mit dem offiziellen Motiv des Zeitmangels auf die Junisession verschoben und dann noch einmal auf die Septembersession. Die sichtbare Unlust des Nationalrats, das heisse Eisen anzufassen, erklärten Beobachter mit den bevorstehenden eidgenössischen Wahlen. Insbesondere FDP- und CVP-Vertreter aus der Westschweiz und den ländlichen Gebieten der Deutschschweiz hätten gerne zur Wahrung ihrer Wahlchancen bis nach den Wahlen Gras über die ganze Angelegenheit wachsen lassen.

Zu Beginn der Eintretensdebatte lagen dem Plenum nicht weniger als sechs Nichteintretensanträge von vehementen Gegners jeglicher Liberalisierung vor (Fraktionen der LP und der SVP; Schenk, svp, BE; Waber, edu, BE; Guisan, fdp, VD; Maitre, cvp, GE), ein Rückweisungsantrag (Neirynck, cvp, VD) an die Kommission sowie zwei Rückweisungsanträge (Studer, evp, AG; Wasserfallen, fdp, BE) an den Bundesrat. Von Befürworterseite hatte nur Leuthard (cvp, AG), um eine nüchternere Beurteilung der Vorlage nach den Wahlen zu ermöglichen, einen Antrag deponiert, und zwar auf Rückweisung an die Kommission mit dem Auftrag, noch offene Fragen (Opportunitätsprinzip, Lenkungsabgabe, Prävention und Jugendschutz) zu klären. In der eigentlichen Eintretensdebatte geisselte Ruey (lp, VD), dass auf Abstinenz verzichtet werde und erklärte, die Jugend brauche Autorität. Waber warnte in biblischer Sprache vor einer Politik der Verführung, welche die Jugend in den „Drogensumpf“ stürze und dem „Bösen“ ausliefere.

Die Befürworter hingegen erinnerten an die Nutzlosigkeit der seit 1975 praktizierten Repressionspolitik. Diese führe bei Justiz und Polizei zu einer Ressourcenverschleuderung und schaffe als Folge der von Kanton zu Kanton unterschiedlichen Strafverfolgungspraxis Rechtsungleichheit. Zudem sei es schwierig, wirkungsvolle Präventionsarbeit zu leisten, solange der Hanfkonsum strafbar ist, sich also die Konsumenten verstecken müssen. Mit der Entkriminalisierung des Konsums und der Regulierung von Anbau und Handel lasse sich die Szene aus dem Dunstkreis der organisierten Kriminalität lösen. Bundespräsident Couchepin sprach sich in einer engagierten Rede, seiner ersten zu diesem Thema, ebenfalls für die Revision aus. Er bekannte sich zu einer in den letzten Jahren gewonnenen liberalen Haltung und bat die Gegner, es ihm gleichzutun. Auch er wolle unbedingt, dass weniger Drogen konsumiert werden, aber er halte es für falsch, Staat, Justiz und Polizei mit der Lösung des Problems zu betrauen. Vielmehr gelte es, ein Gesetz zu schaffen, das der Realität Rechnung trage. Er empfahl seinen „compatriotes romands“, das Thema weniger emotional zu behandeln und sich ein Beispiel am Deutschschweizer Pragmatismus zu nehmen, der sich mehr ans Konkrete halte, statt grosse Prinzipien zu verkünden. Aber der eloquente Aufruf Couchepins fruchtete nichts. Nach einer insgesamt gehässigen Debatte beschloss der Nationalrat mit 96 zu 89 Stimmen bei vier Enthaltungen, auf die Vorlage nicht einzutreten. Für Nichteintreten sprach sich (mit Ausnahme von Gadient, GR) die geschlossene SVP-Fraktion aus, ebenso LP, EDU und EVP (ausser dem parteilosen Wiederkehr, ZH), 26 von 35 CVP-Abgeordneten sowie eine starke Minderheit der FDP. Der drogenpolitische „Röstigraben“ spielte einmal mehr stark: die Mehrheit der Neinstimmen aus FDP und CVP stammten aus der Romandie, ebenfalls die zwei Enthaltungen der SP. Mit diesem Entscheid war die brisante Frage der Entkriminalisierung von Cannabis rechtzeitig vor den Wahlen auf Eis gelegt.

Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 01.024)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004

Der geltende Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin an schwer Drogenkranke ist bis zum Inkrafttreten der Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG), längstens aber bis zum 31. Dezember 2004 befristet. Wegen der Verzögerungen bei den Beratungen im Nationalrat erschien es immer wahrscheinlicher, dass das revidierte BetmG am 1. Januar 2005 noch nicht in Kraft sein wird und ab diesem Zeitpunkt keine gesetzliche Basis mehr für diese Therapieform besteht. In diesem Fall müssten die Behandlungszentren geschlossen werden und die Patientinnen und Patienten ihre Therapie, die ihnen die Führung eines möglichst normalen Lebens erlaubt, abrupt abbrechen. Um dies zu verhindern, hatte der Bundesrat dem Parlament im Vorjahr beantragt, den Bundesbeschluss um fünf Jahre, längstens jedoch bis zum Inkrafttreten des revidierten BetmG zu verlängern. Mit Unterstützung einer Mehrheit der SVP-Fraktion bekämpfte Waber (edu, BE) die Verlängerung mit der Behauptung, es sei noch kein einziger Abhängiger durch das Programm vom Heroin weggekommen. Die Vertreter von CVP, FDP und SP wiesen darauf hin, dass es sich lediglich um eine Verlängerung und nicht um eine Veränderung handle, weshalb hier nicht der Ort sei, um eine Grundsatzdebatte zur Drogenpolitik zu führen. Ziel der Heroinprogramme sei nie allgemeine Abstinenz gewesen, sondern vielmehr die Möglichkeiten für die Abhängigen, trotz ihrer Heroinsucht ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Die Verlängerung wurde schliesslich mit 110 zu 42 Stimmen angenommen. Der Ständerat stimmte diskussionslos und einstimmig zu.

ärztliche Verschreibung von Heroin

Der geltende Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin ist bis zum Inkrafttreten der Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG), längstens aber bis zum 31. Dezember 2004, befristet. Der Ständerat hatte die Revision 2001 behandelt, doch führten verschiedene Umstände zu zeitlichen Verzögerungen bei den entsprechenden Beratungen des Nationalrates, weshalb es möglich ist, dass das revidierte BetmG am 1. Januar 2005 noch nicht in Kraft sein wird und ab diesem Zeitpunkt keine gesetzliche Basis für die ärztliche Verschreibung von Heroin an schwer Drogenkranke mehr besteht. In diesem Fall müssten die Behandlungszentren geschlossen werden und die Patientinnen und Patienten ihre Therapie, die ihnen das Führen eines möglichst normalen Lebens erlaubt, abrupt abbrechen. Um dies zu verhindern, beantragte der Bundesrat dem Parlament, den Bundesbeschluss um fünf Jahre, längstens jedoch auch hier bis zum Inkrafttreten des revidierten BetmG zu verlängern.

ärztliche Verschreibung von Heroin

Im März leitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG) zu. In den grossen Linien entsprachen seine Vorschläge dem Vernehmlassungsentwurf aus dem Vorjahr. So sollen der Cannabiskonsum und dessen Anbau zum Eigengebrauch straffrei sowie Herstellung und Vertrieb von Cannabisprodukten für kommerzielle Zwecke nach dem Opportunitätsprinzip zugelassen, aber streng reglementiert werden (Verkauf nur an volljährige, in der Schweiz wohnhafte Personen, Verbot von Export und Import sowie Kontrolle der angebauten und gehandelten Mengen); eine Umfrage der Schweiz. Fachstelle für Alkohol- und Drogenprobleme ergab, dass ein Viertel der Jugendlichen regelmässig Cannabis raucht – ohne sozial abzustürzen. In der Gesamtgesellschaft hat die Bereitschaft, Cannabis als „normales“ Genussmittel anzusehen, stark zugenommen. Handel und Konsum von harten Drogen wie Heroin und Kokain bleiben weiter strafbar; der Bundesrat war allerdings der Auffassung, der Konsum solle, falls er nicht in der Öffentlichkeit stattfindet, gemäss dem Opportunitätsprinzip ebenfalls von der Strafverfolgung ausgenommen werden können, ebenso die sogenannten Vorbereitungshandlungen (Kauf und Besitz geringer Mengen zum Eigengebrauch). Die Vier-Säulen-Politik des Bundes (inkl. heroingestützte Therapie), bisher durch einen dringlichen Bundesbeschluss geregelt, wird in ordentliches Recht überführt.

Der Ständerat behandelte die Vorlage in der Wintersession. Die Verankerung des Vier-Säulen-Modells mit der kontrollierten Heroinabgabe war nicht bestritten. Den Hauptdiskussionspunkt bildete der künftige Umgang mit Cannabis. Befürworter und Gegner einer Entkriminalisierung waren quer durch alle Parteien zu finden. Erkennbar war der traditionelle drogenpolitische Graben zwischen fortschrittlicher Deutschschweiz und bremsender Romandie. Gegnerische Wortführer waren Studer (sp, NE), Langenberger (fdp, VD) und Epiney (cvp, VS), die monierten, der Cannabiskonsum dürfe nicht gesellschaftsfähig werden. Aus der Deutschschweiz erhielten sie die Unterstützung der SVP. Die Ratsmehrheit machte für ihre Zustimmung die gesellschaftliche Realität, die geringe Schädlichkeit von Cannabis im Vergleich zu Tabak und Alkohol sowie die Stärkung des Jugendschutzes geltend. Mit 32 zu 8 Stimmen wurde die Strafbefreiung von Konsum und Anbau zum Eigenbedarf schliesslich gutgeheissen, die Alterslimite allerdings auf 18 Jahre hinaufgesetzt; der Bundesrat hatte 16 Jahre vorgeschlagen. Gar oppositionslos passierte die Zulassung eines streng kontrollierten Anbaus zu kommerziellen Zwecken. Zurückhaltender als die Regierung zeigte sich die kleine Kammer beim Konsum von harten Drogen: dieser soll in allen Fällen strafbar bleiben, eine Aufweichung beim privaten Konsum nach dem Opportunitätsprinzip schien dem Ständerat nicht angebracht. Das revidierte Gesetz wurde einstimmig verabschiedet.

Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 01.024)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004

Anfang Oktober präzisierte der Bundesrat seine Vorstellungen zur anstehenden Revision des Betäubungsmittelgesetzes. Er will dem Parlament beantragen, den Konsum von Cannabis für straffrei zu erklären, den Konsum harter Drogen aber weiter unter Strafe zu stellen. Ob auch der Anbau von Cannabis und der Handel mit Hanfprodukten erlaubt werden sollen, liess er noch offen. Einen Entscheid in dieser Frage machte er von der Definition des Opportunitätsprinzips abhängig. Insbesondere soll bis zur Verabschiedung der Botschaft abgeklärt werden, ob trotz Verzicht auf Strafverfolgung in Bagatellfällen der Export von Cannabis bzw. das Aufkommen eines „Drogentourismus“ verhindert werden können. Das Opportunitätsprinzip möchte der Bundesrat auch beim Gebrauch harter Drogen anwenden; hier gedenkt er in einer Verordnung zu umschreiben, in welchen Fällen die Konsumierenden nicht strafrechtlich verfolgt werden. Die Prävention und der Jugendschutz sollen weiter ausgebaut werden.

Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 01.024)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004

In der Vernehmlassung zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG) befürworteten eine Mehrheit der Kantone und der Bundesratsparteien sowie der Verband Sucht- und Drogenfachleute Schweiz die Straffreiheit für den Erwerb, Besitz, Anbau und vor allem Konsum von Cannabisprodukten. Einzelne Kantone sprachen sich für den straffreien Konsum aller Drogen aus; die Mehrheit wollte bei harten Drogen aber eine Opportunitätsregelung, gemäss der in leichten Fällen auf eine Bestrafung verzichtet werden kann. Straffreiheit für den Konsum jeglicher Drogen verlangten SP und FDP, während die CVP diese nur auf Cannabis-Produkte beschränken möchte. Einzig die SVP lehnte jede Lockerung der Strafbestimmungen ab. Unbestritten war bei den Kantonen und den Parteien, dass im revidierten BetMG das Vier-Säulen-Prinzip (Prävention, Schadensverminderung, Therapie und Repression) sowie die medizinisch verordnete Heroinabgabe eine klare gesetzliche Grundlage erhalten sollen. (Zur Kontroverse um die Kassenpflicht der medizinisch verordneten Heroinabgabe siehe hier)

Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 01.024)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004

Diese Willensbezeugung wichtiger Parlamentarier, die vorliegenden Expertenberichte und die Ergebnisse der Volksabstimmung vom 13. Juni führten – gemeinsam mit Vorarbeiten der Verwaltung – dazu, dass der Bundesrat Ende August fünf Varianten zur Entkriminalisierung des Drogenkonsums in die Vernehmlassung gab, wobei die Modelle 3-5 die Vorstellungen der SGK des Nationalrates übernahmen. Als Variante 1 schlug der Bundesrat vor, den Konsum, Erwerb und Besitz aller heute illegalen Drogen ab 18 Jahren zuzulassen; für Anbau, Fabrikation und Handel mit Cannabis sollte das Opportunitätsprinzip gelten. Variante 2 des Bundesrates sieht vor, zwischen weichen und harten Drogen zu unterscheiden; der Konsum von Cannabis würde straffrei, für alle anderen Drogen sollte das Opportunitätsprinzip gelten. Fabrikation und Handel mit Cannabis würden nach wie vor verboten, doch sollte bei geringfügigen Mengen Straffreiheit gelten. Nach diesem Modell würde es für den Hanfanbau zum Drogenkonsum einer allgemeinen Bewilligung bedürfen, während jener für den Industriegebrauch der Meldepflicht unterstellt würde.

Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 01.024)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004

Die Vox-Analyse dieser Abstimmung bestätigte einen gewissen Antagonismus zwischen der deutschen und der welschen Schweiz in Drogenfragen (59% Befürworter in der Deutschschweiz gegen 51% in der Romandie). Die Schulbildung schien ebenfalls eine nicht unbedeutende Rolle zu spielen, indem Hochschulabsolventen mit 73% Ja-Stimmen überdeutlich zustimmten, während Personen mit reiner Volksschulausbildung zu 61% ein Nein in die Urne legten. Im Gegensatz zu den beiden Initiativen 1997 und 1998 spielten Alter und Kirchenbindung keine Rolle. Abstimmungsentscheidend war einmal mehr die politische Positionierung: die Anhänger und Anhängerinnen der Linken (SP und Grüne) nahmen die Vorlage fast einstimmig an, während sich die Sympathisanten und Sympathisantinnen der SVP nur zu 30% dafür aussprachen.

dringlichen Bundesbeschluss über ärztlich verordnete Heroinabgabe als Therapie (BRG 98.015)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin